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VlSKOSIT.ATSANDERUNGEN DES PROTOPLASMAS W., DER NARKOSE Von A. M. FREDERIKSE (Aus dem embryologischhistologischen institut der Universit~it I~trecht) Mit 7 Textfiguren Eingegangen ara l. August 1932 In einer vorigen Mitteilung habe ich die Anderungen beschrieben, welche die Viskosit~tt einer Am6benzelle (Avweba verrucosa) erffthrt, wenn der S~turegrad des umgebenden Mediums erh6ht wird (Protoplasma, 1932, Bd. XV, He 4). Die damals beschriebene Arbeitsmethode ist wieder angewendet worden, um die Anderungen der Viskosit~tt w~thrend cler Narkose zu messen; wieder wurden die Viskosit~ttswerte berechnet aus den gemessenen Schnelligkeiten der Brownschen Bewegung ira DunkelIelde. Mit Hilfe eines (}laspl~tttehens, welches eine Feinteilung (Raster) tr/igt und in das Okular eingelegt wird, wird die Zeit mit einer Stoppuhr gemessen, welche ein Granulum ira Protoplasma braucht, um eine Anzahl von Striehen der Fein- teilung zu passieren and so einen gemessenen Abstand zuri]ckzulegen; uncl hieraus wird mit Itilfe der Formeln von Einstoe und v. Smoluchowski die Viskosit5t berechnet. Viskosit~it = __.R T- t N 3:r al2n " Itierin ist R die Gaskonstante, N die Lohschmidtsche Zahl, T die absolute Temperatur, a der Radius des Granulums, dessert Bewegung gemessen wurde, 1 der Abstand de Striche der gebrauchten Feinteilung, n die Anzahl der Passagen des Granulums zweier benachbartcr Striche und t die daItir in Anspruch genommene Zeit. Fiir weitere Einzelheiten dieser Methode vergleiche man die Ver6 von Pekarek. Wurde 15ei meiner vorigen Untersuchung nur die Viskosit~it und ihre Anderungen bestimmt, an der Grenze von Ektoplasma und Entoplasma, so war es nun bel gr513erer Ubung m5glich, aul3erdem noch Z~thlungen

Viskositätsänderungen des Protoplasmas während der Narkose

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Page 1: Viskositätsänderungen des Protoplasmas während der Narkose

VlSKOSIT.ATSANDERUNGEN DES PROTOPLASMAS W.,�9 DER NARKOSE

Von A. M. FREDERIKSE (Aus dem embryologischhistologischen institut der Universit~it I~trecht)

Mit 7 Textfiguren

Eingegangen ara l. August 1932

In einer vorigen Mitteilung habe ich die Anderungen beschrieben, welche die Viskosit~tt einer Am6benzelle (Avweba verrucosa) erffthrt, wenn der S~turegrad des umgebenden Mediums erh6ht wird (Protoplasma, 1932, Bd. XV, He�9 4).

Die damals beschriebene Arbeitsmethode ist wieder angewendet worden, um die Anderungen der Viskosit~tt w~thrend cler Narkose zu messen; wieder wurden die Viskosit~ttswerte berechnet aus den gemessenen Schnelligkeiten der Brownschen Bewegung ira DunkelIelde. Mit Hilfe eines (}laspl~tttehens, welches eine Feinteilung (Raster) tr/igt und in das Okular eingelegt wird, wird die Zeit mit einer Stoppuhr gemessen, welche ein Granulum ira Protoplasma braucht, um eine Anzahl von Striehen der Fein- teilung zu passieren and so einen gemessenen Abstand zuri]ckzulegen; uncl hieraus wird mit Itilfe der Formeln von E i n s t œ und v. S m o l u c h o w s k i die Viskosit5t berechnet.

Viskosit~it = __.R T- t N 3:r al2n "

Itierin ist R die Gaskonstante, N die Lohschmidtsche Zahl, T die absolute Temperatur, a der Radius des Granulums, dessert Bewegung gemessen wurde, 1 der Abstand de�9 Striche der gebrauchten Feinteilung, n die Anzahl der Passagen des Granulums zweier benachbartcr Striche und t die daItir in Anspruch genommene Zeit. Fiir weitere Einzelheiten dieser Methode vergleiche man die Ver6�9 von P e k a r e k .

Wurde 15ei meiner vorigen Untersuchung nur die Viskosit~it und ihre Anderungen bestimmt, an der Grenze von Ektoplasma und Entoplasma, so war es nun bel gr513erer Ubung m5glich, aul3erdem noch Z~thlungen

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ira Entoplasma auszuffihren, und zwar an solchen Stellen, wo zufalligœ weise sehr wenig Granula nebeneinander lagen. Man kann a]so unt.er- scheiden zwischen rien Viskosit5tswerten, ge�9 aus der Messung der Schnelligkeit, Brownschen Bewegung der Granula ira Ektoplasma und aus dœ der Granula des Entoplasmas. Man findet dann bei Amoeba Verrucosa, dalt die Viskosit~tt an den ana meisten nach auftœ gelegenen Stellen (Ektoplasma und Ubergangsste]le Ekto-Entoplasma) in Biner normalen Zelle sehr riel h5her ist, als ira Entoplasma.

Wenn wir diœ an einer normalen Zelle gefundenen Werte de r Vis- kosit5t graphisch aufzeichnen, so bekommen wir zwei Kurven tiber- einander, wovon die obere die Viskosit~tt ira Ektoplasma (ausgezogene Linie) und die untere die Werte ira EntoplasmR angibt (unterbrochene Linie).

Es 12i[3t sich zeigen, dag die ViskositSt Rm grSl3ten ist ara Aul3enrand der Zelle und von dR ab nReh der Mitte, Rlso nReh dem EntoplasmR zu geregelt Rbnimrat.

Dies ist ira Rllgemeinen nur der FRll in bezug auf die Mittelwerte der Viskosit~tt an den genannten Stel]en, w~ihrend die Werte der Vis- kosit~it an einzelnen Orten seh�9 stark weehseln k6nnen. Wie grolg die absoluten Viskositfitswerte ira Ekto- und EntoplasmR wirklieh sind, ist direkt Rus der Kurve abzulesen.

Um den EinIluB von Narkotika auf diœ AmSbenzelle zu untœ wurde diese in ein Durchstr6mungskompressorium eingefRl3t und zuerst in Wasser und spSter in sehr verdfinnter NarkotikumlSsung untersueht, oder in dieser Weise beobachtet zwischen DeckglRs und Objekttrfiger, in letzterem Fall wurde die Fltissigkeit geweehsœ mittels Pipette und Filterstreifen. Benutzt wurden zwei DurehstrSmungskompressorien, das œ war eingerichtet wie dRs von B u s c h , nur riel gr613er, so dag auch mit 01immersionen beobachtet werden konnte. Das Rndere wRr nReh Art des Zieglerschen Kompressoriums eingeriehtet. Das meist benutzte Objektiv war die 01immersion I t J 60 Zeil3 und das Okular Periplanat Leitz 15 •

Als Beleuehtung diente Bine 6 Amp. Leitz-Kohlenspitzenbogœ lampe. Die produzierte Warme wurde zurfickgehalten mittels einer KuYette mit Cu-L(isung. Die Temperatur konnte jeden Augenbliek abgœ werden. Meist war die Temperatur wahrend der Versuche 180 bis 200 C. Vergleichsweise wurden auch Viskosit~ttsmessungen Rngestellt bei Tem- peraturen zwischen 40 und 280 C. Vornehmlieh wurde die Wirkung u Chloroform und Chloreton untersueht.

13"

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196 Frederikse.

Von Chloroform wurde eine gesSttigte L6sung in Wasser angefertigt und diese wurde vor dem Gebrauch 4- bis 10fach verd~innt und durch ein feuchtes Filter filtriert. Ebenso wurde eine Chloretonl6sung ange- fertigt. Eine gesSttigte L6sung von Chloreton wurde ira Therlnostaten in Vorrat gehalten, aueh diese wurde meist in 4- bis 10faeher Verdfinnung angewendet.

Mit der ges~ttigten Chloretonl6sung wurde auch eine L6sung her- gestellt, welche auf 3O ccin L6sung 1,5 ccm gesSttigte Chloretonl6sung enthielt. Hiermit wurde auch eine Reihe von Versuchen angestellt. Die L6sungen wurden immer mit Hilfe von Leitungswasser hergestellt, was notwendig ist, da dieses unge�9 dieselbe pl i bat wie das Wasser worin die Anl6ben geztiehtet worden sind.

Das destillierte Wasser ist dazu zu stark sauer. Wenn man destil- liertes Wasser zur Anfertigung der L6sungen benutzen wtirde, w~lrde man �9 Resultate bekommen, dureh Erh6hung des S~uregrads und dadurch Erh6hung der Viskosit~t.

Die Verd~innungen 4- bis 10�9 wurden aih meisten benutzt, um sieher L6sungen von narkotischer Wirkung zu erhalten. Zuerst wurde in der normalen Zelle die Viskosit'~t bestimmt an verschiedenen Orten ira Ektoplasma oder besser gesagt ira Ubergangsgebiet zwisehen Ekto- und Entoplasma, an den ara meisten nach aul3en gelegenen Granula.

Danach wurde dasselbe an mehreren Stellen ira Entoplasma gemacht, an Orten, wo zuf~tlligerweise wenig K6rner anwesend sind und ira ge- gebenen Augenbliek keine Str6mung stattfindet. Selbstverst5ndlich kommt es oft vor, dag eine Beobaehtung abg'ebroehen werden mug, weil das Gralmlum vœ oder unter Einfiul3 einer Str6mung ger~tt.

Die W i r k u n g de r N a r k o s e au f die Viskos i t~ t t b e s t e h t nun, wie aus den b e i g e g e b e n e n K u r v e n k l a r h e r v o r g e h t , in e ine r s eh r s t a r k e n E r h 6 h u n g der V i s k o s i t ~ t in den oberfl~teh- l i c h s t e n S c h i c h t e n des P r o t o p l a s m a s .

Dann und wann kann man mit diesen L6sungen zeigen, dag eine nur sehr kurze Zeit dauernde Erniedrigung der Viskosit~t der Erh6hung vorangeht (siehe Fig. 1, 3 und 6). Am deutliehsten ist dieses zu sehen, wenn man mit noeh st~rker verdt~nnten L6sungen arbeitet, oder wenn die Zufuhr von Narkotikum nur sehr kurze Zeit dauert.

Um dieses Stadium der Viskosit~tserniedrigung der oberfl~tchlichen Schiehten dureh das Narkotikum deutlieher zum Vorsehein kommen zu lassen, wurden aueh einige Versuehe angestellt unter Anwendung einer

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Viskositi~tsgmderungen des Protoplasmas w~hrend der Narkose 197

Chloretonl0sung, welche in 30 ccm 1,5 cern ges•ttigte ChloretonlSsung œ Es dauert in diesem Falle das Stadium der Viskosit/itserniedrigung der obœ Schichten sehr riel lhnger und kommt also riel deutlichœ zur Schau (siehe Fig. 6).

Es scheint, dag in allen Obrigen FSllœ so�9 soviel Narkotikum in die Zelle au�9 wird, dal3 man dieses Stadium so sehnell passiert, dag es bel der Zi~hlung, welche doch immer einige Zeit in Anspruch nimmt,

nicht erkannt wird. Stillstand 1226

2¤ .

2VO

Fig. 1. Protoplasmaviskositi~t 22g

von A m o e b a v e r r u c o s a . Aus- gezogene Linie Viskosit&t im 200

Ektoplasma, unterbroehene Linie Viskosit~t im Ento- lso

plasma. Die wirklieh bereeh- neten Werte sind multipliziert ~ ~eo worden mit 104 • 1/4 , Tempe- ~- iqo ratur w~ihrend der Versuehe 190 C. Wiœ angegeben, wurden 12o

zuerst einige Bestimmungen in de�9 normalœ Zellœ gemacht, 1oo

dann wurde der Einflug einer 5 X verdtinnten, ges~ttigten 80 L6sung von Chloroform in Wasser bestimmt, und diese sp&ter wieder durch Leitungs-

wasser ersetzt (Kurve I).

I

qO - - - - - ~ :~ ~~~~~" Zeit

Dagegen berechnet man aus der Z~hlung der Brownschen Bewegung ira Entoplasma immœ eine l~tngere Zeit andauernde Erniedrigung der u unter dem NarkotikumeinfluI3. Diese erreieht aber lange nieht den hohen Grad, welehen die Erh6hung dœ Viskosit~~t in den ~tu6eren Sehichten der AmSbe erreicht.

Vielleieht war die Erniedrigung der Viskosit~it nicht deutlicher ausgesproehen, weil man, wenn man ira Gebiet niederer Viskosit~ig z~hlt, 6�9 eine Z~thlung aufgeben mug infolge h~tu�9 auftretender Str6mung oder Verschwinden der Granula bei niederer Viskosit~t.

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198 F r e d e r i k s e

Ira Entoplasma erreicht die Viskosit~tt nur dann erh5hte Werte, wenn man die Zufuhr des Narkotikums sehr lange fortsetzt und eine gen~]gend starke Konzentration gebraueht.

Doch hat aueh diese Erh5hung der Viskosit~tt, ebensowenig wie die riel st5rkere Erh5hung der Viskosit~t ira Ektoplasma etw” zu tun mit der Koagulation, welehe man auftreten sieht wShrend der t~dliehen

Vergiftung dureh die Narko-

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des q ~ Zelt 8y 6 oo

Fig. 2. Bedeutung der Linien wie in Fig. I. Die wirklichen absoluten Viskosif,~tswer~ sind multi- pliziert mit, 1/t 2 • 10 4. Temperat. ~./thrend der Versuche 17~ Die Ziffern der Abszisse entlang

geben die Zeit in Stunden an (Kurve VII).

tika; denn ira Gœ234 zu diœ Koagulation ist die Vis- kositStserh5hung der nor- malen Narkose immer rever- sibel, wie ans einigen Kurven klar hervorgeht.

W~thrend dieser Unter- suehung sind wohl die groBen Vorteile dieser ~Iethode ans Lieht gekommen. Mit keiner anderen der zur ™ stehenden Methoden ist es bis jetzt mSglieh, an mehreren Stellen in einer Zelle die Anderungen der Viskosit~tt zu bestim�9

Man k6nnte meinen, die Viskosit/itserniedrigung ira Entoplasma sel nur eine seheinbare, bedingt durch erh5hte StrOmungsgesehwin- digkeit, und manehmal ist letztere aueh wohl vor- handen, aber dann nur als Folge der erniedrigten Vis- kosit~t.

Wenn man beim Z~thlen der Passagen alle ~Iessungen unbertiek- siehtigt l~tBt, bel denen man Beeinflnssung der Bewegung dureh StrOmung auch nur vermutet, so findet man doch immer noch die Viskosit~tser- niedrigung ira Entoplasma, wenn die Zelle sieh in wirklieher Narkose befindet und diese noeh nieht sehr lange angedauert bat.

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Wird die Narkose gentigend lange fortgesetzt, so tritt auch ira Entoplasma eine ViskositStssteigerung auf; diese kann auch hier ira Inneren solche Werte errœ dag aueh hier Stillstand der Brownsehen Bewegung eintritt.

Sehr merkwtirdig ist die Weise, in weleher zwisehen den Gebieten, wo Stillstand der Brownsehen Bewegung eingetreten ist, die Str5mung stattfindet. Diœ ma�87 den Eindruek, einen gro{3en Widerstand ~iber- winden zu m~issen, sie �9 mit einem starken StoB oder Ruek an, ist sœ sehnell und endet naeh einer oder mehreren Sekunden ebenso wieder mit einem gleiehfalls deutlichen Ruck, um naeh einigen Augenblieken an einer anderen Stelle und in einer anderen I~~ichtung wieder anzufangen. Die StrSmung Iindet oit mit gr5Berer Sehnelligkeit statt als in normalen Zellen. Das ist von Wichtigkeit (siehœ H e i l b r u n n , Colloid Chemistry of Protoplasm, p. 204), wei] man doch gerade aus VerSnderungen der Stromgeschwindigkeit Sehlul3folgerungen auf die Anderungen der Vis- kositSt gezogen hat. Wohl ist es m5glieh, dag diesœ Protoplasma eine geringere Viskosit~tt hat, aber solange wir nichts wissen tiber die Aus- wirkung der Narkose auf die die Str5mung verursachenden Kr~tfte, diirfen wir hieraus keine Folgerungœ ziehen. Gerade deshalb ist das geboten, weil wir a priori erwarten dtirfen, da[t das Narkotikum einen Einflul~ au�9 die die Str5mung zur Folge habœ KrSfte austiben wird, weil die Adsorption des Narkotikums eine Verdr5ngung und Verlagerung der Ionen zur Folge hat.

Aueh bekommt man eine andere Einsieht in den Bau der Granula dureh die s welche diese w/ihrend der Narkose bisweilen durchmachen k5nnœ Diese Granula sehen in dœ normalen A�9 n~tmlieh immer massiv ans, und senden ira Dunkelfelde immer ein weil3es homogenes Lieht aus. Unter dem Einflul~ Biner l~tnger dauernden Narkose werden die Granula bisweilen grSl3er und sehen nun so nus, als oh sie hohl geworden w~tren, dag heil3t, das ganze Zent�9 sendet kein Lieht mehr aus, und maeht den Eindruck rait homogener Flt~ssigkœ gefilllt zn sein; nur die oberfl5chlichen Sehiehten senden numnehr das weil3e Licht aus.

Selbstverst5ndlieh wurden, wenn solehe Anderungen der @ranula w5hrœ der Z5hlung auftraten, diese nieht �9 weitere ZShhmgen ver- wendet.

Es ist absolut notw› die Sehnelligkeit der Brownschen Bewegung wirklieh zu messen und nieht nur abzusch5tzen, weil man sonst 6�8 vom Funkelph5nomen irrege�9 wird und einœ intensive Brownsche

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200 F r e d e r i k s e

Bewegung wahrzunehmen glaubt, wfihrend die Teilchen Drehbewegungen ausffihren nnd nur noch sehr kleine Streckœ zuraeklegen.

Noch will ieh darau�9 aufmerksam machen, dal3 es unbedingt not- wendig ist, w~hrend der ganzen Dauer der Untersuchung der Narkotikum- wirkung die DurehstrSmung in derselben Weise �9 da es aus diesen Beobachtungen hœ dal3 schon eine k~rzere Unterbrechung

der Durchstr5mung eine J~n- derung der ViskositSt in ent- gegengesetztem Sinne zur Folge hat als die weitere Ein- wirkung des Narkotikums an dieser Stelle zur Folge gehabt haben wtirde (siehe Fig. 6).

Dieses stimmt ~iberein mit den Resultaten meiner

vorigen Ver6ffentliehung ( P r o t o p l a s m a 1932, Bd. XV) ,

in weleher gezeigt wurde, dag diœ Kompensierung des Saureeinflussœ des umgeben- den Nediums auI das Proto- plasma, was wohl dureh Oxydieren oder Neutrali- sieren erfolgt, eine spontane Wiederherstellung der ur- sprfingliehen Viskosit~tt zur

y y ze/t q,o 5~o 6.~ Fo]ge hat. Hier findet aueh soleh eine

Fig. 3. Einflul3 einer 4faeh verdiinnten gesS~ttigten Chloroform]6sung. Bedeugung der Linien wie in spontane Wiederherstellung :Fig. 1, Temperat. 22 o C. Absol-Viskosit/~tswerte der normalen Viskosit~ts- multipliziert mit � 9 1 7 1 • 10~ (Kurve IV). Die Ziffern werte stat t . Es ist wahr- der Abszisse entlang geben die Zeit in Stunden ~n. seheinlich, dal3 Bine Oxy-

dation hiervon die Ursaehe ist. Wenn eine betr~tchtliche Abgabe des Narkotiknms an de�9 Zellober- fl~che stattffinde und dies die Ursache der Erholung w5re, miil3te die normale Viskosit~tt zuerst wieder in der N/ihe der Oberfl~tche auftretœ was nieht der Fall ist.

Nan bemerkt gerade die Wiederherstellung der u�9 Viskosit~ttswerte zuerst ira Entoplasma.

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Viskosit~its~nderungen des Protoplasmas w/~hrend der Narkose 201

Diese und 5hnliche Befunde von Viskosit~tts~tnderungen in zienllich sehmalen Sehiehten geben wohl die Erkl~trung for manche Kontroversen auf diesem Gebiete.

Wi�9 mtissen also aus diesen Versuchen rien Sehlul3 ziehen, dag geringere Konzentrationen der Narkotika eine Erniedrigung der Visko- sit~ttswerte zut Folge haben, was in den ~tul3ersten Sehiehten nur in den allerersten Augenblieken der Fall ist.

Je Yerdfinnter diœ angewendete LSsung, mn so l~tnger dauert dieses Stadium (siehe Fig. 3 u. 6).

Diœ narkotischen LS- 22a

sungen dtirfen nieht in solchœ 2oo Konzentrationen angewendet werden, dal3 siœ einen sicht- y171 baren Einf]ul~ auf die Ober- y flSchenspannung habœ Ist

.,.. f~t0 die L6sung etwas zu stark, .~ dann sieht man pl6tzlich grolle ~y

~ 5

flache Psœ aus- y

schiel~en. Um zu starkœ Wir- kungen, bei nicht ganz homo- go l

genen L6sungen vorzubeugen, ea

ist es ratsam, vor dem Ge- brauehe diese zuerst durch y feuehte Filtœ zu filtrieren. y Auch inul3 gœ werden vor zu starkem Telnperatur- o anstieg; dagegen mug man immer Mal3rœ treffen, denn bei Temperaturen t~ber 250 C sind die Am6ben sehon in Ge�9 der i�9 Koagulation zu erliegen, wenn zugleich Narkotikum zuge- I~hrt wird.

Welche Konzentrationen

L

y

~ I / ' z ~ l ,.t ~~Z

joo 3~o qoo qJo 500 ~˜ ZeH

Fig. 4. Bedeutung der Kurven wiœ in :Fig. 1. Tempera.t. 160 C. EinfluB einer 4fach ver- diinnten gesi~ttigten Chloretonl6sung. Ab- solute Viskosit~tswerte multipliziert mit 103. Man sieht hier deutlich die Viskosit~ts- erniedrigung, gefolgt ~~on einer Viskosit/its- erhShung ira Entoplasma. Auf der Abszisse ist die Zeit in Stunden angegeben (Kurve II).

noch zulfissig sind, h~ngt aul3er vom angewendeten Objekt (Tier-, PIlanzen- oder Zellsorte), aueh ab vom Zustand, in welehem die Zelle sich befindet (Mitose, Zustand der oberfl~tchliehen Schichten, Art der Zellwfinde).

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202 Freder ikse

Man darf darum nieht die von versehiedenen Autoren an ganz verschiedenen Zellen gefundenen Tatsaehen ohne weiteres miteinander vergleiehen.

Bei allen diesen Versehiedenheiten, welehe bei der Untersuehung der versehiedenen Zellsorten auftreten, ist es aueh wahrscheinlich, dag jede Zellart ein anderes Quantum des Narkotikums aus der umgebenden Lr in sich au�9

Wenn man im Auge beh~tlt, dal~ hier ziemlieh starke narkotisehe Dosen gebraucht worden sind, dann ist es ans dem oben Mitgeteiltœ

~~176 I

300 ~"

.~ 250

o | " :y . . . . ~ J " Zeit

Fig. 5. Zwisehen gezogener und ges&richelter Linie ist die Viskosit~t ira Zwisehengebiet angegeben. Einwirkung von 1 Teil gesi~~tigter ChloroformlUsung : 3 Teilen Leitungswasser. Dauer des ganzen Versuchs etwa 4 Stunden (Kurve XII). ~bersetzung der ~bsoluten

Viskosit~tswerte mit 10 4 • l/t.

wahrseheinlieh geworden, dal~ bei diesen Versuchen in den ~ul~eren Sehichten der Zelle nur w~hrend sehr kurzer Zeit eine geringe Narkotikum- Konzentration (ViskositStserniedrigung, Erregungsstadium) geherrseht hat, und da~ bald nachher in den 5ul~ersten Schiehten die Narkose- konzentration (starke Ansteignng der Viskosit~it) erreicht worden war.

Ira Entoplasma ist dagegen sehr lange eine niedrigere Viskosit~t vorhanden und nur bei lang fortgesetztœ Narkose steigt aueh dort die Viskosit~t an.

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Viskosit~ts~nderungen des Protoplasmas w~hrend der Narkose 203

Dies ist also in Ubereinstimmung mit den Resultaten He i lb ronns (1914), der die Viskosit~tts~nderungen mittels der Fallmethode (StXrke- kSrner in Bohnenzellen) untersuehte.

Aueh Weber (1922) untersuehte mittels Zentrifugalkraft die Orts- ~tnderung der St5rkek6rner an Phaseolvs v,ttlgaris. Er rand nach An- wendung stfirkerer LSsungen (2~/.,--5 Vol.-% :~ther) naeh einer Stunde eine zw61ffaehe Erh6hung der (1917, 1.990) die Wirkung von Ather und anderen Narkotika mittels der Zentrifugenmethode an Seeigeleiern. Er rand eine rœ Erniedrigung der Vis- kosit~tt, abzuleiten aus der Ver- lagerung der Pigmen™ Dagegen rand er bei Anwendung st~rkerer LSsungen eine irrever- sible Koagulation. Erstens werden bier die Verh5ltnisse sehr kompliziert, weil die Zellen sieh in Mitose befinden. Aueh k6nnten fur eine Zellsorte die Konzentrationen, welehe rever- sible Narkose resp. irreversible Koagulation geben, sehr dieht nebeneinande�9 liegen.

Dagegen sind wieder mehr in Einklang mit c[en von mit ge- �8 Tatsaehen, die Unter- suehungen Chambers (1924). t I e i l b r u n n fanal 1922, dag stark ~~erdt~nnte narkotisehe

Viskositfit. H e i l b r u n n untersuehte

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Fig. 6. Einflug von 20fach verdtinnter gesattigter C h l o r e t o n i S s u n g . Anf/~ngli(.he Viskosit~tserniedrigung bei Einwirkung dieser st~trker verdfinnten L6sung stark

ausgesprochen (Kurve XV).

L5sungen bel Plasmodien einœ erniedrigende Wirkung' auf die Viskosit~tt haben;; st~rke�9 aber die Viskosit/it erh5hen.

Weber (1921) rand, dag sehw5chere -oEtherkonzentrationen auf Spirogyra eine Erniedrigung der Viskosit~t zut Folge haben, w~hrœ 3 % Atherl5sungen und noeh st5rkere LSsungœ eine Zunahme der Vis- kosit5t verursaehten.

Wenn ieh nun meine eigenen Befunde vergleiehe mit denjenigen der anderen Autoren, so gebe ich zu, dag man im allgemeinen sagen darf,

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dal3 sehr verd~innte L0sungen der Narkotika eine erniedrigende Wirkung auf die Viskositfit aust~ben, wahrend konzentriertere L6sungen der Narko- tika, und besonders naeh l~nger dauernder Einwirkung, eine Erh6hung der Viskosit~it zut Folge haben. Diese Xnderungen waren naeh nieht zu langer Einwirkung und bei nieht zu hoher Temperatur immer reversibel.

Mit dem von H e i l b r u n n gegebenen allgemeinen Aussprueh: " i t has repeatedly been shown that fat solvents cause a deerease in the

viseosity of the protoplasm when they are present in relati- Yely low concentrations whereas in higher concentrations they cause coagulation" (Colloid Chemistry of Protoplasm, p. ~ 13)

" kann ich nnr zum Teil einver- standen sein.

Mit dem ersten Teil dieser Aussage sind meine Befunde wohl in Ubereinstimmung, was den zweiten anbetrifft sind sic nur frit die aus gesproehen toxisehe Wirkung, nieht for die Narkosœ mit dem H e i l b r u n n - sehen Satze in Ubereinstim- mung.

Aus dieser Auseinander- setzung geht zugleieh hervor, dal3 ieh mit B e e h h o I d (Kolloide

Ze# in Biologie u. Medizin, S. 447) ]y 7. Bedeutung der Linien wie in Fig. 1. nieht ganz 0bere ins t imme, wenn 10faeh vœ gœ ttigte Chloretonl6sung. er sag t : , ,Von Botanikern und Temperat. 180 C. Absolute Viskosit/itswerte Zoologen ( H e i l b r u n n , He i l -

multipliziert mit 103 (Kurve IX). b ronn) ist festgestellt, dag ver-

d0nnte Narkotika die u des Protoplasmas, insbesondere der fiuBeren Plasmasehieht (F. W e b e r ) herabsetzen, h0here Konzentrationen es jedoeh koagulieren, und zwar reversibel bel Pflanzenzellen, irreversibel bei den untersuehten tierisehen Zellen".

Obgleieh nieht ganz ira Rahmen dieser Untersuehungen liegend, m6ehte ieh doeh darauf hinweisen, dag ieh H e i l b r u n n nieht beipfliehten

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Viskosit/~ts~nderungen des Protoplasmas w/ihrend der Narkose 205

kann, wo er meint: " . . . . for in the cold the viscosity of the protoplasm tends te be lower than at room temperature". Bei Av~oeba verrucosa

fand ich gerade das entgegengesetzte Verhalten. Bei Temperaturen vert 6 und 7 o C fand ich die Viskosit/it viel h6her als bel Zimmertemperatur und noeh hOheren Temperaturen. Sehr abh/ingig ist man bel diesen Be- stimmungen vert der Tiersorte und vert seiner optimalen Temperatur.

Die optimale Temperatur von Amoeba verrucosa liegt ungefShr zwischen 12 und 15 0 C, wahrenct niedere Temperaturen normaler fiir die Tiere sind als die hOheren Temperaturen, welchen sie in der Natur niemals ausgesetzt werden.

Ohne etwas an den ‡ anderœ Autoren aussetzen zu wollen, m0chte ich doch hervorheben, daB es unzul/iBlieh ist, Befunde iiber eine Plasmasorte verallgemeinern zu wollen, ohne sie f~ir die andere Plasmasorte gepriift zu haben.

Man kann sich die Frage stellen, inwieweit bei den Viskosit/its- ~inderungen eine Dispersions'~nderung mit ira Spiele ist.

F r e u n d l i c h machte schon darauf au�9 daf~ diœ �9 (hOhere) Dispersion die gr6Bere Viskosit/it bat. Dagegen spricht fitr Dispersionserniedrigung w/ihrend der Erh6hung der Viskosit/it, daB man dann oft einen starken Tyndalleffekt auftreten sieht.

Diese Dispersit~itserniedrigung w/ire dann zu erkl/~ren dureh An- derung der Dielektrizit/itskonstante des Dispersionsmittels unter EinfluB des Eindringens des Narkotikums in die Zelle, und dadurch Zunahme der Anziehungskra�9 der eine ungleiche Ladung tragenden Tailehen. Auch sind die Oberfl~chenspannungen und die Binnendrucke verringert worden, wodurch die Teilehen eher den Kr/iften, welche sie zusammenfiihren, �8 k6nnen. Weiter k5nnten die lipoiden Mikronen Mer die lipoid umhfillten Mikronen gr6Berœ Teilehen formen unter dem EinfluB der Adsorption der Narkotika.

Wie L o e w e fand, kann auch der Ubergang von hydrophilen zu hydrophoben Kolloidan stattfinden, und wenn man dazu an die MSglich- keit der Freimachung der Ionen denkt, dann ist es geni]gand deutlieh, daB eine Disparsionserniedrigung stattfinden kann.

Es ist aber nieht meine Absicht, die Hypothesen dieses Gebietes zu diskutiaren; in den Handbtiehern der Kolloidehemie und in H. W i n t e r- s t e i n ,,Die Narkose", kann man dariiber zur Gentige lesan.

Noch will ici] die Ubereinstimmung andeuten, welche besteht zwisehen dem oben besproehenen Ergebnis der Viskosit~tts~nderungen und der Meinung H o e b e r s , weleher in seiner Theoriœ der Narkose dan

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Nachdruck legt auf die :oEnderungen der 0berflachen-Schiehten und die dadurch bedingte, reversible St6rnng der Ionenpermeabilit~t. Man kann sich eine nrs~ichliche Beziehung denken zwischen den Viskosit~ts8nderungen der Ober�9 und den oben e�9 Permeabilit~ts- ~nderungen.

Inwieweit auch Beziehungen bestehen zwischen diesen Xnderungen und Anderungen des Quellungsgrades mfissen weitere Untersuchungen lehren, wenn mehrere ph~'sikalische Eigenschaften der Zelle and ihre Anderungen untersucht sind.

Z u s a m m e n f a s s u n g

Wir k0nnes also sagen, daB die Oberfl~chen-Schichten der AmOben- Zelle eine weit h6here Viskesitat zeigen als das Endoplasma. Die Aus- wirkung der e igen t l i ch n a r k o t i s c h e n Dosen von Chloroform und Chloreton auf die Viskosit~t ist eine ErhShung der Viskosit~t in den ober- fl~chlichen Schichten und eine Erniedrigm~g der Viskosit5t im Endoplasma Wahrend der ersten Zeit der Narkose.

In sp~teren Stadien der Narkose gibt es anch ira Entoplasma eine leichte Erh6hung der Viskosit~t.

Die allerersten Anzeichen der Wirkung der Narkotika ergeben eine Erniedrigung der Viskosit~t in den oberfl5chlichen Schichten (verdtinnte L6sungen !).

Alle diese Anderungen sind reversibel, nur die letzte Auswirkung der Into• die Koagu]ation, ist irreversibel.

L i t e r a t u r

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Viskosit~ts~nderungen des Protoplasmas w~hrend der Narkose 9,07

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