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Spezialvorlesung WS 11/12. Vorl.Verz. 52302 Wolfgang Gebhardt: Vom Urknall zu den Sternen. Eine Einführung in die Kosmologie mit Übungen Ort: Raum 5.1.01 in der Mittelspange Zeit: Mo 15 - 17h Mi 15 - 17h Beginn Mo d. 17.10.11 (Bei erfolgreicher Teilnahme an den Übungen werden 4 Kreditpunkte vergeben)

Vom Urknall zu den Sternen. - Physik — Home · Erst 1923 gelang es dem jungen Astronomen E. Hubble (1889 – 1953), die Randgebiete des Andromedanebels M 31 auf Platten in Sterne

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Spezialvorlesung WS 11/12. Vorl.Verz. 52302 Wolfgang Gebhardt:

Vom Urknall zu den Sternen. Eine Einführung in die Kosmologie mit Übungen

Ort: Raum 5.1.01 in der Mittelspange

Zeit: Mo 15 - 17h Mi 15 - 17h

Beginn Mo d. 17.10.11

(Bei erfolgreicher Teilnahme an den Übungen werden 4 Kreditpunkte vergeben)

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Kap. 00 Inhalt. Einleitung .Tabelle Seite 1 - 3 Kap. 01 Die Expansion des Kosmos.

Hubbles Konstante H0 4 - 14

Kap. 02 Die Dynamik des Kosmos in

Newtonscher Näherung 15 -25

Kap. 03 Die Metrik des homogenen

und isotropen Raumes 26 -36

Kap. 04 Einsteins Gleichungen und

das Standardmodell der Kosmologie

37 – 48

Kap. 05 Einsteins kosmologische Konstante.Unsinn oder eine neue Kraft?

49 – 63

Kap. 06 Reste des Feuerballs. Die

kosmische Hintergrundstrahlung 64 – 75

Kap. 07 Die Nukleosynthese der

leichten Elemente 76 – 87

Kap. 08 Die Schwierigkeiten des

Standardmodells und das inflationäre Paradigma

88 - 101

Kap. 09 Fluktuation der

Mikrowellenstrahlung 102 - 122

Kap. 10 Was war am Anfang? 123 - 140 Kap. 11 Bildung von Strukturen 140 - 162 Kap. 12 Erste Sterne. Reionisation.

Galaxien 163 - 178

Kap. 13 Dunkle Materie 179 - 203

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00. Einführung 00.1. Einleitung Kosmologie ist die Wissenschaft vom gesamten beobachtbaren, physikalischen Universum. Sie ist dennoch nicht eine Wissenschaft für alles in der Welt, sondern konzentriert sich im Wesentlichen 1) auf die Natur und Entwicklung des frühen Universum und 2) auf die Entstehung von Strukturen, d.h. wie konnten aus dem sehr homogenen frühen Plasma schließlich Sterne, Sternhaufen, Galaxien und Galaxiehaufen entstehen. Das heutige Standard-Modell der Kosmologie lässt sich aus den Einsteinschen Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie ableiten. Es beschreibt einen expandierenden oder schrumpfenden Raum mit einem homogenen und isotropen Materie- bzw. Energieinhalt. Es ist inzwischen durch Beobachtungen gesichert, dass wir in einem expandierenden, euklidischen Raum leben. Rechnen wir zurück, so vergrößern sich mittlere Dichte und Temperatur mehr und mehr. Ein Produkt des frühen, heißen Anfangs ist das Helium im Kosmos, das etwa ein Viertel der baryonischen Masse ausmacht. Dem Standardmodell zufolge ist es in den ersten 3 Minuten entstanden. Etwa 400 000 Jahre nach dem Beginn trennte sich die Strahlung in dem heißen Plasma von der Materie: das Plasma wurde durchsichtig. Danach kühlte die Strahlung langsamer ab als die Materie. Davon ist der Hintergrund einer Mikrowellenstrahlung übrig geblieben, deren geringfügige Anisotropien (< 10-4) von Quantenfluktuationen stammen, die in ganz frühen Zeiten eine Rolle spielten, als das heute beobachtbare Universum noch winzig klein war und in ein Atom gepasst hätte. Eine Reihe wichtiger Fragen warten noch auf eine Lösung. Über den Anfang und die Bedingungen, unter denen der Urknall stattfand, gibt es bisher nur mehr oder weniger plausible Hypothesen. Ein großes Rätsel gibt uns noch die Zusammensetzung des Materie- bzw. Energieinhalts des Kosmos auf: Danach sind 70% dunkle Energie, die über große Entfernungen abstoßend wirkt und eine zusätzliche Beschleunigung der Expansion bewirkt. 26 % ist dunkle Materie. Sie wirkt nur durch ihre Gravitation. Schließlich sind nur 4 % baryonische Materie, aus der die Sonne, die Planeten, die irdische Biosphäre und der menschliche Körper aufgebaut sind. Noch sind die Elementarteilchen der dunklen Materie unbekannt, trotz einer Reihe von aufwendigen Experimenten in Untertage-Labors. Nur soviel ist sicher: die Teilchen der dunklen Materie passen nicht in das Schema des Standardmodells der Teilchenphysik. Es besteht Hoffnung, die unbekannten Teilchen in den Experimenten am LHC in Genf nachzuweisen. Noch rätselhafter ist das Auftreten der dunklen Energie. Alle Versuche sie im Rahmen einer Quantenfeldtheorie des frühen Kosmos zu erklären, sind bisher fehlgeschlagen. Die dunkle Energie bleibt eine zufällige Akzidenz unseres Kosmos, solange es nicht gelingt sie einem nachweisbaren Feld zuzuordnen. Schließlich gibt es noch ein anderes interessantes und gegenwärtig heiß diskutiertes Problem: Wenn wir den Zustand der Materie zu immer früheren Zeiten extrapolieren, kommen wir „am Anfang“ unserer Weltmodelle zu unendlich hohen Dichten. Das bedeutet, dass Einsteins Gravitationstheorie, welche dem Modell zugrunde liegt, unter diesen Bedingungen nicht mehr gültig sein kann. Es müssen Quanteneffekte auftreten. Die klassische Raumzeit muss durch eine „Quantengravitation“ ersetzt werden. Dazu gibt es verschiedene Vorschläge. Ihre experimentelle Prüfung ist sehr schwierig. Die entsprechenden Effekte finden sich in schwarzen Löchern und eben am Anfang des Universums. Die Natur gibt uns keine Möglichkeit hinter den Horizont eines schwarzen Lochs zu schauen. Spuren vom Anfang des Kosmos finden sich in den winzigen Unregelmäßigkeiten, den Fluktuationen der kosmischen Mikrowellenstrahlung, die zurzeit mit besonders hoher Auflösung vom „Planck-Satelliten“ der Europäischen Raumfahrtagentur ESA untersucht wird.

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Wie wir aus der knappen Aufzählung sehen, kann die Kosmologie nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist im Gegenteil kraft ihrer Thematik und ihrer Ergebnisse eng verknüpft mit der Teilchenphysik, mit unserem Verständnis der Gravitation und „last not least“ mit einem dynamischen Kosmos, dessen Mitglieder und Beobachter wir Menschen selbst sind. Kurz vor Beginn unserer Veranstaltung erreichte uns die Nachricht, dass der diesjährige Nobelpreis für Physik an 3 Forscher für ihre Arbeiten zur beschleunigten Expansion durch „Dunkle Energie“ ging. Ihre Namen sind Saul Perlmutter (52), Adam Riess (42) und Brian Schmidt (44). Vielleicht gibt uns das eine zusätzliche Motivation, sich mit Kosmologie zu beschäftigen. 00.2. Tabelle wichtiger physikalischer und kosmologischer Größen Konstante Symbol Zahlenwert Einheiten SI Lichtgeschw. c 2,992792458 108 m s-1 Gravitation G 6,67259 10-11 m3kg-1s-2 Planck h 6,6260755 10-34 J s Boltzmann k 1,380658 10-23 J K-1 Stefan-Boltzmann σ 5,67051 10-8 J m-2s-1K-4 Strahlungskonstante a 7,5646 10-16 J m-3 K-4 Ionisationsenergie von Wasserstoff

EH

13,6

eV

Elektron Ruhmasse

me

9,1093897

10-31 kg

Elektron Ruhenergie

mec2

0,511

MeV

Proton Ruhemasse

mp

1,6726231

10-27 kg

Proton Ruhenergie

mpc2

938,27

MeV

Neutron Ruhemasse

mn

1,6749286

10-27 kg

Rydbergkonstante des Wasserstoffs

RH

1,0967758·107 m-1

Parsec pc 3,086 1016 m Megaparsec Mpc 3,086 1022 m Lichtjahr Lj 9,463 1015 m Sonnenmasse MO 1,9891 1030 kg Sonnenradius RO 6,9598 108 m Sonnenleuchtkraft LO 3,8515 Hubble-Konst. H0 h·100

72 km s-1 pro Mpc km s-1 pro Mpc

Hubble-Zeit tH = H0-1 13,6

4,30 109 Jahre 1017 sek.

Kritische Dichte 0,cρ 1,88·h2 10-26 kg m-3 Weltalter t0 13.75 ± 0.11;

433.6 1015 109 Jahre 1015 s

Temp.d. kosm. Hintergrundstrahlung

Tγ 2,725 0,235

K meV

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1. Die Expansion des Kosmos. Hubbles Konstante 0H . 1.1. Die Entfernung von Galaxien und das Hubble-Gesetz Alle wichtigen Entdeckungen, die zum heutigen kosmologischen Standardmodell führten, wurden im 20. Jahrhundert gemacht. Im Anfang des Jahrhunderts war die Auffassung, dass es sich bei den so genannten „Spiralnebeln“ um Welteninseln handelte, noch heftig umstritten. Unter den Astronomen war die Partei derer, die sie für ein lokales Phänomen innerhalb der Milchstrasse hielten ebenso groß, wie die der Befürworter der extragalaktischen „Welteninseln“. Die Argumente wurden dann noch einmal am 26.04.1920 vor der American Academy of Science im „Smithonian Museum“ in Washington D.C. von einem Vertreter des Lick-Observatoriums, H.D. Curtis (Spiralnebel sind extragalaktisch), und einem Vertreter des Mt. Wilson-Observatoriums, H. Shapley (Spiralnebel sind intragalaktisch), vorgetragen und heftig diskutiert, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte. Dieser Disput ist als „The Great Debate“ in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Curtis vertrat dabei den modernen Standpunkt, basierend auf astrophysikalischen Argumenten, welche aber damals noch nicht ausreichend durch Beobachtungen abgesichert waren, Shapley die Gegenposition. Erst 1923 gelang es dem jungen Astronomen E. Hubble (1889 – 1953), die Randgebiete des Andromedanebels M 31 auf Platten in Sterne aufzulösen. Hubble hatte als „Postdoc“ das große Glück, am 100-Zoll-Reflektor des Mt. Wilson Observatoriums arbeiten zu können, dem damals größten Spiegelteleskop und lichtstärksten Instrument der Welt.

Fig. 1.1. Die absolute Helligkeit υM aufgetragen gegen den Logarithmus der Periode P (in Tagen) nach Sandage und Tammann, ApJ 151, 531, 1968. Dieser Zusammenhang wurde1912 von Henriette Swann Leavitt am Harvard-College-Observatory entdeckt. Wie man sieht, liegen die Cepheiden von verschiedenen Gegenden des Himmels auf verschiedenen Geraden. Heute kann man diesen Effekt, den Hubble noch nicht kannte, der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre der Cepheiden zuordnen. Die Entfernungsbestimmung von Galaxien ist bis heute ein schwieriges Problem geblieben. Hubble benutzte dazu die beobachtete Abnahme der Helligkeit von Sternen mit der

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Entfernung. Nötig sind dann aber Standard-Lichtquellen, deren Helligkeit bekannt ist. Hubble verwendete dazu Cepheiden, Sterne deren Helligkeit sich periodisch ändert. Bei den Cepheiden gibt es eine Beziehung zwischen Pulsationsdauer P und der absoluten Helligkeit

υM , welche wurden. Die absolute Helligkeit eines Sterns ist die Helligkeit, die man in einer Entfernung von 10 parsec beobachten würde. Die Entfernung 1 parsec (pc) = 3,086 ·1016 m. Physikalisch ist υM bis auf eine Konstante der Logarithmus der Strahlungsleistung (in Watt). Die Cepheiden sind nach dem bekanntesten und hellsten Vertreter dieser Klasse, δ Cephei, im Sternbild Cepheus benannt worden. Die Perioden-Helligkeits-Beziehung galaktischer Cepheiden war von Henrietta S. Leavitt (1868 – 1921) aufgestellt worden. Sie hat die stolze Zahl von etwa 2000 Cepheiden entdeckt. Dabei fand sie diesen Zusammenhang, den sie 1912 publizierte. Hat man aber die absolute Helligkeit eines Sterns und seine gemessene scheinbare Helligkeit, dann ergibt sich daraus auch seine Entfernung (s. dazu Anhang A1). Bereits Slipher hatte aus der Rotverschiebung von Spektrallinien

z=λλ−λ

0

0 (1.1)

geschlossen, dass Spiralnebel sich z. T. mit extrem hohen Radialgeschwindigkeiten bewegen müssten.

Fig. 1.2. Geschwindigkeiten von 1355 Galaxien aufgetragen gegen geschätzte Entfernungen. Die Meßpunkte erfüllen in etwa Gl. 1.2. Die Streuung wird verursacht von Unsicherheiten der Beobachtungen und von Eigenbewegungen der Galaxien, die nicht eliminiert wurden. Die Skalierung der Entfernungen wurde vorgenommen unter der Annahme von

MpcskmH /100 10

−⋅= nach A. Liddle: An Introdurction to Modern Cosmology, J. Wiley 1998.

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λ bedeutet hier die Wellenlänge einer Linie im Spektrum der beobachteten Galaxie, λ 0 die im Labor gemessene Wellenlänge der entsprechenden Spektrallinie.

Fig.1.3. Edwin Hubble 1889 - 1953

Hubble fand Cepheiden auf den Aufnahmen der Nachbar-Galaxien und konnte damit die von Slipher und Humason gemessenen Radialgeschwindigkeiten υ mit der von ihm selbst bestimmten Entfernung r verknüpfen. Er fand aus den Beobachtungen das nach ihm benannte Gesetz rH 0=υ (1.2) welches er in dieser Form 1929 publizierte. Heute gilt Hubble allerdings nicht mehr als dessen Entdecker sondern George Lemaitre, ein damals junger belgischer Astrophysiker und Priester. Lemaitre hatte aus Einsteins Gleichungen unter dessen 1917 gemachten Voraussetzung von Homogenität und Isotropie des Raumes ein expandierendes Weltmodel abgeleitet.

Homogenität Isotropie Homog. B-Feld:

),0,0( zBB =v

= konst.ja nein

Elektr. Feld einer Punktladung:

2

1)0,0,(r

EE r ∝=r

Nein ja

Kosmos Ja ja Tab. 1.1 : Zur Veranschaulichung von homogen und isotrop. Beides soll nach Einsteins Annahme für den Kosmos erfüllt sein. Man nennt diese Voraussetzungen heute das „kosmologische Prinzip“. Es ist für das frühe Universum außerordentlich gut erfüllt.

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Er zeigte, dass dann (1.2) gelten müsse und versuchte diesen Schluss durch Daten aus publizierten Beobachtungen zu unterstützen. Seine Publikation erschien 1927 in Belgien in französischer Sprache. Erst eine englische Übersetzung von 1931 machten Lemaitres kosmologische Überlegungen in der Fachwelt bekannt. Mehr dazu bei Nussbaumer s. Literatur. In der klassischen Form gilt das Gesetz für c<<υ . Ersetzt man die so genannte Fluchtgeschwindigkeit korrekt durch die Rotverschiebung, cz=υ , so verknüpft Lemaitres Deutung die Rotverschiebung des Lichts mit der Expansion des Raumes, welche die Abstände der Galaxien ebenso wie die Wellenlänge des Lichts um den Faktor (z + 1) vergrößert. Damit können wir Gl. 1.2 wie folgt schreiben

rc

Hz 0= (1.3)

In dieser Form ist das Hubblesche Gesetz auch für Objekte mit 0>z richtig. Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass die Rotverschiebung z nach Lemaitre keine Dopplerverschiebung ist, sondern eine kosmologische Rotverschiebung, also ein Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie, bei welcher die Wellenlänge des Lichts mit der Expansion des Raumes gedehnt wird..

Fig.1.4. George Lemaitre (1894 – 1966) und Albert Einstein (1879-1955). Die Aufnahme entstand um 1933.

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Fig.1.5. Darstellung des Hubble Gesetzes: Alle Galaxien scheinen sich von uns weg zu bewegen.

Aber ein entsprechendes Diagramm kann für einen beliebig gewählten Punkt im Raum gezeichnet werden (s. Vektorschreibweise Gl. 1.4). Das ist eine Konsequenz von Homogenität und Isotropie.

Bei naiver Betrachtung von Fig.1.5, in welcher das Hubblesche Gesetz durch Geschwindigkeitsvektoren zu Objekten in verschiedenen Entfernungen veranschaulich wurde, könnte man meinen, dass der irdische Beobachter eine bevorzugte Stellung einnimmt. Dafür gibt es natürlich keinen ersichtlichen Grund. Das Bild ließe sich für einen beliebigen Ort im Universum ebenso zeichnen. Diese Ortsunabhängigkeit (oder Translationsinvarianz) können wir berücksichtigen, indem wir Gl. 1.2 als Vektorgleichung schreiben rH rr

0=υ , (1.4) Gl. (1.4) ist nun für jede beliebige Galaxie gültig. Ehe wir Gl. 1.4 interpretieren, wollen wir noch einmal zu E. Hubble zurückkehren. Hubble fand für H0 einen Wert von etwa 500

Mpcskm /1−⋅ . Der heute akzeptierte Wert liegt bei 72 Mpcskm /1−⋅ . Wie war eine solche Diskrepanz möglich? Ein Grund dafür ist: Hubble nutzte die Cepheiden als Entfernungsindikatoren. Er konnte noch nicht wissen, dass die Helligkeits-Perioden-Beziehung auch von der chemischen Zusammensetzung der Sternatmosphäre abhängt. Der Gehalt an schweren Elementen in der Sternmaterie steigt mit zunehmendem Alter der betreffenden Region, in welcher der Veränderliche gefunden wird. Ein zweiter Grund: Galaxien haben eine Eigenbewegung iυ entsprechend der Massen ihrer Umgebung. Sie kann einige hundert km·s-1 betragen. Erst wenn die kosmologische Fluchtgeschwindigkeit sehr viel größer ist, also iυυ >> , lässt sich υ ausreichend genau bestimmen. Um den Wert der Hubble-

Konstanten wurde auf astronomischen Tagungen Jahrzehnte lang gerungen und gestritten, was eben auch bedeutete, die systematischen Fehler zu finden, die sich in den Messungen der verschiedenen Arbeitsgruppen verbargen. In Fig. 1.4 zeigen wir eine Graphik von einem der Pioniere dieser Forschungen (G.A. Tammann: „The ups and downs of the Hubble constant“. http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584)

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Fig. 1.6. Die Bestimmung der Hubble-Konstanten von 1926 – 1962. Die Namen der Autoren stehen bei den Werten. Aus G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble Constant. Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006 oder http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584 . Der von Hubble bestimmte Wert für H0 war gegenüber dem heutigen Werten um einen Faktor 7 zu groß. Hubble hat ihn später nicht mehr berichtigt und sich auch an kosmologischen Diskussionen nicht beteiligt. Die Bedeutung seiner Arbeiten ist unbestritten. Dennoch ist es an der Zeit, seine Leistung von einer späteren Heldenverehrung zu trennen. Als bester Wert für die Hubble-Konstante gilt heute aus der Kombination verschiedener Bestimmungsmethoden MpcskmH /871 1

0−±= (1.5)

(1 Megaparsec (Mpc) = 622 102616,3oder 10057,3 ⋅⋅ m Lichtjahre). Man beachte, dass

HtH =0/1 eine Zeit ist, Hubble-Zeit genannt, ist, tH = 4,305·1017 s =13,65·109 Jahre = 4,30·1017 sek. und entsprechend ist c/H0 = 12,992·1022 km = 13,65·109 Lichtjahre = 4200 Mpc die Länge der Strecke, welche das Licht in der Zeit tH zurücklegte, auch Hubble-Radius genannt. Die Zeit, die seit dem Urknall vergangen ist, nennen wir t0 Sie steht für die Jetzt-Zeit t0 = 13,75·109 Jahre. Zu ihrer Berechnung benötigen wir ein Weltmodel, was wir im 2. Kapitel behandeln werden. Dass sich Htt ≅0 ergibt, ist mehr ein zufälliges Zusammentreffen, über das man gleichwohl spekulieren kann. . Obwohl die Cepheiden noch immer zu Entfernungsbestimmungen verwendet werden, sind die bevorzugten Referenz-Lichtquellen für sehr große Entfernungen heute Supernovae vom Typ Ia (abgekürzt SN Ia). Sie sind sehr viel heller und reichen deshalb in große Entfernungen. Lichtstarke Teleskope mit großem Gesichtsfeld gestatten heute Supernovae in größerer Anzahl und in weit entfernten Galaxien zu registrieren. Es handelt sich bei diesen außerordentlich energiereichen Ereignissen um weiße Zwerge in engen Doppelsternsystemen. Durch Massentransfer vom Begleitstern nimmt die Masse des weißen Zwergs allmählich zu. Wird eine kritische Masse von ca. 1,44 Sonnenmassen (MO) überschritten, wird der weiße Zwerg instabil. Es beginnt eine explosive Fusion von Kohlenstoff, welche den Stern völlig zerstört. Da die kritische Masse, auch Chandrasekhar-Masse genannt, festliegt, wird bei jeder

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SN Ia immer etwa die gleiche Energie frei. Im Maximum erreicht eine SN Ia in absoluten bolometrischen Helligkeiten

2,06,19 ±−=bM (1.6) (s. hierzu den Anhang A1). Dazu kommen Korrekturen, die einerseits die Absorption durch interstellaren Staub berücksichtigen, andererseits gewisse unterschiedliche Abläufe der SN-Explosion, abhängig vom Gehalt schwerer Elemente. Diese Korrekturen werden gegenwärtig ständig verfeinert. Da Entfernungsbestimmungen für die moderne Astrophysik und Kosmologie essentiell sind, werden möglichst verschiedene unabhängige Methoden dazu herangezogen. Dazu gehören auch weiterhin die Cepheiden, die sich besonders für näher gelegene Galaxien eignen.

Fig. 1.7 Die beobachteten Helligkeiten von SN Ia sind aufgetragen gegen den Abstandsmodul

( )pcrMm 10/log5 10=− (s. dazu A 1). Oben: unkorrigierte Werte. Unten: korrigiert auf Grund der Abklingkurven der Supernovae. Nach P. Ruiz-Lapuente, Cosmology with Supernovae. astro-ph /0304108. Von anderen Methoden zur Eichung der Entfernungsskalen sei hier noch eine kurz erwähnt: die Entfernungsbestimmung mittels einer Nova (bitte nicht mit einer Supernova verwechseln!). Zu dieser leuchtkräftigen Erscheinung kommt es, wenn Materie, die sich auf der Oberfläche eines weißen Zwergs angesammelt hat, durch Zündung einer Kernfusion verpufft. Dabei werden die Fusionsprodukte mit hoher Ausbreitungsgeschwindigkeit ausgeschleudert und bilden eine leuchtende sphärische Hülle. Wenn sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit hυ sowie die Winkelausdehnung α der Hülle, die sich im Laufe

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weniger Jahre tΔ sichtbar um αΔ vergrößert, unabhängig messen lassen,kann daraus die Entfernung r bestimm werden.

1.2. Kosmische Expansion. Mit der Ableitung des Hubble-Gesetzes hatte George Lemaitre auch gleich die Interpretation mitgeliefert. Nehmen wir einmal an, dass ungeachtet der durchaus inhomogenen Massenverteilung im Kosmos, der Raum als isotrop und homogen angesehen werden kann. Dann ist zu jeder Strecke )(trr auch ein zeitabhängiger Skalenfaktor )(ta anzugeben, der den Expansionszustand des Raumes beschreibt, so dass gilt

)()(

)()(

00 tata

trtr

=r

r

(1.7)

Selbst wenn die Endpunkte der Strecke rr gegenüber der Umgebung in Ruhe bleiben, ändert sich der Abstand durch den (mit der Zeit anwachsenden) Skalenfaktor )(ta . Wir können jetzt, wenn der Koordinatenabstand .konstr =

r ist, Gl. 1.4 wie folgt schreiben

)(

)()()()(

)()(

)(0

0

0

0

tatatr

tata

tatr

tar

&r

&r

==υ (1.8)

Wir definieren die Hubblefunktion durch

)()()(

tatatH

&= (1.9)

und erhalten so das Hubblesche Gesetz in einer etwas allgemeineren Form )()( trtH rr

=υ (1.2a) Man beachte, dass H0 in Gl. (1.2) die Hubblefunktion H(t) zur Jetztzeit 0tt = ist. Entsprechend schreiben wir den Skalenfaktor zur Jetztzeit 00 )( atta == . Meist wird

10 =a gesetzt, was wir uns für später vorbehalten wollen. Aber wie homogen ist der Kosmos wirklich? Man kann für die Massenverteilung eine Hierarchisierung angeben, die Galaxien, Cluster von Galaxien, Supercluster (meist in Form von Filamentstrukturen) enthält. Erst bei Entfernungen über 100 Mpc läßt sich von Homogenität sprechen.

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Fig.1.7. Wir können die kosmologische Rotverschiebung so verstehen, dass die Wellenlänge des Lichts, die uns erreicht, seit der Zeit ihrer Emission mit der kosmischen Expansion gewachsen ist (s. Gl. 1.10). Wir kehren noch einmal zur kosmologischen Rotverschiebung der Spektrallinien z zurück. Im Vorgriff auf eine spätere Ableitung verhält sich die beobachtete Wellenlänge des Licht wie die entsprechenden Skalenfaktoren.

)()(

1

0

1

0

tata

=λλ

(1.10)

0λ ist die Wellenlänge eines Lichtsignals, welches der irdische Beobachter sieht und welches

zur Zeit t0 bei ihm ankommt. Als sich die Emission zur Zeit 01 tt < ereignete, hatte das Signal im Ruhsystem des Emitters die Wellenlänge 1λ . Wenn wir die Rotverschiebung z als

1)()(

1

0

1

10 −=−

=tata

zλλλ

, (1.11)

ansetzen erhalten wir mit 1)( 0 =ta und ata =)( 1 schließlich

a

z 11 =+ (1.12)

Es wurde in jüngster Zeit ein SN-Ereignis in einer Galaxie bei 9=z beobachtet. Daraus lässt sich die Entfernung r bestimmen. Wegen der endlichen Geschwindigkeit des Lichts ist es im allgemeinen nicht möglich, die beiden Endpunkte einer Strecke im Kosmos „gleichzeitig“ zu messen. Deshalb begegnen wir Schwierigkeiten, eine kosmische Entfernung eindeutig zu definieren. Wir kommen darauf im nächsten Kapitel noch einmal zurück. Häufig wird aus z auch die Zeit errechnet, welche seit der Lichtemission vergangen ist („look back time“). Das ist allerdings erst dann möglich, wenn man ein bestimmtes Weltmodell zugrunde legt, was wir im 2. und 3. Kapitel tun werden. 1.3. Wie alt ist der Kosmos?

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Aus Gl. 1.1. und 1.2 sieht man, dass die Hubblekonstante H0 die Dimension einer reziproken Zeit t0 hat. Da wir z.Zt. die Hubble-Konstante nur auf etwa 4 % genau kennen, geben wir die Hubble-Zeit tH für MpcskmhH /100 1

0−⋅= . Danach ist

Sek 1034,41065,131079.9 1799

10 ⋅=⋅=

⋅== − Jahre

hJahreHtH (1.10)

wobei Mpcskm

Hh

/100 10−⋅

= ist. Mit dem heutigen Wert von H0 ist 72,0=h . Welche Rolle t0

spielt, werden wir erst bei der Behandlung der Weltmodelle erkennen. Wir können aber jetzt schon t0 als Obergrenze des kosmischen Alters ansehen. Erste Sterne und erste Galaxien sind heute 13,2 ·109 Jahre alt. Wenn das Universum selbst 13,7·109 Jahre alt ist, sind sie etwa 500 Millionen Jahre nach dem Beginn entstanden.

1.4. Zusammenfassung Das Hubble-Gesetz verknüpft die „Fluchtgeschwindigkeit“ υr der Galaxien linear mit ihrer Entfernung rr . Der Proportionalitätsfaktor heißt Hubble-Konstante H0 und ist ein wichtiger Parameter der Kosmologie. Heute lässt sich 720 =H km·s-1/Mps mit einer Genauigkeit von etwa 4% angeben. Da die Rotverschiebung kein Dopplereffekt ist sondern durch die Expansion des Raumes zustande kommt, gibt man anstatt υ heute die Rotverschiebung der Spektrallinien z an. Zur Bestimmung von H0 bedient man sich der Ereignisse von Supernovae Ia. Die Expansion des Raumes wird durch einen Skalenfaktor )(ta in allen extragalaktischen Entfernungen berücksichtigt. Erste Sterne sind bereits 500 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. HtH =0/1 hat die Dimension Zeit, sec10305,4 17⋅=Ht und entsprechend ist

LichtjahrekmHc 10220 105,1310992,12/ ⋅=⋅= die Länge der Strecke, welche das Licht in der

Zeit Ht zurücklegt.

1.5. Literatur J. Silk : Die Geschichte des Kosmos. Vom Urknall bis zum Universum der Zukunft. Spektrum Akademischer Verlag 1996, 1999 als Taschenbuch Simon Singh : Big Bang. Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. DTV 2007 A. Liddle: An Introduction to Modern Cosmology, J. Wiley 2003. G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble constant. In Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006 C P. Ruiz-Lapuente : Cosmology with Supernovae. http://arxiv.org/astro-ph /0304108

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D.J. Mortlock: A luminous quasar at a redshift of z = 7,085. Nature, published online 30 June 2011. Anna Frebel, McDonald Observatory Texas, USA: A galactic fossil. Star is found 13.2 billion years old. http://www.eso.org/public/news/eso0723/ Harry Nussbaumer: Achzig Jahre expandierende Universum. Sterne u. Weltraum 6/2007 S. 37-44 1.6. Aufgaben

1.6.1. Die mittlere Radialgeschwindigkeit, die man in den Eigenbewegungen der Galaxien findet, ist ca. 250 km/s. Wie groß muss die Hubblesche Fluchtgeschwindigkeit wenigstens sein, damit die Eigenbewegung nur 1% der kosmologischen Bewegung ausmacht? Welcher Rotverschiebung z entspricht das (ohne relativistische Rechnung)?

1.6.2. Bei einer sehr fernen Galaxie liegt die Grenze der Lyman-Serie ( ∞=→= nn 1 )

bei 400 nm. Wie groß ist die Rotverschiebung z? Wo würde die Hα-Linie ( 32 =→= nn ), die üblicherweise das Spektrum heißer Sterne beherrscht, liegen? Könnte man sie mit terrestrischen Teleskopen beobachten?

1.6.3. Die Hubble-Funktion ist durch die Gleichung

)()()( tH

tata=

&

gegeben. Mache Angaben über )(tH , in dem du folgenden Ansätze für )(ta ausprobierst:

3

2

32)( ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛=

Httta

(Hier ist 1

0−= HtH die Hubble-Zeit) und

tAta λexp)( =

1.7. Kurzvorträge (15 min.) SN Ia Cepheiden Projekt „Hipparchos“

15

2. Die Dynamik des Kosmos in Newtonscher Näherung. 2.1. Sphärisches Modell Ein einfaches Modell der kosmischen Dynamik lässt sich bereits im Rahmen der Newtonschen Mechanik behandeln. Wir können uns die Materie durch ein klassisches Gas realisiert denken. Ein Gas übt allerdings auch einen Druck aus, den wir in der allgemein relativistischen Behandlung später berücksichtigen müssen. Den Druck wollen wir hier vernachlässigen. Die Kosmologen sprechen deshalb auch von staubförmiger Materie. In einem solchen (mit Staub) homogen und isotrop erfüllten Kosmos denken wir uns eine Kugel vom Radius R um einen beliebigen Punkt O gelegt. Die Kugel sei durch eine Kugelschale der Masse m abgeschlossen. Die Materie im Innern der Kugel habe die zeitlich konstante Masse M, eine homogene Dichte ρ . Dann gilt für die Gravitationsenergie der Kugelschafle

mER

mMGRm=−2

2& (2.1)

oder

ERMGR 222 =−& (2.1a)

wobei E die Gesamtenergie pro Masseneinheit bedeutet. Die Gravitationseffekte, die von der Materie außerhalb der Kugelschale stammen, verschwinden; und zwar unabhängig davon, wie weit der Raum ausgedehnt ist und welche mögliche Geometrie er besitzt. Diese Aussage ist erst im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) beweisbar (Birkhoffsches Theorem).

Fig. 2.1. Veranschaulichung der Gravitation, welche eine homogen mit „Staub“ der Masse M gefüllte Kugel auf eine konzentrische Kugelschale der Masse m ausübt. Sie ist aber das Einzige, was wir für das Folgende aus der ART vorweg nehmen müssen. Wir wollen jetzt M ersetzen durch die Dichte

16

3

34/ RM πρ = (2.2)

Wir erhalten

ERGR 23

8 22 =− ρπ& (2.3)

Der Radius R(t)

00

)()( RatatR = (2.4)

hängt nur durch die kosmische Dynamik, welche im Skalenfaktor )(ta enthalten ist, von der Zeit ab. Wir werden jetzt Gl. (2,6) als Differentialgleichung des Skalenfaktors schreiben. In dieser Form heißt sie 2. Friedmann-Gleichung

CtaGta =− )(3

8)( 22 ρπ& . (2.5)

mit 20

2REC = .

Da die Gesamtenergie E pro Masse proportional dem Quadrat einer Länge ist, hängt C nicht mehr von der Länge also auch nicht von 2

0R ab, ist also eine Konstante. Beim Zweikörperproblem haben wir gelernt, dass das Vorzeichen der Gesamtenergie E darüber entscheidet, ob die Bahnkurve offen oder geschlossen ist. In der kosmischen Dynamik bestimmt E sogar die Geometrie des Raumes, was wir aber erst bei der Behandlung im Rahmen der ART begründen können Wenn wir Gl. (2.1) nach der Zeit differenzieren und danach wieder die Masse M durch die Dichte ρ nach Gl, (2.2) ersetzen, erhalten wir eine Differentialgleichung 2. Ordnung

)(3

4)( tRGtR ρπ−=&& (2.6)

die mit (2.4) als Dgl. des Skalenparameters geschrieben werden kann. Sie ist korrekt für Materie, bei welcher der Druck vernachlässigt werden kann, also 0=p

)(3

4)( taGta ρπ−=&& (2.7)

In allgemeiner Form für beliebigen Druck lautet sie

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ +−= 2

33

4cpG

aa ρπ&&

(2.7a)

und heißt 1. Friedmann-Gleichung (s. auch Anhang A.12.8). Sie sagt etwas über die Beschleunigung des Skalenparameters aus.

17

Wir kommen zurück zu Gl. (2.5). Die Division durch )(2 ta ergibt einen Zusammenhang von Hubble-Funktion und Dichte

)(3

8)(

)( 22 tG

taCtH ρπ

=− (2.8)

Besonders einfach wird Gl. (2.8) dann, wenn wir 0=C setzen. Die entsprechende Dichte heißt kritische Dichte. Wir nehmen (2.8) zur „Jetztzeit“ 0tt = und erhalten

)(3

80

20 tGH cρ

π= (2.9)

Die aktuelle Dichte wird gern auf die kritische Dichte bezogen, wobei immer die in der Gegenwart gemessene kritische Dichte gemeint ist, d.h. )( 0tcc ρρ =

0,

)(C

tρρ

=Ω (2.10)

mit

G

Hc π

ρ83 2

0= (2.11)

Mit dem Wert von MpcskmhH /100 1

0−⋅⋅= (Gl. 1.3) findet man Die kritische Dichte

in der Gegenwart 22610878,1 hc

−⋅=ρ kg/m3 261097,0 −⋅= kg/m3 (2.12) ( 72,0=h ). Über den Faktor h lässt sich cρ stets auf den gegenwärtigen Wert der Hubble-Konstanten korrigieren. Die Beobachtungen der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass )(tρ sich aus verschiedenen Komponenten zusammen setzt, die Summe aber gerade die kritische Dichte ergibt c

vv ρρρ == ∑ . In relativen Dichten

geschrieben erhält man einfach

1=Ω∑v

v . (2.13)

Im Vorgriff auf die ART in Kap. 3 setzen wir für die Konstante der Energie

220

2 ckREC ⋅−== (2.14)

wobei die k die Dimension 2−Länge hat. Wir können dann die 2. Friedmann-Gleichung in der Standardform schreiben können

2

22

38

ackG

aa ⋅

−=−⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ ρπ&

(2.15)

18

Die Gleichung hat zwei Lösungsmengen, die mit 1±=κ bezeichnet werden. Dabei ist

20R

k κ= Beide Lösungsmengen enthalten unendlich viele Lösungen. Die Lösungen

1+=κ sind mit einer positiven Raumkrümmung verbunden, die Lösungen mit 1−=κ mit einer negativer Raumkrümmung.

0=κ 1+=κ 1−=κ Fig. 2.2. Veranschaulichung der Krümmung durch 2-dimensionale Flächen: Ebene Fläche ( 0=κ ), Kugelfläche ( 1=κ ) und hyperbolisch gekrümmte Fläche ( 1−=κ ). Der Kreisumfang C ist auf der Kugelfläche kleiner als in der Ebene, am Hyperbelpunkt (negativer Krümmung) größer als in der Ebene. Die Lösung 0=κ gehört zu einer Nullmenge und beschreibt den Grenzfall verschwindender Krümmung, d.h. euklidischer Geometrie (zur Veranschaulichung s. Fig. 2.2). Wir werden später sehen, dass die Beobachtungen die Lösung 0=κ (euklidische Geometrie des Raumes) favorisieren. Die aus astronomischen Beobachtungen abgeleitete Materiedichte macht allerdings höchstens etwa 004,0 Ω⋅ aus. Das Rätsel der anderen %96,0 Massen- und Energiedichte wird uns später noch weiter beschäftigen.

2.3. Schematische Darstellung der Entwicklung des Skalenparameters a(t) mit der kosmischen Zeit t. Die Tangente bei der Jetztzeit 0tt = ist die Hubblefunktion. Die

Skizze verdeutlicht, dass die Hubblezeit 10−= HtH i.a. größer ist als das Weltalter (oder

19

die „Jetztzeit) 0t (nach R.U. Sexl / H.K. Urbanke: Gravitation und Kosmologie. 3. Aufl. B.I. Wissenschaftsverlag). 2.2. Lösungen der 2. Friedmann-Gleichung für 0=κ Um Gl. (2.7) zu integrieren, ersetzen wir die zeitabhängige kritische Dichte durch

)(3

30

taa

cMM ρρ ⋅Ω= (2.16)

Nach den Beobachtungsergebnissen ist 30,00, ≈ΩM . Wir erhalten mit 10 =a

)(3

8)( 12 taGta Mc−⋅Ω⋅= ρπ

& (2.17)

Nach Ziehen der Wurzel lässt sich die Gleichung leicht integrieren

∫ ∫ ⋅Ω⋅= dtHdaaa M2

1

02

1& (2.18)

Der Integrand auf der linken Seite von Gl. (2.17) ist überall endlich. Wir können also ohne Schwierigkeiten das Integral von Null bis zu einer beliebigen Zeit t nehmen. Das Ergebnis ist

tHa M ⋅Ω⋅= 21

02

3

32

(2.19)

oder

3

2

21

23)( ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅⋅Ω=

HM t

tta (2.20)

Die Hubble-Funktion wird für diesen Fall

t

tH 132)( = (2.21)

und die Hubble-Konstante

0

01

32

tH = (2.22)

Das Weltalter t0 =13,7·109 Jahre, hat hier die Bedeutung der Jetztzeit des Kosmos gemessen vom Beginn. Beim Vergleich des gerechneten mit dem beobachteten Wert finden wir

.)(32.)( 00 beobHberH ≈ (2.23)

(s. auch Fig. 2.3). Wenn wir tatsächlich in einem euklidischen Kosmos leben, was kann dann nicht stimmen? Nun die Annahme, dass cρ nur aus Materie besteht, stimmt nicht. Tatsächlich wissen wir heute, dass nur der Anteil 026,0 Ω aus Materie

20

(dunkler und baryonischer) besteht, aber der größere Teil, nämlich 074,0 Ω , von der „dunklen Energie“ gebildet wird, deren Beschreibung wir in Kap. 5 kennen lernen werden und für deren Entdeckung aus der beschleunigten Expansion der Physik-Nobelpreis 2011 vergeben wurde. Wir wollen hier bereits die Dichte um die „dunkle Energie“ ergänzen. Zunächst zerlegen wir )(tH in zwei Faktoren, die Konstante

0H und einen zeitabhängigen Faktor )(tE . und ρ oder 0Ω in Gl. (2.9) in verschiedene Beiträgen zerlegen

)()(3

8)( 220

2 tEHtGtH c == ρπ (2.24)

mit ∑Ω=

νν)(tE (2.25)

(s. Gl.2.10 und 2.13). Die „dunkle Energie“ ist konstant und hängt nicht vom Skalenparameter ab. Wir fügen sie zur materieabhängigen Dichte hinzu ΛΩ+Ω= )()( 3 tatE M (2.25a) wobei wir davon ausgegangen sind, dass die dunkle Energie konstant ist. Anstelle von Gl. (2.18) erhält man ein komplizierteres Resultat (ohne Ableitung)

1

1sinh

32

3

0−Ω

⎟⎟

⎜⎜

Ω−Ω

=M

M

MaAr

tH (2.26)

(s. dazu P.J.E. Peebles: Principles of Physical Cosmology. Princeton University Press 1993. p. 317). Wäre der Kosmos ausschließlich mit dunkler Energie gefüllt, hätten wir eine rein exponentielle Expansion (2.27), ein Schicksal, dem unser Kosmos allmählich entgegen geht. tta ⋅∝ λexp)( (2.27)

Fig. 2.4. „look-back-time“in Einheiten von tH ist die Zeit, die das Lichts von einem früheren Ereignis mit Rotverschiebung z, bis zu uns heute (t = t0) gebraucht hat, berechnet mit Gl. 2.26.

21

Die Zeit )( 10 tt − heißt auch „look-back-time“ und ist die Zeitdifferenz zwischen Weltalter t0 und einer früheren Zeit t1, in welcher ein Ereignis stattfand und welches wir mit der Rotverschiebung z(t1) beobachten Wir wollen gleich noch einen anderen Fall behandeln: das Strahlungsfeld. Seine Dichte ändert sich wie folgt mit der Zeit

0,4

40

)( γγ ρρta

a= (2.28)

Zum Unterschied zur Materiedichte in Gl. (2.13) tritt hier der Skalenfaktor in der vierten Potenz auf. Das ist wie folgt einzusehen: Wir denken uns eine „Cavity“, die mit Strahlung gefüllt ist. Ändert man das Volumen, so wird zunächst der Skalenfaktor im Nenner wieder in der dritten Potenz erscheinen. Die Strahlung in der Cavity besteht aber aus stehenden Wellen, deren Wellenlänge abnimmt wenn die Raumdimension der Cavity sich vergrößert. Vergrößert sich aber die Wellenlänge, nimmt die Frequenz ab. Die Energiedichte wird in einer Dimensionsbetrachtung sich also wie folgt verhalten

43

1 −∝∝ aLhv

Lγρ (2.29)

Mit einer ganz analogen Rechnung wie für die Materiedichte finden wir für den Skalenfaktor des Strahlungsfelds wobei

21

41

2)( ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅Ω= −

Httta γ (2.30)

oder aufgelöst nach t

)(2

22

1

tatt

H

⋅Ω

= γ (2.31)

bedeutet. Es tritt noch ein anderes Problem auf: das Strahlungsfeld besitzt Druck, denn es ist

εργγ 31

31 2 == cP (2.32)

Für unsere Diskussion spielt das im Moment allerdings keine Rolle, weil der Druck (in relativistischer Behandlung) nur in der 1. Friedmann-Gleichung auftaucht. Wir haben hier in Gl. (2.32) korrekt zwischen Dichte ρ in kg/m3 und Energiedichte ε in J/m3 unterschieden. Da in den meisten Lehrbüchern 1=c gesetzt wird, verwischt sich häufig der Unterschied. Hier noch ein Hinweis auf die Temperatur. Wegen des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes besteht folgende Proportionalität 44 −∝∝ aTε (2.33) Für die Temperatur des „Strahlungsuniversums“ gilt deshalb

22

1

2

2

1

)()(

TT

tata

= (2.34)

Lassen wir in einem expandierenden Universum die Zeit rückwärts laufen, so nimmt die Temperatur umgekehrt zum Skalenparameter zu. Damit verstehen wir, warum man in den kosmologischen Modellen auf einen heißen Anfang geführt wird

Dichte besteht

aus

Skalenparameter

Materie

32

31

23)( ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅⋅Ω=

HM t

tta

Strahlung

21

41

2)( ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⋅Ω=

Httta γ

Energie ⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡ −⋅Ω= Λ

Httt

ata)(

exp)( 021

0

Tabelle 3.1. Skalenparameter als Funktion de Zeit, wenn die Dichte ausschließlich aus nicht Relativistischer Materie, aus Strahlung oder aus dunkler Energie besteht.

. Es ist wieder das Verdienst von George Lemaitre, das als erster erkannt zu haben. Er gilt mit Recht als der eigentliche Vater des Urknall-Modells. Die Physik der Atome und Kerne steckte allerdings damals noch in den Anfängen, sodass es keine konkreten Vorstellungen von der Natur des heißen Anfangs gab. Immerhin sprach Lemaitre von einem Uratom, dass wie beim radioaktiven Zerfall „explodierte“ und Materie in den expandierenden Raum schleuderte. Wir kommen noch einmal auf alle eben besprochenen Komponenten der Dichte

zurück und können die Hubble-Funktion nach Division durch G

HC π

ρ83 2

0= schreiben

( )ΛΩ+Ω+Ω= 4

,32

02 )( aaHtH M γ (2.35)

mit 203

8HG M

Mρπ

=Ω , 20

2

3HcΛ

=ΩΛ , 2

40

203

8c

aTHG⋅=Ω

πγ

Wenn in der Gegenwart 1)( =ta ist wird die Summe in der Klammer 10 =Ω (2.36) Der Anteil der Strahlung an der Dichte ist in der Gegenwart verschwindend klein

51065,0 −⋅=Ω

Ω

M

γ , (2.37)

23

weswegen wir ihn für die Zeit, in der der Sterne existieren (Rotverschiebungen 10≤z ), vernachlässigen können. Dagegen spielte die Strahlung im frühen Universum

wegen der Abhängigkeit 4−∝ aγρ eine dominierende Rolle.

Massendichte Energiedichte Normiere Dichte Materie 3261097,026,0 −− ⋅⋅⋅= mkgMρ 3101027,2 −− ⋅⋅= mJMε 33 26,0 −− ⋅=Ω aaM

Strahlung 331107,4 −− ⋅⋅= mkgγρ 314102,4 −− ⋅⋅= mJγε 454 1067,4 −−− ⋅=Ω aaγ

Energie 3261097,074,0 −−Λ ⋅⋅⋅= mkgρ 3101046.6 −−

Λ ⋅⋅= mJε 74,0=ΩΛ Kritische Dichte

322610878,1 −− ⋅⋅= mkghcρ 391069,1 −− ⋅⋅= mJCε 1=ΩC

Tab. 3.2. Die aktuelle Größe der Materiedichte, Strahlungsdichte und Dichte der „Dunklen Energie“.

2.3. Lösungen der 2. Friedmann-Gleichung für 0≠κ . Anstelle einer ausführlichen Diskussion der Fälle 1±=κ wollen wir hier zunächst die verschiedenen Lösungstypen an Hand der Grafik Fig. 2.3 qualitativ diskutieren.

Fig. 2.5. Auftragung von Lösungen für ein Materie dominiertes Universum

mC ρρ ≡ für die Fälle к = -1, 0 , +1 (nach B. Terzic, Florida State. Univ.). t0 bezeichnet die Jetztzeit.

Dazu starten wir mit Gl. 2.15 aus, gehen von „normaler“ Materie aus und setzen die korrekten Abhängigkeiten vom Skalenfaktor )(ta ein: Wir erhalten einen Ausdruck der Form

24

212 C

aCa κ−=& (2.38)

Im Fall positiver Energie (к = -1) ist die rechte Seite stets positiv d.h. 02 >a& , nimmt aber im Laufe der Zeit mit wachsendem )(ta ab. Im Fall negativer Energie (к = +1) nimmt die rechte Seite wieder mit der Zeit ab, aber dieses Mal bis auf Null 02 =a& , wobei ein Maximum des Skalenfaktors erreicht wird. Die Steigung nimmt danach negative Werte (bis zum Big Crunch). Für den Fall verschwindender Energie (к = 0) ist die rechte Seite immer positiv, nimmt aber bei großen Zeiten langsam bis auf Null ab, d.h. 0)( =∞→ta& . Für sehr kleine Zeiten ist in allen drei Lösungen das erste Glied auf der rechten Seite dominierend. Es wird +∞→→ )0(ta& und alle drei Kurven beginnen mit einem steilen Anstieg. In den Anfängen der modernen Kosmologie ging es deshalb immer darum, aus der gegenwärtigen Steigung bei 0tt = auf die richtige, im Kosmos verwirklichte Lösung zu schließen, bei der Unsicherheit von H0 war das ein hoffnungsloses Unterfangen.

Häufig zieht man auch den Krümmungsterm 2

2

Rcκ

mit in die Dichte, in dem man

bildet

200

2

)( RHc

Rκ−

=Ω (2.39)

So wird schließlich ( )2432

02 )( −−−

Λ Ω−Ω+Ω+Ω= aaaHtH RM γ (2.40) Im euklidischen Fall verschwindet die Klammer für a = 1 und die rechte Seite von (2.40) wird Null. In der Gegenwart ist 0tt = und 1)( 0 =ta . Damit wird aus (2.35) und (2.36)

20

20

2

020

1)1(RH

cH κ=−Ω (2.41)

Bei positiver Raumkrümmung (negativer Gesamtenergie) ist die Summe der ersten 3 Glieder von (2.40) kleiner „eins“, bei negativer Raumkrümmung ist sie größer als „eins“. Aus den Abweichungen lässt sich der Krümmungsradius 0R berechnen. 2.4. Zusammenfassung Es wird die Bewegungsgleichung des Skalenparameters mit Hilfe der Newtonschen Theorie abgeleitet. Man findet 2 Lösungsmengen, je nachdem die mittlere Massendichte kleiner oder größer als die kritische Dichte ist. Ein Grenzfall stellt sich ein, wenn die kritischer Massendichte gerade erreicht wird. Zu dieser Lösung gehört ein euklidischer Raum und eine ständige Expansion, die nach sehr langer Zeit zum Erliegen kommt. Mit der kritischen Materiedichte erhält man jedoch ein zu kleines Weltalter. Die reale Materie/Energie-Dichte kann also nicht nur Materie enthalten. Wie wir heute wissen, enthält sie auch Energie, die zeitlich weitgehend konstant zu sein scheint. In einem strahlungsdominierten Kosmos (frühes Universum) ist der

25

Skalenparameter umgekehrt proportional zur Temperatur. Die Rückextrapolation zu frühen Zeiten führt auf hohe Temperaturen also einen heißen Beginn. Das ist die wesentliche Idee des Urknall-Modells, das zuerst von George Lemaitre vorgeschlagen wurde.

2.5. Literatur Zur Darstellung der Kosmologie in Newtonscher Näherung: R. und H. Sexl: Weiße Zwerge-schwarze Löcher. Springer Taschenbuch 2001.

A. Liddle : An Introduction to Modern Cosmology. 2nd edition Wiley 2007 B.W. Carroll and D.A. Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Ch. 27. Addison-Wesley Publ. Comp. 1995

V. Mukhanov: Physical Foundations of Cosmology. Ch. 1.2 bis 1.3. Cambridge University Press 2005. Christian Wolf: Korrekturen an der dunklen Energie? Sterne u. Weltraum 6/2011, S. 36 2.6. Aufgaben 2.6.1. Leite )(ta für die Strahlungsdichte γρρ = aus dem 2. Friedmann-Gesetz her. 2.6.2. Berechne die Temperatur Teq, bei welcher im frühen Kosmos die Strahlungsdichte gleich der Materiedichte wird. Die Energiedichte der Strahlung ist in der Gegenwart

314 /102,4 mJ−⋅=ε und 3312 /107,4 mkgc

−⋅=ε . Folgender Quotient geht in die Rechnung ein

42

100,40

⋅==tt

mc

γερ

.

2.6.3. Diskutiere ausgehend von Gl. (2.5) den Verlauf der Beschleunigung )(ta&& in den Fällen 1) 0=κ Der Raum ist nur mit Materie gefüllt .

2.6.4. 0=κ Der Raum ist nur mit Dunkler Energie erfüllt

26

3. Die Metrik des homogenen und isotropen Raumes. 3.1. Hubble-Fluß und Gleichzeitigkeit Für Newton blieb die Tatsache der Massenanziehung selbst ein Rätsel, wie er in einem Brief an seinen Freund Bentley erklärte: „That gravity should innate, inherent to matter, so that one body may act upon another at a distance through a vacuum, without the mediation of anything else... is to me so great an absurdity that I believe no man who has in philosophical matter a competent faculty of thinking can ever fall into it.“ In Einsteins Theorie der Gravitation (bekannt unter dem Namen „Allgemeine Relativitätstheorie“) verursacht eine Verteilung von Materie oder eine Feldkonfiguration eine bestimmte Metrik der (3+1)-dimensionalen Raumzeit. Die Bahnen sind dann Geodäten in der Raumzeit (d.h. günstigste oder extremale Kurven). Kennt man die Metrik, weil sie durch Symmetrien oder einschränkende Annahmen bestimmt ist, so ist meist auch eine Lösung der Einsteinschen Gleichungen möglich. Die allgemeine Form des Linienelements ist ∑=

ji

jiij dxdxgds

,

2 (3.1)

wobei ctx ≡0 ist. Wir werden im weiteren Verlauf der Vorlesung der Einsteinschen Konvention folgen und das Summenzeichen weglassen, wenn die Summe über gemeinsame Indizes läuft ( z.B. ∑ =⋅≡⋅ j

iij

iij xxgxg ). In der speziellen Relativitätstheorie haben wir es

mit der Metrik des Minkowski-Raums zu tun. Sie ist gegeben durch die Signatur ( ) ( )1,1,1,1,,, 33221100 −−−=gggg (3.2) Man geht in der Kosmologie davon aus, daß die Minkowski-Metrik überall lokal gilt (z.B. für einen Beobachter in einer beliebigen Galaxie, sofern er sich von Neutronensternen und schwarzen Löchern fernhält). Die Weltlinie eines solchen lokalen Systems ist eine zeitartige Geodäte =jx konstant (j = 1, 2, 3). Man stellt sich nun vor, dass die verschiedenen überlappenden lokalen Systeme über die Expansion synchronisiert werden können. Das könnte z.B. so geschehen, daß eine bestimmte Energiedichte der Hintergrundstrahlung benutzt wird, bei welcher alle lokalen Uhren auf die gleiche kosmische Zeit gestellt werden. Wie später gezeigt wird, nimmt die Energiedichte der Hintergrundstrahlung wie ( ) ( ) 4−∝ε tat ab.. Man erhält so 3-dimensionale Hyperflächen für jeweils konstante Werte von ctx =0 (s. Fig. 3.1). Die Metrik ist durch das Linienelement ji

ij dxdxhdxdxds −= 00

2 (3.3)

gegeben, wobei der 3-dim. metrische Tensor ijh im allgemeinen einen gekrümmten 3-dim. Raum beschreibt und den euklidischen als Spezialfall enthält. Nach unseren früheren Überlegungen kann die Zeitabhängigkeit von ijh durch einen Skalenfaktor beschrieben

werden: ijhta ⋅)(2 .

27

Fig. 3.1. 3-dimensionale Hyperflächen u(x0, xj) gezeichnet für 3 verschiedene kosmische Zeiten. Die Hyperflächen beschreiben die „Hubble-Strömung“ der kosmischen Materie. Die Flächennormalen u geben die Richtung der Weltlinien an. 3.2. Die Robertson-Walker-Metrik Wir hatten in Kap. 2 und Anhang A2 argumentiert, dass dem Hubble-Gesetz ein homogener und isotroper Raum zugrunde liegen muss. Dieses Argument drehen wir jetzt um. Wir verlangen von einer kosmologisch sinnvollen Metrik, dass sie einen homogenen und isotropen Raum beschreibt (kosmologisches Prinzip). Er wird i. a. gekrümmt sein. In einem homogenen und isotropen Raum kann es aber nur einen Krümmungsparameter geben, mit welchem die 3-dim. Hyperfläche charakterisiert ist (Behauptung ohne Beweis). Der Krümmungsparameter kann positives oder negatives Vorzeichen haben. Zur Veranschaulichung denken wir uns eine 2-dim. Fläche eingebettet in einen 3-dim. Raum. Die Fläche mit konstanter positiver Krümmung ist eine Kugelfläche 2222 rzyx =++ (3.4) und R ist ihr Krümmungsradius. Entsprechend kann man einen Raum konstanter Krümmung als Einbettung einer 3-dimensionalen Hyperfläche S3 in einen 4-dimensionalen orthogonalen Raum R4 beschreiben. Es sei dl2 der Abstand zweier Punkte im R4 gegeben durch

kiik dxdxdzdydxdwdl γ=+++= 22222 (3.5)

Betrachten wir zuerst den Fall positiver Krümmung. Ein Raum konstanter positiver Krümmung lässt sich als 3-dimensionale Kugelfläche S3 beschreiben. Zu ihm gehören, wie bei der 2-dim. Kugelfläche, alle Punkte, die vom Ursprung den gleichen Abstand R haben 2222222 wrwzyxR +=+++= (3.6) Wir können nun w2 in Gl. (3.6) durch 222 rRw −= eliminieren. Nach Differenzieren und Quadrieren erhalten wir

28

2222 drrdww = (3.7) was für 2dw in Gl. 3.5 eingesetzt ergibt sich

22

22222

2

222222

rRdrrdzdydx

wdrrdzdydxdl

−+++=+++= (3.8)

oder in Kugelkoordinaten

φθ= cossinrx φθ= sinsinry θ= cosrz (3.9)

( )222222

2222 sin φϑ+θ+

−+= ddr

rRdrrdrdl (3.10)

was bei Addition der beiden ersten Summanden rechts sich auch wie folgt schreiben lässt

( )2222

2

2

22 sin

1φϑθ ddr

Rr

drdl ++−

= (3.11)

Dabei wurden Zähler und Nenner durch R2 dividiert. Durch Hinzufügen der Zeitkoordinaten erhalten wir schließlich

( )2222

2

2

2222222 sin

1φϑθ ddr

Rr

drdtcdldtcds +−−

−=−= (3.12)

In analoger Weise können wir mit einem Raum konstanter negativer Krümmung verfahren, indem wir ihn als eine negativ gekrümmte 3-dimensionale Hyperfläche H3 eingebettet in einem 4-dimensionalen euklidischen Raum beschreiben 22222 zyxwR +++−=− (3.13) mit der Metrik 22222 dwdzdydxdl −++= (3.13a) Im 3-dimensionalen Raum existiert kein isotroper Körper mit konstant gekrümmter Oberfläche. Bei negativ gekrümmten 2d-Oberflächen im 3-dim. Raum liegt der Krümmungsmittelpunkt außerhalb (in Fig. 3.2 vor der Fläche), bei positiver Krümmung innerhalb des Körpers hinter dessen Oberfläche.

29

Fig. 3.2. Veranschaulichung einer negativen Krümmung 2−−= RK am zweischaligen Hyperboloid (aus Wikipedia: Hyperboloide). Gl. (3.13) ergibt z.B. für z = 0 ein zweischaliges Hyperboloid, das sich symmetrisch zur x,y – Ebene entlang der w-Achse erstreckt. Wir erhalten aus Gl. 3.13 222 rwR +−=− (3.14) und analog zu Gl. 3.8 und mit w2 aus Gl. (3.14)

22

22

2

222

Rrdrr

wdrrdw

+== (3.15)

Wegen des negativen Vorzeichens von R2 steht jetzt im Nenner von (3.15 ein Pluszeichen. Damit wird das Quadrat des Linienelements )sin( 2222222 φθ+θ+−= ddrdwdrdl und

( )2222

2

2

2222 sin

1φϑ+θ−

+−= ddr

Rr

drdtcds (3.16)

Die Metrik des homogenen und isotropen Raums Gl. 3.16 wurde zuerst in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts von H.P. Robertson und A.G. Walker unabhängig voneinander für einen isotropen und homogenen Raum angegeben. Zu Ehren der Autoren heißt sie deshalb heute Robertson-Walker-Metrik. Die Darstellung (3.12) und (3.16) hat allerdings den Nachteil, dass das erste Glied in der Klammer singulär wird, wenn der Nenner

30

in (3.12) bei positiver Krümmung verschwindet: 0)1( →−Rr . Wir machen deshalb folgende

Substitution χsinRr = und benutzen entsprechend auchRrarcsin=χ die Umkehrfunktion.

Dann erscheint Gl. 3.17 in folgender Form [ ])sin(sin)( 22222222 φθθχχ dddtRdtcds ⋅+⋅+−= (3.17) Diese Form gilt für κ = +1. Bei negativer Krümmung κ = -1 steht vor dem Raumwinkel

χ2sinh . Wie man sieht ist χ eine Koordinate mit dem Gültigkeitsbereich 0 < κ <1 für κ = +1 und mit ∞<< χ0 für κ = -1 und den euklidischen Fall κ = 0. Um die Expansion des Raumes zu berücksichtigen, wir setzen wir noch wie früher )()( 0 taRtR = (3.18) wobei 10 =a .Wir können die Robertson-Walker-Metrik dann in folgender allgemeiner Form schreiben ( )22222

0222 )()( Ω⋅+−= dfdtaRdtcdl χχ κ (3.19)

wobei )(χκf für folgende Funktionen steht

⎢⎢⎢

−==+=

=1für sinh

0für 1für sin

)(κχκχκχ

χKf (3.20)

Aus Gl. 3.20 folgt 3.17 für κ = +1 mit Rr /arcsin=χ (3.21) Dann wird

2

2

1

1

Rr

drR

d−

=χ und

2

2

2

22

1

1

Rr

drR

d−

⋅=χ . Ein entsprechendes Ergebnis liefert

rAr sinh=χ mit einem Pluszeichen unter der Wurzel. Wir stellen das Ergebnis für alle 3

Fälle κ = +1, 0, ¯1 noch einmal zusammen, wobei )(1 rf K− die zu )(χKf inverse Funktion

bedeutet und geben auch Näherungslösungen für 1/ 0 <<Rr an:

...6

/sin)(3

011

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡+−== −− χχRrrf K für κ = +1

Rrf K /)(1 ==− χχ für κ = 0 (3.22)

...6

/sinh)(3

011

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡++== −− χχRrrf K .für κ = ¯1

31

Denkbar wäre eine Welt, in welcher unsere Galaxie ein geschlossenes System bildet, eine Überlegung, die schon Karl Schwarzschild anstellte (s. auch „the great debate“ 1920). Dazu ist die mittlere Dichte allerdings viel zu gering. In einer solchen, in sich geschlossene Welt würde alles auf einen „Big Crunch“ hinaus laufen. Von außen betrachtet, würde diese Welt wie ein großes schwarzes Loch wirken mit einem Ereignishorizont, in welchen Licht und Materie nur von außen nach innen dringen kann. In Kap. 2 haben wir gesehen (s. Fig. 2.3), dass ein solcher „Kosmos“ nach einer gewissen Zeit wieder in sich zusammenfällt. Seine Bewohner würden am Ende unweigerlich das Schicksal der Raumfahrer in einem schwarzen Loch erleiden, d. h. durch Gezeitenkräfte zerrissen und auf unvorstellbare Dichten zusammen gedrückt werden. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass wir uns hier ausschließlich mit der globalen Metrik des Raums beschäftigen. Im realen Kosmos gibt es viele lokale Abweichungen, welche z.B. zu Ablenkungen des Lichts (Gravitationslinsen-Effekten führen). Die Hubble-Expansion betrifft den Kosmos in großen Dimensionen, also große intergalaktische Abstände, nicht aber die Skalen innerhalb einer Galaxie oder etwa eines Planetensystems.

3.3. Rotverschiebung und Skalenfaktor Um einen Zusammenhang von Rotverschiebung und Skalenfaktor herzustellen, gehen wir von der Robertson-Walker-Metrik Gl. (3.17) oder (3.19) aus und betrachten den Weg eines Lichtsignals ( 02 =ds ). Wir trennen die Variablen Zeit (links) und Ortskoordinate (rechts). Das Licht, das am Ort r1 zur Zeit t1 emittiert wird, kommt zur Zeit t0 am Ort r0 beim Beobachter an. Wir beschreiben das durch die Integrale

∫ ∫−

=0

1

0

12

0

1)(

t

t

r

r r

drRta

dtcκ

(3.23)

Weil die rechte Seite nicht von der Zeit abhängt, lassen sich die Differentiale links zur Jetztzeit ( 0tt = ) und zu einer beliebigen früheren Zeit ( 1tt = ) gleich setzen

)()( 1

1

0

0

tat

tat δδ

= (3.24)

Die Zeitelemente 01 tandt δδ mögen für inverse Lichtfrequenzen stehen 01 /1/1 vandv . Dann können wir schreiben

)()(

0

1

0

1

1

0

tata

vv

==λλ (3.25)

Die Wellenlängen verhalten sich wie die entsprechenden Skalenfaktoren. Wie schon in (1.11) können wir die Rotverschiebung z jetzt schreiben

1)()(

11

0

0

1

1

10 −=−=−

=tata

vv

zλλλ

(3.26)

32

0λ ist die wieder Wellenlänge des Lichts, welche der irdische Beobachter sieht, 1λ ist die Wellenlänge gemessen im Ruhsystem des Emitters (sie entspricht der „Laborwellenlänge“ der betreffenden Spektrallinie). Mit 1)( 00 == ata erhalten wir wieder

a

z 11 =+ (3.27)

Fig.3.3. Die Wellenlänge des Lichts, die uns erreicht, hat sich seit der Zeit ihrer Emission mit der kosmischen Expansion vergrößert.

3.4. Mitbewegter Abstand Es ist praktisch nicht möglich, eine Momentaufnahme von unserer kosmischen Umgebung zu machen. Nicht nur ist das Licht ferner Galaxien, einige hundert Millionen oder Milliarden Jahre unterwegs, der Kosmos dehnt sich auch inzwischen weiter aus. Deshalb müssen wir bei der Definition von Abständen einige Sorgfalt aufwenden und beachten, dass es je nach Beobachtungsbedingungen verschiedene Abstandsbegriffe gibt. Wenden wir uns zunächst dem Koordinatenabstand ∫ χdR0 zu. Er bleibt während der Hubble-Expansion konstant, weswegen er Koordinaten-Abstand oder auch mitbewegter Abstand, englisch „comoving distance“, genannt wird. Gemeint ist hier zunächst der Abstand in Blickrichtung. In einem „Spielzeug-Universum“ wäre der mitbewegte Abstand zwischen zwei in Blickrichtung liegenden Objekten, der Abstand, den wir mit einem Lineal in einem bestimmten Moment messen würden. Er hängt jedoch, wie man sich geometrisch leicht überlegt, auch vom Krümmungsradius der Geometrie ab (s. Gl. 3.22) χsin0RDC = für 1=κ (3.28)

∫=1

00 χdRDC für 0=κ

Wir können den mitbewegten Abstand auch durch den Lichtweg ( 02 =ds ) darstellen. Dann ist für 0=κ

)()( 20 tHa

dactadtcdR ==χ (3.29)

wobei wir rechts dt durch die Hubble-Funktion )(taH

dadt = ersetzen. Es ist entsprechend Gl.

(2.24) üblich, H(t) in zwei Faktoren zerlegen, in die Konstante H0 und einen zeitabhängigen Funktion E(t)

33

)()( 0 tEHtH = (3.30)

Fig. 3.4. Kosmische Abstände: „naive Hubble“ meint rHzc 0= . Der Koordinatenabstand wird in der Graphik LOSS comoving genannt, darunter die look-back-time. Luminosity distance und Angular diameter ditance werden in späteren Kapiteln behandelt. Credit: Wikipedia. Wird nur die normierte Massendichte 3

0−Ω aM und die dunkle Energiedichte ΛΩ (s. Kap. 5)

in einem euklidischen Raum berücksichtigt, so ist

Λ− Ω+Ω= 3

00)( aHtH M (3.26) mit 26,00 =Ω M und 74,0=ΩΛ . Die Zeitkoordinate t kann nicht direkt gemessen werden, dagegen ist die Rotverschiebung z zugänglich. Deshalb ersetzen wir )1(1 += za

ΛΩ++Ω= 300 )1()( zHzH M (3.27)

Wir definieren noch die Hubble-Entfernung als Lichtweg während der Hubble-Zeit mGpchDHc H

2510 1026,900,3 ⋅=== − (3.28)

Im Falle euklidischer Geometrie wird dann der mitbewegte Abstand zu einem Ereignis der Rotverschiebung z

34

∫ ′′

==χ=z

HC zEzdDzrzD

0 )()()( (3.29)

Der durch den Lichtweg gegebene Abstand ist die „look-back-time“

∫ +=⋅= )(

11)( zD

zrtadtc c (3.30)

Die Zeit t versteht sich jeweils vom Beginn des Universums aus gerechnet. Rechnet man von der Gegenwart, so ist tt −0 zu bilden.

3.5. Zusammenfassung Ausgehend von anschaulichen 2d-Flächen mit positiver und negativer Krümmung werden 3d-Flächen untersucht, die in einem 4d-Raum eingebettet sind. Es interessieren hier nur solche mit homogener positiver oder negativer Krümmung. Die 4. Raumdimension lässt sich wieder eliminieren. Wir gewinnen auf diese Weise eine Metrik, die Robertson-Walker-Metrik, welche einen homogenen und isotropen Raum mit positiver, negativer oder verschwindender Krümmung beschreibt. Am Ende werden der Lichtweg (s.a. look-back-time) und der mitbewegte Abstand definiert.

3.6. Literatur M. Berry : Principles of cosmology and gravitation. Cambridge Univ. Press 1989. H. Gönner : Einführung in die Kosmologie. Spektrum Akademischer Verlag 1999 J.A. Peacock : Cosmological Physics. Cambridge Univ. Press 1999 M. Bartelmann, P. Schneider: Weak Gravitational Lensing. http://arxiv.org/abs/astro-ph/9912108 D.W. Hogg: Distance measures in Cosmology. http://arxiv.org/abs/astro-ph/9905116 Sean M. Carroll: Lecture Notes on General Relativity. http://arxiv.org/PS_cache/gr-qc/pdf/9712/9712019.pdf 3.7. Aufgaben 3.7.1. frei nach Liddle Probl. 4.1) Gegeben ist eine 2-dim. Kugelfläche mit dem Radius R. Die Breitenkreise werden durch den Winkel θ charakterisiert, der von Null (Nordpol) über 2π (Äquator) bis π (Südpol) läuft.

35

Der Radius eines Breitenkreises ist θsinRr = , (1) der Umfang des Breitenkreises θπ sin2 Rc ⋅= (2) Der Kreisbogen des Winkels θ ist θ⋅=Rs (3) Man bringe (2) in die folgenden Formen

RsRsc sin2sin2 ⋅=⋅⋅= π

θθπ (4)

Man zeigt leicht, dass für kleine Winkel rs ≅ ist. Sonst gilt rs > . Der Kreisradius auf der gekrümmten Fläche ist r, s ist der entsprechende Radius in der ebenen Fläche. Für ein Hyperboloid (negativ gekrümmte Fläche) ist wieder θ⋅=Rs Aber jetzt ist θsinhRr = Wieder ist für kleine Winkel rs ≅ , sonst aber ist sr > .

R Ө

36

3.7.2. Wir machen die entsprechenden Überlegungen für die 3d-Hyperkugelfläche und 3d-Hyperboloidfläche. Mit (3.19) und (3.20) können wir ganz entsprechend schreiben χ⋅=Rs und χsinRr = bezw. χsinh⋅= Rr Setze für positive Krümmung 50.0=χ , bei negativer Krümmung 0.2=χ . Wie groß wäre jeweils der Radius eines Breitenkreises, wenn der Krümmungsradius Gpc100 betragen würde? 3.7.3. (nur qualitativ diskutieren). Um uns weiter mit einem gekrümmten Raum vertraut zu machen, wollen wir eine 3d-Kugelfläche eingebettet in einen euklidischen 4d-Raum diskutieren. Wir beginnen dazu mit einer niedrigeren Dimension d = 3, definieren ein kartesisches Koordinatensystem x,y,z und betrachten ein 2d-Kugelflache vom Radius R. Um diese in einer 2d-Ebene darzustellen, lassen wir Parallelen zur x,y-Ebene die Kugelfläche schneiden. Wir erhalten eine Schar von Kreisen (offensichtlich Breitenkreise wie unter 3.7.1 diskutiert), die wir mit der jeweiligen z-Koordinaten, durch welche die Ebene lief, charakterisieren können: Rzz ±≤±± ....., 21 . Im 4d-Raum sind die entsprechenden Schnitte Kugeln gekennzeichnet durch Rww ≤±± ......, 21 . Wir versuchen das Entsprechende für eine 3d-Fläche mit konstanter negativer Krümmung und orientieren uns dabei an dem 2-schaligen Hyperboloid der Fig. 3.2. 3.7.4. Wir diskutieren ein euklidisches Model, das nur positive „dunkle Energie“ enthält, das bedeutet, anstelle der Materiedichte tritt ein positiver konstanter Term. Wir lösen die 2. Friedmanngleichung. Wie sieht die Lösung )(ta aus? Wir berechnen im nächsten Schritt mit

)(ta den mitbewegten Abstand oder Koordinatenabstand Gl. (3.29).

37

4. Einsteins Gleichungen und das Standardmodell der Kosmologie

4.1. Die Einsteinschen Gleichungen (EG) in Robertson-Walker- Metrik Wir haben die beiden Friedmann-Gleichungen bereits in Newtonscher Näherung abgeleitet. Ist es dann überhaupt notwendig, die Ableitung noch einmal mit der ART zu wiederholen? Dafür gibt es eine ganze Reihe guter Gründe. Der Raum der Newtonschen Physik ist ein 3-dimensionaler statischer, euklidischer Raum. Das gilt auch noch für die Mechanik im Rahmen die speziellen Relativitätstheorie (Minkowski-Metrik). Die Raummodelle, auf die wir in der Kosmologie geführt werden, sind i.a. gekrümmte Räume. Selbst wenn der reale physikalische Raum näherungsweise euklidisch ist, so expandiert er doch, ein Phänomen, das in der Newtonschen Theorie keinen Platz hat. Dazu kommen die Beobachtungen der Lichtwege über große Entfernungen, die entsprechend der Materieverteilung im Kosmos gekrümmt sind. Wir müssen deshalb akzeptieren, dass die ART die korrekte Theorie für kosmologische Fragen ist. Wir haben Glück, wenn wir feststellen, dass die Newtonsche Näherung für dieses oder jenes Problem hinreichend exakt ist, oder dass sie mit einer Ergänzung und Uminterpretation weiter verwendet werden kann (s. Kap. 2). Im Allgemeinen ist jedoch Vorsicht geboten. Die Newtonsche Physik darf in der Kosmologie keinesfalls naiv und ungeprüft eingesetzt werden.

Fig.4.1. David Hilbert ca. 1910 (!862 – 1943)

1910, fünf Jahre nach der Veröffentlichung seiner Arbeit über die spezielle Relativitätstheorie schrieb Einstein an Arnold Sommerfeld in München: “Ich beschäftige mich jetzt ausschließlich mit dem Gravitationsproblem....Aber das eine ist sicher, daß ich mich im Leben noch nicht annähernd so geplagt habe...Gegen dieses Problem ist die ursprüngliche (spezielle) Relativitätstheorie eine Kinderei.“ Am 25. November 1915 konnte er endlich nach vielen unbefriedigenden Ansätzen die Ergebnisse des erfolgreichen Abschlusses seiner Überlegungen vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften bekannt geben. Wenige

38

Wochen vorher hat er seine noch unvollständigen Überlegungen im Mathematischen Seminar in Göttingen in Anwesenheit von David Hilbert vorgetragen, der sich damals intensiv mit physikalischen Problemen befasste. Dieser begriff sehr bald, worauf es Einstein ankam und konnte schon am 20. November 1915 der Göttinger Akademie der Wissenschaften seine elegante Ableitung dessen präsentieren, was als Einsteinsche Gleichungen in die Literatur eingegangen ist. Hilbert schien aber Einsteins Priorität anzuerkennen, obwohl er die richtige Lösung mit 5 Tagen Vorsprung bekannt machte. Die „Allgemeine Relativitätstheorie“ (ART) geht von der Gleichheit träger und schwerer Massen aus, die experimentell sehr gut bestätigt ist. Eine praktische Folge davon ist, dass alle Massen gleich schnell fallen. Das gilt z.B. auch für Passagiere und Gegenstände in einer Raumkapsel. Geringe Abweichungen davon werden als Gezeitenkräfte wirksam. Unter dieser Voraussetzung lässt sich ein Inertialsystem in der ART durch ein frei fallendes System, in welchem sonst keine mechanischen oder elektromagentische Kräfte wirken (z.B. eine Raumkapsel) ersetzen. Da Massen im Raum i. a. ungleichförmig verteilt sind (z.B. Sterne, Sternhaufen, Galaxien), wird ein frei fallendes System (etwa eine Galaxie in einem Galaxiehaufen) eine gekrümmte Bahn beschreiben. Nach Newton würde man die Bahn aus den Gravitationskräften der umgebenden Massen bestimmen. In der ART dagegen bestimmen die Massen die Geometrie des Raumes und umgekehrt die Geometrie die Massenverteilung.

Das frei fallende System bewegt sich in dieser Geometrie auf extremalen Bahnen, den so genannten Geodäten. (s. a. Geodätengleichung A.8.30). Die Geodäte ist der kürzeste Abstand zwischen zwei Punkten

∫=−B

A

dsBA (4.1)

mithin das Resultat der Variation von

∫ =δ 0ds oder ∫ =δ 02ds (4.2)

Das Ergebnis, was hier nicht bewiesen werden soll, heißt Geodätengleichung, in allgemeiner Form

02

2

=Γ+ds

dxds

dxds

xd νλμλν

μ

(4.3)

mit

( )σνλνσλλσνμσμ

νλ ,,,21 gggg −+=Γ (4.4)

Das erste Glied beschreibt die Änderung der Tangente entlang ds, das zweite Glied subtrahiert davon den Anteil der Parallelverschiebung. Auf einer Geodäten kompensieren sich beide Anteile. (Bei der Parallelverschiebung wird der Winkel zwischen Tangente und Kurve konstant gehalten) In der ART verlaufen kräftefreie Bewegungen von Massen immer auf Geodäten, d.h. das Extremalprinzip Gl. A.8.31 ist dabei immer erfüllt. Man kann sich eine gewisse Veranschaulichung dieser ungewohnten Vorstellung Geometrodynamik (John A. Wheeler) verschaffen, indem man gekrümmte 2-dim. Flächen in einem 3-dimensionalen Raum betrachtet. Wir denken dabei an eine gespannte ebene

39

Gummie-Membran, die eine euklidische Ebene veranschaulichen soll (s. Fig. 4.2). Eine Styroporkugel als Probemasse, die man angestoßen hat, beschreibt auf der Membran eine geradlinige Bahn. Legt man eine Stahlkugel als Modell eines Gravitationszentrums auf die Membran, so entsteht eine trichterförmige Vertiefung. Die Fläche ist jetzt gekrümmt und die Bahn der Probemasse ist eine geschlossene oder offene Kurve, je nach ihrer Anfangsgeschwindigkeit. Die Bahn wird im Modellversuch durch die Verformung der Gummimembran bestimmt. Die Verallgemeinerung des Modells führt auf einen gekrümmten Raum (in der Übung Kap.3.7 werden 3-dim. Hyperflächen in einer 4-dim. Raumeinbetung betrachtet). Seine lokalen Eigenschaften können mit Hilfe der Riemannschen Geometrie beschrieben werden. Wir haben im vorigen Kapitel bereits gesehen, dass sich gekrümmte Räume als 3-dimensionale Hyperflächen beschreiben lassen, die in einen 4-dim. euklidischen Raum eingebettet sind. Diese Beschreibung war allerdings redundant. Wir konnten die 4. Raumdimension w wieder eliminieren. Statt der Bogenlänge im euklidischen Raum 2222222 sin φθ+θ+= drdrdrdl (4.5)

Fig. 4.2. Euklidischer Raum als ebene Fläche veranschaulicht.

40

Fig. 4.3. Krümmung der Fläche durch Anwesenheit einer Masse hier im Modell.

Fig. 4.4. Veranschaulichung: Bahn auf gekrümmter Fläche erhielten wir in der Robertson-Walker-Metrik Gl. 3.17b

⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢

++−

−= 22222

2

2

2222 sin

1φθθ

κdrdr

Rr

drdtcds (4.6)

41

Was wir mit der Substitution Rrr ′= in folgende Form bringen

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡′+′+

′−′

−= 222222

2222 sin1

φθθκ

drdrr

rdRdtcds (4.7)

wobei wir hier wieder )()( taRtRR ⋅== (4.8) gesetzt haben. In den Resultaten kommt am Ende r′ nicht mehr vor.

Fig. 4.5. Albert Einstein (1879 – 1955) ca. 1910

Die Einsteinschen Gleichungen (EG) verknüpfen diese Geometrie mit der Massenverteilung, indem sie eine Beziehung zwischen 2-stufigen Tensoren herstellen

μνμν ⋅π

= Tc

GG ˆ8ˆ4 (4.9)

Die linke Seite RgRG ˆ21ˆˆ

μνμνμν −= heißt Einstein-Tensor. Sie enthält die Geometrie der

Raum-Zeit im Ricci-Tensor μνR , dem metrischen Tensor μνg und dem Ricci–Skalar μν

μν= RgR ˆˆ . (4.10)

42

Wir folgen hier der Einstein-Konvention und lassen (wie schon in Kap. 3) in Summationen die Summenzeichen über gleiche Indizes weg. Während der Einstein-Tensor μνG die lokale Geometrie der Raum-Zeit beschreibt, enthält die rechte Seite die Information über das physikalische System. μνT ist der (auch aus der Elektrodynamik bekannte) Energie-Impulstensor, der das physikalische Feld durch die lokale Energiedichte, lokalen Druck und Spannungen beschreibt. Der Ricci-Tensor μνR ist ein 2-stufiger, symmetrischer Tensor. Er lässt sich aus den

Konnektionen λμνΓ (auch Christoffelsymbole genannt) und ihren Ableitungen berechnen

λ

νσσμλ

σλσ

λμν

λνμλ

λλμνμν ΓΓ−ΓΓ+Γ−Γ= ,,R (4.11)

Die Konnektionen μ

νλΓ enthalten Produkte der Komponenten des metrischen Tensors νλ

g und

seiner Ableitungen λσν,g , sind also letztlich aus dem metrischen Tensor zu gewinnen s. Gl. (4.7). Dabei ist vorausgesetzt, dass es sich um einen torsionsfreien Raum handelt, was in der Kosmologie gewährleistet ist. Es gilt dann die Symmetriebeziehung μ

λνμνλ Γ=Γ (4.12)

Achtung, die μ

νλΓ sind selbst keine Tensoren!

Die gewöhnliche Ableitung nach einer (kontravarianten) Koordinaten νx wird durch ein Komma bezeichnet. Für die kovariante Ableitung steht ein Semikolon anstelle des Kommas:

νμνμ =

∂∂

,AxA

, νσλνσλ =

∂∂

,gxg

und λμνλν

μμν A

xAA Γ+∂∂

=; (4.13)

Die ko- und kontravariante Form des metrischen Tensors sind miteinander über das Kronecker-Symbol verknüpft λ

μνλ

μν δ=gg (4.14) Für die Komponenten der Diagonalform gilt λ

μλλ

μμ δ=gg (4.15)

4.2. Die Berechnung des Ricci-Tensors. Um die EG (4.9) auszuwerten, schreiben wir zunächst die μνg in Polarkoordinaten und definieren

( ) ( )φθ ddrdcdtdxdxdxdx −−′−= ,,,,,, 3210 . (4.16) Wir schreiben aus Bequemlichkeit wieder r anstelle von r ′ . Dann wird

43

100 =g , ( )2211 1/ rRg κ−−= , 22

22 rRg −= , θ22233 sinrRg −= (4.17)

Nach Gl. (4.15) sind die Komponenten der kontravarianten Form die reziproken Werte von Gl. (4.17), also ( ) 2211 /1 Rrg κ−−= etc. Damit können die Konnektionen berechnet werden. Die von Null verschiedenen Komponenten lauten wie folgt

( )21011 1/ rRRc κ−=Γ − & , RRrc &210

22−=Γ , RRrc &θ=Γ − 2210

33 sin ,

RRc /1101

&−=Γ , ( )2111 1/ rr κ−κ=Γ , ( )21

22 1 rr κ−−=Γ ,

( ) θκ−−=Γ 22133 sin1 rr ,

RRc /12

02&−=Γ , r/12

12 =Γ , θθ−=Γ cossin233 ,

RRc /13

03&−=Γ , r/13

13 =Γ , θ=Γ ctg323 (4.18)

Dazu kommen noch alle λ

μνΓ , die durch Vertauschung der unteren beiden Indizes nach Gl. (4.12) aus den angegebenen Komponenten hervorgehen. Gl. (4.18) eingesetzt in Gl. (4.11) ergibt die 4 Diagonalglieder des Ricci-Tensors

RcRR 200 /3ˆ &&−= , ( ) ( )222

211 1/221ˆ rcRRRc

R κ−κ++= &&& ,

( )κ++= 222

2

22 22ˆ cRRRcrR &&& , ( )κ++θ= 222

2

2

33 22sinˆ cRRRcrR &&& (4.19)

Nun müssen wir noch nach Gl. (4.10) den Ricci-Skalar berechnen, wozu wir die reziproken Werte von μνg aus Gl. (4.15) benutzen

λλ

λλ =g

g 1 (4.20)

Wir erhalten

100 =g , ( ) 2211 /1 Rrg κ−−= , 2222 /1 Rrg −= , 22233 sin/1 rRg θ−= (4.21) Der Ricci-Skalar wird dann ( ) 2222 /6ˆ RccRRRRgR κ++−== μν

μν &&& (4.22) 4.3. Der Energie-Impuls-Tensor.

44

Wir wenden uns jetzt der rechten Seite der EG zu, welche die Physik enthält. Die kosmische Materie betrachten wir hier als klassische Flüssigkeit. In einem beliebigen Inertialsystem erhalten wir für den Energie-Impuls-Tensor

( ) μννμμν ε pguupT −+= (4.23) Hier bedeutet

2cρ=ε (4.24) die Energie-Dichte. In vielen Lehrbüchern wird von Anfang an c =1 gesetzt, so dass ρε = wird. Die μu sind kovariante Komponenten der Vierergeschwindigkeit. . Entsprechendes gilt für die kontravariante Form μννμμν ε pguupT −⋅+= )( (4.25) Eine besonders einfache Gestalt bekommt der Energie-Impuls-Tensor im Ruhesystem oder im mit der Flüssigkeit mitbewegten System (was gleichbedeutend ist) in folgender Form

⎟⎟⎟⎟⎟

⎜⎜⎜⎜⎜

==

pp

pTTg

000000000000ε

νμμσ

σν (4.26)

Im momentanen Ruhesystem ist die 4–Geschwindigkeit ( )0,0,0,cu γ=μ (4.27) Es trägt also nur 2

00 cuu = bei. Damit erhalten wir in der Robertson-Walker-Metrik unter Berücksichtigung von μν

λνκμκλ TggT = :

ε=00T , ( )2211 1/ rpRT κ−= , 22

22 RprT = , 22233 sin RprT θ= (4.28)

Wir berechnen die 00-Komponenten auf der linken und auf der rechten Seite der EG:

( ) 222220000 /3/3ˆ

21ˆ RccRRRRcRRgR κ+++−=− &&&&& (4.29)

und

επ

4004

88c

GTc

G (4.30)

Das ergibt

( ) επ

=κ+ 222

2

83c

GcRR

& (4.31)

45

In entsprechender Weise erhält man eine Gleichung der (11)-Komponenten

( ) 22

22 82 Rpc

GcRRR π=κ++− &&& (4.32)

Die (22)- und (33)-Komponenten ergeben äquivalente Gleichungen, so daß wir auf ihre Auswertung verzichten können. 4.4. Erhaltungssätze und Friedmann-Gleichungen. Die kovariante Divergenz verschwindet für den Energie-Impuls-Tensor

μσνμσ

σνμνσ

μνν

μνν Γ+Γ+== TTTT ,; 0 (4.33)

was der Erhaltung der Massenenergie und des Impulses entspricht. Das Entsprechende gilt auch für den Einstein-Tensor und wird in A.10 des Anhangs gezeigt. Die Auswertung von Gl. (4.33) ergibt (s. A.10)

( ) 03 =+ε+ε pRR&

& (4.34)

Es ist also bei allgemein relativistischer Behandlung kein Rückgriff auf die Thermodynamik nötig, um die „Fluid-Gleichung“ (Gl. 4.25 und Anhang A.12) herzuleiten. Sie ergibt sich aus dem Verschwinden der kovarianten Divergenz des Energie-Impuls-Tensors. Wir leiten jetzt die Friedmann-Gleichungen her und eliminieren zunächst κ+ 22 cR& mit Hilfe von Gl. 4.22 aus 4.23 mit dem Ergebnis

( )pcG

RR 3

34

2+ε

π−=

&& (4.35)

Damit erhalten wir die erste Friedmanngleichung und eine Aussage über die Beschleunigung des Skalenparameters )(ta&& . Neu ist hier, dass auch der Druck p auftritt, der ebenso wie die Energiedichte ε zur Gravitation beiträgt. Bei Gasen aus Teilchen mit Ruhemasse ist i.a.

ε<<p . Im Strahlungsfeld oder bei einem ultrarelativistischen Gas (heißes Plasma im frühen

Universum oder Neutrinos) kann allerdings ε31

≈p sein.

Als nächstes schreiben wir Gl. 4.22 in folgender Form

κ−επ

==⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛2

2

22

2

38

Rc

cGH

RR&

(4.36)

46

Das ist die zweite Friedmanngleichung, wie wir sie bereits in Kap. 2 in Newtonscher

Näherung abgeleitet haben, wobei wir nach Gl. 4.2a auch 22

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛=⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛aa

RR &&

setzen können. Für

0tt = ist die Hubble-Konstante

κ−επ

= 2

2

022

0 38

Rc

cGH (4.37)

Der Faktor 2/ Rκ bestimmt wieder die Krümmung, die im euklidischen Fall, also bei kritischer Dichte verschwindet. In allen anderen Fällen hängt die Krümmung von der Dichte ab. Diesen Zusammenhang kann ausschließlich die ART liefern. Mit Gl. 4.26 liefert sie unabhängig davon auch einen Ausdruck für die Beschleunigung. Die Friedmanngleichungen scheinen eine globale Aussage über den Kosmos (mit Skalenparameter und Krümmungsradius) zu machen. Das erscheint zunächst als ein Widerspruch zur ART, die immer nur lokale Aussagen zulässt. Der Widerspruch löst sich, wenn man bedenkt, dass wir bei den hier besprochenen Modellen immer Isotropie und Homogenität des Raumes voraus gesetzt haben. Über die Topologie (sein Zusammenhang über große Entfernungen) können dabei keine Aussagen gemacht. Auch ein euklidischer (oder fast euklidischer) Raum kann eine nicht triviale Topologie haben. Wie diese beschaffen sein könnte, diese Frage bleibt offen.

4.5. Historisches Einstein hatte in seiner Publikation „Kosmologische Betrachtungen zur allgemeinen Relativitätstheorie“, Sitzungsber. d. Preuß. Akademie der Wissenschaften 1917, S. 142 – 152 das Modell eines statischen Kosmos behandelt. Dazu musste er eine kosmologische Konstante (s. Kap. 5) einführen, die für einen negativen Druck sorgte, für die Einstein aber keinerlei physikalische Begründung geben konnte. Erst Alexander Friedmann zeigte, dass Einsteins Modell instabil ist und dass der Normalfall (ohne kosmologische Konstante) ein dynamisches Universum ergibt. Wer war Alexander Friedmann dessen Namen die Gleichungen 4.26 und 4.27 heute tragen? Friedmann publizierte seine Arbeiten über Kosmologie in der Zeitschrift für Physik 10, 377 (1922) und 21, 326 (1924). Aber sie fanden erst viel später Beachtung. Einstein las die Arbeiten Friedmanns, aber hielt sie für falsch und publizierte sofort einen entsprechenden Kommentar. Erst einige Monate später, als er den russischen Physiker Yuri A. Krutkov, einen Freund Friedmanns, traf und mit ihm die Arbeiten diskutierte, musste er seinen Irrtum zugeben. Einstein schrieb deshalb sofort an die Z. f. Physik und erkannte Friedmanns Lösungen ausdrücklich als korrekt an.

47

Fig. 4.6. Albert Einstein (1879 – 1955), Aufn. v. 1925

Fig. 4.7. Alexander Alexandrowitsch Friedmann (1888 – 1925) Friedmann wurde 1888 in St. Petersburg als Sohn eines Komponisten und einer Pianistin geboren. Er studierte Mathematik und Meteorologie. Am ersten Weltkrieg nahm er als Freiwilliger teil, leitete die Flugnavigation und fertigte Tabellen mit ballistischen Daten für die Artillerie und den Bombenabwurf an. Nach der Revolution war er zunächst Professor für Mechanik in Perm. 1920 kehrte er nach St. Petersburg zurück und arbeitete an der Akademie der Wissenschaften. Neben der Meteorologie beschäftige er sich mit Quantentheorie und der ART. Er starb 1925 nach offiziellen Angaben an Typhus. Aber Georg Gamow (1904 – 1968), der ein Student von Friedmann war, behauptete, er sei an einer Lungenentzündung gestorben, welche er sich bei einem seiner Ballonaufstiege im Dienste der Meteorologie geholt habe. 4.7. Zusammenfassung Nach Einführung der Einstein-Gleichungen werden die Komponenten des Einstein-Tensors in der Robertson-Walker-Metrik abgeleitet. Der Energieimpuls-Tensor wird für eine

48

„kosmische“ Flüssigkeit der Energie/Materiedichte ε und des Drucks P angegeben und für ein mitbewegtes Bezugssystem in der Robertson-Walker-Metrik umgeschrieben. Aus den 4 Einstein-Gleichungen ergeben sich die beiden Friedmann-Gleichungen für aa&& und 2)( aa& . Die Divergenz des Energie-Impuls-Tensors führt zu einem Erhaltungssatz der Masse bzw. der Energie (s.a. Fluidgleichung). Wenn die Zustandsgleichung, also der Zusammenhang zwischen ε und P, bekannt ist, kann a(t) durch Lösung der Friedmann-Gleichungen berechnet werden. 4.8. Literatur J.N. Islam: An introduction to mathematical cosmology. Cambridge University Press 1992 Hubert Gönner: Einführung in die Kosmologie. Spektrum Verlag 1994. Hubert Gönner: Einführung in die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie. Spektrum Verlag 1996. R.U. Sexl / H.K. Urbanke: Gravitation und Kosmologie. BI Wissenschaftsverlag 3. Aufl. 1987 Sean M. Carroll: Lecture Notes on General Relativity. http://arxiv.org/PS_cache/gr-qc/pdf/9712/9712019.pdf 4.9. Aufgaben 4.9.1. Zeige, dass )

21(ˆ TgTR klklkl −Κ= eine andere Form der Einstein-Gleichungen ist.

Hinweis: Benutze ikik

kik

ik RgRgR ˆˆˆ ≡= ∑ und den metrischen Tensor nk

knkl gg δ=⋅ (s. 4.9),

der hier in Diagonalform gegeben ist d.h. 1,1 111100

00 == gggg ect., weswegen gilt 4=⋅ kk

kk gg . 4.9.2. Die Energiedichte, die ein Beobachter misst, der sich mit der Geschwindigkeit

),,,( 3210 uuuu bewegt, ist ∑ lkkl uuT . Sie sollte in vernünftigen physikalischen Systemen

immer positiv sein. Mit den Ergebnissen der vorigen Aufgabe lässt sich eine Bedingung für den Ricci-Tensor ableiten. Leite daraus die Bedimgung 0ˆ ≥lk

kl uuR ab. 4.9.3. Berechne den Ricci-Skalar aus den Komponenten des Ricci-Tensors (4.22) und der Beziehung (4.19) ab. 4.9.4. Zeige dass das räumliche Volumenelement der Robertson-Walker-Metrik wie folgt geschrieben werden kann )3(321 gdxdxdxdV ⋅= wobei )3(g die Determinante des räumlichen Teils des metrischen Tensors ist.

49

5. Einsteins kosmologische Konstante Λ, Unsinn oder eine neue Kraft ?

5.1. Kosmologische Modelle mit Λ ≠ 0 Wir kommen jetzt noch einmal auf die dunkle Energie zurück im Zusammenhang mit der kosmologischen Konstanten Λ . Einstein hatte, wie schon bemerkt, 1917 zunächst die Vorstellung eines statischen Universum, d.h. es sollte 0== aa &&& sein. Um das zu erreichen fügte zu er seinen 4 Gleichungen noch eine Konstante Λ

μνμνμνμν Λ+π

=− gTc

GRgR 4

8ˆ21ˆ (5.1)

was für die 00- und die 11-Komponente folgenden Ausdrücke ergibt

Λ+=+ επκ42

2

2

2

2

8)(3c

GRc

RR

c

& (5.2)

Λ+=⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛++− p

cG

Rc

RR

RR

c 42

2

2

2

2

821 πκ&&& (5.3)

Aus der 00-Komponente wird nach Multiplikation mit 32c und Beachten von 0)( RtaR = wieder die 2. Friedmann-Gleichung

20

2

22

2

2

338

Racc

cG

aa κεπ

−Λ

+=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ & (5.4)

Wenn wir wie im vorigen Kapitel folgende Addition vornehmen (00) + 3·(11), erhalten wir die 1. Friedmanngleichung

( )3

334 2

2

Λ++ε

π−= cp

cG

aa&&

(5.5)

Das erste Glied auf der rechten Seite von Gl. 5.5 bremst die Beschleunigung. Die Bremsung wird schwächer, wenn ε und p mit der Zeit abnehmen. Das zweite Glied rechts ergibt eine zusätzliche Beschleunigung, solange Λ > 0 ist. Ein positives Λ wirkt nach (5.4) wie eine abstoßende Kraft oder eine „Antigravitation“. In der 2. Friedmann-Gleichung (5.5) dagegen vergrößert Λ > 0 die Gravitation wie eine zusätzliche Dichte. Wir erhalten Einsteins statische Lösung, wenn wir setzen 0=p und 1=κ also

Λ=Λ Gcπ

ε4

4

und 120 =ΛR (5.6)

50

Als Einstein später (gegen 1932) erkannte, dass Beobachtungen ein dynamisches Universum nahe legen und seine Lösung sich, wie Friedmann zuerst bemerkte, als instabil erwies, soll er von dem größten Blödsinn seines Lebens gesprochen haben. Mathematisch ist Gl. 5.1 tatsächlich die allgemeinste Form der EG, physikalisch ist es bis heute schwer dem Λ eine Bedeutung zu geben. In den letzten Jahren ist Λ wieder zu Ehren gekommen. Die Beobachtungen der Hintergrundstrahlung erfordern einerseits eine euklidische Metrik, 0=κ , andererseits aus Beobachtungen von SN Ia in der Vergangenheit keine Abnahme von ( )tH , wie man nach Gl. 2. 20 erwarten sollte (s.a. Fig. 2.3), sondern ( )tH bleibt fast konstant, wird aber in der Zukunft mit der Zeit anwachsen (s. Fig. 5.1). Die Beobachtungen (s. unten) lassen durch eine nicht verschwindende kosmologische Konstante deuten. Damit löst sich auch das Problem eines zu kleinen Weltalters. Es ist nicht mehr Htt <0 , sondern es wird Htt ≅0 . Nimmt man Λ über μνμν TT ′+ in den Energie-Impuls-Tensor auf, so ergibt sich der Zusatz

Λ=′−′+′=′ μνμννμμν εππ gpguupc

GTc

G )(8844 (5.7)

und es lässt sich

Λ==′ Λ Gcπ

εε8

4

und Λ−==′ Δ Gcppπ8

4

(5.8)

als Dichte und Druck einer fiktiven Flüssigkeit deuten. Die kosmologische Konstante wirkt wie ein konstanter negativer Druck, der auf eine ziemlich ungewöhnliche Zustandsgleichung führt p′−=′ε (5.9) Vorsichtshalber schreibt man heute lieber etwas allgemeiner ΛΛ ε⋅= wp (5.10) und versucht w aus Beobachtungen zu bestimmen. Λε wird als Dichte der „Dunklen Energie“ bezeichnet. Wie bereits erwähnt, entspricht 0>Λ einer Abstoßung und trägt nach Gl. 5.5 zu einer Beschleunigung bei. Die dunkle Energie verhält sich wie eine Antigravitation. Λε hängt nicht wie die Materiedichte vom Skalenparameter )(ta ab, sondern bleibt, während der Kosmos expandiert, immer konstant. 0<Λ würde eine zusätzliche Anziehung beschreiben und zu einer Abbremsung der Dynamik führen. Wenn nur die dunkle Energie 0≠Λ in einem sonst leeren Raum wirkt, wird aus Gl. 5.3 und 5.2 für 0=κ

Λ=3

2caa&&

(5.11) und

( ) Λ=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛=

3

222 c

aatH &

(5.12)

51

Die Hubble-Funktion ist konstant. Für 0>Λ erhalten wir eine exponentielle Expansion (s. Kap. 3)

[ ] ⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡−Λ=−= )(

3exp)(exp)( 0

2

002

0 ttcattHata (5.13)

Diese Abhängigkeit mit 0>Λ führt auf das so genannte Einstein-deSitter-Model. Es wurde zuerst von dem holländischen Astronomen William De Sitter (1872 - 1934) untersucht, der die Ergebnisse 1932 zusammen mit Einstein publizierte. Wir werden später noch sehen, dass das Einstein-deSitter-Model im frühen Universum eine Rolle spielte und dass sich das Verhalten von a(t) in der Zukunft unseres Kosmos immer mehr einer exponentiellen Expansion annähern wird. Heute wird in der Feldtheorie häufig der Fall 0<Λ , das sogenannte Anti-DeSitter-Model in 4 bzw. 5 Dimensionen diskutiert, welches auf Grund der Symmetrie eine Korrespondenz zur konformen Feldtheorie aufweist. Wenn es nur Materie Mε und dunkle Energie Λε bei euklidischer Geometrie ( 0=κ ) zu berücksichtigen gibt, dann lässt sich die kritische Dichte schreiben cM ε=ε+ε Λ (5.14) oder 1=Ω+Ω ΛM (5.15)

Fig. 5.1. Verlauf des Skalenparameters a(t) für verschiedene Werte von MΩ und ΛΩ . Von oben nach unten entsprechen den Kurven folgende Parameterwahl ( MΩ , ΛΩ ) = (0.3, 0.7) ; (0.3, 0.0); (1.0, 0.0); (4.0, 0.0) . Nach S. M. Carroll. Living Reviews in Relativity. 7 Febr. 2001. Kommen noch Strahlung und Raumkrümmung ( 00 ≠R ) hinzu, wird )(2 tH

( ) ( )2200

20

30

40

20

2

aEHaaaHaa

KM =Ω+Ω+Ω+Ω=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

Λ−−−

γ&

(5.16)

52

Wir können in Gl. 5.16 )(ta durch (1+z) ersetzen, was direkt beobachtbar ist, und erhalten wieder eine Differentialgleichung für die Rotverschiebung als )(tz Funktion der Zeit

( )220

2

1zEH

zz

=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛+&

(5.17)

Für kleine Rotverschiebungen ( 1<<z ) existiert folgende Näherungsformel

[ ].....)21()( 20

00 +−−=− zqz

Hcttc (5.18)

Hier bedeutet 020 , tta

aaq ==&

&& (5.19)

Wenn man 100 =Ω+Ω ΛM setzt, wird ΛΩ−Ω

=20

0Mq . (5.20)

5.2. Leuchtkraft-Abstand. Wir hatten schon erwähnt, dass es mit Hilfe von Supernovae vom Typ SN Ia möglich ist, die Entfernung von Galaxien auch bei großer Rotverschiebung zu bestimmen. Diese Entfernung heißt Leuchtkraft-Entfernung Ld (luminosity distance). Das Prinzip dabei ist die Bestimmung von Ld aus Leuchtkraft L [Watt] des strahlenden Objekts und dem Strahlungsstrom S [W/m2] der auf der Erde zur Zeit t0 ankommt

24 LdLSπ

= (5.21)

Wir wollen annehmen, dass zur Zeit t0 sich die Erde von der Lichtquelle aus gesehen im Abstand )( 01 tar befindet ( 1r ist der entsprechende Koordinatenabstand oder mitbewegter Abstand der Erde von der Lichtquelle aus gesehen CDr ≡1 ). Der Strahlungsstrom S durchläuft die Kugelfläche 2

02

14 arπ Der Nenner 24 Ldπ in (5.21) ist also durch )(4 02

1 tarπ zu ersetzen. Die Photonen werden von der Lichtquelle mit der Quantenenergie 1hv emittiert, haben aber eine Rotverschiebung, wenn sie auf der Erde ankommen (s. Kap. 3.3)

11

0 +=

zhvhv . (3.25)

Auch die Zahl der Photonen t

Nδδ 0 , die pro Sekunde auf der Erde ankommen, ist um den

Rotverschiebungsfaktor vermindert

53

11)( 1

0

110

+==

ztN

ata

tN

tN

δδ

δδ

δδ

(5.22)

Berücksichtigt man alle genannten Effekte, so ergibt sich

2

02

1204 ⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛=

aa

raLS

π (5.23)

Setzen wir wieder 10 =a und CDr =1 , so erhalten wir durch Vergleich von Gl. 5.21 und 5.23 )1()1(1 +=+= zDzrd CL (5.23)

Um also den Leuchtkraftabstand dL zu erhalten, muss der Koordinatenabstand CD mit )1( +z multipliziert werden. Die Ableitung folgt St. Weinberg: Cosmology, Oxford Univ. Press 2008 Ch. 1.4.

Fig 5.2. Kosmische Abstände: „naive Hubble“ meint rHzc 0= . Der Koordinatenabstand wird in der Graphik LOSS comoving genannt, darunter die look-back-time. Luminosity distance wurde hier behandelt. Angular diameter distance wird in einem späteren Kapitel behandelt. Credit: Wikipedia.

54

5.3. Hubble-Diagramm mit SN Ia und Bestimmung von ( )ΛΩΩ ,M . Praktisch bestimmt man den Zusammenhang von scheinbarer (m) und absoluter Helligkeit (M) mit der Leuchtkraft-Entfernung dL über die Gleichung (s. dazu auch Anhang A.1) ( )[ ] 25log5 +=− MpcdMm L (5.24) wobei die Abstände in Einheiten von Mpc zu nehmen sind. Diese Gleichung ergibt sich aus Gl. A.1.6, wenn man auf der rechten Seite die Entfernung der absoluten Helligkeit auf 106 pc anstatt in Einheiten von 10 pc setzt. Die rechte Seite von Gl. 5.19 heißt Entfernungsmodul. Eine SN Ia erreicht im Maximum die absolute Helligkeit M = 19.7, wobei die Streuung über die Gestalt der Lichtkurve korrigiert werden kann (hellere SN haben einen steileren Abfall). Der Grund für die erstaunliche Konstanz der absoluten Helligkeit liegt wohl in der zugrunde liegenden Physik. Da man bei diesem Typ Supernova keine Wasserstofflinien im Spektrum beobachtet, geht man davon aus, dass es sich um einen weißen Zwerg handelt, der soviel Materie von einem Begleiter aufgenommen hat, dass die Chandrasekhar-Grenze erreicht und der Stern mechanisch instabil wird. Dabei zündet ein explosives Kohlenstoff-Brennen, dessen Energie den Stern völlig zerstört. Das nukleare Brennen führt am Ende zu den Elementen der Eisengruppe mit Massenzahl 56, die in einer sphärischen Wolke aus Gas und Staub zurück bleiben. . Die beobachteten Leuchterscheinungen werden sekundär durch die Strahlung der radioaktiven Produkte verursacht. Zuächst zerfällt das gebildete 56Ni in 56Co mit einer Halbwertszeit von 6,1 Tagen. Dann zerfällt 56Co in 77 Tagen in 56Fe: CoeNi 56

275628 →+ − Taget 1,62/1 =

FeeCo 56

265627 →+ − Taget 732/1 =

Die Betaprozesse laufen durch Elektronen-Einfang oder (weniger häufig) durch Positronen-Emission ab. Fig. 5.3. enthält die Messergebnisse m(z) bzw. m(z) – M von Supernovae Ia mit kleiner Rotverschiebung. Fig.5.4. zeigt die Daten des „High-z-Supernova-Teams“, die sich nur dann anpassen lassen, wenn man eine nicht verschwindende kosmologische Konstante 0>Λ annimmt. Wenn man noch einen euklidischen Raum 0=κ aus den Messungen der Fluktuation der Hintergrundstrahlung hinzu nimmt (s. dazu Kap. 6), kommt man zu einer Kombination der Parameter 1=Ω+Ω ΛM (5.25) wobei die wahrscheinlichsten Werte etwa bei etwa 3,0=ΩM und 7,0=ΩΛ liegen. Diese Ergebnisse wurden von den Mitgliedern des unabhängig arbeitenden „Supernova-Cosmology-Projects“ bestätigt. Der Vorteil dieser Messungen ist ihre weitgehende Unabhängigkeit von der Theorie. Die Fehlergrenzen ergeben sich unter anderem aus der Streuung der absoluten Helligkeit der SN Ia. Die Initiatoren und Leiter der beiden Forschergruppen „Supernova-Cosmology-Project“ und „High-z-Supernova-Teams“, Saul Perlmutter, David Riess und Brian Schmidt teilen sich den Physik-Nobel-Preis 2011.

55

5.3. Typischer Verlauf des An- und Abklingens der absoluten Helligkeit von SNe Ia mit kleiner Rotverschiebung. Die helleren Exemplare klingen etwas langsamer ab als die weniger hellen. Zur Korrektur werden die Zeitachsen von diesen werden etwas gestreckt und die Lichtkuvwen angepasst. Kredit: S. Perlmutter in Physics Today April 2003, p. 53

56

Fig. 5.4. Hubble-Diagramm des „High-z-Supernova-Team“. Die Linien sind berechnet mit verschiedenen normierten Dichten. Die Parameter der berechneten Kurven ( )ΛΩΩ ,M sind von oben nach unten (0.25 , 0.76); (0.20, 0.00); (1.00, 0.00) . (s. A.G. Riess, A.V. Filippenko et al. astro-ph /9805201)

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Fig. 5.5. Hubble-Diagram des Supernova-Cosmology-Projects (s. S. Perlmutter, G. Aldering et.al. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/9812133) Die Fehler der absoluten Helligkeit hängen auch davon ab, ob das Licht auf seinem Weg durch interstellare Absorption geschwächt wurde, ein Effekt, der vor allem den kurzwelligen Teil des Spektrums betrifft und somit berücksichtigt werden kann. Auch Staubabsorption kann berücksichtigt werden, da sie die Intensität im blauen Teil des Spektrums herabsetzt und den roten Teil weniger beeinflusst. Eventuell unterscheiden sich die SN Ia bei großen z von denjenigen unserer näheren Umgebung durch ihre chemische Zusammensetzung, was einen Einfluss auf die Kernprozesse und damit auf die Eichung der Leuchtkraft hätte.

58

5.6. Neuere Messungen des High-z-Supernova-Teams mit Ereignissen z > 1. Kredit : Riess, A. G., et al. 2007, ApJ, 659, p. 98. 5.4. Kosmologische Konstante oder Quintessenz Das Modell der kosmologischen Konstanten ist charakterisiert durch die Unabhängigkeit der Dichte ΛΩ vom Skalenparameter )(ta . Da aber die Materiedichte MΩ sich wie )(3 ta − verhält, dominiert sie bei z > 1,5., während ΛΩ sich erst bei kleinen z bemerkbar macht. Jede Art von Vakuumenergie kann sich hinter ΛΩ verbergen. Das Einfachste ist die Annahme eines skalaren Felds, das im frühen Kosmos wirksam war und seit dem wesentlich abgeklungen ist. Diesem hypothetischen Feld hat man den Namen Quintessenz gegeben. Obwohl eine solche Annahme durchaus willkürlich ist, erscheint sie von einem physikalischen Standpunkt aus besser begründet als eine kosmologische Konstante. Es gibt dazu viele Vorschläge. Die entsprechenden Felder sind alle zeitabhängig, ein Effekt der nur schwer zu beobachten ist. Dass ΛΩ und MΩ zur Jetztzeit von gleicher Größenordnung sind, ist eine weitere Merkwürdigkeit. Wäre dem nicht so, gäbe es möglicher Weise kein Leben im Kosmos, da die Strukturbildung empfindlich von den beiden Größen MΩ und ΛΩ abhängt. Nach dem Stand der Beobachtungen dürfte die Zeitabhängigkeit nur sehr schwach sein. Außerdem kann Quintessenz kaum zur Strukturbildung beitragen haben.

59

5.5. Andere Hinweise auf 0>Λ . Das Fluktuationsspektrum der Hintergrundstrahlung (CMB) ist z. Zt. die wichtigste Quelle von Informationen, die komplementär zu den unter Kap. 5.3 angesprochenen sind. Der Bereich der Vertrauensgrenzen überlappt mit den SN Ia-Messungen am besten bei den Werten 3,0=ΩM und 7,0=ΩΛ . Grenzen der Materiedichte sind sehr viel schwerer anzugeben. Aus der Nukleosynthese der leichten Elemente, die in den ersten Minuten der kosmischen Evolution ablief, ergibt sich mit der aktuellen Hubblekonstanten eine Baryonendichte von 04,0≈ΩB . Der Anteil der baryonischen Materie scheint aber eher klein zu sein. Die leuchtende Materie in Sternen ist wieder nur ein Bruchteil der baryonischen Materie. Die Untersuchung der Bewegung der Galaxien in Haufen mit Hilfe des Virialsatzes ( kinpot EE 2−= ) ergibt ein 2,0≈ΩM . Der größte Teil von MΩ besteht demnach offensichtlich aus „dunkler Materie“, die sich nur durch Gravitation bemerkbar macht und deren mikroskopischer Aufbau bisher noch völlig unbekannt ist. Noch einmal zurück zum Fluktuationsspektrum der Hintergrundstrahlung. Um seine Struktur an die Theorie anzupassen, müssen kosmologische Parameter eingegeben werden. Man erhält auf diese Weise 26,0≈ΩM . Es ergibt sich damit nicht nur kein Widerspruch zu den SN Ia–Daten, sondern diese werden eher bestätigt. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Auswertung der CMB-Daten nicht eindeutig möglich ist. Eine weitere geeignete Methode, Grenzen für MΩ und H0 zu bestimmen, ist der Gravitationslinseneffekt. Die Massen großer

Galaxien ( SonneMM 1210≈ ) wirken für dahinter liegende Punklichtquellen (Quasare) wie Gravitationslinsen. Der Ablenkungswinkel des Lichts beträgt dabei

r

RS2=δα (5.26)

Hier bedeutet RS den Schwarzschildradius der Galaxienmasse M (für eine Sonnenmasse ist 9979,2=SR km), r ist die Entfernung der Galaxie von uns (gerechnet als Lichtweg). Die Statistik solcher „lensing events“ hängt von den Werten von ΛΩΩ und M ab. Daraus ergibt sich eine Obergrenze für 7,0<ΩΛ . Eine weitere Möglichkeit für eine unabhängige Evidenz der dunklen Energie bietet das Studium grossräumiger Strukturen, die bis zu 2 Giga-pc aufgelistet sind. Zu den entsprechenden Durchmusterungen gehören der Sloan Digital Sky Servey (SDSS) und « Wiggle Z Dark Energy Survey » mit Rotverschiebungen und Abständen von 240 000 Galaxien. Es treten in der Verteilung typischer Weise Hohlräume (voids) auf, die von akustischen Schwingungen des baryonischen Plasmas zur Zeit der Entkopplung von Strahlung und Materie stammen. Sie haben einen mittleren Durchmesser von150 Mpc, sind von Galaxien umgeben und können so ein kosmisches Längenmass für große Entfernungen abgeben. Grossräumige Strukturen lassen sich inzwischen auch gut durch die Verteilung von Galaxienhaufen studieren. Im Raum zwischen den Galaxien befindet sich ein heisses Plasma (1 – 100 MeV) von sehr geringer Dichte. Elektronen wechselwirken mit den Photonen der Hintergrundstrahlung und bringen diese auf höhere Energien (inverser Compton-Effekt). Dieser Effekt wurden von Sunyaev und Zeldowich 1980 vorausgesagt und nach den Autoren genannt (SZ-Effekt). Im Umfeld von Galaxienhaufen ist der SZ-Effekt inzwischen gut messbar und

60

5.7. Vertrauensgrenzen der Ergebnisse des Supernova-Cosmology-Projects aufgetragen in einer ΛΩ−ΩM -Fläche. (s. Knop et al. 2003, Spergel et al. 2003, Allen et al. 2002) ermöglichte weitere noch unbekannte Haufen aufzufinden. Der SZ-Effekt ist unabhängig von der Rotverschiebung und hat eine typische spektrale Charakteristik. Als letztes erwähnen wir noch den Sachs–Wolfe-Effekt, genauer « the late-time integrated Sachs–Wolfe effect ». Auf dem Weg zum irdischen Beobachter durchlaufen die Photonen Bereiche des Gravitationspotentials von verschiedener Tiefe (voids and cluster), was zu

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warmen und kalten Flecken bei der Kartierung des Anisotropie-Spektrums führt. Die zusätzliche Beschleunigung sollte zu einer Abflachung der Potientialmulden führen. 5.5. Deutungen Eine Deutung von Λ geht von dem „Vakuum“ aus, dem Grundzustand der Quantenfelder der Materie. Man kann sich diese als eine unendliche Zahl von Oszillatoren vorstellen, deren Nullpunktsenergie wie beim harmonischen Oszillator proportional ihrer Quantenergie ist (beim harmonischen Oszillator ist sie 2/ωh ). Da diese Energie divergiert, benötigt man eine Abschneide-Energie. Das wäre z.B. die Planck-Energie (etwa EPl ~1018 GeV). Könnte man diese Energie in einem Beschleuniger erzeugen, würden schwarze Löcher entstehen. Die zugehörige Energiedichte ( 3/ PlPl lE ) beträgt 3113 /1064.4 mJoulePl ⋅≈ρ .Verglichen mit der Energiedichte der „Dunklen Energie“ 261028.1 −

Λ ⋅≈ρ ist das ein Faktor von 13910 . Man muss deshalb annehmen, dass alle Beiträge der Nullpunktsenergie des Vakuums sich gegenseitig zu Null kompensieren. Wäre die Vakuumenergie tatsächlich so groß wie oben abgeschätzt, dann hätte unser Universum nur sehr kurze Zeit existiert. Aber selbst bei ienr um Größenordnung kleineren Abschneide-Energie wäre das Ergebnis immer noch katastrophal. Ein anderer Ansatz geht davon aus, dass es zur Zeit der Inflation ein Materiefeld ϕ (z.B. ein skalares Feld) gegeben hat. Diese Möglichkeit wurde schon weiter oben diskutiert. Wir müssen abschließend feststellen, dass das Λ -Problem bis heute ungelöst geblieben ist, obwohl bekannte Physiker sowohl aus der Teilchenphysik wie auch aus der Gravitationsphysik sich intensiv um eine Lösung bemüht haben. Einige geben den frustrierenden Zustand der Diskussion zu. Andere geben zu bedenken, dass Λ gar keinen anderen Wert haben dürfe, sonst wäre die Strukturbildung weniger günstig verlaufen oder die Zeit für eine eventuelle Evolution von Leben zu kurz gewesen. Diese Argumentation führt auf das so genannte anthropische Prinzip in seiner schwachen Form: Wenn Λ nicht den gemessenen Wert hätte, gäbe es kein Leben, d.h. es gäbe uns auch als Beobachter nicht. Der spezielle Wert von Λ wäre demnach ein Auswahleffekt. Das bedeutet mit anderen Worten: der Wert von Λ ist zufällig. Es hätte auch irgendein anderer sein können, und es ist kein Gesetz erkennbar, nach welchem Λ gerade den gemessenen Wert haben sollte. Aber dieser spezielle Wert lässt Leben, ja sogar intelligentes Leben zu Der Kosmos, in welchem wir leben, ist offensichtlich ein sehr spezieller mit besonderen Parametern und Kopplungsstärken. Diese könnten vielleicht zu einem der 10500 Grundzustände (oder Vakua) der Stringtheorie gehören. Die Parameter treten in unseren phänomenologischen kosmologischen Modellen als Eingabegrößen auf, die nicht weiter erklärt werden können. Sie müssen nur so gewählt sein, dass Leben, ja sogar intelligentes Leben möglich ist. 5.6. Zusammenfassung Zunächst wird gezeigt, wie Einstein (vergeblich) versuchte, durch Einführung einer kosmologischen Konstanten Λ das Modell eines statischen Universums zu entwickeln. Λ kann aber auch als Energiedichte interpretiert werden, welche als Antigravitation wirkt. Diese sonderbaren Eigenschaften werden diskutiert. Moderne Hubble-Diagramme mit SN Ia als Normallichtquellen lassen sich nur so interpretieren, dass eine zusätzliche Beschleunigung existiert. Das hat zu einer modernen Wiedergeburt von Λ geführt. Beobachtungen an SNe Ia unter Voraussetzung einer euklidischen Geometrie (aus der Mikrowellenstrahlung) lassen sich nur so interpretieren, dass die kritische Dichte sich aus zwei Anteilen zusammensetzt, nämlich

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aus etwa 70 % dunkler Energie (Λ ) und 30 % Materie, wovon nur wiederum höchstens 4 % baryonischer Materie entsprechen. Bisher gibt es keine plausible Erklärung für Λ . Falls wir annehmen müssen, dass der Wert von Λ zufällig ist, wirft das die Frage nach einem kontingenten Kosmos oder einem anthropischen Weltbild auf: Der Kosmos ist so, wie er ist, weil wir da sind!

5.7. Literatur S.M. Carroll, The Cosmological Constant. Living Reviews in Relativity. 2001 http://relativity.livingreviews.org/Articles/lrr-2001-1/index.html P.J.E. Peebles and B. Ratra, The Cosmological Constant and Dark Energy. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/0207347 A.G. Riess, A.V. Filippenko et al. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/9805201 S. Perlmutter, G. Aldering et.al. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/9812133 J.L. Tonry et al. ApJ 594 (2003) 1 L. Perivolaropoulos: Accelerating Universe: Observational Status and Theoretical Implications. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/0601014 Leonard Susskind: The Cosmic Landscape. String Theory and the Illusion of Intelligent Design. Little Brown and Company 2005. Christian Wolf: Korrekturen an der Dunklen Energie? Sterne u. Weltraum 6/2011 S. 36 S. Perlmutter in Physics Today April 2003, p. 53 5.8. Aufgaben 5.8..1. Wir wollen Einsteins ursprüngliches Model eines statischen Universums von 1917 verifizieren. Dazu gehen wir von den Gl. (5.4) und (5.5) aus und setzen 0== aa &&& . Außerdem soll der Druck p = 0 und 0R soll reell bleiben. Welche Geometrie hat das Modell, welche Raumkrümmung? 5.8.2. Würde man für die Dichte die kritische Dichte einsetzten Cεε =Λ , wie groß wäre dann der Weltradius 0R ? 5.8.3. In der Gegenwart ist der Dichtebeitrag der Materie (einschließlich dunkler Materie) etwa 30%, der Rest ist dunkle Energie. In der Vergangenheit überwog der Anteil der

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Materiedichte gegenüber der dunklen Energie. Irgendwann war der Beitrag der dunklen Energie zur kritischen Dichte nur noch 10%. Bei welcher Rotverschiebung „z“ würde man das beobachten? 5.8.4. Ein Widergänger des statischen Kosmos ist die so genannte Steady-State-Cosmology, von britischen Kosmologen vorgeschlagen und bis in die letzten Jahrzehnte propagiert. Hier wird außer Homogenität und Isotropie des Raumes auch eine Homogenität der Zeit angenommen. Was bedeutet das? Wie könnte man in diesem Model die Hubble-Expansion verstehen?

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6. Reste des Feuerballs. Die kosmische Mikrowellenstrahlung.

6.1. Die Vorgeschichte Lässt man die Zeit rückwärts laufen, so wächst die Dichte mit abnehmendem Skalenparameter immer weiter an, wobei die Materiedichte sich wie 3−∝ aMε , die Energiedichte der Strahlung wie 4−∝ arε verhält. Da andererseits 4Tr ∝ε ist, gilt für die Temperatur der Strahlung (im Gleichgewicht)

( ) ( ) 211 −− ∝∝ ttatT (4.36)

Aus solchen Überlegungen schlossen George Gamow und seine beiden Doktoranden Robert Herman und Ralph Alpher [s. Rev. Mod Phys. 21, p.367, 1949], dass der Kosmos einen heißen Anfang gehabt haben muss. Bei Expansion und Abkühlung unter 10 000 K habe sich die Strahlung von der Materie entkoppelt (d. h. die Quantenenergie der Strahlung reichte für Absorptionsprozesse nicht aus) und sich unabhängig weiter abgekühlt. Diese Strahlung ist auch heute noch als „Kosmische Hintergrundstrahlung“ (engl. „Cosmic Microwave Background“ abgek. CMB) vorhanden. Gamow machte eine Abschätzung mit den damals nur sehr ungenau bekannten Werten kosmologischer Parameter und kam auf 5 - 10 K. Die zugehörige Plancksche Strahlung liegt im Bereich der Mikrowellen.

Fig. 6.1. Materie- und Strahlungsdichte haben verschiedene Abhängigkeiten vom Skalenparameter. Bis zu Zeiten 000300≅t Jahre dominierte die Strahlung. Danach entkoppelte sich die Strahlung von der Materie und kühlte bis zur Gegenwart auf T = 2,73 K ab. Nach Harrison Ann. Astron. Astrophys. Rev. 11, 155 (1973). Gamows Ideen von einem heißen Anfang wurden in den frühen sechziger Jahren unabhängig (und ohne Kenntnis der Gamowschen Arbeiten) von Robert H. Dicke in Princeton aufgenommen, der sich neben vielen anderen Themen mit Gravitations-Physik beschäftigte

65

und eine sehr aktive, experimentelle Arbeitsgruppe aufgebaut hatte. Er ließ von seinen Mitarbeitern Peter G. Roll und David T. Wilkinson Mikrowellenantennen mit Helium gekühlten Detektoren auf dem Dach des geologischen Instituts aufstellen. P. James E. Peebles, ebenfalls in Princeton, begleitete auf Anregung von Dicke diese Arbeiten theoretisch. Man muss beachten, dass zu dieser Zeit noch eine große Unsicherheit über die Parameter der kosmischen Modelle herrschte. Der Wert der Hubble-Konstanten war zu groß und führte auf viel zu kurze kosmische Zeiten im Widerspruch zu Ergebnissen aus dem radioaktiven Zerfall. Dicke selbst bevorzugte damals das Modell eines oszillierenden Universums. Nur eine halbe Autostunde entfernt von Princeton arbeiteten zwei Physiker, Robert Wilson und Arno Penzias, in den Bell-Telephon-Laboratorien in Crawford Hill an Mikrowellenempfängern für die Kommunikation mit Satelliten. Penzias war übrigens 1933 in München als Sohn einer jüdischen Familie geboren, die durch glückliche Umstände im Frühjahr 1939 noch Deutschland verlassen und in die USA ausreisen konnte. Die beiden Bell-Physiker benutzten eine 7 m Hornantenne und stießen dabei auf ein Rauschen, das seinen Ursprung nachweislich nicht in der Antenne hatte. Es blieb bestehen, nachdem sie z.B. die Antenne von einem Taubennest befreit hatten. Mehr durch Zufall hörten sie 1964 von den Arbeiten in Princeton, und nach einem Telephongespräch zwischen Penzias und Dicke besuchte die Arbeitsgruppe aus Princeton Crawford Hill. Aus dieser Kommunikation gingen 2 Publikationen hervor, die im gleichen Heft von Astrophysical Journal 1965 hintereinander erschienen: eine experimentelle von Wilson und Penzias, deren Schlußfolgerungen überaus vorsichtig und zurückhaltend formuliert waren und eine konzeptionelle, theoretische Arbeit von Dicke und Peebles. 13 Jahre später, 1978, erhielten Wilson und Penzias für ihre Entdeckung den Nobelpreis für Physik. In den folgenden Jahren wurde die Intensität der kosmischen Hintergrundstrahlung, wie sie hinfort genannt wurde, in unterschiedlichen Frequenzbereichen gemessen. Es ließ sich eine Temperatur der Strahlung von 2,7 K angeben und ein Verlauf der Strahlungskurve, die etwa einer Planck-Kurve entsprach.

Fig. 6.2. Das erste Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung, gemessen mit dem Far Infrared Absolute Spectrophotometer (FIRAS) auf dem COBE-Satelliten. Es representiert hervorragend das Spektrum eines Wärmestrahlers von 2,726 K .

6.2. Der COBE-Satellit. Der Durchbruch kam mit dem Start des COBE-Satelliten (Cosmic Background Explorer). Der im „Goddard Space Flight Center“ der NASA entwickelte Satellit wurde nach Verögerungen

66

endlich am 18.11.1989 gestartet. Er trug 3 separate Detektoren: das „Diffuse Infrared Background Experiment“ (DIRBE) aktiv im Wellenlängenbereich von 1,24 - 240 µm zur Untersuchung der Strahlung von vorgelagerten Sternen, Staub und Galaxien ausgedehnt bis zu den frühesten kosmischen Zeiten, ein „Differential Microwave Radiometer“ (DMR) für

Fig. 6.3. Doppelt logarithmische Auftragung des Spektrums der kosmischen Hintergrundstrahlung gemessen mit den Instrumenten FIRAS und DMR auf dem COBE-Satelliten und ergänzt durch erdgebundene Messungen. einen Nachweis von Anisotropien und Inhomogenitäten der Strahlung mit einer Empfindlichkeit von 1 : 100 000 und das „Far Infrared Absolute Spectrometer“ (FIRAS), welches das Spektrum der Hintergrundstrahlung mit dem eines schwarzen Körpers vergleicht. Das erste Ergebnis war bereits eine Überraschung: die Hintergrundstrahlung war außerordentlich und isotrop. Ihr Spektrum deckt sich präzise mit dem eines schwarzen Körpers von 2,73 Kelvin (s. Fig. 6.2). Die folgenden mehrjährigen Untersuchungen lieferten gegenüber den ersten Ergebnissen noch einmal präzisere Messwerte und eine Srahlungstemperatur von T0 = 2,726 ± 0,002 K (Fig. 6.3). Welche Aussagen machen die COBE-Messungen? Die Annahme eines heißen Plasmas im frühen Universum wird bestätigt. Die Intensitätsverteilung über der Himmelskugel zeigt einen Dipolanteil. Er kommt dadurch zustande, dass wir uns auf der Erde relativ zu einem Bezugssystem bewegen, in welchem die CMB streng isotrop ist. In eben diesem Bezugssystem verhält sich auch das Hubble-Gesetz isotrop. Die Tatsache, dass man das Spektrum einer idealen Planckkurve erhält, sagt uns, dass sich die Strahlung bei ihrer Entkopplung von der Materie im thermischen Gleichgewicht befand. Die Strahlung ist außerordentlich isotrop (winkelunabhängig), d.h. nach Abzug des Dipolanteils liegen die Anisotropien in der Größenordnung ΔT/T ≅ 10-5. Damit erweisen sich die Voraussetzungen, die wir im Kapitel 2 unter dem Namen „Kosmologisches Prinzip“ gemacht haben, für das frühe Universum in idealer Weise erfüllt.

67

Fig. 6.4. ΔT/T < 10-4 farbkodiert als Maß für Anisotropie und Homogenität der Hintergrundstrahlung. Oben: Dipolstruktur der Strahlung durch Bewegung Erde relativ zum Strahlungsfeld. Mitte: Der Dipolanteil wurde subtrahiert. Unten: Zusätzlich wurde der Anteil der Sterne und Galaxien subtrahiert.

Die Bewegung der Erde im Kosmos (mit Sonnensystem und Galaxie) wird in dem gemessenen Dipolanteil der Hintergrundstrahlung sichtbar (s. Fig. 6.4 oben u. 6.6), welcher bei der Auswertung berücksichtigt werden muss. Es ist üblich, geringe Intensitätsunterschiede als relative Abweichungen von der Temperatur der Planck-Kurve anzugeben ΔT/T.

68

Fig. 6.5. Die Temperatur der Hintergrundstrahlung aus verschiedenen Messungen bestimmt, mit eingetragenen Meßfehlern. Im Bezugssystem, das sich mit der Geschwindigkeit υ bewegt, ist die Temperatur in erster

Ordnung von cυ gegeben durch

)cos1()( 0 θυθc

TT += (6.1)

(s. mehr dazu in P.J.E. Peebles: Principles of Physical Cosmology, Princeton 1993). Dabei ist θ der Winkel zwischen Sichtlinie und Richtung der Bewegung.

Fig. 6.6. Die Dipolanisotropie der Hintergrundstrahlung ist proportional zu θ⋅υ cos/ c und wird verursacht durch die Bewegung der Erde relativ zum „Ruhsystem“ der CMB, in welchem die Strahlung isotrop ist.

69

Die COBE-Messungen geben für diese Bewegung eine Geschwindigkeit von

5,0371±=υ−υ=υ CMBSonne km/s in Richtung der Koordinaten 2,11=α h und °−=δ 7 . Berücksichtigt man noch die Bewegung des Sonnensystems um das galaktische

Zentrum, so berechnet sich daraus die Bewegung der lokalen Gruppe zu 22627 ± km/s. Zur lokalen Gruppe rechnet außer unserer eigenen Galaxie auch die Andromeda-Galaxie (M 31), die Spiralgalaxie im Dreieck (M 33) und dazu auch eine größere Zahl unregelmäßiger Zwerggalaxien.

6.3. Die Skalierung von Temperatur und Strahlungskurve. Nach der Entkopplung der Strahlung von der Materie bleibt die Planck-Kurve erhalten. Die Strahlungsenergie pro Volumen und Frequenzintervall ist

( )1exp

83

2

π=

kThv

dvhvcvdvvu (6.2)

Nach Integration über alle Frequenzen erhält man das bekannte Stefan-Boltzmann-Gersetz

( ) 4

0

Tadvvuu B== ∫∞

(6.3)

mit 1633

45

1056,7158 −⋅=π

=chkaB Joule⋅m-3·K-4 (6.4)

Wegen Gl. 2.23 skaliert v wie

( ) ( )aatvtv 0

0 = (6.5)

und

( ) ( )0

0 aatTtT = (6.6)

Damit bleibt kThv / invariant, d.h. die Planck-Kurve Gl. 6.2 behält ihre Gestalt bei, nur der Vorfaktor skaliert wie 4/1 a (dabei wurde wieder a0 = 1 gesetzt). Wir können jetzt auch das Verhältnis der Energien (Materie zu Strahlung) ausrechnen und durch die Rotverschiebung z von der Gegenwart zur Vergangenheit extrapolieren. Die Energiedichte der Strahlung ist

( )4144 1102,4 zTau B +⋅== −γ Joule/m3 (6.7)

oder 2/ cuγ in g/cm3 mit 4316195646.7 −−− ⋅⋅⋅= KmJoulea

342 107,4/ −γ ⋅=cu g/cm3

70

Das Verhältnis zur kritischen Energiedichte beträgt

510)26,067,4( −⋅±=c

uεγ

und Energiedichte der Materie zur Strahlung beträgt

( ) 1244

2

11014,2 −+Ω⋅= zhTac

MB

Mρ (6.8)

wobei für den Faktor 135,02 =Ω hM (6.9) anzusetzen ist. Die Strahlungsdichte nimmt mit steigender Rotverschiebung stärker als die Materiedichte zu. Beide werden gleich bei etwa ( ) 31061 ⋅≈+z und einer Temperatur von Tequ= 16 500 K, wobei zur Materiedichte hier auch die „Dunkle Materie“ gerechnet wurde, d. h. 3,0=ΩM . (Beschränkung auf baryonische Materie s. unten). Interessant ist auch die Zahl der Photonen zur Zahl der Baryonen. Die Zahl der Photonen erhält man aus dem Integral

( )1exp

83

2

π=

kThvdv

cvdvvn (6.10)

Die Integration über ν ergibt

( )383

2 1102,4404,2 zc

kTn +⋅=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛

π=γ

h Photonen/m3 (6.11)

Andererseits gewinnen wir aus der kritischen Dichte (mP = Protonenmasse) PcBB mn /ρΩ= (6.12) Daraus folgt das Verhältnis der Baryonen zu den Photonen (mit 04,0=ΩB und h2= 0,5)

1028 101,6107,2 −− ⋅=Ω⋅== hnn

BB

γ

η (6.13)

das konstant ist und nicht mehr von z abhängt. Es bedeutet, dass auf ein Baryon etwa 9105,1 ⋅ Photonen kommen, ein. Auf die Bedeutung dieses Ergebnisses werden wir im

nächsten und übernächsten Kapitel noch zurückkommen. Wir geben noch die Entropiedichte γs des Strahlungsfelds an. Sie ergibt sich aus

dTTaT

duds B

24== γγ (6.14)

zu

71

3

34 Tas B=γ (6.15)

Wir sehen, dass γn proportional zur Entropiedichte ist mit γγ ⋅= nks 6,3 (6.16) Die enorme Entropiedichte des kosmischen Strahlungsfelds ist schon ganz früh in der Plasmaphase entstanden. Darauf werden wir später noch einmal zurückkommen.

6.4. Entkopplung von Strahlung und Materie. In Fig. 6.1. gibt es einen Punkt, an welchem die Energiedichte der Strahlung und der Materie übereinstimmen. Wir wollen diesen Punkt näher bestimmen und jetzt nur die baryonische Materie berücksichtigen. Es soll sein 324 −− Ω=Ω aha Mr (6.17) oder

2730)1( 2 =ΩΩ

=+ hzr

Meq (6.18)

Mit 51067,4 −⋅=Ω r und 26,0=ΩM erhält man KTeq 7439≅ . Die CMB-Daten ergeben allerdings nur 3233=eqz , was auf KTeq 8813≅ führt. Die letzte Stufe bei der Bildung neutraler Atome ist die Vereinigung von Protonen und freien Elektronen zu neutralem Wasserstoff, 0HeH →+ −+ . Dieser Prozeß markiert das Ende der sogenannten Plasma-Periode. Unter Benutzung der Saha-Gleichung läßt sich die entsprechende Temperatur Tr bestimmen.

kTh

kTmn

nnH

e

H

e /exp2 23

2 χ−⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ π

=+ (6.19)

n+ , nH und ne bedeuten die Protonen-Dichte, Dichte des neutralen Wasserstoffs und der Elekronendichte. eVH 6,13=χ ist die Ionisierungsenergie des Wasserstoffs. Wir dividieren beide Seiten durch die Gesamtzahldichte

Hnnn += + (6.20) Wir erhalten unter Verwendung des Ionisationsgrads +==⋅ nnnx e

xxkT

hkTm

nnnnn

He

H

e

−=χ−⎟

⎠⎞

⎜⎝⎛ π

=+

1/exp21 22

3

2 (6.21)

72

Wir wollen die Temperatur bestimmen, bei welcher nur noch die Hälfte des Wasserstoffs ionisiert ist. Dann wird der Ionisationsgrad x = 1/2. Setzen wir noch

( )zT += 1728,2 (6.22) und logarithmieren Gl. 6.19, so erhalten wir

( )[ ] ( )zzhB +−+Ω−= 1/250501log99,20)2/1log( 232

0 (6.23) Damit wird 1360=rz und die Rekombinationstemperatur 3700≅rT K. Die Teilchendichte der Wasserstoff-Atome ist sehr gering 3324 600103 −− ≈Ω⋅= cmcmhn Brec . Sie entspricht den Dichten unter Ultrahochvakuum-Bedingungen im Labor (s. Peebles: Principles… p. 167) Wann war dieser Zeitpunkt erreicht? Dazu berechnen wir die Evolutionszeit aus dem folgenden Ausdruck

))1()1(( 4320

2

+Ω++Ω=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ zzH

aa

M γ&

(6.24)

Bei großen Rotverschiebungen z bestimmen Masse und Strahlung das Integral. Daraus ergibt sich für die seit dem Anfang verflossene Zeit t

⎥⎥⎦

⎢⎢⎣

⎡+⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛+

+−⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛+

++Ω= −−

34

)1()1(

2)1()1(

32)1(

2/12/32/32/1

0rec

eq

rec

eqeqM z

zzz

ztH (6.25)

Mit der Hubblezeit JahretH61013700 ⋅= und 26,0=ΩM ergibt sich für zrec = 1360 und

zeq = 3233 000262≅t Jahre Eine völlige Entkopplung von Strahlung und Materie wird erst erreicht sein, wenn die freie Weglänge der Photonen die Größenordnung von c/Hr erreicht. Achtung: zeq = 3233 wurde wie folgt bestimmt. Man bestimmt zunächst die Rotverschiebung, bei welcher Mεεγ = ist. Man erhält aus

6,6059=eqz . Dann addiert man gewöhnlich zu γε noch die Neutrino-Dichte hinzu und erhält so Mεεγ =⋅68,1 . Damit wird zeq = 3233.

Die besten Werte für die Rotverschiebung bei der Entkopplung wurden von dem WMAP-Satelliten gemessen. Danach ist

1089≅cz , T = 3000 K und die Zeit tc = 379000 Jahre, wobei man berücksichtigen muss, dass die Entkopplung nicht plötzlich passiert sondern sich über einen längeren Zeitraum der kosmischen Expansion einstellt. Die Strahlung wird innerhalb des Plasmas an freien Elektronen gestreut, was eine Extinktion der Strahlungsintensität I verursacht

73

τ−=−= expexp 00 IrkII S (6.26) mit dem Extinktionskoeffizienten eenk σ⋅= und en der Elektronendichte. Besser schreibt

man in inhomogenen Systemen drrn ee∫= στ )( . Der Extinktionskoeffizient 1−= γlk ist dann die reziproke mittlere freie Weglänge des Photons. Weiter ist der Thomson-Streuquerschnitt der Elektronen

229106524,6 me−⋅=σ

. pBe mxn /ρ⋅= mit 191034,5 −⋅=Bρ kg/m3 bei 1089=z . Die optische Tiefe τ konnte WMAP aus der Polarisation der Hintergrundstrahlung zu 03,009,0 ±=τ ermitteln. Daraus und mit der Annahme von 1,0=x finden wir eine freie Weglänge der Photonen von etwa 1500 pc. In Ergänzung zu Gl. 6.26 geben wir noch den Skalenparameter an, für den Fall, dass die Strahlungsdichte dominiert

tHtHta rr ⋅Ω=⋅Ω= 021

02

1

020

2 2)4()( (6.27) Oder

2

12

1

41

0 119.0)4()( ⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡⋅≈⎥

⎤⎢⎣

⎡Ω=

HHr t

tttta (6.28)

mit 25

0 10)006,0489,2( −−⋅±=Ω=Ω hr γ und sLjtH1710 1030,4107,13 ⋅=⋅=

6.5. Zusammenfassung Die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung ist eines der wichtigsten Fossile des heißen frühen Universums. Die Strahlung ist isotrop und homogen bis auf Fluktuationen der Temperatur von 10-5. Sie entspricht außerdem sehr genau einer Planck-Kurve, was sie als Gleichgewichtsstrahlung ausweist Hier sind noch einmal die wichtigsten Größen des CMB zusammengestellt:

002,0725,20 ±=T K (WMAP) und 002,0726,20 ±=T K (COBE)

Photonendichte 9,04,410 ±=γn cm-3 (WMAP)

Baryon zu Photon Verhältnis 1010)25,01,6( −⋅±=η (WMAP)

Normierte Baryondichte 004,0044,0 ±=ΩB und 0009,00224,02 ±=Ω hB

Normierte Materiedichte 04,023,0 ±=ΩM und 009,0135,02 ±=Ω hM

Strahlungsdichte 34240 10)009,068,4(/ −⋅±=caT g/cm3 (WMAP)

Kritische Dichte 2291088,1 h−⋅ g/cm3

Energiedichte der Strahlung 1310)01,017,4( −⋅± erg/cm3 = 1410)01,017,4( −⋅± Joule/cm3 Normierte Strahlungsdichte 2510)006,0489,2( −−

γ ⋅±=Ω h (Der Faktor 71,0=h berücksichtigt die Unsicherheit von H0).

74

Zeit der Entkopplung Jahre310)8379( ⋅± Rotverschiebung bei Entkopplung 1089=z

6.6. Literatur Max Tegmark’s Cosmology Library http://www.hep.upenn.edu/~max/cmb/experiments.html G. Börner : The Early Universe. 2nd Ed. Springer-Verlag 2003 P.J.E. Peebles: Principles of Physical Cosmology. Princeton Univ. Press 1993 A. Jones and A. Lasenby : The Cosmic Microwave Background. Living Reviews in Relativity. 1998-11 J.C. Mather et al. Astrophys. Journal. 345 L37 (1990) D.N. Spergel et al. Wikinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Three Year Results: Implications for Cosmology http://xxx.uni-augsburg.de/abs/astro-ph/0603449 6.7. Aufgaben 6.7.1. Warum ist der Himmelshintergrund dunkel und nicht vielmehr hell? Diese Frage stellte 1826 der deutsche Astronom Heinrich Wilhelm Olbers. Das Problem ist seitdem als Olberssches Paradoxon bekannt. Zeige, dass in einem statischen unendlichen Universum der Himmelshintergrund hell bleibt. Nimm weiter an, dass die Intensität der Sterne wie r-2 mit der Entfernung abnimmt. Für die Dichte kannst Du einfache Annahmen machen. Diskutiere das Paradox im Rahmen des kosmologischen Standardmodells. Sterne gibt es erst seit etwa z = 10, also muss die Dichte von z abhängen, die Strahlung lässt sich durch eine Planck-Kurve annähern, aber die Frequenzen ändern sich mit z. Diskutiere das Standardmodell qualitativ. Was könnte man aus empfindlichen Messungen des Himmelshintergrunds in verschiedenen Frequenzen lernen? 6.7.2. Benutze den allgemeinen Ausdruck für den Energie-Impulstensor in der Form

μννμμν ε pguupc

T −⋅+= )(12

Schreibe ihn für das Ruhesystem hin und leite daraus μνT als Diagonalmatrix her.

6.7.3. Zeige, dass der Tensor νμT im Ruhsystem eine besonders einfache Form hat.

6.7.4. Leite die Diagonalglieder von Λ+ μνμν gT ab und zeige, dass sich aus Λ eine Zustandsgleichung der Form

75

ε−=p ergibt.

76

7. Die Nukleosynthese der leichten Elemente.

7.1. Der heiße Strahlungskosmos. Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, waren G. Gamow und sein Mitarbeiter Alpher (1945) die Ersten, die aus den kosmologischen Modellen Konsequenzen für einen heißen Anfang zogen. Es ging um die Frage, ob nicht Protonen und Neutronen, während der Abkühlung der heißen Phase der kosmischen Entwicklung zu Atomkernen kondensierten. Das trifft in der Tat zu, aber wie sich etwas später herausstellen sollte, nur für die leichten Elemente (bis zu 7Li ), da keine stabilen Kerne der Massen 5 und 8 existieren. So müssten z.B. für die Erzeugung von 12C-Kernen drei 4He-Kerne aufeinander treffen. Für solche Dreierstöße ist aber die Baryonen-Dichte während der Entstehungsphase viel zu klein. Schwere Kerne können deshalb nur in den dichten heißen Zentren massereicher Sterne erbrütet werden, wie Fred Hoyle 1946 zeigte. Sein Kollege und Mitarbeiter Alfred Fowler, der 1983 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, hat Hoyles Leistung und Priorität in seiner Autobiographie ausdrücklich anerkannt. Gamow, der keine Gelegenheit für einen guten Witz ausließ, hatte sich über den Erfolg des jüngeren Hoyle mit einer Umdichtung der Genesis (Moses 1) verbreitet: Gott schuf die Elemente. Gott vergaß aber die Massen 5 und 8 aufzurufen, so konnten keine schweren Elemente gebildet werden. Gott war enttäuscht und wollte den Kosmos wieder zusammenfallen und neu beginnen lassen. Aber Er besann sich auf eine höchst ungewöhnliche Art, seinen Fehler zu korrigieren: Gott sprach: „Es werde Hoyle!“ Und es ward Hoyle. Und Gott sah ihn…..und sprach zu ihm, er solle schwere Elemente machen, so wie es ihm gefällt. Und Hoyle entschied sich, schwere Elemente in Sternen zu machen und sie durch Supernova-Explosionen auszustreuen. Auf der anderen Seite kann die Häufigkeit von 4Helium, das 24% der Masse baryonischer Materie ausmacht, nicht allein in Sternen entstanden sein. Dieser Anteil macht nämlich nur wenige Prozent aus. Eine Erklärung der Häufigkeit von Helium macht darum den heißen Anfang des Kosmos geradezu notwendig. Die Energie des heißen Plasmas sollte kleiner als 1 MeV gewesen sein, da die Bindungsenergie des Deuterons, eines wichtigen Zwischenglieds der Big-Bang-Nukleosynthese bei 2 MeV liegt. Die Temperatur des kosmischen Plasmas sollte deshalb unter 1010 K gefallen sein (1MeV = 1,160 ⋅1010 K). Wie groß war aber die Dichte und welche Zeit verging seit dem Anfang des Kosmos? Weil die Energiedichte des Strahlungsfelds sich wie 44 −∝∝ aTrε verhält, gilt

0

0

TT

aa

= (2.34)

Mit 002,0725,20 ±=T K aus den CMB-Messungen und 10 =a wird der Skalenfaktor bei

einer Temperatur von 1010=T K nur noch 1010 107,2 −⋅=a betragen. Die Baryonendichte

ist bei dieser Temperatur dann

329

262

310

0, 5,1804,050.010023,2

1088,1 −−

⋅⋅=⋅⋅⋅⋅

=Ω= mkgha B

cB

ρρ (7.1)

Die Gesamtdichte ist jedoch durch die Dichte der Strahlung 2

4

caT

=γρ bestimmt mit

( ) 3710 108,8410 −⋅⋅= mkgKγρ (wobei hier nur die Freiheitsgrade der Photonen berücksichtigt wurden). Um die Zeit abzuschätzen, wann 1010 K erreicht wurden, gehen wir von Gl. (2.8) und (2.30) aus und setzen die Strahlungsdichte γρ direkt ein.. Wir finden

77

( ) tG

tHta rr

21

02

12

332

2 ⎟⎠⎞

⎜⎝⎛=⋅⋅Ω⋅=

ρπ (2.30)

oder

21102

141

2

40 )108,1(

332

)( ttc

GaTta −⋅=⎟⎟

⎞⎜⎜⎝

⎛=

π

Wir rechnen aus dem Skalenparameter die Temperatur aus

2110

10

21

00 1051.1

108,1725,2 −

⋅⋅=⋅

⋅=⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛= tt

aa

TT K (7.2)

Damit erhalten wir 10105,1 ⋅=T nach st 0,1= oder 10100,1 ⋅=T nach 2,25 s. Werden die Neutrinos mit berücksichtigt (s. G. Börner: The Early Universe. 4th Ed. 2003) , erhält man

KT 1010= nach 3,16 s. Wir entnehmen daraus, dass bis zur Abkühlung auf 109 K weitere 225 s = 3,75 Minuten vergehen. Die Kernprozesse, um welche es sich hier handelt, spielen sich deshalb in den ersten 3 Minuten des Kosmos ab. „Die ersten 3 Minuten“, das ist der (deutsche) Titel eines populären Buchs über die Big-Bang-Nukleosynthese geschrieben von dem Nobelpreisträger Steve. Weinberg.

7.2. Die Kernprozesse

78

Fig. 7.1. Netzwerk der Kerne der leichten Elemente. In der Abszisse ist die Zahl der Neutronen, in der Ordinaten die Zahl der Protonen aufgetragen.

Bei Temperaturen T > 1010 K und Zeiten kürzer als eine Sekunde sorgen die Reaktionen vnep +↔+ − und vpen +↔+ + (7.4) für thermisches Gleichgewicht, wobei das Neutron zu Proton Verhältnis durch den Boltzmann-Faktor

kTQ

pn

−= exp (7.6)

bestimmt ist. Hier ist Q die Differenz der Ruhenergien (1MeV = 1,160 ⋅1010 K). 2934,1)( 2 =−= cmmQ pn MeV (7.7) n/p nähert sich eins, wenn T > 1,5⋅1010 K und die Zeit t < 1 s wird. Bei Temperaturen T < 1010 K verschiebt sich das Gleichgewicht zu Ungunsten der Neutronen; denn die Neutronen haben eine etwas größere Masse und zerfallen mittels der schwachen Wechselwirkung in die Endprodukte vepn ++→ − (7.8) Die Lebensdauer der Neutronen wurde im Labor sehr genau zu s5,15,881 ± (7.9) bestimmt. Gäbe es keine weiteren Kernreaktionen, dann würde der Kosmos nur aus Wasserstoff bestehen. Aber die Lebensdauer der Neutronen nτ reicht aus, um eine andere Reaktion ins Spiel zu bringen

γ+↔+ dnp (7.10) Die Neutronen überleben in Deuteronen, deren Bindungsenergie beträgt 23,2=ΔD MeV (7.11) Zunächst verzögern noch Photonen mit Energien DE Δ> die Bildung von Deuteronen (s. Rückreaktion Gl. 7.10). Die wirksame Photonendichte γn für die Rückreaktion (7.10) verhält sich wie folgt

kT

n DΔ−⋅∝ − exp1ηγ (7.12)

wobei 10101,6 −⋅=η (WMAP) das Verhältnis Baryonen zu Photonen bedeutet (s. Gl. 6.13). Eben weil mehr als 109 Photonen auf ein Nukleon kommen, liegen die Bildungstemperaturen allgemein etwa einen Faktor 30 niedriger als eine Abschätzung allein aus den Bindungsenergien ergibt. Wenn die Temperatur auf 109 K sinkt, überflügelt die Bildungsrate die Photodissoziationsrate. Deuteronen bilden sich und können zu He4 weiter reagieren.

79

γ+→+

γ+→+

γ+→+

γ+→+

43

3

43

3

HenHeHepdHepHHnd

(7.12)

Diese Reaktionen enden alle bei He4, das eine große Bindungsenergie von 30,28=ΔHe MeV besitzt. Noch rascher als die Reaktionen 7.12 mit elektromagnetischer Wechselwirkung verlaufen die folgenden Prozesse der starken Wechselwirkung

pHedHenHenH

pHddnHedd

+→+

+→+

+→+

+→+

43

43

3

3

(7.13)

Nach einigen hundert Sekunden und Temperaturen von etwas unter 109 K sind praktisch alle Neutronen in He4-Kernen gebunden.

Fig. 7.2. Die Anteile der verschiedenen Isotope und ihre Änderung mit Zeit und Temperatur. Das Häufigkeitsmaximum des Deuteriums liegt bei etwa 109 K. Danach wird es in den Reaktionen 7.12 und 7.13 im Wesentlichen zu Helium abgebaut.

80

Wie groß ist am Ende der Anteil des Heliums an der baryonischen Gesamtmasse? Die Temperatur, bei welcher die Neutronen „ausfrieren“, beträgt etwa 1010 K oder 0,9 MeV. Mit diesem Wert ergibt Gl. 7.6

223,0=pn

(7.14)

Aus Fig. 7.2. ist ersichtlich, daß die Bildung von He4 erst einen Sättigungswert erreicht, wenn Neutronen bereits wieder zerfallen, wodurch der Wert von n/p auf etwa n/p ≈1/7= 0,143 absinkt. Der Anteil Y von Helium an der Gesamtmasse wird dann

25,012

≅+

=pn

pnY (7.15)

Alle schwereren Isotope bis Li7 kommen in sehr geringer Häufigkeit vor. Damit ist die Synthese leichter Elemente abgeschlossen. Um C12 zu bilden, sind Dreierstöße notwendig. Dazu aber ist die Baryonendichte des kosmischen Plasmas viel zu gering. Das Erbrüten von Kohlenstoff 12 kommt erst in den entarteten Zentren massereicher Sterne in Gang, worauf zuerst Fred Hoyle hingewiesen hat.

81

Fig. 7.3. Die berechneten Häufigkeiten der leichten Elemente in Abhängigkeit der Baryonendichte. Die gemessenen Werte liegen etwa im Bereich der grauen Vertikalen Das erstaunliche Ergebnis: Vorausgesetzt es hat einen heißen Beginn der kosmischen Entwicklung gegeben, dann finden wir die Isotope der leichten Elemente mit Häufigkeiten, die sich über einen Bereich von 10 Größenordnungen erstrecken. Um die Häufigkeiten zu berechnen, ist nur die Kenntnis der Reaktionsraten der Kernprozesse notwendig, mit Parametern die größtenteils aus Labormessungen bekannt sind. Eine weitere Voraussetzung ist die Kenntnis des Verhältnisses von Baryonen- zu Photonenzahl und schließlich Zahl der Neutrinos, die bei allen schwachen Wechselwirkungen eine Rolle spielen. Um die gemessenen Häufigkeiten zu erhalten, sollte ΩB im Bereich 025,0009,0 2 <Ω< hB liegen und die Zahl der Neutrinos 3 sein.

7.3. Ergebnisse der Beobachtungen Beginnen wir mit den Messungen der Heliumhäufigkeit. Allerdings muß eingeräumt werden, dass nach Fig. 7.3 andere Parameter, wie z.B. die Baryonendichte kaum von der Häufigkeit des ursprünglich gebildeten (primordialen) Heliums abhängen. He4 wird in sogenannten HII-Gebieten (Wolken ionisierten Wasserstoffs mit Hα-Emission) beobachtet. Man sucht

Fig. 7.4. Massenanteil von He4 , Y , aus der kosmischen Nukleosynthese (primordiales Helium). Mit der Zunahme schwerer Elemente im interstellaren Gas nimmt auch die He4-Häufigkeit zu. Nach B.D. Fields, K.A. Olive, Astrophys. J. 506, 177 (1998) dabei besonders nach Gebieten, in welchen noch wenig Sternentwicklung stattgefunden hat, um zu vermeiden, daß Helium aus der Kernfusion der Sternen das Ergebnis beeinflußt. Solche Gebiete befinden sich z.B. in sogenannten „kompakten blauen Zwerggalaxien“, die als relativ junge Gebilde des Kosmos angesehen werden. Tatsächlich erkennt man aus Fig. 7.4 eine positive Korrelation mit der Zunahme schwerer Elemente (hier angegeben durch den Massenateil von Sauerstoff bzw. Stickstoff). Diese Zunahme wird verursacht durch Abstoßen

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von Hüllen im Riesenstadium der Sterne sowie durch Supernova-Explosionen, durch welche die Produkte der Kernreaktionen aus dem Inneren der Sterne in das interstellar Gas gelangen. Es ist also sinnvoll, die Helium-Häufigkeit Y (s. Fig. 7.4) gegen den Anteil schwerer Elemente, Z, aufzutragen und dann gegen Z = 0 zu extrapolieren. Das Ergebnis für „primordiales“ Helium ist Yp = 0,238 ± 0,002 ± 0,005 , wobei die erste Fehlerangabe statistischer, die zweite sytematischer Natur ist. Die Ergebnisse anderer Bestimmungen (M. Peimbert , A. Peimbert, M.T. Ruiz, Astrophys. J. 541, 688 (2000) und A. Peimbert, M. Peimbert, V. Luridiana, Astrophys. J. 565, 668 (2002) bewegen sich in der gleichen Fehlerbreite. Zur Bestimmung der Konzentration von Li6 und Li7 eignen sich metallarme, heiße Sterne der Population II in unserer Galaxis. Bei geringem Anteil schwerer Elemente Z beobachtet man keinen Einfluß auf die Li-Häufigkeit. Erst bei relativ großem Z (hier als Fe/H aufgetragen) steigt die Li-Häufigkeit an, was auf

Fig. 7.5. Die Häufigkeit der Lithium-Isotope aufgetragen gegen die Häufigkeit von Eisen. Nach S.G. Ryan et al., Astrophys. J. 530, L57 (2000); S.G. Ryan, J.E. Norris, T.C. Beers, Astrophys. J. 523, 654 (1999). Kernreaktionen durch kosmische Strahlung zurückgeführt werden kann. Wenn in Sternen der Pop. II Lithium durch Konvektion in die heißen zentralen Zonen gelangen würde, ginge ein signifikanter Teil durch Fusionsreaktionen verloren. Wie groß dieser Anteil ist, bleibt unbekannt. Allerdings spricht die geringe Streuung der Daten in Fig. 7.5 bei kleinen Konzentrationen schwererer Elemente eher gegen solche Prozesse. Damit erhält man [ ] ( ) 1056,068,0

32,0 1006,023,1/ −++− ⋅±=pHLi

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die letzten Fehlerangeaben (kleingedruckt) beziehen sich auf den schon erwähnten Abbau von Li durch Konvektion in den Sternen der Pop II. Die Anwesenheit von Deuterium wurde in hoch aufgelösten Spektren von Quasaren mit großer Rotverschiebung entdeckt. Die Absorption von Deuterium in primordialen Gaswolken ist gegenüber der Lyα-Absorption um 2,7 Promille langwellig verschoben. Nimmt man nun an, dass es sonst keine astrophysikalischen Quellen von Deuterium gibt (dagegen kann Deuterium durchaus abgebaut werden), dann ergeben die Messungen eine untere Grenze des Deuteriumgehalts (s. dazu Fig. 7.6). Die Streuung der Ergebnisse ist ziemlich groß und zwar sowohl bei QSO-Beobachtungen als auch bei

510×

Fig. 7.6. Links beobachtete Häufigkeit von Deuterium und im interstellaren Medium. Rechts He3-Häufigkeit in galaktischen H II-Regionen. Die Skala der Ordinaten ist ebenfalls mit 105 zu multiplizieren. Nach B.D. Fields et al., Astrophys. J. 563, 653 (2002) und D.S. Balser et al. Nature 415, 54 (2002) Ergebnissen aus dem Interstellaren Medium, was möglicherweise auf Prozesse, welche Deuterium abbauen, hinweist. Deshalb lässt sich die Häufigkeit von Deuterium nur in relativ weiten Grenzen angeben [ ] 55 107,9/103,1 −− ⋅<<⋅ pHD Für He3 gibt es nur Beobachtungen im Sonnensystem und H II Wolken in unserer Galaxie, aus welchen sich eine Obergrenze angeben lässt [ ] ( ) 53 106,09,1/ −⋅±<pHHe

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Fig. 7.7. 3He-Häufigkeit im Abstand vom galaktischen Zentrum zur besseren Übersicht noch einmal aus Fig.7.6. rechts heraus gezeichnet (nach Einstein Online). Wie Fig. 7.7. zeigt, hängt 3He-Häufigkeit kaum von der Lage in der Galaxie ab. Stattdessen würde man vermuten, dass der Einfluss stellarer Nukleosynthese umso größer ist, je näher die entsprechende Region zum galaktischen Zentrum liegt. Dass davon kaum etwas zu sehen ist, zeigt in diesem Fall, dass unser Verständnis der stellaren Nukleosynthese von 3He noch Einiges zu wünschen übrig lässt. Wenn man den Werten für Deuterium Vertrauen schenkt, liegt die relative Baryonendichte im Bereich von 023,00095.0 2 ≤Ω≤ hB Die neuesten Daten des WMAP-Satelliten ergeben 0009,00224,02 ±=Ω hB und für das Verhältnis Baryonen/Photonen 3,0101,6 10 ±⋅= −η Die folgenden beiden Figuren dienen zum Vergleich von Theorie und Beobachtung. Im Wesentlichen sind die Ergebnisse von Fig. 7.3. heraus vergrößert worden.

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Fig. 7.8. zeigt den breiten Bereich der Häufigkeiten, in welchem 4He beobachtet wurde und die dazu die berechnete Kurve. Die gelbe Vertikale gibt das von WMAP bestimmte η an.

7.9. Gemessene Häufigkeiten von D, 3He und 7Li im Vergleich zu Berechnungen (durchgezogene Linien) nach Vangioni, Intitute d’Astrophysique de Paris.

7.4. Zusammenfassung Die leichten Elemente Deuterium, Helium und Lithium sind in den ersten 3 Minuten des Kosmos bei Temperaturen zwischen 1010 und 109 Kelvin entstanden. Die kosmologische Nukleosynthese bleibt bei 7Li stehen; denn es gibt keine stabilen Elemente mit den Massenzahlen 5 oder 8. Die Synthese von 12C schließlich läuft über Stöße von 3 α-Teilchen ab, was viel höhere Dichten erfordern würde.

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Die 4He-Häufigkeit liegt bei 0,24 (Massenanteilen), die von Deuterium zwischen 10-4 und 105, von 3He bei 1 - 2·10-5 und 7Li bei 1 - 2·10-10. 4He ist nur wenig abhängig vom Baryon-zu-Photon-Verhältnis η. Eine größere Empfindlichkeit zeigen D und 3He. Außer bei 7Li, mit einer Abweichung Faktor 2, stimmen berechnete und gemessene Werte gut überein, was über 10 Größenordnungen der Häufigkeiten doch ein großer Erfolg ist.

7.5. Literatur H. Reeves: On the Origin of the light elements (Z < 6). Rev. Mod. Phys. 66, 193 (1994) D.N. Schramm and M. Turner: Big bang nucleosynthesis enters the precision era. Rev. Mod. Phys. 70, 303 (1998) S. Sarkar, Measuring the baryon content of the universe: BBN vs CMB astro-ph/0205116 K. Hagiwara et al. : Big Bang Nucleosynthesis. Phys. Rev. D66, 010001-1 (2002) G. Steigman : Primordial Nucleosynthesis. astro-ph/0308511 B.D. Fields, K.A. Olive, Astrophys. J. 506, 177 (1998) D.S. Balser et al. Nature 415, 54 (2002) B.D. Fields et al., Astrophys. J. 563, 653 (2002) S.G. Ryan et al., Astrophys. J. 530, L57 (2000) S.G. Ryan, J.E. Norris, T.C. Beers, Astrophys. J. 523, 654 (1999). C. Charbonnel, F. Primas: The Lithium Content of the Galactic Halo Stars http://arxiv.org/abs/astro-ph/0505247 The Big Bang Nucleosynthesesis Homepage http://www.physics.ohio-state.edu/~phillips/bang/bang.html Einstein online: Big Bang Nucleosynthesis. http://www.einstein-online.info/en/spotlights/BBN_obs/index/html

7.5. Aufgaben. 7.5.1 Berechne, wie groß die mittlere kinetische Energie bzw. die Temperatur im Moment

der ersten Sekunde nach dem „Big Bang“ war. Benutze dazu nur die Temperatur der Hintergrundstrahlung von KT 725,20 = und vernachlässige andere Effekte außer der Strahlung (s. Gl. 2.8 und 2.20).

7.5.2 Wie groß war das Neutron zu Proton-Verhältnis nach der ersten Sekunde?

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7.5.3 Bestimme die freie Weglänge des Lichts zur Zeit der Rekombination bei z = 1089 mit dem Ionisationsgrad x = 0,1 und der optischen Tiefe τ = 0,09. Achtung: Du brauchst dazu ρb = ρch2Ωb(z + 1)3 und den Thomson-Streuquerschnitt für Elektronen

2291065,6 me −⋅=σ .