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1
Von Piaget zu McCulloughs CBASP Therapie durch Entwicklung der
Beziehungsfhigkeit
DGPM-Kongress 2016DVT-Satellitensymposium
18.3.2016 um 13.45 Hrsaal B
Serge K. D. SulzProf. Dr. Dr. Dipl.-Psych.
Katholische Universitt Eichsttt-IngolstadtS. Sulz Entwicklung der
Beziehungsfhigkeit
Ein Mensch ist zwei: Die Wissenschaft zeigt, dass wir zwei Systeme des Erlebens und Verhaltens haben:Von unseren Bedrfnissen und Emotionen geleitet, reflexhaft, automatisch, nicht bewusst, ganzheitlich
Von unserem bewussten Denken geleitet, kausal denkend, planend, willentlich
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
2
Unsere beiden Systeme der Informationsverarbeitung und
Handlungsregulation
Autor (chronologisch) emotionales Systemkognitives System
Epstein (1974, 2003) experiental rationalMischel (1989, 2015) hei khlSulz (1994) autonom willkrlichLeDoux (1996, 2002) emotional-implizit kognitiv-explizitGrawe (1998, 2004) implizit explizitLieberman (2003) reflexive reflectiveStrack & Deutsch (2004) impulsiv reflektiv
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
3
Als ob wir zwei verschiedene Menschen wrenAls ob wir zwei verschiedene Menschen wren
Ich brauche Zeit zum berlegen
Ich habe ein Ziel Ich habe einen Willen Ich kann auf den besten
Moment warten Ich bin ausdauernd Ich wei, wie ich andere
beeinflussen kann
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
4
Mein Bedrfnis steuert mich
Meine Angst bremst mich Mein Gefhl regiert mich Ich handle schnell und
unbedacht Ich bedenke nicht das
Morgen Ich bin ungeduldig Ich bin unselbstndig
Als ob wir zwei verschiedene Menschen wren
Autonome Psyche & willkrliche Psyche Wei sich selbst zu helfen Eher sprachlich Konkret-logisches Denken Trifft bewusste
Entscheidungen Hat psychologische
Distanz Hat Theory of Mind
TOM
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
5
Kann sich nicht aus eigener Kraft helfen
eher nonverbal assoziatives Denken konditionierte Reaktionen keine Selbstdistanzierung hat keine Theory of Mind
TOM
Implizit impulsiv & explizit - souvern
Als ob wir zwei verschiedene Menschen wren
Autonome Psyche & willkrliche Psyche
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
6
Implizit impulsiv & explizit - souvernLimbisches System -- Prfrontaler Cortex
Dorsolateralerprfrontaler
Cortex
Orbitaler prfrontaler
Cortex
Entwicklung des Gehirns* Whrend die Neuronen des limbischen Systems
schon innerhalb der ersten zwei Lebensjahre funktionsfhig sind,
bentigen die Zentren und Netzwerke des Prfrontalen Cortex drei bis fnf Jahre zur Reifung ihrer wichtigsten Funktionen. Die Reifung setzt sich bis ins Erwachsenenalter fort.
Das fhrt dazu, dass die exekutiven Funktionen des PFCs sich im 3. Lebensjahr beginnen zu entwickeln und erst mit 5 Jahren ausreichend funktionsfhig sind.
*Roth (2011)7S. Sulz Entwicklung der
Beziehungsfhigkeit
Schrittweise funktionelle PFC-Reifung* Vor-/nachgeburtlich: Stressverarbeitung Frh nachgeburtlich: Beruhigung Erste Lebensjahre: Motivation 1. 20. Lebensjahr: Impulshemmung 3. 20. Lebensjahr: Theory of Mind
und Realittssinn, Risikoeinschtzung 3. 20. Lebensjahr: Empathie
*Roth (2011), Roth & Strber (2016)
8S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
Entwicklungsstufen des DenkensAlter Jean Piaget Denken ist
0 2 Jahre Sensumotorisch affektgesteuert
2 5 Jahre Vor-operativ affektgesteuert
6 10 Jahre Konkret-operativ Logisch konkret
Ab 11 Jahre Formal-operativ (Beginn) Logisch abstrakt
Ab 18 Jahre Formal-operativ (voll entwickelt
Logisch abstrakt
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
9
Entwicklungsstufen von Emotion und BeziehungAlter Piaget Kegan
0 2 Jahre Sensumotorisch Einverleibend
2 5 Jahre Vor-logisch Impulsiv
6 10 Jahre Konkret-logisch Souvern
Ab 11 Jahre Formal-logisch = abstrakt (Beginn)
Zwischen-menschlich
Ab 18 Jahre Formal-logisch = abstrakt (voll entwickelt) Institutionell
Erwachsen berindividuell
10S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
Impulsive Stufe - Affekte
Souverne Stufe - TOM
Zwischen-Menschliche Stufe
- Empathie
Einverleibende Stufe - Reflexe
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit 11
Wo steht mein Patient?
(TOM)
(Empathie)
Impulsive Stufe - Affekte
Souverne Stufe - TOMZwischen-
Menschliche Stufe - Empathie
Einverleibende Stufe - Krper
Fonagys Entwicklungsstufen (Fonagy et al., 2008, S. 254) Das Selbst als physischer Akteur: psychische
Reprsentation des Krpers als Verursacher physikalischer Vernderungen in der Umwelt
Das Selbst als sozialer Akteur: Von Geburt an finden affektive Kommunikation mit der Mutter statt
Das Selbst als teleologischer Akteur: Erkennen und Verstehen zielgerichteter Handlungen (soziokognitive Neunmonatsrevolution)
Das Selbst als intentionaler mentaler Akteur: eigenes Verhalten und das anderer auf mentale intentionale Zustnde wie Gefhle und Wnsche zurckgefhrt (TOM)
Das Selbst als reprsentationaler Akteur: kann intentionalen mentalen Zustnden reprsentationale und kausal selbstbezgliche Eigenschaften zuschreiben Objektkonstanz
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit 12
3 Modi mentaler Zustnde Der quivalenzmodus, in dem das Kind nicht zwischen
seinem inneren Zustand und der ueren Welt unterscheidet (nicht mentalisierender, realittsorientierter Modus)..
Der Als-ob-Modus des Mentalisierens, in dem das Kind ganz aus der realen Welt austritt in seine Phantasie-oder Spielwelt (mentalisierender, von der Realitt abgekoppelter Modus).
Mit vier Jahren erfolgt eine Integration der beiden frheren Modi:
Der Reflexionsmodus des Mentalisierens, in dem das Kind mentale Zustnde als Reprsentationen wahrnehmen kann, die falsch sein und sich ndern knnen (mentalisierender, realittsorientierter Modus).
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
13
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
14
In welchem Modus ist mein Patient gerade?
reprsentatio-naler Akteur 2
(TOM)
(Empathie)Reflexionsmodus 2 (mental)
Impulsive Stufe - Affekte
Souverne Stufe - TOM
Zwischen-Menschliche Stufe
- Empathie
Einverleibende Stufe - Krper
15
Das Entwicklungs-Modell Kegans
Ein-verleibende
Stufe
Impulsive Stufe
Souverne Stufe
Noch nicht nehmen knnenSchon aufnehmen knnen
Noch nicht Impulse steuern knnenNoch nicht Folgen meines Handelns
sehen knnen
Noch nicht empathisch sein knnen
Schon Impulse steuern knnen
Zwischen-menschliche
Stufe
Empathisch sein knnen,hingeben knnen
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 16
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Prmental
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 17
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Was ich denke oder sehe, ist Realitt.
Ich kann noch nicht lgen.
Ich kann nicht warten.Es gibt nur Gegenwart.
Gefhle und Bedrfnisse bestimmen.
Prmental
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 18
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Souvern, kognitiv,
Zielorientiert, steuert
Impulse, hat TOM,
noch kein Perspektiven-
wechsel, egozentrisch
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Klug passe ich auf, dass ich es bekomme und gebe dem anderen dafr etwas, was mir nicht wichtig ist oder lenke ihn anders ab
Prmental
Mental (nur im Als-ob-Modus)
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 19
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Souvern, kognitiv,
Zielorientiert, steuert
Impulse, hat TOM,
noch kein Perspektiven-
wechsel, egozentrisch
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Klug passe ich auf, dass ich es bekomme und gebe dem anderen dafr etwas, was mir nicht wichtig ist oder lenke ihn anders ab
Was ich denke oder sehe, ist Realitt.
Ich kann noch nicht lgen.
Ich kann nicht warten.Es gibt nur Gegenwart.
Gefhle und Bedrfnisse bestimmen.
Prmental
Mental (nur im Als-ob-Modus)
Es kann sein, dass der andere anders denkt. Ich erkenne, wie der
andere denkt. Ich kann seine Motiv
erschlieen. Es gibt Realitt und Phantasie.
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 20
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Souvern, kognitiv,
Zielorientiert, steuert
Impulse, hat TOM,
noch kein Perspektiven-
wechsel, egozentrisch
Zwischen-menschlich,
metakognitiv, Empathie durch
Perspektiven-wechsel,
Funktionale Emotions-
regulierung, TOM, sozial (Beziehung geht vor Selbst)
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Klug passe ich auf, dass ich es bekomme und gebe dem anderen dafr etwas, was mir nicht wichtig ist oder lenke ihn anders ab
Bevor ich es mir nehme, fhle ich mich in den anderen ein: Du magst bestimmt auch was haben. Nimm es Dir. Der andere: Teilen wir es!
Prmental
Mental (nur im Als-ob-Modus)
Mental
Entwicklungs-Modus
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 21
Impulsiv, spontan, affektiv,
kein Kausaldenken,
Noch keine TOM und kein
Perspektiven-wechsel
egozentrisch
Souvern, kognitiv,
Zielorientiert, steuert
Impulse, hat TOM,
noch kein Perspektiven-
wechsel, egozentrisch
Zwischen-menschlich,
metakognitiv, Empathie durch
Perspektiven-wechsel,
Funktionale Emotions-
regulierung, TOM, sozial (Beziehung
geht vor Selbs
t)
Unbekmmert nehme ich mir, ohne daran zu denken, dass der andere das auch haben mchte
Klug passe ich auf, dass ich es bekomme und gebe dem anderen dafr etwas, was mir nicht wichtig ist oder lenke ihn anders ab
Bevor ich es mir nehme, fhle ich mich in den anderen ein: Du magst bestimmt auch was haben. Nimm es Dir. Der andere: Teilen wir es!
Was ich denke oder sehe, ist Realitt.
Ich kann noch nicht lgen.
Ich kann nicht warten.Es gibt nur Gegenwart.
Gefhle und Bedrfnisse bestimmen.
Es kann sein, dass der andere anders denkt. Ich erkenne, wie der
andere denkt. Ich kann seine Motiv
erschlieen. Es gibt Realitt und Phantasie.
Ich kann verstehen, wie der andere
denkt und fhlt. Ich kann mit ihm
fhlen. Ich kann vergangene
Erlebnisse meiner Biographie zuordnen.
Prmental
Mental (nur im Als-ob-Modus)
Mental
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
22
Erwachsene sind partiell entwickelt
Therapierationale ist die Annahme, dass jeder Mensch sich in verschiedenen Kontexten auf unterschiedlichem Entwicklungsniveau bewegen, z. B.
bezglich Weltanschauung und Politik auf der berindividuellen Stufe
Im Beruf auf der institutionellen Stufe Mit Freunden auf der zwischenmenschlichen Stufe Den eigenen Eltern gegenber auf der souvernen Stufe In der Ehe auf der impulsiven Stufe Und in schwerstem Stress auf der einverleibenden Stufe
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
23
Modelle partieller Entwicklung Noam et al. (1988): Einkapselung Whrend das
Selbst sich im Ganzen weiter entwickelt, bleiben Subdomnen auf einer frhen Stufe stecken.
Sulz (1994): Entwicklungslcher - In schwierigen Situationen mit wichtigen Menschen wird auf einer niedrigeren Stufe reagiert, z. B. in der Partnerschaft, gegenber Autorittspersonen, in groem Stress)
McCullough (2000) bifurcated Entwicklung -Manche Menschen entwickeln sich im Umgang mit der nichtsozialen Umwelt bis zur formal-operativen Stufe. Sie bleiben aber properativ im Umgang mit zwischenmenschlichen Beziehungen.
6. Entwicklungsloch
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 24
Impulsiv zeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
ungestrte Entwicklung
25 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Souvern behaupten,
anderen Grenzen
setzen, mich zgeln
Zwischen-menschlich,
Empathie durch
Perspektiven-wechsel
Impulsiv zeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Entwicklungsstrung: Defizit, Frustration, Dauerstress, Trauma
26 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Impulsiv zeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Flucht ins Entwicklungsloch
27 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Entwicklungs-loch
Impulsiv zeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Flucht ins Entwicklungsloch
28 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Entwicklungs-loch
Entwicklungsloch sekundrer Selbstmodus
(z. B. selbstunsicher)
29 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Impuls-gehemmt, z.B.
dependentoder
selbstunsicher
Angstfrei -gerettet
Im sekundren Selbstmodus verharren
(z. B. selbstunsicher)Angstfrei dank
berlebensregel
30 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Impuls-gehemmt, z.B.
dependentoder
selbstunsicher
Angstfrei bleiben
31 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Impuls-gehemmt, z.B.
dependentoder
selbstunsicher
Impulsivzeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Blockade der Entwicklung durch die berlebensregel
des sekundren Selbstmodus
Impulsivzeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Den sekundren Selbstmodus verlassen und trotzdem berleben:
Entgegen der berlebensregel handeln
32
berlebens-modus
Impulsiv oder non-impulsiv, affektiv, oder
affektgehemmt
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
BERLEBENSREGEL
Impulsivzeigen, was ich fhle; Nehmen, was ich haben
mchte
Keine BlitzeKein Entwicklungsloch
keine Fluchtkeine berlebensregel
kein sekundrer Selbstmodus
33 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Einfach wiederimpulsiv sein
Und erst dann den 1. Schritt auf die nchste Stufe gehen: souvern werden
34 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Souvern behaupten,
anderen Grenzen
setzen, mich zgeln
Nach ausreichend langer Zeit im souvernen Modus den 2. Schritt
gehen: zwischenmenschlich werden
35 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Institutionell
Zwischen-menschlich,
Empathie durch
Perspektiven-wechsel
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
36
Entwicklung als Therapie Entwicklung erfolgt in zwei Schritten A) von der impulsiven zur souvernen Stufe
durch die Entfaltung von funktionalem und konkret-kausalem Denken
B) von der souvernen zur zwischenmenschlichen Stufe durch die Entfaltung von Empathie, die formal-kausales (abstraktes) Denken voraussetzt
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
37
Das Denken der impulsiven Stufe sieht keine Mglichkeit der nderung aus
eigener Kraft
wohl aber das Denken der souvernen Stufe
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
38
Praktisches Vorgehen Analyse des bisherigen Verhaltens
Sulz (1995) hat das verhaltensdiagnostische Vorgehen so beschrieben: Der Therapeut stellt 7 Fragen
1. Beschreiben Sie, was in der Situation geschah!2. Berichten Sie, was die andere Person sagte/machte!3. Welche Bedeutung hat deren Verhalten fr Sie?4. Berichten Sie, was Sie in der Situation getan/gesagt haben!5. Beschreiben Sie, wie die Situation ausging, wozu fhrte Ihr
Verhalten?6. Beschreiben Sie, welches Ergebnis Sie stattdessen gebraucht
htten?7. Warum haben Sie das nicht bekommen?
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
39
Von der souvernen (konkret-logischen)
zur zwischenmenschlichen
(abstrakt-logischen) Stufe
Entwicklung von Empathie als Voraussetzung dauerhaft
befriedigender Beziehungen
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
40
Piagets Definition von Empathie
Piaget (1954) weist darauf hin, dass Empathiefhigkeitzwei Aspekte hat:1. Das Bedrfnis und die Fhigkeit, den anderen
Menschen zu verstehen2. Das Bedrfnis und die Fhigkeit, vom anderen
Menschen verstanden zu werden
Nach Piaget ist hierzu formal-operatives Denken (Abstraktionsfhigkeit) erforderlich, die erst wirklichen Perspektivenwechsel ermglicht.
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit 41
Beispiel - Fragen, was die Bezugsperson fhlt Situation: Pat. erffnet seiner Frau, dass er ab jetzt jeden Tag eine Stunde spter
nach Hause kommt, weil er ins Fitnesscenter geht.
Der Therapeut fragt, was die Bezugsperson- gefhlt, mit den Kindern im Stich gelassen gefhlt- gedacht, dass mir die Familie nicht mehr wichtig ist- gebraucht, dass ich bercksichtige, ob sie mich abends mal frher braucht- gefrchtet, dass der nchste Schritt die Trennung isthaben knnte.
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit42
Entwicklung von Empathiefhigkeit 4 -Interpersonal Diskrimination Exercise IDE Teil 1 und Teil 2 (bersicht)
Teil 1: 1. Bestimmen des vom Patienten ausgehenden Stimulus Kontrolle
(Dominanz versus Submissivitt) und "Zugehrigkeit" (affiliativesVerhalten; Feindseligkeit versus Freundlichkeit)
2. Kontrollierte Beziehungsaufnahme akomplementresTherapeutenverhalten
Teil 2: 1. kausaltheoretische Schlussfolgerung bezglich jeder prgenden
Bezugsperson der Kindheitsgeschichte2. bertragungshypothese formulieren3. Korrigierende emotionale Erfahrung durch Wahrnehmen des
Unterschieds zwischen Therapeutenverhalten und frherem Verhalten der prgenden Bezugsperson
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
43
Akomplementres Therapeutenverhalten: nicht dominant
12345678
feindlich
dominant
Dominant-feindlich Dominant-freundlich
freundlich
submissiv
Submissiv-feindlichSubmissiv-freundlich
Patient
Therapeut
Diagramm112.512.512.512.512.512.512.512.5Tabelle112.512.512.512.512.512.512.512.5Tabelle1Tabelle212.512.512.512.512.512.512.512.5Tabelle2Tabelle3S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit44
Entwicklung von Empathiefhigkeit kausaltheoretische Schlussfolgerungen
Mein Vater hat mich sexuell belstigt, deshalb erwarte ich, dass Mnner mich nur benutzen wollen.
Meine Mutter hat mich nie geliebt, deshalb wird niemand mich je lieben knnen.
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
45
Entwicklung von Empathiefhigkeit Erstellen der bertragungshypothese
Kausal-theoretische Schlussfolgerung: Mutter Wenn ich einen Fehler gemacht habe, hat dies dazu gefhrt, dass
sie mich aus dem Haus ausgesperrt hat.
bertragungshypothese: wenn ich in Gegenwart von einen Fehler
mache, wird sie mich bestrafen oder zurckweisen.
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.201546
IMPULSIV
Das Denken der impulsiven Stufe
sieht keine Mglichkeit der nderung aus
eigener Kraft
Hilflosigkeit
SOUVERN
wohl aber das Denken der
souvernen Stufe
Selbstwirksamkeit
Entwicklungsschritt von der IMPULSIVEN zur SOUVERNEN Stufe: vom impulsiven zum souvernen Selbstmodus
IMPULSIV SOUVERN
CBASP und SBT (Strategisch-Behaviorale Therapie)
Primrer und sekundrer Selbstmodus auf der gleichen Entwicklungsstufe
Impulsiv, spontan, affektiv, kein Kausaldenken,Noch keine TOM und kein
Perspektivenwechselegozentrisch
47 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015berlebensmodus:
Sekundrer Selbstmodus
Entwicklungsmodus:Primrer Selbstmodus
Non-Impulsiv, nicht spontan, nicht affektiv,
kein Kausaldenken,Noch keine TOM und kein
Perspektivenwechselegozentrisch
Basierend auf der impulsivenEntwicklungs-stufe
Wut ist wieder erlaubt
2.
Erinnern wir uns an den vorigen Schritt
Wut-Exposition: Erlaubnis geben
IMPULSIV SOUVERN
Entwicklung von der impulsiven auf die souverne Stufe
48 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Entwicklung auf die souverne Stufe
Statt Wut raus lassen, rgerlich durchsetzen
Entwicklungsmodus:Souverner Selbstmodus
Souvern, kognitiv, Zielorientiert, Steuerung von Impulsen, TOM
.
.
.
Jetzt wird
rger zur Durch-setzunggenutzt
Entwicklungsmodus:Impulsiver Selbstmodus
Impulsiv, spontan, affektiv, kein Kausaldenken,Noch keine TOM und kein
Perspektivenwechselegozentrisch
3
IMPULSIV SOUVERN
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.201549
SOUVERNDas konkret-logische
Denken der souvernen Stufe
dient der Befriedigung egozentrischer
Bedrfnisse Wirksamkeit
ZWISCHEN-MENSCHLICH das abstrakt-
logische Denken der zwischenmenschlich
en Stufe dient der Empathie und der
Pflege guter Beziehung
Empathie
Entwicklungsschritt von der SOUVERNEN zur ZWISCHENMENSCHLICHEN Stufe:
vom souvernen zum zwischenmenschlichen Selbstmodus
Zwischenmenschl.SOUVERN
CBASP und SBT (Strategisch-Behaviorale Therapie)
Entwicklung auf die zwischenmenschliche Stufe
50 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Entwicklungsmodus:souverner Selbstmodus
Entwicklung auf die zwischen-menschliche Stufe
Souvern, kognitiv, Zielorientiert, Steuerung von Impulsen, TOM
.
.
.
Entwicklungsmodus:Zwischenmenschl. Selbstmodus
Zwischen-menschlich,
metakognitiv, Empathie durch
Perspektivenwechsel, sozial
Zwischenmenschl.SOUVERN
Statt rgerlich durchsetzen gemeinsamen Weg anbieten
11. Entwicklung machte den Weg frei fr den tertiren Selbstmodus
Parallel zur Beziehungsentwicklung, also der Entwicklung zu einem sozialen Wesen auf der zwischenmenschlichen Stufe
entsteht der tertire Selbstmodus, der die Errungenschaften der impulsiven und souvernen Stufe auch einsetzen kann, wenn es
notwendig ist.Er kann also sehr wtend sein und seine Wut zeigen.
Er kann sich rgerlich zur Wehr setzen,whrend er in seiner wichtigen Beziehung Selbstverzicht leistet und
liebt.
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 51
Zwischenmenschl.SOUVERN
Selbstmodus
Primrer, sekundrer und tertirer Selbst-Modus:
Entwicklungs-Selbstmodus (primr), z. B. impulsiv
berlebens-Selbstmodus (sekundr), z. B. dependent
Metakognitiver Selbstmodus (tertir)
52 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015 53
Lebenmit Erlaubnis zur
freien Entscheidung.
1. Ich kann wtend sein
3. Und ich kann empathisch sein
2. Und kann wehrhaft sein3. Tertirer Selbstmodus
Zwischenmenschl.SOUVERN
Jetzt gibt es das UND
Metakognitiver/Mentaler Modus = tertirer Selbstmodus
der Beziehungs- und Lebensgestaltung Metakognition bzw. Mentalisierung (Gedanken ber Gedanken,
Gefhle und Bedrfnisse (eigene und die der anderen), TOM (Theory ofMind)
Reflektierte Affektivitt nach Fonagy (Gefhltes reflektieren/verstehen) Empathie, Perspektivenwechsel (nach Piaget) Pilot Steuerungszentrale Regisseur Adaptive Emotionsregulation /Affektregulierung Keine pathologische Vermeidung (Abwehr) Groe Bewusstheit, wenig Vermeidung von Erinnern (Verdrngung) Entspricht Youngs Erwachsenenmodus nderungsmotivierter Gesprchspartner des Therapeuten
54 Serge Sulz Vortrag Augsburg am 3.7.2015
Beobachten Erkennen Planen Entscheiden Prfen
Zwischenmenschl.SOUVERN
Z I E L
Entwicklung und Prvention: Eltern
Das Beste fr das Kind ist das Beste fr die Eltern: 12 Monate mit der zu Hause bleibenden Mutter (0 bis 12
Monate alt) 12 Monate mit dem zu Hause bleibenden Vater (1 bis 2
Jahre alt)Dieses Erziehungsjahr ist bei einem 60 Jahre whrenden Erwachsenenleben genau 1/60 dieses Lebens. Erst danach: 12 Monate halbtags in die beste KITA (2 3 Jahre alt) Mit 3 Jahren ganztags in den besten Kindergarten
55S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
Entwicklung und Prvention: KITA*Die Erzieherin-Kind-Beziehung kann nur danneine kompensatorische Wirkung entfalten, wenn die gesamte Qualitt der KITA dies ermglicht und wenn das Kind die KITA-Erzieherin als sichere Basis erlebt, die ihm sowohl die Sicherheit der Bindung als auch der Exploration gibt.*Becker-Stoll 2008, vergl. Becker-Stoll und Wertfein 2009
56S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
Entwicklung und Prvention: KITA*Notwendig ist:1. Eine vertrauensvolle Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und pdagogischem Personal2. Elternbegleitete, bezugspersonenorientierte und abschiedsbewusste Eingewhnung3. Kontinuierliche, feinfhlige Interaktionserfahrungen mit der Bezugserzieherin4. Kleine, stabile Gruppen5. Geringe Personalfluktuation, Ersatzkrfte in der Kita6. Hervorragende Aus- und Fortbildung des pdagogischen Personals*Becker-Stoll 2008, Becker-Stoll und Wertfein 2009
57S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit
S. Sulz Entwicklung der Beziehungsfhigkeit58
Literatur Bandura A (1986): Social Foundations of Thought and Action: A Social Cognitive
Theory. New York: Prentice-Hall Noam G (1988): A constructivist approach to developmental psychopathology. New
Directions for Child Development 33: 91-121 Kegan R (1986): Die Entwicklungsstufen des Selbst. Mnchen: Kindt Verlag McCullough J (2000): Treatment for Chronic Depression. Cognitive Behavioral Analysis
System of Psychotherapy (CBASP). New York: Guilford McCullough (2006): Therapie von Chronischer Depression mit dem Cognitive
Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) Trainingsmanual. Mchen: CIP-Medien
Piaget J (1954): Intelligenz und Affektivitt. Ihre Beziehung whrend der Entwicklung des Kindes. Frankfurt: Suhrkamp
Scheier MF, Carver CS (1992): Effects of optimism on psychological an physical well-being: Theoretical overview and empirical update. Cognitive Therapy and Research 16, 201-228
Sulz SKD (1994): Strategische Kurzzeittherapie. Mnchen: CIP-Medien Sulz SKD (1999) Therapieplanungsmappe VDS20-47. Mnchen: CIP-Medien Sulz SKD (2001): Von der Strategie des Symptoms zur Strategie der Therapie.
Mnchen: CIP-Medien
Von Piaget zu McCulloughs CBASP Therapie durch Entwicklung der BeziehungsfhigkeitDGPM-Kongress 2016DVT-Satellitensymposium 18.3.2016 um 13.45 Hrsaal BEin Mensch ist zwei: Die Wissenschaft zeigt, dass wir zwei Systeme des Erlebens und Verhaltens haben:Unsere beiden Systeme der Informationsverarbeitung und HandlungsregulationAls ob wir zwei verschiedene Menschen wrenAls ob wir zwei verschiedene Menschen wrenAls ob wir zwei verschiedene Menschen wrenEntwicklung des Gehirns*Schrittweise funktionelle PFC-Reifung*Entwicklungsstufen des DenkensEntwicklungsstufen von Emotion und BeziehungFoliennummer 11Fonagys Entwicklungsstufen (Fonagy et al., 2008, S. 254)3 Modi mentaler ZustndeFoliennummer 14Foliennummer 15Entwicklungs-ModusEntwicklungs-ModusEntwicklungs-ModusEntwicklungs-ModusEntwicklungs-ModusEntwicklungs-ModusErwachsene sind partiell entwickeltModelle partieller EntwicklungFoliennummer 24 ungestrte EntwicklungEntwicklungsstrung: Defizit, Frustration, Dauerstress, TraumaFlucht ins EntwicklungslochFlucht ins EntwicklungslochEntwicklungsloch sekundrer Selbstmodus (z. B. selbstunsicher)Im sekundren Selbstmodus verharren (z. B. selbstunsicher)Angstfrei dank berlebensregelFoliennummer 31Den sekundren Selbstmodus verlassen und trotzdem berleben: Entgegen der berlebensregel handelnKeine BlitzeKein Entwicklungslochkeine Fluchtkeine berlebensregelkein sekundrer SelbstmodusUnd erst dann den 1. Schritt auf die nchste Stufe gehen: souvern werdenNach ausreichend langer Zeit im souvernen Modus den 2. Schritt gehen: zwischenmenschlich werdenEntwicklung als TherapieDas Denken der impulsiven Stufe sieht keine Mglichkeit der nderung aus eigener Kraft wohl aber das Denken der souvernen StufePraktisches Vorgehen Analyse des bisherigen VerhaltensVon der souvernen (konkret-logischen) zur zwischenmenschlichen (abstrakt-logischen) StufePiagets Definition von EmpathieBeispiel - Fragen, was die Bezugsperson fhlt Entwicklung von Empathiefhigkeit 4 -Interpersonal Diskrimination Exercise IDE Teil 1 und Teil 2 (bersicht) Akomplementres Therapeutenverhalten: nicht dominantEntwicklung von Empathiefhigkeit kausaltheoretische Schlussfolgerungen Entwicklung von Empathiefhigkeit Erstellen der bertragungshypothese IMPULSIVDas Denken der impulsiven Stufe sieht keine Mglichkeit der nderung aus eigener Kraft HilflosigkeitPrimrer und sekundrer Selbstmodus auf der gleichen EntwicklungsstufeEntwicklung von der impulsiven auf die souverne StufeSOUVERN Das konkret-logische Denken der souvernen Stufe dient der Befriedigung egozentrischer Bedrfnisse WirksamkeitEntwicklung auf die zwischenmenschliche Stufe11. Entwicklung machte den Weg frei fr den tertiren SelbstmodusSelbstmodusFoliennummer 53Metakognitiver/Mentaler Modus = tertirer Selbstmodus der Beziehungs- und Lebensgestaltung Entwicklung und Prvention: ElternEntwicklung und Prvention: KITA*Entwicklung und Prvention: KITA*Literatur