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VorlesungGeschichte der Ethnologie
Anthropology in den 1930er Jahren in USA &Deutschland: Ethnologie im Nationalsozialismus 29. 11. 2006
Heutige Themen
SchülerInnen von Franz Boas Chicago School Völkerkunde im Nationalsozialismus
Alfred Kroeber (1876 – 1960)
Seit 1901 Professur in Berkeley Spezialgebiet: Native Americans (Indianer) in
Kalifornien Theorie: Kulturen sind „superorganic wholes“ Ausgewählte Schriften: (1917). 'The Superorganic,'American Anthropologist,
19:1-54 (1953). Handbook of the Indians of California Berkely:
California Book Compagnie
Alexander Goldenweiser(1880 – 1940)
Lehre an Columbia-Universität in New York Spezialgebiet: Irokesen Theorie: Totemismus Ausgewählte Schriften:
(1910). 'Totemism, an Analytical Study', Journal of American Folklore, Vol. XXIII (1918). 'Form and Content in Totemism,', American Anthropologist, Vol. 20
Edward Sapir (1884 – 1939)
Lehre in Kanada, später Yale Spezialgebiet: Sprache (Linguistik) Theorie: Kultur und Persönlichkeit Ausgewählte Schriften:
(1916). Time Perspective in Aboriginal American Culture. Ottawa: Canada Geological Survey Monographs 90 (1921). Language. New York (1934). 'The Emergence of the Concept of Personality in a Study of Cultures,', Journal of Social Psychology, 5: 408-415
Franz Boas im Amerika der 1920er Jahre:
Allein-Führung des Department of Anthropology an der Columbia University
Bildungsinstitutionen von jüdischen Immigranten geprägt
Kampf gegen Rassismus / „WASPS“ = White Anglo-Saxon-Protestants
Quotensystem an der CU: Bevorzugung WASPS gegenüber jüdischen Immigranten
Franz Boas und die Frauen:
"I had a rather curious experience in graduate work during the past few years - All my best students were women".
Gene Weltfish, erinnert sich 1980 an das Studium bei Franz Boas: "If we speak of the Boasian tradition, we speak first of Boas the man as he stands out in living memory as a teacher and scholar. My first encounter with Boas was in 1924 when, as a senior undergraduate, I entered his class in General Anthropology. One hundred women students had squeezed into the room in Columbia's Barnard College. "
(Weltfish, Gene (1980). 'Franz Boas: the academic response,' In: Diamond, Stanley (ed) Anthropology: Ancestors and Heirs . The Hague: Mouton
Ruth Benedict (1887 – 1948)
Studium an Vassar College (Frauencollege) Tätigkeit als Lehrerin 1918 Studium bei Goldenweiser 1921 Studium anthropology bei Franz Boas an
Columbia University Forschungen in Kalifornien Lecturer an Columbia University (1934). Patterns of Culture. Boston: Houghton Mifflin
Company
Ruth Benedicts Schlüsselerfahrung mit Serrano-Indians:
Ramon, an old man who spoke to me with sadness of his disintegrating world, told a fable: "In the beginning", he said, "God gave to every people a cup, a cup of clay, and from this cup they drank their life…. They all dipped in the water… but their cups were different. Our cup is broken now. It has passed away."
Chicago School
Robert Redfield (Peasant Studies)
Sol Tax (Action Anthropology)
Ralph Linton (Culture and Personality)
Robert Redfield (1897 – 1958)
Studium bäuerlicher Gesellschaften als Teil von Zivilisationen, im Gegensatz zu ‚primitiven‘ oder ‚Stammesgesellschaften‘
Forschungen in Mexiko Begriff ‚autonome Kultur‘ nicht anwendbar auf
bäuerliche Gesellschaften: Subsistenzwirtschaft, Partizipation an weiteren
wirtschaftlichen & politischen Kreisläufen
Wie hängt das bäuerliche Leben in Dörfern mit Region, Nation, Zivilisation zusammen ?
Kleine & große Traditionen „Kleine Traditionen“: lokal und mündlich
überliefert „Große Traditionen“: überregional und
verschriftlicht Interaktionen zwischen beiden Ebenen:
soziale Struktur in Dörfern
Ausgewählte Literatur zu Völkerkunde im Nationalsozialismus
Conte Éduard & Cornelia Essner, (1994). 'Völkerkunde et nazisme, ou l’ethnologie sous l’empire des raciologues.'L'Homme 129, XXXIV, pp. 147-173
Figge, Klaus; Wolf, Claudia (1963). ''Nach dem Kommen stimmt's...! Dokumentation zur Auseinandersetzung um Professor Mühlmann,', Forum Academicum, Heft 5: 1ff
Fischer, Hans (1990). Völkerkunde im Nationalsozialismus. Aspekte der Anpassung, Affinität und Behauptung einer wissenschaftlichen Disziplin. Berlin: Reimer
Hauschild, Thomas (ed.) (1995). Lebenslust und Fremdenfurcht. Ethnologie im Dritten Reich. Frankfurt/M: Suhrkamp
Michel, Ute (1995). 'Neue ethnologische Forschungsansätze im Nationalsozialismus ? Aus der Biographie von Wilhelm Emil Mühlmann (1904-1988)‚, In: Hauschild, Thomas (Hg.) Lebenslust und Fremdenfeindlichkeit. Ethnologie im Nationalsozialismus. Frankfurt/M: Suhrkamp, S. 141-167Ideologie der Rasse
Proctor, Robert (1988). 'From Anthropologie to Rassenkunde in the German Anthropological Tradition. In:', George W. Stocking (ed.) Bones, Bodies, Behavior. Essays on Biological Anthropology. Madison: University of Wisconsin Press
Proctor‘s These:
Die britische, französische und amerikanische Ethnologie fragt nach dem ‚externen Anderen’ bzw. dem ‚Fremden im Äußeren‘
In Deutschland verschob sich das Interesse auf den „internen Anderen“ bzw. den ‚Fremden im Innern‘: Juden, Zigeuner, Homosexuelle
Ziel: das "interne Wir" der deutschen Rasse stärken Errettung der deutschen Rasse vor Bedrohungen
durch Feinde: innere (Juden) und äußere (Bolschewiken)
VölkerkundeOrt Museum Uni-Institut Personal Theoretische Richtung
Leipzig 1874 Museum für Völkerkunde 1920 Gründung "Ethnologisch-Anthropologisches-Institut"
erster Lehrstuhl im Fach Völkerkunde in D.
1933 umbenannt:"Institut für Rassen- und
Völkerkunde"
1927 Otto Rechespäter A. o. Prof. F. Krause
Gründer Deutsche Gesellschaft für
Blutgruppenforschung
Hamburg 1879 Museum für Völkerkunde 1923 Lehrstuhl Völkerkunde, verbunden mit Direktorat Museum
1904 -1935 Georg Thilenius
Wien 1928 Museum für Völkerkunde 1929 Institut für Völkerkunde
W. Koppers bis 1940 Pater Wilhelm Schmidtab 1940 H. Baumann
Kulturkreislehre
Frankfurt/M
1904 Museum für VölkerkundeLeitung ab 1934: Leo Frobenius
1925 Forschungsinstitut für Kultur-morphologie
ab 1932 L. Frobenius Honorarprofessor
Kulturmorphologie
Breslau 1933 Anthropologisches Institut
Prof. E. v. Eickstedt
Berlin 1873 Museum für Völkerkunde 1923 bis 1945 A.o. Prof. R. Thurnwald
Lehre: Mitarbeiter des MuseumsLehrstuhl 1945
Richard Thurnwald
W. E. Mühlmann
EthnosoziologieKombination
Rassenkunde- und Ethnosoziologie
Wilhelm Mühlmann (1904-88)
1925 Abitur, Interesse an"rassenbiologische Geschichtsbetrachtung und rassen-hygienischer Weltanschauung„
1925 Beginn Anthropologiestudium bei E. Fischer in Freiburg
WS 26/27: Studium Rassenhygiene bei Lenz in München
Mühlmann:
1927: "Meinen ganzen Haß will ich sammeln, um dem Dämon auf die Spur zu kommen, der dieses Zeitalter (auf) einen so furchtbaren Irrweg geführt hat. Meine ganze Liebe will ich sammeln, um allen wertvollen Menschen, die ich kenne, ein sinnerfülltes Leben im Lebensstrom der Rasse zu ermöglichen, soweit meine Kräfte reichen.“
1928: "Wenn auch der Weg der Rassenhygiene lang und dornig ist und gepflastert mit lächerlich scheinenden Rücksichten, so ist er doch der einzig mögliche Weg".
Mühlmann: Kombination Rassenhygiene & Ethnologie
WS 27/28: Besuch völkerkundlicher Vorlesungen von G. Thilenius in Hamburg
Suche nach Ergänzung von Anthropologie und Ethnologie mit dem Ziel: ein "klares Bild über den Werdegang europäischer Rassen und Kulturen zu gewinnen".
1931Promotion bei Thurnwald und E. Fischer in Berlin; Thema: "Die geheime Gesellschaft der Arioi" (Melanesien), Untersuchung ethnographischen Materials auf "Ausleseprozesse"
Mühlmann, Wilhelm (1936).
Rassen- und Völkerkunde. Eine Einführung in die Lebensprobleme von Rasse, Gesellschaft und Volk. Braunschweig: Viehweg
sozialwissenschaftliche Rationalisierung der Rassenpolitik
akademische Einflussnahme auf die Politik
Völkerprobleme in der Ethnologie:
ethnologischer Nachweis für rassenhygienische Maßnahmen und für "natürliches Führertum"
Rassenverbundenheit und Ahnenkulte thematisieren Bedeutung von "Rassengrenzen" gegenüber
geopolitischen Grenzen aufzeigen Rassen- und Kulturkonflikte aufzeigen und deren
Konsequenz, einer Aufrechterhaltung von "Farbenschranken"
Ziel: den Fremden zu kennen, um ihn beherrschen zu können
Politische Ziele Mühlmanns:
Errichtung eines "Instituts für Rassen- und Völkerforschung„, am Rautenstrauch-Jost Museum in Köln oder anstelle des Wiener Anthropos-Instituts:
Mühlmann 1937 an NS-Regierung:
" Wissenschaftspolitisch wichtig ist ferner folgende Überlegung. Im Falle des Anschlusses Deutsch-Österreichs könnte der klerikale Betrieb der Völkerkunde in St. Gabriel-Mödling und an der Wiener Universität schon aus staatspolitischen Gründen nicht in der bisherigen Form bestehen bleiben. Er müsste also ersetzt, mindestens völlig umorganisiert werden: Es gilt daher zeitig im Reich der Völkerforschung eine ansehnliche Stätte zu schaffen, die sich im Falle des Anschlusses selbst oder mit einem Tochter-Institutan die Stelle des Anthropos-Instituts in St. Gabriel und des Uni-Instituts in Wien setzen kann".
Mühlmanns Vorschläge zur Neuordnung der Völkerkunde:
Verstaatlichung und Zentralisierung der Völkerkundemuseen
vorzeitige Pensionierung aller dort tätigen Ethnologen, die einer "modernen sozialbiologischen Betrachtungsweise" nicht nachkommen
Streichung von Subventionen für Fachzeitschriften, die diese Richtung nicht vertreten
(1948) Geschichte der Anthropologie. Bonn, S. 198:
"Das Erbe der alten sozialanthropologischen Schule ist von der modernen Rassenhygiene oder Eugenik angetreten worden, die einerseits die soziologischen Gesichtspunkte mehr oder weniger abgestoßen, andererseits dafür die Erkenntnisse der neuen Erblehre in sich aufgenommen hat. (...) Die Rassenhygiene sucht die besten Bedingungen für die Fortpflanzung der wertvollen Erblinien innerhalb der modernen Kulturgesellschaften zu erforschen. Sie konnte nachweisen, dass die soziale Mobilität in diesen Gesellschaften sich im allgemeinen in der Richtung bewegt, dass die sozial aufsteigenden Familien sich meist schwächer fortpflanzen als die übrigen, dass also soziale Siebung und biologische Auslese sich reziprok verhalten. Stellenweise wurde auch eine besonders starke Fortpflanzung gerade der minderwertigen Erblinien festgestellt"
AnthropologieOrt Institut Personal Zeitschrift / Organ Fokus
Berlin 1869 Gründung Deutsche Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
Rudolf Virchow & Adolf Bastian
Bastian: Unterscheidung Ethnologie / Anatomie
Virchow: naturwiss. Methode für beide Bereiche
1866 Archiv für Anthropologie
1869 Zeitschrift für Ethnologie
Anthropologie = Naturgeschichte des Menschen, Anatomie, Physiologie der menschl. Spezie
Anthropologie > Unterdisziplin der Medizin
München 1) 1926 Deutsche Gesellschaft für physische Anthropologie
2) Institut für Anthropologie
Martin (Direktor)
Martin (Direktor)Lenz
Martin (1914) Lehrbuch der physischen
Anthropologie
Unterscheidung "physische" / "psychische" Anthropologie
Physische Anthropologie: Studium der Rasse
Psychische Anthropologie: Studium des Volkes
Ludwig Woltmann 1902 Politisch-anthropologische Revue : Führendes Organ für die Bewegung der Überlegenheit der nordischen Rasse;
Kampf für Ariertum
1905 Gründung Gesellschaft für Rassenhygiene Alfred Ploetz (1895)Die Tüchtigkeit unserer
Rasse und der Schutz der Schwachen
Mitglieder: Felix von Luschan Richard Thurnwald
Rassenhygiene / EugenikZweck: Kampf gegen "Kräfte der Gegenauslese" in Deutschland z.B. Krieg: Tod der starken MännerMedizinische Hilfe für Arme: Reproduktion der "Schwachen" (Unfitten)
AnthropologieOrt Institut Personal Zeitschrift /
OrganFokus
Freiburg 1910 Gründung „Gesellschaft für Rassenhygiene“
Eugen Fischer = Führender Vertreter menschlicher Genetik / Eugenik im Dritten Reich
1908 Studienreise nach Deutsch-Südwest-AfrikaUntersuchung der biologischen Effekte der "Bastardisierung" = Heirat "zwischen Rassen„, z.B. holländische Siedler, die einheimische Hottentotten geheiratet hattenZiel der "Sozialanthropologie": "Die Bewahrung unserer herausragenden deutschen Rasse"
Berlin 1922 Preussischer Landesgesundheitsrat für Rassenhygiene initiiert Gründung Kaiser Wilhelm Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und EugenikAblösung Felix von Luschan Lehrstuhl Anthropologie Berlin
Eugen Fischer 1927 DirektorProfessor f. Anatomie & Anthropologie
1933 Rektor der Berliner Universität