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P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 1 VORLESUNG und UE P. Knoll RAMAN- UND INFRAROT-SPEKTROSKOPIE IN BIO- UND GEOWISSENSCHAFTEN Ort : Praktikumsraum E080, Insitut für Physik und Biophysik, Abt. Experimentalphysik, Hellbrunnerstraße 34, A-5020 Salzburg Zeiten : Vorbesprechung: Mi. 5.3.2003, 16.00-17.00 Uhr Mi 26.3. 16.00 - 18.30 Uhr Ort: HS 426 Do 27.3. 17.00 - 18.30 Uhr Ort: Bespr.raum E079 Mi 7.5. 16.00 - 18.30 Uhr Do 8.5. 14.00 - 15.00 Uhr, Ort: Bespr.raum E079 Do 8.5. 17.00 - 18.30 Uhr Fr 9.5. 13.15 - 16.15 Uhr Mi 14.5. 16.00 - 18.30 Uhr Do 15.5. 14.00 - 15.00 Uhr, Ort: Bespr.raum E079 Do 15.5. 17.00 - 18.30 Uhr Fr 16.5. 13.15 - 16.15 Uhr Mi 21.5. 8.00 - 18.30 Uhr, UE, Ramanlabor Do 22.5. 8.00 - 18.30 Uhr, UE, Ramanlabor Fr 23.5. 13.15 - 16.15 Uhr, VO/UE

VORLESUNG und UE - stilzchen.kfunigraz.ac.atstilzchen.kfunigraz.ac.at/skripten/ramanir03.pdf · Die Vorlesung soll eine leicht verständliche Einführung in das Gebiet der Ramanstreuung

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P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 1

VORLESUNG und UE

P. Knoll

RAMAN- UND INFRAROT-SPEKTROSKOPIE IN BIO- UND GEOWISSENSCHAFTEN

Ort: Praktikumsraum E080, Insitut für Physik und Biophysik,

Abt. Experimentalphysik, Hellbrunnerstraße 34, A-5020 Salzburg

Zeiten: Vorbesprechung: Mi. 5.3.2003, 16.00-17.00 Uhr

Mi 26.3. 16.00 - 18.30 Uhr Ort: HS 426 Do 27.3. 17.00 - 18.30 Uhr Ort: Bespr.raum E079 Mi 7.5. 16.00 - 18.30 Uhr

Do 8.5. 14.00 - 15.00 Uhr, Ort: Bespr.raum E079 Do 8.5. 17.00 - 18.30 Uhr

Fr 9.5. 13.15 - 16.15 Uhr Mi 14.5. 16.00 - 18.30 Uhr

Do 15.5. 14.00 - 15.00 Uhr, Ort: Bespr.raum E079 Do 15.5. 17.00 - 18.30 Uhr

Fr 16.5. 13.15 - 16.15 Uhr Mi 21.5. 8.00 - 18.30 Uhr, UE, Ramanlabor

Do 22.5. 8.00 - 18.30 Uhr, UE, Ramanlabor Fr 23.5. 13.15 - 16.15 Uhr, VO/UE

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 2

Die Vorlesung soll eine leicht verständliche Einführung in das Gebiet der Ramanstreuung und der Infrarotspektroskopie geben. Zielsetzung ist, die heutigen Einsatzmöglichkeiten der Ramanstreuung in den verschiedensten Disziplinen wie z.B. der Biologie, Biomedizin, Geologie und Mineralogie näherzubringen, ihre Vor- und Nachteile aufzuzeigen und in praktischen Anwendungsbeispielen diese spektroskopischen Methoden den HörerInnen vertrauter zu machen. Zielgruppe: StudentInnen im 2.Studienabschnitt, Voraussetzungen: Allgemeine Physikkenntnisse des 1. Studienabschnittes

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 3

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung:

Spektroskopie als fingerprint-Methode für analytische Anwendungen Spektroskopie als Untersuchungsmethode für mikroskopische Modelle von Materialeigenschaften Photonen und Aufbau der Materie

2. Verschiedene Spektroskopiearten im Überblick:

optische Spektroskopie: elastische Streuung (Transmission, Absorption, Reflexion, DOAS, LIDAR)

inelastische Streuung (Raman, Brillouin) nichtlinear-optische Spektroskopie

(SHG, THG, Hyper-Raman, CARS etc.) zeitaufgelöste Spektroskopie

Spektroskopie mit Elementarteilchen: Muonen, Neutronen, Elektronen, ESR, NMR, Mössbauer etc.

3. Einführung in die Infrarot-Spektroskopie:

Funktionsweise, experimenteller Aufbau, FTIR, FTIR-Raman, Strahlquellen, Detektoren, etc. praktische Durchführung

4. Einführung in die Ramanspektroskopie:

experimenteller Aufwand, Wechselwirkung von Licht mit organischen und anorganischen Materialien Der Ramantensor

5. Anwendungen von Raman und IR-Spektroskopie:

Kristallzusammensetzung, Struktur und Orientierung von Mineralien Resonanz-Ramanstreuung: Auflösung verschiedener funktioneller Gruppen Mikro-Ramanspektroskopie: Analyse von Mineraleinschlüssen (Gasen,

Flüßigkeiten, Festeinschlüsse) Die Lichtfalle: Spektroskopie an kleinsten Partikeln Mechanische Materialeigenschaften optische- und elektro-optische Materialeigenschaften magnetische Ramanstreuung und magnetische

Materialeigenschaften funktionelle Gruppen bei Biomolekülen.

Literatur: C.V. Raman Scattering of Light, Indian Academy of Science 1978,

D.A.Long Raman Spectroscopy, McGraw-Hill 1977, ISBN 0-07-038675-7 F.Matossi Der Raman Effekt, 1959 G.Placzek Reyleigh-Streuung und Raman-Effekt, Ak.Verl.Ges.Leipzig1934 M.C. Tobin Laser Raman Spectroscopy, Wiley-Interscience 1971 T.R.Gilson et al. Laser Raman Spectroscopy, Wiley-Interscience 1970 P. Gans Vibrating Molecules, Clowes&Sons, London, 1971 Topics in Applied Physics, Springer Verlag Advances in Infrared and Raman Spectroscopy, Heyden, London Proceedings of the ...Internat. Conference of Raman Spectroscopy, Wiley S.K.Freeman Applications of Laser Raman Spectroscopy, Wiley 1974 C.B. Moore Chemical and Biochemical Applications of Lasers,1980

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 4

1. Einleitung Fingerprint-Methode: Jedes Material besitzt ein charakteristisches Spektrum I(f).

(z.B. Schwingungsspektrum bei IR- und Ramanspektroskopie) Verwendung für analytische Zwecke: Superposition der Spektren bei Stoffgemischen

(Annahme: vernachläßigbare Wechselwirkung). Das Gesamtspektrum ergibt sich aus: ∑=

iiiges fInfI )()( . Daraus läßt sich bei Kenntnis der

charakteristischen Spektren Ii(f) die ni bestimmen. (Σi ni = 1). Die Ii(f) müssen an Reinsubstanzen ermittelt werden. Computerverfahren basierend auf orthogonalen Spektren sind möglich. Liegt der einfache Fall vor, dass pro Species eine charakteristische spektroskopische Bande an der Stelle fi vorliegt, an der von keiner anderen Species spektroskopisches Signal geliefert wird, so kann die Ermittlung der

Anteile ni auf einfache Weise mit: )()(

ii

igesi fI

fIn = erfolgen. Oft ist es

recht aufwending und schwierig das spektroskopische Signal einer Stoffmischung in absoluter Intensität zu bestimmen und mit dem Signal der Reinsubstanzen zu vergleichen. Dann begnügt man sich meistens

mit den relativen Konzentrationen: )()(

)()(

ii

jj

jges

iges

j

i

fIfI

fIfI

=nn .

Voraussetzungen sind der lineare Zusammenhang zwischen Konzentration der i-ten Species mit dem spektroskopisch beobachteten Signal )()( fInfI ii= und die Wechselwirkungsfreiheit der verschiedenen Species. Diese Voraussetzungen müssen nicht immer erfüllt sein. Die Abbildung zeigt als Beispiel den nicht ganz linearen Zuwachs des Ramansignals mit der Molekülkonzentration. Durch entsprechende nichtlineare Behandlung am Computer können auch solche Abweichungen berücksichtigt werden.

-0,005 0,000 0,005 0,010 0,015 0,020 0,025

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

8 Y = 2,589E-7 X

pure N2

Y = 2.5201E-7 X+4.059E-6 X2

linear this work Wang et al. fit

Ram

an e

ffici

ency

S23

31cm

-1 [

10-9 c

m-1sr

-1]

particle density [mole/cm3]

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 5

Mikroskopische Modelle: In mikroskopischen Modellen bestimmen die elementaren Anregungen (Elekronische Übergänge, Schwingungen, Spin-Anregungen etc.) die jeweiligen Stoffeigenschaften. Spektroskopie dient zur Bestimmung und Charakterisierung dieser elementaren Anregungen.

Beispiel: Zusammenwirken der verschiedenen Disziplinen (Biologie, Chemie, Physik) in der nano-Wissenschaft bzw. nano-Technologie. Erkenntnisgewinn in den Naturwissenschaften: Durch Beobachtung (zunächst nur unter Ausnutzung der Sinnesorgane) werden eine Fülle von einzelnen Erkenntnissen gewonnen. Zugelassen werden nur jene Beobachtungen, welche bei Wiederholung an verschiedenem Ort und Zeit aber sonst gleichen Randbedingungen die gleichen Ergebnisse liefern. Diese aus den Beobachtungen gewonnenen Erkenntnisse versucht man durch Modelle in Zusammenhang zu bringen. Dabei entfernt man sich mit diesen Modellen immer mehr von der Ebene der unmittelbaren Beobachtung zu höheren Abstraktionsstufen. Voraussetzung für diese Modelle ist, dass sie in sich und untereinander nicht im Widerspruch stehen. Dass kein logischer Widerspruck vorliegt versucht man dadurch sicherzustellen, dass man sich einer auf den Gesetzen der formalen Logik aufbauenden Sprache bedient (z.B. der Mathematik). Ein weiterer möglicher Widerspruch ist der dialektische Widerspruch. Dieser kann durch Vereinigung von These und Anti-These in der Synthese erfolgen; (Bsp. Welle-Teilchen-Dualismus). Beziehung Physik-Mathematik: Die physikalischen Beobachtungen (Ergebnisse von

Experimenten) charakterisieren einen physikalischen Zustand. Dieser wird mathematisch als Skalar, Zustandsvektor, Matrix, oder allgemein als Tensor (und somit als Element eines Vektorraumes) dargestellt. Änderungen des Zustandes sind Operatoren, die auf die Elemente des Vektorraumes wirken. Die in Experimenten gefundenen Kausalitäten und Zusammenhänge müssen sich in mathematischen Zusammenhängen zwischen den Operatoren und Zustandsvektoren widerspiegeln. Ziel ist eine möglichst genaue Abbildung (im Sinne eines Isomorphismus) der physikalischen Beobachtungen und Ereignisse in Operatoren und Vektoren. Jeder mathematische Schritt sollte daher seine entsprechende physikalische Bedeutung haben. (Wird jedoch nicht vollständig erreicht.)

Welle-Teilchen-Dualismus: Welle: periodisch in Raum und Zeit: )(

00),( rktirkiti eAeeAtrArrrr rrrr +== ωω .

r

ω π= 2 f : Kreisfrequenz, r

rkkk

=2πλ | |

: Wellenvektor, | |rk = =

2πλ

k.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 6

Teilchen: Ein mit Masse behaftetes Objekt, das durch Energie E und Impuls pr im Bewegungszustand charakterisiert werden kann. Die Bewegungsänderung wird dabei durch die Newton´schen Axiome (F=Mb) beschrieben.

In der Quantenmechanik Vereinigung von Teilchen und Wellenbild; Konzentration auf die Erwartungswerte von Energie und Impuls. Zusätzlich benützt man in der Quantenmechanik noch die Statistik um Wahrscheinlichkeitsaussagen von Beobachtungen treffen zu können. Zusammenhang zwischen Teilchen und Wellenbild (z.B. in der Optik):

(1) Energie: E f hf hc

c k= = = = = =h h h hω πλ

cπλ

22

.

(2) Impuls: ||||

2kkh

kkkp r

r

r

r

hr

hr

λλπ

=== .

Aus (1) und (2) folgt , die relativistische Energie-Impuls-Beziehung für Ruhemasse gleich Null.

E p=| |r c

(3) Für klassische Teilchen ist hingegen die Energie m

pE2

2

= .

Diese scheinbare Diskrepanz wird durch die relativistische Mechanik aufgeklärt. Hier ist die Energie mit Ruhemasse und Impuls auf folgende Art verbunden: Relativistische Energie: E pc m c= +( ) ( )2

02 2 .

Näherungen:

Für m E pc0 0= ⇒ = .

Für Teilchen mit m p0 >> <<, : E m cpm

= +02

2

02.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 7

1E-6 1E-4 0,01 1 100 10000 10000001E-151E-131E-111E-91E-71E-51E-3

0,110

1000100000

1E71E9

1E111E131E15

m0=0 (Photon) Elektron (klass.) Neutron (klass.) relativ. Elektron relativ. Neutron

relativistische Energie-Impuls Beziehung

m0=1.67*10-27kg (Neutron)

m0=9.1*10-31kg (Elektron)

m0=0 (Photon)

Ener

gie

[eV]

Wellenvektor k [A-1]

Einheiten für die Energie:

[E]=Joule=Wsec, eV, Ry, cm-1, K IS: 1 Joule = 1 Wsec = kgm2/sec2

Elektronvolt: 1 eV = 1.6 10-19 Wsec

Rydberg: 1 Ry = m ee

4

022 4( πε h)

= 13.607 eV

Wellenzahlen: 1cm-1 = 1λ= ≡

Ehc

: 1.24 10-4eV

Temperatur: 1K = E

B:

k≡ 1.43cm-1

Wichtige Konstanten:

m kge A

A Vmh

W

k Wc m

e

B

= ⋅

= ⋅

= ⋅

= = ⋅

= ⋅

=

K⋅

91 1016 108 85 10

2105 10

138 102 998 10

31

19

012

34 2

23

8

. ,. sec,

. sec/

. s

. sec/.

,

ec ,

,/ sec

ε

πh

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 8

Photonen: Sind stark relativistische Bosonen mit Ruhemasse Null und Spin=1 (Rechtszirkularpolarisiert) und Spin=-1 (Linkszirkularpolarisiert) Beispiele aus der Optik:

Brechungsgesetz: Im Wellenbild lässt man eine ebene Welle im Medium mit Geschwindigkeit c im Winkel α zur Flächennormale auf ein Medium mit Ausbreitungsgeschwindigkeit v fallen. Ist v < c kommt es zur Brechung zum Lot und der gebrochene Strahl breitet sich im Winkel β zur Flächennormale

aus. Es gilt das Brechungsgesetz: nvc==

βα

sinsin

p

. Auf die gleiche

Gesetzmäßigkeit kommt man auch im Teilchenbild. Die einfallenden Photonen haben die Energie E und den Impuls r mit pcE r

=

pr. Die gebrochenen

Photonen haben ebenfalls die Energie E aber den Impuls ' mit 'pvE r= . Es

muss Energie und Impulserhaltung gelten. Wie alle Erhaltungsgrößen sind diese an die Symmetrie gebunden. Insbesondere ist die Impulserhaltung an die Translationssymmetrie im Raum gebunden. Diese ist an der Grenzfläche der beiden Medien gebrochen. Damit gilt keine Impulserhaltung senkrecht zur Fläche, aber sehr wohl parallel zur Grenzfläche. Somit erhält man für die

Parallelkomponenten des Impulses: βsinsinvE

cE α = . Daraus folgt wiederum:

nvc==

βα

sinsin .

Beugung am Gitter: Im Wellenbild fällt eine Welle mit Wellenlänge λ im Winkel α (gemessen zum Lot) auf das ebene Gitter mit Gitterkonstante d. Der gebeugte Strahl verlässt das Gitter im Winkel β. Konstruktive Interferenz erhält man, wenn der Gangunterschied zwischen zwei gebeugten Strahlen, welche das Gitter im Abstand einer Gitterkonstante treffen, gleich einem Vielfachen der Wellenlänge ist. Dies ergibt die bekannte Gittergleichung: ( ) λβα nd =− sinsin .

Im Teilchenbild (Photonen mit pcE r= ) erhält man ebenfalls die gleiche

Gesetzmäßigkeit, wenn man die Impulserhaltung am Gitter richtig behandelt. Es liegt eingeschränkte Translationssymmetrie quer zum Gitterstrich in der Gitterebene vor: nur Vielfache der Gitterkonstanten d ergeben in einer (gedachten) Verschiebung des Gitters ununterscheidbare Situationen. Zu einer ununterscheidbaren gedachten Verschiebung um den Gitterabstand d gehört ein

Wellenvektor d

k π2=

r. Demnach sind mit der Translationssymmetrie des

Gitters Vielfache dieses Wellenvektors verträglich und das Gitter kann daher

quer zum Gitterstrich Impulse d

n π2h aufnehmen. Die Impulserhaltung der

Photonen, welche am Gitter gebeugt werden, ergibt somit für die Komponente

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 9

quer zum Gitterstrich: d

ncE

cE πβα 2sinsin h

+= . Daraus erhält man:

( ) λπ

πβα nfE

cnd ==

=−2

2sinsinh

h .

rmvrm 22 == ω

Äußerer Photoeffekt: Der äußere Photoeffekt wurde als Nachweis der Teilchenstruktur des Lichtes angesehen. Man kann ihn aber auch im Wellenbild mithilfe der Resonanz erklären.

Atome: Atome bestehen aus einem positiv geladenen Atomkern und negativ geladenen Elektronen. Das einfachste Atom ist Wasserstoff (H) mit einem Proton als Kern und einem Elektron. In der einfachsten Vorstellung umkreist das Elektron den Atomkern (wie die Planetenbewegung). Die klassische Elektrodynamik würde dabei keine Stabilität des Atoms vorhersagen, da die Kreisbewegung des Elektrons einer ständigen Beschleunigung unterliegt und beschleunigte Ladungen elektromagnetische Wellen abstrahlen. Dies würde zu einem ständigen Energieverlust des Elektrons führen und damit zu einer Spiralbahn, die einmal im Atomkern endet. Die Quantenmechanik beschreibt das Elektron als stehende Wellen, wodurch bei vorgegebener Wellenlänge nur ganz bestimmte Kreisbahnen möglich sind. Dadurch sind nur mehr ganz bestimmte Energien für das Elektron erlaubt, und das Elektron kann nicht mehr kontinuierlich Energie verlieren. Nur mehr Übergänge zwischen den Energieniveaus sind möglich, wobei elektromagnetische Wellen mit nur ganz bestimmten Energien (entspricht den Differenzen der Energieniveaus) absorbiert oder emittiert werden. Einfache mathematische Lösung: Eine stabile Kreisbahn (Planetenbewegung) fordert, dass Fliehkraft ( F ) und Anziehungskraft gleich groß sind, oder , dass Ekin = − 1

2 Epot (Ekin kinetische Energie, Epot potentielle Energie). Für ein Elektron, das ein Proton umkreist, ergibt dies:

E erpot = −

2

04πε, E e

rkin =2

08πε und E e

rges = −2

08πε.

Das kreisende Elektron ist aber auch als Materiewelle beschreibbar, mit E pmkin =2

2 und

p h=λ

.

Zeitlich stationäre Wellen sind aber nur dann möglich, wenn ganzzahlige Vielfache von λ im

Bahnumfang 2πr untergebracht werden können. E pm

hm

erkin = = =

2 2

2

2

02 2 8λ πε und die

Bedingung n rλ π= 2 (n=1,2,3,...) liefern die Lösungen: r ,

h nmen =

επ0

2 2

2

λ nε h nme

=2 0

2

2 , E meh nges n, = −

4

02 2 28ε

Diese Lösungen entsprechen den exakten Resultaten des Radialanteils der Schrödingergleichung für kugelförmige Orbitale (s-Orbitale). In dieser einfachen Herleitung würden die jetzt noch kreisförmigen Bahnen steigendes Bahndrehmoment mit dem Bahnradius aufweisen. Tatsächlich ist jedoch der Bahndrehimpuls Null für alle kugelförmigen Orbitale (s-Orbitale). Hier muss man noch über alle möglichen kreisförmigen Bahnen mit

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 10

gleichem Radius mitteln (statistische Aussage der Quantenmechanik), wodurch kugelförmige Orbitale entstehen und der Bahndrehimpuls sich wegmittelt. Durch diese zusätzliche statistische Mittelung kann man nicht mehr von kreisenden Teilchen sprechen sondern mehr von einer kugelförmigen Wahrscheinlichkeitsverteilung. In ähnlicher Weise lassen sich Ergebnisse für andere Bahnformen mit endlichem Bahndrehimpuls (Nebenquantenzahlen) erhalten, wenn man postuliert, daß der Bahndrehimpuls nur in Vielfachen von vorkommt (p,d,f,...). Die magnetischen Quantenzustände erhält man, wenn man bezüglich einer Vorzugsrichtung ebenfalls die Quantisierung in Vielfachen von für die Projektion des Bahndrehimpulses fordert. Dies ergibt z.B. für einen 2p Zustand die magnetischen Zustände mit m=-1, m=0, und m=1.

h

h

Der ausgearbeitete mathematische Formalismus der Quantenmechanik (Schrödingerformalismus, Heisenbergformalismus) liefert automatisch all diese Ergebnisse. Weiters sind nur ganz bestimmte Kombinationen von Haupt- und Nebenquantenzahlen möglich. Es gibt nur die Kombinationen: 1s0, 2s0, 2p-1, 2p0, 2p1, 3s0, 3p-1, 3p0, 3p1, 3d-2, 3d-1, 3d0, 3d1, 3d2, ...etc. Atome mit mehreren Elektronen lassen sich näherungsweise mit den Energiezuständen des H-Atoms beschreiben. Dabei wird berücksichtigt, daß für die außenliegenden Elektronen nur eine abgeschirmte Kernladungszahl wirkt, und die Auffüllung der Orbitale mit den Spin-behafteten Elektronen dem Pauliprinzip und den Hund’schen Regeln erfolgt. (Erst eine genauere relativistische quantenmechanische Betrachtung würde den Spin berücksichtigen). Pauliprinzip: Die Gesamtwellenfunktion ist bei Vertauschung von 2 Teilchen antisymmetrisch:.

( ) ( )Ψ Ψ1 2 2 1, ,... , ,...= −Oder einfacher für die Atomphysik: 2 Elektronen müssen sich mindestens in einer Quantenzahl unterscheiden. Hund’sche Regeln: Auffüllung der Orbitale einer Schale erfolgt nach Pauliprinzip und hierarchisch nach: 1.) Gesamtspin möglichst groß. 2.) Die Summe der Projektionen der Bahndrehimpulse ist maximal. 3.) Der Gesamtdrehimpuls J=L-S für weniger als halbgefüllte Schalen, J=L+S für mehr als halbgefüllte Schalen. Moleküle: Mehrere Atome können zu Molekülen aneinander gebunden (chemische Bindung) sein. Dabei wirken anziehende Coulomb-Kräfte zwischen den Elektronen und den Atomkernen und abstoßende zwischen den Elektronen und zwischen den Atomkernen. Allgemeines Prinzip: Zwei in Wechselwirkung stehende Energieniveaus spalten auf. (z.B. 2 gekoppelte Pendel) Dies bedeutet, daß 2 H Atome im unendlich weiten Abstand (keine Wechselwirkung) zweifach entartete Energiezustände haben. (z.B. ist die Energie des 1s Zustandes 2mal vorhanden, einmal am Atom A und einmal am Atom B) Wird der Abstand verringert wirken die Coulombpotentiale zwischen den Atomen. Durch die Wechselwirkung spalten die entarteten Energieniveaus auf. Zum Beispiel entstehen bei 2 H Atomen aus den 2fach entarteten 1s Zustände ein in der Energie etwas niedriger Zustand (bindend) und ein in der Energie etwas höherer Zustand (antibindend). Da die Wechselwirkung zwischen den Atomen vom Abstand abhängig ist, variiert die Aufspaltung der Energieniveaus mit dem Abstand (Potentialkurven), Die niedrigste Potentialkurve zeigt dabei bei vorliegen einer

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 11

chemischen Bindung ein deutliches Minimum beim Bindungsabstand. Die Potentialkurve stellt das Potential für die Schwingung der Atomkerne dar. Die Quantenmechanik gilt auch hier und gibt konkrete Schwingungsniveaus als Lösung an. Als weitere Freiheitsgrade der Moleküle sind die Rotationen der gesamten Molekülanordnung (in Rotationszustände gequantelt) und die kontinuierlichen Translationszustände der gesamten Molekülanordnung. Stehen mehrere Atome (N Atome) in Wechselwirkung spalten die mehrfach (N-fach) entarteten Energieniveaus in mehrere (N) Energien (elektronische Molekülstruktur) auf. Sind fast unendlich viele Atome (Festkörper, N=1023) in Wechselwirkung, so spalten die Energien in unendlich dicht liegende Niveaus auf, ein quasi-Energiekontinuum oder Energieband entsteht (elektronische Bandstruktur). Grundzustand: Die Energiewerte aus Bandstruktur (Molekülstruktur) und die

Energiezustände der Potentialkurve (Schwingungszustände) Anregungszustände: wichtig für die Spektroskopie: Übergänge zwischen den Energieniveaus

= Die Differenzen zwischen den Grundzustandsenergien. Translationssymmetrien im Festkörper: Der Festkörper (Einkristall) ist durch regelmäßige Atomanordnung charakterisiert. Dabei wird eine Atomgruppe (Basis) durch Translationsvektoren über den ganzen Raum verteilt. Mithilfe von periodischen Randbedingungen können dann alle Zustände mit ebenen Wellen dargestellt werden, welche den periodischen Randbedingungen genügen. Klassifikation von Zuständen nach den irreduziblen Darstellungen der Translationsgruppe. Die Charaktere sind komplexe Zahlen der Gestallt: rkie

rr

. Mit zyklischen Randbedingungen:

)()( rfLrf rrr=+ (f beliebige Funktion) ergeben sich diskrete k

r Werte mit:

Lnk r

r π2=

aNL

wobei

n = 1,2,.......N Werte annimmt. Am diskreten Gitter mit Translationsvektor (ar rr= ) ist k

r

auf das Intervall a

k rr π2<≤0 beschränkt (1. Brillouinzone). Der Übergang auf den reziproken

Raum der k-Werte entspricht einer Fouriertransformation des Ortsraumes:

f rN

f k eikr

k( ) ( )r r rr

r= ∑1

.

Für einen translationsinvarianten Hamiltonoperator gilt das Bloch'sche Theorem:

wenn )(ˆ)(ˆ arHrH rrr+= dann gilt für die Lösungen: rki

k errrr

rrr )()( ϕψ = mit

translationsinvarianten )()( arr kk

rrrrr += ϕϕ und

araNmk r

r ππ 2<

2=≤0 . Dadurch haben

alle Lösungen die Form von ebenen Wellen.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 12

Freies Teilchen im reziproken Raum: (nicht relativistisch): m

pE2

2

= .

Durch Gitterperiodizität a wird k auf 1.Brillouinzone beschränkt, d.h. k = k + m 2π/a, dadurch werden die Ausläufer der parabolischen Dispersionsrelation (Funktion E(k)) in die 1. Brillouninzone geschoben. Bandstruktur des Festkörpers Wechselwirkung durch ein gitterperiodisches Potential bewirkt Aufspaltung entarteter Punkte der Bandstruktur. Elektronen werden bis zur Fermi-Energie aufgefüllt: Metall: Fermi-Energie schneidet ein Band (Fermifläche); ansonsten Isolator oder Halbleiter. Anregungen des Festkörpers: Gitterschwingungen (Phononen), elektronische Anrgegungen (Elektron-Loch-Paar, Excitonen, etc.), Spinanregungen (Magnonen), gekoppelte Zustände (Polaronen, Solitonen, Polaritonen etc.) Gitterschwingungen der eindimensionalen Kette N gleichartige Atome der Masse M im Abstand a durch Federkräfte verbunden. Ergebnis: akustischer Phononzweig Übergang auf 2-atomige lineare Kette: 1. Verdopplung der Elementarzelle auf 2a (Halbierung der Brillouinzone) 2. Aufspaltung entarteter Punkte in der Brillouinzone 3. Ergebnis: akustischer und optischer Phononzweig

2. Verschiedene Spektroskopiearten im Überblick Spektroskopie: ursprüngliche Bedeutung: Frequenzanalyse des Lichtes: heute allg. Bedeutung: Energieanalyse von Teilchen- oder Wellenstrahlen, welche von Atomen, Molekülen oder Festkörpern ausgehen. Verschiedene Energieeinheiten: (Siehe Tabelle) Begriff Streuung: Ausfallender Teilchen- (Wellen)strahl durch einfallenden Teilchen- (Wellen)strahl verursacht. elastische Streuung: gestreute Teilchen haben gleiche Energie wie einfallende Teilchen inelastische Streuung: gestreute Teilchen bei anderer Energie als einfallende Teilchen

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 13

Streurate (Streuintensität): Anzahl der gestreuten Teilchen pro Zeiteinheit (gestreute

Leistung) bei bestimmter Energie: ( )s

ssss

s PE

tN

ωω

ωh

h)(

== .

Streuquerschnitt: Zusammenhang zwischen Anzahl der gestreuten Teilchen zu einfallender

Teilchendichte pro Zeit: i

i

i

iiis IA

Ptl

lAN

vVN

tN

ωσ

ωσσσ

hh=

⋅=⋅

⋅== .

differentieller Streuquerschnitt: Streuquerschnitt pro Raumwinkel Ω . vVN

tN is

Ω∂∂

=⋅Ω∂

∂ σ .

Spektrum: Streurate pro Energieintervall oder Streuintensität pro Energieintervall

(Streudichte, spektrale Dichte) für verschiedene Energien. Im Wellenbild wird

dabei die Intensitätsdiche ωω

ddI )( gegen die Frequenz ω aufgetragen. Im

Teilchenbild wird eine Teilchendichte pro Zeit tdE

EdN⋅

)( gegen die Energie E

aufgetragen. Demnach hat erst die Fläche einer Spektrallinie in einem Spektrum eine reale Bedeutung, da erst diese einer Intensität oder einem Teilchenstrom zugeordnet werden kann.

Für Streuung gilt Energie- und Impulserhaltung:

elastische Streuung gibt Impulsübertrag auf Atom, Molekül (Rückstoß) oder Festkörper (Bragg Reflexe).

inelastische Streuung gibt zusätzlichen Energieübertrag auf Atom, Molekül oder

Festkörper, welcher durch Anregungen im Atom, Molekül oder Festkörper aufgenommen werden muss.

Dadurch ist die Spektroskopie wichtige Untersuchungsmethode von Atomen, Molekülen und Festkörpern. Verschiedene Spektroskopiearten entstehen durch die Art der verwendeten Teilchen (bzw. Wellen) und der Art von Energie- und Impulsübertrag.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 14

Photonen

Wechselwirkung: mit Ladungsverteilung Vorteile: einfach im Labor durchführbar Nachteile: eingeschränkter Energie- und Impulsbereich

Neutronen Wechselwirkung: mit Massen der Kerne und magn. Momenten Vorteile: Art der Wechselwirkung sehr universell Nachteile:sehr aufwendig, noch geringe Auflösung

Elektronen Wechselwirkung: sehr stark mit Ladungsverteilung, Austauschwechselwirkung Vorteile: OberflächensensitivNachteile: Ultra-Hochvakuum, wenig Bulk-Eigenschaften

Elastische Streuung: Anwendungen: Abbildungen, Strukturbestimmung, einfache Anregungen

1-Photon Prozesse: Absorption, z.B. IR-Spektroskopie, DOAS (Double Optical Absorption Spectroscopy)Emissionsspektroskopie (Charakt. Emissionslinien) 2-Photon Prozesse: Beugung, Brechung, Reflexion; z.B. optische Abbildung, Röntgenbeugung, IR-Reflexions-Spektroskopie, LIDAR (Light Detection and Ranging) 2-Photon-Absorption mehr-Photon Prozesse: nicht-linear Optik: SHG(Frequ.Verdopplung)THG, etc.

1-Teilchen Prozesse:Neutronenaktivierung 2-Teilchen Prozesse:Beugung: Strukturbestimmung, magn. Strukturen

1-Teilchen Prozesse: Elektronenemission bei z.B. Photoelektronspektroskopie 2-Teilchen Prozesse: Beugung: LEED, REED, Elektronenstrahlmikroskopie: REM, TEM, etc.

inelastische Streuung Anwendungen: Bestimmung von Anregungen und Wechselwirkungen

2-Photon Prozesse: Raman Streuung, Brillouin Streuung, Compton Effekt: Lumineszenz Bestimmung von: Schwingungsenergien, elektron. Übergängen, Spinanregungen; mehr-Photon-Prozesse: HyperRaman, CARS

2-Teilchen Prozesse:inelastische Neutronenstreuung Bestimmung von: Schwingungen, magn. Anregungen

2-Teilchen Prozesse: EELS: (Elektron Energy Loss Spektroskopy) HREELS: (High Resolution EELS) REELS: (Reflected EELS) Auger Spektroskopie Bestimmung von: Elektr. Anregungen, Schwingungen, Oberflächenzuständen

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 15

Prinzipieller experimenteller Aufbau eines spektroskopischen Experimentes: Strahlquelle (Teilchen oder Welle) mit bestimmter Energie und Impuls eventuell durch entsprechende Filterung. Probe oder Target (Atome, Moleküle oder Festkörper) in bestimmter Orientierung. Auswahl von Richtung und Raumwinkel der gestreuten Teilchen. Energie und Impulsanalyse der gestreuten Teilchen im Analysator, welcher im Fall der Energieanalyse (Wellenlängeanalyse) auch oft Spektrometer genannt wird. Detektor: Umwandlung des auftreffenden Teilchenstroms in ein elektrisches Signal.

Detektor

Analysator ProbeFilter Strahlquelle

3. Einführung in die Infrarot-Spektroskopie Funktionsprinzip: Das elektrische Feld der Photonen (Licht) steht in Wechselwirkung mit der Ladungsverteilung der Materie. Da das elektrische Feld mit der Frequenz des Lichtes oszilliert, wird eine Kraft auf die Ladungsverteilung ausgeübt. Kommt die Frequenz in Resonanz mit einer Schwingung, welche bei ihrer Bewegung die Ladungsverteilung ändert, so kann das Photon absorbiert werden und die Schwingung wird um ein Schwingungsquant erhöht. Demnach können nur solche Schwingungen mit IR-Licht angeregt und als Absorptionsbande gesehen werden, welche ein sich änderndes Dipolmoment besitzen. Dies zeigt zum Beispiel die symmetrische und asymmetrische Schwingung der CH2-Gruppe. Da die Wasserstoffatome leicht positiv gegenüber dem Kohlenstoff geladen sind, liegt hier bereits ein Dipolmoment (roter Vektor) vor. Während der symmetrischen Schwingung der beiden H-Atome ändert sich dieses Dipolmoment in seiner Größe, die Änderung ist durch den blauen Pfeil dargestellt. Bei der antisymmetrischen Schwingung der beiden H-Atome verdreht sich das vorhandene Dipolmoment, was zu einer Änderung quer zur ursprünglichen Richtung führt, wie der blaue Pfeil zeigt. Demnach absorbieren diese beiden Schwingungen mit

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 16

unterschiedlicher Polarisation das IR-Licht, da Wechselwirkung immer nur für gleiche Richtung des elektrischen Feldes mit der Änderung des Dipolmomentes besteht. Die Änderung eines Dipolmomentes durch eine Schwingung ist dabei nicht an das Vorhandensein eines permanenten Dipolmomentes gebunden.

Ob eine Änderung des Dipolmomentes möglich ist kann bereits aus der Symmetrie der Kernanordnung vorhergesagt werden. Liegt z.B. ein Inversionszentrum vor, so können prinzipiell nur Schwingungen IR-aktiv sein, welche dieses Inversionszentrum verletzen, sogenannte ungerade Moden. CO2 besitzt ein solches Inversionszentrum, welches im Kohlenstoffatom liegt. Eine symmetrische Schwingung der beiden negativ geladenen Sauerstoffatome verletzt dabei nicht das Inversionszentrum und es liegt keine Änderung eines Dipolmomentes vor. Die antisymmetrische Schwingung hingegen verstößt sehr wohl gegen das Inversionszentrum, wodurch die Änderung eines Dipolmomentes möglich ist. Die allgemeine Behandlung von symmetriebedingten Regeln erfolgt mithilfe der Gruppentheorie.

+ --

+ --

Prinzipiell ist eine Schwingung über das ganze Molekül ausgebreitet, das heißt, dass alle Atome prinzipiell beteiligt sind. Allerdings kann näherungsweise oft der Hauptanteil einer ganz bestimmten Atomgruppe zugeordnet werden (funktionelle Gruppen), wodurch die Interpretation von Schwingungsspektren enorm erleichtert wird. Grob kann daher der Frequenzbereich der Schwingungen in folgende Atombewegungen organischer Verbindungen eingeteilt werden:

Bereiche, welche nicht so einfach bestimmten Bindungstypen oder Atomgruppen zugeordnet werden können aber dennoch sehr charakteristisch für das untersuchte Material sind, werden Fingerprint Region genannt. Dies ist z.B. der Bereich unterhalb von 1500cm-1. In den nachfolgenden Tabellen sind einige typische Schwingungsfrequenzen aufgelistet.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 17

Streckschwingungen:

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 18

Biegeschwingungen:

In den nachfolgenden Abbildungen sind einige typische Schwingungen der CH2-Gruppe aufgezeichnet:

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Technik der IR-Spektroskopie Strahlquelle: Als Strahlquelle der Infrarotstrahlung wird eine Intensitätsverteilung der elektromagnetischen Strahlung über einen weiten Frequenzbereich benötigt. Dazu genügt ein erhitzter Stab, welcher durch die Schwarzkörperstrahlung Infrarotlicht (Wärmestrahlung) aussendet. Je kurzwelliger das abgestrahlte Licht sein soll, desto höher muss die Temperatur sein. Verwendet werden sogenannte Glühstäbe (Glowbar). Diese sind meist aus Siliziumkarbid gefertigt und werden mit elektrischem Strom auf ca. 1500K aufgeheizt. Die Abbildungen zeigen den prinzipiellen Aufbau, das Aussehen eines neuen und eines bereits verwendeten Stabes.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 20

Spektrometer: Das Spektrometer dient dazu, aus der breitbandigen IR-Strahlung jenen Frequenzbereich herauszufiltern, welcher für die Spektroskopie benötigt wird. Bei konventioneller IR-Spektroskopie wird dabei ein möglichst schmalbandiger Bereich herausgefiltert, für den die Stärke der Absorption bestimmt wird. Dann wird die nächste Frequenz vom Spektrometer eingestellt und auf diese Art die frequenzmäßige Intensitätsverteilung der IR-Strahlung bestimmt. Dafür werden konventionelle Spektrometer verwendet, welche durch ein dispersives Element das IR-Licht spektral zerlegen. Dabei kann das Spektrometer vor, oder nach der Probe in den Strahlengang eingefügt werden.

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Prismen-Spektrometer:

Gitter-Spektrometer: Das Gitterspektrometer ist ähnlich dem Prismenspektrometer aufgebaut, verwendet allerdings als dispersives Element anstelle eines Prismas ein Strichgitter. Unkonventionelle Spektrometer: Nachteilig bei den konventionellen Spektrometern ist der Umstand, dass von der ganzen Strahlungsleistung nur ein winziger Bruchteil, nämlich jener der bei der gewünschten Frequenz liegt, tatsächlich für die Spektroskopie benützt wird. Da die IR-Detektoren nicht sehr empfindlich sind und stark Rauschen ist es günstiger, möglichst hohe Strahlungsleistung auf die Detektoren zu bekommen um ein besseres Signal-Rausch Verhältnis zu bekommen. Man geht daher zur Verwendung von breitbandigen Spektralbereichen über, welche verschieden moduliert werden. Liegt eine sinusförmige Modulation vor, welche kontinuierlich über den Spektralbereich verschoben wird, so kann mit einer Fouriertransformation auf die ursprüngliche Frequenzverteilung zurückgerechnet werden. Man nennt solche Spektrometer FourierTrasformInfraRot- Spektrometer (FTIR). FTIR- Spektrometer: Um eine sinusförmige Modulation der IR-Strahlung über den Frequenzbereich zu bekommen, verwendet man ein Michelson-Interferometer. Durch Bewegung des einen Spiegels entlang der x-Richtung, erzeugt man für unterschiedliche Frequenzen ω Auslöschung bzw. konstruktive Interferenz. Am Ausgang des Interferometers liegt das elektrische Feld des 1.Strahles mit tEE ωω cos)( 11

rr= vor. Ist x der Wegunterschied des 2.Strahles bezüglich des

1.Strahles (dies entspricht einer Bewegung des einen Spiegels um die Strecke x/2), so liegt

das elektrische Feld des 2.Strahles phasenverschoben mit

+=

cxtEE ωω cos)( 22

rr vor. Der

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 22

Detektor sieht das zeitliche Mittel des Quadrates der Gesamtfeldstärke, welches wir hier Intensitätsdichte dI nennen wollen (Maßsystem bedingte Vorfaktoren werden hier nicht berücksichtigt, da sie keinen Einfluss auf das Endergebnis haben): ( )221 )()()( ωωω EEdI

rr+= .

Die eckigen Klammern symbolisieren dabei die zeitliche Mittelung. Daraus ergibt sich:

+⋅+

++=

cxttEE

cxtEtEdI ωωωωω coscos2coscos)( 21

222

221

rrrr.

Mit Hilfe des Ergebnisses, dass die Mittelung über das Quadrat des Kosinus oder Sinus unabhängig einer zusätzlichen Phase ½ gibt und des Produktes von Sinus und Kosinus Null gibt, und des Additionstheorems trigonometrischer Funktionen erhält man:

( )

( ) .cos

sinsincoscoscos2)(

2122

212

1

221

22

212

1

++=

=

++=

cxEEEE

cxtt

cxtEEEEdI

ω

ωωωωωω

rrrr

rrrr

fester Spiegel

Beamsplitter

Strahl 2 Strahl 1

S(ω) beweglicher Spiegel

x

Interferenz Die vor Eintritt in das Interferometer vorliegende spektrale Verteilung S(ω), welche ebenfalls einer Intensitätsdichte entspricht, wird durch den Beamsplitter in zwei Strahlen aufgeteilt, deren Summe der ursprünglichen Intensität entsprechen muss. Dadurch gilt:

( ) ( ) )(1)()()()( 2222

212

122

21 ωαωαωωω EEEEEES

rrrrrr−+=+=+= .

Dabei wurde noch die Aufteilung des Strahles durch den Strahlteiler (Beamsplitter) mit dem Faktor α bzw. (1-α) berücksichtigt. Der Detektor liefert ein Signal, welches von der Lichtintensität aller Frequenzen verursacht wird. Demnach ergibt sich am Detektor:

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 23

( ) ( )∫∫∫∞∞∞

−+=

++==

0021

22

212

1)(

)0(

cos121)(cos)()( ωωααωωωω dcxSd

cxEEEEdIxI

dI

dI

rrrr

. Dieses Signal I(x) wird Interferogramm genannt. Die folgende Abbildung zeigt das Interferogramm für 3 verschiedene vorhandene Frequenzen mit gleicher Amplitude.

Ein tatsächliches Interferogramm, welches aus viel mehr verschiedenen Frequenzen mit unterschiedlicher Amplitude zusammengesetzt ist, ist meist etwas komplizierter, ähnlich wie es in der nächsten Abbildung dargestellt ist.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 24

Um nun aus dem Interferogramm ( )∫∞

−+=

0

cos121)()( ωωααω dcxSxI das

ursprüngliche Spektrum S(ω) zu erhalten, muss es auf folgende Weise mathematisch behandelt werden: Zunächst muss das Interferogramm so manipuliert werden, dass durch eine geeignete Rücktransformation das Spektrum erhalten wird. Dazu wird zunächst angenommen, dass das Spektrum auch für negative Frequenzen in gleicher, symmetrischer Weise existiert, also S(ω)=S(-ω). Weiters ziehen wir vom Interferogramm den konstanten, nicht mit x oszillierenden Anteil ab. Wir betrachten also

( ) ∫∫∞

∞−

−=

−= ωωααωω

ω

deSdSxIxI cxi

)(12)()(2)(0

'

( )

. Aufgrund unserer symmetrischen

Erweiterung S(ω)=S(-ω) konnten wir den Kosinus durch die komplexe Darstellung direkt ersetzen, da der Imaginäranteil in der Intergration Null ergibt und somit unerheblich ist. Das in letzter Gleichung angeschriebene modifizierte Interferogramm entspricht mathematisch genau einer Fourier-Transformation des ursprünglichen Spektrums, und mit der

Rücktransformations: ∫∞

∞−

−= exIS c

xiω

ααω )(

121)( ' dx erhält man wiederum das

ursprüngliche Spektrum. Dass diese mathematische Transformation tatsächlich auf das ursprüngliche Spektrum führt kann man leicht nachprüfen, indem man das rücktransformierte Spektrum in die ursprüngliche Fouriertransformation einsetzt. Man erhält:

( ) ( )===−= ∫ ∫∫ ∫∫

∞−

∞−

−∞

∞−

∞−

−∞

∞−

''''''''

'

)()()(12)( dxdexIdedxexIdeSxIxx

ci

cx

icx

icx

iωωωωαα

ωωωω

( ))()()()( ''''''''

'

xIdxxxxIdxdexIxx

ci

=−=

= ∫∫ ∫

∞−

∞−

∞−

−δω

ω

.

Zur besseren Unterscheidung der beiden x-Variablen wurde die x’-Variable eingeführt. Die Integration über die Frequenz kann gleich ausgeführt werden und liefert nur für x = x’ einen unendlichen Funktionswert, ansonsten Null. Dies entspricht der Deltafunktion, wodurch das Integral über x’ gelöst werden kann. Für das oben gezeigte Interferogramm erhält man dann das Spektrum, wie es in der nächsten Abbildung gezeigt ist. Es handelt sich dabei um die Emission der IR-Lampe, wie sie im FTIR-Spektrometer vom Detektor gesehen wird.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 25

Für die praktische Durchführung stehen allerdings die Intensitätswerte des Interferogrammes nicht für beliebige Verschiebungen x/2 des Spiegels zur Verfügung, wodurch die Rücktransformation nicht in der gewünschten mathematischen Genauigkeit durchgeführt werden kann. Ein reales Interferometer wird nur über eine Länge L den Spiegel verschieben können und außerdem nur an ganz diskreten Punkten Intensitätswerte liefern. Demnach ist der x-Bereich (Bereich des Phasenunterschiedes) auf diskrete Werte LxL j <≤− mit j=1,2,....N eingeschränkt. Anstelle der kontinuierlichen Fouriertransformation steht uns nur die diskrete

Fouriertransformation: ( ) ∑

=

−=

N

j

xc

i

jlj

l

exIN

S1

' )(1121)(

ω

ααω als Rücktransformation zur

Verfügung. Dadurch erhält man auch nicht genau das ursprüngliche Spektrum, sondern nur

für ganz bestimmte Frequenzwerte LcN

LcN

l 22πωπ

<≤− mit l=1,2,....N. Demnach ergibt sich

ein begrenztes Auflösungsvermögen Lcπω =∆ , welches von der Länge der Spiegelbewegung

(Hub) abhängig ist. Ebenfalls ergibt sich die maximale Frequenz zu LcN

2maxπω = , welche bei

vorgegebenen Hub des Spiegels von der Anzahl an Messpunkten im Interferogramm abhängig ist. Unabhängig von diesen durch die mathematische Behandlung vorgegebenen Grenzen, wird die Qualität des erhaltenen Spektrums noch vom Rauschen, der mechanischen Reproduzierbarkeit und der Qualität der optischen Komponenten beeinflusst. Um nun ein FTIR Spektrometer, welches ja extrem empfindliche optische Teile wie, z.B. das Interferometer beinhaltet, welches eine mechanische Genauigkeit von Bruchteilen der Wellenlänge aufweisen muss, für den praktischen Betrieb robust genug aufzubauen, verwendet man noch einen kleinen Laser, dessen Laserstrahl ebenfalls durch das Interferometer geschickt wird und dessen Interferogramm auf einem eigenen kleinen Detektor überwacht wird. Daraus werden dann die nötigen Justierbefehle an die Spiegel des Interferometers gegeben, wodurch eine Justierung und Überwachung vorgenommen werden

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 26

kann. Weiters ist daraus auch die genaue Position des beweglichen Spiegels bekannt. Die nächste Abbildung zeigt den praktischen Aufbau eines FTIR Spektrometers. Dabei bedeuten die einzelnen Komponenten: 1) Glowbar (Lichtquelle), 2) Umlenkspiegel, 3) Chopper (dadurch kann das Signal, welches vom Glowbar ausgeht, am Detektor von anderen Signalquellen unterschieden werden), 4) Umlenkspiegel, 5) Beamsplitter (Strahlteiler) des Interferometers, 6) fester Spiegel, 7) beweglicher Spiegel, 8) Umlenkspiegel, 9) Probenraum, 10) Probe, 11) Umlenkspiegel, 12) Detektor, 13) Justierlaser, 14) Aufweitoptik, 15) Umlenkspiegel, 16) Auskoppelspiegel, 17) Detektor zur Kontrolle des Justierlasers.

Die nächste Abbildung zeigt das Foto des Innenlebens eines realen FTIR-Spektrometers, wobei die genaue Anordnung der einzelnen Komponenten ersichtlich ist.

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IR-Detektoren: Fotodioden: Diese sind die einfachsten Detektoren, welche Licht direkt in elektrische Leistung umwandeln (Solarzellen). Die dabei erfassten Frequenzen des Lichtes hängen vom Bandabstand (Gap) des verwendeten Materials ab. Je geringer das Gap, desto kleinere Energien der Photonen (kleinere Frequenzen) können nachgewiesen werden. Siliziumdioden können daher nur im sichtbaren Bereich verwendet werden. Wird anstelle Si Germanium verwendet, so kann der nahe IR-Bereich erfasst werden. Wegen ihrer recht hohen Empfindlichkeit werden diese Ge-Detektoren vor allem in der FTIR-Raman-Spektroskopie eingesetzt, wo auch der eng begrenzte Spektralbereich dieser Detektoren nicht allzu störend ist. Die sogennanten MCT Detektoren bestehen aus Mercury Cadmium Telluride (manchmal auch MgCdTe) und weisen bei entsprechender Kühlung einen besonders weiten spektralen Empfindlichkeitsbereich auf. Je geringer das Gap ist, desto leichter kann eine elektronische Anregung nicht nur durch ein Photon, sondern auch thermisch erfolgen. Deswegen müssen

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 28

empfindliche Detektoren um so mehr gekühlt werden, je geringer die nachzuweisende Frequenz des Lichtes sein soll. Pyroelektrische Detektoren: Thermische Detektoren benützen eine absorbierende Schicht, an der die Strahlungsleistung des Lichtes in Wärme umgewandelt wird. Vorteil ist der breite spektrale Einsatzbereich, da die absorbierende Schicht leicht für einen weiten Spektralbereich herstellbar ist. Verwandelt man die entstehende Temperaturdifferenz in ein elektrisches Signal, z.B. mithilfe eines Thermoelementes oder einer Thermosäule, so können diese Detektoren mit breiter spektraler Empfindlichkeit ebenso leicht wie die Photodioden verwendet werden. Allerdings ist die Empfindlichkeit deutlich geringer. DTGS-Detektoren gehören ebenfalls zur Gruppe der pyroelektrischen Detektoren. Es handelt sich dabei um Ferroelektrika, die unterhalb der Curie-Temperatur eine spontane elektrische Polarisation aufweisen. Die Größe dieser elektrischen Polarisation ist von der Temperatur abhängig. Deswegen können kleine Änderungen der Temperatur zu Änderungen in der Polarisation führen, welche durch angebrachte Elektroden (bedampfte Flächen) als elektrischer Strom nachgewiesen werden kann. Als Detektormaterial wird meistens DTGS (deuteriertes Triglycinsulfat) verwendet. Detektoren dieses Typs sind in der FTIR-Spektroskopie sehr weit verbreitet. Sie können auch bei Temperaturen von etwa -40°C verwendet werden. Als Kühlung sind mehrstufige (elektrisch betriebene) Peltier-Kühler für diesen Temperaturbereich ausreichend, wodurch auf flüssige Stickstoffkühlung verzichtet werden kann. Durch den einfachen Aufbau, die elektrische Kühlbarkeit und den beliebig breiten, nutzbaren Spektralbereich sind DTGS-Detektoren die Standarddetektoren für die Routineanalytik. Allerdings gibt es noch andere thermische Detektoren, welche wesentlich empfindlicher sind. Einen Überblick über verschiedene elektrische Detektoren ist in folgender Abbildung dargestellt (Quelle, Hamamatsu). Dabei ist die Detektivität D* für verschiedene Detektoren über den Spektralbereich aufgezeichnet. Diese Detektivität ist ein Maß für das Signal/Rauschverhältnis normiert auf Bandbreite, Detektorfläche und einfallende Strahlungsleistung. Dies entspricht dem real verwertbaren Signal und kennzeichnet somit die Qualität der einzelnen Detektoren.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 29

Golay Detektor: Wesentlich empfindlichere thermische Detektoren können realisiert werden, wenn man auf die direkte Umwandlung der Temperaturänderung in ein elektrisches Signal verzichtet. Beim Golay-Detektor, dessen Aufbau schematisch in der folgenden Abbildung gezeigt ist, wird die IR-Strahlung durch ein Fenster 5) auf der Rückseite einer geschwärzten, dünnen Membran 4) absorbiert. Das zwischen Fenster und Membran eingeschlossene Gasvolumen (blau gezeichnet) wird dadurch etwas erwärmt und dehnt sich aus, was zu einer schwachen Wölbung der Membran führt. Diese Wölbung kann mit einer nachfolgenden optischen Anordnung nachgewiesen werden. Von einer Lampe 1) wird über eine Linse 2) ein Strichgitter 3) auf die verspiegelte Seite der Membran fokussiert und über Gitter 3) und Optik 2) auf den Detektor 6) (Photodiode) geleitet. Durch die Wölbung der Membran überlagert sich das reflektierte Bild des Strichgitters an unterschiedlicher Stelle mit dem tatsächlichen Strichgitter und führt je nach Wölbung zu unterschiedlicher Lichtleistung am Detektor 6), wodurch ein Signal proportional zur Wölbung und somit zur Temperatur und zur IR-Lichtleistung zu Verfügung steht. Dies etwas aufwendigere Art eines Detektors wird vor allem als besonders empfindlicher Detektor im ferneren IR-Bereich verwendet (weniger als 400cm-1).

Bolometer: Dieser extrem empfindliche Detektor für den fernsten IR-Bereich (wenige cm-1 sind damit erfassbar) arbeitet mit einem Germaniumdetektor, welcher mit flüssigem Helium gekühlt wird. Kalibrierung von IR-Spektrometern: Üblicherweise sind die Spektrometer vom Hersteller aus bereits fertig justiert und kalibriert und der selbstjustierende Aufbau heutiger FTIR-Geräte erfordert noch kaum Eingriffe des Anwenders. Es kann aber niemals schaden, sich von der Genauigkeit der Geräte selbst zu überzeugen. Am einfachsten ist dies mittels Justiersubstanzen, deren Absorptionsbanden in Frequenz und Intensität tabelliert sind. Die ist z.B. Polystyren, IUPAC (Butterworth – London 1961), deren typische IR-Banden in folgender Tabelle angegeben sind.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 30

Praktische Durchführung der IR-Spektroskopie: Bei der praktischen Durchführung unterscheidet man, ob man Reflexion oder Transmission messen will. In beiden Fällen wird zunächst das Spektrum ohne Probe als Referenz aufgenommen. Dann wird das Spektrum mit Probe in Transmission oder Reflexion gemessen und das Verhältnis zum Referenzspektrum angegeben. Dadurch erhält man entweder den Reflexionsgrad (0 bis 1 oder 0% - 100%) oder den Transmissionsgrad (1 – 0 oder 100% bis 0%). Für die Reflexionsmessungen muss eine gute Probenoberfläche vorliegen und ist meist für besonders präparierte Festkörper geeignet. Transmission wird für Flüssigkeiten und Pulverproben verwendet, wobei letztere mit KBr verpresst stabile Pillen ergibt. Interpretation der IR-Spektren: Zunächst kann sowohl das Reflexionsspektrum als auch das Transmissionsspektrum zur Charakterisierung der Probe herangezogen werden und im Sinne der „finger print“ Methode interpretiert werden. Für eine weitergehende Analyse ist zunächst das Reflexionsspektrum geeigneter, weil es direkter mit physikalischen Größen verknüpft ist. Im folgenden soll hier eine kurze Herleitung des optischen Verhaltens von Materie mit Hilfe der Maxwell´schen Gleichungen in Materie gegeben werden.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 31

In Materie mit einer Ladungsdichteverteilung ρ und einer örtlichen Stromdichte lauten die Maxwell'schen Gleichungen für jeden Ort:

jv

( )( ) 0=∇

=∇∂∂

−=×∇

∂∂

+∂∂

=∂∂

+=∂∂

+=×∇

B

DtBE

tD

tP

tDv

tDjH j

j

rr

rr

rrr

rrrr

rrrr

ρ

ρ

Wiederum ist die Form dieser Gleichungen nicht unabhängig vom gewählten Maßsystem; hier sind sie für das SI-System angeschrieben. Es ist anzumerken, daß eine gewisse Willkür in der Aufteilung zwischen Ladungsdichteverteilung und Stromdichte liegt. Die hier extra auftretende Stromdichte ist dabei nicht die zeitliche Änderung der Ladungsdichteverteilung der 3. Maxwell'schen Gleichung in einer bestimmten Richtung (dies wäre ja bereits in der zeitlichen Änderung der dielektrischen Verschiebung berücksichtigt) sondern meint zusätzliche Ladungen, die für die makroskopische Leitfähigkeit verantwortlich sind (nichtredundante Aufteilung der Ladungsdichte). Andernfalls wären die Gleichungen inkonsistent weil Stromdichte und zeitliche Änderung der Polarisation, welche ja in der dielektrischen Verschiebung enthalten ist, redundant wären. Diese Willkür (bzw. Redundanz) ist auch der Grund für die noch später gezeigte Beziehung zwischen elektrischer Leitfähigkeit und Dielektrizitätskonstante. Die Maxwell'schen Gleichungen sind Vektorgleichungen, welche in Komponenten 12 unabhängige Gleichungen darstellen. Sie besitzen jedoch 16 Unbekannte (bzw. 13 Unbekannte bei Vernachlässigung der Stromdichte) und sind daher ohne Zusatzbedingungen nicht lösbar. Diese Zusatzbedingungen stellen die Materialgleichungen und die Kontinuitätsgleichung dar:

( )

0

00

00

=∂∂

+∇

=∂∂

==

+==

+==

tj

Et

Pvj

MHHB

PEED

j

jj

ρ

ρ

µµ

εε

rr

rr

rr

rrrr

rrrr

σ

µ

ε

Zu beachten ist, dass die Materialgrößen dielektrischer Tensor , magnetische Permeabilität εµ und elektrische Leitfähigkeit σ komplexe Tensoren 2. Stufe sind, deren Komponenten von vielen weiteren Parametern wie z.B. Frequenz, Temperatur, Druck, etc. abhängen. Die zusätzliche Berücksichtigung der Kontinuitätsgleichung ist nur im Fall der Verwendung der Stromdichte notwendig und bezieht sich auch nur auf die Ladungsträgerdichte, welche die Stromdichte verursacht. Ansonsten ist die Kontinuitätsbedingung bereits in der 3. Maxwellgleichung (Coulomb'sches Gesetz) enthalten. Ebenso ist auch die Leitfähigkeitsbeziehung nur dann als Materialgleichung notwendig, falls eine Stromdichte verwendet wird. Falls die Stromdichte bereits in der zeitlichen Änderung der dielektrischen Verschiebung berücksichtigt ist, kann man leicht zeigen, dass der elektrische Leitfähigkeitstensor mit dem dielektrischen Tensor in folgendem Zusammenhang steht:

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 32

( ) ( ) ( ) EEt

EEtt

EDtPj

rrrrrrr

rσ1εε =

∂∂

−=−∂∂

=∂−∂

=∂∂

= 0000 εεεε

Aus den ersten beiden Maxwellgleichungen lässt sich folgende Beziehung ableiten, wenn für magnetisch isotrope Materialien genähert wird ( µµ ≅≅ 1µ ):

( ) ( )

2

2

000

000

tE

tE

tDE

tH

tH

tE

∂∂

−∂∂

−=

=

∂∂

+∂∂

−=×∇∂∂

−≅×∇∂∂

−=×∇×∇

rr

rrrrrrrrr

εµµµµ

µµµµµ

εσ

σµ

Mit Hilfe der Vektoridentität für rot rot erhält man:

( ) 2

2

000 tE

tEEEE

∂∂

−∂∂

−=∆−∇∇=×∇×∇rr

rrrrrrrεµµµµ εσ .

Dies ist die sogenannte Wellengleichung, weil ihre Lösungen ebene Wellen des elektrischen Feldes sind. Mit dem Ansatz ( rktieE )rr+ω

r für das elektrische Feld erhalten wir:

( ) EEiEkEkk

rrrrrrr00

20

2εµµωωµµ εσ +−=+−

Diese Vektorgleichung entkoppelt in die einzelnen Komponenten wenn ε und diagonal sind, was wir der Einfachheit halber im weiteren annehmen wollen. Weiters können wir auch den Term der elektrischen Leitfähigkeit vernachlässigen, da er durch ε bereits dargestellt werden kann. Wir erhalten somit die nicht gekoppelten Gleichungen:

σ

( ) EEkkEk

rrrrrr00

22µµεω ε=−

Für Transversalwellen mit TOk

r ( ) 0=EkTO

rr liefert dies die bekannte Wellengleichung mit der

Ausbreitungsgeschwindigkeit 00

1µµεε

=v

0

, während für Longitudinalwellen k die linke

Seite verschwindet wodurch entweder

LO

r

=ε oder 0=µ sein muss. Aus der Definition des absoluten Brechungsindex als Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit zur

Vakuumlichtgeschwindigkeit 00

1µε

=c können wir sofort ablesen: εµ=n . Der

Brechungsindex ist ebenfalls ein Tensor 2. Stufe und die Wurzelbeziehung zu dem dielektrischen Tensor und der magnetischen Permeabilität bezieht sich abhängig von der vorliegenden Symmetrie auf Kombinationen der einzelnen Komponenten. Ebenso sind die Komponenten des Brechungsindex komplex und können Funktionen weiterer Größen wie z.B. Frequenz, Temperatur, Druck etc. sein. Die Leitfähigkeit lässt sich ebenfalls aus dem dielektrischen Tensor ableiten, denn für tieE ω−

r erhält man:

( ) (Et

E ) Eirrr

0ε0ε 11εσ −−=∂∂

−= ω ε woraus sich ( )1 (1ε − )εσ =−−= 00 ωεωε ii ergibt. Das

Vorzeichen wurde dabei passend für den späteren Vergleich mit der dielektrischen Funktion

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 33

gewählt. Auch der Fall der Absorption elektromagnetischer Strahlung ist bereits im dielektrischen Tensor bzw. im komplexen Brechungsindex enthalten. Betrachten wir dazu nochmals die Konsequenz der transversalen Wellengleichung (anstelle der Vektorgrößen nur die einzelnen Komponenten bzw. Beträge):

cnk

bzw. ( )irr

ir ic

inikk ωωκ+

+=+ .

Demnach führt ein Imaginärteil in n zu einem Imaginärteil in ω und/oder k. In einer ebenen Welle ( ) ( ) ( )rktirktrkirktitirkti rriiirir eeeEeEeE

rrrrrrrrrr rrr+−−++++ == ωωωωω bedeutet dabei der

Imaginärteil in ω zeitliche Dämpfung, während der Imaginärteil in k räumliche Dämpfung beschreibt. Nehmen wir den Fall an, dass eine zeitlich nicht abklingende Welle (kein Imaginärteil in ω) auf ein Medium trifft mit einem nicht verschwindenden

Imaginärteil des Brechungsindex. Der Imaginärteil von k lautet dann: c

kiκω

= und

führt zu einer örtlich gedämpften Welle mit endlicher Eindringtiefe: r

crk eEeE i

κω−− =

rr.

Betrachten wir nun die Intensität der elektromagnetischen Welle, welche dem Quadrat des elektrischen Feldes proportional ist so, erhalten wir:

rceIκω22

)0(−

=

rceIrIκω

)0()(−

= . Dies entspricht dem bekannten Lambert-Beer’schen

Gesetz und die darin definierte Absorptionskonstante ergibt sich zu:

λωπκωωκωα )(4)(2)( ==

c.

Damit kommt dem dielektrischen Tensor eine sehr zentrale Rolle zu, da er sämtliche elektrische und optische Eigenschaften wie Leitfähigkeit, Brechungsindex, Absorption etc. bestimmt. Deswegen soll im weiteren die Frequenzabhängigkeit des komplexen dielektrischen Tensors untersucht werden. Dazu gehen wir von der einfachen Modelvorstellung aus, dass eine Ladung q mit Masse m als gedämpfter harmonischer Oszillator durch ein von außen angelegtes elektrisches Feld E zu erzwungenen Schwingungen angeregt wird. Die klassische Bewegungsgleichung in einer Dimension lautet:

Eqfxxmxm =++ &&& γ Wenn das elektrische Feld zeitlich oszilliert, tieE ω−

r, bekommt man die Lösung für x mit dem

Ansatz . tixe ω−

mEqx

mfxix =+−− ωγω 2 und

ωγωωωγωω

imEq

mfim

Eqx−−

=+−−

= 2202

11)( .

Dies entspricht der Frequenzabhängigkeit der komplexen Amplitude einer erzwungenen Schwingung eines gedämpften harmonischen Oszillators. Da hier aber eine Ladung schwingt,

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 34

ist mit der Schwingung ein oszillierendes Dipolmoment p verbunden, welches pro Volumen V betrachtet zu einer makroskopischen Polarisation P beiträgt:

( )EEiVm

EqV

qxV

pP 1)()(1)()()( 00220

2

−==−−

=== ωεεωχεωγωω

ωωω .

Diese Polarisation ist jedoch wieder über die dielektrische Suszeptibilität bzw. die dielektrische Konstante mit dem elektrischen Feld verbunden, wodurch wir die gesuchte Frequenzabhängigkeit der dielektrischen Konstante (die keine Konstante mehr ist und daher dielektrische Funktion genannt wird) bzw. der Komponenten des dielektrischen Tensors bestimmt haben:

ωγωωεωε

iVmq

−−+= 22

00

2 11)( .

Daraus ergibt sich der Real- und Imaginärteil zu:

( ) ( )22220

220

0

2

1)(ωγωω

ωωε

ωε+−

−+=

Vmq

r , ( ) ( )222200

2

)(ωγωω

ωγε

ωε+−

=Vmq

i

In den nächsten Abbildungen ist der prinzipielle Verlauf von Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion für verschiedene Dämpfungen gezeigt.

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

ε r

ω/ω0

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,50

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

ε i

ω/ω0

Fig. 3.1: Realteil der dielektrischen

Funktion Fig. 3.2: Imaginärteil der

dielektrischen Funktion Für den komplexen Brechungsindex und den Absorptionskoeffizienten erhalten wir:

2εε +

= rrn ,

2εε

κ+−

= r und 2

2 εεωα+−

= r

c.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 35

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,50

1

2

3

4

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

Brec

hung

sind

ex n

r

ω/ω0

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

Abso

rptio

nsko

effiz

ient

[willk

. Ein

heite

n]

ω/ω0

Fig. 3.3: Realteil des Brechungsindex

Fig. 3.4: Absorptionskoeffizient

Der komplexe Brechungsindex bestimmt dabei vollständig den Durchgang, Reflexion und Absorption von elektromagnetischer Strahlung durch Materie. Brechung und Reflexion werden dabei durch die Fresnell'schen Formeln beschrieben. Im einfachen Fall von Reflexion senkrecht zur Oberfläche erhält man:

22

22

)(1)()(1)()(

ωκωωκωω

+++−

=nnR .

Ebenso kann man die dielektrische Funktion auf eine Leitfähigkeit umschreiben. Für den Realteil erhalten wir:

( ) ( )22220

22

0 )()(ωγωω

γωωωεω+−

==Vmq

ir εσ .

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,50,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

Ref

lexi

onsg

rad

R

ω/ω0

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

γ=0,5ω0

γ=0,05ω0

γ=0,1ω0

Leitf

ähig

keit σ

[willk

. Ein

heite

n]

ω/ω0

Fig. 3.5: Reflexionsgrad bei senkrechtem Einfall

Fig. 3.6: Realteil der Leitfähigkeit

Es ist nun offensichtlich, dass die direkte Messung eines Reflexionsspektrums mit nahezu senktrechtem Lichteinfall direkt in den optischen Größen des komplexen Brechungsindex interpretierbar ist und dem prinzipiellen Verhalten eines einzelnen mit Ladung behafteten

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 36

Oszillators entspricht, wie es in Fig.3.5 dargestellt ist. Etwas komplizierter gestaltet sich die Interpretation der Transmissionsspektren, da hier Reflexion und Absorption gleichzeitig vermischt bestimmt werden. Für das Transmissionsspektrum würden wir unter Berücksichtung von Reflexion an beiden Probenoberflächen und Absorption über die Dicke d der Probe erhalten:

( ) dT eRIdI )(2)(1)0()( ωαω −−= .

Meist trägt man die sogenannte „absobance“ bei einem Infrarotspektrum auf, welche durch

( ))(1ln2)()0()(

ln ωωα RdI

dIT −−=−

definiert ist. Diese ist nur unter Vernachlässigung der Reflexion vorwiegend durch den frequenzabhängigen Absorptionskoeffizienten gegeben, wie er für einen einzelnen mit Ladung behafteten Oszillator in Fig. 3.4 gezeigt ist. Im allgemeinen liegt sowohl im Reflexionsspektrum als auch im Transmissionsspektrum Mehrfachreflexion und Interferenz einer Probe mit Dicke d vor, wodurch die genaue quantitative Interpretation der IR-Spektren noch weiter erschwert wird. Abschließend soll noch erwähnt werden, dass leider nicht immer einheitliche Bezeichnungen und Definitionen bei den optischen Größen verwendet werden. Oft wird der komplexe Brechungsindex auch mit n(1-ik) angesetzt, wobei k als Absorptionsindex (oder auch extinction coefficient), κ=nk als Absorptionskoeffizient (oder auch absorption constant) und α(ω)=4πnk/λ als Absorptionskonstante (absorption coefficient) bezeichnet wird.

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4. Einführung in die Raman-Spektroskopie

Was ist Raman Streuung? Raman Streuung ist eine optische Untersuchungsmethode, welche, vor allem durch die Entwicklung der Laser und hoch empfindlicher Detektoren (Photomultiplier, CCD-Kameras), zu einer sehr universellen, recht leicht realisierbaren und äußerst informativen Spektroskopieart entwickelt wurde. Ihr Anwendungsgebiet reicht von der Atom-, Molekül-, Festkörperphysik über die chemische Analytik, Pharmazie, Mineralogie, Geologie, Biologie bis hin zu den Umweltwissenschaften. Alle zwei Jahre findet eine internationale Tagung über das Gebiet der Raman-Spektroskopie statt. Jährlich erscheinen ca. 5000 wissenschaftliche Arbeiten, welche dem Gebiet der Ramanspektroskopie zugeordnet werden können. Historisch: Der Raman Effekt wurde von Smekal theoretisch vorhergesagt (1923) und ist von Sir C.V.Raman experimentell erstmals beobachtet worden (1928).

Prinzip: Der Raman Effekt besteht darin, dass Licht, welches an Materie gestreut wird, Information über die Anregungen der Materie übertragen bekommt. Am auffälligsten ist dabei, dass die Frequenz (Energie) des gestreuten Lichtes sich um genau die Anregungsfrequenzen (Anregungsenergien) der Materie ändert. Dies ist aber ein sehr schwacher Prozess bei dem nur ca. 10-8 der einfallenden Photonen (dies entspricht ca. 10-8 der einfallenden Leistung) betroffen sind. Dadurch werden besondere experimentellen Voraussetzungen gefordert, um diese wenigen Photonen (geringe Lichtleistung) in der Nähe der vielen unveränderten Photonen („normal“ gestreutes Licht) auch noch genau genug nachweisen zu können. Obwohl der Raman Effekt bereits auf einfache klassische Amplitudenmodulation der einfallenden Welle plausibel gemacht werden kann, erfordert eine genauere und realistischere Betrachtung eine volle quantenmechanische Behandlung sowohl der Materie als auch der elektromagnetischen Strahlung (Photonen). Dies setzt ein tieferes Verständnis des Aufbaues der Materie und ihrer Wechselwirkung mit dem elektromagnetischen Strahlungsfeld voraus. Deswegen ist die Ramanspektroskopie meist viel schwieriger verständlich als die IR-Spektroskopie, welche schon mit recht einfachen mathematischen Ableitungen zufriedenstellend beschrieben werden kann.

P. Knoll, Vorlesung: Raman- und Infrarot- ........ 2std. SS 2003 Seite 38

Der experimentelle Aufbau eines Raman-Streuexperimentes Die folgende Abbildung zeigt einen Aufbau für Micro-Ramanspektroskopie mit einem Triple-Spektrometer und Multichannel- Detektionssystem. Der Laser wird dabei direkt auf die Probe unter dem Ramanmikroskop fokussiert; in diesem Fall eine Diamant-Druckzelle. Üblicherweise wird auch bei Gaslasern ein Filter zur Unterdrückung der Plasmalinien in den Strahlengang des Lasers gegeben. Das gestreute Licht wird dann vom Mikroskop erfasst und in den Eingangsspalt S1 des Spektrometers fokussiert. Dieses besteht hier aus 3 Gittern, welche durch Hohlspiegeln optisch im Strahlengang miteinander verbunden sind. Die ersten beiden Gitter arbeiten dabei in ihrer Dispersion (Zerlegung des Lichtes in seine spektralen Anteile) subtraktiv, das heißt, dass nach den beiden Gittern keine effektive Zerlegung des Lichtes in seine spektrale Anteile stattgefunden hat. Der Sinn dieser Anordnung besteht darin, dass zwischen den beiden Gittern ein breiter Spalt S2 angeordnet werden kann, wodurch beide Gitter einen optischen Bandpass darstellen, der nur den bereich des zu untersuchenden Raman-Lichtes durchlässt und vor allem die Laserfrequenz sehr effektiv herausfiltert. Dieses gefilterte Licht steht dann nach dem Spalt S3 zur Verrfügung und wird mit dem 3.Gitter (hier in der Abbildung kann zwischen 3 verschiedenen Gittern gewählt werden) spektral zerlegt und von einem optischen Multichannel – Ananlysator (OMA) erfasst werden. In heutigen modernen Spektrometern werden als OMA-Detektoren mit flüssigem Stickstoff gekühlte CCD-Kameras verwendet, welche nach geringem Rauschen und hoher Empfindlichkeit ausgewählt sind. Üblicherweise wird das Signal der Detektors an einen Computer zur Datenerfassung weitergegeben, welcher auch die Steuerung der Position der Gitter übernimmt.

S1

S3

S2

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