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1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit – Fundamente unseres Handelns Heiner Klocke 1 Heiner Klocke / 22.03.2006 Kognitive Psychologie Wahrnehmung Gedächtnis Lernen Motivation Emotionen Denken Heiner Klocke / 22.03.2006 2 Emotionen

Wahrnehmung und Aufmerksamkeit – Fundamente unseres … · Lenkung der Aufmerksamkeit auf das spezifische Sinnesmaterial. Heiner Klocke / 22.03.2006 26. 14 Psychophysik visuelles

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Wahrnehmung und Aufmerksamkeit –Fundamente unseres Handelns

Heiner Klocke

1Heiner Klocke / 22.03.2006

Kognitive Psychologie

WahrnehmungGedächtnis

Lernen

MotivationEmotionen

Denken

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Emotionen

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Motivationspsychologie

… beschäftigt sich mit den Gründen des Verhaltens und Handelns von Menschen. Es geht um das "Warum" des Verhaltens. Oder besser noch: um das "Wozu"Oder besser noch: um das Wozu .

… betrachtet das Verhalten und Erleben des Menschen von einem bestimmten Standpunkt aus, nämlich indem sie nach den Zielen fragt, die menschlichen Aktivitäten zugrunde liegen.

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Zitate zu Verhalten

"Je vertrauter und alltäglicher eine Verhaltensweise ist, desto problematischer wird ihre Analyse." Desmond Morris, Liebe geht durch die Haut

"Die Menschen müssen sich so verhalten, dass sie sich nicht zu rechtfertigen brauchen, denn eine Rechtfertigung setzt immer einen Fehler oder die Vermutung eines Fehlers voraus.„

Heiner Klocke / 22.03.2006 4

g „

Niccolò Machiavelli, Briefe an die Zehn, 11. April 1505

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Psychophysik

visuelles SystemAufmerksamkeit

Wahrnehmung

visuelles System

Helligkeits- und Farbwahrnehmung

Raum- und

Konstanzleistungen

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Formwahrnehmung

Wahrnehmung und Wahrnehmung(en)

– Prozess der bewussten Informationsaufnahme über Sinne

– aufgenommene und ausgewerteteaufgenommene und ausgewertete Informationen

Die Fähigkeit zur Sinneswahrnehmung kann bewusst durch Aufmerksamkeit gesteigert werden. sensorische

GedächtnisseLangzeit-

gedächtnis

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Gedächtnisse

Arbeits-gedächtnis

gedächtnis

Aufbereitungfür das AG

Aufbereitungfür das LG

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Wahrnehmung …

… das unsichere Fundament unseres Handelns.

Wahrnehmung schafft Realität.

Die Qualität unserer Wahrnehmung hat entscheidenden Einfluss auf die Qualität unseres Handelns.

Keine objektive Erkenntnis

Die Wahrheit ist dem menschlichen Erkenntnisvermögen prinzipiell unzugänglich; nur bei unmittelbar

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beobachtbaren Sachverhalten ("Die Blume ist rot") könnten wir zweifelsfrei feststellen, ob eine Aussage wahr oder falsch ist. (Sokrates 470 -399 v. Chr.)

In der Psychologie und Physiologie

… ist Wahrnehmung die Summe der Schritte

Aufnahme,

Interpretation,

Auswahl und

Organisation

von sensorischen Informationen

f

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und zwar nur jener Informationen, die zum Zwecke der Anpassung (Adaption) des Wahrnehmenden an die Umwelt oder deren Veränderung (Modifikation) aufgenommen werden.

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In der Philosophie

… wird die Wahrnehmung streng von der Kognition unterschieden und bezeichnet das sinnliche Abbild der objektiven Realität imsinnliche Abbild der objektiven Realität im Zentralnervensystem von Lebewesen.

Die Wahrnehmung in der Philosophie beinhaltet auch die Beziehungen der erfassten Objekte.

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Wahrnehmungsqualitäten

VisuellAuditivHaptisch

Kinästhetisch (Körperstellung)Taktil (Druck, Berührung, Vibration)

OlfaktorischGustatorischVestibulär (Gleichgewicht)Trigeminal (Wahrnehmung im Gesicht wie Wind, Wärme …)Thermisch (Kälte und Wärme)

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Thermisch (Kälte und Wärme)Vibratorisch

Zeitwahrnehmung (keine Sinneswahrnehmung)

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Zeitwahrnehmung

… entsteht durch kognitive Vorgänge.

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Erklärungsmodelle der Wahrnehmung

Zum Wahrnehmen und Verstehen von komplexen Vorgängen werden so genannte mentale Modellevom Wahrnehmenden geschaffenvom Wahrnehmenden geschaffen.Darunter versteht man unter Anderem logische Verknüpfungen, kurze Bilder und Filme aus Erinnerungen und Erfahrungen, die vor dem geistigen Auge des Wahrnehmenden aufgebaut werden, um so eine Repräsentation der für die Realität relevanten Aspekte und ihrer

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Realität relevanten Aspekte und ihrer dynamischen Wechselwirkungen im Gehirn zu schaffen.

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Wahrnehmungs- und Kognitionspsychologie

Wahrnehmungspsychologie. Untersucht alle psychologischen Fragestellungen der Wahrnehmung.

Psychophysik. Untersucht den Zusammenhang zwischen objektiven physikalischen Reizen und den subjektiven psychologischen Empfindungen.

Gestaltpsychologie. Untersucht die Gesetzmäßigkeiten der visuellen

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gWahrnehmung.

Kognitionspsychologie. Untersucht u.a. die kognitive Verarbeitung der Wahrnehmung; überschneidet sich hier mit der Wahrnehmungspsychologie.

Repräsentation im Kopf

Die äußere Welt erfahren wir durch unsere Sinne: Wir hören, sehen, fühlen, schmecken und riechen, was da draußen ist In unserem Kopf entsteht einewas da draußen ist. In unserem Kopf entsteht eine Repräsentation dieser Eindrücke.

Die Wahrnehmungspsychologie befasst sich mit Sinneseindrücken, mit dem Zusammenhang zwischen einem externen Reiz und seiner mentalen Repräsentation.

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Informatik und Kognition

Von besonderer Bedeutung ist die Wahrnehmung auch immer wieder für die Informatik und die sensorischen Teilgebiete der Physik. Es lassen sich dabei drei Interessengebiete unterscheiden:dabei drei Interessengebiete unterscheiden:

– Entwicklung von Sensoren: Robotik, Context Awareness, ..

– Algorithmen für die Nachbildung biologischer Wahrnehmungssysteme: Texterkennung, Bildverstehen, Neuronale Netze, ..

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– Mensch-Computer Interaktion, Softwareergonomie, Interfacedesign

Psychophysik

visuelles SystemAufmerksamkeit

Wahrnehmung

visuelles System

Helligkeits- und Farbwahrnehmung

Raum- und

Konstanzleistungen

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Formwahrnehmung

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Entdeckung

Psychophysik

Skalierung

ErkennungUnterscheidung (Webersches Gesetz)

Identifizierung: Welches ist das

Q ?

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kleinste Quadrat?

Magical Number 7

Wie viel Bit können normalerweise korrekt übermittelt werden?

Werden genauso viele Bit empfangen, wie gesendet wurden, so spricht man von perfekter Übertragung.

Es hat sich aber gezeigt, dass die menschliche Kanalkapazität (durchschnittliche Kapazität des Arbeitsgedächtnisses) auf ca. 2,5 Bit begrenzt ist.

Dies entspricht der "magical number 7" (log 7 = 2 8)

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Dies entspricht der "magical number 7" (log2 7 = 2,8).

Bildung von Informationseinheiten (chunks) durch Vorwissen.

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Information (nach Shannon)

Reduktion von Unsicherheit

Jede Frage, die die Anzahl der möglichen Alternativen um die Hälfte reduziert, definiert 1 Bit. Die Anzahl der alternativen Antworten auf eine Frage (n) und der Informationsgehalt dieser Frage (m in bit) stehen also in einem logarithmischen Verhältnis zueinander:

log2 n = m

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g2

Konturenwahrnehmung

Formwahrnehmung Objekterkennung Theorien der Objekterkennung (Biedermann 1987, Selfridge 1959, Marr 1982)

und Klassifikation

Perzeptuelle Organisation: Gestaltgesetze

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Gestaltgesetze

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Objekterkennung und Klassifikation

• Entdeckung einfacher Merkmale

• Zusammenfügung zu einem perzeptuellen Objekt

• Identifikation des Objekts durch Vergleich mit den im Gedächtnis gespeicherten Objekten

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Verarbeitungsformen

• Wiedererkennung

• Objekt-Identifikation

• Datengesteuerte Verarbeitung (bottom up)• Datengesteuerte Verarbeitung (bottom up)

• Konzeptgesteuerte Verarbeitung (top down)

• Globale Verarbeitung

• Lokale Verarbeitung

• Integrale Stimuli

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• Separable Stimuli

• Kontexteffekte

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Organisationsprinzip Kontext

Objekte werden immer im Kontext mit ihrer Umgebung wahrgenommen.

S h i t i d B i i l fik dSo erscheint in der Beispielgrafik der rechte blaue Ball größer als der linke, obwohl ihre Größe identisch ist.

Der Kontext kann dabei nicht nur die Größenwahrnehmung, sondern auch die Bedeutung oder Funktion des

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Wahrgenommen verändern.

Konzeptsteuerung durch Erfahrung

Müssen sich widersprechende Informationen verarbeitet werden, bevorzugt das Gehirn die wahrscheinlichste Interpretation durch Vergleich mit bereits abgespeicherten (erlernten) Erfahrungen.

Konzeptgesteuerte Erwartungen (top-down-processing) kompensieren fehlende Details, die in einer datengesteuerten Verarbeitung notwendig wären.

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Globale vs. lokale Verarbeitung

Navon (1977) stellte fest, dass globale Merkmale schneller entdeckt werden als Detailmerkmale (lokaleMerkmale).

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Bewertung

Jeder Sinneseindruck wird auch mit einem Gefühloder einer Emotion (Angst, Freude, Hunger etc.) verknüpft. Diese Bewertung bestimmt dann die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das spezifische Sinnesmaterial.

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Psychophysik

visuelles SystemAufmerksamkeit

Wahrnehmung

visuelles System

Helligkeits- und Farbwahrnehmung

Raum- und

Konstanzleistungen

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Formwahrnehmung

OrientierungTheorien derAufmerksamkeit

Filterung

SucheErwartung

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit

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Informationsaufnahme - Aufmerksamkeitsverteilung

Welche Information (Werbebotschaft) wird weiter verarbeitet?

Welche Werbebotschaft an unsere AufmerksamkeitWelche Werbebotschaft an unsere Aufmerksamkeit ist am erfolgreichsten?

– Unmenge von potentieller Information →erfordert Reduktion

– Reduktion erfolgt u.a. durch Steuerung der Aufmerksamkeit

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Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit

Was führt zu Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz?

Auffälligkeit (Salienz) durchAuffälligkeit (Salienz) durch

– Diskrepanz zu Kontext

– Diskrepanz zu Vorwissen / Erwartungen

– Übereinstimmung mit Motiven / Zielen

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Wichtig: Salienz ist in der Regel nicht eine Eigenschaft des Reizes → entscheidend: Relation zum Kontext

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Aufmerksamkeit

Konsequenz von Salienz = mehr Verarbeitung

– meist bessere Erinnerung für salienteInformationen

– saliente Reize → mehr Kausalität

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Orientierung

Aufmerksamkeit hat verschiedene Aspekte. Stell Dir z.B. vor, Du sitzt zu Hause und liest ein Buch über "Allgemeine Psychologie". Was einen da nicht alles ablenkt?! Du bekommst einen Krampf im Fuß und musst Dich strecken. Draußen fährt ein Krankenwagen vorbei. Dein Mitbewohner bringt Dir was zu essen. In all diesen Fällen haben Umweltereignisse die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, d.h. eine

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plötzliche Veränderung in der sensorischen Umwelt hat eine Orientierungsreaktion ausgelöst.

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Filterung

Während Du einige dieser Umweltreize wahrgenommen hast (Muskelkrampf, Krankenwagen, Mitbewohner), hast Du andere Stimuli nicht mitbekommen: das Ticken der Uhr, das Summen des Kühlschranks, usw. Du hast also die relevanten Informationen herausgefiltert.

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Suche

Als Du weiter liest, findest Du eine wichtige Stelle im Buch und Du möchtest sie Dir markieren.

Du suchst Deinen Textmarker. Deine Augen scannen Deinen Schreibtisch ab.

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Erwartung

Es wird später am Nachmittag. Um fünf Uhr kommt meistens der Nachbar nach Hause und schaltet den Fernseher ein, um Fußball zu sehen. Da - zack!

Du hast Deine Aufmerksamkeit auf ein zukünftiges Ereignis gerichtet und kannst es deshalb besser und schneller wahrnehmen.

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Orientierung

Die einfachste Möglichkeit, Reize aus der Informationsflut auszuwählen, ist es, die sensorischen Rezeptoren in eine bestimmte Richtung auszurichten: im Englischen kann man hier die Unterscheidung treffen zwischen den passiven Formen "see" und "hear" und den aktiven Formen "look" und "listen".

Hinweisreize: abrupte Lenkung der Aufmerksamkeit

Informationsreize: steuern Aufmerksamkeit über E t

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Erwartung

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Orientierungsreaktion, Reflex

Bei einer plötzlichen Bewegung oder einem lauten Ton werden die Sinnesorgane derart angepasst, dass die Bedeutung des stimulierenden Ereignisses schnellstmöglich erkannt werden kann.

Wir richten die Augen und den Kopf in Richtung der lauten Töne oder der plötzlich auftretenden hellen Lichter aus. Das System habituiert allerdings sehr schnell: die Stroboskope in der Disco lösen keine Orientierungsreaktionen aus.

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keine Orientierungsreaktionen aus.

Verdeckte Aufmerksamkeit

Im Unterschied zu offener Aufmerksamkeit findet die verdeckte Aufmerksamkeit ohne sichtbare Änderung von Augen-, Kopf- und Körperhaltung statt.

Man schaut z.B. weiterhin gerade aus, beobachtet aber jemanden im Augenwinkel.

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Visual Capture

Visuelle Stimuli ziehen generell mehr Aufmerksamkeit auf sich als auditorische! Dieses Phänomen nennt man "visual capture".

In einem Experiment von Yantis & Jonides (1984) hat sich gezeigt, dass das abrupte Erscheineneines Reizes zu einer schnelleren Verarbeitung führt als langsames Erscheinen.

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Filterung

Sicher kennst Du das berühmte Cocktail-Party-Phänomen: Trotz einer Vielzahl von Stimmen kannst Du einem einzelnen Gespräch folgen und die anderen Gespräche drum herum ausblenden. Obwohl Du den anderen Unterhaltungen nicht folgst, hörst Du es, wenn in der Nachbargruppe Dein Name fällt.

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KZG → LZG

Dichotisches Hören. Experiment von Cherry (1953)

Kopfhörer mit zwei Signalen p g

Visuelles Filtern. Neisser u. Becklin (1975)Übereinanderlegen von Videobildern

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Geteilte Aufmerksamkeit

Gleichzeitige Beachtung zweier Kanäle. Folge: die Leistung verschlechtert sich dramatisch! Beispiel: Schreiben und Hörenp

Ausnahmen:Bei Beteiligung verschiedener Modalitäten. Beispiel: Schreiben und HörenExtensiv geübte Situationen.

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Beispiel: Autofahren und Reden

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Suche

Stell Dir vor, Du suchst einen Freund auf einem Bahnhof. Dann weißt Du natürlich genau, wonach Du suchst: Du weißt, wie er aussieht, vielleicht weißt Du auch, dass er immer diesen riesigen Backpacker-Rucksack dabei hat, wenn er Dich besucht oder dass er immer im letzten Waggon reist.

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Visuelle Suche und Blickbewegungen

Die visuelle Suche ist leicht untersuchbar, da man sie über den Indikators “Blickbewegung” gut operationalisieren kann! Man kann zeigen, dass ein Bild mit Personen anders abgesucht wird, wenn das Alter beurteilt werden soll im Vergleich dazu, wenn der Reichtum der Personen zu beurteilen ist. Ist ja einleuchtend: Man schaut an bestimmte Stellen, um spezielle Fragen zu beantworten:

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Visuelle Suche und Blickbewegungen

Wo ist der Stromabnehmer?

Heiner Klocke / 22.03.2006 45Bild von Biedermann et al

Automatische vs. kontrollierte Suche

Mit der Anzahl der Distraktoren steigt die Suchzeit. Das haben Shiffrin & Schneider (1977) herausgefunden. Sie forderten Versuchspersonen auf, ein Target-Zeichen (z.B. H, S und T) aus einer Menge von Distraktoren (z.B. alle Ziffern) herauszusuchen. Je mehr Distraktoren gezeigt wurden, umso länger dauerte die Target-Suche. Nach 14 Tagen Übung jedoch - mit über 4.000 Suchen - spielte die Anzahl der Distraktoren keine R ll h

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Rolle mehr.

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Theorien der Aufmerksamkeit

Unterschieden werden die so genannte Flaschenhals-Theorien und die Theorien über begrenzte Ressourcen.Flaschenhals- bzw. Filtertheorien gehen davon aus, dass das Informations-Verarbeitungssystem durch seine Struktur begrenzt ist.

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Filter: Frühe und späte Selektion

1. Frühe Selektion (Broadbent, 1958): Die Modelle der frühen Selektion gehen davon aus, dass die Entscheidung über "relevant" und "irrelevant" b it i B d t l fällt d hbereits vor einer Bedeutungsanalyse fällt, d.h. direkt nach der Wahrnehmung am Sinnesorgan.

2. Späte Selektion (Norman, 1968): Die Modelle der späten Selektion gehen hingegen davon aus, dass alle Infos vorverarbeitet werden. So kann man es hören wenn der eigene Name am

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man es hören, wenn der eigene Name am Nachbartisch fällt.

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Theorien über begrenzte Ressourcen

1. Single Pool. (Kahnemann, 1973): Die "single pool"-Modelle gehen davon aus, dass es nur einen einzigen "Pool" von Aufmerksamkeit gibt. W di "P l" hö ft i t d ' dWenn dieser "Pool" erschöpft ist, dann war's das.

2. Multiple Ressourcen (Navon & Gopher, 1979 ): manchmal ist es aber auch möglich, die Aufmerksamkeit gut zwischen zwei Aufgaben aufzuteilen (z.B. gleichzeitig vom Blatt singen und jemanden beschatten) z T modalitätsspezifisch

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jemanden beschatten). z.T. modalitätsspezifisch, z.T. zur Prozesskontrolle; Störungen treten nur auf, wenn gemeinsame Ressourcen angesprochen sind.

Begrenzte Ressourcen

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A, B: Single Pool C: getrennte Ressourcen für verschiedene Modalitäten

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Jerome Brunner

Jerome Brunner (1983): (Pionier der Kognitionswissenschaft)

„Mir erscheint es jetzt ganz offensichtlich zu sein, dass die„Mir erscheint es jetzt ganz offensichtlich zu sein, dass die 'kognitive Revolution' ... eine Antwort auf die technischen Anforderungen der 'postindustriellen Revolution' gewesen ist. Man kann kein Konzept für das Managen einer komplexen Informationswelt ausarbeiten, ohne ein funktionierendes Konzept des Geistes zu besitzen.“

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Pierre Naville - Die Arbeit der Wahrnehmung

Pierre Naville (1960)

Die Ersetzung von Handarbeit durch kognitive Arbeit ist direkt mit der Automatisierung verbunden. Bereits 1961direkt mit der Automatisierung verbunden. Bereits 1961 haben der Soziologe Pierre Naville und seine Mitarbeiter in einer einflussreichen Studie über die Automatisierung in französischen Betrieben den Übergang von "der Arbeit des Arbeiters zur Arbeit der Kommunikation"beschrieben, die primär "kognitiv oder semiotisch" wurde.

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