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24 MMW-Fortschr. Med. Nr. 13 / 2012 (154. Jg.) Schreiben Sie uns Ihre Erlebnisse. Bei Veröffentlichung erhalten Sie bis zu 100 Euro! [email protected] GESCHICHTEN AUS DER PRAXIS WAS MMW-LESER ERLEBEN Ärztliche Erfahrung beschränkt sich nicht auf medizinisches Fachwissen. Sie entsteht auch aus den mehr oder minder alltäglichen, heiter, ärgerlich oder nachdenklich stimmenden Erlebnissen mit Patienten, Kollegen und Mitarbeitern. Senden Sie uns Ihre Geschichte an: [email protected]. Für jeden veröffentlichten Text erhalten Sie bis zu 100 Euro. Folge 76 © A. Klementiev/Fotolia _ Als Hausarzt kennen Sie sicher diese Ta- ge, an denen es scheinbar keine anderen Erkrankungen als Magen-Darm-Grippen gibt. Man ruft einen Patienten nach dem anderen auf, in der Hoffnung, doch einmal wieder ein nicht ganz so hochinfektiöses Krankheitsbild im Behandlungszimmer be- grüßen zu dürfen, und dann erscheint schon wieder ein gelb-grünliches oder blasses Gesicht mit Augenrändern vor Ih- rem Schreibtisch. Man kann sich als Arzt glücklich schätzen, wenn ein obligatorisches Händeschütteln zur Begrüßung bereits vom Patienten als nicht angebracht in Erwägung gezogen wird! Wie oft hat man schon die Hand geschüttelt, und erst danach (!) teilt einem der Patient ver- zweifelt mit, dass er seit zwei Tagen die Toi- lette nicht mehr verlassen habe …. Nicht immer kann ich das Grauen in meinem Gesicht verbergen. Ich versuche dann, so schnell und so dezent es eben geht, mir die Hände zu desinfizieren, bevor ich wieder zur Computertastatur oder dem Telefonhörer greife. Es wäre nicht das erste Mal, dass mein Immunsystem diesem Vi- renangriff nicht standgehalten hätte! Viele Patienten wissen bereits, wie sie sich bei diesem Krankheitsbild zu verhalten haben und benötigen oftmals nur noch eine Krankschreibung, ggf. MCP-Tropfen rezep- tiert. Neulich musste ich jedoch einem Pati- enten genauer erklären, was er beachten sollte und welche Schonkost er in den näch- sten Stunden zu sich nehmen könnte. Da- raufhin fragte er mich mit großem Unver- ständnis: „Und was ist mit gegrillten Steaks? Ich vertrage doch nichts anderes …“ DR. MED. B. J. Ernährungsberatung bei Gastroenteritis Schreiben Sie uns Ihre Erlebnisse. Bei Veröffentlichung erhalten Sie bis zu 100 Euro! [email protected] Was dem Kaninchen nützt … _ Ich bin seit einigen Monaten als Land- ärztin in einem abgelegenen Tal in meiner Heimat Südtirol tätig, wo man manchmal wirklich das Gefühl hat, die Zeit ist nicht ein paar, sondern mindestens 50 Jahre stehen geblieben. Viele Patienten behandeln sich selber mit alten Hausmitteln wie Schwei- nefett auflegen bei Lungenentzündung. Die Kinder werden bei Husten z. T. immer noch zu stinkenden Ziegenböcken in den Stall geschickt, das soll den Husten austrei- ben. Heute landet ein ganz spezieller Fall in meiner Praxis: Eine Mutter stellt sich mit dem vierjäh- rigen Jungen vor, der eine „Entzündung der Augen“ habe. Sie habe schon begonnen, diese zu behandeln, möchte jetzt aber doch noch wissen, ob das wirklich so pas- sen würde. Der Junge ist in gutem Allge- Auf meine Frage, was sie denn dem Jun- gen verabreicht habe, meint die Mutter: „Al- so, unser Kaninchen, das war beim Tierarzt vor kurzem, das hatte nämlich auch so eine Augenentzündung, also habe ich mir ge- dacht, der Junge könnte sich angesteckt haben, und habe ihm die gleichen Tropfen gegeben.“ – „Also haben Sie sich in der Apo- theke ähnliche Tropfen besorgt?“ (geht ja normalerweise nicht ohne Rezept, denke ich noch ...) – „Aber nein, ich habe einfach beiden die gleichen Tropfen gegeben...“ So- viel zum Thema Hygiene. Nachdem ich dem Jungen endlich eige- ne Tropfen rezeptiert hatte – das Kanin- chen bekam übrigens Tobral gtt – erholten sich seine Augen innerhalb kürzester Zeit. DR. MED. CLAUDIA PETRONI, SARNTAL, SÜDTIROL Eine ansteckende Freundschaft. © Ryan McVay / Thinkstock meinzustand, zeigt zwar eine deutliche konjunktivale Rötung in beiden Augen, aber ohne eitrige Sezernierung.

Was dem Kaninchen nützt

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24 MMW-Fortschr. Med. Nr. 13 / 2012 (154. Jg.)

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Ärztliche Erfahrung beschränkt sich nicht auf medizinisches Fachwissen. Sie entsteht auch aus den mehr oder minder alltäglichen, heiter, ärgerlich oder nachdenklich stimmenden Erlebnissen mit Patienten, Kollegen und Mitarbeitern. Senden Sie uns Ihre Geschichte an: [email protected]. Für jeden veröffentlichten Text erhalten Sie bis zu 100 Euro.

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_ Als Hausarzt kennen Sie sicher diese Ta-ge, an denen es scheinbar keine anderen Erkrankungen als Magen-Darm-Grippen gibt. Man ruft einen Patienten nach dem anderen auf, in der Hoffnung, doch einmal wieder ein nicht ganz so hochinfektiöses Krankheitsbild im Behandlungszimmer be-grüßen zu dürfen, und dann erscheint schon wieder ein gelb-grünliches oder blasses Gesicht mit Augenrändern vor Ih-rem Schreibtisch.

Man kann sich als Arzt glücklich schätzen, wenn ein obligatorisches Händeschütteln zur Begrüßung bereits vom Patienten als nicht

angebracht in Erwägung gezogen wird! Wie oft hat man schon die Hand geschüttelt, und erst danach (!) teilt einem der Patient ver-zweifelt mit, dass er seit zwei Tagen die Toi-lette nicht mehr verlassen habe ….

Nicht immer kann ich das Grauen in meinem Gesicht verbergen. Ich versuche dann, so schnell und so dezent es eben geht, mir die Hände zu desinfizieren, bevor ich wieder zur Computertastatur oder dem Telefonhörer greife. Es wäre nicht das erste Mal, dass mein Immunsystem diesem Vi-renangriff nicht standgehalten hätte! Viele Patienten wissen bereits, wie sie sich bei

diesem Krankheitsbild zu verhalten haben und benötigen oftmals nur noch eine Krankschreibung, ggf. MCP-Tropfen rezep-tiert.

Neulich musste ich jedoch einem Pati-enten genauer erklären, was er beachten sollte und welche Schonkost er in den näch-sten Stunden zu sich nehmen könnte. Da-raufhin fragte er mich mit großem Unver-ständnis: „Und was ist mit gegrillten Steaks? Ich vertrage doch nichts anderes …“ Dr. meD. B. J. ■

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Was dem Kaninchen nützt …_ Ich bin seit einigen Monaten als Land-ärztin in einem abgelegenen Tal in meiner Heimat Südtirol tätig, wo man manchmal wirklich das Gefühl hat, die Zeit ist nicht ein paar, sondern mindestens 50 Jahre stehen geblieben. Viele Patienten behandeln sich selber mit alten Hausmitteln wie Schwei-nefett auflegen bei Lungenentzündung. Die Kinder werden bei Husten z. T. immer noch zu stinkenden Ziegenböcken in den Stall geschickt, das soll den Husten austrei-ben. Heute landet ein ganz spezieller Fall in meiner Praxis:

Eine Mutter stellt sich mit dem vierjäh-rigen Jungen vor, der eine „Entzündung der Augen“ habe. Sie habe schon begonnen, diese zu behandeln, möchte jetzt aber doch noch wissen, ob das wirklich so pas-sen würde. Der Junge ist in gutem Allge-

Auf meine Frage, was sie denn dem Jun-gen verabreicht habe, meint die Mutter: „Al-so, unser Kaninchen, das war beim Tierarzt vor kurzem, das hatte nämlich auch so eine Augenentzündung, also habe ich mir ge-dacht, der Junge könnte sich angesteckt haben, und habe ihm die gleichen Tropfen gegeben.“ – „Also haben Sie sich in der Apo-theke ähnliche Tropfen besorgt?“ (geht ja normalerweise nicht ohne Rezept, denke ich noch ...) – „Aber nein, ich habe einfach beiden die gleichen Tropfen gegeben...“ So-viel zum Thema Hygiene.

Nachdem ich dem Jungen endlich eige-ne Tropfen rezeptiert hatte – das Kanin-chen bekam übrigens Tobral gtt – erholten sich seine Augen innerhalb kürzester Zeit.

Dr. meD. ClauDia Petroni, Sarntal, SüDtirol ■

Eine ansteckende Freundschaft.

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meinzustand, zeigt zwar eine deutliche konjunktivale Rötung in beiden Augen, aber ohne eitrige Sezernierung.