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K. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. 673 W eitere Bemerkungen iiber den antiseptischen Wert des Hydrargyrum oxycyanatum. (N ach t r ag.) Von Dr. K. Holdermann. (Eingegangen den 13. XI. 1906.) Nach der Korrektur der Abhandlung 5. 600, wurde ich zuftillig anf eine Arbeit von B. K 6 h l e r aufmerksam, welche sich mit der experimentellen Untersnchnng des antieeptischen Wertes nenerer Des- infizientien , speziell des Eydrargyrum oqcyanntum befal3t '). Der Umstand, dall der Abdrnck meiner Abhandlang bereits im November d. Js. erfolgte, macht es wtinschenswert, dieselbe durch die Versnchsdaten der Arbeit von K 6 h l e r in Gestalt eines Nachtraga zn erglnzen. Die nnerwarteten Ergebnisse, welche die Messnng des elektrischen Leitverm6gens von L6sungen des Qaecksilberoxycyanida im Vergleich zu solchen des Chlorids und des Cyanids gebracht haben, veranlallten mich, den hohen antiseptischen Wert'), den man ersterem Prllparat acheinbar nnbestritten znschreibt, stark in Zweifel zn ziehen nnd bei der allgemeinen Anwendung, die es neuerdings findet, eine experimentelle Untersnchnng des antiseptischen Wertes a18 dringend notwendig zn bezeichnen. Wie berechtigt diese Ansffihrungen sind, ergibt sich sofort ans den Versnchen K6hler's. Bevor ich anf dieselben ntiher eingehe, will ich knrz fiber die Geschichte dea Oxycyanids berichten, die mir erst aus der Arbeit K6hler's bekannt wnrde. Die Angaben sind alle in der rein medizinischen Literatur enthalten, die mir leider nicht zngllnglich war. Die ersten Mitteilungen fiber Quecksilberoxycyanid stammen hiernach aas dem Jahr 1888 von Chibret", nach dem es sechsmal stllrker antiseptisch wirkt a18 Snblimat. Hieranf baaiert wohl die hohe Wertschlltznog diesee Desinfiziens. Weitere Forscher, die das Prtiparat erprobten (v. Sicherer, Schl6seer, Hammer, L6b nnd Warschaner)'), tlnllern sich zwar znfriedenatellend Uber dasselbe, 1) Dissertation Marburg 1906. Sonderabdmck aus der Ztscbr. f. Augen- 9) 8. z. B. Mercka Index. 8) Jahresber. Bber Fortschritte der Mediein 1888, I, 353 and 1890, I, 4) v. S i c h e r e r , MBnch. med. Wchachr. 1900, No. 29, ibid. 1895; Schl6reer, Jahresber. f. Ophthalmologie 1903. Ref.; Hammer,Mlinch. med. Wchschr. 1904, €3. 423; L a b , Monstaber. f. Urologic, Bd. VI, H. 2. heilkunde, Band XIII. 5. 389, Ref. Arah. d. Pharm. COXXXXIII. Bda. 9. Heft. 43

Weitere Bemerkungen über den antiseptischen Wert des Hydrargyrum oxycyanatum

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Page 1: Weitere Bemerkungen über den antiseptischen Wert des Hydrargyrum oxycyanatum

K. Holdermann: Hydrargyrum oxycyanatum. 673

W eitere Bemerkungen iiber den antiseptischen Wert des Hydrargyrum oxycyanatum.

( N a c h t r ag.)

Von Dr. K. H o l d e r m a n n . (Eingegangen den 13. XI. 1906.)

Nach der Korrektur der Abhandlung 5. 600, wurde ich zuftillig anf eine Arbeit von B. K 6 h l e r aufmerksam, welche sich mit der experimentellen Untersnchnng des antieeptischen Wertes nenerer Des- infizientien , speziell des Eydrargyrum oqcyanntum befal3t '). Der Umstand, dall der Abdrnck meiner Abhandlang bereits im November d. Js. erfolgte, macht es wtinschenswert, dieselbe durch die Versnchsdaten der Arbeit von K 6 h l e r in Gestalt eines Nachtraga zn erglnzen.

Die nnerwarteten Ergebnisse, welche die Messnng des elektrischen Leitverm6gens von L6sungen des Qaecksilberoxycyanida im Vergleich zu solchen des Chlorids und des Cyanids gebracht haben, veranlallten mich, den hohen antiseptischen Wert'), den man ersterem Prllparat acheinbar nnbestritten znschreibt, stark in Zweifel zn ziehen nnd bei der allgemeinen Anwendung, die es neuerdings findet, eine experimentelle Untersnchnng des antiseptischen Wertes a18 dringend notwendig zn bezeichnen. Wie berechtigt diese Ansffihrungen sind, ergibt sich sofort ans den Versnchen K6hler 's . Bevor ich anf dieselben ntiher eingehe, will ich knrz fiber die Geschichte dea Oxycyanids berichten, die mir erst aus der Arbeit K 6 h l e r ' s bekannt wnrde. Die Angaben sind alle in der rein medizinischen Literatur enthalten, die mir leider nicht zngllnglich war. Die ersten Mitteilungen fiber Quecksilberoxycyanid stammen hiernach aas dem Jahr 1888 von C h i b r e t " , nach dem es sechsmal stllrker antiseptisch wirkt a18 Snblimat. Hieranf baaiert wohl die hohe Wertschlltznog diesee Desinfiziens. Weitere Forscher, die das Prtiparat erprobten (v. S icherer , Schl6seer , Hammer, L 6 b nnd Warschaner)'), tlnllern sich zwar znfriedenatellend Uber dasselbe,

1) Dissertation Marburg 1906. Sonderabdmck aus der Ztscbr. f. Augen-

9) 8. z. B. Mercka Index. 8) Jahresber. Bber Fortschritte der Mediein 1888, I, 353 and 1890, I,

4) v. Sicherer , MBnch. med. Wchachr. 1900, No. 29, ibid. 1895; Schl6reer , Jahresber. f. Ophthalmologie 1903. Ref.; Hammer,Mlinch. med. Wchschr. 1904, €3. 423; Lab, Monstaber. f. Urologic, Bd. VI, H. 2.

heilkunde, Band XIII.

5. 389, Ref.

Arah. d. Pharm. COXXXXIII. Bda. 9. Heft. 43

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bemerken jedoch, dall es bei weitem die bakterizide Eigenschaft des Sublimats nicht erreicht.

Nach v. Sicherer’s Untersnchungen erfordert eine Oxycyanid- lBsung 1 : 500 zur Erzieluog derselben Wirkung die 12 fache Zeit wie eine gleichstarke Sublimatlosung, in L6sucg 1 : 1000 eine noch 1Zingere Ein wirkungsdauer.

K B h 1 e r verwendete zu seinen Versuchen Oxycyanid in Form der P. Pi e v e r 1 in g ’ schen Pastillen ’) und verglich die Desinfektions- kraft derselben mit Losungen von Karbolsature und von Sublimat.

Es ergab sich aus den Versuchen Kl lh le r ’s , dall unter ver- schiedenen Verhiiltnissen eine Oxycyanidlosung stets weit schwticher wirkt, wie eine gleichstarke Karbol- oder Sublimatlllsung, dall Losungen 1 : 1000-1500, wie v. Pi e v e r 1 i n g sie als ausreichend empfiehlt, kaum eine praktisch verwertbare antiseptische &aft besitzen und die bakterizide Kraft eelbst bei 3-5 % igen Konzentrationen wenig befriedigend ist.

Bei diesen Versuchen ist nun noch ein Umstand zu berticksichtigen, welcher die antiseptische Kraft des PrSparats noch immer zu hoch erscheinen lallt. Die v. P i e v e r 1 i n g l when Pastillen sind zur Er- hohung der Lllslichkeit unter Zusatz nicht des indifferenten Natrium- bikarbonats, sondern von Natriumchlorid (1,3 Teile auf 1 Teil Oxycyanid) hergestellt, welches sich, wie in meiner Abhandlung (5. 610) ansgeftihrt ist, mit Quecksilberoxyd umsetzt unter Bildung von Quecksilberchlorid und freiem Aet~natron~). Von dem Verlauf dieser Reaktion kann man sich durch einen Reagensglasversuch leicht iiberzeugen. Versetzt man eine Oxycyanidliisung mit Phenolphthalein und fiigt Natriumchlorid hinzu, so findet sofort Rotfarbung statt, wie dies schon bei der analogen Reaktion mit Jodkalium nZiher ausgeftihrt ist. Die Lllsung der Pastillen enthtilt also (fast) kein Oxycyanid mehr, sondern Cyanid und Chlorid neben freiem Aetznatron, wobei sich auch die Erleichterung der Auf- 1Bsung in einfachster Weise erklart; es ist ferner ersichtlich, daB Alkal- eszenz und antiseptische Wirkung in direktem Zusammenhaug stehen und durch die genannte Reaktion veranlaflt sind. Nach v. P iever l ing beruht der antiseptische Wert des Oxycyanids in der intensiven alkalischen Reaktion, die er dem Oxycyanid selbst zuschreibt und daher in ihrem eigentlichen Wesen nicht erkannt hat. Bei der hohen Des- infektionskraft des Sublimats ist diese Umsetzung natiirlich YOU grollem

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1) v. P i e v e r l i n g , Chem.-Ztg. 1899, S. 799, Ref. 9) Vergl. B ersch, Ztechr. f. physik. Chem. 8, 383. Ueber die Reaktion

Bwischen Oxyden von Schrermetallen und Alkalibalogeniden.

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H. Frerichs u. 0. Rodenberg: Unreife und konservierte Erbsen. 675

EinflnO auf das Resultat und es ist daher zu erwarten, daJ? die anti- septische Wirkung des reinen Oxycyanids noch weit geringer ist. Hiernach dIirfte wohl die Vermutung, der ich i m AnschluB an die LeitfWgkeitsmessung Ausdruck gegeben habe, vollanf zutreffend sein, daJ? ntimlich das Quecksi lberoxycyanid a l s Ant i sep t ikum f a s t wer t los ist.

Es gereicht mir zur Freude, dafl sich bei dieser Untersuchung die Frnchtbarkeit der neuen elektrochemischen Anschaunngen vom Znstand der Lllsnngen wieder in tiberxengender Weise gezeigt hat.

Mitl eilung aua dem Pharmazeutischen Institute und Laboratorium ftlr Nahrungsmittelchemie zu Braunschweig.

Von H. B e c k n r t s .

Ueber die Zusammensetzung unreifer Erbsen und konservierter Erbsen.

Von H. F r e r i c h s und G. R o d e n b e r g . (Eingegangen den 16. SII. 1905)

Ueber die Zusammensetznng nnd besonders den Znckergehalt unreifer Erbsensamen sind bisher i n der Literatur nur sehr wenige Angaben verllffentlicht. Gerade der Zuckergehalt der Erbsen ist bei den wenigen Analysen, welche iiber Erbsensamen verllffentlicht sind, vernachlgssigt, obwohl derselbe als ein ganz erheblicher Faktor bei der Wertbemessnng der konservierten Erbsen anzusehen ist, denn die ganz jnngen Erbsen stehen im Preise hllher, weil sie ihres erheblich hoheren Zuckergehaltes wegen wohlschmeckender sind als ausgereifte. Wir baben nun eine Reihe Proben frischer junger Erbsen, die auf verschiedenem Boden gewachsen waren und deren Reifezustand ein verschiedenar war, auf ihre Znsammensetzung hin nntersucht. Ferner wurden verschiedene Proben konservierter Erbsen, welche nach Angabe der Fabrikanten einen Znckerznsatz nicht erhalten hatten, nnd sodann auch einige Proben konaervierter Erbsen, denen ein verschieden hoher Zusatz von Rohrzucker gemacht war, einer Untersnchnng nnterzogen.

Zweck dieser Untersnchungen war vornehmlich, die Bnsammen- setznng nnreifer Erbsen i m frgchen nnd auch im konservierten Zn- stande zn ermitteln and sodann auch festznetellen, ob ein bei der iiblichen Konservierungsmethode in Blechbiichsen etwa erfolgender Zwatz von Zncker, welcher bei den Erbsen eine der Wirklichkeit

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