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Weitere kasuistische Beitriige zu den S multiplen ymmetrlschen Gesichtsnaevi. Von Dr. Max Winkler, Spezialarzt fUr Hautkrankhoiton in Luzern (gew. I. Assistont der dermatoL Klinik Bern). Die beiden folgenden kurzen Mitteilungen glaube ich als Ergiinzungen zu meAner im Jahre 1903 (Arch. Bd. LXVII, p. 3) verSffentlichten Arbeit fiber ,Beitrgge zur Kenntnis der benignen Tumoren der Haut" machen zu sollen. I. Ein Fall yon Syringomen. In der eben zitierten Arbeit habe ich 5 Fiille yon Naevi cystepitheliomatosi oder Syringomen beschrieben und weiteres Beweismaterial dafiir beigebracht, daft ein unzweifelhafter Zu- sammenhang dieser Gebilde mAt den Schweil3driisenausfiihrungs- gs besteht. Dieser Befund wurde damals an Tumoren er- hoben, welche yon der Brust stammten. Bei den 4 anderen F~llen mAt der Lokalisation an den Augenlidern war ein sicherer Zusammenhang nicht zu finden. Da aber seither die endotheliomatSse Natur dieser Ge- schwiilste noch immer mit Bestimmtheit behauptet (cf. K rei- bach, Lehrbuch der Hautkrankheiten, 1904, pag. 387) oder wenigstens ihre Histogencse noch als dubiSs idargestellt ward (cf. L es s e r, Lehrbuch der Hautkrankheiten, 11. Auflage 1904, pag. 184) und neuerdings sog~r in der franzSsischen Literatur eine Beschreibung yon endothelialer Entstehung gegeben worden AreA. f. Dermat. u. Syph. ]3d. LXXXVL ,0

Weitere kasuistische Beiträge zu den multiplen symmetrischen Gesichtsnaevi

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Page 1: Weitere kasuistische Beiträge zu den multiplen symmetrischen Gesichtsnaevi

Weitere kasuistische Beitriige zu den S multiplen ymmetrlschen Gesichtsnaevi.

Von

Dr. Max Winkler, Spezialarzt fUr Hautkrankhoi ton in Luze rn (gew. I . Assistont der dermatoL Kl in ik Bern).

Die beiden folgenden kurzen Mitteilungen glaube ich als Ergiinzungen zu meAner im Jahre 1903 (Arch. Bd. LXVII, p. 3) verSffentlichten Arbeit fiber , B e i t r g g e zu r K e n n t n i s der b e n i g n e n T u m o r e n d e r H a u t " machen zu sollen.

I. Ein Fall yon Syringomen.

In der eben zitierten Arbeit habe ich 5 Fiille yon Naevi cystepitheliomatosi oder Syringomen beschrieben und weiteres Beweismaterial dafiir beigebracht, daft ein unzweifelhafter Zu- sammenhang dieser Gebilde mAt den Schweil3driisenausfiihrungs- gs besteht. Dieser Befund wurde damals an Tumoren er- hoben, welche yon der Brust stammten. Bei den 4 anderen F~llen mAt der Lokalisation an den Augenlidern war ein sicherer Zusammenhang nicht zu finden.

Da aber seither die endotheliomatSse Natur dieser Ge- schwiilste noch immer mit Bestimmtheit behauptet (cf. K r e i - bach, Lehrbuch der Hautkrankheiten, 1904, pag. 387) oder wenigstens ihre Histogencse noch als dubiSs idargestellt ward (cf. L es s e r, Lehrbuch der Hautkrankheiten, 11. Auflage 1904, pag. 184) und neuerdings sog~r in der franzSsischen Literatur eine Beschreibung yon endothelialer Entstehung gegeben worden

AreA. f. Dermat . u. Syph. ]3d. LXXXVL ,0

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]30 W i n k l e r .

i s t ( H a l l o p e a u et G a s t o u , Annales de Dermato log ie et

Syphi l igr . 1906, pag. 61)~ g laube ich, daft es no twendig ist,

j e d e n neuen Fa l l auf die R ich t igke i t unse r e r h n s e h a u u n g zu

priifen. I eh benfi tz te d a h e r ge rne d ie Ge legenhe i t ein yon Prof .

J a d a s s o h n bei e iner P r i v a t p a t i e n t i n exc id ie r t e s KnStchen zu

un te r suchen . F i i r d ie gi i t ige l~berweisung des Mate r i a l s sowie

fiir d ie nun fo lgenden k l in i schen Not i zen f iber den F a l l sp reche

ich H e r r n Prof . J a d a s s o h n meinen e rgebens ten D a n k aus. 48iiihrige , sonst (aui]er einem Prolaps)gesunde, sehr fette Frau,

in deren Familie ~ihnliehe Erkrankungen nicht vorgekommen sein sollen. Die Hautaffektion, um derentwillen sie auf Rat ihres Hausarztes Prof. J a d a s s o h n aufsucht, soll seit 20--30 Jahren - vielleicht aueh noch l { i n g e r - bestehen. Die Effloreszenzen seien, wie aucb der Arzt der Patientin glaubt, in letzter Zeit zahlreieher geworden. Sehr selten soll in der Nacht etwas Stechen in den KnStchen vorhanden sein.

An den untern Augenlidern finden sich einige kleine Milien, da- neben eine auf Syringom etwas verd~ichtige Stelle. Sonst ist das Gesieht frei. Am ttals in der Mitte oberhalb des Kehlkopfs und an den Seiten- teilen finden sich in ziemlich groi]er Zahl weil~e, etwas gl~nzende, steck- nadelkopf-bis halblinsengrol~e KnStchen yon derber Konsistenz ohne Gruppierung; einzelne sind an der Oberfl{iehe feinst gerunze]t. Von den Mammae nach abw{irts bis in die Inguinalgegend sind - - besonders in den mittleren Partien des Abdomens sehr reiehlich - - KnStchen yon blaB- gelblicher bis dunke]roter Farbe v o r h a n d e n - die meisten sind recht intensiv rot. Die GrS~ie ist d ie gleiche wie bei den Effloreszenzen am Hals Sie Sind meist flaeh und rund, einzelne auch etwas kantig. Die RSte ist zum gr51~tenTeil wegdriickbar; es bleibt dann ein etwas br{iunlicher Ton zuriick. Einzelne solehe Kniitchen finden sieh an den Obersehenkeln und in den oberen und mittleren Partien des Rfickens, etwas zahlreiehere in der Kreuzgegend. Sie sind nicht abkratzbar und das unterscheidet sie ohne weiteres yon zwischen sie ziemlieh reichlieh eingestreuten weil~en bis grauen u seniles.

Die Diagnose wurde sofor t auf S y r i n g o m e geste l l t .

Auffa l lend war die Loka l i s a t i on und die ro te F a r b e vie ler

Eff loreszenzen. Eines de r in tens ive r ge rS te ten KnStehen am

A b d o m e n wurde exc id ie r t .

D a s h i s t o 1 o g ! s c h e Bi ld is t das ffir Syr ingom e h a r a k t e -

r i s t i sche und liil~t die Affektion a u f den e r s t en Bl ick e rkennen .

In den ober i t i ichl ichen Sch ieh ten d e r Cutis s ind die e h a r a k t e -

r i s t i schen Zel lhaufen, Zellstr}inge und Cys ten mi t col loidi ihn-

l ichem Inha l t und schmalem Zel l saum zu kons ta t i e ren . Die

Cys ten sind am re ich l ichs ten v e r t r e t e n und l i e g e n mi t den Ze l l -

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haufen und-Str~ngen ziemlich dieht beieinander, so dal] das Epithel in toto vorgewSlbt wird, wodurch das makroskopisch erkennbare KnStehen zustande kommt. Das Bindegewebe ist im Bereiehe des Tumors etwas kernreieher und um die Gef'~[Je herum findet sich die oft besehriebene leichte Infiltration.

Die in dem friiheren Falle konstatierten grSl]eren, Eosin annehmenden Kugeln konnten in diesem Falle nieht gefunden werden. Hingegen waren wieder reichlich die mit Hiimalaun- Eosin-Fiirbung schwarz gef~rbten grSfiern und kleinern Granula vorhanden, welche G a s s m a n n und ieh als Keratohyalin-KSrner zu deuten geneigt waren. Auf Zusatz yon Eisessig nach H~imalaun- F~rbung nehmen die KSrner einen roten Farbenton an, was ebenfalls fiir ihre Keratohyalinnatur zu spreehen scheint.

Von Glykogen (neuere F~rbung nach B e s t ) konnte ieh in der ganzen Serie nichts sieheres naehweisen.

Was die Frage des Z u s a m m e n h a n g e s z w i s c h e n T u m o r u n d S c h w e i l ] d r i i s e n a u s f i i h r u n g s g ~ u g e u be- trifft, so konnte ich folgenden Befund erheben : Ein Schweifidriisen- gang l~l]t sich yon der Epidermis bis ziemlich fief in die Cutis ganz deutlich verfolgen. In einem Schnitte ist an dem unteren Eude des Ganges eine kleine Cyste als Anh~ngsel zu konstatieren. Die Cyste entspricht nach ihrer Lage, Gestalt uud Struktur einer unzweifelhaften Tumorcyste. In der n~chsten N~he sind noch mehrere solcher Cystchen zu sehen, bei denen aber ein un- mittelbarer Zusammenhang mit dem Driisengange nicht nach- zuweisen ist. In andern Schnitten finden sich auch noeh Sehwei~- driiseng~nge, welche im Gebiete der Zellstr~nge und -Cysten verlaufen, aber aueh bier ist das Einmiinden eines Ganges in einen Strang oder eine Cyste nicht mit Bestimmtheit zu kon- statieren.

Wir haben also auch hier, obschon nur ein Tumor unter- sucht wurde, wieder einen positiven Beflmd und der fl'iiher behauptete Zusammenhang der Syringome mi~ den Sehweil]- dr~senausfiihrungsg~ngen fit~det sich yon neuem best~tigt.

2. Ein Fall von multiplen symmetrischen Gesichtsnaevi.

Im M~rz 1906 konsultierte mich ein 16j~ihriger Junge vom Lande behufs Beseitigung yon zahlreichen roten Flecken und

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132 W i n k l e r .

Geschwi i l s tchea im Ges ich t . De r P a t i e n t und dessen ~l tere

Schwes te r mach t en mir i iber die En twiek lung des Le idens fol-

gende Angaben : Als Patient zirka 2 Jahre alt war, bemerkte seine Mutter~ dal~

sieh - - angeblieh nach Masern - - i m Gesichte kleine rote Flecke und Geschwiilstchen entwickelten. Dieselben waren anf~nglieh nur in kleiner Zahl vorhanden~ so dab der Affektion weiter keine Beaehtung geschenkt wurde. Allm~ihlieh aber, im Laufe der Jahre, kamen immer mehr KnSt- ehen zum Vorschein u n d e s wurden versuehsweise vom Hausarzte einige der grSBern KnStehen mit dem Paquelin entfernt. D a a b e r die Narben ziemlich stark wurden und sich ein giinstiges Resultat yon dieser Behand- lung nicht erwarten liel~, wurde yon ihrer Fortsetzung Abstand genommen.

Die letzten zwei Jahre sollen neue Flecke und KnStchen nicht mehr aufgetreten sein~ die bestehenden nahmen aber an GrS•e bedeutend zu. Beschwerden bestanden nieht~ die Behandlung wurde nur der Ent- stellung wegen gewfinscht. In der Schule lernte der Knabe gut und kam regelmii[~ig vorw~rts. In der Familie leidet niemand an einer iihnlichen Affektion.

S t a t u s . Kr~ftig entwickelter, gesund aussehender Junge mit nor- malen innern Organen, mittlere Intelligenz.

Im Gesicht, besonders am Kinn, in den Nasolabialfalten~ an den angrenzenden Wangenpartien~ an der l~ase und in der Umgebuag der Nasen6ffnungen dicht gestellte KnStehen von Hirsekorn- bis LinsengrSl3e. Auf der u der oberen H~ilfte des Halses stehen ebenfalls noeh vereinzelte KnStchen. Die Effloreszenzen sind welch, die kleinsten kaum fiber das l~iveau der Hallt erhaben, haben einen braunen bis braunroten Farbenton~ namentlieh am Kinn. Die Effloreszenzen am Hals sind aus- gesproehen briiunlich. Die grSl~ern KnStehen sind flaeh oder kugelig er- haben ned haben eine hellrote Farbe. Auf den meisten der roten Ge- sehwiilstchen lassen sieh feine Gef'~l~reiserehen erkennem

Auf Druek blast die rote Farbe ab und macht einem ausgesprochen braunen Farbentone Platz. Die Schleimh~iute sind frei . Patient zeigt sonst keine Bildungsanomalien am KSrper.

Aufelektrolytisch e Behandlung trat eine sehr wesentliehe Besserung ein.

Behufs Fe s t s t e l l ung de r ana tomi sc he n Diagnose wurde ein

grS~eres , b r a u n r S t l i c h aussehendes KnStchen am K l a n exc id ie r t .

Das h i s t o l o g i s c h e B i l d zeigt fo lgende S t r u k t u r : Die

E p i d e r m i s is t im Bere iche des KnStchens vo rgewSlb t und zeigt

deu t l i ehe Verschm~lerung . Die Kera tohya l in seh ich t is t s t a r k ent-

wickelt . I a den Basa lze l l en schein t das P igme n t l e i ch t ve rmehr t

zu sein. Sonst i s t das E p i t h e l normal .

De r T u m o r bes t eh t wesent l ich aus e inem sehr ke rn re i chen

Bindegewebe. Die f ixen Bindegewebsze l l en s ind vermehr t . De-

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neben finder sich stellenweise eine anscheinend rundzellige Infiltration. Der Kernreichtum ist nicht iiberall g le ichm~ig ausgesprochen 7 sondern es ist eine Art Gruppierung zu beob- achten. In diesen Zellgruppen sind epithelioide und Rundzellen unregelm~Big durcheinander gelagert. Naevuszellenhaufen sind nicht zu konstatieren.

Die Geffil]e sind vermehrt und stark erweitert. Die Ge ~ fiil]wi~nde zeigen zum Teil abnorm reichliche Kerne und rundzellige Infiltration. Die Arterien sind dickwandig. Die oben erw~hnten Zellhaufen sind vielfach in der Umgebung yon GefiiBen zu konstatieren.

In den oberen Partien der Cutis zeigen die Schnitte eine starke Pigmentablagerung. Das Pigment finder sich in Form yon gr5~eren und kleineren Schollen, St~bchen und unregelm~l]igen sternfSrmigen Figuren. Hie und da ist innerhalb des Pigment- hau~ens ein Zellkern zu bemerken.

Das elastische Gewebe fehlt im Gebiet des Tumors voil- st~ndig und ist nur in der Peripherie desselben in feinen Fasern vorhanden.

Diese kurze klinische und histologische Beschreibung berechtigt uns wohl zur Diagnose : M u 1 t i p 1 e s y m m e t r i s c h e G e s i c h t s n a e v i. Ich habe in meiner triiheren Arbeit (Archly I. c.) die Klassifikation der multiplen Gesichtsnaevi yore histo- logisch-anatomischen Standtpunkte aus gegeben. Ich glaube. dieser Fall 1M]t sich meinem friiher publizierten an die Seite stellen.

Es handelt sich um multiple symmetrisch angeordnete Tumoren im Gesicht, welche im wesentlichen aus Bindegewebe und erweiterten Gefi~i]en bestehen.

Kiirzlich hat C s i l l a g (dieses Archly Bd. LXXX, p. 37) ebenfalls eine hieher gehSrigen Fall publiziert, dessen histo- logischer Charakter sich vollst~ndig mit dem unsrigen deckt.

Wir haben also, soweit ich sehe, his jetzt 5 F~lle yon N a e v i s y m m e t r i e i f i b r o a n g i o m a t o s i (Typus D a r i e r ) in der Literatur verzeichnet.