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620 Referate Seh~nfelder, Susanne, Weitere Untersuehungen fiber die Permeabilit~t yon Beggiatoa mirabilis nebst kritischen Ausfiihrungen zum Gesamt- problem der Permeabilit~t. Planta 12, 414--504, 1930 Bei ihren Untersuchungen fiber die merkwfirdigen Permeabilit~itseigen- schaften yon Beggiatoa ~nirabilis kamen bekanntlieh Ruhland und Hoffmann zu dem Ergebnis, daft sich die Permeabilitat dieser Zellen fast restlos auf Grund der Ultrafiltertheorie erkl~iren lasse. Das Molekularvolumen der ge- prfiften Verbindungen war scheinbar yon ganz entscheidender Bedeutung ffir ihr PermeiervermSgen; ihre sonstigen physikalisch-chemischen Eigenschaften schienen dagegen in dieser Hinsicht fast keine Rolle zu spielen. Durch diese Untersuchungen war ein schSnes Paradigma ftir die Ultrafiltertheorie geschaffen, es klaffte aber eine beinahe uniiberbriickbar erscheinende Kluft zwischen den PermeabilitKtseigenschaften der Beggiatoa einerseits und denjenigen aller anderen bisher untersuchten Zellen andererseits~ Nur zSgernd wagte daher der Unterzeich- nete seinerzeit der Vermutung Ausdruck zu geben, daft die Permeabilit~t von Beggiatoa womSglich nur eine extreme Variante eines vielleicht allen lebenden Protoplasten gemeinsamen PermeabilitKtstypus darstelle. Und zwar war es fast allein das im Verh~ltnis zu seinem Molekularvolumen allzu grofie Permeier- vermSgen des Antipyrins, das damals die Vermutung aufkommen liefi, daft auch bei Beggiatoa wie im Falle anderer Protoplasten lipoidlSsliche und ober- fl~ichenaktive Stoffe ceteris paribus leichter als lipoidunlSsliche und oberfl~cben- inaktive Verbindungen permeieren wiirden. (Vgl. Protoplasma, 1, 143, 1926.) Durch die j etzt erschienene Arbeit yon Frl. S c h 5 n f e 1 d e r, ein er Sehfilerin Ruhlands, hat sich die Sachlage wesentlich verandert. Verfasserin hat die Permeabilit~t von Beggiatoa gegenfiber zahlreichen neuen organischen Ver- bindungen versehiedenen Charakters untersucht. Uberbliekt man das ge- samte jetzt vorliegende Beobachtungsmaterial, so zeigt sich, daft das Anti- pyrin keine so ausgesprochene Sonderstellung mehr einnimmt. Vielmehr permeieren auch die anderen lipoidlSslichen, oberflKchenaktiven Verbindungen grSfieren Molekularvolumens deutlich schneller als lipoidunlSsliche, oberfl~ehen- inaktive Stoffe derselben MolekulargrSfie. Bei kleinen und mittelgrofien Molekfilen ist der Einflufi der Lipoidl5slichkeit bzw. der Oberfl~ichenaktivit~t allerdings gering, oft iiberhaupt kaum merkbar. Die MolekiilgrOfie ist jeden- falls, wie schon Ruhland und Hoffmann fanden, diejenige Eigenschaft, welche das DurehtrittsvermSgen der verschiedenen Nichtelektrolyte durch das Beqgiatoa-Plasma in erster Linie bestimmt. Durch diese Feststellungen Frl. SchSnfelders ist eine erfreuliche prinzipielle Ubereinstimmung zwischen den Permeabitit~tseigenschaften der Beggiatoa-Zellen und denjenigen der iibrigen Pflanzen- und Tierzellen nach- gewiesen worden. Zwar nimmt Beggiatoa noch immer eine extreme Stellung ein. Denn bei keinen anderen bisher untersuchten Protoplasten spielt das Ultrafilterprinzip eine so hervorstehende Rolle wie bei ihr, w~hrend umge- kehrt der zweite Faktor -- mag er nun als eine Auswirkung der Lipoid- 15slichkeit oder der Oberfl~ichenaktivitat gedeutet werden -- bei den meisten Tier- und Pflanzenzellen ja dominiert, bei Beggiatoa dagegen b]ofi einen Faktor zweiten Ranges darstellt. Immerhin sind es, soweit wir jetzt beurteilen k/}nnen, dieselben Faktoren, welche (allerdings in quantitativ sehr verschie- denem Marie beteiligt) die Permeabilit~tseigenschaften samtlicher bisher unter- suehten lebenden Protoplasten bestimmen. ,,Der Unterschied zwischen den einzelnen Objekten ist nur ein gradueller, je nachdem ob Poren yon grSflerer oder geringerer Weite vorhanden sind" (SchOnfelder S. 493). Das wird hoffentlich noch deutlicher werden, wenn weitere permeabilitatsphysiologische

Weitere Untersuchungen über die Permeabilität von Beggiatoa mirabilis nebst kritischen Ausführungen zum Gesamtproblem der Permeabilität

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Page 1: Weitere Untersuchungen über die Permeabilität von Beggiatoa mirabilis nebst kritischen Ausführungen zum Gesamtproblem der Permeabilität

620 Referate

Seh~nfelder, Susanne, Weitere Untersuehungen fiber die Permeabilit~t yon Beggiatoa mirabilis nebst kritischen Ausfiihrungen zum Gesamt- problem der Permeabilit~t. Planta 12, 414--504, 1930

Bei ihren Untersuchungen fiber die merkwfirdigen Permeabilit~itseigen- schaften yon Beggiatoa ~nirabilis kamen bekanntlieh R u h l a n d und H o f f m a n n zu dem Ergebnis, daft sich die Permeabilitat dieser Zellen fast restlos auf Grund der Ultrafiltertheorie erkl~iren lasse. Das Molekularvolumen der ge- prfiften Verbindungen war scheinbar yon ganz entscheidender Bedeutung ffir ihr PermeiervermSgen; ihre sonstigen physikalisch-chemischen Eigenschaften schienen dagegen in dieser Hinsicht fast keine Rolle zu spielen. Durch diese Untersuchungen war ein schSnes Paradigma ftir die Ultrafiltertheorie geschaffen, es klaffte aber eine beinahe uniiberbriickbar erscheinende Kluft zwischen den PermeabilitKtseigenschaften der Beggiatoa einerseits und denjenigen aller anderen bisher untersuchten Zellen andererseits~ Nur zSgernd wagte daher der Unterzeich- nete seinerzeit der Vermutung Ausdruck zu geben, daft die Permeabilit~t von Beggiatoa womSglich nur eine extreme Variante eines vielleicht allen lebenden Protoplasten gemeinsamen PermeabilitKtstypus darstelle. Und zwar war es fast allein das im Verh~ltnis zu seinem Molekularvolumen allzu grofie Permeier- vermSgen des Antipyrins, das damals die Vermutung aufkommen liefi, daft auch bei Beggiatoa wie im Falle anderer Protoplasten lipoidlSsliche und ober- fl~ichenaktive Stoffe ceteris paribus leichter als lipoidunlSsliche und oberfl~cben- inaktive Verbindungen permeieren wiirden. (Vgl. Protoplasma, 1, 143, 1926.)

Durch die j etzt erschienene Arbeit yon Frl. S c h 5 n f e 1 d e r, ein er Sehfilerin R u h l a n d s , hat sich die Sachlage wesentlich verandert. Verfasserin hat die Permeabilit~t von Beggiatoa gegenfiber zahlreichen neuen organischen Ver- bindungen versehiedenen Charakters untersucht. Uberbliekt man das ge- samte jetzt vorliegende Beobachtungsmaterial, so zeigt sich, daft das Anti- pyrin keine so ausgesprochene Sonderstellung mehr einnimmt. Vielmehr permeieren auch die anderen lipoidlSslichen, oberflKchenaktiven Verbindungen grSfieren Molekularvolumens deutlich schneller als lipoidunlSsliche, oberfl~ehen- inaktive Stoffe derselben MolekulargrSfie. Bei kleinen und mittelgrofien Molekfilen ist der Einflufi der Lipoidl5slichkeit bzw. der Oberfl~ichenaktivit~t allerdings gering, oft iiberhaupt kaum merkbar. Die MolekiilgrOfie ist jeden- falls, wie schon R u h l a n d und H o f f m a n n fanden, diejenige Eigenschaft, welche das DurehtrittsvermSgen der verschiedenen Nichtelektrolyte durch das Beqgiatoa-Plasma in erster Linie bestimmt.

Durch diese Feststellungen Frl. S c h S n f e l d e r s ist eine erfreuliche prinzipielle Ubereinstimmung zwischen den Permeabitit~tseigenschaften der Beggiatoa-Zellen und denjenigen der iibrigen Pflanzen- und Tierzellen nach- gewiesen worden. Zwar nimmt Beggiatoa noch immer eine extreme Stellung ein. Denn bei keinen anderen bisher untersuchten Protoplasten spielt das Ultrafilterprinzip eine so hervorstehende Rolle wie bei ihr, w~hrend umge- kehrt der zweite Faktor - - mag er nun als eine Auswirkung der Lipoid- 15slichkeit oder der Oberfl~ichenaktivitat gedeutet werden - - bei den meisten Tier- und Pflanzenzellen ja dominiert, bei Beggiatoa dagegen b]ofi einen Faktor zweiten Ranges darstellt. Immerhin sind es, soweit wir jetzt beurteilen k/}nnen, dieselben Faktoren, welche (allerdings in quantitativ sehr verschie- denem Marie beteiligt) die Permeabilit~tseigenschaften samtlicher bisher unter- suehten lebenden Protoplasten bestimmen. ,,Der Unterschied zwischen den einzelnen Objekten ist nur ein g r a d u e l l e r , je nachdem ob Poren yon grSflerer oder geringerer Weite vorhanden sind" ( S c h O n f e l d e r S. 493). Das wird hoffentlich noch deutlicher werden, wenn weitere permeabilitatsphysiologische

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Referate 621

Bindeglieder zwischen Beggiatoa einerseits und den gewShnlichen Zellen an- dererseits untersucht sind.

Die oben angedeuteten experimentellen Feststellungen bilden wohl das wichtigste Ergebnis Frl. S e h 5 n f e l d e r s . Ihre theoretischen Ausffihrungen sind dem Ref. teilweise weniger einleuchtend. Nur ein Punkt sei hier noch besprochen. Da zur Erklarung der Permeabilit~tseigenschaften yon Beggiatoa das Ultrafilterprinzip allein nicht ausreicht, muff irgendein anderes Prinzip mit herangezogen werden. Als eine solche Erg~nzung des Ultrafilterprinzips taugen nach Ansicht der Verfasserin weder die LipoidtheorJe noch die J. T r a u b e s c h e Oberflachenaktivit~tstheorie, sondern allein die W a r b u r g s c h e Adsorptionstheorie. Diese war bekanntlich zunachst nur fiir die Oxydations- hemmung bei Oberfl~chenkatalysen und ffir die Narkose entwickelt worden, und besagt, daft die Wirkungsst~rke eines Narkotikums nicht allein yon seiner Adsorbierbarkeit, sondern auch in einer ganz bestimmten Weise yon der GrSfie seiner Molekiile abhangt. Die Veranlassung zur Heranziehung des W a r b u r g s c h e n Prinzips im Falle der Plasmapermeabilit~t yon Beggiatoa war - - wenn der Ref. die Verfasserin richtig verstanden hat - - die Beob- achtung, daft die Bedeumng der Oberflachenaktivit~t bzw. der AtherlSslich- keit fiir den Durchtritt mit zunehmender MolekiilgrSfie w~chst (vgl. S. 487). Verfasserin scheint also ~ibersehen zu haben, daft auch z. B. vom Standpunkt der Lipoidtheorie kombiniert mit der Ultrafiltertheorie genau dasselbe Ergebnis zu erwarten war. Denn nach der Lipoid-Ultrafiltertheorie kSnnen ja die grofimolekularen Verbindungen nur den Lipoidweg benutzen - - ihre Permeation ist also f a s t a l l e i n von ihrer grSfleren oder kleineren LipoidlSslichkeit bedingt - - , wahrend den kleinmolekularen Stoffen auch die engen Wasser- bahnen often stehen, so daft ihre Durchtrittsgeschwindigkeit yon ihrer eventuellen LipoidlSsliehkeit weniger abh~ngig ist.

R. C o l l a n d e r (Helsingfors).

Lehmann, Ernst und Aichele, Fritz~ Keimungsphysiologie der Gr~iser (Gramineen). 1931, 678 Seiten, 152 Abbildungen~ Verlag yon Ferdinand Enke in Stuttgart.

Gegen die unaufhaltsam steigende Flut der Literatur gibt es nur eine Hilfe : Sorgfaltig bearbeitete, verlSi~liche zus a m m e n f as sen d e Darstellungen ; diese kSnnen nicht hoch genug gewertet werden, besonders dann, wenn sie sich auf ein Wissensgebiet beziehen, fiber das schon jahrzehntelang keine ~bersicht gegeben wurde. Dies ist bei der vorliegenden ,,Keimungsphysiologie der Gramineen" der Fall. Wenn auch von der hier harmonisch bearbeiteten ungeheueren Literaturmasse ffir die Protoplasmaforschung nur ein Teil yon speziellem Interesse ist, so berechtigt - - abgesehen von zahllosen Einzelheiten in fast allen Teilen des Buches - - allein schon das Kapitel ,,Der physikalisch- chemische Zustand (Quellung, osmotische Verh~ltnisse) des Samens" die Empfehlung, die Zellphysiologie mSge an diesem ~iberaus wertvollen Itilfs- werke nicht achtlos vorfibergehem F. W e b e r (Graz)

G. van Iterson und C. Homan van der Heide, Stempells Versuche zum Nachweis der mitogenetischen Strahlung mit Hilfe tier Liesegangschen Ringe. Proc. Koninkl. Akad. v. Wetenseh. Amsterdam Vol. 33, Nr. 7, 1930.

Verff. wiederholten die S t e m p e l l s c h e n e r s t e n Versuche mit Zwiebel- sohlenbrei zun~chst mit der Modifikation, daft sie eine mit Zwiebe]sohlenbrei