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BMBF PROGRAMM Rahmenprogramm Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING

Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING · 3 4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft 35 4.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissenschaften – 35 der Mensch

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Rahmenprogramm

Werkstoffinnovationenfür Industrie und Gesellschaft – WING

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Impressum

HerausgeberBundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)Referat Öffentlichkeitsarbeit53170 Bonn

BestellungenSchriftlich an den HerausgeberPostfach 30 02 3553182 Bonn

oder telefonisch unter derRufnummer 01805-BMBF02 bzw. 01805-262302Fax: 01805-BMBF03 bzw. 01805-2623030,12 Euro/Min.

E-Mail: [email protected]: http://www.bmbf.de

RedaktionProjektträger JülichGeschäftsbereich NMTInternet: http://www.fz-juelich.de/ptj

GestaltungMEDIA CONSULTA Deutschland GmbH,Berlin

DruckereiDruckhaus Schöneweide, Berlin

StandOktober 2003

Gedruckt auf Recyclingpapier

BildnachweisAccess e.V., Aachen: S. 33ALD Vacuum Technologies GmbH: S. 23Barthlott, Wilhelm: Titel, S. 3, 43BASF AG: S. Titel, 6, 41, 55, 62Berliner Glas KGaA: S. 42BLANCO GmbH + Co KG: S. 3, 9CeramTec AG: S. 36Daimler Chrysler: S. 45Robert-Murjahn-Stiftung: Titel, S. 7digitalvision: S. 67, 71DLR, Braunschweig: S. 49Emitec GmbH: S. 3, 20eyeofscience: TitelFeldmann, Jochen: S. 30Fraunhofer Gesellschaft: Titel, S. 3, 29, 45, 49,50, 52, 60, 64Fromherz, Peter: S. 53Forschungszentrum Geesthacht GmbH: S. 63Hahn-Meitner-Institut (HMI): S. 58, 66Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: S.37Hegla, Beverungen: S. 48Henkel KGaA: S. 2, 43Institut für Mikrotechnik, Mainz: S. 38Kompetenzzentrum Nanoanalytik: S. 29Kompetenzzentrum für Biomaterialien: S. 35Max-Planck-Gesellschaft: S. 30, 31Nanosolutions GmbH, Hamburg: S. 10PhotoDisc: Titel, S. 54, 68, 69Robert Bosch GmbH: S. 39RWTH-Aachen: S. 32, 51Schott: S. 2, 3, 57, 59SÖHAB Haushaltsgeräte GmbH: S.7Siemens AG: S. 3, 2, 8, 11, 12, 13, 16, 17, 25, 26, 38Siemens Power Generation: S. 22, 46Universität Ulm: S. 36

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Rahmenprogramm

Werkstoffinnovationenfür Industrie und Gesellschaft – WING

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1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert 4

1.1. Werkstoffe, Chemie und Nanotechnologien 4– eine Zukunftsinvestition

1.2. Neue Werkstoffe – treibende Kraft für 6industrielle Innovationen

1.3. Kleine und mittelständische Unternehmen 9im Innovationsprozess

1.4. Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb 11

1.5. Aus- und Weiterbildung 13

1.6. Ergebnisse der Evaluation des Programms MaTech 14

2. Förderpolitischer Handlungsbedarf und Programmziele 18

2.1. Stärkung der Innovationskraft von Unternehmen 19

2.2. Berücksichtigung des gesellschaftlichen Bedarfs und 20Nutzung von Forschung und Technologie für nachhaltige Entwicklungen

3. Vernetzung mit anderen Förderaktivitäten 23

4. Handlungsfelder 27

4.1. Visionen durch Interdisziplinarität 284.1.1. Nanotechnologische Werkstoffkonzepte – kleine Dimensionen, 28

große Effekte4.1.2. Computational Materials Science – rechnergestützt zu 32

neuen Konzepten4.1.3. Bionische Werkstoffe – natürliche Bauprinzipien in der Technik 34

Inhalt

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4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft 354.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissenschaften – 35

der Mensch im Zentrum4.2.2. Stoffe und Reaktionen – auf chemischem Weg zu neuen 37

Werkstoffen4.2.3. Schichten und Grenzflächen – Schutz, Funktion und Aktion 41

4.3. Mobilität, Energie und Information 444.3.1. Leichtbau – leichte Werkstoffe und Strukturen 444.3.2. Ressourceneffiziente Werkstoffe – der Faktor-4-Ansatz 464.3.3. Intelligente Werkstoffe – regeln ohne Regler 484.3.4. Elektromagnetische Funktionswerkstoffe – Motor der 50

Informationsgesellschaft

5. Durchführung des Programms 54

5.1. Förderinstrumentarium 54

5.2. Förderverfahren und Förderkriterien 55

5.3. Begleitende Programmentwicklung 56

5.4. Internationale Zusammenarbeit 56

5.5. Ansprechpartner 56

Anhang

A1 Außeruniversitäre Aktivitäten in der Materialforschung 57

A2 Förderung der Materialforschung durch die 66Deutsche Forschungsgemeinschaft

A3 Förderung von werkstoffrelevanten Themen durch die 70Europäische Union

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1.1. Werkstoffe, Chemie und Nanotechnolo-gien – eine Zukunftsinvestition

„Materials: Shaping our Society“ befindet eine ak-tuelle englische Foresight-Studie. Und in der Tat, esscheint kaum etwas zu geben, was die Gesellschaftso prägt wie die Technik, und kaum etwas, was dieTechnik so prägt wie der Werkstoff. Waren es früherganz bestimmte Werkstoffe, die epocheprägendwirkten („Bronzezeit“, „Eisenzeit“, „Kunststoffzeit“),sind es heute eine Vielzahl „intelligenter“ Werkstof-fe, die die technische Entwicklung dominieren.Die Materialforschung – zusammen mit den rele-vanten Gebieten der Chemie, der Nanotechnologieund der Verfahrenstechnik – kann deshalb in ihrerBedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt wer-den. Neuartige Werkstoffe wirken in der modernenIndustriegesellschaft zunehmend als Wegbereiter

für Wohlstand und Arbeitsplätze und verbesserndie Wettbewerbsfähigkeit technologieorientierterUnternehmen, mit ihnen wächst Lebensqualität, Sicherheit und Mobilität.

Innovationen im Werkstoff- und Verfahrensbereichermöglichen nicht nur diese deutlichen Fortschrittefür die Entwicklung der Gesellschaft und für die Lebensqualität der Menschen, sondern sind auchhäufig die treibende Kraft für industrielle Produkt-entwicklungen. Die für Deutschland wichtigen Indus-triebranchen wie Fahrzeugbau, Maschinenbau, chemische Industrie, Elektrotechnik/Elektronik, Informations- und Kommunikationstechnik sowie dieEnergieversorgung, die gemeinsam entscheidendzum Handelsbilanzüberschuss beitragen, profitierenin hohem Maße von materialbasierten Entwicklun-gen. Innovationen im Werkstoffsektor müssen mög-lichst rasch von der Industrie in wettbewerbsfähigeProdukte umgesetzt werden, auch in den Bereichenöffentlich-technische Sicherheit, Nachhaltigkeit undhierbei insbesondere Ressourcenschonung.

Jahrtausendelang entwickelte derMensch Werkstoffe aus seiner Er-fahrung heraus und ohne dereninnere Struktur im Einzelnen zukennen. Erst in den letzten 150Jahren kamen wissenschaftlicheMethoden auf, die ein vertieftesVerständnis der festkörperphysi-kalischen und chemischen Phäno-mene und Eigenschaften vonWerkstoffen ermöglichten. ImVordergrund standen dabei hochauflösende analytische Methodender Licht- und Elektronenmikros-kopie. Das neu gewonnene Wis-sen konnte nun zum gezielten„Maßschneidern“ von Werkstof-fen genutzt werden.

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1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. JahrhundertPr

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Info

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Chemische Nanotechnologie

CHEMIE

Neue Werkstoffe undWerkstofftechnologienfür innovative Produkte

NANOWISSEN-

SCHAFTEN

MATERIAL-FORSCHUNG

Ingenieurwissenschaften

Biologie, Physik

Lebe

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Die Integration aller für die Werkstoffentwicklung beitragender

Wissens- und Technologiebereiche stellt im Förderprogramm

ein wesentliches Element zur Innovation im Produkt- und Ver-

fahrensbereich dar. Quelle: PTJ-NMT

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Nickel-Basis-Superlegierungen, III/V-Halbleitermate-rialien, elektrisch leitfähige Kunststoffe oder photo-nische Kristalle stehen hier beispielhaft für wissens-intensive und technologisch höchst anspruchsvolleWerkstoffe mit hohem Wertschöpfungspotenzial.Aber der Weg ist noch nicht zu Ende. Im Gegenteil,die Nanotechnologie und die Lebenswissenschaf-ten, so die Nanobiotechnologie, stoßen die Türenauf zu ganz neuen Werkstoffen, ganz neuenVerfahrensprinzipien und ganz neuen Produkten.

Die Nanotechnologie eröffnet die Möglichkeit, Stof-fe künftig Atom für Atom „Step by Step“, passendfür den jeweiligen Anwendungszweck aufzubauen (u. a. Nanopartikel mit extrem großer Oberflächeund ultradünnen Schichten). Wichtig ist die Schnitt-stelle zu den Lebenswissenschaften. Hier ergebensich, abgeleitet von biologischen Aufbauprinzipien,z. B. synthetische Prozessrouten oder neue Funktio-nen für so genannte biomimetische Materialien.

Ein weiteres, innovatives Querschnittsfeld für dieWerkstoffentwicklung ist die „Computational Mate-rials Science“, die es erlaubt, Materialien computer-gestützt zu entwickeln. Man kann damit ihre Her-stellung und Verarbeitung simulieren bis hin zurVorhersage, wie sich das Bauteil später verhaltenwird. Die moderne Werkstoffentwicklung ist des-halb hochgradig interdisziplinär; Verfahrenstechni-ker/innen, Mediziner/innen, Biologen/innen und In-formatiker/innen werden genauso gebraucht wie

Chemiker/innen, Physiker/innen und Materialwis-senschaftler/innen.

Werkstoffforschung hat dabei intensive Auswirkun-gen auf eine Vielzahl anderer Technologiefelder:Nanoelektronik, optische Technologien und Ferti-gungstechnik sind tief in der modernen Material-wissenschaft verankert. Deshalb sind Sicherung undAusbau einer führenden Position in der Werkstoff-entwicklung für viele Unternehmen ein Schlüsselzur dauerhaften Stärkung ihrer internationalenWettbewerbsfähigkeit. Mehr als drei Viertel der 20 größten deutschen Industrieunternehmen stu-fen die Materialforschung als bedeutend bis sehrbedeutend für ihre zukünftige Unternehmensent-wicklung ein. Diese impulsgebende Wirkung ist so-wohl für die Entwicklung wichtiger Industriebran-chen als auch für Umwelt und Gesellschaft derGrund für die engagierte Förderung des Gebietes infast allen Industrieländern.

Investitionen in die Materialforschung haben aller-dings häufig einen grundsätzlichen Nachteil: Viel-fach partizipiert der eigentliche Werkstoffherstellernur geringfügig an der späteren, oft hohen Wert-schöpfung im Bauteil bzw. System, obwohl bei ihmder überwiegende FuE-Kostenanteil anfällt. Zudembenötigt der Markt meist nur geringe Werkstoff-mengen, insbesondere bei Funktionswerkstoffenoder Schichtmaterialien. Dies sind gravierende Inno-vationshemmnisse. Sie müssen durch partnerschaft-

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

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Prinzipskizze der Wertschöpfungs-

kette in der Werkstoffentwicklung

Quelle: PTJ-NMT

Material Halbzeug Bauteil System Anwendung

Wertschöpfungskette

Werkstoffkompetenz Marktumsetzung

Werkstoffentwickler AnwenderInstitute

Grundlagenforschung

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liche Kooperationen in den Förderprojekten oderdurch eine spätere Erfolgsbeteiligung überwundenwerden. Auf der anderen Seite können kleine undmittlere Unternehmen derartige Nischenmärkte, diefür Großunternehmen nur wenig attraktiv sind, er-folgreich besetzen, vor allem im Entwicklungsver-bund mit Forschungseinrichtungen. Die Interdiszi-plinarität bleibt allerdings auch hier eine wichtigeForderung, unverzichtbar ist der integrative Ansatz.Im 21. Jahrhundert werden voraussichtlich Herstell-methoden große Bedeutung erlangen, bei denensich Moleküle, Werkstoffe oder vielleicht sogar klei-nere Bauteile selbstorganisierend aufbauen. DasSchlüsselphänomen ist hierbei die Selbstorganisa-tion als Konstruktionsprinzip. Bei diesem Prozess fü-gen sich Atome, Moleküle, Molekülverbände bis hinzu Bauteilen selbstständig zu wohl geordneten,funktionierenden Einheiten zusammen. Selbstorga-nisation ist ein Grundprinzip der Natur.

Entscheidend für die Zukunft wird sein, ob es ge-lingt, diese Prozesse zu beherrschen und für techni-

sche Systeme zu nutzen. Einen Weg dahin eröffnetdie supramolekulare Chemie. Aus organischen oderanorganischen molekularen Einheiten lassen sichRiesenmoleküle entwerfen und herstellen. Wird derchemische Aufbau der einzelnen Strukturelementerichtig gewählt, können sie sich zu größeren Syste-men mit spezifischen und reproduzierbaren Funk-tionen auf der Nanoskala selbst organisieren. Inter-essante Möglichkeiten hierzu bietet die Stoffklasseder so genannten Dendrimere. Ausgehend von ei-ner zentralen Struktureinheit organisieren sie sichunter geeigneten Reaktionsbedingungen selbstund bilden immer stärker verzweigte, aber wohlgeordnete Strukturen bis hin zu Riesenmolekülen.Diese können Abmessungen von mehreren 100 Na-nometern oder sogar Mikrometern erreichen. Sol-che Partikel/Systeme finden u. a. Anwendung in derDiagnostik oder als Drug-Delivery-Systeme, mit de-ren Hilfe man gezielt Therapeutika an den Wirkorttransportieren und dort dosiert freisetzen kann (z. B. Chemotherapeutika am Tumor).

Fassen wir zusammen:Materialforschung – ein Technologiefeld, das un-trennbar mit der KMU-Szene und mittlerweile auchmit hohem Risiko im High-Tech-Bereich verbundenist – bildet geradezu den klassischen Fall für staatli-che Forschungsförderung, denn hier könnten kleineFördermittelbeträge schon in vergleichsweise kur-zer Zeit Früchte tragen.

Die Förderprogramme des BMBF zeigen eine deutli-che Entwicklung: Aus Materialforschung (MatFo, bis1993) wurde Materialtechnik (MaTech – Werkstoffefür Zukunftstechnologien, bis 2003), aus MaTechdas offene integrative Konzept WING (ab 2004),das erstmalig den Zusammenschluss mit Nanotech-nologie und chemischer Forschung bringt.

1.2. Neue Werkstoffe – treibende Kraft für industrielle Innovationen

Die Wirtschaftskraft hoch entwickelter Industriege-sellschaften ist stark abhängig von Erfolgen in derWerkstofftechnologie, denn viele bedeutende Inno-

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Polyethylen-Folie (Handelsname: Luflexen) mit katalysator-

bestimmten Dehnungseigenschaften: Mit Metallocen-

Katalysatoren lässt sich der Massenkunststoff Polyethylen

derart verbessern, dass z. B. Folien hergestellt werden

können, die extrem reißfest sind.

Quelle: BASF AG

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vationsschübe sind nur auf der Basis neuer Materia-lien zu verwirklichen. Beispiele sind die Medizin-technik, die ressourcen- und umweltschonendeEnergiebereitstellung, neue Fahrzeugkonzepte zurVerwirklichung umweltgerechter Mobilität oderhochintegrierte Komponenten der Informations-und Kommunikationstechnik. Angesichts steigenderWeltmarktpotenziale für FuE-intensive Produkte hatdie Werkstofftechnik erheblichen Einfluss auf denErhalt und Ausbau einer führenden Technologiepo-sition und damit auf Arbeitsplätze am StandortDeutschland.

Jenseits der konjunkturellenAufs und Abs und auch jen-seits unterschiedlicherWachstumspfade beobachtetdie Weltwirtschaft in denletzten 20 Jahren einen dop-pelten Strukturwandel. Zumeinen expandieren die for-schungs- und wissensintensi-ven Wirtschaftszweige zuLasten derjenigen, die weniger auf den Einsatzhoch qualifizierten Personals angewiesen sind. Zumanderen ist das Wachstum des industriellen Sektorsim Vergleich zu dem des Dienstleistungssektorsziemlich verhalten. Dies hat zur Konsequenz, dassnicht einmal forschungsintensive Industrien das ge-samtwirtschaftliche Wachstumstempo halten kön-nen.

Die wesentlichen strukturellen Unterscheidungs-merkmale Deutschlands vom weltwirtschaftlichenDurchschnitt lassen sich wie folgt beschreiben:Deutschland verfügt über einen ausgesprochengroßen forschungsintensiven (Industrie-)Sektor.Innerhalb des forschungsintensiven Sektors ist je-doch ein Übergewicht des Sektors „HochwertigeTechnologie“ in einem Umfang auszumachen, wiees unter den westlichen Industrieländern seines-gleichen sucht. Der Spitzentechniksektor wiederumist für ein hoch entwickeltes Industrieland als rechtklein anzusehen.

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

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Links: Handy-Display-Fenster aus Kunststoff

(PMMA: Polymethylmethacrylat) mit einer

Kratzfestbeschichtung aus acrylatbasier-

tem Nanokompositlack (Werksmuster) auf

der linken unteren Hälfte; obere rechte

Hälfte: ohne Beschichtung.

Quelle: Deutsche Amphibolin-Werke von

Robert-Murjahn-Stiftung & Co. KG

Unten: High-Tech-Materialien für den All-

tag: Die keramische Sohle für Dampfbügel-

eisen verdeutlicht beispielhaft Anwen-

dungsvorteile durch den Einsatz von

Hochleistungskeramik. Die Entwicklung

des Demonstrators erfolgte durch den

Fraunhofer-Verbund Hochleistungskeramik

mit Unterstützung der SÖHAB Hausgeräte

GmbH.

Quelle: SÖHAB Hausgeräte GmbH

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Deutschland verfügt weiterhin über einen schwachausgeprägten nicht wissenschaftsintensiven Dienst-leistungssektor. Auch dieses Muster ist in einer ex-tremen Form vorzufinden, wie man es sonst unterden OECD-Ländern nur in Finnland und Korea fin-det. Letztlich hat dies in Deutschland zur Konse-quenz, dass sich die Beschäftigungsprobleme im-mer deutlicher bemerkbar machen.

In forschungsintensiven Wirtschaftszweigen müs-sen und können Werkstoffinnovationen dazu bei-tragen, vorhandene Defizite abzubauen, die Wett-bewerbsfähigkeit der deutschen Industrie vor allemauf technologiegetriebenen und leistungsstarkenGebieten weiter zu stärken und damit qualifizierteArbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Im Rah-men des sich vollziehenden Strukturwandels kon-zentrieren sich deutsche Großunternehmen auf Geschäftsfelder, in denen sie international wettbe-werbsfähig sind, womit tendenziell folgende Ent-wicklungen einhergehen:

• Unternehmen stellen vielfach den Systemgedan-ken mehr in den Vordergrund und entscheidensich für eine stärkere vertikale Integration vonTechnologien. Dadurch erhöht sich die Wert-schöpfung innerhalb der Firma.

• In der Automobilbranche ist ein Wachstum vonFuE-Kompetenz im Zuliefererbereich zu verzeich-nen: Aus KMU entstehen hochkompetente, FuE-aktive Großunternehmen.

• Vielfach dünnen Großunternehmen ihre grundla-genorientierte Forschung und Entwicklung starkaus, bis hin zur völligen Auflösung einer zentra-len Forschungsabteilung. Dadurch findet dortkaum noch explorative Forschung statt – FuE-Leis-tungen werden auf KMU und Forschungseinrich-tungen ausgelagert.

• Die Zeithorizonte von FuE-Projekten werden im-mer kürzer: Time-to-market und immer kürzereProduktzykluszeiten gelten als Erfolgsfaktoren.

(Vgl. auch Bericht: „Zur technologischen Leistungs-fähigkeit Deutschlands 2002“, BMBF, Februar 2003)

Trotz dieser schwierigen Prämissen wird deutlich,dass es sich für die Firmen trotzdem lohnt, inmittel- bis langfristige Werkstoffentwicklungen zuinvestieren. Dies zeigen auch die technischen undwirtschaftlichen Erfolge der öffentlichen Förderpro-jekte. Vor diesem Hintergrund ist die engagierteFörderung der Werkstoffforschung durch die öf-fentliche Hand in allen bedeutenden Industriena-tionen zu sehen.

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Kunststoff-Chips ermöglichen den Aufbau sehr preiswerter, flexibler Schaltungen, z. B. als sogenannte Radio Frequency Ident (RFID) Tags

zur kontaktlosen elektronischen Datenübertragung (Bild links). Mit diesen „funktionalen Polymeren“ lassen sich elektronisch auslesbare

Strichcodes auf Verpackungen anbringen, die ein einfaches Auslesen der Waren an der Supermarktkasse ermöglichen (Bild rechts).

Quelle: Siemens AG

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Die Entwicklung neuer Materialien erfordert Kreati-vität, Know-how und wirtschaftlichen Weitblick.Manchmal ist spezifische Funktionalität gefragt,manchmal hohe Vielseitigkeit. Manche Werkstoffesollen sich möglichst gut an wechselnde Erforder-nisse anpassen, andere besonders stabil und mög-lichst kompatibel zu etablierten Produktionsprozes-sen sein. Im Vordergrund steht aber immer derhöhere Kundennutzen im Vergleich zur konventio-nellen Lösung. Dies können völlig neue Material-eigenschaften sein, eine bessere Wirtschaftlichkeitdurch kostengünstigere Herstellungsverfahren, um-weltfreundlichere Verfahren oder längere Stand-zeiten der Komponenten. Die eigentliche Wert-schöpfung wird überwiegend von der Vermarktungdes Endproduktes bestimmt. Es ist wichtig, die ein-zelnen Innovationsstufen miteinander zu verknüp-fen und industrielle Forschungsverbünde entlangder Wertschöpfungsketten zu bilden. So werden ineinem möglichst frühen Entwicklungsstadium allerelevanten Industriepartner eingebunden.

1.3. Kleine und mittelständische Unterneh-men im Innovationsprozess

Die Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen(KMU) in Produktion, Verarbeitung und Dienstleis-

tung hat in Deutschland in den letzten zwei Jahr-zehnten erheblich zugenommen. Begleitet wurdediese Entwicklung durch eine rege Gründungsakti-vität im Bereich innovativer Technologien wie z. B.den IuK, der Biotechnologie, den neuen Materialienoder der Nanotechnologie. In wichtigen Branchen –so auch im Bereich Materialentwicklung – spielenKMU inzwischen eine Schlüsselrolle im Innovations-system. Häufig besetzen sie spezifische Nischen inder Wertschöpfungskette zwischen Grundlagenfor-schung, angewandter Forschung, Produkt- und Anwendungsentwicklung. Sie nehmen dabei dieFunktion von Direktanbietern, Zulieferern oderDienstleistern wahr und produzieren entweder ein-zelne Komponenten für Großunternehmen oderbieten maßgeschneiderte Systemlösungen oderServiceleistungen an. Aufgrund der flachen Hierar-chien in KMU sind die firmeninternen Entschei-dungs- und Informationswege kurz, die Strukturenflexibel und die Mitarbeiter/innen hoch motiviertund überdurchschnittlich kreativ.

Neugründungen von Unternehmen beleben denWettbewerb, tragen zur Erneuerung und Umstruk-turierung traditioneller Branchen bei, beschleuni-gen den technischen Fortschritt und die Entwick-lung von High-Tech-Gebieten und sorgen für die

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

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Spülen aus dem neuen Werkstoff Silgranit PuraDur sind leicht zu reinigen, denn ein wasser- und schmutzabweisender Werkstoff ist im Ma-

terial enthalten und auch noch nach Jahren wirksam. Wasser, Schmutz, Kalk und Flecken, wie schwarzer Tee, Kaffee oder Rotwein, finden

darauf keinen Halt und lassen sich einfach mit einem feuchten Tuch abwischen. Das Material ist robust, kratzfest, lichtecht und hitzebe-

ständig bis 280 °C. Quelle: BLANCO GmbH + Co KG

Page 12: Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING · 3 4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft 35 4.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissenschaften – 35 der Mensch

rasche Verbreitung neuer Technologien. ErheblicheBedeutung bei der Gründung innovativer High-Tech-Firmen haben Ausgründungen aus Hochschu-len und Forschungseinrichtungen. InsbesondereFraunhofer-Institute und industrieorientierte, so genannte „An-Institute“ an Hochschulen sind hierVorreiter. Zwischen 1996 und 2000 sind pro Jahr etwa 2.500 Unternehmen aus Forschungseinrich-tungen und Hochschulen hervorgegangen. Auch durch zunehmendes Outsourcing von Teilender Wertschöpfung aus großen Unternehmen ergibt sich oft eine neue, vertikale Arbeitsteilungzwischen KMU, Großunternehmen und Forschungs-einrichtungen. KMU werden dabei auf ihrem jewei-ligen Spezialgebiet kompetente und wichtige Kooperationspartner.

Aufgrund begrenzter Ressourcen sind KMU meistnicht in der Lage, intensive Forschung zu betreibenoder materialbasierte Innovationsprozesse von derEntwicklung und Charakterisierung eines Werkstoffsbis hin zu seinem Einsatz selbst durchzuführen. Viel-

mehr sind häufig spezifische Kernkompetenzen aus-gebildet, die möglichst breit vermarktet werden. Besonders wichtig für den Erfolg der KMU ist derenstetiger Zugang zu Know-how (u. a. aus der Grund-lagenforschung) und die enge Anbindung an dieGroßindustrie, an Zulieferer und andere Glieder derMaterial-Wertschöpfungskette. Eine erfolgreicheEtablierung auf dem Markt setzt außerdem einenaktiven und intensiven Technologietransfer voraus.Durch die Integration der Unternehmen in Netzwer-ken und Zentren und durch Partizipation an Ver-bundprojekten wird dies gewährleistet.

Durch den verschärften globalen Wettbewerb aufpotenzialträchtigen Technologiefeldern haben dieEntwicklungsrisiken für KMU erheblich zugenom-men. Hinzu kommen oft lange Erprobungs-, Geneh-migungs- und Versuchszeiten. Markteintrittsbarrie-ren, Fachkräftemangel und hohe Investitionen fürden Fertigungsaufbau stellen weitere Risiken für in-novative KMU dar.

Das BMBF unterstützt deshalb KMU, die sich über In-novationen neue Märkte erschließen oder ihreMarktposition mithilfe risikoreicher Entwicklungenausbauen wollen. In der Regel haben KMU, die neueWerkstoffe herstellen oder anwenden, nicht die Ka-pazität, die erforderlichen wissenschaftlich-techni-schen Grundlagen selbst zu erarbeiten. Sie sind da-her besonders auf einen gut funktionierendenKnow-how-Transfer aus dem institutionellen Bereichund aus gemeinsamen FuE-Projekten mit der Großin-dustrie angewiesen. Die BMBF-Förderung unterstütztdabei insbesondere Forschungsprojekte, in denenGroßunternehmen, klein- und mittelständische Fir-men und Forschungseinrichtungen arbeitsteilig ko-operieren. Eine staatliche Unterstützung ist oft aus-schlaggebend bei der unternehmensinternenEntscheidung für oder gegen ein Projekt. De factoverringert die Förderung die „Hemmschwelle“ der Industrie beim Einstieg in übergreifende und volks-wirtschaftlich wichtige Themen beträchtlich. Insbe-sondere Start-ups sind auf Fördermittel angewiesen,weil sie risikoreiche Entwicklungen nicht ausschließ-lich selbst finanzieren können.

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Zur Sicherung von z. B. Kunstgegenständen oder Dokumenten

wurde eine spezielle Ink-Jet-Tinte entwickelt. Unter Tageslicht

ist die Markierung unsichtbar, während unter UV-Licht die

Markierung sichtbar wird. Dies wird durch Dispergierung

verschiedener Nanopartikel in der Tinte erreicht, die unter

UV-Anregung fluoreszieren. Das Beispiel zeigt die unsichtbare

Markierung des Bildes „Mona Lisa“ unter Tageslicht und die

sichtbare Markierung unter UV-Licht.

Quelle: Nanosolutions GmbH, Hamburg

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Auf dem mit hohem Entwicklungsrisiko und starkenSubstitutionseffekten verbundenen werkstoffba-sierten Sektor müssen weiterhin langfristige FuE-Kooperationen zwischen Großunternehmen, KMUund Forschungseinrichtungen aufgebaut und ge-festigt werden. Das gilt in differenzierter Form so-wohl für die Massenproduktion als auch für lukrati-ve Nischenmärkte und für FuE-Dienstleistungenbzw. für die Auftragsforschung hoch spezialisierterkleinerer Unternehmen.

Die Bundesregierung hat sich deshalb zum Ziel ge-setzt, die Rahmenbedingungen in Deutschland fürKMU zu verbessern, Hemmnisse im Innovationspro-zess abzubauen und mithilfe flankierender Förder-maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung des KMU-Sektors beizutragen. Dabei ist im Rahmen von WINGu. a. eine spezifische KMU-Fördermaßnahme geplant,die junge forschungsintensive Unternehmen bei derEtablierung am Markt unterstützen soll.

1.4. Deutschlands Positionim internationalen Wettbewerb

Die technologische Leistungs-und Wettbewerbsfähigkeit je-der Industrienation hängt abvon Umfang und Geschwindig-keit, mit der Innovationen inwirtschaftlichen Erfolg umge-setzt werden. DeutschlandsAußenhandelsstärke beruht inerster Linie auf Hochtechnolo-gieprodukten und Dienstleis-tungen für eher traditionelleMärkte (siehe Studie zur Evalu-ierung des Programms MaTech,Arthur D. Little, 2003). Bei for-

schungsintensiven Gütern mit hoher Relevanz fürMaterialentwicklungen ist die deutsche Wirtschaftgut positioniert, in einigen Gebieten sogar führend.So beträgt der Weltmarktanteil Deutschlands indiesem Sektor rund 18 %. Hierzu zählen die wirt-schaftlich starken Branchen Fahrzeugbau, Maschi-nenbau, Elektrotechnik/Elektronik und chemischeIndustrie, deren FuE-Anteil bei 3,5 bis 8,5 % liegt. Inder FuE-intensivsten Kategorie der Spitzentechnolo-gie mit einem FuE-Anteil über 8,5 % ist Deutsch-land mit einem Weltmarktanteil von nur 9,3 %schwächer positioniert.

Das Beispiel der kapital- und FuE-intensiven Automo-bilindustrie mit 770.000 Beschäftigten in Deutsch-land, einem Umsatz von 202 Mrd. Euro und 60 % Ex-portanteil zeigt, dass sich eine international führendePosition nur mit überdurchschnittlichen FuE-Anstren-gungen halten lässt. Dabei konzentriert sich die FuEinsbesondere auf Ingenieurleistungen für Entwick-

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

11

Bauteile aus Liliput: Künftige Kommu-

nikationsgeräte, ob Handys oder Orga-

nizer, erfordern immer kleinere Bautei-

le, hier ein SMD-Bauelement im

Vergleich zum Kopf einer Wespe.

Quelle: Siemens AG

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lung, Planung und Konstruktion und weniger auf dieGrundlagenforschung, die zunehmend durch gut aus-gestattete Forschungseinrichtungen im Auftragdurchgeführt wird. Ein weiterer Trend in der Automo-bilindustrie ist die Auslagerung der Komponentenent-wicklung auf Zulieferbetriebe, die mittlerweile mit 28 % am Gesamtumsatz der Branche beteiligt sind. Auf der institutionellen Seite zeichnet sich die Ma-terialforschung in Deutschland durch umfangreicheAktivitäten auf einer Vielzahl von Themengebietenaus. Die Bandbreite reicht dabei von der Grundla-genforschung bis zur anwendungsorientierten Ent-wicklung. Dabei hat sich die außeruniversitäre Ma-terialwissenschaft (siehe Anhang), die zum Teil inandere natur- und ingenieurwissenschaftliche Diszi-plinen eingebunden ist, in Ergänzung zur traditio-nell universitären Materialwissenschaft quantitativund qualitativ gut entwickelt.

Bereits im Vorgängerprogramm MaTech ist es ge-lungen, das außeruniversitäre Forschungspotenzialauf dem Gebiet der Werkstofftechnik einzubindenin industrielle Verbundprojekte. Dieser Weg des be-schleunigten Know-how-Transfers muss im Pro-gramm weiter verstärkt werden. Auf der anderenSeite sollen programmatische Impulse auch eine

thematische Orientierung für zukünftige FuE-Akti-vitäten geben. Insofern wird die Effizienz des För-derprogramms auch daran gemessen, ob es ge-lingt, die Forschungslandschaft strukturell undthematisch mit den technologischen Bedürfnissender Wirtschaft zu verknüpfen.

Die Delphi-Studie von 1998 betont im Bereich „Che-mie und Werkstoffe“, dass dieses Themenfeld eineherausragende Bedeutung für die wirtschaftliche Ent-wicklung hat. Die Werkstofftechnologie hat demnacheine Schlüsselfunktion auch für die deutsche Wirt-schaft, sie stärkt die Wettbewerbsfähigkeit innovati-ver Branchen und kompensiert den Mangel an natür-lichen Ressourcen. Gegenüber der Umfrage von 1993hat sich die FuE-Position Deutschlands im BereichChemie und Werkstoffe in der Studie von 1998 erheb-lich verbessert. In 33 von 104 Delphi-Thesen weistDeutschland den höchsten FuE-Stand auf. Bezüglichder ökonomischen Bedeutung der FuE-FührungsrolleDeutschlands und der Lösung ökologischer Problemenimmt der Fahrzeugbau eine wichtige Position ein.

Auch die USA und Japan unternehmen enorme An-strengungen, um ihre internationale Position auf demGebiet der Werkstofftechnologie zu stärken und da-von wirtschaftlich zu profitieren. In den USA sind da-zu in den vergangenen Jahren drei große Programmeauf den Weg gebracht worden: die Nanotechnologie-Initiative (mit einem Budget von rund 1,7 Mrd USDollar für den Zeitraum 2001–2003), die „MaterialsDesign and Engineering“-Initiative und die Initiativein „Computational Materials Science“. Im japanischenForschungshaushalt des Jahres 2002 verzeichnetendie Bereiche Werkstoffforschung und Nanotechnolo-gie mit 13 % die mit Abstand größte Steigerungsrateauf nun umgerechnet 340 Mio. Euro. Davon entfälltrund ein Viertel allein auf die Nanotechnologie.

Nach einer Abschätzung des Wissenschaftsratesund des Projektträgers Jülich wurde die Materialfor-schung in Deutschland im Jahr 2002 mit 420 Mio.Euro durch den Bund (BMBF), die Länder und die EUaus öffentlichen Mitteln gefördert. Davon entfielenca. 335 Mio. Euro auf den institutionellen Bereich

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und ca. 85 Mio. Euro auf den industriellen Sektor.Den größten Anteil der öffentlichen Gelder trägtdabei das BMBF mit ca. 260 Mio. Euro, gefolgt vonden Ländern mit ca. 140 Mio. Euro. Sie finanziereninsbesondere die universitäre Materialforschung.Wünschenswert ist auch eine verstärkte Teilnahmedeutscher Antragssteller am Europäischen For-schungsrahmenprogramm, das die Themen Nano-technologie, Material- und Produktionstechnologieinnerhalb der dritten thematischen Priorität be-rücksichtigt. Im Jahr 2002 warben deutsche An-tragssteller ca. 20 Mio. Euro aus dem 5. EU-For-schungsrahmenprogramm (FP5) ein. Im Rahmendes Nachfolgeprogramms FP6 (Laufzeit von 2002-2006), stehen für die dritte thematische Prioritätrund 1,5 Mrd. Euro an Fördermitteln zur Verfügung.

1.5. Aus- und Weiterbildung

Die wissensbasierte Gesellschaft derhoch industrialisierten Staaten ist aufgut ausgebildete Arbeitskräfte ange-wiesen. Sie sind eine unverzichtbareVoraussetzung für Wohlstand undWachstum. Aus diesem Grund sindbesondere Anstrengungen zu unter-nehmen, damit gerade in den Wachs-tumsbranchen genügend kompeten-te Fachkräfte zur Verfügung stehen.Am besten sollten entsprechende Ak-tivitäten bereits im schulischen Be-reich beginnen. Dort lässt sich beiden Schülern/innen Interesse weckenund eine solide Basis legen.

Die Naturwissenschaften müssendeshalb im Lehrplan fest verankertsein und mit einer ausreichendenWochenstundenzahl gelehrt werden.Aktionen wie die Wissenschaftsjahredes BMBF (Physik, Lebenswissenschaf-ten, Geowissenschaften, Chemie,Technik) sind gute Ansatzpunkte, umInteresse in der Öffentlichkeit, vor al-lem bei der Jugend, zu wecken.

Im Hochschulbereich sollte neben dem wichtigenGrundlagenwissen auch verstärktes Gewicht auf an-wendungsorientiertes Denken gelegt werden. DieWerkstoffforschung in Deutschland steht für eineinterdisziplinäre Zusammenarbeit und ein breitestechnologisches Anwendungsfeld. Auch unter die-sen Randbedingungen stellt sie besondere Heraus-forderungen an die Hochschulausbildung. Nebenden klassischen Disziplinen der Werkstoffwissen-schaften müssen zunehmend auch chemische, bio-logische und ingenieurwissenschaftliche Kenntnissestehen. Materialforscher/innen werden beispiels-weise zukünftig im Themenfeld der Nanotechnolo-gie ein breites Betätigungsfeld finden können. Abergerade hier ist es notwendig, in gezielten Aufbau-studiengängen Disziplinen wie die chemische Na-notechnologie oder die Nanobiotechnologie anzu-

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

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bieten. Dabei wird auch die Erhöhung des Anteilsan Frauen in den traditionell von Männern domi-nierten Fachdisziplinen (Physik, Chemie und Inge-nieurwissenschaften) zu forcieren sein, was bereitsfrühzeitig das Interesse von Schülerinnen an Natur-wissenschaften voraussetzt.

Sowohl im ausgelaufenen Programm MaTech alsauch im Förderprogramm WING hat die werkstoffli-che Ausbildung großes Gewicht, und zwar auf ganzunterschiedlichen Ebenen: Zum einen soll der Nach-wuchs an Universitäten und außeruniversitären Ein-richtungen möglichst in interdisziplinären Gruppengrundlagenorientiert, aber mit industrierelevantenThemen gefördert werden. Zum anderen sollen sichdie einschlägigen Berufsgruppen in industriellen Ver-bundvorhaben weiterbilden und qualifizieren. Gera-de derartige Verbundprojekte, in denen Forschungs-einrichtungen in einem Konsortium gemeinsam mitder Industrie an einem anwendungsorientierten The-ma arbeiten, ermöglichen einen interessanten Aus-tausch: Die Hochschulpartner bekommen Einblicke indie industrielle Entwicklungswelt und die Industriekann vom grundlagenorientierten Wissen der For-schungspartner profitieren. Besonders deutlich wirktsich dies bei der Zusammenarbeit von Hochschulenmit Unternehmen des Mittelstands aus. Letztere be-sitzen oft nicht die personellen oder finanziellenRessourcen für eine intensive Werkstoffforschung. Öf-fentlich geförderte Verbundprojekte können dieseLücke schließen und Aus- und Weiterbildung auf pro-jektspezifischer Ebene ermöglichen.

1.6. Ergebnisse der Evaluation des Programms MaTech

Das BMBF-Förderprogramm „MaTech – Neue Mate-rialien für Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhun-derts“ wurde Anfang 2003 von der Consulting-Fir-ma Arthur D. Little im Auftrag des BMBF evaluiert.Analysiert wurden die inhaltliche und konzeptionel-le Wirksamkeit der Projektförderung und das Ent-wicklungspotenzial im Werkstoffbereich, worausHandlungsempfehlungen für eine zukünftige För-derung des Gebietes abgeleitet wurden. Alle von

1994 bis Mitte 2002 geförderten Projekte wurdenin die Evaluation mit einbezogen.

Ziele des MaTech-ProgrammsDas 1994 gestartete MaTech-Programm hatte dasZiel, eine international führende Technologieposi-tion in Schlüsselbereichen der Materialtechnik zuerarbeiten und auszubauen und die Transfer- undUmsetzungskompetenz zu stärken. Es solltendurchgängige Innovationsketten entstehen, die ei-nen nachhaltigen Beitrag zur technologischenWettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschlandin wichtigen Branchen leisten. Um dieses Ziel zu er-reichen, wurden im Rahmen von MaTech insgesamt303 Verbundvorhaben mit 949 FuE-Partnern durch-geführt. Die Fördersumme betrug 530 Mio. Euro,die Gesamtkosten lagen bei 955 Mio. Euro. Daswichtigste Förderinstrument mit einem Anteil vonfast 90 % waren industrielle Verbundvorhaben un-ter Beteiligung von Großunternehmen, KMU und In-stituten. Die Zusammenarbeit sollte interdisziplinärausgerichtete Innovations- und Wertschöpfungsket-ten stimulieren und die Anwendungsorientierungsichern. Weitere Fördermöglichkeiten waren top-down-orientierte Bekanntmachungen zur Stimula-tion neuer Innovationsfelder mit hohem Anwen-dungspotenzial, die Förderung von so genanntenMaTech-Zentren zur gezielten Unterstützung desMittelstands und die Qualifizierung des wissen-schaftlichen Nachwuchses.

Ergebnisse der WirkungsanalyseDie Wirkungsanalyse bestätigte, dass das ProgrammMaTech die gesteckten Ziele gut erreicht hat. Durchdie verstärkte Anwendungsorientierung wurden ma-terialbasierte Wertschöpfungsketten ausgebaut, derTransfer von Ergebnissen aus der Grundlagenfor-schung in die angewandte Forschung und Produkt-entwicklung beschleunigt sowie die Weiterentwick-lung der materialtechnischen Kompetenz amStandort Deutschland wirkungsvoll unterstützt.

Die thematische Ausrichtung von MaTech warauch im Rückblick richtig gewählt, die Fokussie-rung der begrenzten Ressourcen auf ausgewählte

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zentrale Technologiefelder schuf kritische Massenund sollte beibehalten bzw. gezielt gestärkt wer-den. MaTech hat die wichtigen Zielgruppen der In-dustrie gut erreicht. Insbesondere stieg im Laufedes Programms die KMU-Beteiligung deutlich an.Insofern hat MaTech eindeutig eine impulsgeben-de Wirkung erzielt; der Anspruch, risikoreiche an-wendungsorientierte Projekte mit hohem Umset-zungspotenzial zu fördern, wurde voll erfüllt.

Die Analyse der Förderwirkungen, gemessen anden Nachhaltigkeitskriterien Ökonomie, Ökologieund Arbeitsplatzeffekte, hat auf Projektebene zueindeutig messbaren Ergebnissen geführt:• Die MaTech-Projektförderung hat auf breiter Ba-

sis eine deutliche Verbesserung der Technolo-gieposition der beteiligten FuE-Partner erzielt.

• Bei geförderten Unternehmen hat sich die Ent-wicklungszeit für die Umsetzung von FuE-Ergeb-

nissen in marktwirtschaftliche Produkte erheblichverkürzt.

• Durch den technisch-wissenschaftlichen Projekt-erfolg konnten die geförderten Unternehmenneue Produkte und Verfahren kommerzialisie-ren und neue Arbeitsplätze schaffen.

• In 50 % der abgeschlossenen Verbundprojektehaben sich nachhaltige Partnerschaften etablie-ren können, die außerhalb der Förderlandschaftzu weiteren Forschungs- und Geschäftsbeziehun-gen führten. Dadurch wirkte MaTech als Keimzel-le zur Etablierung von industriellen Netzwerken.

• Die Mehrzahl der Projekte trägt durch die Anwen-dung neuer Werkstoffe insbesondere im Ver-kehrs- und Energiebereich zur Ressourcenscho-nung, Verringerung von Emissionen undSchadstoffvermeidung und damit zur Verbesse-rung der Umweltsituation bei.

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

15

Elektronische Erzeugnisse

Kunststoff-und Gummiwaren Luft- und Raumfahrt

IuK

Fahrzeugbau

Medizintechnik MSR, Optik

MaschinenbauEnergietechnik

ChemischeErzeugnisse

Glas &Keramik

Metallerzeugungund Verarbeitung

Weltmarktin Mrd. Euro

> 1000 500 bis1000

250 bis500

< 250

gering durchschnittlich hochsch

wac

hst

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Branchenattraktivität

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Relative Wettbewerbsposition deutscher Industriebranchen im internationalen Vergleich

Quelle: Evaluation des Förderprogramms MaTech, Arthur D. Little, 2003

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Die im Rahmen von MaTech eingesetzten Förderin-strumente haben sich insgesamt bewährt:

• Insbesondere die Förderung von Verbünden zwi-schen Wirtschaft und Wissenschaft hat sich alswirksames Instrument erwiesen, um den „Techno-logy-Push“ aus der Materialforschung mit dem„Market Pull“ zusammenzuführen. Dies hat wich-tige Innovationsprozesse stimuliert, die zur an-wendungsorientierten Umsetzung von Ergebnis-sen der Materialforschung erforderlich sind.

• Mit den 1998 eingeführten themenspezifischenBekanntmachungen gibt es nun ein weitereswirkungsvolles Instrument, das Potenziale in at-traktiven neuen Forschungsfeldern gezielt akti-viert hat.

• Es wurden MaTech-Zentren etabliert, deren Zieldie Vernetzung der Akteure und die Stärkung derSchnittstelle von der Wissenschaft zur kommerziel-len Anwendung war. Sie haben insbesondere zumKnow-how-Transfer in die KMU beigetragen.

• Mit der Fördermaßnahme zur Qualifizierung vonNachwuchswissenschaftlerInnen – Hot Topics –konnten sich junge WissenschaftlerInnen mit ho-hem Potenzial unter industrieller Begleitung mitexplorativen Werkstoffthemen etablieren.

Ergebnisse der PotenzialanalyseAusgehend von einer Analyse der werkstoffseitigen,technologischen Markt- und Wettbewerbssituationwurden in der Potenzialanalyse Zukunftsperspekti-ven innovativer Werkstoffe im Kontext ihrer vielfäl-tigen Anwendungsbereiche herausgearbeitet. Das Ergebnis zeigt, dass innovative Materialienauch in Zukunft wichtige Schlüsselfaktoren für Leis-tungs- und Wettbewerbsfähigkeit in technologie-orientierten Industriefeldern sind. Neue Werkstoff-entwicklungen haben insbesondere eine hoheHebelwirkung in den exportstarken Branchen Auto-mobilindustrie, Maschinenbau, Elektrotechnik undin der chemischen Industrie. Dabei ist eine kon-struktive Interaktion zwischen dem industriellenHersteller und dem Anwender die wichtigste Quellefür neue Produkte und Dienstleistungen.

Die Studie stellt heraus, dass vor dem Hintergrunddes industriellen Strukturwandels mit sich fortlau-fend ändernden Wertschöpfungsketten und Innova-tionsprozessen eine Material- und Bearbeitungskom-petenz allein immer weniger ausreicht, um sich amMarkt durchzusetzen. Erfolgsfaktoren sind vielmehrein wachsendes Maß an interdisziplinärer System-kompetenz und die Fähigkeit, anwenderspezifischeProblemlösungen anzubieten. Dazu dient der Aus-bau von Vernetzungen mit frühzeitiger Einbindungvon Anwendern in den Entwicklungsprozess. Bran-chenübergreifend ist die Verdrängung monofunktio-naler Bauteile durch multifunktionale Bauelemente.Dadurch sind Werkstoffhersteller gezwungen, sichzunehmend in die spezifischen Systemanforderun-gen ihrer Kunden hineinzudenken. Dieses Denken inSystemen erfordert von den beteiligten Forschungs-partnern ein hohes Maß an Interdisziplinarität.

Im Rahmen der Evaluationsstudie machte ein inter-nationaler Vergleich deutlich, dass Deutschland inden wichtigen Technologie- und Anwendungsfel-dern weitgehend gut – wenn auch in der Regelnicht global führend – positioniert ist. Das deut-sche Kompetenzportfolio und die materialrelevan-ten Strukturen sind insgesamt international konkur-renzfähig und leisten Beiträge zur Sicherung der

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Wettbewerbsfähigkeit der einschlägigen Industrie.Diese heutigen Stärken bedürfen aber einer konti-nuierlichen Weiterentwicklung, vor allem dort, woeine gute Technologieposition mit einer hohenBranchenattraktivität korrespondiert.

HandlungsempfehlungenDie anstehenden großen Innovationsthemen derMaterialforschung und die erforderliche weitereVerbesserung der Effizienz des Transfers in die An-wendung sowie die Sicherung der erforderlichenUmsetzungskompetenz bedürfen weiterer Stimula-tion und Unterstützung. Darin unterscheidet sichDeutschland nicht von anderen Industrienationen.Die Förderung durch das BMBF, wie sie bisher imMaTech-Programm erfolgte, ist hierfür ein geeigne-tes Mittel. Weder andere deutsche Förderkonzeptenoch internationale Förderangebote decken diesespeziellen, für die Schaffung nachhaltiger Effekteaber entscheidenden Aspekte gleichwertig ab. Ins-besondere der integrative Aspekt der Förderungmit dem Ziel, die Durchgängigkeit der Innovations-kette von der Grundlagenforschung bis zur Umset-zung zu sichern, wird durch keine der anderen, be-reits bestehenden Förderungen und förderndenInstitutionen in dieser oder vergleichbarer Form ge-leistet. Er ist somit ein Alleinstellungsmerkmal derMaterialforschungsförderung. In der Studie wirddaher empfohlen, in einem neuen BMBF-Förderkon-zept die Kontinuität der Entwicklungen, die MaTechangestoßen hat, zu sichern und die Weiterentwick-lung von materialgetriebenen Innovationsketten undihre Umsetzung in die Anwendung zu stimulieren.

Die zukünftigen Förderschwerpunkte sollen sichaus aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaft-lichen Bedürfnissituationen herausbilden, wobeider Anwendernutzen und die Attraktivität derAnwendungsmärkte im Vordergrund stehen undweniger die Materialklassen oder -eigenschaften.Außerdem soll eine stärkere Flexibilisierung vonSchwerpunkten und Programmführung der dynami-schen Entwicklung von Technologien und MärktenRechnung tragen.

Aus der Sicht des Jahres 2003 bieten sich hierfürThemengebiete wie Mobilität, Infrastrukturtechno-logien (IT, Energie), ausgewählte Bereiche des Maschinenbaus, der Feinmechanik, der Mess-, Steu-er- und Regeltechnik sowie der optischen Technolo-gien und des Gesundheitswesens (Medizintechniketc.) an. Daneben sollten auch materialorientierteintegrative Technologiefelder mit hohem Innova-tionspotenzial wie die Nanotechnologie berück-sichtigt werden sowie Querschnittsfelder mitgrundsätzlicher Bedeutung für die Umsetzbarkeitvon Werkstoffinnovationen (z. B. Herstell- und Ver-arbeitungsverfahren). Das in MaTech genutzte Port-folio an Förderinstrumenten hat sich grundsätzlichbewährt und soll daher im Kern weitergeführt bzw.optimiert werden. Ausgebaut werden sollen dieSichtbarkeit der Förderung sowie die Einbindungweiterer KMU in den Innovationsprozess.

1. Ausgangssituation: Werkstoffe im 21. Jahrhundert

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Mit Blick auf die international hohe technologischeBedeutung neuer Materialien fördert das BMBF seitden 70er Jahren in unterschiedlichen Programmenund Initiativen bestimmte Gebiete der Werkstoff-technologie und ausgewählte Schwerpunkte derChemietechnik. Ende der 90er Jahre ist die Nano-technologie hinzugekommen. Insbesondere im Programm „MaTech – Neue Materialien für Schlüs-seltechnologien des 21. Jahrhunderts“ sind anwen-dungsorientierte Verbundprojekte zwischen Wirt-schaft und Wissenschaft gefördert worden, die dieWettbewerbsfähigkeit und die Technologiepositiondeutscher Firmen nachhaltig verbessert haben undeinen Qualifizierungsschub für kleine und mittel-ständische Firmen sowie auch für den wissenschaft-lichen Nachwuchs initiieren konnten (siehe: Studiezur Evaluierung des Programms MaTech, Arthur D.Little, 2003).

Das vorliegende Förderkonzept will die bisherigenguten Erfahrungen mit der anwendungsorientier-ten Ausrichtung der Projekte, den geschaffenenVerbundstrukturen zwischen Wirtschaft und Wis-senschaft – auch über den Förderzeitraum hinaus –sowie der Integration von KMU in den Innovations-prozess nutzen. Darüber hinaus soll die Multidiszi-plinarität gesteigert werden, indem man die für eine erfolgreiche Werkstoffentwicklung relevantenWissenschaftsdisziplinen und Technologien mög-lichst auf Projektebene miteinander vernetzt.

Das vor diesem Hintergrund entstandene Förder-programm „WING – Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft“ ist in intensiver Zu-sammenarbeit mit Werkstoffherstellern und -anwen-dern aus Großunternehmen der Industrie, Vertreternkleiner und mittelständischer Unternehmen sowie Ex-perten aller Wissenschaftsorganisationen, der Deut-schen Forschungsgemeinschaft und der DeutschenGesellschaft für Materialkunde entwickelt worden.

18

2. Förderpolitischer Handlungsbedarf und Programmziele

Know-how-Transfer

BMBF-Förderung

KooperationWirtschaft-Wissenschaft

Bedarf

IndustrielleVorentwicklung

Anwendungenin der Industrie(marktgetrieben)

Optionen derWissenschaft(erkenntnis-getrieben)

IndustrielleRoad-maps

Technologischerschließbares

Anwendungspotenzial

heute in 5–10 Jahren Zeit

Stan

d v

on

Wis

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sch

aft

un

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ech

nik

Förderung der FuE-Kooperation: vom Erkenntnisgewinn in der

Wissenschaft zur Anwendung in der Industrie

Quelle: Industriekreis Produktionstechnologien, PTJ-NMT

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Ausgehend von den drei Leitzielen von WING:• Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen,• Berücksichtigung des gesellschaftlichen Bedarfs,• Nutzung von Forschung und Technologie für

nachhaltige Entwicklungen,

sollen in einem ganzheitlichen Ansatz werkstoffba-sierte Produktinnovationen generiert und gleichzei-tig dem gesellschaftlichen Bedarf an aktuellenWerkstoffentwicklungen sowie Nachhaltigkeits-aspekten Rechnung getragen werden. In seinenLeitzielen orientiert sich WING damit an den inter-national abgestimmten Grundpfeilern der Nach-haltigkeit: Ökonomie – Ökologie – Gesellschaft.Konkret spiegeln sich diese Forderungen in denspezifischen Förderaktivitäten wider, die auf ent-sprechende Themen wie Gesundheit, Mobilität, Information/Kommunikation und Nachhaltigkeit fokussieren.

Die Leitziele ergänzen sich gegenseitig; insbesonde-re soll das Prinzip der Nachhaltigkeit ökonomische,ökologische und soziale Verbesserungen in unsererIndustriegesellschaft und Umwelt bewirken. Damitwird von der förderpolitischen Seite die Basis für ei-ne höhere Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, fürressourcen- und umweltschonende Technologienund für die Schaffung bzw. den Erhalt hochwertigerArbeitsplätze in Deutschland gelegt.

Auf Projektebene verfolgt das RahmenprogrammWING die folgenden Ziele, die als forschungspoliti-sche Leitlinien fungieren:• Ausschöpfung des Innovationspotenzials der

Werkstoffe und ihrer Technologien im Hinblickauf die Entwicklung neuer Produkte und Ver-fahren mit großem gesellschaftlichem Nutzen(z. B. intelligente Materialien)

• Beschleunigung des Innovationsprozesses in derIndustrie durch die Schaffung effizienter Koope-rationsstrukturen zwischen Wirtschaft undWissenschaft unter verstärkter Einbindung vonKMU (z. B. durch Aufbau geeigneter Infrastruktu-ren, Verbundvorhaben),

• Beiträge zur Lösung von gesellschaftsrelevan-

ten Problemen, insbesondere aufgrund demo-grafischer Entwicklungen in unserer Gesellschaft(z. B. Kostenexplosion im Gesundheitssystem),

• Verzahnung von FuE mit Bildungs-/Ausbil-dungsinitiativen, u. a. durch Förderung des fach-spezifischen Nachwuchses und Unterstützungvon Aus- und Weiterbildungsaktivitäten in Indus-trie und Wissenschaft,

• Beitrag zur Schaffung eines europäischen For-schungsraumes und Vertiefung der Internatio-nalisierung, vor allem durch stärkere Beteiligungdeutscher FuE-Akteure an den Rahmenprogram-men der EU, aber auch der Ausbau der bilatera-len Zusammenarbeit mit Ländern wie China, Korea, Brasilien und Israel.

Der inhaltliche Rahmen von WING wird bewusst of-fen gehalten und soll durch Schwerpunktsetzungenim Laufe des Programms gestaltet werden. Es wirdallerdings in den Projekten darauf ankommen,durch die Mobilisierung privaten Kapitals innova-tive werkstoffwissenschaftliche Entwicklungen mitmöglichst großer Hebelwirkung für den Innova-tionsprozess auszulösen.

2.1. Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen

Ein wesentliches Innovationshemmnis bei der Um-setzung von FuE-Ergebnissen in wettbewerbsfähigeProdukte oder Verfahren der Industrie sind die ho-hen Innovationskosten und damit verbunden dashohe wirtschaftliche Risiko einer werkstoffbasier-ten Neuentwicklung. Hinzu kamen als Trends Endeder 90er Jahre der Mangel an Fachpersonal (Techni-ker und Wissenschaftler) sowie z. T. gravierende fir-menspezifische Umstrukturierungen. Die dadurchbedingte personelle Fluktuation verhinderte häu-fig, dass das meist personengebundene Know-howin vollem Umfang in Produktinnovationen einflie-ßen konnte. Vor diesem Hintergrund und um zu-sätzliche Wachstumskräfte in der Industrie zumobilisieren, richtet das BMBF die Forschungsför-derung auf dem Gebiet der Werkstoffentwick-lung konsequent auf Innovationen in den Bran-chen Maschinenbau, Fahrzeugbau, chemische

2. Förderpolitischer Handlungsbedarf und Programmziele

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Industrie, Elektrotechnik/Elektronik und Informa-tion/Kommunikation aus. Angesichts der guten Erfahrungen mit der tech-nisch-wirtschaftlichen Umsetzung von FuE im abge-laufenen Programm MaTech wird im ProgrammWING die Orientierung der Werkstoffprojekte aufAnwendungsfelder mit hoher industrieller Rele-vanz weiter verstärkt. Dies gilt auch für das För-derinstrumentarium der industriellen Verbundfor-schung, bei dem mehrere Firmen und Institutearbeitsteilig an einem gemeinsamen Ziel zu-sammenarbeiten. Da die Funktionseigenschaftenvon Materialien allein noch kein hinreichendes Kri-terium für den Erfolg im praktischen Einsatz sind,kommt dem Denken in Systemen bereits in der Vor-bereitung von FuE-Projekten eine immer höhere Be-

deutung zu. Es umfasst ganzheitlich alle Aspektewie Konstruktion, Verarbeitung, Anwendung undstofflichen Lebenszyklus. Um dieses Vorgehen vonAnfang an in den Projekten abzubilden, sollte derindustrielle Anwender möglichst als Federführer imVerbund agieren. Mit diesen fördertechnischenMaßnahmen wird die meist bei den Herstellern undZulieferern vorhandene Material- und Verfahrens-kompetenz möglichst effizient und zum Nutzen al-ler Projektpartner in eine System- und Marktkompe-tenz transferiert.

2.2. Berücksichtigung des gesellschaftlichenBedarfs und Nutzung von Forschung undTechnologie für nachhaltige Entwicklungen

Ergänzend zur Stärkung der Innovationskraft derUnternehmen verfolgt das Förderprogramm WINGdas Ziel, durch werkstoffliche Innovationen auch ei-nen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Gesell-schaft und für das Leben der Menschen zu leisten.Dies betrifft insbesondere die Gebiete Mobilität,

Gesundheit, umweltverträglicheEnergieversorgung sowie Infor-mation und Kommunikation. Einintegraler Bestandteil von Ver-kehrs- und Energietechnologiensind dabei auch Fragen zur öf-fentlich-technischen Sicherheit.Diese Gebiete weisen ebenfallseine große industrielle Relevanzmit hoher technologischer At-traktivität und immensem Poten-zial für ressourcen- und umwelt-schonende Techniken auf.Deshalb überlappen sich die Leit-ziele des industriellen und ge-sellschaftlichen Bedarfs mit denBeiträgen zur Nachhaltigkeit invielen Aspekten. Die folgendendrei Beispiele aus ganz unter-schiedlichen Anwendungsfeldernverdeutlichen den Bedarf desMenschen bzw. der Gesellschaftan Materialien mit spezifischen

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Verbesserter Metallkatalysator: Eine 25 µm dünne Metallträger-

folie aus einer neuen Stahllegierung (AluChrom 7AlYHf)

ermöglicht das schnellere Erreichen der Betriebstemperatur

durch elektrisches Vorheizen und dadurch bessere Abgaswerte

(EURO-Norm 4). Quelle: Emitec GmbH

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Eigenschaftsprofilen und zeigen gleichzeitig Aspek-te der Nachhaltigkeit auf.

• Mobilität – FahrzeugbauDie Anforderungen an einen Werkstoff im Auto-mobilbau – geringes Gewicht bei hoher Festig-keit, Korrosions- und Alterungsbeständigkeit,thermische Beständigkeit, Umweltverträglichkeit,Reparaturfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Verar-beitbarkeit – beinhalten oft Zielkonflikte. Bei-spielsweise sollen Fahrzeuge möglichst leichtsein, gleichzeitig aber eine hohe aktive und pas-sive Sicherheit aufweisen. Neben konstruktivenMaßnahmen bietet hier vor allem die Auswahloptimaler Werkstoffe günstige Lösungsansätze.Ein anschauliches – selbstverständlich nicht för-derrelevantes – Beispiel war der spektakuläreCrash von Michael Schumacher im Jahr 1999, alssein Fahrzeug mit über 200 km/h in die Strecken-begrenzung raste. In einem klassischen Metall-fahrzeug hätte er dies nicht überlebt. Durch dieausgeklügelte CFK-Bauweise (CFK steht für Kohle-faserverbundwerkstoff) blieb die Fahrerzelle je-doch nahezu unversehrt.

Auch bei der weiteren Verringerung von Emissio-nen in der Verkehrstechnik wird man mit Werkstoff-innovationen rechnen können: etwa durch noch ef-fektivere Katalysatoren mit schnellem Erreichen derBetriebstemperatur, die durch langzeitstabile, vor-heizbare Trägermaterialien mit entsprechendenSchichtsystemen realisierbar werden.

• Informations- und KommunikationstechnikIm Oktober 2000 wurde der Nobelpreis für Che-mie für bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebietder Entwicklung elektrisch leitfähiger organischerPolymere vergeben. Die systematische und ge-zielte Dotierung geeigneter Basispolymere mitFremdatomen hat eine reale Grundlage geschaf-fen, diese viel versprechenden Materialien in dennächsten Jahren technisch zum Einsatz zu brin-gen. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen vonder Antistatikbeschichtung über organische Tran-sistoren oder Kathodenmaterial in Kondensatoren

bis hin zu organischen Leuchtdioden. Diese bietensich an zur Entwicklung energiearmer, aber den-noch sehr leuchtkräftiger Monochrom- und Farb-displays für Handys oder Computerbildschirme.

• Gesundheit – MedizintechnikDie Zunahme des Durchschnittsalters der Bevöl-kerung führt zu einem wachsenden Bedarf anfunktionsgerechten und bioverträglichen Materi-alien für temporäre oder dauerhafte Implantate,für Zahnersatz sowie zur Unterstützung von Or-ganfunktionen. Ein Beispiel sind Werkstoffe ausTitanlegierungen mit funktionalisierten Oberflä-chen für lasttragende Implantate oder als Kno-chenersatz. Neue Polymermembranen werden Di-alyse und Blutreinigung effektiver machen unddamit erkrankte Organe wie Niere und Leberunterstützen. Biologische Klebesysteme könnenje nach Anforderung feste und flexible Gewebe-verbindungen schaffen und die Gewebeneubil-dung fördern. Auch der Einsatz resorbierbarerMaterialien wird weiter zunehmen. Sie werdenbesser als bisher an das jeweilige Körpergewebeangepasst sein, so dass Zweitoperationen zur Er-neuerung von Implantaten entfallen. Darüberhinaus können regenerative Materialien den Auf-bau körpereigenen Gewebes z. B. im Bereich desKnochen- und Zahnersatzes aktiv unterstützen.Neue Werkstoffe in der Medizintechnik werdennicht nur den Patientennutzen steigern, sondernauch zur Kostendämpfung im Gesundheitswesenbeitragen.

• Umweltgerechte EnergieversorgungDie Erhöhung des Wirkungsgrades bei der Strom-erzeugung ist ein Schlüssel zur effizienteren Ressourcennutzung und Verringerung der Um-weltbelastung. Dabei sind gerade im Werkstoff-bereich durch die Entwicklung hochfester undhochtemperaturbeständiger Materialien undSchutzschichten erhebliche Fortschritte erzieltworden. Sie lassen den Nutzen der Materialfor-schung für eine nachhaltige Entwicklung un-mittelbar erkennen:

2. Förderpolitischer Handlungsbedarf und Programmziele

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Moderne, fossil befeuerte Kombi-Kraftwerke habendank einkristalliner Turbinenschaufeln aus Nickel-Basis-Superlegierungen einen Wirkungsgrad bei derStromerzeugung von mittlerweile 60 % (Für die Er-zeugung von 1 kWh Strom benötigte man vor 100Jahren 3,7 kg Steinkohle, vor 50 Jahren 0,68 kg,heute nur noch 0,3 kg.). Auch der Ausbau regenera-tiver Energien ist auf Effizienzsteigerung im Werk-stoffbereich angewiesen bzw. nutzt Spin-off-Ent-wicklungen aus der Materialforschung. Dies gilt fürdie Photovoltaik ebenso wie für die Windenergie,wo Rotorblätter heute aus glas- und kohlefaserver-stärktem Kunststoff bestehen. Ebenso sind stationä-re und mobile Brennstoffzellen auf werkstofflicheund chemietechnische Innovationen zur Steigerungvon Energieeffizienz, Leistungsdichte und Langzeit-stabilität angewiesen, damit sie den marktwirt-schaftlichen Durchbruch schaffen.

Die Beispiele zeigen, dass neue Werkstoffentwick-lungen ein hohes Potenzial haben für eine nachhal-tige Entwicklung im Sinne ressourcen- und umwelt-schonender Technologien. Das Leitbild der

nachhaltigen Entwicklung wurde auf der Internatio-nalen Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992in Rio de Janeiro als gemeinsames Ziel der interna-tionalen Völkergemeinschaft verabschiedet. Diedort formulierte Agenda 21 definiert in ihrer Prä-ambel nachhaltige Entwicklung als „globale Part-nerschaft für eine ökonomisch machbare, sozial gerechte, ökologisch gesunde Entwicklung“. Dasbedeutet: Heute muss so mit der Umwelt und denRessourcen umgegangen werden, dass auch fürnachfolgende Generationen eine hohe Umwelt-und Lebensqualität erreicht wird. Wendet man dasLeitbild der Nachhaltigkeit auf die Materialfor-schung an, sind in Zukunft neben der ökonomischenDimension folgende Aspekte zu berücksichtigen:• Beitrag der Werkstoffe zur Umweltentlastung

durch spezifische Anwendungen, insbesondere inder Verkehrs- und Energietechnik,

• Entwicklung effizienter Produkte und Produk-tionsprozesse mit geringem Energie- und Materi-alverbrauch,

• Minimierung von Rohstoffeinsatz und Emissionenentlang der gesamten Produktkette,

• Bevorzugung geschlossener Kreisläufe: Betrach-tung des gesamten Lebenszyklus, von der Her-stellung über die Verarbeitungsstufen und Anwendungsbereiche bis hin zu Entsorgung/Recycling (Life Cycle Assessment).

Neue Werkstoffe können also wirksam zur Umwelt-entlastung beitragen. Dabei spielt die werkstoff-herstellende und -verarbeitende Industrie eineSchlüsselrolle, denn ihre Produkte und Leistungensind – wie oben beispielhaft dargestellt – unver-zichtbar geworden, wenn die Bedürfnisse der Ge-sellschaft umweltgerecht erfüllt werden sollen. DasSpektrum reicht dabei vom privaten Umfeld derBürger – Gesundheit, Mobilität, Wohnen, Freizeit –über die Arbeitsplatzgestaltung bis hin zur indus-triellen Produktion und zur Energieversorgung. Diewerkstoffbasierte Industrie soll daher im Rahmenvon WING in ihrem Bestreben nach nachhaltigerEntwicklung für wichtige Wirtschaftszweige, wie z. B. Fahrzeugbau, Energiewirtschaft, Maschinenbauund Umwelttechnik wirksam unterstützt werden.

22

Laufschaufel einer Industriegasturbine

Quelle: Siemens Power Generation

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Werkstoffe sind auf vielen technologischen Gebie-ten die Grundlage für Innovationen und üben somiteine ausgeprägte Querschnittsfunktion aus. Hierausergeben sich zahlreiche Vernetzungen mit anderenHandlungsfeldern, die programmatisch vom BMBFgefördert werden, etwa Kommunikationstechnolo-gie, Mobilität und Verkehr, Umweltforschung, Gesundheitsforschung und Medizintechnik, Raum-fahrt, optische Technologien und Biowissenschaf-ten. Die Werkstoffforschung unterstützt die Zieledieser Themenbereiche mit spezifischen Werkstoff-entwicklungen oder werkstoffrelevanten Projekten.

Produktionssysteme und -technologienDas Rahmenkonzept „Forschung für die Produktionvon morgen“ fördert vorwettbewerbliche kooperati-ve Forschungsvorhaben zur Stärkung der Produktionin Deutschland. Produzierende Unternehmen sollenbesser in die Lage versetzt werden, auf Veränderun-gen rasch zu reagieren, den Strukturwandel aktivmitzugestalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit nach-haltig auszubauen und zu sichern.

Materialeigenschaften wie beispielsweise Härte, Kor-rosionsbeständigkeit, Duktilität, Temperaturverhal-ten und optisches Verhalten werden ganz wesentlichvon der Art der Verarbeitung beeinflusst, so dass Pro-duktionssysteme für diese spezifischen Eigenschaf-ten ausgelegt und optimiert werden müssen. DieNeuentwicklung von Materialien führt somit häufigzu veränderten oder neuen Herstellungsprozessen,die kostengünstigere, umweltfreundlichere und be-darfsgerechtere Produkte erzeugen. Die Werkstoff-forschung unterstützt in diesem Bereich z. B. die Ent-wicklung von Hochleistungsprozessen zum Ur- undUmformen von hochfesten Bauteilen.

MikrosystemtechnikIn der Mikrosystemtechnik (MST) werden eine Viel-zahl von Materialien, Komponenten und Technolo-gien eingesetzt, mit denen elektronische und nicht

elektronische Funktionen realisiert werden können.Das Ziel des Förderkonzeptes „Mikrosystemtechnik2000+“ besteht darin, diese Funktionen in intelli-genten miniaturisierten Gesamtsystemen zu verknüpfen und in die industrielle Anwendung ins-besondere bei KMU zu bringen. Das Anwendungs-potenzial der MST ist breit gefächert und reichtvon der Medizintechnik und Biotechnologie überdie Lebensmitteltechnologie und Umwelttechnikbis in den Automobilbau und in diverse Prozess-steuerungen im Maschinen- und Anlagenbau sowiein Anwendungen in der Fertigungstechnik.

Die MST unterstützt beispielsweise die Entwicklungeffizienter Prozessführungen in der Chemie auf denGebieten der Mikroreaktionstechnik und der kombi-natorischen Chemie. Weitere Anknüpfungsthemenzur Materialforschung bestehen insbesondere aufden Gebieten der intelligenten Werkstoffsystemeund Bearbeitungswerkzeuge, der Piezo-Materialien,der Sensorik und Aktorik sowie bei multifunktiona-len Implantaten in der Medizintechnik. Fragen derMaterialforschung spielen auch bei MST-Anwendun-

3. Vernetzung mit anderen Förderaktivitäten

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3. Vernetzung mit anderen Förderaktivitäten

Schleuderguss von Titanaluminium in eine rotierende Kokille

Quelle: ALD Vacuum Technologies GmbH

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gen in der Mikrochirurgie und in der medizinischenDiagnostik eine wichtige Rolle (Biokompatibilität).

NanoelektronikDie Mikroelektronik ist durch intensive Forschungs-anstrengungen in den Bereich der Nanotechnolo-gie vorgedrungen. Die Forschungsförderung wirddaher unter dem Titel Nanoelektronik und -systemekonzentriert und ist Bestandteil des BMBF-Pro-gramms „IT-Forschung 2006“. Förderthemen mitRelevanz für die Materialforschung konzentrierensich auf zwei Säulen in denen Vorhaben in Formvon industriellen anwendungsorientierten Verbund-projekten gefördert werden:

1. Technologien und Geräte für die ElektronikfertigungDer Schwerpunkt der Förderung in diesem Be-reich sind Lithographieverfahren mit einer Struk-turauflösung kleiner 100 nm sowie bei innovati-ven Material-, Schicht- und Prozesstechnologienfür die Nanoelektronik.

2. Neuartige Schaltungen und BauelementeZentrales Förderthema ist die weitere Evolutionder Silizium-Nanoelektronik mit Schwerpunktenbei Datenspeichern, Verbindungstechniken, Si-Hochfrequenzelektronik, Si-Leistungselektronik,Hochintegration, Logik-Bauelementen sowie dieCMOS-Technologie ergänzende Technologien wiez. B. Magnetoelektronik mit den Unterthemen:Sensorik, MRAM und Spintronik.

Der Bezug zur Materialforschung besteht darin, dassdie weitere CMOS-Evolution nicht mehr mit dem Ma-terialsystem Si/SiO2 allein gewährleistet ist. Die füreine wirtschaftliche Verwertbarkeit notwendige ex-ponentielle Erhöhung der Leistungsfähigkeit beigleichzeitiger exponentieller Verringerung der Kos-ten erfordert den Einsatz neuer Materialien speziellDielektrika als Ersatz für das bisherige SiO2. Ebensountersucht werden magnetische Materialien, dieüber die Magnetoelektronik die Si-Elektronik funktio-nell ergänzen. Einen immer wichtiger werdendenmaterialspezifischen Aspekt für die Zukunft stellt dasChip-Packaging dar, das über neuartige Materialien

zur Funktionalität des Chips selbst beitragen wird. Einen gänzlich neuen Weg weisen Funktionspolyme-re, die als Bauelemente für integrierte Schaltkreiseeingesetzt werden. Die Vorteile dieser Materialienliegen in der kostengünstigen Herstellung und ihrerbreiten Anwendbarkeit. Auch im Bereich der opti-schen Lithographie erfordern die für immer kleinerwerdende Strukturen notwendigen immer kürzerenWellenlängen neue Materialsysteme für Lichtquellen,Optiken und Photomasken.

KommunikationstechnologieIm Förderschwerpunkt Kommunikationstechnologiedes BMBF ist eine Vielzahl unterschiedlicher For-schungsgebiete zusammengefasst. Das Spektrumreicht dabei von neuartigen Materialien für elektro-nische, optoelektronische und optische Bauelemen-te bis hin zu Systemen der Informations- und Nachrichtentechnik. Die Entwicklung von neuenKomponenten und Systemkonzepten ist auch Be-standteil des BMBF-Programms „IT-Forschung 2006“.Beispiele für Technologien, die auf der Entwicklungneuer Materialien beruhen, sind Leuchtdioden fürverschiedene Farben, insbesondere Rot, Grün, Blauund Ultraviolett. Blaue Laserdioden werden künftigwichtig sein bei der Speicherung von Informationenauf DVD und in der Drucktechnik. Ein weiterer For-schungsschwerpunkt ist der Bereich der Displaytech-nik. Im Mittelpunkt stehen hier die FuE-Arbeiten zuorganischen lichtemittierenden Displays (OLED).

UmweltforschungDas Programm „Forschung für die Umwelt“ will In-novationen in Wirtschaft und Gesellschaft ansto-ßen, die eine zukunftsträchtige Entwicklung undGestaltung der Umwelt ermöglichen. Auf der Basisvon Ursachen- und Wirkungsforschung sollen intel-ligente Konzepte und Lösungen zur nachhaltigenUmweltnutzung entstehen. Dabei soll die gesamteBandbreite der Entlastungsmöglichkeiten durchneues Wissen und Innovation genutzt werden, Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik undGesellschaft sollen mitarbeiten. Das Programm umfasst u. a. die Schwerpunkte Ökologische For-schung, Wirtschaftsbezogene Nachhaltigkeit und

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Integrierte Umwelttechnik. Die Programmziele derUmweltforschung ergänzen sich ideal mit denenvon WING, denn Materialien haben ein inhärentesPotenzial zu Ressourcenschonung und Verringe-rung von Umweltbelastungen. Leichtere Materia-lien im Fahrzeug- und Flugzeugbau senken denKraftstoffverbrauch und schonen somit fossile Ener-gieträger. Korrosionsbeständige Materialien oderOberflächenbeschichtungen erhöhen die Lebens-dauer von Produkten. Hochverschleißfeste, leichteKeramiken verlängern im Maschinenbau die Stand-zeiten und reduzieren den Aufwand an Schmiermit-teln. Hoch entwickelte Dämmmaterialien senkenEnergieverluste. Aber auch traditionelle Materialienwie Naturfasern können durch Anwendung innova-tiver Verfahren z. B. erdölbasierte Kunstfasern er-setzen, mit teilweise sogar besseren Eigenschaften.

KlimaschutzKlimaschutz umfasst alle Aktivitäten, die negativeAuswirkungen menschlicher Aktivitäten auf das Klima vermeiden oder vermindern. Das Programm„Forschung zum Klimaschutz“ beschreibt nur einenTeil aller in Deutschland unternommenen For-schungsanstrengungen zu diesem Thema. Gleich-wohl soll die programmatische Zusammenfassungeine Plattform bieten, die eine engere Abstimmungaller Forschungs- und Entwicklungsansätze in die-sem Bereich ermöglicht. Klimaschutzforschungstellt eine Querschnittsaufgabe dar, welche die lebensnotwendigen Ressourcen Luft, Wasser undBoden umfasst und oft ähnliche Ziele wie die Um-weltforschung verfolgt. Hier gilt für die Materialfor-schung die gleiche Verknüpfung wie bei der Um-weltforschung. Innovative Werkstoffe bieten einerhebliches Potenzial, beispielsweise CO2- undSchadstoffemissionen zu senken.

Gesundheitsforschung, MedizintechnikDas Programm „Gesundheitsforschung: Forschungfür den Menschen“ der Bundesregierung fördertdie Erforschung von Ursachen und Entstehungs-prozessen bei Krankheiten. Daraus sollen effektivePräventions- und Therapieverfahren hervorgehen.Im Mittelpunkt stehen vor allem schwerwiegende

Krankheitsbilder, die eine große Belastung für be-troffene Patienten darstellen und erhebliche ge-sundheitspolitische Bedeutung haben, etwa Krebs,Infektionskrankheiten oder neurologische Erkran-kungen. Ziel ist eine Verbesserung der Qualität derVersorgung und die effektivere Nutzung und Vertei-lung der Ressourcen im Gesundheitswesen.

Werkstoffforschung, Chemie und Nanotechnologiekönnen hier sinnvoll ergänzende und neue Lö-sungsansätze beisteuern: Durch die steigende Le-benserwartung der Menschen wächst der Bedarf anlanglebigen und besser verträglichen Materialienfür die nachhaltige Prävention und Therapie, z. B.als dauerhafte oder temporäre Implantate, Kno-chen- oder Gewebeersatz, möglichst mit regenera-tiven Eigenschaften sowie Trägermaterialien für das

3. Vernetzung mit anderen Förderaktivitäten

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Organische Leuchtdioden machen die Herstellung von ultradün-

nen lumineszierenden Plastikfolien möglich.

Quelle: Siemens AG

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Tissue Engineering (Geweberekonstruktion). Weg-weisende interdisziplinäre Forschungsaufgabenwerden in gemeinsamen Initiativen mit anderenFörderprogrammen erfolgreich umgesetzt. Dazugehört beispielsweise die Maßnahme „Kompetenz-zentren in der Medizintechnik“ unter Federführungder Gesundheitsforschung mit Beteiligung von Ma-terialforschung, Mikrosystemtechnik und optischenTechnologien. Ähnliches ist auch für die Leitvision„Sanftes Operieren mit innovativer Technik SOMIT“geplant. Aktivitäten zur Koordinierung solcher ge-meinsamen Initiativen sind weiterhin vorgesehen.

BiowissenschaftenDie Biotechnologie entwickelt sich in viele for-schungsorientierte Felder hinein und bildet zahl-reiche Facetten mit Bezug zur Medizin, zur Chemie,zur Physik, zur Informationstechnologie und zu denMaterialwissenschaften. Das Rahmenprogramm„Biotechnologie – Chancen nutzen und gestalten“trägt dem Rechnung. Der Beitrag der Materialfor-schung in den Biowissenschaften ist sehr vielfältig.Beispiele sind nanoskalige laterale Strukturierungs-

techniken, Techniken zur Herstellung nanometerdicker funktionaler Schichten unter Nutzung biologischer Adaptions-, Reparatur- und Selbstorga-nisationsfähigkeiten, multifunktionale künstlicheZellen als Transporter, Sensoren und Nanoreakto-ren oder auch die regioselektive Ausrüstung vonHohlfasermembranen mit nanoskalierten Funk-tionsschichten.

Mobilität und VerkehrGefördert werden im Programm „Mobilität und Ver-kehr“ FuE-Vorhaben sowie Demonstrationsprojekte.Sie zielen darauf ab, die Mobilität nachhaltig zu gestalten und ein leistungsfähiges, effizientes und sicheres Verkehrssystem zu schaffen. Hierzu sollen u. a. Ressourcen effizienter genutzt werden. Ein Zielist es, die wachsenden Transportdienstleistungenmit weniger Energie, weniger Schadstoffen und we-niger Lärm sowie verringerter Unfallhäufigkeit zubewerkstelligen.

Die Materialforschung unterstützt die Erreichungdieser Ziele wesentlich. Sie hilft etwa bei der Ent-wicklung von Fahrzeugkonzepten mit geringemEnergiebedarf und minimierten Emissionen durchden Einsatz von neuen Keramiken, Leichtbauwerk-stoffen und Verbundwerkstoffen. Dies gilt sowohlfür Verbrennungsmotoren als auch für alternativeKonzepte wie Elektro- bzw. Brennstoffzellenantrieb.

Optische TechnologienDas Programm „Optische Technologien“ fördert dieEntwicklung optischer Systeme der nächsten Gene-ration und „innovative Anwendungen von Licht fürMensch, Produktion und Umwelt“. Optische Tech-nologien tragen zur Lösung wichtiger Aufgabender Gesellschaft, z. B. in den Bereichen Gesundheit,Umwelt, Verkehr und Mobilität, Biotechnologie undNanoelektronik, bei. Die Materialforschung ist ent-scheidend für Fortschritte bei den optischen Tech-nologien. Sie generiert beispielsweise neuartigeSpeichermedien und Lasertechniken. Aber auch dieErzeugung, Verstärkung, Übertragung und Manipu-lation von Licht sind auf grundlagenorientierte For-schung in den Materialwissenschaften angewiesen.

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Auf der Suche nach neuen Materialien für Leuchtdioden (LED)

Quelle: Siemens AG

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Die im Rahmenprogramm WING identifiziertenHandlungsfelder der Werkstofftechnologie leitensich aus industriellen und gesellschaftlichen Rah-menbedingungen und forschungspolitischen Ziel-setzungen her. Sie bilden den im Vorfeld stattge-fundenen Strategieprozess unter Berücksichtigungder Ergebnisse aus der Evaluierungsstudie des Pro-gramms MaTech ab. Die fachspezifisch orientiertenFelder sollen eine möglichst große Hebelwirkungaus der Werkstoffentwicklung heraus • für innovative Anwendungen in der Industrie,• für den gesellschaftlichen Bedarf und• für eine nachhaltige Verbesserung der Umwelt-

situation

entfalten. Sie werden in der Regel über Bekanntma-chungen für Förderprojekte geöffnet. Die Themenentspringen sowohl aktuellen Ergebnissen der insti-tutionellen Grundlagenforschung, die in die indus-trielle Praxis überführt werden sollen (Science andTechnology Push), als auch dem Bedarf der werk-stoffbasierten Industrie (Market Pull). Nach Mög-lichkeit sollen sie Beiträge zur Umweltentlastungbeispielsweise durch höhere Ressourcen- und Ener-gieeffizienz leisten. Wesentliche Förderelementesind dabei die Kooperation zwischen Wirtschaftund Wissenschaft sowie die Berücksichtigung desWertschöpfungsgedankens. Dem werkstoffanwen-denden Industriepartner kommt in diesem Rahmen

4. Handlungsfelder

27

4. Handlungsfelder

Nanotechno-logische

Werkstoff-konzepte

Computa-tional

MaterialsScience

BionischeWerkstoffe

Werkstoffe,Chemie und

Lebens-wissenschaf-

ten

Stoffe undReaktionen

Schichtenund Grenz-

flächen

Leichtbau Ressourcen-effiziente

Werkstoffe

IntelligenteWerkstoffe

Elektromag-netische

Funktions-werkstoffeBranchen

Chemische Erzeugnisse 1 2 1 1 1 1 2 2 2 3

Kunststoff- und 1 1 2 1 1 1 1 2 2 3Gummiwaren

Maschinen- und 2 2 2 3 2 2 1 1 1 2Anlagenbau

Fahrzeugbau 1 2 2 2 2 1 1 1 1 2

Metallerzeugung 2 1 2 3 2 1 1 1 1 2und -verarbeitung

Luft- und Raumfahrt 1 1 1 3 2 1 1 1 1 2

Energietechnik 2 1 2 2 2 1 1 1 2 2

Elektrotechnik 3 2 3 3 2 2 2 1 2 1

Elektronische 1 2 2 2 1 1 3 2 1 1Erzeugnisse

Lebenswissenschaften/ 1 2 1 1 1 1 3 3 2 2Medizintechnik

Handlungsfelder

Bedeutung der zukünftigen Handlungsfelder im Programm WING für deutsche Industriebranchen

1: sehr hohe bis hohe 2: hohe bis mittlere 3: mittlere bis geringe Bedeutung

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eine besondere Bedeutung zu. Die Tabelle zeigt diepotenzielle Hebelwirkung der Handlungsfelder fürdie in Deutschland wichtigen Branchen.

Die Förderprojekte sollen zu langfristig wirksamenPartnerschaften zwischen Großunternehmen undKMU bei der Entwicklung neuer Werkstoffe undVerfahren führen oder diese verstärken. Gerade fürden Mittelstand sollen günstige Voraussetzungenfür das Partizipieren an der jeweiligen Fördermaß-nahme geschaffen werden, um diese Unterneh-mensgruppe stärker in den Innovationsprozess einzubinden.

Ganz bewusst stehen somit als Handlungsfelderkeine Werkstoffklassen oder Anwendungstechnolo-gien im Vordergrund, sondern ausgehend von denLeitzielen des Programms die folgenden überge-ordneten Themenschwerpunkte, die untereinan-der stark vernetzt und offen sind für aktuelle Ent-wicklungen:• Grundlagenorientierte, visionäre Handlungsfelder

mit stark interdisziplinärer Ausprägung, lang-fristigen Entwicklungszeiträumen und hoherQuerschnittsfunktion für andere Werkstoff-bereiche.

• Gesundheits- und damit stark gesellschaftsrele-vante Handlungsfelder, die insbesondere medi-zintechnische und lebenswissenschaftliche Werk-stofffragen aufgreifen. Hierzu gehören ebensonachhaltige chemische Prozesse zur Herstellungvon umweltverträglichen Ausgangsstoffen undMaterialien.

• Technologiegetriebene Handlungsfelder ausden Bereichen Mobilität, Energie und Informa-tion, in denen durch neue Werkstoffe neue Pro-dukte und Prozesse generiert werden sollen.

Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuch-ses und die verstärkte Einbindung von KMU inden Innovationsprozess sind integrative Förder-elemente in den Handlungsfeldern. Die Erfahrungaus der bisherigen Förderung zeigt, dass sich Werkstoffprojekte häufig mehreren der genanntenSchwerpunkte zuordnen lassen, zumal neben der

eigentlichen Materialentwicklung in den Verbund-projekten zwischen Wissenschaft und Wirtschaftfast immer Ausbildungsaspekte und KMU-Beteili-gungen berücksichtigt werden. Insofern will dieFörderung ganz gezielt auch Synergieeffekte nut-zen und interdisziplinäre Ansätze unterstützen.Dies gilt insbesondere für das Zusammenwirkender klassischen Materialforschung mit der Nano-technologie und den chemischen Technologien.

4.1. Visionen durch Interdisziplinarität

4.1.1. Nanotechnologische Werkstoffkon-zepte – kleine Dimensionen, große Effekte

Die Nanowissenschaften haben in den letzten Jah-ren grundlegend neue Erkenntnisse für die Werk-stoffforschung erbracht. Die interdisziplinäre Zu-sammenarbeit zwischen Physik, Chemie, Biologieund Ingenieurwissenschaften hat sich dabei alsnotwendige Voraussetzung erwiesen. Darauf auf-bauend wird die Nanotechnologie in immer stärke-rem Maße Technikfelder und Märkte der heutigenMikrotechnik besetzen, denn neben einer weiterenMiniaturisierung erschließt sie völlig neue Phäno-mene, die nur im Nanometermaßstab auftreten.Damit eröffnen sich Möglichkeiten, die weit überdas Potenzial der Mikrotechnik hinausgehen. Ak-tuelle Schwerpunkte sind Nanostrukturwerkstoffe,chemische Nanotechnologie, ultradünne funktio-nale Schichten, Nanoanalytik und neue Werkstoffedurch laterale Strukturierung von Oberflächen.

Herstellung neuer Nanopartikel und derenFunktionalisierungNanopartikel weisen aufgrund ihrer erhöhten Reakti-vität ein enormes Anwendungsspektrum auf, dasaber noch nicht in seiner gesamten Breite erschlos-sen ist. So können neue und modifizierte Nanoparti-kel beispielsweise helfen, verbesserte Sensoren oderleistungsstärkere Kondensatoren zu realisieren.Nanopartikel lassen sich mit unterschiedlichsten chemischen Gruppen funktionalisieren und auf dieseWeise für die verschiedensten Zwecke maßschnei-dern. Eine Grundvoraussetzung für den Einsatz der-

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artiger Partikel sind Arbeiten zu ihrer Dispergierungund Stabilisierung. Erst wenn sie sich verfahrenstech-nisch sicher handhaben lassen, kann man sie für Anwendungen nutzen, wie z. B. flüssige Formulie-rungen niedriger Viskosität, hoch gefüllte Keramik-Schlicker, transparente Multifunktions-Coatings,Pigment-Dispersionen, E-Inks, Ferrofluide oder Poly-merkomposite mit neuartigen optischen Eigen-schaften.

Eine viel versprechende Möglichkeit zur Nutzungvon funktionalisierten Nanopartikeln bietet die Tu-morbekämpfung. Spezielle oberflächenmodifiziertemagnetische Nanopartikel sollen Tumore markie-ren, sie in einem magnetischen Wechselfeld lokalüberhitzen und so zerstören. Auch das Beschichtenvon Nanopartikeln wird zu neuen Verfahren führen,welche die Handhabung empfindlicher (z. B. selbst-entzündlicher) Nanopartikel verbessern oder zumSchutz vor chemischen Reaktionen (z. B. Alanate:Schutz vor H2O) beitragen. In-novative Kombinationen ausNanopartikeln und Kunststof-fen sowie die Einstellung neueroptischer Eigenschaften bei Na-nokristallen werden ebenso alsThemen angesehen, wobei im-mer die Entwicklung technischnutzbarer Lösungen im Vorder-grund stehen soll.

Neuartige Schichten und OberflächenDie Entwicklung und Herstellung neuartiger Schich-ten und Oberflächen sind ein wichtiger Zweig derNanotechnologie. Sie finden ihren Einsatz in nahe-zu allen Zukunftstechnologien, von der Mikro-elektronik und Optik über die Medizin und Sensorik

4. Handlungsfelder

29

Elektronenmikroskopi-

sche Aufnahme der na-

nostrukturierten Ober-

fläche einer hybriden

Sol-Gel-Schicht auf Glas,

die sowohl eine stärker

schmutzabweisende

Eigenschaft aufweist

als auch einen ausge-

prägten Schutz vor un-

erwünschter Beschrif-

tung bietet.

Quelle: Fraunhofer

Gesellschaft (FhG-ISC)

Rasterkraft-Mikroskop-Aufnahme:

Nickeloxid-Oberfläche mit lokaler

Verschmutzung (atomare Auflösung).

Quelle: Kompetenzzentrum Nanoana-

lytik, Koordinationsstelle Hamburg

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bis hin zu Verschleißschutzschichten. Sehr wichtig,aber noch wenig erforscht, ist die Oberflächenver-edlung mit nanostrukturierten Systemen. Dazu ge-hören Beschichtungen, die zur Verbesserung derKratzfestigkeit oder zur Wasser- und Schmutzab-weisung beitragen. Ein weiteres bedeutsames undtechnisch relevantes Forschungsfeld ist die Verbes-serung der Antireflex-Eigenschaften und des UV-Schutzes beispielsweise für elektrochrome undphotoaktive Beschichtungen sowie die Entwicklunginnovativer abriebfester Schichten. Auch die Ent-wicklung schaltbarer, adressierbarer bzw. struktu-

rierbarer dünner Schichten kann entscheidend fürtechnische Anwendungen sein. Die Arbeiten sollenzu Innovationen bei den magnetischen Eigenschaf-ten, der Transparenz oder der einstellbaren bzw.schaltbaren Hydrophobie/Hydrophilie von Schich-ten führen. Außerdem sind photovoltaische Be-schichtungen zukunftsträchtig.

Ferner kann der gezielte Aufbau von Nanoschichtenund Nanostrukturen, die schaltbar bzw. regenerier-bar sind, für folgende Anwendungen von Interessesein: mikroelektronische Bauelemente, PolymerElectronics und Smart Polymers, Displays, Licht-und Wärmemanagement und Dämpfer sowie Aktu-atoren und Sensoren.

Im Bereich der Bioanalytik und Diagnostik sowieder Sensorik können Nanosysteme zu komplexen,hochintegrierten Arrays führen oder durch Substra-te für Microarrays und (Neuron-)Zellkulturen neueAnwendungslösungen eröffnen. Zudem kommtdem Forschungsfeld der inneren Grenzflächen einegroße Bedeutung zu, wenn Nanomaterialien mitgezielt eingestellten elektrischen, magnetischenund optischen Eigenschaften zusammen mit opti-mierten bruchmechanischen Eigenschaften entwi-ckelt werden.

SelbstorganisationseffekteEin viel versprechender, zukunftsweisender und nochweitgehend unerforschter Ansatz zur Herstellung na-noskaliger Strukturen ist die Selbstorganisation. Aufdiese Weise gelang in einigen Fällen bereits die ge-zielte Herstellung größerer Systeme aus Molekülbau-steinen im Nanometerbereich. Die supramolekulareAggregation soll spontan und steuerbar erfolgen.Hierzu muss vor allem die Erforschung der Steuer-barkeit der einzelnen Molekülbausteine vorangetrie-ben werden. Das damit einhergehende Verständnisder Selbstorganisation wird dazu beitragen, dass dieangewandte Forschung und die industrielle Entwick-lung die Dimensionen der Nanowelt erobern.

Mesoporöse bzw. schaumartige StrukturenMesoporöse bzw. schaumartige Materialien haben

30

Herstellung vielfarbiger Displays über elektrisch kontrollierbare

Selbstorganisation. Mit Halbleiternanokristallen erzeugte

Fluoreszenz. Bei den stabförmigen Gebilden in der Bildmitte

handelt es sich um die Arbeits- und die Gegenelektrode.

Quelle: Prof. Feldmann; LMU München

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extrem große aktive Oberflächen und weisen des-halb oft besondere Eigenschaften auf. Sie sind inder Lage, die Leistungsfähigkeit von Brennstoffzel-len und Batterien oder anderen Speichermaterialiendeutlich zu steigern und ermöglichen die Entwick-lung innovativer Sensoren beispielsweise für dieProzesstechnik. Weitere Anwendungsfelder für dieseMaterialien sind der Einsatz bei der Gebäudeisola-tion (Nanostyropor), der Schalldämmung, als Metall-schutz im Auto und sogar als künstliches Papier.

Toxizität und Sicherheitsaspekte von NanosystemenDer vermehrte Einsatz von Systemen im Na-nometerbereich könnte unter Umständendazu führen, dass ultrafeine Partikel zuneh-mend in unsere Umwelt gelangen. Geeigne-te Verarbeitungs- und Rückhalteverfahrensollten dies zwar verhindern, aber trotzdemist es notwendig, eventuell schädliche Ein-flüsse derartiger Partikel rechtzeitig zuuntersuchen. Die Erkenntnisse der Nano-technologie können das Wissen über dasVerhalten von Nanopartikeln in der Umweltfördern und ihre Erfassung und Kontrolle er-möglichen. Bislang liegen bereits für einzel-ne Nanopartikelsysteme Untersuchungenzur Toxizität vor. Im Rahmen einer allgemei-nen Vorsorge sind hierzu aber weitere Arbei-ten nötig, die sich mit dem möglichen Eindringenvon Nanopartikeln in den menschlichen Körper undihrer Wirkung auf den Organismus befassen.

Für alle Disziplinen der Nanotechnologie gilt:Durch anwendungsorientierte und interdisziplinärangelegte FuE-Aktivitäten mit hohem wissenschaft-lichem Anspruch soll ihre Erschließung gefördertwerden. Neue innovative Nanosysteme und die Nut-zung ihres nachhaltigen Potenzials werden einenentscheidenden Beitrag zur Steigerung der techno-logischen Leistungsfähigkeit Deutschlands liefern.Ein Beispiel sind maßgeschneiderte Nanostäbchen: Derzeit sind Nanotubes in der Entwicklung mitDurchmessern zwischen 10 und 100 nm und maß-geschneiderten chemisch-physikalischen Eigen-

schaften. Solche Materialien kann man auf unter-schiedliche Weise herstellen: Man kann Nanodrähteelektrochemisch an Kristallkanten abscheiden odereine Abscheidung aus der Gasphase mit dem Auf-wachsen auf einem Katalyten verknüpfen. Fernerkann man die anisotrope Anlagerung von Linkermo-

4. Handlungsfelder

31

Links: Mikrobarcode mit optisch lesbaren

Informationen – vergleichbar dem Strichcode

auf Konsumartikeln

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Institut für

Mikrostrukturphysik Halle

Unten: Nanostrukturen eröffnen neue Wege für

magnetische Datenspeicher: Transmissionselektro-

nische Aufnahme eines ferromagnetischen Nano-

strukturensembles mit einem Durchmesser der

Stäbe von 25 nm mit einem regelmäßigen Abstand

von 65 nm, eingebetet in eine Al2O3-Matrix.

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Institut für

Mikrostrukturphysik Halle

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lekülen an Kolloidpartikel oder eine Abscheidung ineinem Templat – einer Schablonenstruktur – initiie-ren. Dafür eignen sich beispielsweise hochgeordne-te poröse Al2O3-Arrays. Anwendungen für derartigeNanotubes liegen in der Biomedizin (die bereits er-wähnte Krebsbekämpfung durch Hyperthermie mitbiospezifisch-funktionalisierten magnetischen Na-nopartikeln), der Filtertechnologie, dem Einsatz alsKatalysatorträger und in der Informationstechnik.

4.1.2. Computational Materials Science – rechnergestützt zu neuen Konzepten

In der Vergangenheit war die Suche nach neuenund verbesserten Materialien meist durch die An-wendung empirischer Methoden (Trial-and-Error)gekennzeichnet. In den letzten Jahrzehnten wurdein den Materialwissenschaften auch durch Erfolgein der Analytik jedoch ein tiefes Verständnis derStruktur-Eigenschaftsbeziehungen von Werkstoffenerarbeitet. Mit diesem Wissen und der enorm ge-steigerten Computerrechenleistung ist es heute be-reits ansatzweise möglich, die Materialeigenschaf-ten mittels moderner Methoden der Modellbildungund Simulation vorherzusagen, bevor der Werkstoffoder das Bauteil produziert wird. Traditionelle empirische Methoden werden zunehmend durchtheoretische Vorhersagen ergänzt oder im Idealfallersetzt. So werden z. B. industrielle Softwarean-wendungen für die Berechnung der Formfüllung,Erstarrung und Abkühlung, der mechanischen Ei-genschaften, der thermischen Spannungen und

des Verzugs von Metallgussteilen bereits in vielenmittelständischen Gießereibetrieben eingesetzt.

Computersimulationen sind in Kombination vonmathematischen, informationstechnischen, inge-nieur- und materialwissenschaftlichen Ansätzen einessenzielles Werkzeug zum maßgeschneidertenDesign neuer Materialien. Ihr praktischer Nutzenbesteht in der einfachen, abhängig vom Rechenauf-wand oft quasibeliebigen Wiederholbarkeit, in derAnalyse von Bereichen, die für herkömmliche Expe-rimente zu klein oder zu groß, zu schnell oder zulangsam, zu gefährlich oder zu teuer sind oder diezeitlich oder räumlich durch aktuelle Messtechni-ken nicht zugänglich sind.

Insbesondere können durch Simulationen in derMaterialentwicklung• kosten- und ressourcenaufwendige Experimente

in der industriellen und naturwissenschaftlichenGrundlagenforschung reduziert,

• Zyklen der Technologie- und Produktentwicklungerheblich verkürzt und die Produktqualität ver-bessert (Erfolgskriterium: „time to market“),

• das Materialverhalten beim späteren Einsatz ineinem Produkt über seinen Lebenszyklus voraus-gesagt und damit auch Risiken für Umwelt undGesellschaft analysiert und minimiert werden.

Allerdings sind die Eigenschaften von Festkörpern,insbesondere von technologisch verwendeten Ma-terialien, in höchstem Maße komplex und deshalb

32

Größenskalen, in denen die Eigenschaften von Werkstoffen definiert werden. Quelle: RWTH Aachen

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nicht in nur einem einheitlichen Modell zu behan-deln. Für praktisch jeden Vorgang und jede Eigen-schaft eines Festkörpers muss daher eine andereModellvorstellung entwickelt werden, die sowohlmit dem physikalischen Verständnis des Festkörpersnoch vereinbar ist als auch eine praktikable Pro-blemlösung zulässt. In der Realität werden imGegensatz zu diesen schrittweisen Modellansätzendie Eigenschaften des Werkstoffes durch eine Ver-kettung von Vorgängen, Prozessen und Zustandsän-derungen dynamisch verändert, so dass diese letzt-lich zum (erwünschten) Bauteilverhalten führen.

Heutige Bestrebungen zielen langfristig auf eineÜberwindung der bestehenden Beschränkungen inder Modellierung, so dass eine Verknüpfung indivi-dueller Einflüsse möglich wird. Damit ließen sichdurchgängige Simulationen der Prozessabläufe und

Eigenschaftsänderungen vom Rohstoff bis zumBauteil erreichen, und zwar u. a. eine Verknüpfung• der Prozessführung,• der Werkstoffklassen und• der verschiedenen Längen- und Zeitskalen, d. h.

von der atomistischen über die mikroskopischebis hin zur makroskopischen Modellierungsebene.

Daher sind neue oder angepasste theoretische Methoden und Algorithmen erforderlich, um indivi-duelle Einzelbausteine von Systemen oder im Idealfall die Entwicklung eines ganzheitlichen Materialansatzes und die Entwicklung komplexer Materialsysteme zu unterstützen, um so die Per-spektiven der Simulation auch für neue odergegenüber dem Status quo verbesserte Anwen-dungsfelder zu erweitern.

4. Handlungsfelder

33

Optimale Kontrolle des Mikrogefüges durch die Wahl berechneter Prozessbedingungen ist der Schlüssel für eine kosteneffektive, hochwer-

tige Produktion. Gekoppelte Makro-Mikrosimulation der Erstarrung ist eine Zukunftstechnologie, die heute an der Schwelle zum prakti-

schen Einsatz in der Gießerei steht. Das Bild zeigt schematisch am Beispiel einer einkristallin gerichtet erstarrten Turbinenschaufel, wie

der Gießprozess – simuliert auf makroskopischer Längenskala (FE-Programm CASTS) – das Gefüge – simuliert auf mikroskopischer Längen-

skala (Programm MICRESS) – beeinflusst. Ein wesentlicher Bestandteil dabei ist die Schnittstelle zu einer thermodynamischen Datenbank

für technische, mehrkomponentige Legierungen. Quelle: Access e. V., Aachen

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4.1.3. Bionische Werkstoffe – natürliche Bauprinzipien in der Technik

Seit einigen Jahren werden verstärkt biologischeSysteme dahingehend untersucht, ob sie als einfa-ches Vorbild für komplizierte technische Konstruk-tionen oder technologische Anwendungen dienenkönnen. Die Bionik als wissenschaftliche Disziplinbefasst sich mit der technischen Umsetzung undAnwendung von Konstruktions-, Verfahrens- undEntwicklungsprinzipien biologischer Systeme. Da-bei wurden bereits klassische Beispiele wie der Lo-tuseffekt, die Haifischhaut oder auch das Fleder-mausohr erforscht und technologisch umgesetzt.Gerade in der heutigen Zeit, wo die Werkstofffor-schung zunehmend interdisziplinär und fächer-übergreifend agiert, bieten sich ungeahnte Mög-lichkeiten, bionische Prinzipien neu zu beschreibenund für die Anwendung nutzbar zu machen. Hierist es besonders viel versprechend, wenn Biologie,Chemie, Physik, Biotechnologie und die Material-wissenschaften gemeinsame Forschungsanstren-gungen unternehmen. Auch ökologisch könnensich hierdurch Vorteile ergeben, da bionische Werk-stoffe sich im Allgemeinen durch eine rohstoff- undenergieminimierte Produktionsweise auszeichnen,wodurch sie auch einen Beitrag zum effektiven Um-gang mit natürlichen Ressourcen liefern können.

Mit der Bionik werden zunehmend interdisziplinäreund unkonventionelle Werkstoffentwicklungen syn-thetischer Werkstoffe, die in Struktur, Funktion oderHerstellverfahren auf biologischen Vorbildern beru-hen, frühzeitig aufgegriffen und in die industrielleAnwendung übertragen. Auf dem Gebiet der Werk-stoffforschung beschäftigen sich Forscher beispiels-weise mit der Abbildung biologischer Strukturen aufkeramische Werkstoffe, wodurch die besonderen me-chanischen Vorteile der biologischen Strukturen fürtechnische Anwendungen erschlossen werden sollen.Auch die biomimetische Erzeugung metallischerCluster für vielfältige katalytische und sensorischeAnwendungen wird erforscht. Weit fortgeschrittenist die Übertragung der Vorteile der Haifischhaut auftechnische Systeme. Durch die günstigen Strömungs-

eigenschaften, übertragen auf den Schwimmanzugder Hochleistungssportler, lassen sich zwar neuesportliche Rekorde erzielen, wichtiger aber ist dieÜbertragung auf die Luftfahrt, wo in erheblichemUmfang Treibstoff eingespart werden kann.

Der Lotuseffekt, der durch eine Noppenbildung imMikrometerbereich entsteht, erlaubt es, leicht zureinigende Oberflächen herzustellen, an denenSchmutz nicht mehr haften bleibt. Aber hier sindnoch in erheblichem Umfang Arbeiten notwendig,um eine Dauerhaftigkeit dieses Effektes zu ermög-lichen.

Der hierarchisch strukturierte, zelluläre Aufbau vonPflanzenfasern oder Holz bietet sich an als einemorphologisch interessante Vorlage für syntheti-sche keramische oder metallische Werkstoffe z. B.für den Leichtbau oder für poröse Filter/Membran-strukturen. Durch Abformprozesse kann die biologi-sche Zellstruktur bereits heute im Labormaßstabvollständig auf z. B. SiC- oder Al2O3-Keramik (bio-morphe Keramik) übertragen werden.

Muschelschalen zeichnen sich aufgrund ihres na-nostrukturierten Aufbaus nicht nur durch eine hoheFestigkeit, sondern auch durch eine keramikunty-pisch hohe Bruchzähigkeit bei geringem Gewichtaus. Mithilfe komplexer proteingesteuerter Bio-mineralisationsprozesse entsteht aus einfachem CaCO3 unterschiedlicher Kristallmodifikation einbruchzäher Biopolymer/Keramik-Verbund.

Erst vor einigen Jahren gelang die vollständige Ent-schlüsselung des molekularen Aufbaus von Spin-nenseide: Nanoskalige, kristalline und amorpheStrukturen im Verbund lassen steuerbare Bruchdeh-nungen bis 40 % zu und ergeben bei geringem Ge-wicht Festigkeiten, die z. T. zehnfach höher sind alsbei Kevlarfasern.

Neben dem Lotuseffekt oder der Haifischhaut sindweitere bioanaloge Oberflächenstrukturen von syn-thetischen Werkstoffen vorstellbar, die z. B. die Kor-rosionsbeständigkeit des Grundwerkstoffs erhöhen

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oder katalytische Funktionen ausüben könnten. Ers-te visionäre Ansätze gibt es bereits zum Einbau le-bender Zellen in hochporöse Festkörper („Biocere“).Die Beispiele verdeutlichen zum einen das Transfer-potenzial biologischer Materialstrukturen und Ver-fahren, wobei häufig Grenzflächeneffekte anorga-nisch/organischer oder anorganisch/biologischerNatur (biomolekulare Template) für die Syntheseund das spätere Werkstoffdesign eine entscheiden-de Rolle spielen. Zum anderen kommt auch eineökologische Komponente zum Tragen: Die Naturbaut ihre Materialien und Strukturen äußerst ressourcenschonend und funktionell aus ubiquitärvorhandenen Ausgangssubstanzen und unter mo-deraten Umgebungsbedingungen auf.

Aus den genannten Beispielen lassen sich folgendeübergeordnete Themen für bionische Werkstoffansät-ze ableiten: biofunktionalisierte Oberflächen (Korro-sion, Tribologie, Antifouling etc.), Nutzung biomor-pher, hierarchischer Strukturen in synthetischenWerkstoffen, biohybride Werkstoffe, biomineralisierteWerkstoffe, Trägermaterialien mit bioanalogen („en-zymatischen“) Funktionen z. B. für Membranen, Filteroder Katalysatoren.

4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft

4.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissen-schaften – der Mensch im Zentrum

Leichtere Fahrzeuge, stabilere Verpackungen, schnel-lere Informationen, leistungsfähigere Computer,wirksamere Medikamente, höhere Energieausbeu-ten, größere Recyclingquoten, verbesserte Wirkungs-grade oder geringerer Materialverbrauch setzen häu-fig die Entwicklung neuartiger Werkstoffe voraus.Die speziellen Anforderungen an Werkstoffe für neuzu entwickelnde Produkte machen ein übergreifen-des Arbeiten verschiedener Disziplinen wie Inge-nieurwissenschaften und Chemie bis hin zu den Lebenswissenschaften notwendig. Der potenzielleNutzen für den Menschen steht hierbei im Mittel-punkt. Der übergreifende Ansatz lässt sich am Bei-spiel der Entwicklung neuer Materialien und Verfah-

ren für den medizinischen Einsatz gut darstellen:Vor allem in den wohlhabenden Staaten der Erdesteigt die Lebenserwartung der Menschen bestän-dig – eine Entwicklung, die durch die Fortschritteder Medizin ermöglicht wurde und ihrerseits denBedarf an neuen Verfahren der Medizin wachsenlässt. Die rasante wissenschaftliche und technischeEntwicklung auf den Gebieten der Prophylaxe undTherapie ist verbunden mit einer ständigen Nach-frage nach neuen medizinischen Geräten, Instru-menten, Analyseverfahren und Substanzen bis hinzu Materialien für den Ersatz von Körpergewebenoder Organfunktionen. Voraussetzung hierfür sindMaterialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften.

Biofunktionelle Materialien in der MedizinZahlreiche Fortschritte in der Medizin und Zahnme-dizin in den letzten Jahren sind erst durch neue,bioverträglichere Materialien möglich geworden.Implantate, wie z. B. künstliche Gelenke, sind da-durch langlebiger und ihre Verträglichkeit ist durch

4. Handlungsfelder

35

Resorbierbare Folie aus Poly (L, DL) mit keramischer Beschichtung

aus ß-TCP. Die Folie wird in der dentalen Implantologie als

physikalische Barriere zur Abgrenzung der Knochendefekte von

umgebendem Weichgewebe eingesetzt. Die Keramikbeschichtung

auf der Defektseite unterstützt die Knochenregeneration. Im

Gegensatz zu üblichen Folien aus nicht resorbierbaren Polymeren

(ePTFE) kann die Zweitoperation entfallen.

Quelle: Kompetenzzentrum für Biomaterialien, Ulm

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biokompatible Oberflächen verbessert worden.Allerdings reichen die Eigenschaften dieser Implan-tate noch nicht an die natürlicher Gelenke heran.Wie viel besser wäre es doch, wenn verschlisseneGelenke nicht entfernt, sondern regeneriert werdenkönnten? So könnte die verschlissene Knorpel-schicht eines Kniegelenks außerhalb oder im Kör-per zu neuem Wachstum angeregt werden. Gewe-bespezifische Materialien, die Heilungsprozesseaktiv fördern, sind dazu erforderlich.

Jüngste Erfolge der Grundlagenforschung in derHerstellung von Gewebeersatz durch Kultivierungvon körpereigenen Zellen zeigen den Paradigmen-wechsel in der Medizin von der reparativen zur re-generativen Medizin, allerdings auch die noch vor-

handenen Probleme. Daher wird auch zukünftig einSchwerpunkt der Förderung im Bereich der regene-rativen Materialien als biologische Ersatzstoffe (regenerative Biomaterialien) liegen. Resorbierbaresynthetische Materialien dienen z. B. nach einer Im-plantation als Platzhalter und Leitstrukturen, die imRahmen von Umbauprozessen (Remodelling) durchnachwachsendes Gewebe ersetzt werden. Träger-materialien Scaffolds mit integrierten körpereige-nen Zellen und wachstumsfördernden Substanzensollen den dreidimensionalen spezifischen Gewebe-aufbau (Tissue Engineering) fördern und beschleu-nigen.

Ein weiterer Schwerpunkt sind biologische Füge-techniken. Biokompatible und bioaktive Material-systeme, beispielsweise Polymere oder Gläser, die

biodegradierbar und ähnlich demKnochengewebe remodellierbarsind, sollen als Klebesysteme festeund flexible Verbindungen zwi-schen Hart- oder Weichgewebesowie an den Übergängen dazwi-schen schaffen und einfach hand-habbar sein. Als Gewebeklebersollen sie den Neuaufbau des

Gewebes (Remodelling) fördern, bevor die Klebe-schicht ihre Festigkeit verliert. Als Vision könntedies bedeuten, dass Operateure zukünftig ohneNahtmaterial und Knochenschrauben auskommen.

Im Bereich Biologisierung von Materialoberflächensollen durch die Beschichtung von Implantaten z. B.mit biologisch aktiven Substanzen, durch Gestal-tung spezieller Oberflächenstrukturen oder durchAnkopplung von Zellen und Zellbestandteilen• die Gewebeneubildung stimuliert und somit die

Langzeitstabilität an der Grenze Implantat zu Ge-webe verbessert,

• die Remodellierung von Ersatzmaterial gesteuertund

• die bakterielle Besiedlung der Implantatoberflä-che verhindert werden.

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Rechts: Augmentierte Schraube, sechs

Monate nach Implantation, Paragon-Färbung,

Makroaufnahme

Quelle: Universität Ulm

Unten: Hochleistungskeramik für Hüft- und

Kniegelenksprothesen

Quelle: CeramTec AG

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Trägermaterialien für gezielte Therapienmithilfe der ChemieDie Applikation von Medikamenten erfolgt heutenoch nicht gezielt, sondern der Wirkstoff, der nuran einer bestimmten Stelle wirken soll, verteilt sichzunächst im gesamten Organismus. TherapeutischeKonzentrationen übersteigen dabei oft ein Vielfa-ches der eigentlich notwendigen lokalen Wirkkon-zentrationen, was nicht selten, beispielsweise inder Tumortherapie mit unerwünschten Nebenwir-kungen für den Patienten verbunden ist. Konzepte,die therapeutische Dosis zu minimieren und Wirk-stoffe direkt vor Ort zu bringen, sind daher höchstwünschenswert. Ein möglicher Weg ist die Erfor-schung neuer Trägermaterialien, die neue Konzeptefür die Wirkstoffverpackung und deren Adressie-rung an den Wirkort ermöglichen.

Diagnostik und AnalytikMiniaturisierte und hoch empfindliche Analyseverfah-ren ermöglichen das rasche Durchmustern großerProbenzahlen. Die sind inzwischen unverzichtbar fürdie biomedizinische Forschung geworden und findenmittlerweile in zunehmendem Maße auch in den kli-nischen Bereichen Anwendung. In einigen Teilberei-chen, wie beispielsweise der Analyse von Erbinforma-tionen, werden solche Methoden schon erfolgreicheingesetzt. Eine Erweiterung der Einsatzmöglichkeitvon miniaturisierten und hoch empfindlichen Verfah-ren auf weitere diagnostische Felder kann zu einerwesentlichen Kostensenkung der Untersuchungenund zu einer geringeren Belastung für den Menschenführen. Die Erforschung intelligenter Trägermateria-lien, gezielter Modifizierungsverfahren für Materia-lien und verbesserter analytischer Konzepte gibt hierwesentliche Impulse zu einer leistungsfähigen undkosteneffizienten Analytik.

Gewinnung reiner SubstanzenIn der pharmazeutischen Industrie, der Biotechno-logie und bei der Herstellung von Feinchemikalienbesteht ein ständig steigender Bedarf an Reinstof-fen. Aufgrund steigender Anforderungen an dieReinheit von Wertstoffen gewinnen chromatogra-phische Trennprozesse auch im großtechnischen

Maßstab zunehmend an Bedeutung. Der steigendeEinsatz gentechnischer Methoden in der pharma-zeutischen Industrie bringt einen zusätzlichen Be-darf an geeigneten Trennmaterialien. Die Anreiche-rung und Feinreinigung dieser teils sehr komplexenKomponenten stellt besondere Anforderungen anChromatographiematerialien, insbesondere für dentechnischen Anwendungsbereich im industriellenUmfeld, da Kapazität und Stabilität des Materialsoft nicht den benötigten Anforderungen entspre-chen. Daher ist eine Erforschung chromatographi-scher Trennverfahren und Materialien mit dem Aspekt der großtechnischen Umsetzbarkeit notwendig.

4.2.2. Stoffe und Reaktionen – auf chemischem Weg zu neuen Werkstoffen

Neue chemische Prozesse für innovative Werkstoffebilden die Grundlage für Weiterentwicklungen inso unterschiedlichen Bereichen wie der Verkehrs-technik, der Informations- und Kommunikations-technik oder im Umweltschutz. Die Suche nachhochenergetischen Materialien für die Energiespei-cherung, nach Fluoreszenzfarbstoffen für die Solar-

4. Handlungsfelder

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Die Technik der Konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie ermög-

licht erstmals die direkte Beobachtung von Transport und Ad-

sorption verschiedener Stoffe innerhalb poröser Materialien. Das

Bild zeigt die Bindung zweier Proteine, ß-Lactalbumin (blau

markiert) und Rinderserumalbumin (rot markiert), an sphäri-

sche Partikel eines Trennmaterials (Kationenaustauscher), das

für die Trennung von Proteingemischen eingesetzt wird. Der

helle blaue Ring zeigt einen Transportmechanismus, dessen

Funktionalität bislang noch nicht genau geklärt ist, aber sehr

stark von den jeweiligen Materialeigenschaften abhängt.

Quelle: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für

Enzymtechnologie

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energiegewinnung, die Herstellung neuer optischerDatenspeicher und Schalter oder von Drug-Delive-ry-Systemen sind nur durch ständig neu- undweiterentwickelte chemische Verfahren und Prozes-se möglich und erfolgreich. Die Beispiele demons-trieren den Dienstleistungscharakter der chemi-schen Industrie, die für eine nachhaltigeEntwicklung unserer Gesellschaft eine Schlüsselrol-le spielt. Da die Nachhaltigkeit im Förderprogramm

als ein Leitziel definiert ist, geht es in diesem Hand-lungsfeld auch um umweltverträgliche Produk-tionsprozesse für Werkstoffe, um beispielsweisechemische Prozesse effizienter, emissionsfreier,aber auch wirtschaftlicher führen zu können.Für die Herstellung von Hochleistungswerkstoffenmit neuen Funktionalitäten, die den Ansprüchender zukünftigen technischen Systeme gerecht wer-den, ist die Entwicklung innovativer chemischerProzesse unverzichtbar. Dabei sind die Anforderun-gen an die chemischen Prozesse aufgrund der ge-sellschaftlichen Ansprüche gewachsen. Die zu ent-wickelnden Verfahren müssen heutzutage nicht nurschnell und kostengünstig arbeiten, sondern ent-sprechend dem Leitziel der Nachhaltigkeit auchressourcenschonend, energiesparend und abfallver-meidend sein. Um diese vielfältigen Aufgaben lösenzu können, ist die Zusammenarbeit verschiedenerchemischer Disziplinen untereinander sowie mitanderen natur- und ingenieurwissenschaftlichenDisziplinen eine unabdingbare Voraussetzung.

MikroreaktionstechnikIn der Mikroreaktionstechnik werdenReaktionsräume im Millimeter- oderMikrometermaßstab erstellt. Siewerden dort eingesetzt, wo großeAnlagen zu risikoreich oder zu ineffi-zient arbeiten. Werden mehrerehundert oder tausend dieser Mikro-reaktoren parallel betrieben, lassensich auch in ihnen große Produkt-mengen herstellen. Die Folgen un-gewollter Reaktionen oder des Aus-tretens von Chemikalien könnenminimiert werden. Es wird sogar ver-sucht, Reaktionen, die normaler-weise explosiv verlaufen, in Mikro-reaktoren durchzuführen.

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Miniaturisierung in der chemischen

Industrie – winziger Drucksensor als

Schlüsselbaustein für Mikroreaktoren

Quelle: Siemens AG

Mikroreaktorsystem zur Austestung

verschiedener Katalysatorsysteme

Quelle: Institut für Mikrotechnik, Mainz

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KombinatorikDie Grundidee ist einfach zu formulieren, aber dieRealisierung ist anspruchsvoll: Wie findet man denoptimalen Wirkstoff gegen eine Krankheit? Oderden optimalen Katalysator für eine Reaktion? DieSchritte, um die gesuchte Substanz zu finden: mög-lichst viele Kandidaten synthetisieren und sie dannauf ihre Wirkung testen. Der Einsatz der Kombina-torik in der Katalyse- und Materialforschung gestal-tet sich jedoch schwierig. Die Herstellung neuerWerkstoffe ist kompliziert, ebenso wie das nachfol-gende schnelle Screening der Testkandidaten, weilhier eine Fülle verschiedenster, meist voneinanderunabhängiger Parameter überprüft werden muss.

Automatisierte Verfahren ermöglichen immer mehrTests in immer weniger Zeit. Dabei ist es wichtig,standardisierte analytische Verfahren zu finden, dieanhand kleiner und kleinster Probenmengen quali-tative Aussagen über die jeweilige Zieleigenschafterlauben. Steht das Testverfahren fest, gilt es, fürausreichenden Nachschub an Testkandidaten zusorgen und systematisch eine große Zahl potenziel-ler Werkstoffe oder Katalysatoren aus wenigenGrundbausteinen herzustellen. Dabei werden alleKombinationsmöglichkeiten dieser Bausteinedurchgespielt. Die Kombinatorik in der Chemie er-höht die Chancen, neue Werkstoffe für innovativeTechniken oder Katalysatoren für neue Verfahren zufinden. Denn: je größer die Zahl der Substanzen,die für einen Test zur Verfügung stehen, desto grö-ßer ist die Wahrscheinlichkeit eines Treffers.

KatalyseEtwas wirkt als Katalysator – das sagt man oft undmeint: Es lässt Vorgänge schneller und mit wenigerAufwand zum Ziel kommen. Eigentlich sind Kataly-satoren Substanzen aus der Chemie und der Biolo-gie. Sie sorgen dafür, dass Reaktionen mit wenigerEnergie in Gang kommen und beschleunigt wer-den. Deshalb spielen Katalysatoren eine zentraleRolle bei der Optimierung von Verfahren. Rund 80 % aller Industrie-Produkte kommen bei ihrer Herstel-lung mit mindestens einem Katalysator in Kontakt.Trotzdem weiß man oft noch nicht so ganz genau,

wie Katalysatoren funktionieren, und das macht dieKatalysatorforschung zu einer besonders spannen-den Aufgabe.

Zur gezielten, hochreinen Darstellung neuer Poly-mere und auch Medikamente sind Katalysatorenunabdingbar, da sie die Durchführung vieler Reak-tionen überhaupt erst ermöglichen. Die Entwick-lung neuer Katalysatoren, die hohe Stoffumsätzegewährleisten bei gleichzeitiger hoher Langzeitsta-bilität ist einer der Dauerbrenner in der Chemie.Das zeigt sich auch daran, dass der Nobelpreis fürChemie sowohl 1963 als auch 2001 an zwei bzw.drei Pioniere der Katalyse vergeben wurde, die u. a.Verfahren entwickelt haben, mit denen sich z. B.Entzündungshemmer und Betablocker kostengüns-tig in reinster Form herstellen lassen. Katalysatorenmachen Produktionsverfahren effizienter und res-

4. Handlungsfelder

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Substratplatten für die kombinatorische Entwicklung von Sen-

sormaterialien Quelle: Robert Bosch GmbH

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sourcenschonender, also zugleich wirtschaftlicherund umweltverträglicher. Sie sparen Energie, wennsie die für eine Reaktion erforderliche Temperaturund den Druck senken. Aber sie können noch vielmehr, denn sie machen Reaktionen selektiver: Oftkönnen aus denselben Ausgangsstoffen in verschie-denen Reaktionen verschiedene Endprodukte entste-hen. Mithilfe von Katalysatoren lassen sich Prozesseso steuern, dass nur die gewünschte Synthese statt-findet. Dadurch sorgen sie für eine höhere Ausbeute,eine höhere Reinheit des Endprodukts und wenigerNebenprodukte, die entsorgt werden müssen.

In besonderem Maße gilt dies für Biokatalysatoren.Sie ermöglichen den Zugang zu hochwertigen Bau-steinen für die Chemie und die Herstellung von Me-dikamenten. Mit ihnen sind so genannte chirale Moleküle zugänglich. Wie unsere beiden Hände, soverhalten sich auch viele Moleküle wie Bild undSpiegelbild: Sie sind chiral (von griechisch cheir:Hand). Biologische Systeme können zwischen Bildund Spiegelbild eines Moleküls unterscheiden. Ob-wohl sie ganz ähnlich aussehen, schmecken, riechenund wirken chirale Moleküle oft völlig unterschied-lich. Daher ist die selektive Herstellung chiraler Moleküle in allen Fällen wichtig, bei denen dieWechselwirkung mit einem biologischen System an-gestrebt wird: in der Arzneimittelentwicklung, demPflanzenschutz und bei Duft- und Aromastoffen.

Ein Beispiel, das in diesem Zusammenhang traurigeBerühmtheit erlangte, ist das Medikament Conter-gan, bei dem eines der chiralen Moleküle die ge-wünschte pharmakologische Wirkung entfaltet,während das Spiegelbild fruchtschädigend wirkt.Biokatalysatoren (Enzyme) sind chemischen Kataly-satoren hinsichtlich der Katalysegeschwindigkeitund der Selektivität meilenweit überlegen. Als Ei-weiße lassen sie sich mittels biologischer Systeme(Bakterien, Hefen) aus einfachen Vorstufen herstel-len und leisten somit einen wichtigen Beitrag zurNachhaltigkeit in der Chemie. Trotz ihrer hervorra-genden Eigenschaften werden Biokatalysatoren bis-her nur in untergeordnetem Maße in der chemi-schen Industrie genutzt, obwohl es nicht an

ermutigenden Beispielen für deren technischeNutzbarkeit fehlt. So stellt beispielsweise die FirmaDegussa bereits seit Jahren die Substanz L-tertiär-Leucin mittels eines enzymatischen Verfahrens imTonnenmaßstab her. Die vergleichsweise geringeNutzung von Biokatalysatoren in industriellen che-mischen Prozessen ist dabei nicht mit prinzipiellenSchwierigkeiten, sondern eher mit einem Mangelan Erfahrung mit dieser Katalysatorklasse zu erklä-ren. Auch die chemische Modifikation von Natur-stoffen, z. B. für stabile, biologisch abbaubareKunststoffe, fällt hierein.

Innovative StoffumwandlungenIndustriell gefertigte Produkte sind aus unserer Ge-sellschaft nicht mehr wegzudenken. Da aber beimProduktionsprozess die Stoffumwandlungen aufdem Weg vom Rohmaterial zum Endprodukt fastnie vollständig ablaufen, fallen immer auch Rest-stoffe an, welche die Umwelt unterschiedlich starkbelasten. Ziel zukunftsorientierter Verfahren mussalso die Minimierung dieser Reststoffe und eineSchonung der natürlichen Ressourcen sein, um sozur Stabilisierung des ökologischen Gleichgewichtsbeizutragen. Die Aufgabe ist daher, neue Wege fürkomplexe Substanzen zu finden, z. B. über bioche-mische Katalysatoren, neue Lösungsmittel (z. B. ionische Flüssigkeiten) oder einfachere Synthesen(z. B. Eintopf-Reaktionen), die bisher gar nicht odernur mit unvertretbar großem Aufwand herstellbarsind.

Exemplarisch für die Vielzahl der seit Beginn des 20. Jahrhunderts gemachten chemischen Entdeckun-gen und Entwicklungen, die aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind, seien hier einige herausragende Entwicklungen angeführt:

• Ein Beispiel der vielseitigen Anwendbarkeit neuerWerkstoffe ist Teflon. Seit seiner Patentierung1941 wird es vielfältig angewendet: als Antihaft-beschichtung von Geschirr, als atmungsaktive,aber wasserdichte Zwischenschicht in Beklei-dung, als technischer Hochleistungsschmierstoffoder als Maschinenteil.

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• Ein weiteres Beispiel sind elektrisch leitendeKunststoffe, die 1977 das erste Mal synthetisiertwurden. Leitende Kunststoffe werden verwendetoder sind in der industriellen Entwicklung, z. B.für antistatische Mittel für photographische Fil-me, Strahlungsschutz an Computerbildschirmenund „intelligente“ Fenster, die im Sommer Son-nenlicht aussperren können. Kürzlich habenaußerdem halbleitende Polymere sowohl inLeuchtdioden und Solarzellen als auch als Anzei-gen in Mobiltelefonen und Fernsehschirmen imMiniformat Anwendung gefunden.

• Seit Entdeckung des ersten Flüssigkristalls im Jah-re 1888 hat sich die Erforschung des flüssigkris-tallinen Phasenzustandes zu einem interdiszipli-nären Arbeitsgebiet entwickelt, das vielfältigechemische, physikalische, biologische und an-wendungsrelevante Forschungsrichtungen ein-schließt. Flüssigkristalle sind durch die rasanteEntwicklung auf dem Gebiet der Computertech-nologie unverzichtbar geworden. So sind heutzu-tage durch die Entwicklungen auf dem Gebietder Mikroelektronik schon Flachbildschirme aufder Basis von Flüssigkristallen mit hoher Brillanzund Farbtiefe für den durchschnittlichen PC-Be-sitzer erschwinglich geworden, und es werdenbereits Fernsehgeräte hergestellt, die nur wenigeZentimeter dick sind. Ein Ende der Entwicklungist noch nicht in Sicht. Aber auch an flüssigkristal-line Verbindungen werden laufend neue Ansprü-che gestellt, wie Lichtstabilität, geringe Doppel-brechung oder dielektrische Eigenschaften.

4.2.3. Schichten und Grenzflächen – Schutz,Funktion und Aktion

Grenz- und Oberflächenphänomene spielen in dermodernen Werkstoffwissenschaft eine grundlegen-de und bestimmende Rolle. Vielfältige Eigenschaf-ten bedingen meist mehrphasige sowie mehrkom-ponentige Werkstoffe. Sowohl die Herstellung alsauch die späteren Eigenschaften entsprechenderWerkstoffe/Bauteile werden daher von den Grenz-flächenwechselwirkungen der verschiedenen Pha-

sen/Komponenten stark bestimmt. Dies gilt z. B. fürPulversynthesen, Formgebungsprozesse, Sinterpro-zesse, für dotierte, partikel- und faserverstärkteWerkstoffe, Haftungsphänomene, Kompatibilitäts-effekte und Schichtverbundwerkstoffe. Anwen-dungsgerechte Funktionen werden vielfach aus-schließlich durch die Eigenschaften der Werkstoff-bzw. Bauteiloberflächen bestimmt, die ihrerseitsmit der jeweiligen Umgebung in Wechselwirkungstehen (z. B. bei Sensoren, beim Reibungs-, Ver-schleiß-, Oxidations- und Korrosionsverhalten, beider Biokompatibilität etc.). Innere Grenzflächenspielen eine wesentliche Rolle u. a. bei Werkstoffle-gierungen bzw. -mischungen.

4. Handlungsfelder

41

Wassertropfen auf einer behandelten Holzoberfläche, die eine

extrem wasserabweisende (superhydrophobe) Oberfläche besitzt.

Quelle BASF AG

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SchutzschichtenDie wesentliche Aufgabe von Schutzschichten istdas Erhöhen der mechanischen und der chemi-schen Widerstandsfähigkeit sowie der Korrosions-beständigkeit und damit der Lebensdauer von Bau-teilen und Komponenten in allen Bereichen derIndustrie. Dünne Hartstoffschichten spielen insbe-sondere bei tribologischen Anwendungen eine be-deutende Rolle. Innovative Beschichtungstechnolo-gien erlauben die Abscheidung eines breitenMaterialspektrums. Hier sind besonders die Nitrideund Carbide der Übergangsmetalle sowie Oxideund Boride, kohlenstoffhaltige Schichten, diamant-ähnliche Me-C- oder CNx-Schichten zu nennen.

Diese Schichten zeichnen sich neben einer hohenVerschleißbeständigkeit und niedrigem Reibungs-

koeffizient oftmals auch durch eine gute Kor-rosionsbeständigkeit aus. Neben einfachen Schichtsystemen wie TiC oder TiN bieten auch Mehr-komponentenschichten, Multilayer oder nanokristal-line Dispersionsschichten Möglichkeiten zur Darstel-lung von maßgeschneiderten Schutzschichten.

Multifunktionale SchichtenIn der Medizintechnik werden beispielsweise Im-plantatmaterialien benötigt, die eine anwendungs-gerechte mechanische Funktion gleichzeitig mitbioverträglichen oder bioaktiven Eigenschaften ver-binden. Zum Beispiel werden Trägermaterialien mitfunktionalisierten Oberflächen, an die Zellen oderZellbestandteile ankoppeln, als Gerüst- oder Leit-strukturen benötigt. Bioaktive Beschichtungen sol-len den Gewebeauf- und -umbau stimulieren undHeilungsprozesse beschleunigen. Oberflächen mitspezifischen Funktionalitäten werden auch in derBiotechnologie benötigt, z. B. bei der Auswahl undAufreinigung von Proteinen oder Zellen.

Bei vielen Anwendungen in der Industrie steht dieBeschichtung optischer Baugruppen zur Realisierungbestimmter Produkteigenschaften wie Reflexion,Transmission, Farbe usw. im Mittelpunkt des Interes-ses. Daher konzentrieren sich die Entwicklungen aufdem Gebiet der optischen Funktionsschichten vor al-lem auf transparente, leitfähige Oxidschichten, op-tisch wirksame Multilagensysteme oder photokataly-tisch aktive Funktionsschichten. Als Beispiele sind zunennen: transparente Kratzschutzschichten fürKunststoff- und Glasoberflächen, leitfähige transpa-rente Oxide für Dünnschicht-Solarzellen, halbleiten-de Schichtsysteme für die Dünnschichtphotovoltaikoder niedrigemittierende Wärmefunktionsschichtenfür Architekturgläser und Autoverglasungen.

Die Verwendung von Schichtsystemen mit speziel-len elektrischen und dielektrischen Funktionen istebenfalls von großer Bedeutung. Durch die fort-schreitende Miniaturisierung elektrischer Baugrup-pen müssen z. B. neue Verfahren zur strukturiertenAbscheidung von Leiterbahnen oder Dünnschicht-widerständen entwickelt werden. Die Herstellung

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Optische Multischichtsysteme: Lasersubstrat und dichroitische

Filter Quelle: Berliner Glas KGaA

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von maßgeschneiderten Beschichtungen mit Dünn-schichtsensoren, eingebracht in die Oberfläche desBauteils, ermöglichen bisher nicht zugängliche loka-le Belastungsmessungen (z. B. von Druck und Tem-peratur) auf der Bauteiloberfläche. Andere Beispielesind die Metallisierung von Kunststoffoberflächenfür die EMW-Abschirmung und den ESD-Schutz,neue magnetoelektrische Schichten (z. B. für Fest-plattenleseköpfe) und Isolationsschichten (Schicht-systeme im Mikrometerbereich auf anorganischerBasis).

HaftungsphänomeneHaftungsvorgänge zwischen unterschiedlichen Ma-terialien spielen in zahlreichen Technologiefelderneine zentrale Rolle. Beispiele für die Nutzung vonHaftkräften sind die Klebtechnik, die Herstellungvon Verbundwerkstoffen oder auch vielfältige Funk-tionsbeschichtungen für die gesamte Werkstoff-Palette. Häufig treten aber auch unerwünschteHaftkräfte auf, die zu erheblichen Produktionsstö-rungen führen können (z. B. bei der Trennung vonWerkzeug und Fügeteil, bei schlecht fließendenPulvern oder bei Schmutzablagerungen auf Materi-aloberflächen. Darüber hinaus wird von komplexenMaterialverbünden zunehmend ge-fordert, dass die Komponentennach Gebrauch gezielt getrennt, d. h. enthaftet werden können, umein Recycling zu ermöglichen.

Das Haftverhalten resultiert auszahlreichen Wechselwirkungen me-chanischer, physikalischer und che-mischer Natur, und zwar von der nanoskopischenbis hin zur makroskopischen Skala. Diese Wechsel-wirkungen werden zusätzlich noch von zahlreichenProzessparametern beeinflusst. Die Komplexitätdieser Zusammenhänge trägt wesentlich dazu bei,dass es trotz intensiver Forschungsanstrengungennoch nicht gelungen ist, Grundlagen und Mechanis-men der Haftung von Schichten und Grenzflächenauch nur annähernd zu verstehen. Diese Defiziteführen dazu, dass in der industriellen Praxis Haf-tungs- bzw. Enthaftungsprobleme meist empirisch,

d. h. in Form kosten- und zeitintensiver Parameter-studien gelöst werden.

Das auf einem tieferen Grundlagenverständnis ba-sierte Trennen und Verbinden, die gezielte Steue-rung von Haftungs- und Enthaftungseffekten, wäretechnologisch gesehen ein Qualitätssprung, der invielen Bereichen, wie z. B. dem Fahrzeugbau, derElektrotechnik/Elektronik, der Mikrotechnik, demMaschinenbau, der Bauindustrie, der Oberflächen-technik, der Chemie-, Textil- und Papierindustrieoder auch der Kunststoffverarbeitenden Industrieökonomische und ökologische Fortschritte möglichmachen würde.

4. Handlungsfelder

43

In zahlreichen wirtschaftlich wichtigen Tech-

nologiefeldern sind die Eigenschaften von

Grenz- und Oberflächen von entscheidender

Bedeutung. Die werkstoffspezifische Band-

breite reicht dabei von nahezu „Nichthaf-

tung“ bis hin zu extrem haftfesten Verklebun-

gen, die sogar die Festigkeit von Stahl

übertreffen.

Links: Haftfester Klebeverbund

Quelle: Henkel KGaA

Unten: Lotusblatt

Quelle: Prof. Dr. Wilhelm Barthlott,

Universität Bonn

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GrenzflächenZu den mittlerweile klassischen Grenzflächen-„Aktio-nen“ gehören ultradünne organische Schichten auffesten Substraten. Ein Beispiel für solche ultradün-nen Schichten sind selbstorganisierende Monolagen(so genannte SAM’s). Bestimmte SAM’s verhindern z. B. die unspezifische Adsorption von Proteinen undZellen auf künstlichen Materialien und sind so künf-tig in der Medizintechnik von Bedeutung. DurchSchicht-für-Schicht-Adsorption auf kolloiden Templa-ten statt ebenen Oberflächen wird eine neue Klassevon Nanokompositen mit Kern-Schale-Aufbau zu-gänglich. Der Kern lässt sich herauslösen und sofernes gelingt, die Durchlässigkeit der Schalenwand ge-zielt einzustellen und zu verändern („zu schalten“),eröffnet sich für solche Kapseln ein weites Anwen-dungsfeld, unter anderem als Systeme zur kontrol-lierten Freisetzung von Wirkstoffen.

Die heterogene Katalyse ist eine alte Wissenschaftund dabei doch auch eine Zukunftstechnik, ein eta-bliertes Werkzeug sanfter chemischer Technologie. Inder heterogenen Katalyse liegt der Katalysator meistfest vor, während das Reaktionsgemisch flüssig odergasförmig ist. Der Ort der katalytischen Wirkung istdie Katalysatoroberfläche. Da in realen Katalysatorendiese Oberfläche meist die Wand eines irregulärenPorensystems im Innern von Katalysatorkörnern ist,die sich der direkten Untersuchung weitgehend ent-zieht, gibt es bisher nur wenige gesicherte Erkennt-nisse über die Vorgänge auf atomarem Niveau unddie an ihnen beteiligten Strukturen der Katalysator-oberfläche. Diese aber zu kennen und modifizierenzu können, ist essenziell für die Verbesserung beste-hender und die Entwicklung neuer Katalysatorsyste-me (technisch wichtige Beispiele: Dreiwegekatalysa-tor, Methanolsynthese aus Synthesegas).

4.3. Mobilität, Energie und Information

4.3.1. Leichtbau – leichte Werkstoffe undStrukturen

„Denken Sie mal über Aluminium nach“, hatte Bör-senguru André Kostolany noch kurz vor seinem Tod

in Kino- und Fernsehspots angeregt. Er hatte Recht,denn die Bedeutung von Aluminium als Werkstofffür Automobilkomponenten wuchs seitdem, genau-so wie die der anderen Leichtbauwerkstoffe: Mag-nesium- und Titanlegierungen, hochfeste Stähle,Kunststoffe, Faserverbundwerkstoffe und Keramik.

Schwerpunkte industrieller FuE sind strukturopti-mierte Leichtbauwerkstoffe und die dazugehörigeVerfahrenstechnik für die Verkehrs- und Energie-branche. Welchen Stellenwert die Innovationsfähig-keit hat, wird etwa an den erheblich gestiegenenFuE-Etats der Fahrzeugbauer deutlich. Der Anteildieser Branche an den FuE-Aufwendungen der ges-amten deutschen Wirtschaft stieg von 18 % im Jahr1991 auf 33 % nur zehn Jahre später. In der Studie„Automobilstandort Deutschland“ (VDA u. a. 11/02)wird dieser Industriezweig als eine der bedeutend-sten Wachstumsbranchen identifiziert.

Die Automobilindustrie ist eine der wenigen Bran-chen, in denen deutsche Unternehmen weltweitTechnologieführer sind. Ähnlich ist die Lage bei derstark exportorientierten deutschen Kunststoffindus-trie: Sie ist weltweit „Technologietreiber“ mit demdamit einhergehenden Wachstumspotenzial. Auchdeutsche Kunststoffmaschinenbauer sind mit ei-nem Weltmarkanteil von 23 % mit großem Abstandglobal die Nummer eins. Diese starken Branchenverbindet eine Fokussierung auf das marktträchtigeInnovationsfeld Leichtbau.

Der Fahrzeugbau ist mittlerweile der wichtigste Ab-satzmarkt für Leichtbauwerkstoffe geworden. Aberauch in der Verpackungsindustrie, im Bauwesen, imMaschinen- und Anlagenbau, für mobile technischeGeräte (Notebookgehäuse aus Al-Legierungen) undbei Sport- und Freizeitausrüstungen ist das Leicht-baupotenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft.Denn überall dort, wo Massen beschleunigt wer-den, stehen Werkstoffe für den Leichtbau im Mittel-punkt der Entwicklung, da die benötigten Kräfte,der Energieverbrauch und die Emissionen im Wesentlichen vom Gewicht abhängen. So ist derLuftfahrtbereich mit der Nutzung kombinierter

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Metall-Kunststoff-Verbunde wie „Glare“ und derEntwicklung von großen kohlefaserverstärktenKunststoff-Bauteilen (CFK) bis hin zum so genann-ten „Schwarzen Rumpf“ (kompletter Flugzeu-grumpf aus CFK) ein Technologietreiber. Hier ver-bindet die Gewichtsreduktion, die auch auf neuenBauweisen beruht, eine Schonung der Umwelt mitPassagierfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Kon-sequenter Leichtbau leistet somit einen wichtigenBeitrag zum nachhaltigen Wirtschaften.

Innovative Leichtbauwerkstoffe und -strukturenwerden in der Industrie weiterhin an Bedeutunggewinnen. Man erforscht derzeit Verbundwerkstof-fe aus mehreren Materialien mit zum Teil multi-funktionalen Eigenschaften und entwickelt neuarti-ge, intermetallische Legierungen, die die Vorteilekeramischer und metallischer Werkstoffe vereini-gen. Sie sind bei hohen Temperaturen einsetzbar,leicht und extrem fest, trotzdem aber verformbarund zäh.

Leichtbau wird jedoch nicht durch leichte Werkstof-fe allein ermöglicht: Gerade im automobilen Be-reich kann eine ausgeprägte Hybrid- bzw. Modul-bauweise neue Impulse liefern. Hierbei sind die

4. Handlungsfelder

45

Beispiele metallischen Leichtbaus bei

Motor- und Fahrwerkskomponenten:

Getriebegehäuse aus Magnesium,

Pleuel aus Titan, Ventile und Turbo-

laderrotoren aus Titanaluminid und

Bremsscheiben aus partikelverstärk-

tem Aluminium

Quelle: Daimler Chrysler

Fügen von CFK: Durch die Hybridfügetechnik (z. B. Kleben und

Nieten) werden Vorteile einzelner Verfahren bezüglich der ferti-

gungstechnischen Realisierung genutzt, die Qualität der Verbin-

dung verbessert, die Fügbarkeit bei bestimmten Werkstoffen

und Werkstoffkombinationen ermöglicht und/oder der Herstel-

lungsaufwand minimiert.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und

Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen

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Module – beispielsweise großflächige Metall/Kunst-stoff-Bauteile – aus verschiedenen Werkstoffen auf-gebaut und enthalten zusätzliche Funktionen. Her-stellung und Verarbeitung von Hybridwerkstoffenerfordern allerdings auch neue, wirtschaftlicheProzesstechnologien und Fügeverfahren. Erst damitlässt sich das gesamte Leichtbaupotenzial aus-schöpfen. Insofern beschränken sich die Beiträgeder Materialforschung nicht auf die Entwicklungneuer Leichtbaumaterialien, sondern umfassenstets auch die Entwicklung angepasster Herstel-lungskonzepte (z. B. Mischbauweise, Funktionsinte-gration, Kernstrukturen, Direktverfahren) und neuerFertigungstechniken (z. B. Thixogießen, Hydrofor-ming, strukturelle Nähtechniken, Injektionstechni-ken, Fibre Placement, innovative Füge- und Klebtechniken). Dies schließt Aspekte der Langzeit-stabilität sowie der aktiven und passiven Sicherheitmit ein.

Am Markt sind nur geringe Kostensteigerungendurchsetzbar, der Einsatz von Leichtbauwerkstoffendarf also nicht teuer sein. Hier gilt es für den Her-steller, die Vorteile einer Gewichtsreduktion mög-

lichst mit wirtschaftlich tragfähigen Werkstoffenund Fertigungsprozessen zu realisieren. Life-Cycle-Analysen zur Gesamtbilanzierung des Bauteil-Le-benszyklus, von der Herstellung über die Anwen-dung bis zum Recycling, stellen eine wertvolleBeurteilung der jeweils ökonomisch und ökologischgünstigsten Variante im Vorfeld einer Komponen-tenentwicklung dar.

Alle potentiell einsetzbaren Werkstoffe für zukünf-tige Leichtbauanwendungen werden in einem aus-geprägten Wettbewerb zueinander stehen. Dermassive Zwang zu Ressourceneinsparung und Ge-wichtsreduzierung bei vertretbaren Kosten wirddiesen Wettbewerb untereinander fördern und zuweiteren technologischen Verbesserungen und In-novationen führen.

4.3.2. Ressourceneffiziente Werkstoffe – der Faktor-4-Ansatz

Neue Werkstoffe und chemische Verfahren bietenein hohes Potenzial, industrielle Prozesse auf allenWertschöpfungsebenen mit erheblich höherer Leis-

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Innenansicht einer wirkungsgradopti-

mierten 60-Hz-Gasturbine V84.3A(2)

Quelle: Siemens Power Generation

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tung bei gleichzeitig reduziertem Ressourcenein-satz (energetisch und stofflich) zu führen. Beispieleliegen nicht nur im Bereich der Verbrennungskraft-maschinen bei Fahrzeugen oder bei der Strom-erzeugung durch Steigerung des Wirkungsgrades,sondern auch bei der Herstellung von Komponen-ten in der verarbeitenden Industrie oder bei derchemischen Verfahrenstechnik. Unter dem Gesichts-punkt der Leistungssteigerung industrieller Prozes-se bei gleichzeitiger Reduktion von Energie- undMaterialeinsatz wird die Wettbewerbsfähigkeit derdeutschen Industrie auch durch mehr Wirtschaft-lichkeit erheblich gestärkt und natürlicheRessourcen geschont.

Bereits in der jüngeren Vergangenheit ließen sichdurch die Verwendung hoch entwickelter Werk-zeugwerkstoffe die Be- und Verarbeitungszeiten vonBauteilen erheblich senken, mit der Konsequenz ei-ner höheren Wirtschaftlichkeit des gesamten Her-stellverfahrens. Glasschneidemaschinen arbeitenmittels adaptiver Piezo-Werkstoffe nicht nur präzi-ser, sondern auch schneller, wodurch Leistung undQualität der Produkte jeweils um den Faktor 2 ge-steigert werden konnten. Chemische Verfahren zurHerstellung von Grundstoffen lassen sich beispiels-weise durch Katalysatoren und Mikroreaktionstech-niken effizienter und sicherer durchführen und er-zeugen gleichzeitig höherwertigere Produkte. Auchder Bürger erkennt beispielsweise durch langlebige-re und wesentlich stromsparendere Beleuchtungs-systeme, was Innovationen aus der Forschung fürden alltäglichen Gebrauch zu leisten vermögen.

Ressourcensparende Werkstoffe in der StromerzeugungBetrachtet man das Energieflussdiagramm Deutsch-lands wird deutlich, dass mit Stand von 2001 vonden eingesetzten 100 % Primärenergie nur etwa 32 % als genutzte Energie in Form von Wärme,Strom oder Bewegung wirklich gebraucht werden.68 % gehen bei den verschiedenen Energieum-wandlungen, beispielsweise von der Stromerzeu-gung über Wärmebereitstellung bis zu den sich an-schließenden tertiären Prozessen, verloren. Um den

Energieverlust möglichst zu minimieren, sind tech-nologische Maßnahmen gefragt, mit denen insbe-sondere die Prozesse der Energiewandlung und -speicherung so effizient wie möglich durchgeführtwerden können. Dazu notwendige energietechni-sche Innovationen werden zunehmend initiiertdurch FuE-Ergebnisse anderer Forschungsdiszipli-nen wie beispielsweise der Werkstoffforschung.

Verbesserungen in den Werkstoffeigenschaften(Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit, Ermü-dungsverhalten) haben eine große Hebelwirkungfür die Effizienz der Stromerzeugung. So stieg unterVerwendung innengekühlter einkristalliner Turbi-nenschaufeln aus Nickelbasis-Superlegierungen inKombination mit keramischen Wärmedämmschich-ten der Wirkungsgrad für gasbetriebene Kombi-Kraftwerke auf mittlerweile fast 60 %. Eine Steige-rung des Wirkungsgrades fossil befeuerterKraftwerke um 2,5 % hätte eine Minderung von 7 %CO2 zur Folge. Auf alle Kraftwerke in Deutschlandhochgerechnet ließen sich langfristig in Deutsch-land 26 Mio. t CO2, weltweit etwa 1,5 Mrd. t CO2,jährlich einsparen. Einen Beitrag dazu könnte eineweitere Verbesserung der Gas- und Dampfturbinen-prozesse liefern, wobei durch die Erhöhung der Tur-bineneinlasstemperatur (ISO) auf 1.250 °C sowiedurch die Steigerung des Dampfdruckes und derDampftemperatur bei weiter sinkenden NOx-Emis-sionen ein Wirkungsgrad von 60 % erreicht wird. DieBrennstoffausnutzung lässt sich noch weiter stei-gern, wenn die Abwärme der Dampfturbinen in ei-nem Kraft-Wärme-Kopplungsprozess genutzt wird.

Der Beitrag der Materialforschung zu sehr viel ener-gieeffizienteren und möglichst CO2-minimiertenTechnologien erstreckt sich nicht nur auf die Stromerzeugung in fossil befeuerten Kraftwerken, sondern umfasst beispielsweise auch Wärmeschutz-systeme in Gebäuden, regenerative Energietechno-logien oder geplante großtechnische CO2-Abschei-dekonzepte.

Ein wesentlicher Schub für die rationelle Nutzungauch regenerativer Energieträger und zur effizienten

4. Handlungsfelder

47

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Energiewandlung und -speicherung wird von derEntwicklung kostengünstiger Brennstoffzellen undStromspeicher erwartet. Dies erfordert werkstoffli-che Modulentwicklungen wie beispielsweise neueMembranen für Brennstoffzellen und für Trenntech-niken oder so genannte Supercaps (Doppelschicht-kondensatoren) für schnelle Stromspeicher mit hoher Leistungsdichte. Darüber hinaus hat die Werk-stoffforschung gerade auf dem Gebiet der Energie-technik wichtige Beiträge zur Beurteilung der Be-triebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit zu leisten.

Effizienzsteigerung im MaschinenbauNeben Leichtbauaspekten und der Integration derInformationstechnik in den Maschinenbau profitiertdiese Branche in ihrer Wirtschaftlichkeit insbe-sondere von langlebigen Werkzeugwerkstoffen, kostengünstigen Herstellverfahren, innovativen Fü-getechnologien sowie von so genannten „intelli-genten Werkstoffen“, die ein hohes Potenzial zurEnergieeinsparung und Leistungssteigerung in vie-len Fertigungsprozessen aufweisen. Der darin ste-ckende Faktor-4-Ansatz wird im Folgenden am Bei-

spiel eines MaTech-Projektes mit großer Breitenwir-kung und bei weitem noch nicht ausgeschöpftemAnwendungspotenzial diskutiert:

Im BMBF-Leitprojekt „Adaptronik“ wurden piezo-elektrische Keramiken (PZT-Keramiken) entwickelt,die als Fasern oder Folien in Produkten zum Einsatzkommen sollen. PZT-Keramiken eignen sich hervor-ragend für Schwingungsreduktionen in unter-schiedlichen Technologien wie Verkehrstechnik(PKW, ICE), Medizintechnik (Geräuschminimierungbei MR-Tomographen), Raumfahrt (Satellitenstel-lung) aber auch im Maschinenbau.

Die Vorteile von Piezo-Keramiken im Maschinenbauwurden im Rahmen der Adaptronik-Förderung amBeispiel von Glasschneidemaschinen deutlich.Schlüsselerfolgsfaktoren für die Glasschneidetech-nik sind Schneidgeschwindigkeit und Schneidqua-lität (Bruchqualität). Mithilfe der PZT-Elemente wirddie Vibration gedämpft, wodurch ein präziseresFühren des Schneidekopfes möglich ist. Außerdemsoll die Andruckkraft stets optimal ausgelegt sein,damit die Glasbruchkante keine Nachbearbeitungmehr erfordert. Damit ist es durch den Einsatz derAdaptronik möglich, eine doppelte Geschwindig-keit bei doppelter Qualität zu erreichen.

Die Leitbild-Funktion des Faktor-4-Ansatzes – dop-pelte Leistung mit halbiertem Ressourceneinsatz –kann konsequent auf viele industrielle Prozesseübertragen werden. Sie stärkt letztendlich die Inno-vationskraft der Unternehmen, führt zu höhererWettbewerbsfähigkeit und erfüllt voll und ganz dieAspekte der Nachhaltigkeit (Verknüpfung von Inno-vationsprozessen mit Nachhaltigkeitsaspekten).

4.3.3. Intelligente Werkstoffe – regeln ohneRegler

Intelligente Werkstoffe sind Werkstoffe der Zu-kunft. Sie sind in der Lage, selbstständig auf äußereEinflüsse wie beispielsweise Temperaturänderungoder Lichtwechsel reagieren zu können, um damitohne weitere Ansteuerung eine Aktion auszulösen.

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Kraftgeregelter Schneidkopf einer adaptiven Glasschneidema-

schine: Verdopplung von Qualität und Geschwindigkeit durch

die Verwendung eines Piezo-Werkstoffs

Quelle: Hegla, Beverungen

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Zu den intelligenten Werkstoffen gehören Piezo-Keramiken, Formgedächtnislegierungen,magnetostriktive Werkstoffe, aber auch intelligente Flüssigkeiten wie elektrorheologische und magnetorheologische Fluide.

Bei den Piezo-Keramiken wird durch eine Druckbe-lastung eine elektrische Spannung erzeugt bzw.durch Anlegen einer Spannung die Länge geändert.Formgedächtnislegierungen hingegen ändern beieiner einstellbaren Temperatur reversibel ihreForm. Weitere Beispiele sind Paraffine, die auf-grund eines Phasenwechsels als Wärmepuffer die-nen können, sowie elektrorheologische Flüssigkei-ten (ERF), die beim Anlegen eines elektrischenFeldes schlagartig fest werden.

Wenngleich bereits einige Produkte unter Verwen-dung intelligenter Werkstoffe auf dem Markt sind,so ist bis heute die angedachte Anwendungsbreitenoch nicht erschlossen. Dort, wo Ma-terialien bereits reif für den Marktsind, muss jetzt der Systemgedankegreifen, um neue Marktsegmente be-setzen zu können.

Zu finden sind die intelligenten Werk-stoffe in allen Bereichen des täglichenLebens; so können thermochromeKunststoffe in der Lebensmittelüber-wachung eingesetzt werden. Eine Farbänderung imKontrollfeld der Verpackung zeigt an, ob die Kühl-kette unterbrochen wurde und ob das Lebensmittelnoch haltbar oder schon verdorben ist.

Auch im Bereich Gesundheit werden intelligenteWerkstoffe zunehmend wichtiger. Ein Ziel dabei ist,durch den Einsatz in der Prothetik wiederholte chir-urgische Eingriffe zu vermeiden. Ein ganz anderesAnwendungsfeld ist hingegen die Haustechnik. An-wendungsreif sind bereits piezo-gesteuerte Licht-schalter. Die völlig frei platzierbaren Schalter sen-den bei Betätigung ein Funksignal, welches dasLicht steuert. Der benötigte Strom wird nicht einerBatterie entnommen, sondern ausschließlich durch

den Druck auf die PZT-Keramik erzeugt. Ein weite-res Beispiel sind die Formgedächtnislegierungen(FGL), die bei Niedrigenergiehäusern eingesetztwerden können. Geplant ist beispielsweise ein Ein-satz bei Lüftungsklappen, die dann automatisch beieiner bestimmten Temperatur öffnen bzw. schlie-ßen.

Die Mobilität steht heute schon im Fokus der Ent-wicklung bei dieser Werkstoffklasse. So gibt es be-reits umfangreiche Untersuchungen zum Einsatzvon PZT als Schwingungsdämpfer in Autos undSchienenfahrzeugen. Abgesehen vom zusätzlichenKomfort für die Passagiere reduzieren diese Maß-nahmen auch die Lärmbelastung der Umwelt.Ebenso kommt der Umwelt der durch intelligenteWerkstoffe ermöglichte Leichtbau und die damit

4. Handlungsfelder

49

Links: PZT-Folien als Schwingungsdämpfungsele-

mente aufgebracht auf den Trichter eines Magnet-

resonanztomographen. Die PZT-Folien bewirken

eine erhebliche Geräuschdämpfung während der

Patientenuntersuchung.

Quelle: DLR, Braunschweig

Unten: Piezo-elektrische Folien, ansteuerbar als

Schwingungsdämpfungselemente

Quelle: Fraunhofer Gesellschaft

Page 52: Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING · 3 4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft 35 4.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissenschaften – 35 der Mensch

verbundene Kraftstoffersparnis zugute. Hier setztauch ein Health Monitoring ein, das kritische Bau-teile kontinuierlich überwacht und Schäden direktdetektiert. Somit können Bauteile ohne Sicherheits-einbußen einfacher konstruiert und müssen nichtregelmäßig, sondern erst bei Auftreten einer Schädigung ersetzt werden.

Wenngleich in den letzten Jahren große Fortschrit-te bei der Entwicklung der unterschiedlichen Mate-rialklassen gemacht wurden, so ist das enorme Potenzial der intelligenten Werkstoffe bei weitemnoch nicht ausgereizt. Beispielsweise weisen diepiezo-elektrischen Materialien noch keine ausrei-chende Längendehnung auf, was eine breite An-wendung noch verhindert. Weiteres Optimieren der

bekannten PZT-Materialien oder aber auch völligneue, evtl. auch bleifreie, Keramiken könnten hiereine Lösung bieten. Bei den Fluiden ist die Schub-spannung ebenso wie die Temperaturfestigkeitoder die Sedimentationsstabilität zu verbessern.Bei den Formgedächtnislegierungen könnte eineMaterialentwicklung hin zu eisenbasierten Werk-stoffen ein Forschungsschwerpunkt sein.

4.3.4. Elektromagnetische Funktionswerk-stoffe – Motor der Informationsgesellschaft

In den vergangenen zehn Jahren haben Werkstoffemit besonderen elektronischen und magnetischenFunktionalitäten eine sehr dynamische Entwicklungerfahren und waren maßgebliche Schrittmacher fürFuE-Entwicklungen in der Mikroelektronik und Sen-sorik. Unter anderem ist es der europäischen Wirt-schaft gelungen, im Halbleitermarkt bedeutendaufzuholen und in der Entwicklung der Kommuni-

kationstechnik eine weltweite Füh-rungsrolle zu erlangen. Der Anteil anelektronischen und magnetischen Bau-elementen im Automobilbau ist stetiggestiegen (Drive by Wire, ESP, Motor-management, magnetoelektronischeSensorik für ABS und Lenksysteme). Seit dem Jahr 2000 befindet sich derElektronikmarkt in einer tiefgreifendenKonsolidierungsphase.

Neben zu optimistischen Marktprogno-sen der Boomjahre des Neuen Markteswerden zunehmend physikalischeGrenzen heutiger Material- und Tech-nologiekonzepte erreicht und bedür-fen neuer Lösungsansätze. Die bisheri-ge Mikroelektronik entwickelt sichdurch schrumpfende Dimensionen undhöhere Funktionalitäten bei sinkendenKosten zur Nanoelektronik. Zur weite-ren Evolution ist die Integration neueroxidischer Dielektrika zur Verringerungvon Verlustleistungen und zur Transis-torgate-Isolation notwendig. Die im-

50

Dünne, flexibel einlaminierte Piezo-Fasern bilden die Vorstufe

für Sensormodule

Quelle: Fraunhofer Gesellschaft

Page 53: Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING · 3 4.2. Leben, Gesundheit und Gesellschaft 35 4.2.1. Werkstoffe, Chemie und Lebenswissenschaften – 35 der Mensch

mer höhere Integrations- und Leistungsdichte zu-künftiger Chips wird neue Konzepte im Chip-Packa-ging erfordern. Die Materialien für das Chip-Packa-ging werden sich dabei von der heutigen passivenHülle zu einem intelligenten funktionalen Systementwickeln, um den Anforderungen (Kühlung, Ab-schirmung, Stabilität etc.) gerecht zu werden. Völligneue Funktionalitäten konnten der Halbleiterelek-tronik durch die Magnetoelektronik erschlossenwerden. Deren magnetische Werkstoffe, die langeZeit als nicht in die Halbleitertechnologie integrier-bar galten, sind mittlerweile erfolgreich in Si-CMOSintegriert worden.

War in den letzten zehn Jahren die Entwicklung derElektronik noch hauptsächlich von Miniaturisierungund Funktionsintegration getrieben, so geht nun-mehr der Trend zu höherer Zuverlässigkeit undmehr Sicherheit bei gleichzeitig steigender Kom-plexität der technischen Architektur. So stellt dieForderung nach immer höherer Integration mitunterschiedlichen Werkstoffkonzepten eine enormeHerausforderung an die Systemintegration und de-ren Zuverlässigkeit dar. Beiträge zur Nachhaltigkeitdurch Kreislauffähigkeit elektromagnetischer Werk-stoffe wie bleifreie Lote, verbesserte Energieeffi-zienz und Gewährung der Langzeitarchivierbarkeitdurch innovative Speicherkonzepte stellen weiterezentrale Anforderungen dar. Immer wichtiger wirdauch die Entwicklung von Materialkonzepten zurAbschirmung elektromagnetischer Strahlung fürden Gesundheitsschutz insbesondere für Mobil-funknutzer und in der Arbeitswelt sowie die Sicher-stellung der elektromagnetischen Verträglichkeit(EMV) mit anderen technischen Systemen, beispiels-weise in der Luftfahrt. Große Erwartungen werdenin die Schnittstelle zwischen biologischen undtechnischen Systemen gelegt. So kann schon heute,zumindest in ersten Versuchen, einem begrenztenKreis erblindeter Menschen mit einer künstlichenNetzhaut zum Erkennen schemenhafter Muster ver-holfen werden. In nächster Zeit könnten auch imprivaten Haushalt Entwicklungen aus der Polymer-elektronik Anwendung in Kleidungsstücken („smartlabel“) finden. Es ließen sich dann intelligente

Waschmaschinen entwickeln, die auf Grundlage dervon diesem Etikett kommunizierten Daten eine ma-terialspezifische Dosierung des Waschmittels zurSchonung der Umwelt vornehmen. Radarsensorikaus elektrokeramischen Multilagenschicht-Verbün-den könnte in Zukunft einen wichtigen Beitrag fürFahrerassistenzsysteme liefern und ein aktives Pre-Crash-Management im Fahrzeug ermöglichen. Sowürde diese Sensorik vorausschauende Daten lie-

4. Handlungsfelder

51

Kontaktierung von Strukturen für die Hochfrequenztechnik auf

einem Silizium-Wafer

Quelle: Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik II, RWTH Aachen

Beladung eines Diffunsionsofens mit elektrokeramischen

Dünnschichten auf Silizium-Wafern

Quelle: Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik II,

RWTH Aachen

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fern, um einen bevorstehenden Unfall frühzeitig zuerkennen und durch entsprechende Gegenmaßnah-men zu verhindern oder zumindest durch Einstel-lung intelligenter Materialien im Frontchassis diezu erwartenden Aufprallfolgen zu minimieren.

Keramische und metallische MaterialienFür die fortschreitende funktionelle Höchstintegra-tion in Systemen der Kommunikations- und Verkehrstechnik müssen keramische Mehrlagenver-bünde mit einem breiten Spektrum an Dielektri-zitäts- und Permeabilitätszahlen kombiniert mitmaßgeschneiderten Verarbeitungseigenschaftenentwickelt werden. Angestrebte Entwicklungen zurAbstandssensorik und GHz-Signalübertragung be-dürfen der Bereitstellung von Materialkonzeptenmit steuerbarer Permittivität, um die schnelle Sig-nalverarbeitung im breitbandigen Frequenzspek-trum mit einem hohen Maß an Sicherheit zu ge-währleisten.

Änderungen der Metallisierungssysteme in derMikroprozessortechnik zur Erhöhung der Signal-übertragungsraten und Verringerung der Verlust-leistungen verlangen nach neuen Materialien mitextrem niedrigen Dielektrizitätszahlen (Air Gap).Gleichzeitig läuft die Miniaturisierung der Transis-toren in der Chiptechnik auf eine physikalischeGrenze zu und es werden high-k Gateoxide zur Erhöhung der flächenspezifischen Gatekapazitätbei gleichzeitiger Vermeidung von Tunnelströmengesucht.

Neue Werkstoffkombinationen mit dielektrischenund magnetischen Funktionseigenschaften könntenden bedeutenden Bereich der Leistungselektronikmit kleinsten und hochintegrierten Transformato-ren langfristig sichern.

Auf Basis ferroelektrischer Oxide werden seit eini-gen Jahren nicht flüchtige Informationsspeicherentwickelt. Neue Synthese- und Abscheideverfahrenkönnten hier zu einem technologischen Durch-bruch führen. Elektrokeramische Dünnschichtenkönnen in Zukunft auch das Wachstumsfeld im Bereich der Sensoranwendung in Form von elektro-nischen Spürnasen für Umwelt- und Gesundheits-schutz, Superkondensatoren für die Kurzzeitenergie-speicherung und zur Funktionalisierung klassischerStrukturbauteile durch Piezo-Aktorik finden.

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Chips von der Rolle: Polymerelektronik eröffnet den Weg zur

Massenfertigung von Chips und neuen Konzepten für innovative

Produkte des Alltags.

Quelle: Fraunhofer Gesellschaft

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Gelänge es, aus pyroelektrischen Oxiden preisgüns-tige hochauflösende Sensoren für Applikationen inder Bewegungs- und Wärmesensorik zu entwickeln,so könnten technische Prozesse wesentlich energie-effzienter betrieben werden.

Organische und biologische MaterialienDie Entwicklung von Polymeren mit definiertenelektrischen Eigenschaften für die Polymerelektro-nik wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Sogibt es bereits erste Versuche, integrierte organi-sche Schaltungen mit organischen Feldeffekttran-sistoren aus funktionalen Polymeren durch hoch-auflösende Drucktechniken zu prozessieren(„disposable electronics“). Polymere Materialieneignen sich auch zum Aufbau von hochauflösendenund flachen Displays. Diese Bildschirme basierenauf organischen Leuchtdioden (OLED-Displays), wo-bei das Phänomen ausgenutzt wird, dass organi-sche Halbleiter unter angelegter elektrischer Span-nung Licht aussenden können und damitindividuelle „Colour to Demand“-Anwendungen er-lauben. In der Akustik stellen organische Entwick-lungsansätze in Form von Schall- und Ultraschall-wandlern auf der Basis neuerPiezo-Polymere mit großem pie-zo-elektrischen Effekt ein wich-tiges Technologiegebiet dar.Aufgrund der hohen Dämpfungdes Materials und der geringenDicke der Folien ist die Erzeu-gung breitbandiger Signale bisin den MHz-Bereich möglich.

Hybrid- und KompositmaterialienDie Vermeidung unerwünschterelektromagnetischer Emissio-nen ist sowohl aus Sicht des Ge-sundheitsschutzes der Bevölke-rung als auch zur Gewährungder Zuverlässigkeit von techni-schen Systemen im Hinblick auföffentliche technische Sicher-heit wichtig. Entwicklungsan-

sätze stellen beispielsweise Ferrit-Kompositwerk-stoffe dar, die hier ein gewisses Absorptionsver-halten aufweisen und/oder als photonische Bandgap-Strukturen mit gerichteten Strahlungs-charakteristika gezielt zum Schutz vor EMV-Einflüs-sen genutzt werden.

Völlig neue Möglichkeiten beim Bau elektrischer Ma-schinen könnten sich durch die Entwicklung weich-magnetischer Kunststoff-Verbundwerkstoffe erge-ben, die ein komplexes Eigenschaftsprofil aufweisenund zum Teil gegenläufige Eigenschaften wie hohePermeabilität, geringe Ummagnetisierungs- und Wir-belstromverluste, hohe Wärmeleitfähigkeit bei guterelektrischer Isolationsfähigkeit sowie hohe mechani-sche und thermische Festigkeit bei Erhalt des ratio-nellen Verarbeitungs- und Formgebungsverhaltensvon Kunststoffen in sich vereinen.

4. Handlungsfelder

53

Neurochip: Hybridsysteme der Zukunft.

Quelle: Prof. Dr. Peter Fromherz, Max-Planck-Institut

für Biochemie

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Die fachspezifischen Handlungsfelder des Förder-programms beschreiben exemplarisch wichtigeThemenbereiche, die in ihrer Umsetzung hohevolkswirtschaftliche Effekte durch Werkstoffinnova-tionen erwarten lassen. Aufgrund des bewusst offen gestalteten Programmrahmens können sich, bedingt durch wissenschaftlich-technische, indus-triepolitische oder gesellschaftliche Entwicklungen,weitere Themengebiete oder neue Prioritäten ergeben, die im Laufe des Programms verstärkt bearbeitet werden können. In der Umsetzung desProgramms werden die jeweils aktuellen Hand-lungsfelder durch spezifische Bekanntmachungengeöffnet. Daneben sollen im so genannten Bottom-up-Verfahren, d. h. außerhalb von Bekanntmachun-gen, terminlich und thematisch offen Werkstoffpro-jekte in Wirtschaft und Wissenschaft gefördertwerden, die in besonderer Weise die Kriterien desProgramms erfüllen.

Die Erfahrung zeigt, dass Projekte im Rahmen desProgramms häufig auf Forschungsergebnisse derinstitutionellen Grundlagenforschung aufbauen.Um Synergieeffekte möglichst umfangreich undfrühzeitig zu nutzen, sollen die institutionellen For-schungsaktivitäten mit den projektspezifischen Fördermaßnahmen des Programms verzahnt undinsbesondere mit der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG) abgestimmt werden.

5.1. Förderinstrumentarium

Kernelement der Förderung ist die bewährte Ver-bundforschung zwischen Unternehmen der ge-werblichen Wirtschaft und Forschungsinstitutionen,d. h. das arbeitsteilige Zusammenwirken mehrererFuE-Partner zur Erreichung eines gemeinsamen Ent-wicklungszieles. Diese Verbundvorhaben sollen einrisikoreiches, anwendungsorientiertes Projektzielmit Aussicht auf eine spätere marktwirtschaftlicheUmsetzung verfolgen, das möglichst Aspekte derNachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie, Soziales) be-rücksichtigt. Die Federführung dieser industriellenVerbundvorhaben soll durch einen Industriepartnerwahrgenommen werden.

Für die Bemessung der Förderquote bei der indus-triellen Verbundforschung gelten die nationalenVorschriften sowie der Gemeinschaftsrahmen fürstaatliche FuE-Beihilfen, die zur Zeit (Stand: 2003)folgende Abstufungen vorsehen:• bis 50 % für die FuE-Stufe „industrielle For-

schung“,• bis 25 % für die FuE-Stufe „vorwettbewerbliche

Entwicklung“.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU im Sin-ne der jeweils aktuellen Richtlinien der EU-Kommis-sion) kann die Förderquote um bis zu zehn Prozent-punkte erhöht werden. Ein weiterer Bonus in Höhevon bis zu zehn Prozentpunkten kann für Unterneh-men der gewerblichen Wirtschaft, mit der jeweils

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5. Durchführung des Programms

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ausführenden Stelle in den neuen Bundesländern,gewährt werden. Die beiden Boni können bis maxi-mal 15 Prozentpunkte kumuliert werden. Hoch-schulinstitute und vergleichbare Institute, die aufAusgabenbasis abrechnen, können in der industriel-len Verbundforschung mit bis zu 100 % gefördertwerden. Davon unabhängig wird bei industriellenVerbundvorhaben, unter Beteiligung von Forschungs-instituten der öffentlichen Hand, eine Mitfinanzie-rung der institutionellen Aufwendungen durch die In-dustrie in Form von Barmitteln oder Absenkung derFörderquote bei den Industriepartnern erwartet.

In Ausnahmefällen können Institutsverbünde mitgrundlagenorientierten FuE-Zielen und mit visionä-rem industriellen Entwicklungspotenzial in Projek-ten mit bis zu 100 % gefördert werden. Eine indus-trielle Begleitung dieser Institutsverbünde isterforderlich. Mit dem übergeordneten Ziel einesbeschleunigten Technologietransfers sollen mit ei-nem spezifischen Förderinstrument so genannte„WING-Zentren“ eingerichtet werden, die in Anbin-dung an kompetente Mutterinstitute reifes Werk-stoff-Know-how für den Transfer in die industriellePraxis, insbesondere in KMU, vorbereiten. Die Zieleund Aufgaben der WING-Zentren werden in the-menorientierten Bekanntmachungen festgelegtund reichen z. B. von der Netzwerkbildung über diematerialtechnische Ausbildung von industriellenMitarbeitern bis hin zur Entwicklung von Demon-stratoren für prototypische Bauteile. In Abhängig-keit von der fachlichen Ausrichtung, des Aufgaben-spektrums sowie der jeweiligen Marktsituationkann die Überführung in die Selbstständigkeit eineZielsetzung für WING-Zentren werden.

5.2. Förderverfahren und Förderkriterien

Neben dem terminlich und thematisch weitgehendoffenen Bottom-up-Verfahren werden übergeordne-te Förderthemen bzw. Handlungsfelder, die Leitinno-vationscharakter haben, über Bekanntmachungen imBundesanzeiger ausgeschrieben. Die eingereichtenProjektvorschläge werden begutachtet und stehenim Wettbewerb zueinander.

Vorbehaltlich abweichender Regelungen in den Be-kanntmachungen gelten zur Bewertung der Projek-te insbesondere die folgenden Kriterien:

• Beitrag zur Stärkung der Innovationskraft derUnternehmen,

• Berücksichtigung des gesellschaftlichen Bedarfs,• Berücksichtigung der Aspekte der Nachhaltigkeit,• Hebelwirkung der jeweiligen Materialentwick-

lung für die industrielle Anwendung,• Innovationshöhe und Risiko der vorgesehenen

FuE-Ziele,• Kompetenz der Partner und angemessene Pro-

jektstruktur,• volkswirtschaftlicher Gesamtnutzen des Projektes.

5. Durchführung des Programms

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Über ein mehrstufiges Auswahlverfahren soll deradministrative Aufwand auf Seiten der Antragstellermöglichst begrenzt werden.

5.3. Begleitende Programmentwicklung

Das BMBF wird bei der weiteren Programmentwick-lung, insbesondere bei der inhaltlichen Gestaltungder Bekanntmachungen, von möglichst unabhängi-gen Experten beraten. Gegebenenfalls wird vomBMBF ein Strategiekreis berufen, in dem die Pro-grammziele und Förderinstrumentarien sowie dieinhaltlichen Themen in gewissen Zeitabständenüberprüft und orientierend an aktuellen gesell-schafts- und industriepolitischen Entwicklungenund Bedürfnissen neu festgelegt werden können.

Nach fünf Jahren Programmlaufzeit soll eine externeEvaluation durchgeführt werden, die im Rahmen ei-ner Wirkungsanalyse die Programmziele sowie dieZielerreichung bewertet und Handlungsempfehlun-gen für zukünftige Fördermaßnahmen ausspricht.

5.4. Internationale Zusammenarbeit

Internationale Kooperationen eröffnen für diedeutsche Wirtschaft nicht nur die Möglichkeit desKnow-how-Transfers zum gegenseitigen Nutzen,sondern sollen langfristig auch einen Beitrag zurUnterstützung der Wirtschaftsbeziehungen deut-scher Unternehmen leisten. Möglichkeiten zur Kooperation orientieren sich inhaltlich an denHandlungsfeldern bzw. Bekanntmachungen im Pro-gramm. Die Formen der Zusammenarbeit reichenvon bilateralen Kooperationen im vorliegendenProgrammrahmen, wobei ausländische Partner ge-gebenenfalls als Unterauftragnehmer eines deut-schen Industriepartners eingebunden werden kön-nen, über Wissenschaftleraustauschprogramme biszu multilateralen Kooperationen auf europäischerEbene. Die Idealvorstellung von bilateralen FuE-Ko-operationen besteht aus so genannten 2+2-Projek-ten, d. h. der Teilnahme eines institutionellen undindustriellen Partners aus jedem Land.

Die europäischen Forschungsprogramme, wie bei-spielsweise das in 2003 aktuelle 6. Rahmenpro-gramm der EU, stellen zum Teil erhebliche Mittelfür Werkstoff- und nanotechnologische Projekte zurVerfügung. In europäischen Initiativen, wie bei-spielsweise in EUREKA, finanzieren die Industrie-partner ihre Projekte aus Eigenmitteln bzw. in Aus-nahmefällen aus den jeweils nationalenTechnologieprogrammen. Weiterführende Informa-tionen zu den internationalen Kooperationsmög-lichkeiten auf dem Gebiet der Werkstofftechnolo-gie sind im Anhang beschrieben.

5.5. Ansprechpartner

Mit dem fachlichen und administrativen Förderma-nagement von FuE-Projekten im Rahmen des Programms „WING – Werkstoffinnovationen für In-dustrie und Gesellschaft“ hat das BMBF den Projekt-träger Jülich, Geschäftsbereich NMT, beauftragt.Der Projektträger begleitet die spezifischen Förder-maßnahmen, berät die Antragsteller in der Projekt-vorbereitung, bereitet Förderentscheidungen z. T.unter Einbeziehung von Gutachterkreisen vor, be-treut die Projekte fachlich und finanztechnisch undprüft Verwendungsnachweise und Verwertungsplä-ne nach Abschluss der Projekte im Hinblick auf diemittelfristige Umsetzung der FuE-Ergebnisse.

Vor der Projektdefinition empfiehlt sich eine Kon-taktaufnahme mit dem Projektträger:

Forschungszentrum Jülich GmbHProjektträger Jülich, Geschäftsbereich NMT52425 JülichTel.: 0 24 61/61 48 40Fax: 0 24 61/61 23 98E-Mail: [email protected]: www.fz-juelich.de/ptj

Weiterführende Informationen zum Programm, ins-besondere zu aktuellen Bekanntmachungsthemen,werden vom Projektträger laufend unter der obenangegebenen Internetadresse veröffentlicht.

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A1 Außeruniversitäre Aktivitäten in der Materialforschung

Das föderale System der Bundesrepublik Deutsch-land eröffnet sowohl dem Bund als auch den Län-dern in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen dieMöglichkeit der Förderung der deutschen institutio-nellen Forschungslandschaft, wobei sich die Länder insbesondere auf die Finanzierung der uni-versitären Forschung bzw. der Hochschulforschungkonzentrieren. Darüber hinaus wirken Bund und(Sitz-)Land bei der Förderung von Einrichtungen undVorhaben der wissenschaftlichen Forschung vonüberregionaler Bedeutung zusammen. Dies ent-spricht der gemeinsamen Verantwortung von Bundund Ländern für die Forschung, die in vielen Fällenein aufeinander abgestimmtes und am gesamtstaat-lichen Interesse orientiertes Handeln erfordert.

Viele der wichtigsten Akteure der deutschen außer-universitären Forschungslandschaft, wie beispiels-weise die Zentren der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft (HGF), dieMax-Planck-Gesellschaft (MPG), dieFraunhofer-Gesellschaft (FhG) und dieEinrichtungen der Wissenschaftsge-meinschaft Gottfried-Wilhelm-Leibniz(WGL), werden gemeinsam durch Bundund Länder gefördert.

Während für die Finanzierung der Hoch-schulen und deren Institute das jeweili-ge Bundesland verantwortlich ist, hatder Bund die institutionelle Förderungder HGF zu 90 %, die Grundfinanzierungder WGL sowie der Max-Planck-Gesell-schaft zu jeweils 50 % und wesentlicheAnteile der Finanzierung der Fraunho-fer-Gesellschaft übernommen.

An den Universitäten besteht in der Ma-terialwissenschaft eine außerordentli-

che Vielfalt, die sowohl natur- und ingenieurwissen-schaftliche Grundlagenforschung als auch anwen-dungsorientierte Forschung und Entwicklung umfasst und damit viele Möglichkeiten für interdis-ziplinäre Forschungsstrategien eröffnet. Material-forschung an den Universitäten ist häufig eng verknüpft mit der Lehre am jeweiligen Hochschul-standort. Auch im außeruniversitären Bereich eröff-net sich ein breites materialwissenschaftlichesSpektrum, von den Grundlagenarbeiten der Max-Planck-Gesellschaft bis hin zu den anwendungs-orientierten Entwicklungsarbeiten der Fraunhofer-Institute.

Sowohl in der universitären als auch in der außer-universitären Materialforschung setzen sich dieTrends fort, zum einen stärker projektspezifisch inVerbundvorhaben mit der Industrie zu arbeitenund zum anderen die Vernetzung von institutionel-ler und projektspezifischer Materialforschung zu er-reichen.

Anhang

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Anhang

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Im Folgenden sind materialforschungsrelevanteBeiträge der außeruniversitären Forschungseinrich-tungen beschrieben:

Max-Planck-Gesellschaft, MPGhttp://www.mpg.deDie Grundfinanzierung der MPG erfolgt zu jeweils50 % durch den Bund und das Sitz-Land. Die mate-rialwissenschaftlich orientierten MPG-Institute sindkonzentriert auf die Bundesländer Baden-Württem-berg, Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen,Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt; Teiledes MPI für Plasmaphysik, Garching, sind als Außen-stellen ansässig in Greifswald und Berlin. Die MPGist z. T. in institutsübergreifenden Forschungsinitia-tiven wie der Gruppe „Materialforschung an derNeutronenquelle FRM-II“ in Garching hochgradiginterdisziplinär tätig.

MPI für chemische Physik fester Stoffe Dresden, CPFSDas erst 1995 gegründete MPI CPFS befasst sich inder experimentell arbeitenden KompetenzgruppeMaterialentwicklung mit der Aufgabe, neue Verbin-dungen mit hochkorrelierten elektronischen und/oder magnetischen Eigenschaften zu synthetisie-ren. Im Vordergrund stehen intermetallische Ver-bindungen auf Basis von Ce, Yb oder U sowie Oxideauf Cu-, V- oder Ti-Basis, die mit aus der Halbleiter-industrie bekannten Methoden zu Einkristallen ver-

arbeitet werden. Ein weiterer Schwerpunkt beschäf-tigt sich mit der Aufklärung der Triebkräfte der Bio-mineralisation.

MPI für Eisenforschung GmbH Düsseldorf,MPIEDas als GmbH der Gesellschafter MPG und dem Ver-ein Deutscher Eisenhüttenleute geführte MPIE befasst sich mit der interdisziplinären Grundlagen-forschung auf dem Gebiet von Eisen, Stahl, ver-wandten Werkstoffen und Intermetallics. Dabeiwird der Prozess von der Gewinnung der „Rohstof-fe“ ganzheitlich bis zum (umgeformten) Produktbetrachtet, d. h., es können sowohl chemische alsauch physikalische Einflüsse während der Herstel-lung und Verarbeitung auf das Material und damitauf die späteren Bauteileigenschaften beurteiltwerden.

MPI für Plasmaphysik Garching im Verbundmit den Außenstellen Plasmadiagnostik, Berlin, und dem Teilinstitut Greifswald, IPPEin entscheidender Beitrag für die mögliche Ent-wicklung eines künftigen Fusionskraftwerkes ist dieBereitstellung geeigneter Materialien. Dieses be-trifft sowohl die Wandungen wie auch die notwen-dige Peripherie wie Heizungen oder Magnete. Indiesem Feld bewegt sich die Gruppe PLASMA/MATE-RIALS des IPP, wobei die erforderlichen Materialei-genschaften im Umfeld der Anwendung, d. h. unterBerücksichtigung der Magnetfeldtechnik und derdaraus resultierenden Plasma-Wand-Wechselwir-kung, definiert und zielgerichtet entwickelt werdenkönnen. Das IPP ist gleichzeitig Mitglied der HGF.

MPI für Kolloid- und GrenzflächenforschungGolm bei Potsdam, MPI KGFKolloidale Systeme mit in einer festen, flüssigenoder gasförmigen homogenen Phase dispergiertenPartikeln in Größenordnungen von wenigen Nano-metern bis zu etwa einem Mikrometer bilden eineBrücke zwischen einzelnen Molekülen und makro-skopischen Systemen, wobei hier oft auch von me-soskopischen Systemen gesprochen wird. Aus dieserBetrachtung kolloidaler Systeme wird deutlich, dass

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sich die frühe Orientierung des MPI KGF auf diesesFeld als richtungsweisend auch für die Nanotechno-logie erwiesen hat, denn diese kann nur mit einemtieferen Verständnis der Grenzflächenphänomenein Systemen mit sehr großen inneren Oberflächenzielorientiert vorangetrieben werden.

MPI für Mikrostrukturphysik Halle an derSaale, MPI-HalleDas MPI-Halle konzentriert sich vornehmlich aufvon kleinen Dimensionen, Oberflächen und Grenz-flächen beeinflusste Festkörperphänomene. Dabeikönnen diese dünne Schichten, Oberflächen, nano-kristalline Materialien usw. sein, die vornehmlichals Funktionsmaterialien in der Sensorik, Mikro-elektronik und Optoelektronik eingesetzt werden.Für die Verbesserung funktionaler Eigenschaftenwill das Institut durch die Korrelation von magneti-schen, elektronischen, optischen und mechani-schen Eigenschaften von Festkörpern und derenMikrostruktur beitragen.

MPI für Mathematik in den Naturwissen-schaften Leipzig, MISAm MIS werden z. T. ähnliche Fragestellungen wieam MPI-Halle bearbeitet, wobei hier mathemati-sche Modelle für verschiedenste Probleme entwi-ckelt werden. Im Einzelnen sind das Fragen rundum Mikrostrukturen, Mikromagnetismus, Homoge-nisierung, Phasenübergänge, Defektstrukturen,Grenzflächen und dünne Schichten. Dabei gibt eskeine Einschränkung auf bestimmte Materialklas-sen, wenngleich „neuartige“ Materialien wie Flüs-sigkristalle einen Interessenschwerpunkt bilden.

MPI für Polymerforschung Mainz, MPIPSchon die Aufzählung der Arbeitskreise Materialfor-schung, Theorie der Polymere, Synthetische Che-mie, Polymerspektroskopie und Festkörperchemiesowie der assoziierten Arbeitsgruppe Oberflächen-forschung zeigt die Vielzahl der polymerspezifi-schen Arbeiten am MPIP. Neben der maßgeschnei-derten Synthese steht auch die Neu- undWeiterentwicklung verschiedener Methoden derPolymercharakterisierung im Vordergrund des Inter-

esses. Dabei wird auch das schwer fassbare Themader Ermittlung von Kenngrößen von Polymernetz-werken intensiv bearbeitet.

MPI für Kohlenforschung, Mülheim an derRuhr, MPI-MülheimBekannt ist das MPI für Kohlenforschung für diebahnbrechenden Arbeiten von Fischer und Tropschsowie von Ziegler, welche die Basis des auch heutedefinierten übergeordneten Zieles bilden, nämlichder Entwicklung neuer Methoden zur selektivenund umweltfreundlichen Stoffumwandlung. Fokus-siert auf dieses gemeinsame Ziel ergänzen sich dieArbeitsgruppen zur synthetischen organischen Che-mie, zur heterogenen und homogenen Katalyse,zur metallorganischen Chemie und zur Theoriegegenseitig.

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MPI für Festkörperforschung Stuttgart (mitAußenstelle in Grenoble, Frankreich), FKFIn experimentell wie theoretisch arbeitenden Grup-pen wird in engem Zusammenspiel aus Physik undChemie an kondensierter Materie geforscht, wobeisich Forschungsschwerpunkte auf Halbleiter undKeramiken richten. Viele Arbeiten sind in einemgrundlagenorientierten, stark explorativem Sta-dium angesiedelt, die eher mittel- bis langfristigeAnwendungsperspektiven eröffnen. Ein besseresVerständnis zwischen Struktur und Eigenschaftkann Optimierungspotenziale oder gänzlich neueEigenschaften und Anwendungen erschließen.

MPI für Metallforschung Stuttgart, MFDas Max-Planck-Institut für Metallforschung befasstsich in den Abteilungen Metallurgie, Mikrostruktur-physik und Umformtechnik, Werkstofftechnik, Physi-kalische Metallkunde und Grenzflächenchemie undOberflächentechnik mit interdisziplinärer Grundla-genforschung auf dem Gebiet von Eisen und Stahlund verwandten Werkstoffen bis hin zu intermetal-

lischen Verbindungen. Forschungsgegenstand sinddie Vorgänge bei der Herstellung, Umformung undchemischen Behandlung, deren Wirkung auf dieAusbildung von Gefüge und Oberflächenstrukturensowie wiederum deren Einfluss auf die mechani-schen und chemischen Eigenschaften der Werkstof-fe. Die Arbeiten sollen das grundlegende Verständ-nis der Phänomene vertiefen mit dem Ziel,Herstellung, Eigenschaften und Anwendbarkeit derWerkstoffe weiterzuentwickeln.

Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, WGLhttp://www.wgl.deGemäß ihres Leitspruches „Theoria cum praxi“ findetsich die WGL an der Schnittstelle zwischen universitä-rer Grundlagenforschung und angewandter indus-trieller Forschung. Die WGL-Institute mit erheblichemBezug zur Materialforschung sind innerhalb der Wis-senschaftsgemeinschaft in die Sektion D, Mathema-tik, Natur- und Ingenieurwissenschaften, eingrup-piert. Neben den experimentell tätigen Einrichtungen

finden sich hier auch sehr wichti-ge Informationsorgane, nament-lich die Technische Informations-bibliothek Hannover, dasFachinformationszentrum Karlsru-he und das Fachinformationszen-trum Chemie in Berlin.

Neben den unten näher be-schriebenen Instituten sind auchdie hier ungenannten Einrichtun-gen in Querschnittsbereichen ander Materialforschung beteiligt.Die beiden Dresdener WGL-Insti-tute bilden zusammen mit demForschungszentrum Rossendorf,Instituten der FhG, der Max-Planck-Gesellschaft, der TU Dres-den und der IMA Materialfor-schung und AnwendungstechnikGmbH den Materialforschungs-verbund Dresden(http://www.mfd-dresden.de).

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Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaftfür Synchrotronstrahlung m.b.H., BESSYBESSY II in Berlin-Adlershof stellt nicht nur die für ver-schiedenste Anwendungen genutzte Synchrotron-strahlung zur Verfügung, sondern stellt auch seinKnow-how in den Dienst der Nutzer, die vornehmlichaus den Bereichen Materialforschung, Mikrostrukturie-rung, Analytik und Radiometrie stammen.

Forschungszentrum Rossendorf, FZRDas Forschungszentrum Rossendorf betreibt an-wendungsorientierte Grundlagenforschung mit denfachübergreifenden Forschungsschwerpunkten Ma-terialforschung, Biomedizin-Chemie, Umwelt undSicherheitsforschung und Kernphysik. Ein Teil derAufgaben wird dabei an einem Messplatz am Euro-pean Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Gre-noble wahrgenommen, wobei diese Messstreckewie auch das Ionenstrahlzentrum in Rossendorf vonder EU gefördert werden. Mit der Fertigstellung desGroßgerätes ELBE (Elektronenbeschleuniger mit ho-her Brillanz und niedriger Emittanz) wird eine Viel-zahl verschiedener Analysensonden (kohärenteelektromagnetische Strahlung im mittleren und fer-nen Infrarotbereich von 5–150 µm, quasi-mono-chromatische Röntgenstrahlung zwischen 0,1 und30 keV sowie Bremsstrahlung im MeV-Bereich unddamit produzierte Neutronen) erschlossen werden.

Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden, IFWDas über gemeinsame Lehrstühle eng mit der TUDresden verknüpfte IFW spannt den werkstoffwis-senschaftlichen Bogen von der Grundlagenforschungbis zur Anwendung. Dieses spiegelt sich auch in derInstitutsstruktur wider, welche experimentell, theore-tisch oder analytisch ausgerichtet sind. Geprägtdurch den Standort Dresden ist einer der For-schungsschwerpunkte im Bereich IuK angesiedelt,wobei viele der Arbeiten jedoch auch Bestandteileanderer Disziplinen sind. Die Forschungsschwer-punkte im Einzelnen sind u. a. Supraleitung und Supraleiter, Magnetismus und Magnetwerkstoffe,konjugierte Kohlenstoffsysteme, metastabile Legie-rungen und Schichtwerkstoffe der Elektronik.

Institut für Neue Materialien Saarbrücken,INMDas INM verfolgt bereits seit 1990 Fragestellungenrund um die chemische Nanotechnologie. Mittlerwei-le verfügt das Institut über mehr als 60 patentierteBasistechnologien, die z. T. bereits erfolgreich indus-triell umgesetzt wurden. Gemeinsam mit der Univer-sität Kaiserslautern betreibt das INM unter dem Na-men „Funktionalität durch Chemie“ eines von sechsKompetenzzentren zur Nanotechnologie. Darüberhinaus unterstützt es KMU, sowohl auf nationaler wieauch europäischer Ebene bei der Umsetzung derINM-Basistechnologien in marktfähige Produkte.

Institut für Polymerforschung Dresden, IPFAm IPF wird in den Teilinstituten MakromolekulareChemie, Physikalische Chemie und Physik der Poly-mere sowie Polymerwerkstoffe die gesamte Pro-zesskette der Polymersynthese und -verarbeitungeinschließlich deren Charakterisierung abgebildet,wobei einer der Schwerpunkte auf In-situ-Analytikgelegt wird, aus der wichtige Rückschlüsse der Eigenschaften aus der Vorgeschichte des Polymers erwartet werden. Neben grundlagenorientiertenanalytischen und synthetischen Arbeiten ist das IPFauch eine wichtige Transferstelle des aufgebautenKnow-hows in die Industrie.

Fraunhofer-Gesellschaft, FhGwww.fhg.deInsgesamt betreibt die Fraunhofer-Gesellschaft 56 Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublikund beschäftigt 11.000 Mitarbeiter. Eine Strukturie-rung und Fokussierung erhalten die Forschungsar-beiten durch die sechs Institutsverbünde „Mikro-elektronik“, „Oberflächentechnik/Photonik“, „IuK“,„Produktion“, „Life Science“ und „Werkstoffe/Bau-teile“ sowie die vier Themenverbünde POLO (Poly-mere Oberflächen), Hochleistungskeramik, numeri-sche Simulation und FAST (Advanced Simulation).Im Forschungsfeld „Materialien“ haben sich elf Institute zum „Fraunhofer-Verbund Werkstoffe,Bauteile“ zusammengeschlossen(http://www.iwm.fhg.de/verbund/bauteile.html).

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Der Verbund deckt die Werkstoffklassen der Poly-mere, Keramiken, Gläser, metallischen Legierungen,Verbundwerkstoffe, nachwachsenden Rohstoffeund biomimetischen Werkstoffe ab. Es werden Her-stellungs-, Be- und Verarbeitungsverfahren von derPulvermetallurgie über die Klebtechnik bis zur Fü-getechnologie angewandt. Fast in allen Forschungs-und Entwicklungsprojekten kommt den ThemenZuverlässigkeit und Simulation eine zentrale Be-deutung zu. Die Entwicklungsarbeiten zielen aufAnwendungen in nahezu allen wichtigen Schlüssel-technologiefeldern, wie dem Maschinenbau, derVerkehrs- und Umwelttechnik, der Optik, der Mikro-elektronik sowie der Medizintechnik. Die Werkstoff-Forschungsaktivitäten der Fraunhofer-Gesellschaftumfassen die gesamte Wertschöpfungskette vonder Entwicklung neuer Werkstoffe bis zur Bewer-tung des Einsatzverhaltens von Bauteilen.

Helmholtz-Zentren, HGFwww.helmholtz.deZu den wichtigsten Aufgaben der HGF zählen zumeinen der Betrieb von Großgeräten und zum ande-ren die Forschung auf Gebieten mit längerfristigenRealisierungspotenzialen und an Themen, die er-heblicher finanzieller Aufwendungen bedürfen undnur durch ein interdisziplinäres Netzwerk mehrererInstitute erfolgreich angegangen werden können.Die FuE-Aktivitäten an den 15 HGF-Forschungszen-tren befinden sich derzeit in einer grundlegendenNeuorientierungsphase (Programmorientierte För-derung). Die HGF unterhält enge Industriekoopera-tionen mit namhaften internationalen Konzernen.

GKSS-Forschungszentrum Geesthachtwww.gkss.deNeben der Küstenforschung bilden Leichtbauwerk-stoffe, Medizintechnik und Trenntechnologie die Pro-

grammschwerpunkte der GKSS. Inenger Zusammenarbeit mit Hoch-schulen und Anwenderindustriewerden am Institut für Werkstoff-forschung und am Institut für Che-mie innovative Leichtbaumateria-lien und Polymersystemeerforscht, entsprechende Verarbei-tungsverfahren entwickelt undModellierungen von Werkstoffsys-temen zum besseren Verständnisvon Werkstoff- und Bauteileigen-schaften durchgeführt.

Zurzeit laufen am Kompetenz-zentrum für Magnesiumtechno-logie intensive Arbeiten zur Le-gierungsentwicklung, umMagnesiumwerkstoffe für An-wendungen, beispielsweise imBereich der Karosserie und desInnenraums von Fahrzeugen, fürTragstrukturen im Flugzeugbauoder für schnell bewegte Bautei-le von Hochleistungswerkzeug-maschinen, zu qualifizieren. Die

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TiAl-Materialentwicklung zielt insbesondere aufHochtemperaturwerkstoffe in Gasturbinen undFlugtriebwerken (z. B. Turbinenschaufeln), aberauch in Verbrennungsmotoren (z. B. Ventile). Fürdiese neuartigen Leichtmetalllegierungen werdenauch die notwendigen Herstellungs- und Produk-tionstechniken (z. B. Pulver- und Gießtechnologie)bis zum Prototyp-Bauteil entwickelt. Einen Schwer-punkt bilden dabei Fügetechnologien, die auch fürAluminiumlegierungen im Flugzeugbau (z. B.Schweißen statt Nieten von Stringern) qualifiziertwerden. Weitere Arbeiten dienen der Entwicklungvon Leichtmetall-Wasserstoffspeichern sowie vonVerschleiß- und Korrosionsschutzbeschichtungenauf der Basis von nanokristallinen Metall-Keramik-Verbundwerkstoffen.

Ein zweites Forschungsgebiet bilden funktionalePolymere. Hier finden hauptsächlich Arbeiten zustimuli-sensitiven Polymersystemen (intelligenteWerkstoffe) für Sensoren, selbstreparierende Bauteile und schaltbare Membranen statt. Polymer-basierte Werkstoffe für Membranen zielen auf Anwendungen in der chemischen Verfahrens-, Phar-mazie- und Energietechnik (Brennstoffzelle). FürLeichtbau-Strukturbauteile werden Multikompon-entensysteme auf Polymerbasis entwickelt.

Im Gebiet der regenerativen Medizin finden beiGKSS entwickelte Polymer- und Leichtmetallwerkstof-fe ihre Anwendung (z. B. Titanlegierungen für künst-liche Herzklappen, Herstellung mittels Metallpulver-Spritzguss). Die Werkstoffcharakterisierung wirddurch die bei GKSS vorhandenen und auf material-wissenschaftliche Fragestellungen ausgerichtetenNeutronenstreumethoden unterstützt. In Koopera-tion mit DESY soll künftig auch verstärkt die Syn-chrotronstrahlung für die Werkstoff- und Bauteilent-wicklungen genutzt werden. Weiterhin stehen eineumfangreiche mechanische Prüfmethodik und che-misch-strukturelle Analytik wie auch die Untersu-chung des Korrosionsverhaltens zur Verfügung. Diehierbei gewonnenen Daten liefern die Berechnungs-grundlage für die Modellierung von Werkstoffsyste-men auf Längenskalen vom Atom und Molekül bis

zum Verhalten des kompletten Bauteils bzw. des Pro-duktionsprozesses unter realen Bedingungen.

Die GKSS-Forschungsaktivitäten umfassen somit diegesamte Wertschöpfungskette von der Materialent-wicklung über die Produktions- und Verarbeitungs-technologien bis hin zum technischen Bauteil bzw.zum Produktionsprozess.

Forschungszentrum Jülich, FZJwww.fz-juelich.deDie Forschungsschwerpunkte des FZJ sind Materie,Energie, Information, Leben und Umwelt. BezüglichWerkstoffforschung fokussieren die FZJ-Aktivitäteninnerhalb der HGF insbesondere auf die Themenfel-der Energie und Informationstechnik.

Die Werkstoffentwicklung im ForschungsbereichEnergie zielt auf die Herstellung langzeitstabilerund kostengünstiger keramischer und metallischerWerkstoffe für Anwendungen, bei denen oft extre-me Einsatzbedingungen (z. B. hohe Temperaturen,korrosive Umgebung) herrschen. Schwerpunkte bilden Hochtemperaturwerkstoffe und Werkstoff-verbünde für Anwendungen vor allem in Brenn-stoffzellen, in Gas- und Dampfkraftwerken

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(z. B. Wärmedämmschichten für Turbinenschau-feln), aber auch in Fusionsreaktoren. In diesem Zu-sammenhang sind Korrosionsforschung und Analy-tik unverzichtbare Disziplinen. Vor allem werdenfür Brennstoffzellen Kontaktierungen und Elektro-den entwickelt, welche die Leistung und Lebens-dauer der Brennstoffzelle weiter erhöhen. FürSchutzschichten werden entsprechende Diffusions-barrieren untersucht, die die Langzeitbeständigkeitund Zuverlässigkeit dieser Systeme sicherstellensollen. Darüber hinaus gibt es Forschung an hoch-temperaturbeständigen C/SiC-Verbundwerkstoffen,NiTi-Formgedächtnis-Legierungen und Metallen mitfunktioneller Porosität. Im Bereich der Photovoltaikwerden Werkstoffe für Dünnschichtsolarzellen ent-

wickelt, die den Wirkungsgrad und die Alterungs-beständigkeit erhöhen.

Auch im Forschungsgebiet Information hat die Herstellung und Charakterisierung von Materialieneine große Bedeutung. So werden für die Entwick-lung von nicht flüchtigen Speichern (MRAM bzw. FeRAM) keramische Dünnschichten mit ferrroelek-trischen oder superparaelektrischen Eigenschaftenbenötigt. In der Halbleitertechnologie und Bauele-mentephysik werden neue Konzepte für zukünftigeelektronische Bauelemente entwickelt, die zum Teilauf neuen physikalischen Prinzipien beruhen (Ein-Elektron-Transistor, Quantenbauelemente). Die Epi-taxie von Schichten klassischer III/V-Verbindungen

und von Gruppe-III-Nitriden sowieUntersuchungen von elektronischenund optischen Eigenschaften dieserHalbleitermaterialien sind von gro-ßer Bedeutung für die Hochfre-quenz- bzw. Optoelektronik. Anwen-dungen liegen in der weiterenMiniaturisierung von Transistoren,der Beleuchtungstechnik, Hochtem-peraturelektronik und HF-Leistungs-elektronik. Die Forschung an Schichtsystemen für die Mikro- undOptoelektronik umfasst auch leiten-de Polymere für Leuchtschirme undLow-cost-Elektronik.

Im Forschungsgebiet Materie gibt esmaterialforschungsspezifische Akti-vitäten, beispielsweise bei der Unter-suchung der strukturellen und dyna-mischen Eigenschaften vonPolymersystemen mit Hilfe der Neu-tronenstreuung. Die Nanopartikel-synthese in Mizellen, die Entwick-lung intelligenter Polymere zurHerstellung selbstheilender Kunst-stoffe und die Untersuchung kom-plexer Flüssigkeiten für Bauelementemit steuerbarer Viskosität stellenweitere Aktivitäten dar. In der Mikro-

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strukturfoschung werden das Wachstums- und Rela-xationsverhalten von nano-strukturierten Halblei-tern untersucht. Einen weiteren Schwerpunkt bil-den die Quasikristalle sowie die Untersuchung vonKristallwachstum und Oberflächenstrukturen, diebei bestimmten chemischen Reaktionen (Katalysa-toren, Korrosion) oder bei dem Verständnis der Rei-bung eine Rolle spielen.

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,DLR, www.dlr.deDas Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrtkonzentriert seine FuE-Aktivitäten auf die ThemenLuft- und Raumfahrt sowie Energie und Verkehr. Fürdiese vier Forschungsgebiete entwickelt das DLRauch entsprechende Werkstoffe und Werkstofftech-nologien. Neben Al-Legierungen, ihrer Verbin-dungstechnik und ihrem mechanischen Verhaltenim Hinblick auf erhöhte Leistungsfähigkeit und Si-cherheit werden für den Strukturbereich von Flug-zeugen, Helikoptern und Raumtransportsystemenneue Kohlenstofffaserverstärkte Polymere (CFK)untersucht und auf optimiertes elastisches undCrash-Verhalten ausgelegt. Diese Forschungsarbei-ten werden vermehrt durch Untersuchungen an anorganisch-organischen Hybridsystemen ergänzt.Für höhere Temperaturen in den Antrieben (Flug-gasturbine, Raketenmotor, Verbrennungsmotor),bei Raumtransportgeräten für den atmosphäri-schen Wiedereintritt und speziellen Fragestellun-gen der Energietechnik (stationäre Gasturbine,SOFC, Solar-receiver) werden Titanlegierungen undSiC-Titanmatrix-Verbundwerkstoffe, Wärmedämm-,Oxidationsschutz- und andere metallische/kerami-sche Funktionsschichten sowie schadenstolerantekeramische Verbundwerkstoffe auf Oxid- und Nicht-oxid-Basis entwickelt. Zur Verbesserung des adapti-ven Werkstoff- und Bauteilverhaltens sind Werkstof-fe der Sensorik und Adaptronik für unterschiedlicheTemperaturbereiche in Entwicklung. Die speziellenBedingungen gravitationsarmer Weltraumexperi-mente werden für grundlegende Untersuchungender Eigenschaften und des Erstarrungsverhaltensinsbesondere metallischer Schmelzen genutzt.

Forschungszentrum Karlsruhe, FZKwww.fzk.deDas Forschungszentrum Karlsruhe betreibt eine um-fangreiche Materialforschung, die integraler Be-standteil der Forschungsprogramme Umwelt, Kernfu-sion, Nukleare Sicherheit, Mikrosystemtechnik,Nanotechnologie, Rationelle Energieumwandlungund Struktur der Materie ist. Die werkstoffkund-lichen Arbeiten erstrecken sich von Grundlagen-untersuchungen zur kondensierten Materie überStruktur-Wirkungsbeziehungen in der Nanotechnolo-gie bis hin zu einer anwendungsorientierten materi-alwissenschaftlichen Forschung in der Mikrosystem-technik, Umwelttechnik und Kernfusion. Die Instituteauf dem Gebiet der Materialforschung verfügen übermodernste Untersuchungs- und Analysemethoden.

Im Themenfeld kondensierte Materie wird der Einflussder Struktur von Oberflächen, Grenzflächen undSchichten auf elektronische Eigenschaften, Magnetis-mus und Supraleitung untersucht. In der Nanotechno-logie wird über materialwissenschaftliche Entwicklungen zur Synthese und Untersuchung vonnanostrukturierten Materialien mit anwendungsrele-vanten grenzflächenbestimmten Eigenschaften undzur Korrelation zwischen der Struktur und den nano-skaligen Systemeigenschaften geforscht. Die Mikrosys-temtechnik ist mit der Entwicklung von Materialienund Fertigungstechnologien zur Herstellung mikrosys-temtechnischer Bauelemente aus Kunststoffen, Metal-len und Keramiken verbunden. WerkstoffkundlicheBeiträge des Bereiches Umwelttechnik sind die Ent-wicklungen von Funktions- und Katalysatorschichtenfür die Wasserstoff- bzw. Kohlenwasserstoffoxidationsowie für Wasserstoffnachreinigungssysteme. Für dieArbeiten zur Kernfusion werden niedrigaktivierbare,strahlungsresistente Stähle und supraleitende Materi-alien entwickelt. Im Forschungsfeld rationelle Energie-umwandlung werden Hochtemperatur-Supraleiter fürdie Energietechnik untersucht.

Gesellschaft für Schwerionenforschung, GSIwww.gsi.deHauptarbeitsgebiete der GSI sind kern- und atom-physikalische Experimente, aber auch materialwis-

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senschaftliche Forschung zu Supraleitern, zu Membranenentwicklungen und zu Ionenstrahlindu-zierten chemischen und physikalischen Prozessenin Materialien.

Hahn-Meitner-Institut Berlin, HMIwww.hmi.deAm HMI werden hauptsächlich die Schwerpunkte„Strukturforschung“ und „Solarenergieforschung“bearbeitet. Ziel der Forschungsarbeiten ist es, neueErkenntnisse über den Zusammenhang zwischenden technischen Eigenschaften eines Materials undseiner mikroskopischen Struktur zu erhalten. In derAbteilung Werkstoffe wird die Entwicklung vonLeichtmetallmassivgläsern, Nanokompositen undMetallschäumen betrieben. Außerdem eröffnen dieumfangreichen analytischen Methoden ein größe-res Kooperationspotenzial für Materialentwicklun-gen innerhalb und außerhalb der HGF. So stehenMöglichkeiten für Neutronen-Kleinwinkelstreuung,Synchrotron-Tomographie und Eigenspannungsana-lyse mit Neutronen und Synchrotronstrahlung zurVerfügung. Gegenstand der Charakterisierungsar-beiten sind derzeit Superlegierungen, nanoskaligeKeramiken, Magnetofluide und thixotrope Metall-legierungen.

Weitere HGF-Aktivitäten beziehen sich am Deut-schen Elektronen-Synchrotron auf die Materialana-lytik und am Max-Planck-Institut für Plasmaphysikauf plasmabelastete Werkstoffe für die Kernfusion.

A2 Förderung der Materialforschung durchdie Deutsche Forschungsgemeinschaft

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert dieinstitutionelle Forschung an universitären undaußeruniversitären Einrichtungen mit großer wis-senschaftlicher Breite und unterschiedlichen För-derinstrumentarien. Bei der DFG ist die Materialfor-schung kein eigenständiges Fördergebiet; Projekteund Programme finden sich sowohl bei den Natur-wissenschaften als auch im ingenieurwissenschaft-lichen Bereich.

Im Bereich der Ingenieurwissenschaften wurdenauf dem Gebiet der Material- und Werkstoffwissen-schaften im Zeitraum 2000 bis 2002 rund 60 Mio.Euro an Fördergeldern aufgewendet. Diese vertei-len sich auf die Einzelförderung im Normalverfah-ren, die Schwerpunktprogramme, die Forschergrup-pen und die Sonderforschungsbereiche.Schwerpunkte der Aktivitäten in den letzten Jahrensind besonders auf dem Gebiet der Optimierungvon Biomaterialien und Implantatwerkstoffen undbei den Konstruktions- und Funktionswerkstoffen,den Sinter- und Verbundwerkstoffen sowie in denBereichen der Oberflächen, Beschichtungen undFunktionsschichten festzustellen. Besondere Erfolgezeigten sich bei den interdisziplinären Schwer-punktprogrammen, insbesondere auch im Hinblickauf die Bedeutung der Grundlagenforschung fürdie Umsetzung in der Anwendung. Ein anschauli-ches Beispiel hierfür ist das im September 2001 abgeschlossene Schwerpunktprogramm „Gradien-tenwerkstoffe“, das auf einem gemeinsamen Ab-schusskolloquium von DFG und BMBF zur Weiterfi-nanzierung unter Industriebeteiligung durch dasBMBF aufgegriffen und im Rahmen von MaTechweiter gefördert wurde. Weitere Schwerpunktpro-gramme zu den Themen „Zellulare metallischeWerkstoffe“, „Grenzfläche zwischen Werkstoff undBiosystem“, „Phasenumwandlungen in mehrkompo-nentigen Schmelzen“ sowie „Integrierte elektroke-ramische Funktionsstrukturen“ zeigen internationalanerkennenswerte Resultate, die wichtige Impulsefür zukunftsträchtige Entwicklungen hervorbringen

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können. Besondere Fortschritte bei den ingenieur-/materialwissenschaftlichen Sonderforschungsberei-chen sind auf den Gebieten der „Formgedächtnis-technik – Grundlagen, Konstruktion, Fertigung“ ausBochum, der „Hochbeanspruchten Gleit- und Frik-tionssysteme auf Basis ingenieurkeramischer Werk-stoffe“ aus Karlsruhe, der „Thermisch hoch belaste-ten sowie der offenporigen und gekühltenMehrschichtsysteme für Kombi-Kraftwerke“ aus Aa-chen sowie im SFB „Elektrische Ermüdung in Funk-tionswerkstoffen“ in Darmstadt zu verzeichnen.

Im Bereich der Festkörperphysik fließen jährlichrund 25 Mio. Euro in die Förderung von Vorhabenauf dem Gebiet der Materialwissenschaften. Ein er-folgreicher Weg zu modernen Materialien undWerkstoffen mit neuen Eigenschaften und Anwen-dungen führt über die Reduzie-rung der Längenskala zur Nano-technologie. Dazu gehörenbeispielsweise „Halbleiter-Hetero-strukturen für Laser und rauschar-me Transistoren“, „Heterostruktu-ren aus nicht magnetischen undferromagnetischen Metallen“, dieu. a. für Leseköpfe verwendet wer-den, sowie „dielektrische Hetero-strukturen für Mikrokavitäten undhoch reflektierende Spiegel“. Ei-ner neuen Herausforderung stelltsich dabei die Leipziger Forscher-gruppe „Architektur von nano-und mikrodimensionalen Struktur-elementen“. Anders als bisher sollen Nanopartikel nicht nur ineinfachen planaren, sondern inkomplexen, dreidimensionalenStrukturen verwendet werden. Indiese Thematik reiht sich auch dasneu eingerichtete Schwerpunkt-programm „Nanodrähte und Na-noröhren: von kontrollierter Syn-these zur Funktion“ ein, dessenZiel in der Erarbeitung neuer,nicht kohlenstoffbasierter Nano-

strukturen liegt, deren Anwendung in der Nano-technologie neue Einsatzbereiche eröffnen könnte.Die wissenschaftliche Herausforderung und Breitedieser Thematik spiegelt sich auch in den in Koope-ration mit Chemikern und Ingenieuren definiertenForschungsfeldern des im Herbst 2001 in Karlsruheeingerichteten DFG-Forschungszentrums „Funktio-nelle Nanostrukturen“ wider, zu denen nanostruk-turierte Materialien, molekulare Nanostrukturen,Nanoelektronik und -photonik gehören. Informationsverarbeitung mit winzigen magneti-schen Speichern gehört zu den weltweit immernoch wachsenden Forschungsschwerpunkten. Phy-sikalisch interessante Herausforderungen bietenderzeit lithographisch hergestellte magnetischePartikel mit Submikrometer-Abmessungen für Spei-

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cher- und Sensoranwendungen und die Halbleiter-Spintronik. Diesen Fragestellungen widmet sich dieRegensburger Forschergruppe „Ferromagnet-Halb-leiter-Nanostrukturen: Transport, magnetische undelektronische Eigenschaften“, zu deren internatio-nal viel beachteten Ergebnissen die Entdeckungdes spingalvanischen Effekts zählt. Zentrale Forde-rungen der Informationsverarbeitung sind hoheSpeicherdichte und kurze Schaltzeiten. Daher istdas Verständnis der Dynamik von schnellen Magne-tisierungsprozessen in magnetisch geordnetenSchicht- und Mikrostrukturen sehr wichtig. Grundla-gen für ultraschnelle Magnetoelektronik-Bauele-mente werden im Schwerpunktprogramm „Ultra-schnelle Magnetisierungsprozesse“ untersucht. Einbedeutender Durchbruch auf der Suche nach ei-nem Arbeitsspeicher mit Langzeitgedächtnis ge-lang im Rahmen der Hallenser Forschergruppe„Oxidische Grenzflächen“. Dünne Schichten aus ei-nem ferroelektrischen Material wurden auf Siliziumso aufgebracht, dass eine Steigerung der Speicher-kapazität von Computerchips um fast 50 % möglicherscheint. Eine wichtige Rolle für magnetische Spei-cher spielen dünne Filme mit einer Struktur vonmagnetischen Wirbeln. Die Spins im Zentrum derWirbel konnten erstmalig im Rahmen des Hambur-

ger SFBs „Quantenmaterialien – laterale und hybri-de Strukturen“ mit einer neuen Variante der Raster-tunnelmikroskopie abgebildet werden.

Wissenschaftliche Herausforderungen gibt es eben-falls in der Erzeugung von kohärentem Licht imsichtbaren Spektralbereich. Die optische Speiche-rung von Information in CD und DVD, die Nachrich-tenübermittelung oder die optische Darstellungvon Information im Laser-Flachbildschirm sind unsalle interessierende Anwendungsgebiete. Einer Ar-beitsgruppe in Bremen ist es im 2003 abgeschlos-senen Schwerpunktprogramm „Gruppe-III-Nitride“als erster universitärer Gruppe in Europa gelungen,blaue Laser auf der Basis von Galliumnitrid zu reali-sieren. Im weiteren Feld der Optik in Halbleitern isteine starke Bündelung von Aktivitäten in Forscher-gruppen zu beobachten, die auf Teilen des oben erwähnten und anderer früherer Schwerpunktpro-gramme aufbauen. In Erlangen steht das Material-system Siliziumkarbid im Vordergrund, in Marburgwerden neuartige metastabile Verbindungshalblei-ter und ihre Heterostrukturen verwendet, und in ei-ner ortsverteilten Forschergruppe (Rostock, Bre-men, Würzburg, Marburg, Dortmund) geht es umquantenoptische Effekte in Halbleiternanostruktu-ren. Eine weitere interessante Materialklasse stellendie Ferroika dar. Aufgrund ihrer außergewöhn-lichen Eigenschaften der Symmetrieveränderungunter äußeren Einflüssen gewinnen sie zunehmen-de Bedeutung für die Herstellung von mikroelektro-nischen Strukturen und Bauelementen. Die in Dresden ansässige Forschergruppe „FerroischeFunktionselemente: Physikalische Grundlagen undKonzepte“ betreibt sowohl die Grundlagenfor-schung auf dem Teilgebiet der Ferroika als auch dieErforschung ihrer Einsatzmöglichkeiten.

Im Bereich der Chemie und Verfahrenstechnikkonnten erfreulicherweise in 2002 drei neueSonderforschungsbereiche und vier Schwerpunkt-programme ihre Arbeit aufnehmen. Die Nutzung„bioinspirierter“ Katalysatoren, die z. B. die Funk-tionsweise von Enzymen auf nicht biologische Sys-teme übertragen und als besonders umwelt- und

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ressourcenschonend gelten, gewinnt zunehmendan Bedeutung. Derartig molekülchemisch orientier-te Grundlagenforschung ist die Zielsetzung des2002 neu eingerichteten SFBs „Molekulare Kataly-satoren: Struktur und Funktionsdesign“ in Heidel-berg. Dieser breit und interdisziplinär angelegteVerbund will zur Aufklärung der Funktionsweisevon molekularen Katalysatoren in homogener undheterogener Phase beitragen. Langfristige Zielesind die Optimierung von Katalysatorsystemen undneuartige, katalytisch nutzbare Moleküle oder Ba-sisreaktionen. Mit der rasanten, nicht selten reinempirisch erfolgten Optimierung der Materialei-genschaften haben jedoch weder die Entwicklunggeeigneter Präparationstechniken noch das Ver-ständnis der zugrunde liegenden physikalischen Ef-fekte Schritt halten können. Hier setzt das neueSchwerpunktprogramm „Substitutionseffekte in io-nischen Festkörpern“ an, dessen Ziel es ist, die Wei-ter- und Neuentwicklung ionischer Mischphasengrundlagenorientiert voranzutreiben. Thematischverwandt ist der SFB „Ionenbewegung in Materia-lien mit ungeordneten Strukturen“, der sich vor al-lem um das experimentelle und theoretische Ver-ständnis der Dynamik der Ionen bemüht und eineBrücke vom Elementarschritt zum makroskopischenTransport schlagen möchte. Übergangsmetalloxidestellen eine interessante Verbindungsklasse mit ei-ner großen Vielfalt von Eigenschaften dar. Sie fin-den in vielen Bereichen Anwendung, etwa beiHochtemperatursupraleitern, in der nicht linearenOptik und in der heterogenen Katalyse. Die Volu-meneigenschaften der Feststoffe werden seit lan-gem untersucht, während deren Oberflächeneigen-schaften erst in jüngster Zeit in den Vordergrunddes Interesses gerückt sind. Über die Eigenschaftenkleiner Übergangsmetalloxide in der Gasphase istnoch sehr wenig bekannt. Der Berliner SFB „Struk-tur, Dynamik und Reaktivität von Übergangsmetallo-xid-Aggregaten“ konzentriert sich auf Vanadiumoxideund koppelt Gasphasen- und Oberflächenuntersu-chungen, um isolierte und deponierte Aggregate di-rekt miteinander vergleichen und die Beziehungenzwischen den Strukturen der einzelnen Aggregateund ihren Funktionen, insbesondere die katalytische

Aktivität, aufklären zu können. Die Sichtweise derTechnischen Chemiker, die sich um die Optimierungvon Metalloxidgemischen bemühen, die als techni-sche Katalysatoren unter hohen Drücken und Tempe-raturen eingesetzt werden, und der Oberflächen-physikochemiker, die katalytische Vorgänge durchUntersuchungen an idealen Einkristallen unter Ultra-hochvakuumbedingungen modellieren, waren bis-lang sehr voneinander verschieden. Im Schwerpunkt-programm „Brückenschläge zwischen idealen undrealen Systemen in der heterogenen Katalyse“ wer-

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den beide Sichtweisen zusammengeführt, um einumfassendes mikroskopisches Verständnis einzelnerkatalytischer Prozesse unter technischen Bedingun-gen zu erarbeiten. Im Schwerpunktprogramm „Halb-leiter- und Metallcluster als Bausteine für organisierteStrukturen“, in dem Cluster in der Größenordnungvon wenigen Nanometern und darunter nicht mitphysikalischen Methoden, sondern mit chemischenPräparationstechniken aus einzelnen Atomen undMolekülen erzeugt werden, fokussiert sich die Förde-rung nur auf solche Projekte, die sich nicht auf dieUntersuchung einzelner Cluster, sondern auf die che-mische Wechselwirkung der Agglomerate konzentrie-ren. Man möchte die faszinierende Welt nanoskopi-scher Systeme mit neuen, sehr interessantenphysikalischen und chemischen Eigenschaften besserverstehen lernen und für künftige Anwendungen nutz-bar machen. Im Duisburger SFB „Nano-Partikel aus derGasphase: Entstehung, Struktur, Eigenschaften“, arbei-ten Ingenieure, Chemiker und Physiker interdisziplinärzusammen. Pulver aus Nanopartikeln sind die Basis fürneuartige Materialien, wie neue keramische Werkstof-fe, neuartige Katalysatoren oder neue elektrische undmagnetische Bauelemente und Sensoren.

Der neu eingerichtete Mainzer SFB „Von einzelnenMolekülen zu nanoskopisch strukturierten Materia-lien“ möchte neuartige Strukturen durch den geziel-ten Einsatz definierter Bausteine zur Erzeugung ein-heitlicher Überstrukturen entwickeln. Dabei sollendie klassischen Systeme der Selbstorganisation wieflüssigkristalline, tensidische oder Blockcopolymer-phasen lediglich der Präorganisation von molekula-ren Bausteinen dienen, die nach entsprechender Fixierung als Molekülverbände in höhere Organisa-tionsformen überführt werden können. Besonderswichtig ist die Klärung der Frage, welche Minimalgrö-ßen geordnete Molekülverbände haben müssen, umbestimmte Stoffeigenschaften aufzuweisen oderFunktionen zu erfüllen. Neu in 2003 eingerichtetwurde auch das Schwerpunktprogramm „MolekulareModellierung in der Verfahrenstechnik“. In diesemForschungszweig werden bislang überwiegend phä-nomenologische Methoden eingesetzt, deren Poten-zial jedoch mittlerweile auf vielen Gebieten ausgelo-

tet ist. Neue Möglichkeiten bieten hier molekulareMethoden, die jedoch vor allem bessere quantitativeModelle der zwischenmolekularen Wechselwirkun-gen und effiziente Simulationsverfahren vorausset-zen, die technischen Genauigkeitsanforderungen beivertretbarem Aufwand genügen. Diese Ziele sollendurch Projekte auf den Gebieten verfolgt werden, indenen klassische Ansätze versagen oder nur unbefrie-digende Ergebnisse liefern.

A3 Förderung von werkstoffrelevanten Themen durch die Europäische Union

EU-RahmenprogrammeDie nationalen Förderprogramme unterstützen dielandesspezifischen Forschungs- und Entwicklungs-ziele, die im geeigneten Kontext auch internationa-le Aspekte mit einbeziehen ohne die programmati-schen Konzepte der Europäischen Union in denVordergrund zu stellen. Die Europäische Union ver-folgt mit ihrer Forschungsförderung das im Amster-damer Vertrag (Artikel 163) festgelegte Ziel, „diewissenschaftlichen und technologischen Grundla-gen der Industrie der Gemeinschaft zu stärken unddie Entwicklung ihrer internationalen Wettbewerbs-fähigkeit zu fördern sowie alle Forschungsmaßnah-men zu unterstützen, die aufgrund anderer Kapiteldieses Vertrags für erforderlich gehalten werden“.

Zur Erreichung dieses Zieles wurde in 2002 das mittlerweile 6. Forschungsrahmenprogramm(6. FRP) formuliert und in Kraft gesetzt. Im Vorder-grund steht dabei die Schaffung des EuropäischenForschungsraums durch eine verstärkte und effizien-tere Bündelung europäischer Forschungsanstrengun-gen und -kapazitäten. Folgende Grundprinzipienkennzeichnen das neue Rahmenprogramm:• Konzentration auf eine begrenzte Zahl vorrangi-

ger Forschungsbereiche, mit ausgeprägtem euro-päischem Mehrwert,

• Entfaltung einer stärker strukturierenden Wir-kung auf Forschung und Entwicklung in Europa,

• Leistung eines bedeutenden Beitrags zur Entwick-lung wissenschaftlicher und technischer Exzellenzund zur Koordinierung der Forschung in Europa,

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• Vereinfachung und Straffung der Durchführungs-bestimmungen durch neu festzulegende Förderfor-men und dezentralisierte Verwaltungsverfahren.

Das 6. FRP ist in die drei großen Maßnahmenblöcke„Bündelung und Integration der Gemeinschaftsfor-schung“, „Ausgestaltung des Europäischen For-schungsraums“ und „Stärkung der Grundpfeiler des Europäischen Forschungsraums“ unterteilt. Unter „Bündelung und Integration der Gemein-schaftsforschung“ werden sieben vorrangige The-menbereiche gefördert. Die Werkstoffforschung,Chemie und Nanomaterialien finden sich in derthematischen Priorität 3 (TP3) „Nanotechnologienund Wissenschaften, wissensbasierte multifunk-tionelle Werkstoffe und neue Produktionsverfah-ren und -anlagen“ wieder. Die erste Ausschreibungerfolgte am 17. Dezember 2002, weiterewerden folgen.

Ziel der Maßnahmen in diesem Bereichist es, Europa dabei zu unterstützen, einekritische Masse an Kapazitäten aufzubau-en, die – insbesondere im Hinblick auf ei-ne größere Ökoeffizienz und eine Verrin-gerung der Freisetzung gefährlicherStoffe in die Umwelt – für die Entwick-lung und Nutzung von Spitzentechnolo-gien für wissensbasierte Produkte,Dienstleistungen und Produktionsverfah-ren in den nächsten Jahren notwendigsind.

Die praktische Umsetzung der Themen-bereiche erfolgt durch die Instrumente,die in „neue“ (vorrangige) und „weitere“(schon im 5. FRP vorhandene) unterteiltsind. Neu sind „Integrierte Projekte“ (IP)und „Exzellenznetze“ (NoE). Insgesamtsind mindestens 15 % der Fördermittelfür die Beteiligung von KMU an Projekteninnerhalb der vorrangigen Themenberei-che reserviert.

In Ergänzung zu den vorrangigen Themenberei-chen werden weitere, spezifische Aktivitäten in ei-nem breiten Forschungsbereich gefördert, wie:• Maßnahmen zur Unterstützung der Gemein-

schaftspolitiken (Politikorientierte Forschung),• Forschung als Reaktion auf neuen und neu ent-

stehenden Wissenschafts- und Technologiebedarf(Neue Forschungsbereiche und Reaktion auf un-erwartete Entwicklungen),

• spezielle Maßnahmen zur Unterstützung derinternationalen Zusammenarbeit,

• horizontale Forschungsmaßnahmen unter Beteiligung von KMU: Kollektiv- und Koopera-tionsforschung,

• Marie-Curie-Mobilitätsmaßnahmen.

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Dies bedeutet für die Praxis, dass eine deutsche Beteiligung dann vorrangig vor den nationalen För-derprogrammen in Frage kommt, wenn das For-schungsthema eine europäische Dimension auf-weist und sich mehrere Partner aus europäischenund assoziierten Ländern daran beteiligen.

Im Rahmen der ERA-NET-Maßnahmen werden Mög-lichkeiten für zukünftige gemeinsame Aktivitätenmehrerer Mitgliedsstaaten analysiert und vorberei-tet. Hieraus können sich Impulse auch für die Mate-rialforschung ergeben.

Weitere aktuelle Informationen sind zu erhalten unter:http://www.europa.eu.int/comm/research/fp6/

index_en.htmlhttp://www.cordis.lu/de/http://www.kowi.de/rp6/default.htmhttp://www.fz-juelich.de/ptj/contentory/

index.lw?index=926

COSTDie europäische Kooperationsinitiative „COST“ (Eu-ropean Co-operation in the field of Scientific andTechnical Research) bildet seit 1972 einen zwischen-staatlichen europäischen Ordnungsrahmen für dieinternationale Zusammenarbeit zwischen einzel-staatlich finanzierten Forschungsprojekten. COSTsorgt für die wissenschaftliche Vernetzung und um-fasst Forschungsmaßnahmen, die im grundlegenden,vorwettbewerblichen Bereich angesiedelt sind, sogenannte COST-Aktionen. Bisher fanden 37 COST-Ak-tionen im Bereich der Materialwissenschaft statt. Diethematischen Schwerpunkte waren die Entwicklungvon neuen Leichtmetall- und Stahllegierungen, Poly-merwerkstoffen und Polymer-Verbundwerkstoffen(insbesondere für Anwendungen im Fahrzeugbau),dünner Schichten für Anwendungen in der Informa-tionstechnologie, Nanowerkstoffe, der Einsatz vonNaturstoffen (Zellulose, Holz) sowie die Tribologieund der Energiebereich.

Für die COST-Zusammenarbeit gibt es in Deutsch-land keinen speziellen Fonds. Die Unterstützung der

Teilnehmer durch COST besteht in der Finanzierungvon Konzertierungskosten, d. h. Kosten, die mit derOrganisation und Durchführung einer Aktion zu-sammenhängen, wie z. B. Reisekosten für nationaleDelegierte aus EU-Ländern und EU-assoziierten Län-dern, Workshops, Versammlungen, Seminare, Publi-kationen, Kurzzeitaufenthalte von Wissenschaftlern.Weitere Informationen: http://www.kp.dlr.de/COST

EUREKAEUREKA ist seit 1986 eine europäische Initiative fürmarktnahe Forschung und Entwicklung, die nebenwissenschaftlichen Einrichtungen auch Unterneh-men einen Rahmen für grenzüberschreitende undmarktorientierte Kooperationen bietet.

Da es sich um eine Initiative und nicht um ein Pro-gramm handelt, erfolgt die Projektfinanzierungnicht aus einem zentralen Budget. Sie ist in jedemMitgliedsland anders geregelt. In Deutschland kön-nen Projektbeteiligungen mit• eigenen Mitteln,• öffentlichen Zuschüssen,• Krediten,• Beteiligungskapital finanziert werden. Deutsche EUREKA-Teilnehmerkönnen bei den nationalen Fachprogrammen För-derung beantragen – d. h. bei Programmen desBundesministeriums für Bildung und Forschung(BMBF) und des Bundesministeriums für Wirtschaftund Arbeit (BMWA). Weitere Informationen:http://www.eureka.dom.de/de/index.html

ESFDie European Science Foundation (ESF) wurde 1974gegründet und ist eine Gemeinschaft von 70 Mit-gliedsorganisationen aus 27 europäischen Ländern.ESF organisiert europaweite langfristige Wissen-schaftsinitiativen auf hohem Niveau. Sie leistetUnterstützung bei der Organisation von Workshopsund Konferenzen, dem Aufbau von Netzwerken, beiinternationalen wissenschaftlichen Kooperationenund bei der Mobilisierung nationaler Fördermittel.Einzelheiten über Finanzierungsmöglichkeiten fin-den sich unter: http://www.esf.org.

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