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Friedrich-Schiller-Universität Jena Philosophische Fakultät Institut für Germanistische Sprachwissenschaft Wissenschaftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach Deutsch Die Mikrotoponyme der Gemarkung Heiligenstadt vorgelegt von: Rohner, Tobias geb. am 13. 12. 1976 in Heiligenstadt Erstgutachter: Prof. Dr. Eckhart Meineke Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter Gallmann

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Friedrich-Schiller-Universität Jena Philosophische Fakultät

Institut für Germanistische Sprachwissenschaft

Wissenschaftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien

im Fach Deutsch

Die Mikrotoponyme der Gemarkung Heiligenstadt

vorgelegt von: Rohner, Tobias geb. am 13. 12. 1976 in Heiligenstadt

Erstgutachter: Prof. Dr. Eckhart Meineke Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter Gallmann

Die Mikrotoponyme der Gemarkung Heiligenstadt Tobias Rohner

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Inhalt

Abkürzungsverzeichnis ...........................................................................................3

1 Ziel und Aufgabe der Arbeit ...................................................................................4 1.1 Mikrotoponyme und Flurnamen ................................................................................4 1.2 Struktur der Arbeit .....................................................................................................5

2 Das Untersuchungsgebiet ........................................................................................6 2.1 Lage der Gemarkung, Bodenbeschaffenheit und Nutzung ........................................6 2.2 Die Mundart des Untersuchungsgebietes...................................................................7 2.3 Die Quellen und die bisherige Flurnamenarbeit ........................................................8

3 Das Flurnamenbuch...............................................................................................10

4 Die Flurnamen nach ihren Benennungsmotiven...............................................156 4.1 Naturnamen............................................................................................................156 4.1.1 Ausdehnung und Begrenzung ................................................................................156 4.1.2 Geländeform...........................................................................................................157 4.1.3 Geologie .................................................................................................................157 4.1.4 Natürliche Bewässerung ........................................................................................157 4.1.5 Bodenbedeckung....................................................................................................158 4.1.6 Tiere in der Natur...................................................................................................158 4.2 Kulturnamen...........................................................................................................158 4.2.1 Rodungen ...............................................................................................................158 4.2.2 Nutzland.................................................................................................................158 4.2.3 Nutzungsformen.....................................................................................................159 4.2.4 Maßeinheiten und Zahlen.......................................................................................159 4.2.5 Forstwirtschaft .......................................................................................................159 4.2.6 Sonderland .............................................................................................................159 4.2.7 Gewerbe .................................................................................................................159 4.2.8 Nach Personen benannte Flurnamen......................................................................160 4.2.9 Bauwerke und Siedlungsnamen .............................................................................160 4.2.10 Abbau von Bodenschätzen.....................................................................................160 4.2.11 Technische Anlagen...............................................................................................160 4.2.12 Verkehrswege, Übergänge und Grenzen ...............................................................160 4.2.13 Wehrwesen.............................................................................................................161 4.2.14 Vor- und Frühgeschichtliche Fundplätze...............................................................161 4.2.15 Herrschaftsverhältnisse und Abgabewesen............................................................161 4.2.16 Rechtsverhältnisse..................................................................................................161 4.2.17 Religion und Kirche ...............................................................................................161 4.2.18 Volksglaube, Sage, Ereignisse ...............................................................................161

5 Fazit .......................................................................................................................162

6 Quellen und Literatur..........................................................................................163 6.1 Ungedruckte Quellen .............................................................................................163 6.2 Karten und Namenverzeichnisse............................................................................163 6.3 Literatur..................................................................................................................164

7 Anhang ..................................................................................................................168

Erklärung..............................................................................................................175

Die Mikrotoponyme der Gemarkung Heiligenstadt Tobias Rohner

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Abkürzungsverzeichnis ahd. althochdeutsch App. Appellativ bot. botanisch (Pflanzenname) Bl. Blatt BW Bestimmungswort EHh. Eichsfelder Heimathefte Fl. Flagge, Flur Flurb. Flurbuch der Stadt Heiligenstadt (1822) FlN Flurname FlNS Flurnamensammlung Eichsfelder Lehrer (1934) FlNS Müller Flurnamensammlung Erhard Müller Grenzprot. Grenzprotokolle Grenzbeg. Grenzbegehung, Setzung der Grenzsteine GW Grundwort HC Hanstein Chronik HR Mainzer Heberolle Hst. Heiligenstadt lat. lateinisch Lb. Lagerbuch Heiligenstadt, OA = Obere Altstadt, ON = Obere Neustadt,

UA = Untere Altstadt, UN = Untere Neustadt md. mitteldeutsch Mda. Mundart mdal. mundartlich mhd. mittelhochdeutsch MI Mainzer Ingrossaturbuch MTB Messtischblatt. 2594 (Gelliehausen); 2668 (Heiligenstadt) nd. niederdeutsch PN Personenname Rep. Hst. Repertorium des Stadtarchivs Heiligenstadt (Findebuch) Reuter Reutersches Lagerbuch, 1610 SBK Situations und Bestandskarte von den Heiligenstädter Stadtforsten SN Straßenname stf. starkes Femininum stm. starkes Maskulinum stn. starkes Neutrum swf. schwaches Femininum swm. schwaches Maskulinum stv. starkes Verb swv. schwaches Verb TWB Thüringisches Wörterbuch UBE Urkundenbuch des Eichsfeldes, I UE Unser Eichsfeld UG Untersuchungsgebiet WK Wintzingeroda-Knorr: Die Wüstungen des Eichsfeldes Wolf Hst. Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Heiligenstadt Wolf PGE Wolf: Politische Geschichte des Eichsfeldes WWK Wege und Wirtschaftskarte des Heiligenstädter Stadtwaldes † Name nicht mehr bekannt Weiterhin gelten die Abkürzungen des Duden.

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1 Ziel und Aufgabe der Arbeit

1.1 Mikrotoponyme und Flurnamen

Flurnamen bezeichnen kleine bis kleinste land- und forstwirtschaftliche Einheiten, die Fluren oder Flurstücke. Sie werden deshalb auch Mikrotoponyme genannt und dienen nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft zur Unterscheidung von einzelnen Wiesen, Äckern, Baumbeständen u. ä., sondern sind auch für einheimische und fremde Wanderer eine nützliche Orientierung. Um den Begriff von anderen Toponymen abzugrenzen, wird hier die Definition, welche Kleiber gibt, zugrunde gelegt:

Flurnamen (FlN.) sind sprachliche Zeichen, die der Orientierung im Raum, genauer: der Identifizierung und Individualisierung von Objekten innerhalb kleinerer landschaftlicher Einheiten (meist einer Gemarkung) dienen und nicht die Siedlung selbst [...], auch nicht deren Bewohner benennen. Ihrer geringeren kommunikativen Funktion (Reichweite) halber heißen sie auch Mikrotoponyme.1

Von Interesse sind die Flurnamen für die Geschichtsforschung, Siedlungsforschung und die Sprachforschung, aber vor allem auch für die Bewohner des jeweiligen Gebietes. Diese verwenden die teilweise sehr alten Namen, ohne sich im Einzelnen über deren ursprüngliche Bedeutung bewusst zu werden. Oftmals wurden die Flurnamen lautlich so stark verändert, dass ihre ursprüngliche Motivation völlig verschwunden ist oder die Namen an gebräuchlichere Wörter angeglichen wurden. Viele Flurnamen sind auch durch Flurbereinigung (Separation), Zusammenlegung von Fluren, Flächenvergrößerungen in der Landwirtschaft oder ähnliche Gründe in Vergessenheit geraten und gänzlich aus dem Sprachgebrauch verschwunden. Daher ist es notwendig, Flurnamen zu sammeln, eingehender zu untersuchen, ihre ursprüngliche Bedeutung zu ermitteln und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese Arbeit soll dazu einen Beitrag leisten. Für das UG liegen bereits umfangreichere Arbeiten zu den Flurnamen vor, die aber nicht alle Toponyme enthalten.2 20 Jahre nach Erscheinen dieser Arbeit sollen die Flurnamen der Gemarkung Heiligenstadt noch einmal Untersuchungsgegenstand sein. Es sollen dabei möglichst alle erfassbaren Flurnamen des UG zusammengetragen werden, sowohl amtliche, als auch nichtamtliche. Dabei sollen gerade auch die ausgestorbenen Namen betrachtet werden. Zu allen Flurnamen werden Lage und die Nutzung der bezeichneten Flurstücke angegeben, soweit dies möglich ist. Die Toponyme sollen auf ihren semantischen Gehalt hin untersucht werden. Dazu werden alle Flurnamen in einem lexikalischen Teil aufgeführt und einzeln behandelt. Weiterhin werden die Namen noch einmal nach Sachgruppen geordnet aufgeführt.

1 Kleiber 1985. S. 2130. 2 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975ff.; Müller 1986. Flurnamen.

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1.2 Struktur der Arbeit

Die Aufgabe der Arbeit ist die Erhebung der Flurnamen der Gemarkung Heiligenstadt aus den amtlichen Katasterkarten. Weiterhin wurden auch aus sonstigen schriftlichen und mündlichen Quellen Flurnamen ermittelt. Die bezeichneten Flurstücke sollen in einem lexikalischen Teil nach ihrer Lage, Beschaffenheit und Nutzung beschrieben und sprachwissenschaftlich analysiert werden. Dabei soll die ursprüngliche Motivation der Flurnamen deutlich werden. In die Betrachtung der einzelnen Flurnamen sollen auch Sagen, Begebenheiten und sonstige Informationen, die sich mit dem Namen oder dem bezeichneten Flurstück verbinden, einfließen. Solche Informationen können beispielsweise die Namen ehemaliger Besitzer sein, wenn ein Personenname Bestandteil des Flurnamens geworden ist. Um Wiederholungen und unnötige Verweise zu vermeiden, sind die Flurnamen im lexikalischen Teil alphabetisch geordnet. Viele Komposita sind mit demselben Bestimmungswort (z. B. Jesuiten-, Stadt-) zusammengesetzt. Dieses wird nur beim jeweils ersten Namenreferenten erläutert. Es folgen alle weiteren, mit dem gleichen Bestimmungswort gebildeten Flurnamen, wobei dann nur auf das Grundwort eingegangen wird. In einigen Fällen sind die Flurnamen mit einem Kompositum (Feldgewende, Landwehr) im Grundwort zusammengesetzt. Dort wird auf die Erläuterung des Grundwortes verwiesen. In vielen Fällen kann die Lage und Nutzung der Flurstücke nicht mehr ermittelt werden. Weiterhin können für einige amtliche Flurnamen Belege fehlen, da die Bezeichnung nur in der amtlichen Form auftritt und nicht historisch bedingt ist (Abdeckerei, Hauptbahnhof). Die Angabe der Quellen erfolgt in unterschiedlicher Weise. Bei ungedruckten Quellen wird die Paginierung wird in ihrer Form übernommen. Sie ist deshalb nicht einheitlich. Angaben aus den Lagerbüchern können sich auf das Blatt (Bl.) oder auf eine Seite (S.) beziehen. In einigen Fällen konnte der ungleichmäßigen Schreibung wegen nicht zwischen Groß- und Kleinschreibung unterschieden werden. Bei Belegen für Flurnamen aus dem Flurbuch von 1822, die auf mehreren Seiten genannt werden, ist nur die Flagge bzw. Flur (Fl.) angegeben, sonst das Blatt (Bl.).3 Die sprachwissenschaftliche Deutung der Flurnamen soll präzise sein, wurde aber der Fülle des Namenschatzes wegen bewusst kurz gehalten. Im zweiten Teil werden die Namen nach ihren Motivationsbereichen geordnet aufgeführt. Dabei sind die Flurnamen dem jeweiligen Motivationsbereich nach Grund- und Bestimmungswort zugeordnet. Gattungswörter und Eigennamen, die für eine Bezeichnung stehen, sowie Belegangaben werden kursiv geschrieben. Wörter, die den außersprachlichen Referenten meinen, stehen recte. Personenbezeichnungen (z. B. in Besitzernamen) und personenbezogene Begriffe gelten für beide Geschlechter.

3 Das Flurbuch von 1822 verwendet die Bezeichnung Flagge für Flur.

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2 Das Untersuchungsgebiet

2.1 Lage der Gemarkung, Bodenbeschaffenheit und Nutzung

Die Gemarkung Heiligenstadt liegt im Nordwesten Thüringens in der historischen Landschaft des Obereichsfeldes. Die Gemarkung Heiligenstadt gliedert sich in 51 Fluren. Diese Arbeit untersucht die Flurnamen aus allen Fluren der Gemarkung. Im Norden wird die Gemarkung begrenzt durch die Fluren der Gemarkungen Siemerode und Günterode, im Westen durch die Gemarkungen Mengelrode, Rengelrode und Uder, im Süden durch die Gemarkungen Lutter, Kalteneber und Flinsberg und im Osten durch die Gemarkungen Westhausen und Geisleden.4 Im Süden und Osten erstrecken sich die Waldungen des Heiligenstädter Stadtwaldes, mit dem Iberg, der Elisabethhöhe, dem Dänersberg, dem Mittelberg und dem Dün. In diesem Teil finden sich v. a. Forstnamen. Im nördlichen Teil der Gemarkung finden sich Äcker und Wiesen, was sich hier verstärkt in den Flurnamen niederschlägt. Der Fluss Leine durchquert die Gemarkung von Ost nach West, die Geislede und der Pferdebach münden links, der Eichbach und Dünbach rechts in die Leine. Die Gewässernamen finden sich auch in den Flurnamen wieder. Das Stadtgebiet Heiligenstadts befindet sich im Zentrum der Gemarkung. Da ausschließlich Flurnamen untersucht werden sollen, wird der historische Stadtkern, der sich innerhalb der in großen Teilen erhaltenen Stadtmauer befindet, ausgeklammert. Flurnamen von Flurstücken, die vor der Stadtmauer liegen, heute jedoch besiedelt bzw. bebaut sind werden aber einbezogen, da dort Gärten oder andere landwirtschaftliche Flächen lagen. Es wurden alle amtlichen Flurkarten eingesehen. Die nördlich des Flusses Leine gelegenen Fluren sind bereits als elektronische Neuaufnahme (ALK, Automatisierte Liegenschaftskarte) bearbeitet, da dort die Autobahn A 38 trassiert wird. Bei dieser Neuaufnahme werden die Flurnamen nicht mehr berücksichtigt. Diese sind in einem Flurnamenkatalog mit Straßennamen und sämtlichen sonstigen Bezeichnungen zusammengefasst.5 Die historische Landschaft des Eichsfeldes erstreckt sich auf das Gebiet zwischen der Werra und dem Göttinger Leinetal im Westen, der Hainleite und den Ausläufern des Harzes im Norden und Osten, dem Hainich im Süden. Die Höhenzüge des Rotenberges und des Ohmgebirges trennen das Obereichsfeld vom Untereichsfeld, das zu Niedersachsen gehört. Zugleich bildet die Landesgrenze hier die Sprachgrenze zum Niederdeutschen. Das Eichsfeld wird erstmals im Jahre 897 erwähnt,6 die Stadt Heiligenstadt im Jahre 973.7 Geologisch betrachtet, stellt das Eichsfeld den nordwestlichen Teil der Thüringer Schichtstufenlandschaft dar. Die sogenannte Obereichsfelder Platte erreicht Höhen bis 500 m über NN. Diese Platte fällt nach Nordwesten und Südwesten steil ab und zeigt an ihren Rändern deutlich den Schichtstufenaufbau aus Buntsandstein, Kalkstein und Keuper. Wobei letzterer in der Gemarkung Heiligenstadt nicht auftritt. Im nördlichen Teil der

4 siehe Abb. 1. 5 Der Lagebezeichnungskatalog ist im Internet abrufbau unter: www.geoportal-th.de 6 UBE 1997. S. 2. [Urkunde vom 28. Januar 897]. 7 UBE 1997. S. 7. [Urkunde vom 23. November 973].

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Gemarkung ist fast ausschließlich der sogenannte Mittlere Buntsandstein zu finden. Im Tal der Leine tritt stellenweise der Untere Buntsandstein zu Tage. Die Erosionstäler der Leine, Geislede und des Pferdebaches gehören dem Buntsandstein an. Der Obere Buntsandstein, auch Rötschicht genannt, bildet die Grundlage der Kalkauflagerungen, die im südlichen Teil der Gemarkung zu finden sind und dort die Erhebungen des Dün, des Iberg und des Dänersberges bilden. Auf der Rötschicht sammelt sich Wasser, das unterhalb der Kalkberge dort in zahlreichen Quellen hervortritt. An diesen Stellen ist ein andauernder Erosionsprozess zu beobachten. Das austretende Wasser trägt die Rötschicht ab, während die aufgelagerte, härtere Kalkschicht überhängt und von Zeit zu Zeit abbricht, so dass Täler entstehen. In der Gemarkung sind der untere, sogenannte Wellenkalk zu finden, aber auch in höheren Lagen der Mittlere Muschelkalk, der Mergel enthält, der an einigen Stellen zu Tage tritt und landwirtschaftliche Bedeutung besitzt.8

2.2 Die Mundart des Untersuchungsgebietes

Das Eichsfeldische ist eine eigenständige Mundart innerhalb des Nordwestthüringischen. Es sind die Kennzeichen des Mitteldeutschen und Thüringischen ausgeprägt. Die Verschlusslaute werden leniert (p > b, t > t). Im Grenzbereich zum Niederdeutschen zeigen sich auch niederdeutsche Einflüsse. Die Sprachgrenze zwischen dem Niederdeutschen und dem Mitteldeutschen verläuft fast direkt nördlich der Gemarkung Heiligenstadt. „Der Wortbestand des Mitteleichsfeldischen ist der stammhaft thüringische, vermischt, über dessen Maß hinaus, mit niederdeutschen Elementen.“9 Niederdeutsche Einflüsse werden vereinzelt lexikalisch deutlich (Struth für Sumpf), aber auch lautlich durch die Beibehaltung älterer Lautverhältnisse (Kopp statt Kopf). Mittelhochdeutsche Monophthonge (î, û, iu) und teilweise auch Diphthonge (ei, ou, öu) werden in der Mundart bewahrt, teilweise in entrundeter Form. Bei den Flurnamen zeigen sich zahlreiche Beispiele für Hebung (a > ä) und Senkung, sowie Rundung (e > ö) und Entrundung. In der Mundart wird auch im Anlaut oder Inlaut vielfach nicht zwischen stimmhaften und stimmlosen Verschlusslauten unterschieden (k statt g, t statt d, p statt b und umgekehrt). In manchen Fällen gehen Verschlusslaute auch in Reibelaute über (g > j). Schwer auszusprechende Lautverbindungen werden in der Mundart beseitigt durch Assimilation, Dissimilation oder Kontraktion (nd > n, ng: Hundgraben > Hungraben, Schindeleich > Schingeleich). Verkürzung oder Verschleifung finden sich bei vielen Siedlungs- und Personennamen. Ableitungen von Personen- oder Siedlungsnamen werden vorrangig mit der Endung –isch gebildet.10 Die Endung –er tritt erst bei jüngeren Flurnamen auf.

8 vgl. Müller, Max: Der geologische Aufbau unserer Eichsfelder Heimat und seine Auswirkung auf ihre

Oberflächengestaltung. In: Eichsfelder Heimatbuch 1956. S. 12 – 20. 9 Hentrich 1912. S. V. 10 Bach DNK II § 259.

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2.3 Die Quellen und die bisherige Flurnamenarbeit

Flurnamenreferenten tauchen für die Gemarkung Heiligenstadt erstmals schriftlich fixiert in Urkunden auf. Bis zum Jahr 1300 existiert für das Eichsfeld ein Urkundenbuch, darüber hinaus hat Wintzingeroda-Knorr viele Quellen in seiner Arbeit über die Wüstungen des Eichsfeldes (1903) zitiert. Der größte Anteil an Flurnamen ist durch die sogenannten Lagerbücher auf uns gekommen. In ihnen sind die Abgaben der Besitzer mit dem betreffenden Flurstück vermerkt. Solche Lagerbücher existieren für Heiligenstadt für die Jahre 1634, 1671, 1749 und 1777.11 „Die Neigung der Kanzleien für volltönende Endungen“12 zeigt sich auch für die Heiligenstädter Flurnamen in den Quellen. Vor allem im 17. Jahrhundert treten diese auf. „Mit dem wachsenden Einfluß der Kanzleisprachen vermehrte sich die Zahl der hyperkorrekten und volksetymologisch umgedeuteten Formen im dt. FLN-Schatz beträchtlich.“13 Dies findet seinen Niederschlag auch in den amtlichen Flurnamen. Hyperkorrekte Schreibung z. B. tritt auf bei Rode-Namen (Hohenroda statt Hohes Rott, Lambsroda statt Lammsrott), bei Flussnamen (Leina statt Leine). Durch den Stadtbrand von 1739 sind allerdings viele Archivalien vernichtet worden.14 Auch deshalb ist die Quellenlage für das 19. Jahrhundert umfassender. Im Jahr 1805 wobei hat Johann Georg Lingemann ein unfangreiches Grenzprotokoll angefertigt, aus dem viele Flurnamen und –bezeichnungen hervorgehen. Aber auch in Karten sind Flurnamen verzeichnet. Vor allem der Heiligenstädter Stadtwald ist kartiert worden unter Angabe der Flur- bzw. Forstnamen.15 Für das Eichsfeld wurde eine Geschichtliche Karte, die neben bestehenden Orten auch die Namen und die Lage von untergegangenen Wüstungen, ehemaliger Straßen usw. angibt, im Jahr 1908 angefertigt.16 Für Heiligenstadt liegt ein mehrbändiges Flurbuch von 1822 vor, das noch vor der Separation erstellt wurde. Aus dem 19. Jh. stammen auch die Messtischblätter, die mit Flurnamen versehen sind.17 Erste Grundlagen für die Flurnamenforschung hat der Heimatforscher Johann Wolf mit seinen Abhandlungen über das Eichsfeld gelegt.18 Für die Gemarkung Heiligenstadt von besonderer Bedeutung ist dabei seine Geschichte und Beschreibung der Stadt Heiligenstadt aus dem Jahr 1800. Eine Sammlung und Beschreibung von Flurnamen legte der Gymnasiallehrer Heinrich Waldmann im Jahr 1856 an.19 Seine Publikation „Ortsnamen von Heiligenstadt“ erschien im Programm des Gymnasiums Heiligenstadt. Von den für die Gemarkung Heiligenstadt in Betracht kommenden Flurnamen hat Waldmann einen großen Teil gesammelt und teilweise erläutert. Auf diese Publikation stützen sich auch nachfolgende Arbeiten und beziehen das dort aufgeführte Namenmaterial in ihre Sammlungen ein (Flurnamensammlung Eichsfelder Lehrer, Flurnamensammlung Müller). 11 siehe Abb. 6. 12 Bach DNK II § 530. 13 Bach DNK II § 530. 14 Einen weiteren Verlust erlitt das Stadtarchiv auch durch die Umlagerung der Bestände während und nach

dem 2. Weltkrieg. 15 siehe Abb. 3. 16 siehe Abb. 2. 17 siehe Abb. 4. 18 Johannes Wolf (1743 – 1826). Jesuit in Heiligenstadt (bis 1773), ab 1785 Stiftsherr in Nörten. vgl.

Opfermann 1999. S. 379f. 19 Heinrich Maria Waldmann (1811 – 1896). Priester, Lehrer am Heiligenstädter Gymnasium. vgl.

Opfermann 1999. S. 350f.

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Dabei wurden auch irrtümlich Namenreferenten als Flurnamen für die Gemarkung übernommen, die dort nicht auftreten, sondern von Waldmann nur zur Unterstützung einer These zur Wortbildung dienten. Es handelt sich dabei um die Namen: Birkach, Hegnach, Haslach, Reinach, Seerach, Steinach, Weidach.20 Sie werden folglich in dieser Arbeit nicht mehr aufgeführt. Von großer Bedeutung ist die Arbeit Eichsfelder Lehrer, die im Auftrag der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt, zu Beginn des 20. Jahrhunderts Flurnamen gesammelt haben. Für Heiligenstadt besorgte dies im Jahr 1934 der Heiligenstädter Lehrer Otto Elling.21 Neben den Flurnamen ist dort auch deren ungefähre Lage und Beschaffenheit, soweit dies ermittelt werden konnte, beschrieben. Den größten Anteil an der Sammlung und sprachwissenschaftlicher Erforschung von Flurnamen des Untersuchungsgebietes hat Dr. Erhard Müller,22 der seine umfangreichen Arbeiten zu den Ortsnamen23, den Personennamen24 und schließlich auch zu den Flurnamen25 publiziert hat. Der Namenkundler hat im Kreis Heiligenstadt über 7000 Flurnamen gesammelt und teilweise sprachwissenschaftlich untersucht. Die amtlichen Flurkarten sind dabei jedoch, wie auch anderes Kartenmaterial, unberücksichtigt geblieben. Die Flurnamensammlung Dr. Müllers steht als Nachlass in Form einer Karteikartensammlung im Eichsfelder Heimatmuseum zur Verfügung. Aus dieser Sammlung wurde für diese Arbeit der größte Teil der Flurnamen, v. a. auch der ausgestorbenen, für die Gemarkung Heiligenstadt eruiert. Auch die mundartliche Lautung der Flurnamen wurde aus dieser Sammlung übernommen. Verschiedene Quellen sind von Müller nicht ausgewertet worden, so z. B. die amtlichen Flurkarten und andere Karten, in denen Flurnamen zu finden sind. Auch in den schon von Müller herangezogenen Quellen ließen sich noch weitere Belege finden. Für die Gemarkung Heiligenstadt sind über 140 Flurnamen von Dr. Müller sprachwissenschaftlich bearbeitet worden und in Periodika oder Einzelpublikationen veröffentlicht. Aus diesen Arbeiten werden an den entsprechenden Stellen zitiert. Aus den amtlichen Flurkarten des Katasteramtes wurden die amtlichen Flurnamen ermittelt.26 Die dort verzeichneten Flurnamen entsprechen in ihrer Form der Schreibung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Einige Bezeichnungen sind als „Geometerformen“ zu betrachten, welche im mündlichen Sprachgebrauch entweder nicht vorkommen oder in der Mundart anders lauten. Insgesamt sind in der Gemarkung Heiligenstadt 154 amtliche Flurnamen verzeichnet. Demgegenüber steht eine Anzahl von über 230 Flurnamen im Flurbuch von 1822. Im Zuge der Separation sind also viele Flurnamen aus dem öffentlichen Gebrauch verschwunden und so verloren gegangen.

20 Waldmann 1856. S. 32. 21 Otto Elling (1892 – 1960). Lehrer in Heiligenstadt bis 1939. War auch Chorleiter und Dichter (Lyrik). vgl.

Opfermann 1999. S. 85. 22 Erhard Müller (1908 – 1992). Namen- und Siedlungsforscher. Mitarbeiter der Reihe „Deutsch-Slawische

Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte“ in Jena und Leipzig. vgl. Opfermann 1999. S. 248.

23 Müller 1958. Die Ortsnamen des Kreises Heiligenstadt. 24 Müller 1969ff. Personennamen auf dem Eichsfeld. In: Eichsfelder Heimathefte. 1969ff. und Müller 1988.

Personennamen auf dem Eichsfeld. 25 Müller 1975ff. Schwierige Flurnamen im Kreise Heiligenstadt. In: Eichsfelder Heimathefte. 1975ff. und

Müller 1986. Die Flurnamen des Kreises Heiligenstadt. 26 siehe Abb. 5.

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3 Das Flurnamenbuch Im Folgenden werden alle für die Gemarkung Heiligenstadt ermittelten Flurnamen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Die amtlichen Flurnamen werden in ihrer amtlich gültigen Form und Lautgestalt aufgeführt. Die nichtamtlichen oder ausgestorbenen Namen sind den heutigen Normen entsprechend oder in der gebräuchlichsten Form oder im Lautstand ihrer jüngsten Belege ohne differenzierende Zusätze aufgeführt. Die amtlichen Flurnamen sind durch Unterstreichung kenntlich gemacht, ausgestorbene Namen werden mit einem Kreuz (†) gekennzeichnet. Komposita sind nach ihrem Bestimmungswort eingeordnet. Ebenso wird nach den bestimmenden adjektivischen Beiwörtern eingeordnet, wenn sie fest mit dem Namen verbunden sind (Alte Burg, Hohes Rott). Flurnamen mit differenzierenden Zusätzen (Hintere-, Vordere-, Mittlere- usf.), die sich auf das gleiche Gebiet beziehen, treten unter ihrem Stammnamen auf. Die Mundartliche Lautung wird in ihrer ortsüblichen Form in der Lautschrift ihrer Aufnahme wiedergegeben. Die Lautschrift, die von Erhard Müller zur Wiedergabe genutzt wurde, entspricht der Lautumschrift des Teuthonista.27 Die Lautschrift für die sonstigen Wörter der Mundart entspricht den Lautzeichen, die für die mitteleichsfeldische Mundart bei Hentrich wiedergegebenen sind.28 Die mundartliche Lautung der ausgestorbenen Flurnamen wurde in vielen Fällen nicht ermittelt. Weiterhin finden sich einige amtliche Flurnamen nicht in der Mundart wieder. Belege aus der Flurnamensammlung Müller werden nur dann aufgeführt, wenn ihre Schreibung von der amtlichen Form oder der allgemein gebräuchlichen abweicht. Die Artikel zu den einzelnen Flurnamen sind nach folgendem Schema (welches nicht mit angegeben wird) gegliedert:

1. Flurname. Der Name erscheint im Nominativ und ohne Zusätze. 2. Amtliche Lautung des Flurnamens. Vollständige Bezeichnung, z. T. mehrere. 3. Mundartliche Lautung des Flurnamens, falls aufgenommen. 4. Relative Lage und Nutzung des Flurstücks. 5. Auswahl von historischen Belegen, vollständige Bezeichnungen. 6. Sprachwissenschaftliche Erläuterung unter Einbeziehung der älteren Forschung

(Waldmann, Müller). Wenn nötig, Angabe von Vergleichsnamen. 7. Zusätzliche Erläuterungen, Sagen oder Begebenheiten.

27 Als Grundlage dient die Lautumschrift des Teuthonista, Jg. 1. 1924/25. S. 5.; Beiheft zu den Arbeiten der

Reihe Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. 1957. [allerdings werden gekennzeichnet: silbenbildendes l und n mit ļ bzw ņ, offenes o mit c].

28 Hentrich 1912.

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Abdeckerei Über der Abdeckerei Flur 26. Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün im vordersten Gellenbach gelegen. Acker. Der Abdecker ist der „Beseitiger, Verwerter von Tierkadavern“ und vergleichbar mit Schinder.29 Die Abdeckerei, der Ort der Verwertung von Tierkadavern, gab dem Flurstück den Namen, es ist also eine indirekte Lagebezeichnung. Die Flurbezeichnung ist jüngeren Datums. Die Abdeckerei existiert erst seit 1864 an dieser Stelle.30 In der mittelbaren Umgebung findet sich auch das Schindeleich, weiter entfernt auch der Schindanger. Diese Flurstücke liegen alle östlich der Stadt in Richtung Westhausen. Achtewart † Lage nicht eindeutig, wahrscheinlich aber im Heiligenstädter Stadtwald gelegen. 1294 Achtewert (Wolf PGE I Urk. S. 46), 1351 – 60 in Heilgenstat […] in […] foresto, quod jus vulgariter dicitur eyn achtewart (MI 3, fol. 215 b.). „Im Grundwort […] liegt mittelhochdeutsch […] „achte“ vor. Das bedeutet: ausgesondertes und unter besonderen Rechtsschutz genommenes Land eines Herrn, nicht nur Ackerland. Das Bestimmungswort […] stellt sich zu mhd w a r t e n (achthaben, sorgen, pflegen). Es handelt sich also um einen obrigkeitlichen Wald, auf den in besonderer Weise geachtet wird, den man pflegt und ‘hegt’“31 Es ist eine Bezeichnung nach Rechtsverhältnissen, besonders dem Besitz. Alte Burg Alte Burg, Über der alten Burg, Unter der alten Burg ōlə būrk Flur 50. Westlich der Stadt. An der Straße nach Uder (Bundesstraße 80) unterhalb der Elisabethhöhe gelegen. Größtenteils Wald und sehr unterschiedlich beschaffen. Auf dem Gelände befinden sich auch die Teufelskanzel und die Zwergenhöhle. 1241 montem dictum Altenborg (UBE S. 168), 1303 castrum antiquum (WK S. 11), 1323 medietam antiqui castri (WK S. 11), 1417 Kapelle auf der alten Burg zu Peter und Paul (WK S. 11), 1492 zur Aldenborg (WK S. 12), 1548 die Aldenborg (WK S. 12), 1574 Kapelle zur Altenburg (WK S. 12), 1587 auf der Alten Burg (WK S. 12), 1634 Under der Alttenburgk (Lb. B. 14), 1634 Uff der Alltenburg (Lb. B. 42), 1634 bey der Altene Burgk (Lb. B. 1170), 1649 Alteburg (Landt Tafel), 1671 auff der altenburg (Lb. S. 25), 1749 auff der altenburg (Lb. UA. S. 22), 1777 Auf der alten Burg (Lb. ON B. Vv), 1800 Alte Burg (Wolf Hst. S.176ff), 1805 Die alte Burg (Grenzprot. Bl. 39), 1822 In alte Burg, Ueber der alten Burg, Unter der alten Burg (Flurb. Fl. 40), 1856 Die alte Burg (Waldmann S. 22), 1870 Die alte Burg (MTB 2668), 19. Jh. Alte Burg (WWK), 1903 Alte Burg, Altenborg,

29 Kluge 2002. S. 3. 30 Kramann 1965. In: EHh. 1965. S. 152. „Der Magistrat beschloß daher, eine neue Abdeckerei im

„vordersten Göllenbach“ zu errichten. So entstand 1864 die Abdeckerei an der Westhäuser Straße.“ 31 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 87. [Anm. 3] „Achtewart = ursprünglich der mit Eichen

bewachsene Boden, weiterhin aber der der Gemeinde gehörige Gesamtwald, die daraus als Privateigentum ausgeschiedenen Parzellen sowie die daran haftenden Rechte des Holzhiebes und der (Schweine-) Mast, endlich einfach das Nutzungsrecht an der gesamten gemeinsamen Mark. So könnte „Achtewart“ der heutige Stadtwald von Heiligenstadt sein.“

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Aldeborg, Aldenborg, castrum antiquum, mons dictus altenborg (WK S. 9), 1934 unter der alten Burg, die alte Burg (FlNS), o. J. Alte Burg (Stadtplan). Burg ist die Bezeichnung für eine Befestigung. Das Attribut Alt drückt entweder deren hohes Alter aus, oder dient zur Differenzierung. Eine Burg oder befestigte Anlage hat dem Namen nach hier gestanden. „Vorgeschichtliche Befestigungen werden heute oft Alteburg genannt.“32 Die Bezeichnung Alte Burg soll sich auf eine vorgeschichtliche Wallburg beziehen, die zwischen Heiligenstadt und Uder existiert haben soll und hier vermutet wird.33 Ein Jesuitenpater will im 18. Jh. noch Reste einer solchen gesehen haben. Dies ist jedoch nicht eindeutig bewiesen. Auf dem Gelände Alte Burg wurde 1723 eine kleine Sandsteinkapelle errichtet, die Friedenskapelle. Da diese Kapelle auf dem Gebiet des Flurstücks Alte Burg liegt, wird sie auch als „Alte-Burg-Kapelle“ bezeichnet. Volksetymologisch wird an dieser Stelle die Burg eines Frankenkönigs vermutet, deren Überrest die Kapelle darstellen soll. Alljährlich findet eine Bittprozession zu dieser Kapelle statt. Auf dem Gelände finden sich aber Steinbrüche, die vom Vorkommen des besten Sandsteines der Gegend zeugen. Wolf schreibt in seiner Chronik: „[...] überhaupt die Sandsteine von der alten Burg, sind die besten.“34 Auf dem zur Bundesstraße 80 gelegenen Teil des Flurstücks Über der alten Burg befindet sich ein Ausflugslokal mit dem Namen „Alte Burg“. Im heutigen Sprachgebrauch bezieht sich der Flurname Alte Burg auch auf dieses. Alte Chaussee An der alten Chaussee Flur 27. Östlich der Stadt. Heute Nordhäuser Straße. Die Chaussee ist die ‚befestigte Landstraße’35. Das Appellativ Chaussee ist aus dem Französischen entlehnt.36 Hier ist die alte Straße gemeint, die nach Nordhausen führte, die aber durch neuere Straßenführungen ersetzt wurde. Der Name Alte Chaussee kommt im Eichsfeld häufiger vor (z.B. an der Straße von Heiligenstadt nach Kalteneber, der Straße von Heiligenstadt nach Siemerode) und bezeichnet jeweils die ehemaligen, meist stark ansteigenden Straßenführungen, die aus Rücksicht auf Fuhrwerke und Autoverkehr durch einen neuen Straßenverlauf vermieden wurden. Alter Heiligenstädter Weg † Lage unbekannt. 1817 an dem alten Heiligenstädter Weeg (Grenzprot. Bl. 52). Eine indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg. Alt dient zur Differenzierung. Demnach ein alter (ehemaliger) Weg nach Heiligenstadt, der durch einen neuen ersetzt wurde, aber noch immer existierte. 32 Bach DNK II § 374. 33 Rassow 2002. S. 13.; WK 1995. S. 11.; Duval 1845. S. 486: „Wir behaupten, auf zum Theil sehr alte

Urkunden gestützt, die Existenz einer solchen [Burg].“ 34 Wolf 1800. S. 185. 35 Kluge 2002. S. 169. „Es handelt sich ursprünglich um eine Bezeichnung für Landstraßen in Frankreich, die

durch Beschotterung erhöht und befestigt waren.“ 36 Bach DNK II § 536.

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Alter Kopf Alte Kopf an ōlņ kòpə Flur 12. Südwestlich der Stadt. Erhebung im Heiligenstädter Stadtwald. Heute Buchenmischwald. 19. Jh. Alter Kopf (WWK), 1918 der Alte Kopf (UE 1918, S. 89), 1934 Alte Kopf (FlNS), o. J. Der Alte Kopf (FlNS Müller). Kopf steht metaphorisch für die Bodenerhebung, den Berg, die Anhöhe. Von mhd. kopf, koph ‚trinkgefäss, becher; schröpfkopf; hirnschale, kopf’,37 wobei entweder die Form eines umgestülpten Bechers gemeint sein kann, aber auch die Kopfform des Berges. Nach Bach weist die Bezeichnung Kopf auf einen jüngeren Bergnamen hin.38 Näher bestimmt durch alt, was zur Unterscheidung gedient haben kann39 oder sich auch auf die Flora des Geländes beziehen könnte. Alte Leine An der alten Leine Flur 1. Westlich der Stadt. Eine indirekte Lagebezeichnung, zum Gewässernamen Leine.40 Ein alter Abschnitt der Leine ist damit gemeint. Es existieren keine älteren Belege. Alter Teich † Östlich der Stadt. Zwischen der Bundesstraße 80 und der Leine. 1777 Beym alten Teiche (Lb. ON S. 65), 1777 über dem alten Teiche am Leineberge (Lb. ON S. 127). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Teich, der schon lange existierte. Das Attribut als Differenzierung zu Großer Teich, Neuer Teich etc.41 Alte Wiese † of dcr ōlņ wēzņ Westlich dicht bei der Stadt vor dem ehemaligen Bergtor gelegenes Wiesen- und Ackerland, heute bebaut. 1634 zwischen der Alttenn Wießenn Undt S. Liborii Kirchen im Thon grabenn genant (Lb. Bl. 3), 1671 nach der alten wiesen (Lb. Bl. 408), 1671 ahn der Triefft uff der alten wiesen (Lb. Bl. 649v), 1749 auff der Alten Wiesen (Lb. UA S. 25), 1777 Alte Wießen (Lb. ON Bl. V), 1777 Auf der alten Wiesen (Lb. UA S. 241), 1856 Die alte Wiese (Waldmann S. 34), 1934 Auf der alten Wiese (FlNS). Wiese ist das auch heute gebräuchliche Appellativ. Das Attribut drückt hier entweder die lange Nutzung als Wiese aus, möglich ist aber auch eine Differenzierung (alt – neu). Eine „Neue Wiese“ ist aber nicht als Flurname bekannt.

37 Lexer Bd. 1, Sp. 1676, 5. 38 Bach DNK II § 289. 39 Bach DNK II § 400. 40 siehe Leine. 41 siehe Teich.

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Kleine Alte Wiese † Lage nicht genau bestimmbar, vielleicht identisch mit Alte Wiese oder ein Teil davon. 1749 bey der kleinen alten Wiesen (Lb. UA S. 60). Das zusätzliche Attribut klein dient zur Differenzierung des Flurnamens zu Alte Wiese. Ammerbreite † Lage nicht genau bekannt. 1822 Auf der Ammerbreiten (Grenzprot. Bl. 27v). Das GW Breite, zu mhd. breite ‘breite, breiter theil; acker’,42 mdal. praidə ‘breite Fläche Ackerland’43 ist eine allgemeine Bezeichnung für ebenes Gelände. Das BW Ammer ist eine Vogelart, dessen Name auf die Getreidebezeichnung „Emmer, Dinkel“ zurückgeht.44 Als Vogelname ist die Goldammer bekannt. Hänse stellt das BW zu mhd. amerelle, f. ‘amarelle’, was die Sauerkirsche bezeichnet.45 Dies trifft hier nicht zu, da auf dem Acker sicherlich Getreide gebaut wurde. Demnach ist Ammerbreite also ein Acker, der von Ammern aufgesucht wird, auf dem Ammern zu finden sind. Ankerkopf Südöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden am Tal der Geislede gelegen. 19. Jh. Ankerkopf (WWK). Kopf ist die Bezeichnung für eine Erhebung.46 Das BW nimmt Bezug auf den Flurnamen Anker, der in der Gemarkung Geisleden liegt. An der Geislede liegt dort auch die Ankermühle. Anker könnte die Form des Geländes bezeichnen, geht aber wahrscheinlich auf mhd. anger stm. ‘grasland, ackerland’ zurück, wobei k für g als Schreibtradition gelten kann.47 Der Ankerkopf ist die Erhebung an oder über dem Anker oder dem Anger. Anrod Auf dem Anrode Flur 2. Nordwestlich der Stadt. 1777 aufm Anroda (Lb. S. 146), 1777 auf dem […] Anroda (Lb. UA S. 116), 1781 an den Schachtebicher Weg auf den Anrod (Grenzprot. Bl. 19v), o. J. Anrode / Hohenrode (FlNS Müller). Das GW weist auf eine Rodung hin.48 Das BW ist eine Präposition, zu ahd. an(a) ‘auf, in, an, nach, über, bei, zu, von, durch, hinsichtlich, für, gegen’49. Hier wird die Bedeutung ‘auf’ zutreffen. Diese Bedeutung scheint im Sprachgebrauch unklar geworden zu sein, weshalb zusätzlich die heute gebräuchliche Präposition Auf hinzugetreten ist. Leider fehlen Belege vor dem 18. Jh. ohne diese zusätzliche Präposition. Der Name ist nicht

42 Lexer Bd. 1, Sp. 347, 40. 43 Hentrich 1912. S. 79. 44 Kluge 2002. S. 38. 45 Lexer Bd. 1, Sp. 50, 47.; Hänse 1970. S. 16. Ammerbaum. 46 siehe Alter Kopf. 47 Lexer Bd. 1, Sp. 70, 50.; Müller 1958. Ortsnamen. S. 107. 48 siehe Hohes Rott. 49 Schützeichel 2006. S. 33.

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gleichbedeutend mit Hohes Rott, wie Müller vermutet, der Anrod mit Hohenrode gleichsetzt. Aspenhecke † ásbņhēgņ Südlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Kalteneber gelegen. Forstort. 1805 an der Aspenhecken (Grenzprot. Bl. 32v), 1805 Die Aspenhecken (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Die Aspenhecken (Waldmann S. 31), 19. Jh. Aspenhecke (WWK), 1934 Aspenhecken (FlNS), o. J. Espenhecken (FlNS Müller). Das GW Hecke gehört zu ahd. hecka ‘Umzäunung’, mhd. hecke stswf. ‚hecke; spec. die umzäunung zum jagen des wildes’, was md. auch „Busch-, Niederwald“ bedeutet.50 Das BW gehört zu mhd. aspe f. ‘espe’,51 wie der Baum ‘Espe’ auch in der Mundart genannt wird. Die Hebung a > ä > e ist nicht eingetreten. Aspe oder Espe bezeichnet die Zitter-Pappel, bot. Populus tremula. Der Name kann aber auch verwechselt werden mit dem der Esche, bot. Fraxinus excelsior.52 Beide Baumarten kommen im UG vor. Eine Hecke aus Espen, d. h. entweder aus Pappeln oder aus Eschen. Aspenhecken ist eine alte Dativform. Aue In der Aue ən dcr āoə Flur 28, 38. Östlich der Stadt in der Geisledeniederung. Früher Wiesen, Äcker und Gärten, heute besiedelt. 1433 unten in der Aue nach der Leyne hin (Huyskens S. 614), 1634 Inn der Awe (Lb. B. 36v), 1634 Inn der Awe zwischen der Geißleden (Lb. B. 74), 1671 beim geisled Thor in der awe (Lb. B. 483), 1749 in der awen (Lb. UA S. 63), 1777 In der Aue (Lb. ON B. V), 1777 Garten in der Aue (Lb. ON S. 31), 1777 In der Aue an der kleinen Geislede (Lb. ON S. 291), 1777 in der Aue im Hopfenfleck (Lb. OA S. 352), 1822 Die Aue, In der Aue (Flurb. Fl. 29), 1845 der Aurasen (HS 12), 1856 Die Aue (Waldmann S. 20), 1934 die Aue, in der Aue (FlNS), o. J. in der Aue (Rep. Hst. S. 134), o. J. Aue (FlNS Müller). Aue bedeutet ‘Flußlandschaft, Flußinsel’, zu ahd. ouwa,53 mhd. ouwe ‘von wasser umflossenes Land, insel od. halbinsel’.54 „Die Au (s. § 297) meint von Hause ‘Land am Wasser’.“55 „Die Aue. Mhd. ouwe, ahd. ouwa bedeutet Wasser, Land im und am Wasser, daher Insel, Halbinsel, bewässertes und deshalb fruchtbares Land. Von der Auwe hieß auch eine hier ansässige Familie, welche im 16. Jahrh. zwei Burgemeister lieferte.“56 Wolf nennt für 1528 einen Stadtschultheißen Caspar von der Aue.57

50 Lexer Bd. 1, Sp. 1201, 28.; Bach DNK II § 362. 51 Lexer Bd. 1, Sp. 101, 39. 52 Marzell Bd. 3, Sp. 979. „Die Art ist bei uns überall an lichten Waldstellen, in Gebüschen, an Ufern, in

Mooren (besonders auf sandigem Boden) häufig.“ 53 Schützeichel 2006. S. 264. 54 Lexer Bd. 2, Sp. 192, 35. 55 Bach DNK II § 307. 56 Waldmann 1856. S. 20. 57 Wolf 1800. S. 216.

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Aue-Lehen † 1671 in der auwe Lehn (Lb. Bl. 347). Lehen, zu mhd. lêhen stn. ‘geliehenes gut, lehn’,58 ist das „vom Feudalherren gegen die Verpflichtung zu Treue und Kriegsdienst verliehenes (erbliches) Nutzungsrecht an Land, das verliehene Land“.59 Ein Lehen, das in der Aue lag. Bahnerstieg Am Bahnerstiege bōnršdīk Flur 38. Südlich der Stadt. Unterhalb des Ibergs gelegen. Stadtgebiet. Heute SN. 1671 beim bohnerstiege (Lb. Bl. III), 1671 am bahnerstiege (Lb. S. 16), 1671 am bahner stiege (Lb. Bl. 418 v), 1671 über dem Pahnerstiege (Lb. Bl. 722 v), 1749 am Bahnerstiege (Lb. UA S. 10), 1749 am Iberge beym bahnerstiege (Lb. OA Bl. VII v), 1777 Über dem Bahner Stiege (Lb. ON Bl. VI v), 1800 am Iberge vom Bahnerstieg an (Wolf Hst. S. 210), 1822 Am Bahnerstiege (Flurb. Fl. 35), 1856 Bahner Stieg (Waldmann S. 23), 1934 Am Bahnerstieg (FlNS), o. J. Bahnerstieg (FlNS Müller). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg. „Waldmann denkt an den schwedischen Heerführer Baner aus dem Dreißigjährigen Krieg. […] Walter Prochaska machte mich darauf aufmerksam, daß der Name Bahnerstieg zu Albanus gehört. In Göttingen gibt es die Baner kerke (St. Albanikirche). Steig, Stieg ist ein (schmaler) Pfad, der bergan führt.“60 Bahner kann aber auch zurückgehen auf Bahn, mdal. bon ‘tiefe Schlucht, wo man gehen, aber nicht fahren kann’,61 mhd. ban, ban(e) stfm. ‘freier, zum gehen, jahren geebneter raum, bahn, weg’.62 Da der Weg zum Iberg hinaufführt, könnte es sich auch um eine „Bahn“ für den Holztransport gehandelt haben. Beberberg Am Beberberge am bēwrbārjə Flur 7. Nördlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Siemerode und Mengelrode. 1822 Am Beber Berge, Am Beberberge (Flurb. Fl. 6), 1879 Beber-B. (MTB 2594), 1934 Beberberg, am Beberberg (FlNS), o. J. Beberberg (Stadtplan). Das BW Beber leitet sich ab vom Namen des Baches, der von Norden kommend westlich Heiligenstadts in die Leine mündet. „Im BW liegt der Tiername Biber vor. Daran tritt –aha `Wasser`, das besonders in Hessen oder Thüringen als –a erscheint. Das –e- wird auf niederdeutschen Einfluß zurückzuführen sein.“63 Beber ist also abgeleitet vom Tiernamen Biber, zoologisch castor. Das Tier war früher weit verbreitet. Von dem vorbeifließenden Gewässer Beber hat die Erhebung ihren Namen. 58 Lexer Bd. 1, Sp. 1859, 53. 59 Pfeifer 1993. S. 781. 60 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 160.; Waldmann 1856. S. 23. „Bahners oder Bahnerts

Stieg? Königsmark, Wrangel und andere schwedische Heerführer waren im dreißigjährigen Kriege in der Stadt, Wolf, H. S. 71 ff, für Baner mussten 141 Thrl. 7 Ggr. 8 Pf. Kriegssteuer bezahlt werden, auch hausten seine Schaaren hier nach dem damaligen Gebrauche; daher möchte ich vermuthen, daß jener Stieg sein Andenken bewahrt.“

61 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1985. S. 74. 62 Lexer Bd. 1, Sp. 119, 3. 63 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 272.

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Beberwarte † of dcr bēwrwōrtņ 1561 die Beberwarte (HC II S. 216), 1671 bey der beberwarthe (Lb. S. 278), 1671 bey der beberwarth (Lb. Bl. 606v), 1676 ahn der Beber bober der Warth (Grenzprot. Bl. 1v), 1749 von der Böberwarthe (Grenzprot. Bl. 6), 1749 bey der Böberwarthe (Lb. UA S. 23), 1777 An der Böberwarthe (Lb. UA S. 51), 1805 Beber-warte (Grenzprot. Bl. 39v), 1856 die Beberwarte (HC II S. 336), 1986 Beberwarte (Müller FN S. 29). Der Name geht auf einen ehemaligen Wartturm zurück. Bei der Warte handelt es sich um die Fegebankswarte. „Die Beberwarte stand auf dem Beberüber, einer kleinen Anhöhe nördl. Heiligenstadt […].64 Die Erhebung, auf der die Warte steht, heißt Beberberg. Also eine Klammerform zu ‘Beberbergswarte’. Beberwarte wird aber auch die Rengelröder Warte genannt. Diese liegt aber nicht in der Gemarkung Heiligenstadt. Beerengrund † bērngrònt Lage nicht bekannt. 1634 im Berngrunde (Lb. Bl. 27). Das GW grund, mdal. -krunt bedeutet ‘Wiesental’.65 Wenn das BW mit Beeren gleichzusetzen ist, dann ist das Appellativ für eine Fruchtform gemeint. Es könnte sich dabei um Himbeeren oder Heidelbeeren handeln. Es ist also eine Geländevertiefung, eine Mulde, in der Beeren wachsen. Betmanns Hölzchen † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich bei der Alten Burg gelegen. 1817 in dem Bedtmanns Hölzchen unter der Altenburg (Grenzprot. Bl. 45), 1842 unter der Altenburg über Bodmanns Hölzchen (Grenzprot. Bl. 167). Hölzchen bezeichnet einen kleinen Wald. Diminutivform zu Holz, „ursprünglich die allgemeinste Bezeichnung für einen ungepflegten Baumbestand.“66 Betmann ist ein PN, wahrscheinlich der Besitzer. Bettelmanns Hecke † Lage nicht bekannt, wahrscheinlich an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen gelegen. 1749 an der Bettelmans Hecke (Lb. UA S. 81), 1777 An der Bettelmanns Hecken (Lb. ON S. 15). Das GW weist auf ein Gebüsch oder eine Umzäunung hin.67 Die Bettelmannshecke ist eine „Spottbezeichnung für wenig ergiebigen Boden.“68 Bettelmann ist ein „Acker mit schlechtem Boden“, also ein Spottname.69 Bettelmann ist möglicherweise auch eine Personenbezeichnung.70 Hier wurde vielleicht ein Bettelmann (tot) aufgefunden oder hier hielt sich ein solcher oft auf. 64 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 272. 65 Hentrich 1912. S. 78. 66 Bach DNK II § 362. 67 siehe Aspenhecke. 68 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 273. 69 Hänse 1970. S. 23. 70 Bach DNK II § 332.

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Biegen † of dcr bīgņ Östlich der Stadt. An der Leine, unterhalb vom Heidelberg gelegen. 1856 Kirchenland auf der Biegen (Rezess I. Bl. 567), 1903 in der Biegen (WK S. 647). Zu ahd. biugo ‘Bogen’,71 mhd. biuge stf. ‘krümme, biegung’,72 was hier die Krümung eines Wasserlaufs meint.73 Land in einer Flusswindung, hier „an einer Krümmung der Leine“.74 Eventuell elliptische Form zu Biegengarten.75 Birnbaum † Östlich der Stadt am Westhäuser Weg. 1671 am Westhaäuser Weege bei dem Bierbaum (Lb. Bl. 390v), o. J. Bei dem Birnbaum, Bei dem Bierbaum (FlNS Müller). Das BW der Fruchtbaum Birne, zu mhd. bir, bire stswf. ‘birne’, bot. Pyrus communis.76 Der Beleg von 1671 zeigt alten Lautstand. Indirekte Lagebezeichnung zu einem Birnbaum als Geländemerkmal. Bödichen Im Bödichen bödəX

ən Flur 2, 3. Nordwestlich der Stadt. Oberhalb vom Steingraben am Richteberg gelegen. Ackerland. 1634 Inn dem Boddenn (Lb. Bl. 31v), 1671 Uffm Hohenrode in dem Boddn (Lb. Bl. 407v), 1671 im Bode (Lb. Bl. 410), 1671 Uffm Hohenrode in dem Bödde (Lb. Bl. 625v), 1749 auff dem hohen roth im Boden (Lb. UA S. 11), 1749 auff dem Boden (Lb. OA S. 543), 1777 Im Boden (Lb. ON S. 71), 1822 Im Bödechen (Flurb. Fl. 3), 1856 Im Bödechen (Waldmann S. 14), 1934 im Bödechen (FlNS), o. J. Im Bödchen (FlNS Müller). Zu ahd. bodem, podem ‘Boden, Grund’, mhd. bodem, boden stm. ‘boden, grund’,77 also eine Bezeichnung für ebenes Gelände. Die Diminutivform erst seit dem 19. Jh. „Im Bödechen, im Nom. also das Bödechen. Das Wort Boden und dessen Deminutiv [sic!] Bödechen (o und ö kurz) bezeichnen viele eichsfeldische Felddistrikte, flache Vertiefungen.“78 Brandkopf Der Brandkopf bròndkop Flur 14. Südlich der Stadt. Oberhalb des Ortes Lutter im Stadtwald gelegen. Forstort.

71 Schützeichel 2006. S. 50. 72 Lexer Bd. 1, Sp. 288, 45. 73 Bach DNK II § 302. 74 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 273. 75 Bach DNK II § 262. 76 Lexer Bd. 1, Sp. 280, 49.; Marzell Bd. 3, Sp. 1201. 77 Schützeichel 2006. S. 55.; Lexer Bd. 1, Sp. 321, 21. 78 Waldmann 1856. S. 14.

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1805 auf dem Brandkopfe (Grenzprot. Bl. 29), 1805 unter dem Brandkopfe (Genzprot. Bl. 37), 1856 Der Brandkopf (Waldmann S. 28), 1870 Der Brandkopf (MTB 2668), 19. Jh. Brandkopf (WWK), 1934 Brandkopf (FlNS), o. J. Brandkopf (FlNS Müller). Das GW ist eine Bezeichnung für eine Erhebung.79 Das BW Brand gehört zu mhd. brant stm. ‘stelle wo im walde gebrannt und gereutet worden ist’.80 Der Name weist entweder auf eine Rodung durch Feuer hin, oder auf die Stätte eines Waldbrandes.81 Letzteres ist hier wahrscheinlicher, da auf dem bergigen und steinigen Gelände kein Ackerbau möglich war. „Das BW bezieht sich in solchen Namen meistens auf einen Waldbrand oder Holzköhlerei. Die Auffassung, daß Brand- auf Rodung durch Abbrennen hinweise, ist überholt, da Brandrodung für unser Gebiet nicht in Frage kommt.“82 Am Brandkopf wurde vielleicht Holzkohle „gebrannt“. Braunskopf brūnskop Südöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden am oberen Pferdebachtal. 1856 Brauns Kopf (Waldmann S. 28), 19. Jh. Braunskopf (WWK), 1934 Braunskopf (FlNS). Braun ist vielleicht ein Besitzername. „Im BW liegt der PN Braun vor.“83 Aber auch an die Farbe des Geländes ist zu denken, zu mhd. brûn adj. ‘braun; dunkelfarbig’.84 Kopf bezeichnet einen Berg.85 Eine Erhebung, die einem Besitzer mit dem Namen Braun gehörte oder die dunkel erschien. Brünings Wiese † brünswēzņ Lage unbekannt. 1671 bey Brühnens wiesen (Lb. Bl. 517), 1671 ahn Brüningß wießen (Lb. Bl. 449), o. J. Braunswiese (FlNS Müller). „Die Brünswiese bei Hst. geht aber auf einen Besitzer Brüning zurück.“86 Im BW liegt ein Besitzername Brüning vor. Der Familienname kommt im Eichsfeld häufig vor. Eine Bezeichnung der Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Brüning gehörte. Breiter Acker † Lage unbekannt. 1749 kurtzer und breither acker (Lb. UN S. 329). Eine Bezeichnung nach der Form. Der Beleg weist wahrscheinlich auf zwei Äcker hin. Dieser ist ein breiter Acker.

79 siehe Alter Kopf. 80 Lexer Bd. 1, Sp. 340, 53. 81 Bach DNK II § 370. 82 Hänse 1970. S. 29. 83 Müller 1986. Flurnamen. S. 32. 84 Lexer Bd. 1, Sp. 365, 27. 85 siehe Alter Kopf. 86 Müller 1986. Flurnamen. S. 32.

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Breites Rott ‘s brāedə ròt Südlich der Stadt. Beim Forsthaus, westlich der Straße nach Kalteneber gelegen. 1800 Waldung am so genannten Breiten-Rotte (Wolf Hst. S. 123), 1856 Auf dem breiten Rott (Waldmann S. 32), 19. Jh. Breiterodt (WWK), 1934 Breiterodt (FlNS). Rott weist zweifellos auf eine Rodung hin.87 Mdal. praidə bedeutet ‘breite Fläche Ackerland’.88 Mit Breite könnte ein breitflächiges Ackerland gemeint sein, das durch die Rodung entstanden sein könnte. Breite Wiese Die breite Wiese, Über der breiten Wiese of dcr brāedn wēzņ Flur 6. Nördlich der Stadt. Westlich der Straße nach Göttingen. Wiesen und Ackerland. 1749 bey der Breithenwiesen (Lb. UA S. 14), 1777 Bey der breiten Wießen (Lb. ON S. 29), 1777 bey der Breiten wiesen (Lb. S. 222), 1777 auf der Breiten wiesen an der Rathsländerey (Lb. OA S. 258), 1856 Die breite Wiese (Waldmann S. 16), 1903 Breite Wiese (WK S. 154), 1934 Breite Wiese (FlNS). o. J. Die Breite Wiese (FlNS Müller). Eine Bezeichnung nach der Ausdehnung. Eine Wiese, die breit ist. Das Attribut könnte aber auch zu Breite, mdal. praidə ‘breite Fläche Ackerland’ gehören.89 Breites Wiesenfeld † braedəwēzņfalt Nördlich der Stadt. Westlich der Straße nach Göttingen. Wiesen und Ackerland. 1777 im Breitenwiesischen Felde (Lb. ON S. 73), 1822 das Breitewiesenfeld (Flurb. Fl. 6), 1903 Breite Wiesenfeld (WK S. 154). Das Feld, das an der Breiten Wiese liegt. Breites Wiesental Im breiten Wiesentale Flur 5. Nördlich der Stadt. Westlich der Straße nach Göttingen. Ackerland. Das Tal, das an der Breiten Wiese liegt. Brennofen † Westlich dicht bei der Stadt, vor dem ehemaligen Bergtor. 1671 Vorm bergethor ahn dem Brennoffenn (Lb. Bl. 425), 1777 Vom brenn Ofen neben dem Hospital (Lb. UA S. 373). Eine Bezeichnung nach einer gewerblichen Anlage, einem Ofen, in dem wahrscheinlich Kalk gebrannt wurde. Nach den Quellen muss es mindestens zwei Brennöfen gegeben haben, einen beim Bergtor und einen beim Hospital am Holzbrückentor. 87 siehe Hohes Rott. 88 Hentrich 1912. S. 79. 89 Hentrich 1912. S. 79.

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Brückenweg dcr brègņwak Östlich der Stadt. Bei Mühlgraben bzw. Rinne gelegen. Heute SN. 1634 beym Brückenwege (Lb. Bl. 54), 1671 auff dem Brückenweege (Lb. Bl. 168), 1749 am Brückenweege (Lb. OA S. 249), 1777 Am Brücken-Weeg (Lb. ON S. 181), 1934 Brückenweg, Auf dem Brückenwege (FlNS). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg, der über Brücken führt. „Brücke kann wohl auch ‘Damm durch sumpfiges Gelände’ bedeuten.“90 Der Weg an der oder den Brücken über die Geislede bzw. den davon abzweigenden Mühlgraben ist damit bezeichnet. Hier führen zwei Brücken über Geislede und Mühlgraben. Buchborn † bùxborn, am bùxbornə Südöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden beim Zankholz gelegen. 1805 Buchborn (Grenzprot. Bl. 26v), 19. Jh. Am Buchborn (WWK), 1934 am Buchenborn (FlNS). Das GW born weist auf eine Quelle hin. Das BW Buch ist Kollektivbezeichnung für einen Bestand von Buchen, zu mhd. buoch stn. ‘buchwald, waldung überhaupt’.91 Buchborn ist eine Bezeichnung nach einer Quelle am Buchenwald. Buchenbusch Am Buchenbusch buxņbuš Flur 25. Östlich der Stadt. Bei Fluckens Hölzchen gelegen (amtlicher Name). Aber auch unterhalb vom Iberg am Bahnerstieg gelegen. Mehrere Flurstücke wurden so bezeichnet. 1671 im Buchenbusche (Lb. Bl. 125), 1671 beim Buchenbusch (Lb. Bl. 665), 1676 uffm Buchenbusch (Grenzprot. Bl. 4), 1749 im Buchenbusch (Lb. UA S. 70), 1777 Im Buchen Busch über Fluckens Hölzgen (Lb. ON S. 517), 1777 Buchen-Busch jenseits der Landwehre Vor dem Iberg über dem Bahnerstiege (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Der Buchenbusch, Der Büchenbusch (Flurb. Fl. 25), 1856 Der Buchenbusch (Waldmann S. 19), 1934 Büchenbusch (FlNS), o. J. Buchenbusch (FlNS Müller). Das GW busch, zu mhd. busch, bosch stm. ‘busch, gesträuch’.92 Im BW Kollektivbezeichnung für einen Bestand von Buchen. Ein Busch am Buchenwald oder ein Busch aus Buchen. Buchengarten † Westlich dicht bei der Stadt. Wahrscheinlich lag dieser Garten außerhalb der Stadtmauern. 1749 ein Buchengarthen bey der Herren Mühlen (Lb. UA S. 210). Ein Garten, der an Buchen bzw. einem Buchenwäldchen lag. 90 Bach DNK II § 393. 91 Lexer Bd. 1, Sp. 386, 14.; Bach DNK II § 362. 92 Lexer Bd. 1, Sp. 399, 35.

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Buchholz † Lage unbekannt. 1805 Buchholz, unter dem Buchholze (Grenzprot. Bl. 26v), 1856 Das Buchholz (Waldmann S. 28), 1934 das Buchholz (FlNS), o. J. Buchholz, Buchenholz (FlNS Müller). Das GW gehört zu mhd. holz stn. ‘wald, gehölze’,93 ist also eine Bezeichnung für Wald. Ähnlich wie Buchenbusch ist das Buchenholz ein Wäldchen aus Buchen. Burghardts Hof † Lage unbekannt. 1671 uff Burghardts Hoff (Lb. Bl. 343v). GW ist das Appellativ Hof. Das Attribut ein Besitzername Burghardt. Eine indirekte Lagebezeichnung, von einem Hof, der einem Besitzer mit dem Namen Burghardt gehörte. Dachstal Im Dachstal əm dòsdōlə Flur 30. Östlich der Stadt zwischen Dün und Hitzekopf. Wiese. 1634 im Daßthal (Lb. Bl. 28), 1671 Tosthall (Lb. Bl. I), 1749 im Tastahl (Lb. UA S. 211), 1777 Tast Thal (Lb. ON Bl. V), 1805 Blöße auf dem Düne südlich vom Dasthale (Grenzprot. Bl. 40v), 1822 Das Tasthal (Flurb. Fl. 31), 1856 Das Tasthal (Waldmann S. 20), 19. Jh. Dassthal (SBK), 19. Jh. Dachstal (WWK), 1919 am Hang des Dün beim Daßtale, genennt Dachsthal (UE 1919, S. 9), 1934 im Dachstal (FlNS), o. J. Dachstal (Stadtplan). „Das Tasthal, jetzt auch oft das Dachsthal genannt. Im Lagerb. von 1671 Tosthall, wenn das scheinbare o kein a ist, von 1749 Tastahl, einmal Taxthal. An Dächse ist also zunächst nicht zu denken. […] Von einem Dago oder Dag wird also aus das Das- oder Tasthal seinen Namen haben…“94 Aber eine Bezeichnung nach einem Besitzer ist hier eher unwahrscheinlich. Im BW liegt vielleicht das Appellativ Dachs vor, zu mhd. dahs stm. ‘dachs’.95 Die ältesten Belege sprechen aber nicht dafür. Vielleicht zu Das, Dast mit der Bedeutung ‘Moos’.96 Dann wäre das Dachstal, ein Tal, in dem es viel Moos gibt. Dänersberg Dönnersberg dāencrdsbark, däncrdsbärk, əm daenərsbārjə Flur 12. Südlich der Stadt. Erhebung (456,2 m) im Heiligenstädter Stadtforst. Forstort. Buchenmischwald. 1554 der Dehnersberg (Einwort Bl. 6v.; Wolf Hst. Urk. S.73), 1649 Dennersberg (Landt Tafel), 1777 An Dehners Berg (Lb. ON S. 251), 1777 am Dhaners Berge (Lb. ON S. 383), 1777 Unterm Thäners Berge (Lb. UA S. 55), 1749 unter dem Dhänersberge (Lb. UA S. 24), 1749 am Döhnersberg (Lb. UA S. 138), 1800 Deunersberge (Wolf Hst. S. 182), 1805 der Dänersberg bis Holzwiesen (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Der Denersberg, Denertsberg,

93 Lexer Bd. 1, Sp. 1329, 19. 94 Waldmann 1856. S. 20. 95 Lexer Bd. 1, Sp. 407, 28. 96 Buck 1931. S. 43.

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Dänersberg (Waldmann S. 31), 1870 Der Dänersberg (MTB 2668), 19. Jh. Daenersberg (WWK), 1903 zwischen dem „Dannesberge“ und dem „Duniterthal“ (WK S. 906), 1934 Dänersberg, der Denersberg (FlNS), o. J. Deinhartsberg, Dänersberg (FlNS Müller), o. J. Dänersberg (Stadtplan). „Der Denersberg, Denertsberg, Dänersberg. Wolf, H. schreibt immer z. B. S. 182 Deunersberg, unstreitig wegen der plattd. Aussprache Danersberg mit hellem, thüringischem a für ä. Im Einwort, Wolf, H. Urk. S. 73 steht Dehnersberg, S. 75. Deinhardsberg. – Degenhart wird zu Denhardt, Deinhardt, Dehnert, […] so entsteht aus Degenhartsberg Denersberg.“97 „Ein Besitzername Degenhardt > Deinhart > Deinert > Denert […]“98 GW ist die Bezeichnung für eine Erhebung. Im BW ist ein Besitzername Degenhardt, Deinhart oder Deinert.99 Däner leitet sich ab von Degenhart, was später zu Deinhart, Deinert, Denert, Dener verkürzt wurde. Die Lautung Dönner ist durch Rundung aus Dener entstanden. Die heute gebräuchliche Form Däner ist durch Senkung aus Dener entstanden. Der Personenname Degenhar(d)t ist auch im Eichsfeld häufig.100 Das Flurstück gehörte demnach einem Besitzer mit dem Namen Degenhar(d)t oder einer Familie gleichen Namens. An den Belegen lässt sich die Verschleifung des Namens nachvollziehen. Eine weitere Variante kommt noch durch den amtlichen Namen hinzu. Deierbach † Südwestlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald im Deiergrund gelegen. 1817 im Deierbache (Grenzprot. Bl. 470). Wahrscheinlich Klammerform zu Deiergrundbach.101 Ein Bach, der im Deiergrund fließt. Deiergrund dāecrgront Südwestlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen dem Alten Kopf und dem Brandkopf an der Gemarkungsgrenze zu Lutter gelegen. 1573 vom Dreien Grunde (WK S. 708), 1671 im Teigergrunde (Lb. Bl. 259), 1777 im Theyer grunde (Lb. Bl. 144), 1805 von der Lutter nach dem Dreiergrunde zu unter dem Brandkopfe (Grenzprot. Bl. 37), 1805 bis Deiergrund (Grenzprot. Bl. 40), 1805 nach dem Deiergrunde (Grenzprot. Bl. 37; Bl. 40), 1805 vom Deiergrunde bis Osterberg (Grenzprot. Bl. 40), 1822 Im Deyergrunde (Flurb. Fl. 40), 1856 Deiersgrund oder Deiergrund (Waldmann S. 32), 1870 Der Deiergrund (MTB 2668), 19. Jh. Am Deyergrund (WWK), 1903 aus dem „Dreien Grunde“ (WK S. 708), 1903 „des Dreien-Grundes“, „Dreiengrund“ (WK S. 1002), 1934 Am Deyergrund, am Deiersgrund, Dreiergrund (FlNS), o. J. Deiergrund, Dreiergrund, Dreiengrund (FlNS Müller). Das GW bezeichnet eine Geländevertiefung.102 „Vielleicht mdal. driə `trocken`: əm drīən grunə, das zu ‘im dreien Grunde’ verhochdeutscht wurde (vgl. den ältesten Beleg).“103 „Die Mda. machte daraus ‘Dreiergrund’. Wenn wir von dem ‘Dreiengrunde’ ausgehen, 97 Waldmann 1856. S. 31. 98 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1975. S. 362; Müller 1986. Flurnamen. S. 33. 99 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1976. S.362. 100 Müller 1988. Personennamen. S.12. 101 siehe Deiergrund. 102 siehe Grund. 103 Müller 1986. Flurnamen. S. 33.

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wäre es das Tal, das an den drei Ortschaften (Heiligenstadt, Uder, Lutter) vorbeiführt. […] Aber im BW von ‘Deiergrund’ kann auch ein Personenname (Schrumpfname) vorliegen. Waldmann (S. 32) denkt an ‘Dreiher’, in dem er „Dreher, Drechsler“ vermutet.“104 Vielleicht gehört das BW zu mhd. dræjen swv. ‘drehen, drechseln’.105 Deiergrund oder Dreiergrund ist also entweder eine Bezeichnung von mdal. tri ‘trocken’.106 Es wäre dann der ‘trockene Grund’, das ‘trockene Tal’ darunter zu verstehen. Oder es ist das Tal eines Besitzers mit dem Namen Dreier. Diegmanns Wiese † Lage unbekannt. Wahrscheinlich nördlich der Stadt. 1822 Bei Diegmanns Wiesen, Bei Teichmannswiese (Flurb. Fl. 8), 1934 Diegmanns Wiese (FlNS). Das Attribut ist ein Besitzername. Es ist die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Diegmann gehörte. Der Beleg Teichmann ist eine Verschreibung. Dörnsen † Südlich der Stadt. Im oberen Pferdebachtal an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden am Taubenrain gelegen. Forstort. 1805 auf der Dörnsen (Grenzprot. Bl. 25; Bl. 28v), 1856 Die Dörnsen oder Dörnzen (Waldmann S. 28f.), 1934 die Dörnsen (FlNS), o. J. Auf der Dörnze (FlNS Müller). „Die Dörnsen oder Dörnzen d. h. die Dörnze, Singular, da der hiesige Dialekt die schwachen Feminina schon im Nom. auf –en bildet. Die Hornisse heißt hier Hernze, daher scheint Dörnze soviel als Dorn-niß, Ort mit vielen Dornen, gebildet wie Wildniß […] Aber Dörnsse, Dönsse, wie es auch gesprochen wird, bedeutet in Hamburg auch ein Zimmer, das man heizen kann.“107 Das Wort Dönse, zu mhd. dürniz, dürnitze, dornse stswf. ‘zu einem besondern gebrauch bestimmtes gemach, meist eine geheizte badestube, auch ein speise-, gastzimmer; hofstube, stube’108 in der Bedeutung „geheizte Stube, Schrankbett“109 scheidet wohl für den Flurnamen aus. In Dörnsen steckt vermutlich das Wort dörren, ‘trocknen’.110 Leider fehlen ältere Belege für Heiligenstadt. Der Flurname existiert aber auch in den Nachbardörfern Geisleden und Heuthen. Dort deuten die Belege auf Dorn – nis ‘Dornen(strauch)-reicher Ort’ hin.111 Zu mhd. dorn stm. ‘dornstrauch, dorngebüsch’.112 Hänse nennt ein Dörnich, zu ahd. *dornahi > dornech ‘Dorngebüsch’ als Kollektivum zu ‘dorn’.113 Dreiangel † Lage nicht genau bekannt. An der Leine gelegen.

104 EHh 1976. S. 362. 105 Lexer Bd. 1, Sp. 457, 34. 106 Hentrich 1912. S. 81. 107 Waldmann 1856. S. 29. 108 Lexer Bd. 1, Sp. 496, 44. 109 Kluge 2002. S. 210. 110 Müller 1986. Flurnamen. S. 34. 111 Müller 1986. Flurnamen. S. 34. 112 Lexer Bd. 1, Sp. 451, 53. 113 Hänse 1970. S. 36.

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1749 acker die 3 angel genannt (Lb. OA S. 436), 1777 an der Leine die Dreyangel genant (Lb. UN S. 139), o. J. Die Dreiangel (FlNS Müller). Dreiangel ist zweifellos eine Bezeichnung nach der Form, ein dreieckiges Geländestück. „Nach der Form: Umdeutschung aus Triangel, wofür Dreieck erst seit dem 16. / 17. Jh. und in der Volkssprache offenbar nicht so rasch heimisch […]; keilförmiges Feld, überhaupt dreieckiges, keilförmiges Geländestück.“114 Bei Hänse auch ein „Formname, bezeichnet dreieckige Geländestücke. Lat. triangulum, als Triangel übernommen, wurde schließlich zu Dreiangel umgedeutscht.“115 Dreifaltigkeitsbild † bi dreifòldiXkaedsbildə Westlich der Stadt. Am Rengelröder Weg gelegen. 1777 bey der heilen Dreyfaltigkeit (Lb. ON S. 51), o. J. Dreifaltigkeitsbild (FlNS Müller). Der Name kommt von einem Bildnis der Heiligsten Dreifaltigkeit (Gott Vater, Sohn und Hl. Geist). Die Bezeichnung nach einem Heiligenbild oder Bildstock ist im Eichsfeld nicht ungewöhnlich (Peter und Paul, Stationsweg). Die Mundart verschleift heiligste oder heilige zu heil(j)e, wodurch die Verschreibung heile- zu erklären ist. Drei Linden Südlich der Stadt. Am Iberg oberhalb vom Bahnerstieg gelegen. Forstort. 1845 nach den drei Linden; von den drei Linden (Duval S. 480, 481), o. J. Drei-Linden-Kapelle (Stadtplan). Aus dem Zahlwort drei und dem heute gebräuchlichen Appellativ Linde für die Baumgattung, bot. Tilia spec.116 gebildet. Mit drei wird wohl die genaue Anzahl wiedergegeben sein. Der Name bezeichnet eine charakteristische Baumgruppe aus drei Linden, die als Geländemerkmal und Orientierungspunkt diente. Der Iberg, der nach dem Dreißigjährigen Krieg und dem Holzbedarf nach dem Stadtbrand von 1739 keinen Baumbestand mehr aufwies, wurde erst durch Johann Weinrich zu Beginn des 19. Jh. aus eigenen Mitteln wieder aufgeforstet. Zuvor muss eine Baumgruppe, wie die Drei Linden, ein deutlicher Orientierungspunkt gewesen sein. Duval nutzt die Bezeichnung für die Beschreibung der Ibergsanlagen. Er erwähnt auch Heiligenbilder an der Stelle der Drei Linden.117 Hänse nennt einen Forstort Dreilinden bei Ettersburg.118 Der Name ist heute in der Bezeichnung Drei-Linden-Kapelle erhalten. Auf dem Gelände befindet sich eine kleine Kapelle.119 Dreispitze † Lage unbekannt. 114 Müller 1986. Flurnamen. S. 35. 115 Hänse 1970. S. 36. 116 Marzell Bd. 4, Sp. 718. 117 Duval 1845. S.480. „[...], welcher den steilen Berg nach den drei Linden führt, [...] Auf diesem Wege

gelangt man ganz bequem bis zum Saume des Berges, auf welchem die drei Linden stehen und wo der fromme Sinn der Bewohner des Eichsfeldes einige Heiligenbilder aufgestellt hat.“

118 Hänse 1970. S. 37. 119 Die Kapelle wurde Ende der 1940er Jahre von der Heiligenstädter Jugendgruppe „Sturmius“ errichtet.

(Auskunft von Herrn Franz Huschenbett.) Das Gebäude stellt lediglich einen Witterungsschutz eines Gnadenbildes mit kleinem Podest für Kerzen und Blumen dar.

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1777 die drey Spitze (Lb. UA S. 467), 1856 Die Dreispitze (Waldmann S. 34), 1934 die Dreispitze (FlNS). Eine Bezeichnung nach der Form. Zu mhd. drî-spiz stm. ‘ein stück land, das ein dreieck bildet’.120 Durch Anlehnung an Spitze zu einem Femininum geworden.121 Die Bezeichnung ist allgemein: „Dreieckige Örtlichkeiten heißen Gehren, Dreiort, Dreispitz.“122 Dreizehn Linden † Östlich der Stadt. Auf dem Dün beim Pfannkuchen gelegen. Forstort. 19. Jh. Dreizehn Linden (WWK). Attribut ist das unflektierte Zahlwort dreizehn. Eine Bezeichnung nach einem Baumbestand von dreizehn Linden. Duderstädter Weg † dcr dudcršdedcr wāk Nördlich der Stadt. An der Straße nach Günterode. 1634 am Duderstäder wege (Lb. Bl. 31v), 1671 am Duderstätter weege beim Saubers Creütz genannt (Lb. Bl. 456v), 1749 am Duderstätter weege an dem gemeinen weege (Lb. UA S. 14), 1777 am Duderstädter weege (Lb. UN S. 43). Im BW der Siedlungsname Duderstadt. Die Stadt liegt nördlich von Heiligenstadt im niedersächsischen Teil des Eichsfeldes. Indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der zu dieser Stadt führt. Dün Der Dün, Am Dün ovm dèin Flur 13, 26, 29, 30. Östlich der Stadt. Erhebung (433 m). Berg- und Gebirgsname. Forst. 1358 Dyen (UE 1938, S. 274), 1526 aufm Dien (WK S. 278), 1554 ufm Dihne (Einwort Bl. 5v; Wolf Hst. Urk. S. 72), 1572 ufm Dien (WK S. 700), 1617 uf dem Dine (Wolf Hst. Urk. S. 75), 1634 vor dem Diehne (Lb. Bl. 46), 1649 Der Dien (Landt Tafel), 1671 am Dihna (Lb. Bl. 6), 1671 Vorm Diena (Lb. Bl. 647v), 1671 Vorm Dihna (Lb. Bl. 669), 1676 Oben ahm Dün (Grenzprot. Bl. 3v), 1676 uff dem Tiehn (Grenzprot. Bl. 3v), 1676 Oben am Diena (Grenzbeg. Bl. 1), 1676 der Dhine (Grenzbeg. Bl. 3), 1676 oben an dem Diena (HR Bl. 271v), 1676 Uber den Dhien (HR Bl. 271v), 1676 auf dem Diena (HR Bl. 298v), 1749 vor dem Diehne (Lb. UA S. 134), 1749 Vorm Thüne (Lb. OA S. 304), 1777 am Dhüne (Lb. UN S. 388), 1800 Dün (Wolf Hst. S. 206), 1805 auf dem Düne (Grenzprot. Bl. 26v; Bl. 40v), 1816 Iberg und Dün (Wolf KG S. 25), 1822 Am Düne (Flurb. Fl. 30), 1822 Der Dün (Flurb. Fl. 31), 1845 das Düngebirge (Duval. S. 473), 1856 Der Dün (Waldmann S. 26), 1870 Der Dün (MTB 2668), 19. Jh. Dün (WWK), 1934 Am Dün, Vorm Düne (FlNS), o. J. Dün (FlNS Müller), o. J. Dün (Stadtplan). Dün bezeichnet einen Berg: „Der Dün. Dûn, duna ist Berg, Graff 5, 148, engl. Down, Grimm, Gesch. S. 662.“123 Möglicherweise auf wg. *dūnō(n) „Hügel“ zurückzuführen.124 Dann bedeutet das Wort lediglich ‘Berg’ oder ‘Erhebung’. 120 Lexer Bd. 1, Sp. 465, 44. 121 Hänse 1970. S. 37. 122 Bach DNK II § 291.

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„Wohl zu mdal. nd. dohnen, donen ‘gespannt, ausgedehnt, aufgeschwollen sein’, ahd. donjan, mhd. donen ‘strotzen’, nd. dunen (Bremer WB 1, 271) ‘aufschwellen’. […] Hierzu noch ndrh. Dönen, westf. Dünen ‘strotzen, in Menge vorhanden sein’.“125 Eventuell auch zu kelt. dunum „burg“, wie Wolf annimmt,126 was Müller allerdings bezweifelt: „Ebensowenig gesichert ist die keltische Herleitung des Gebirgszuges Der Dün nö. Heiligenstadt, die u. a. Wolf (Hst. 206) vertrat. Da die auf deutschem Boden überlieferten keltischen –dunum-Namen, an die dabei angeknüpft wurde, stets so und nicht mit Umlaut […] überliefert sind, möchten wir eine keltische Deutung stark in Frage stellen.“127 Eine Bezeichnung für den Dün nach dem Femininum Düne scheidet aufgrund des anderen Geschlechts aus. Das Wort gehört also wahrscheinlich zu mhd. donen swv. ‘intr. sich ausdehnen, ziehen, strecken, aufschwellen, strotzen’.128 Der Berg ist Teil eines Gebirgszüges mit dem Namen Dün, der sich weit nach Osten ertreckt. Die Bezeichnung wird ihre Wurzeln nicht in der Gemarkung Heiligenstadt haben, der Name des Gebirgszuges wurde für die Flurnamen übernommen. Dünbach Am Dünbache əm dīnboxə Flur 4. Westlich der Stadt. Der Dünbach, ein Flutgraben, kommt von Siemerode und mündet westlich Heiligenstadts in die Leine. 1634 Inn dem Tienenbache (Lb. Bl. 17), 1634 Uff dem Tienenbache (Lb. Bl. 25), 1634 im dienenbach (Lb. Bl. 28), 1671 Im Diehnenbach (Lb. Bl. II), 1671 Im Diehnenbache (Lb. Bl. 109), 1671 nach dem Dihnenbach (Lb. Bl. 436v), 1676 ahm Dhienbach (HR Bl. 121v), 1749 im Dhienenbach (Lb. UA S. 82), 1749 bis an den kleinen Dhienbach (Grenzprot. Bl. 6), 1777 Im Dhünenbach unten am Rengelröder Feld-Gewende dies- und jenseits des Schleif-Weeges (Lb ON Bl. VI), 1822 Im Dünenbache (Flurb. Fl. 4), 1845 der Dünbach (HS 12), 1856 Der Dünenbach (Waldmann S. 13), 1934 im Dünenbache, im Dünenbach(e) (FlNS), o. J. Im Dünbach (FlNS Müller). „Da die Gegend, welche der Bach einmal durchflossen hat, - denn jetzt ist fast nichts mehr davon zu sehen – sehr sandig ist, so glaube ich, daß Dünenbach ein aus Dünen kommender Bach ist. Das Wort Düne würde dann vereinzelt haften geblieben sein wie viele andere.“129 Diese Erklärung ist wohl nicht zutreffend. „Der Dünbach führt nur bei Tauwetter und starkem Regen Wasser.“130 Das Anschwellen des Baches bei starkem Regen könnte für eine ähnliche Herkunft des Wortes wie für Dün sprechen, also zu nd. dohnen, donen ‘gespannt, ausgedehnt, aufgeschwollen sein’. Dünbachsrasen † Westlich der Stadt.

123 Waldmann 1856. S. 26. 124 Kluge 2002. S. 221. 125 Müller 1986: Flurnamen. S. 36. 126 Wolf 1800. S. 206: „Denn Dün ist ein Celtisches Wort und bedeutet einen Berg […]“. 127 Müller 1958: Ortsnamen. S. 125. Anm. 5. 128 Lexer Bd. 1, Sp. 447, 17. 129 Waldmann 1856. S. 13. 130 Müller 1986: Flurnamen. S. 36.

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1822 am Dünenbachsrasen (Flurb. Bl. 341). Im GW Rasen, eine Bezeichnung für ebenes Gelände, das als Weide benutzt wird. Das BW ist Dünbach. Es ist also die Wiese am Dünbach damit gemeint. Dün-Landwehr † Östlich der Stadt. Zwischen Dün und der Bundesstraße 80. 1634 bey der Dihnischen Landwehr (Lb. Bl. 28), 1634 bey der Diens Landt Wehr (Lb. Bl. 88v), 1671 die Dihnische Landtwehr (Lb. S. 14), 1671 bey der Dieneschen Landtwehr (Lb. S. 221), 1749 bey der Dhinnischen Landtwehr (Lb. UA S. 65),1777 An der Dhünischen Land-Wehr (Lb. ON S. 293), 1777 an der Dhünischen Landwerra (Lb. ON S. 443), 1986 die Dün-Landwehr (Müller FN S. 67). Landwehr steht für das „Befestigungswerk im Gelände“131 aus künstlichen Gräben und Hecken. Beides war am Dün vorhanden, ist aber heute nicht mehr nachweisbar. Im BW der Name der Erhebung, an der die Landwehr lag.132 Dünwarte † of dcr dīnwoatņ Östlich der Stadt. Am Abhang des Dün gegen Westhausen gelegen. 1845 zu der Dünwarte (Duval S. 476), 1903 Warte auf dem Dün (WK S. 961), 1986 Die Dünwarte (Müller FN S. 35), Indirekte Lagebezeicnung zu einem ehemaligen Wartturm von Heiligenstadt. Diese Warte lag auf dem Dün und überwachte das Leinetal östlich der Stadt. Der Turm ist heute gänzlich verschwunden.133 Düster Tal Im düstern Tal dinsdcrtōl Flur 33. Südlich der Stadt unterhalb des Dänersberges. 1554 Düster Thal (Einwort Bl. 8v., Wolf Hst. Urk. S. 75), 1634 Im Dinsterthall (Lb. Bl. 94v), 1671 in dem Diensterthall (Lb. Bl. 558), 1749 im Diensterthal (Lb. OA S. 381), 1777 im düsteren Thal (Lb. OA S. 168), 1777 Im dünster Thale (Lb. UN S. 614), 1805 Dünsterthal und Weintraube (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Das Dinsterthal (Waldmann S. 31), 1870 Das Duniterthal (MTB 2668), 19. Jh. Düster Tal (WWK), 1903 zwischen dem „Dannesberge“ und dem „Duniterthal“ (WK S. 906), 1934 Düsterthal (FlNS), o. J. Düstertal (FlNS Müller), o. J. Düstertal (Stadtplan). Eine Bezeichnung nach der Beleuchtung des Ortes. „In jener Form hat sich das mhd. dinster, ahd. Dinstar, düster, Müller S. 361 erhalten. – Düstergrund ist eine ganz ähnliche Benennung.“134 Die mhd. Form dinster adj. ‘finster, düster’135 taucht noch in einigen Belegen auf. Es ist somit das ‘düstere Tal’.

131 Kluge 2002. S. 556. 132 siehe Landwehr. 133 siehe Warte. 134 Waldmann 1856. S. 31. 135 Lexer Bd. 1, Sp. 439, 19.

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Dulch † Lage unbekannt. 1671 im Dulch (Lb S. 127), 1986 Im Dulch (Müller FN S. 35). Der Name gehört wahrscheinlich zu frühnhd. dollich, dolken u.ä.136 Dulch oder Dolch ist ein „Vergleichsname: langes, schmales Stück.“137 Ähnlich wie andere Formen von Waffen zur Bezeichnung der Geländeform herangezogen. „Vom Slawischen ‘dolek’ (kleine Vertiefung) dolk, dulk, dulch her könnte dann Angleichung an ‘Dolch’erfolgt sein.138 Ebergönne † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich östlich dicht bei der Stadt bei der Kapsmühle. 1634 Uff der Ebergönna (Lb. Bl. 54v), 1749 auff der Eberginne (Lb. OA S. 433), 1777 die Eber Gönne (Lb. ON S. 265), 1986 Auf der Ebergönne (Müller FN S. 36). Das BW könnte das Tier Eber sein. Das GW „vielleicht zu nd. ginge, genge (gangbar). […] Die Ebergönne wäre dann ein Wildpfad für Eber, Wildschweine. Aber das bleibt Vermutung.“139 Ein Wildpfad in direkter Nähe zur Stadt ist fraglich. Lautlich wäre Assimilation -ng- zu –nn- eingetreten. Der Beleg von 1749 zeigt außerdem Entrundung ö zu e und Hebung zu i. Egelsburg di īglsburX Südöstlich der Stadt. Zwischen der Gemarkungsgrenze zu Geisleden und dem Pferdebachtal, zwischen Sählengraben und Mollengrund gelegen. 1671 der Egelsburg (Lb. Bl. 594), 1800 Die Egelsburg (Wolf Hst. S. 179), 1805 auf der Egelsburg im Winkel (Grenzprot. Bl. 28v), 1845 Egelsburg (Duval S. 478), 1856 Die Egelsburg (Waldmann S. 28), 19. Jh. Egelsburg (WWK), 1934 Egelsburg (FlNS). Das BW Egel, zu mhd. ëgel(e) swf. ‘blutegel’.140 Wolf vermutet, dass Egel auf Egge zurückgeht, was ‘scharf’ oder ‘spitz’ bedeutet, und erwähnt auch eine Egelsburg bei Göttingen.141 In der Mundart wird immer Igelsburg gesprochen, weshalb auch das Tier Igel als Bezeichnung in Frage kommt. „Die Egelsburg, verhochdeutscht in Igelsburg, obgleich man nicht einsieht, warum gerade ein Igel der Herr dieser Burg sein soll.“142 Das BW „Vielleicht zum PN Agilo, Egilo […]. Die Mda.form weist auf das Tier „Igel“ als Namengeber hin.“143 Die Egelsburg also vielleicht ein Ort, wo es viele Igel gibt, was durchaus vorstellbar ist, da das Gelände optimales Habitat für Igel ist. Das GW Burg verleitet dazu, an eine befestigte Anlage zu denken, was jedoch unzutreffend ist und „lediglich romantische Erfindung“144 ist. Quellen, die das Vorhandensein einer Wehranlage am Pferdebachtal bestätigen könnten, fehlen. Wolf und Duval folgen der Auffassung, dass hier eine Burg gestanden habe und wollen sogar 136 Kluge 2002. S. 208. 137 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1976. S. 363. 138 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1976. S. 365. 139 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1977. S. 369.; Grimm Bd. 7, Sp. 7517, 66.: Ginge adj. mda.

‘gangbar’. 140 Lexer Bd. 1, Sp. 511, 37. 141 Wolf 1800. S. 179. 142 Waldmann 1856. S. 28. 143 Müller 1958: Ortsnamen. S. 25. 144 Müller 1958: Ortsnamen. S. 25.

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Erdaufwürfe und Gräben dort gesehen haben.145 Tatsächlich finden sich auf dem Gelände nur einige alte Steinbrüche, aber auch eine durch Auswaschung des anstehenden Muschelkalks entstandene Höhle. „Und um eine solche, keineswegs durch Menschenhand, durch Burgenbauer in alter Zeit, sondern auf ganz natürliche Weise entstandene Erdspalte handelt es sich auch bei der Egelsburg.“146 Einer Sage nach soll die Egelsburg alle sieben Jahre sichtbar werden und eine Jungfrau, die dort umgeht und auf Erlösung wartet, führt den, der sie erlöst, zu unermesslichen Schätzen. Eichbach Am Eichbach, Im Eichbache, Über dem Eichbache āeXbox Flur 21, 22, 23, 24. Nördlich der Stadt. Vom Richteberg ausgehend, zwischen Liethen und dem Jungfernrain gelegen. 1554 im Eichbache (Einwort Bl. 5; Wolf Hst. Urk. S. 75), 1634 Uffm Eichbach, Im Eichbach (Lb. Bl.14), 1671 Am Eichbache (Lb. S. 243), 1749 jenseiths des Eichbachs (Lb. UA S. 9), 1777 im Eichbach (Lb. UN S. 362), 1822 auf den Eichbach (Flurb. Bl. 478), 1856 Der Eichbach (Waldmann S. 18), 1903 jenseits „des Eichelbaches“ (WK S. 14), 1903 südlich des „Eichbaches“ (WK S. 577), 1934 der Eichbach (FlNS). o. J. Im Eichbach (FlNS Müller), o. J. Eichbach (Stadtplan). Das BW zum Appellativ Eiche. Der Eich bedeutet „Eichwald“, also eine Ansamlung von Eichen. „Einige Reste der Eichen, mit denen diese Gegend bewaldet war, sind noch vorhanden.“147 Der Eichbach ist der Bach, der am Eichenwald fließt. Die Flurnamen sind nach diesem Gewässer benannt. Großer Eichbach dcr grōsə āeXbox Nördlich der Stadt. Am gleichnamigen Gewässer gelegen. 1634 Im großen Eichpach (Lb. Bl. 15), 1777 Im großen und kleinen Eichbach (Lb. ON Bl. VI), 1845 der große Eichbach, der kleine Eichbach, der obere Eichbach (HS 12), o. J. Der große Eichbach, Der kleine Eichbach (FlNS Müller). Das Attribut Groß dient zur Diffenrenzierung. Kleiner Eichbach Im kleinen Eichbach dcr klāenə āeXbox Flur 4, 5. Nördlich der Stadt. Am gleichnamigen Gewässer gelegen. 1634 Im kleinen Eichpach (Lb. Bl. 15), 1671 uff dem kleine Eichbache (Lb. Bl. 439), 1777 Am kleinen Eichbache (UN S. 370), 1777 Im großen und kleinen Eichbach (Lb. ON Bl. VI), 1822 im kleinen Eichbache (Flurb. Fl. 5), 1845 der große Eichbach, der kleine 145 Wolf 1800. S. 179: „Die Ueberreste davon fallen nach dem Zeugnisse derjenigen, welche den höchsten

Gipfel des Berges erstiegen und dessen ganzen Umfang genau betrachtet haben, so klar in die Augen, daß an einer hier verwüsteten Burg nicht zu zweifeln ist.“; Duval 1845. S. 478: „Westlich am Fuße des Berges sind unverkennbare Spuren von Erdaufwürfen und Gräben zu bemerken und in frühere Zeiten waren noch viele Ruinen sichtbar.“

146 EHB 1956. S. 27. 147 Waldmann 1856. S. 18.

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Eichbach, der obere Eichbach (HS 12), 1934 im kleinen Eichbache (FlNS), o. J. Der große Eichbach, Der kleine Eichbach (FlNS Müller). Das Attribut Klein dient zur Diffenrenzierung. Oberer Eichbach Im oberen Eichbach Nördlich der Stadt. Am gleichnamigen Gewässer gelegen. 1845 der obere Eichbach (HS 12). Das Attribut dient zur Diffenrenzierung. Wahrscheinlich sind Flurstücke am Oberlauf des Eichbachs damit bezeichnet. Eichbachsrasen † Nördlich der Stadt. Am gleichnamigen Gewässer gelegen. Lage nicht genau bekannt. 1671 am Eichbachsraasen (Lb. Bl. 343v). Ein Rasen, der am Eichbach gelegen ist. Die dort liegenden Wiesen wurden so bezeichnet. Elisabethsbrunnen līzabedņ gwelņ, līsbet bòrn, līzawedņ bòrn Westlich der Stadt. Waldstück unterhalb der Elisabethhöhe mit einer gefassten Quelle. Buchenmischwald. Forstort. 1777 am Elisabethhols Brunn (Lb. S. 243), 1856 der Elisabethenbrunnen (Waldmann S. 11), 1986 Elisabeth-Born (Müller FN S. 37). Im Grundwort liegt die ältere Bezeichnung Brunnen, zu ahd. brun(n)o, prun(n)o, purnno ‚Brunnen, Quelle, Wasser, Ursprung’148 bzw. die neuere Bezeichnung Quelle, von mhd. quëllen vor.149 Zum Bestimmungswort Elisabeth siehe Elisabethhöhe. Die Bezeichnung mit dem Namen Elisabeth scheint erst in jüngerer Zeit auf die Quelle übertragen worden zu sein, wohl in Zusammenhang mit ihrer Lage an der Elisabethhöhe. Name zur Ehrung einer Elisabeth (vielleicht der hl. Elisabeth von Thüringen?). Elisabethhöhe of dcr līsbethē Westlich der Stadt. Erhebung (430,5 m) des Heiligenstädter Stadtwaldes mit steilem Abfall nach Westen und Norden. Heute überwiegend Buchenmischwald. Forstort. 1671 Vorm Ilsabeth Hohl (Lb Bl. 232), 1671 Uffm Ilsebeth Hohl (Lb. Bl. 462v), 1749 am Elisabethol (Lb. UA S. 33), 1749 am Elisabethol an der Landtwehr (Lb. OA S. 491), 1777 Ein Berg am Elisabeth Hohle (Lb. ON S. 19), 1777 aufm Elisabethhol (Lb. ON S. 170), 1777 Ein berg am Elisabethenhohl (Lb. OA S. 304), 1777 unter dem Elisabeth Hohl (LB. UN S. 135), 1777 ein Berg am Elisabeth Hohl unter dem Brunnen (Lb. UN S. 500), 1800 Elisabethen-Höhle (Wolf Hst. S. 116), 1805 Elisabethöhe (Grenzprot. Bl. 36v; Bl. 40), 1822 Die Elisabethenhöhe, Unter der Elisabethenhöhe (Flurb. Fl. 40), 1845 Elisabethenhöhe (Duval S. 483), 1856 Elisabethhol (Waldmann S. 33f.), 1870

148 Schützeichel 2006. S. 62. 149 Bach DNK II. § 300.; Lexer Bd. 2, Sp. 321, 9.

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Elisabethhöhe (MTB 2668), 19. Jh. Elisabethhöhe (WWK), 1903 Elisabethhöhe (WK S. 9, S. 705), 1934 Elisabethhöhe, † Elisabethhol (FlNS), o. J. Elisabethhöhe (Stadtplan). Die heutige Bezeichnung Höhe im Grundwort lässt zunächst an eine Bodenerhebung denken. Die ältesten Belege zeigen aber, dass es sich ursprünglich um Höhle, ein Hohl handelt. Erst 1805 taucht erstmals die Bezeichnung Elisabethhöhe auf. Zugrunde liegt mhd. hol stn. ‚höle, loch, vertiefung’.150 Hohlwege wurden in älterer Zeit als die Ho(h)le, Holung und Hüle bezeichnet.151 Die Bezeichnung könnte vom muldenförmigen und hohlen Weg herrühren, der zur Erhebung hinaufführt.152 Auf dem Gelände befand sich in vorfränkischer Zeit eine Wallburg. Die Wälle sind heute noch schwach zu erkennen. Die durch diese Wälle entstandene Vertiefung könnte ebenfalls eine Motivation für die Bezeichnung gewesen sein. Im Bestimmungswort liegt wahrscheinlich ein Besitzername vor. Eine Benennung nach fürstlichen Persönlichkeiten153 scheidet aus, da es Belege aus der Zeit vor dieser „Mode“ gibt und die Landesfürsten Erzbischöfe waren. Ein Heiligenname ist aber möglich. Die nahegelegene Elisabethkapelle spricht dafür. Entenpfuhl † Lage unbekannt. 1634 An Endten Pfuehl (Lb. Bl. 93), 1749 bey dem Ändtenpfohl (Lb. OA S. 547). Im BW das Tier Ente. Das GW ist Pfuhl mit der Bedeutung ‘Sumpf, Morast’.154 Ein Sumpf oder stehendes Gewässer, auf dem Enten zu finden sind, also ein Ententeich. Die Bezeichnung ist vielleicht identisch mit Ententeich. Entenschläge In den Entenschlägen entņšlägļ Flur 5. Nordwestlich der Stadt. Ackerland. 1556 Endtenschläge (Wolf Hst. Urk. S. 66), 1634 Uff den Endtenschlägen (Lb. Bl. 96), 1749 im Endten Schlägel (Lb. UA S. 50), 1777 Im Enten Schlägel (Lb. ON S. 65), 1777 im Endten Schlegel (Lb. OA S. 45), 1822 Im Entenspiegel, Im Entenschlägel, In den Entenschlägen (Flurb. Fl. 12), 1856 Der Entenschlägel (Waldmann S. 17), 1934 in den Entenschlägen, der Entenschlägel, in dem Entenschlägel (FlNS), o. J. Entenschläge (FlNS Müller). Entenschläge sind Orte, „wo die Enten einfallen. Die Mda. hat ‘Entenschlägel’ daraus gemacht, was keinen Sinn ergibt. Vgl. Waldmann (17), der auf ‘Taubenschlag’ hinweist.“155 Ähnlich wie Taubenschlag also ein Ort, wo sich Enten sammeln und

150 Lexer Bd. 1, Sp. 1324, 53. 151 Schnetz 1952. S. 33. 152 EHh 1976. S. 372f.; Duval 1845. S. 483: „Elisabethhöhe, welche Benennung von der am südöstlichsten

Theile des Berges stehenden Capelle herrühren mag. Das Volk spricht gewöhnlich: ‚die Elisabethenhöhle’ oder noch häufiger: ‚das Elisabehenhohl’, vielleicht deshalb, weil der zum Gipfel des Berges führende Weg etwas muldenförmig und hohlig ist.“

153 Bach DNK II. § 533. 154 Kluge 2002. S. 698. 155 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1977. S. 374.; Waldmann 1856. S. 17: „Der Entenschlägel.

Scheint aus Entenschlag, vergl. Taubenschlag, entstanden zu sein, wie im Lagerb. von 1671 und in der Brauverordnung von 1556 steht, Wolf, H. Urk. S. 66: Uff der Leine, Geislede, Eichbache und Teichen soll Niemand die Entenschläge verwüsten oder die Enten abschrecken bei 1 Mark.“

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aufhalten. In der Brauverordnung von 1556 ist zu lesen: „Uff der Leine, Geislede, Eichbache und Teichen soll Niemand die Entenschläge verwüsten oder die Enten abschrecken bei 1 Mark.“156 Demnach muss es Entenschläge auf verschiedenen Gewässern gegeben haben. Ententeich † Lage unbekannt. 1634 beym Endten Teiche (Lb. Bl. 118v). GW ist Teich, das gebräuchliche Appellativ für ein kleines, stehendes Gewässer. Im BW der Tiername Ente, also ein Teich, bei dem sich Enten aufhalten. Die Bezeichnung ist vielleicht identisch mit Entenpfuhl. Erbetal érwətōl Östlich der Stadt unterhalb des Dün. 1634 Im Erbethall (Lb. Bl. 54v), 1671 in dem Erbenthall (Lb. Bl. 54a), 1671 im Erbethal (Lb. Bl. 396), 1671 im Erb thall (Lb. Bl. 397), 1749 im Erbethal (Lb. UA S. 19), 1777 Erbe-Thal (Lb. ON Bl. V), 1777 im Erbbethal (Lb. UN S. 404), 1822 Das Erbethal (Flurb. Fl. 30), 1856 Das Erbethal (Waldmann S. 20), 1934 im Erbetale (FlNS). Gemeint ist das Erbe, die „Hinterlassenschaft“157, zu ahd. erbi ‘das Erbe, Besitz’158. Bach ordnet es Besitzverhältnissen zu und gibt als eine mögliche Erklärung an: „im Ndsächs. bedeutet Erbe schlechtweg „Bauernstelle“.159 „Im ‘Erbetal’gibt es heute noch viel ‘Erben’, z. B. von Familie Meier, die hier ihre Häuser und Grundstücke haben.“160 Kleines Erbetal † Östlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 ahn Einem Hopffenfleklein im kleinen Erbethal (Lb. Bl. 506). Das Attribut Klein dient wohl der Differenzierung. Eselau In der Eselau ən dcr ēzelao Flur 26. Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün, oberhalb der Bundesstraße 80 gelegen. 1634 Inn der Esel Auwe (Lb. Bl. 88v), 1671 In der Esellaue (Lb. Bl. IIv), 1671 in der Eselaw (Lb. Bl. 248), 1777 In der Esel Aue (Lb. ON Bl. VI), 1777 in der Eselaue (Lb. OA S. 184), 1934 Eselau, in der Eselau (FlNS). Man könnte beim BW Esel zunächst an das Tier denken. Der Name ist aber anders motiviert: „Als Esel wird weithin eine besondere Art der Wegknickung bezeichnet, wie sie sich vor allem in den Landwehren findet. Sie dient zur Sicherung der Durchgänge […].“161

156 Wolf 1800. Urk. S. 66. 157 Kluge 2002. S. 252. 158 Schützeichel 2006. S. 93. 159 Bach DNK II § 394. 160 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1977. S. 375. 161 Bach DNK II § 378.

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Der Tiername Esel wurde erst in jüngerer Zeit zur Bildung von FlN herangezogen.162 Die Eselau ist die feuchte Niederung am Esel, also am Durchgang durch die Landwehr. Für die natürliche Bewässerung sorgte der Eselsbrunnen. Eselsbrunnen Östlich der Stadt am Dün. 1817 Eselsbrunnen (Grenzprot. Bl. 59), o. J. Eselsborn (Stadtplan). Indirekte Lagebezeicnung zu einer Quelle in der Eselau.163 Eselsstieg Am Eselstiege ēzļšdīk Flur 27. Östlich der Stadt am Dün. 1634 Under dem Eßelstiege (Lb. Bl. 54), 1634 Am Eßels Stiege (Lb. Bl. 105), 1671 bünder dem Eselstiege (Lb. S. 31), 1749 unter dem Eselstiege (Lb. UA S. 66), 1777 Am Esels-Stiege (Lb. ON S. 87), 1845 Der Eselsstieg (Duval S. 475), 1934 Am Eselstieg (FlNS), o. J. Eselstieg (FlNS Müller), o. J. Eselsstieg (Stadtplan). Eine Bezeichnung von dem Weg, der durch die Landwehr führte und deshalb eine Wegknickung hatte, den Esel. Exerzierplatz † Östlich der Stadt am Dün. 19. Jh. Exerzierplatz (WWK), 1934 Exerzierplatz (FlNS). Von exerzieren, zu lat. exercere, „nicht ruhen lassen, Bewegung verschaffen“.164 Im Kaiserreich entstandener Platz, der zum Exerzieren benutzt wurde. Faules Rott Im faulen Rott ‘s fūlə ròt Flur 33. Südöstlich der Stadt. Waldtal im Heiligenstädter Stadtwald oberhalb vom Pferdebachtal, südlich von den Neun Brunnen. Leicht sumpfiges Gelände. Forstort. 1554 fulenrodt (Einwort Bl. 8v), 1554 Fulenroda (Wolf Hst. Urk. S. 75), 1671 fühlenroda (Lb S. 54a), 1671 im pferdtbache im faulen rod genant (Lb. S. 322), 1777 Im fuhlen Rott (Lb. ON S. 243), 1856 Das faule Rott (Waldmann S. 24), 19. Jh. Faulerott (WWK), 1934 Faulerott, Im faulen Rode (FlNS), o. J. Das Faule Rod (FlNS Müller), o. J. Faules Rott (Stadtplan). Rott weist auf eine Rodung hin.165 Heute ist das Gelände jedoch wieder von Wald bedeckt. Das Attribut faul, zu ahd. fūl ‘faul, verwest, voll Fäulnis’,166 mhd. vûl, voul adj. ‘morsch, faul, verfault, durch Fäulnis verdorben, stinkend’.167 Das Faule Rott ist “Sumpfiges

162 Bach DNK II § 326. 163 FlNS Müller. [Über die Quelle heißt es:] „Sie gibt reichlich Wasser (Wehr 1958).“ 164 Kluge 2002. S. 265. 165 siehe Hohes Rott. 166 Schützeichel 2006. S. 122. 167 Lexer Bd. 3, Sp. 559, 30.

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Rodegelände; ful ‘verwesend, schmutzig’ (Bach 2,1 § 203a); ‘faul’im Sinne von ‘modrig’[…].“168 Eine Bezeichnung nach einer Rodung im sumpfigen Gelände. Fegebankswarte Unter der Fegebankswarte féjəbaŋswōatə Flur 7. Nordwestlich der Stadt, am Beberberg. Auch Beberwarte genannt. 1479 Vegebangkeswarthe (WK S. 962), 1495 Feigebanckswarte (WK S. 962), 1599 Fegebanks-Warte (WK S. 962), 1621 bei der Fegebanks-Warte, an der Fegebankswarte (WK S. 962f), 1622 Freyghebanks-Warte (WK S. 663), 1649 Fegebank Wardt (Landt Tafel), 1671 Fegenbankßwarth (Lb. Bl. II), 1671 dieseits der Feegebankhs warthe (Lb. Bl. 435), 1676 von der Fegebankswarthe (Grenzprot. Bl. 2v), 1749 bey der Fegebanckswarthe (Lb. UA S. 175), 1777 Fegebanks-Warte (Lb. ON Bl. VI), 1777 nach der Fechebachswarthe (Lb. S. 224), 1800 die Fegebankswarte (Wolf Hst. S. 175), 1817 die Fechenbachswarte (Grenzprot. Bl. 51v), 1845 die Fegebankswarte (Duval S. 476), 1934 Fegebankwarte (FlNS), o. J. Fegebankswarte (FlNS Müller). Der Flurname ist nach der gleichnamigen Warte benannt worden.169 Der Name Fegebank ist aber nicht eindeutig zu klären. Vielleicht abgeleitet von fegen, zu ahd. fegōn, mhd. vegen swv. ‘fegen, reinigen putzen, scheuern’.170 „Waldmann weist auf ‘Ruckstuhl’ (einen, der auf den Bänken unruhig hin und herrutscht, diese ‘fegt’). Mhd. vege stf. ‘Ausfegung, Reinigung’; vgl. vege-stat. -fiur ‘Fegefeuer’, zu mhd. vegen (fegen, reinigen, putzen, scheuern). Fegebank, Vegebank, Vegesack und 5 ON Vegetasche gehören in ihrem BW wohl zu mnd. voghe, vöghe = klein (kleine Bank).“171 Eine kleine Bank würde demnach als Bezeichnung in Frage kommen. „Ihren Namen hat sie von den mit Gittern eingefaßten Bänken, auf welchen beim Landgericht der Richter und die Schöppen, und beim Landtage wahrscheinlich die Stände saßen: denn Fege, Vecken und Feke bedeutet soviel als Gitter, Einfassungen y).“172 Der Wartturm wurde 1822 abgebrochen, das Material zum Straßenbau verwendet.173 Er „hat dadurch ein weiter gehendes Interesse, dass bei ihm seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Landtage des Eichsfeldes unter freiem Himmel abgehalten wurden.“174 Auf dem Gelände ist heute noch der Hügel vorhanden, auf dem die Warte stand. Ein Gedenkstein erinnert heute an die einstige Bedeutung.175 Feldschlösschen ‘s faldšlösXən Westlich dicht bei der Stadt. Heute Straßenkreuzung der Bundesstraße 80 mit dem Holzweg und der Straße Kasseler Tor. Dort stand ehemals eine Gastwirtschaft.

168 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 269. 169 siehe Warte. 170 Lexer Bd. 3, Sp. 41, 5. 171 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 270. 172 Wolf 1800. S. 175. [y) Frisch I.Th. S. 236 und 254.] 173 Müller, J. 1939. UE 34, 1939, S.1. 174 WK 1903. S. 961. 175 Inschrift des Gedenksteins: „Fegebankswarte. Landtage des Eichsf. 1475 – 1822. Am 24. 9. 1928. F. R.

Anno 1994.“ [F. R. = Franz Rindermann]

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1948 „Feldschlößchen“ (Adressbuch), o. J. am Feldschlößchen (Rep. Hst. S. 127), o. J. das Feldschlößchen (FlNS Müller). Feldschlösschen ist eine „Bezeichnung für außerhalb des Ortes ‘in den Feldern’ gelegene Gebäude. Der Spott spielt dabei auch seine Rolle. Im Eichsfeld gibt es mehrere „Feldschlösschen“. Das in Geisleden steht schlossartig auf dem Ölberg.“176 Felgentor féljəndōr Östlich dich bei der Stadt an der Stadtmauer neben der Scheuche. o.J. am Felgentor (Rep. Hst. S. 127). Volksetymologisch wird der Name so gedeutet: “vielleicht kommt es von dem ehemaligen radförmigen Verschluß in der Stadtmauer”.177 Es handelt sich aber um einen landwirtschaftlichen Begriff, der „dreimal gepflügtes Brachland“ bedeutet.178 Die Felge demnach mit der Bedeutung „Brachland nach dem Umpflügen“ zu ahd. felga „umgepflügtes Feld“.179 „In der Mda. bedeutet ‘di falgn’ einmal umgepflügtes Stoppelfeld (geschältes Stoppelfeld).“180 Im Thüringischen bedeutet Felge f. ‚im Herbst umgepflügtes Ackerland (Stoppelfeld)’.181 Das ehemals in der Stadtmauer vorhandene Tor, ein Nebentor, wurde nach dem davor gepflügten, aber brach liegenden Acker bezeichnet. Feuerteich † Lage unbekannt. 1749 bey dem Feyer Teiche (Lb. UA S. 86), 1777 beym Feüer-Teiche (Lb. ON S. 67), 1777 beym Feüerteich (Lb. OA S. 378), 1800 der Feuerteich (Wolf Hst. S. 187), 1856 Der Feuerteich (Waldmann S. 25), 1934 Feuerteich (FlNS). Eine Bezeichnung nach der Nutzung. „Unser Feuerteich hat den Namen davon, daß bei Feuersnoth aus demselben das Wasser in die Stadt gelassen wurde, Wolf, H. S. 187. Ein Bach, der ebenso benutzt wird oder einen solchen Teich speist, ist also ein Feuerbach. […]“182 Finstertal † fensdcrtōl Südlich der Stadt. Ein Waldtal, südlich vom Neunbrunnen gelegen. Forstort. 1671 im finster Thall (Lb. S. 215), 1777 im fünster Thale (Lb. ON S. 519). Das Attribut finster drückt die Lage ‘im Schatten’ aus. Der geringen Sonneneinstrahlung oder des dichten Baumbestandes wegen finsteres, d. h. im Schatten liegendes Tal. Fliegenloch † Lage unbekannt. Wahrscheinlich identisch mit der Honiggrube, wie der Beleg zeigt.

176 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 271. 177 Müller, J. EH. S. 102. 178 Bach DNK II § 369. 179 Kluge 2002. S. 285. 180 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 271. 181 TWB Bd. 2, Sp. 220. 182 Waldmann 1856. S. 25.

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1671 Uffm Fliegenloche (Lb. S. 84), 1671 im Fliegenloche oder Honniggruben (Lb. S. 205). Das GW loch Bezeichnung für Geländevertiefung. Das BW zum Appellativ Fliege. Eine Vertiefung, wo es viele Fliegen gab. Wenn das Fliegenloch mit der Honiggrube identisch ist, war hier wohl auch für Fliegen ein optimales Habitat. Flößchen † ‘s flisXəņ Östlich der Stadt bei der Rinne oder dem Mühlgraben. 1433 1 Acker „obbir den Floß“ zwischen dem genanten Hoppherrn (Huyskens Nr. 614), 1634 Am Flößgenn (Lb. Bl. 7), 1749 auff der Rinne am Flösgen (Lb. UA S. 85), 1777 Am Flößgen (Lb. ON S. 323), 1777 Uiber dem Flößgen bey der Kupfer-Mühle (Lb. UA S. 327), 1856 Auf der Rinne am Flößchen (Waldmann, S. 21). Flößchen bedeutet nach Waldmann: „Flüsschen, kleiner Bach“183 Flösschen, zu mhd. vlōz stm. ‘strömung, flut, strom, fluss’,184 ist also ein ‘Flüsschen’. Die mundartliche Lautung, in der entrundeten Form flisXəņ, spricht ebenfalls dafür, allerdings. Fluss tritt hier deshalb als Diminutivum auf, da es sich um ein kleines Gewässer handelt. Es ist damit der Mühlgraben gemeint, der hier von der Geislede abzweigt und in die Stadt zu den Mühlen geleitet wird. Fluckens Berg † Lage unbekannt. Wahrscheinlich südwestlich der Stadt oberhalb der Honiggrube. 1749 über Fluckens Berge in der Honiggruben (Lb. UA S. 197). Flucke ist ein Besitzername. Der Name kommt im Eichsfeld vor. Ein Berg, eine Erhebung, die einem Besitzer mit dem Namen Flucke gehörte. Fluckens Hölzchen Bei Fluckens Hölzchen flugņs héldsXən Flur 25. Nordöstlich der Stadt. Wäldchen an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen. 1777 Im Büchen Busch über Fluckens Hölzgen (Lb. ON S. 517), 1817 am Eck des Fluckens Hölzchen (Grenzprot. Bl. 58v), 1822 Fluckens Hölzchen, Bei Fluckens Hölzchen, Über Fluckens Hölzchen (Flurb. Fl. 24), 1845 Fluckens Hölzchen (HS 12), 1903 Fluckens Hölzchen (WK S. 616; 646f), 1934 Fluckenshölzchen (FlNS), o. J. Fluckens Hölzchen (FlNS Müller), o. J. Fluckens Hölzchen (Stadtplan). Hölzchen ist eine Bezeichnung für einen kleinen Wald. Flucke ist Besitzername. Der Name ist im Eichsfeld häufig. Ein kleines Wäldchen, das einem Besitzer mit dem Namen Flucke gehörte. Das kleine Wäldchen ist ein Rest der Landwehr, die an der Gemarkungsgrenze verlief.

183 Waldmann 1856. S. 31. 184 Lexer Bd. 3, Sp. 414, 16.

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Fluckens Wiese † flugņs wēzņ Nordöstlich der Stadt. Wiese bei Fluckens Hölzchen. 1676 von H. Martin Fluckens Wiesen in Heiligenstadt (Grenzprot. Bl. 4v). Der Beleg gibt den vollen Namen des Besitzers mit an. Eine Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Flucke gehörte. Forst Südlich der Stadt. Bezieht sich wahrscheinlich auf den gesamten Stadtwald. 1934 Forst (FlNS). Forst, zu ahd. forst ‘Forst, Wald’,185 bezeicnet „Bannwald, gehegter Wald, meist in festem persönlichem oder fiskalischem Besitz“.186 „Gemeint ist der gehegte Forst im Gegensatz zum wilden Wald.“187 Försterwiese † fösdcrwēzņ Lage unbekannt, wahrscheinlich südlich der Stadt, gegen Kalteneber. 1749 die Försterwiesen an die Kaltenebrische Gräntze (Grenzprot. Bl. 7v), 1805 Die Forsterwiese im Ibgensthale (Grenzprot. Bl. 31v). Mit Förster ist hier wohl die Berufsbezeichnung gemeint. Demnach ist es die Wiese der Förster, nicht eines bestimmten. Forsthaus Südlich der Stadt. Waldlichtung mit Ausflugslokal. 19. Jh. Am Forsthaus (WWK). Gemeint ist das Forsthaus auf dem Ibergsplateau. Gelegentlich auch Forsthaus Lutter genannt, im Gegensatz zu Forsthaus Dün Friedenseiche di fridņsāeXə Südlich der Stadt. Am Forstweg zwischen der Klöppelsklus und dem Forsthaus auf dem Ibergsplateau im Heiligenstädter Stadtwald gelegen. Buchenmischwald. Ein Baum mit der Bezeichnung Friedenseiche existiert heute auf dem Iberg. Forstort o. J. Auf der Scheuche und bei der Friedenseiche (Rep. Hst. S. 99), o. J. Friedenseiche (Stadtplan). Im Grundwort liegt Eiche vor, der Baum, der wahrscheinlich auch dem Eichsfeld seinen Namen gab. Bestimmungswort ist Frieden im Genitiv. Es ist also der Baum des Friedens, bzw. ein Symbol für den Frieden. Eine stattliche Eiche gab den Namen. Der Baum wurde zur Erinnerung an den deutsch-französischen Krieg 1870/71 im Jahre 1871 von Oberförster Vocke gepflanzt.188 Es handelt sich also um einen sehr jungen Flurnamen.

185 Schützeichel 2006. S. 117. 186 Bach DNK II § 362. 187 Kluge (2002). S. 309. 188 Schüttel (2001). S. 91.

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Froschhof Der Froschhof Flur 37. Südöstlich der Stadt. Sumpfige Wiese an der Geislede. 1634 bober dem Froschhoffe (Lb. Bl. 25v), 1634 Im Frosch Hoffe (Lb. S. 88v), 1671 beim Froschhoffe (Lb. S. 53), 1749 beym Froschhoffe (Lb. UA S 63), 1856 Der Froschhof (Waldmann S. 20), 1934 Froschhof (FlNS), o. J. Froschhof (FlNS Müller). GW ist das Appellativ Hof. Mit dem BW ist entweder das Tier gemeint oder es liegt ein Besitzername Frosch vor. Also entweder ein Ort, wo sich Frösche aufhalten, oder ein Hof, der einem Besitzer mit Namen Frosch gehörte. Der Familienname kommt im Eichsfeld durchaus vor. Die Belege sprechen aber eher gegen letztere Annahme, da Besitzernamen meist im Genitiv auftreten. Gänsewinkel Im Gänsewinkel əm génzəwéŋļ Flur 21. Nordöstlich der Stadt am Stelzenberg gelegen. 1634 Am Genßewinckel (Lb. Bl.13v), 1634 Uff dem Genßewinckell (Lb. Bl. 25), 1749 am gänsewinckel (Lb. UA S. 13), 1777 Gänse Winkel nach dem Stelzenberg (Lb. ON Bl. Vv), 1777 Am Ganße-Winkel (Lb. ON S. 173), 1777 Im Gänße Winkell (Lb. UN S. 414), 1822 Auf dem Gaensewinkel, Auf dem Gänsewinkel (Flurb. Fl. 16), 1856 Der Gänsewinkel (Waldmann S. 17), 1934 Auf dem Gänsewinkel (FlNS). Das BW geht auf den gebräuchlichen Tiernamen zurück. Winkel bezeichnet „unregelmäßig (nicht rechtwinklig) begrenzte Flurstücke“.189 Vielleicht ist es eine Scherzbildung.190 Gänsewinkelsgraben † Nordöstlich der Stadt bei Im Gänsewinkel. 1671 jenseits deß Gänsewinkelsgraben (Lb. Bl. 622v). Der Graben am oder beim Gänsewinkel.191 Galgen † Nördlich der Stadt oberhalb vom Hungraben. 1634 Ein gartenn beym galgenn (Lb. Bl. 116). Galgen ist heute noch als Appellativ bekannt. „Der Galgen, der meist an der Grenze der Gemarkung stand, erscheint in vielen FlN […]“192 Der Galgen stand relativ nahe der Gemarkungsgrenze auf dem Galgenhügel. Weist auf ehemaligen Strafvollzug hin. Mit Galgen zusammengesetzte Flurnamen: Galgenhügel Am Galgenhügel ‘s góljənkebəlXən

189 Hänse 1970. S. 184. 190 vgl. Bach DNK II, § 740. 191 siehe Graben. 192 Bach DNK II, § 381/82.

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Flur 3. Nördlich der Stadt. Erhebung (325,3 m) oberhalb vom Hungraben. „Kleine Erhebung etwa 1200 Schritte westlich vom Richteberg.“193 1671 im Hundtgraben am Galgenberge (Lb. Bl. 487), 1777 Am Galgenberg (Lb. UN S. 293), 1777 im Hundgraben neben dem Galgenberg am gemeinen Weege (Lb. UA S. 303), 1903 der Galgenhügel (WK S. 420), 1934 Galgenhügel (FlNS), o. J. Galgenhügel / Galgenküppelchen (FlNS Müller), o. J. Galgenhügel (Stadtplan). Der Galgenhügel, mdal. Galgenküppelchen, ist die alte Hinrichtungsstätte Heiligenstadts. Das GW hügel bezeichnet eine kleine Erhebung. Das BW ist das Appellativ Galgen. Der Name bezeichnet also die Erhebung, auf der der Galgen einst stand. Die letzte Hinrichtung auf dem Galgenhügel fand am 24. März 1830 statt. Es wurde mehrfach vermutet, der Galgenhügel sei nicht natürlich entstanden: „Der Galgenhügel scheint ein vorgeschichtlicher Garbhügel (Hühnengrab) zu sein. Untersucht ist er noch nicht. Westlich davon liegende Flurteile haben den Namen „Hübelstein“ und „Hühnenstein“. Hier fanden die Hinrichtungen statt.“194 Galgenplatz † Nördlich der Stadt auf dem Galgenhügel. 1777 auff den galgen blatz (Lb. S. 219a), 1777 im Nothholtze hinter dem Galgenplatze (Lb. UA S. 423). Eine Bezeichnung nach dem Platz, auf dem der Galgen stand. Gehege † Lage nicht genau festzustellen, eventuell um die gesamte Stadtmauer gelgen. 1554 im geheege; ufm Graben hinter S. Nicolaen: die Wesen im Gehege (Einwort Bl. 3v; Wolf Hst. Urk. S. 71), 1856 im Gehege (Waldmann S. 35). Zu mhd. gehege stn. ‘einfriedung, hag; schutzwehr, zufluchtsort; gebüsch, gehage’.195 Kollektiv zu Hag, „Gesamtheit der Zäune oder Hecken, Umzäunung“.196 Die Stadtbefestigung aus Hecken und Zäunen, noch vor der eigentlichen Stadtmauer, bzw. der Raum zwischen der Mauer und diesem zweiten Befestigungsring ist damit gemeint.197 Gehrengrund Im Gehrengrunde gērngront Flur 37. Südlich der Stadt, am nördlichen Abhang des Iberges. Heute Buchenmischwald. 1634 Am Gerengrunde (Lb. Bl. 46), 1749 im görengrunde (Lb. UA S. 6), 1777 im Gehren Grunde (Lb. OA S. 89), 1822 Der Gerengrund (Flurb. Fl. 33; Fl. 34), 1856 Der Gehrengrund (Waldmann, S. 21), 19. Jh. Am Gehrengrund (WWK), 1934 Gehrengrund (FlNS), o. J. Gerengrund (FlNS Müller), o. J. Gehrengrund (Stadtplan).

193 WK. S. 420. 194 UE 1935. S. 36f. 195 Lexer Bd. 1, Sp. 786, 13. 196 Kluge 2002. S. 339. 197 siehe Abb. 7.

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Das GW bezeichnet eine Geländevertiefung.198 Die Gehre, abgeleitet von ahd. gēr ‘Speer’199 oder ahd. gēro ‚keilförmiges Stück Zeug oder Land’200; mhd. gêr, gêre ‚wurfspiess; keil- (wurfspiess-) förmiges stück’201, bezeichnet ein spitz zulaufendes Flurstück. Im Thüringischen bezeichnet Gehren m. eine ‚(Acker)landspitze’.202 Gehrengrund ist demnach das ‚spitz zulaufende Tal’, drückt also die Gestalt des Geländes aus. Kleine Geislede † di klāenə gāesledņ Östlich der Stadt bei der Rinne oder dem Mühlgraben. 1671 ahn der kleine Geisleden unterm brükkenwege (Lb. Bl. 350v), 1671 Uff der kleinen geisleden im Erbethall (Lb. Bl. 353), 1749 an der kleinen Geislede (Lb. UN S. 390), 1777 an der kleinen Geislede (Lb. UA S. 215), 1777 In der Aue an der kleinen Geislede (Lb. ON S. 291). Geislede ist ein Flussname, eine Bildung auf –ithi, Geislithi > Geisleden und beinhaltet den Tiernamen zu ahd. geiz ‚Geiß, Ziege’.203 Mit dem Attribut klein ist wahrscheinlich ein Seitenarm der Geislede gemeint. Geisleder Chaussee An der Geisleder Chaussee Flur 31. Südöstlich der Stadt. An der Straße nach Geisleden. 1822 An der Geisleder Chaussee (Flurb. Fl 28; Fl. 31). Das Attribut ist hier der ON Geisleden. Gemeint ist die befestigte Straße nach Geisleden.204 Geisleder Holz † əm gāesledcr hóldsə Südöstlich der Stadt. Wald an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden. 1749 am Geislederholze (Grenzprot. Bl.7). Das Attribut ist der ON Geisleden. Der Wald, der an der Grenze nach Geisleden liegt. Geisleder Mühle † Lage unbekannt. Es gibt mehrere Mühlen im Tal der Geislede. Deshalb bleibt unklar, auf welche Mühle sich der FlN bezieht. 1777 bey der […] geisleder Mühle (Lb. S. 247), 1777 bey der Geißleder Mühle (Lb. UN S. 7). Das Attribut ist der ON Geisleden. Eine Bezeichnung nach der Mühle, die an der Grenze nach Geisleden liegt. Heute existiert eine Ankermühle im Geisledetal an der

198 siehe Grund. 199 Schützeichel 2006. S. 133. 200 Bach DNK II § 291. 201 Lexer Bd. 1, Sp. 869, 9. 202 TWB Bd. 2, Sp. 507. 203 Bach DNK II § 230, 232.; Müller 1958: Ortsnamen. S. 33. 204 siehe Alte Chaussee.

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Gemarkungsgrenze Heiligenstadts. In Richtung Geisleden liegen noch weitere Mühlen oder ehemaligen Mühlstätten. Geisleder Stieg † Südöstlich der Stadt. Fußweg nach Geisleden. 1634 Uff dem Geißleder Stieg (Lb. Bl. 85v), 1777 Am Geisleder Stiege (Lb. UA S. 185). Das Attribut ist der ON Geisleden. Der Stieg, der nach Geisleden führt. Er führt wahrscheinlich über den Mittelberg. Geisleder Tor ‘s gāesledcr dōr Ehemaliges östliches Stadttor. 1335 zu deme Geisleder Thore (Wolf Hst. Urk. S. 28), 1617 uf das Geißleder Thor (Wolf Hst. Urk. S. 78), 1634 zwischenn dem Geißleder Thor (Lb. Bl. 123), 1646 Geisled Thor (Fluke-Abriss), 1671 dem geisleder Thor (Lb. Bl. 189), 1777 Vor dem Geißleder Thor (Lb. UA S. 257), 1790 des Geisleder Thores (UE 1915, S. 69), 1800 beim Geislederthore (Wolf Hst. S. 94), 1800 das Geisleder Thor (Wolf Hst. S. 124), 1822 am Geisleder Thor, Vor dem Geisleder Thore (Flurb. Fl. 29), 1845 Das Geisleder Thor (Duval S. 454), 1909 Geisledertor (Rassow S. 210). Das Attribut ist der ON Geisleden. Das ehemalige östliche Stadttor bestand bis 1813.205 Es liegt in Richtung Geisleden. Die hindurchführende Straße führt dorthin. Geisleder Weg † gāesledcr wák Südöstlich der Stadt. Feldweg nach Geisleden. 1634 Am Geisleder wege (Lb. Bl. 25), 1634 an dem Geißledischen wege (Lb. Bl. 28), 1671 ahn dem geisledischn weege bey der Kupffer Mühlen (Lb. Bl. 523), 1749 am geisleder weeg (Lb. UA S. 65), 1777 Am Geisleder Weeg (Lb. UA S. 213). Das Attribut ist der ON Geisleden. Der Weg, der nach Geisleden führt. Geistholz † gāesdholds Nordöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Günterode bei der Tränke gelegen. Lage aber nicht genau bekannt. 1634 Am hl. Geistholtze (Lb. Bl. 25), 1749 bei dem heiligen Geistholze und Tränke (Grenzprot. Bl. 6v). Das BW Geist bezieht sich auf das Besitzverhältnis. Das Hospital „Zum Heiligen Geist“ in Heiligenstadt besaß das Holz. Es handelt sich dabei um eine Schenkung, wie aus einer Urkunde aus dem Jahr 1378 hervorgeht. „Hanß von Rengolderode“ schenkt seinen „Antheil dez Holczes czu Büchersbach […] dy armen Lüde czu dem heylgin Geyste.“206 Es wurde deshalb das Geistholz genannt, also der kleine Wald, der dem Hospital zum Heiligen Geist gehört.

205 Rassow (1909). S. 210. 206 Wolf 1800. Urk. S. 35. [Büchersbach ist Verschreibung zu Rüchersbach, also Riesbach, siehe dort.]

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Gellenbach əm gélņboxə Östlich der Stadt unterhalb des Dün. Zieht sich am Dün entlang, südlich der Westhäuser Straße bis Über der Abdeckerei. 1634 Im Gellenbache (Lb. Bl. 37v), 1671 in dem Göllenbach (Lb. Bl. 54a), 1822 Zwischen den Gellenbächen, Zwischen den beiden Gellenbächen (Flurb. Fl. 26), 1856 Im Göllenbach (Waldmann S. 19), 1934 zwischen Gellenbächen, zwischen den Gellenbächen, im Göllenbach (FlNS), o. J. Am Gellenbach (Stadtplan). Entweder zu gellen, zu mhd. gellen stv. ‘laut tönen, schreien’,207 also ein Schallwort.208 Dann eine Bezeichnung nach dem Geräusch des Wassers, was eher unwahscheinlich ist. In der Mundart bedeutet goln „unfruchtbare, nasse Stelle auf dem Acker“,209 aber gelə bedeutet soviel wie tocken, z. B. in der Viehzucht bedeutet gelə štē ‘keine Milch geben’.210 Müller erläutert den Namen so: „Zu ‘gelt, galt’, ahd. gialte = unfruchtbar, auch vom Boden, dann vom Vieh. Ein göller Bach hat das Jahr hindurch wenig Wasser, wie das bei den beiden hiesigen in der tat der Fall ist, und Göllenbich ist soviel als Trogkenbach.“211 Der Gellenbach ist also ein Bach, der durch unfruchtbares Gelände fließt. Hinterster Gellenbach Im hintersten Göllenbache əm hiŋəsdņ gélņbox Flur 25. Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün. 1634 Im hindersten Gellenbach (Lb. Bl. 15), 1671 Hinder dem hindersten gellenbache (Lb. Bl. 353v), 1749 im hintesten göllenbach (Lb. UA S. 105), 1777 im hintersten Gellenbach (Lb. OA S. 228), 1822 Im hintersten Gellenbache, Über dem hintersten Gellenbache (Flurb. Fl. 25), 1845 der hinterste Göllenbach (HS 12), o. J. Im hintersten Gellenbach (FlNS Müller). Das Attribut dient zur Differenzierung. Mittlerer Gellenbach Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün. 1777 Mittelste Göllenbach (Lb. ON Bl. IIv), 1777 im mittleren Gellenbach (Lb. OA S. 270), 1777 Uiber dem mittelsten Göllenbach an der Stifts Länderey (Lb. UA S. 321). Das Attribut dient zur Differenzierung. Kleiner Gellenbach Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün. 1634 Inn dem kleinen Gellenbach (Lb. Bl. 51v). Das Attribut dient zur Differenzierung.

207 Lexer Bd.1, Sp. 821, 34. 208 Kluge 2002. S. 342. 209 Hentrich 1912. S. 79. 210 Hentrich 1912. S. 72. 211 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 366. [Letzteres bezieht sich auf Waldmann 1856. S. 19].

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Vorderer Gellenbach Im vordersten Göllenbache əm försdņ gélņbox Flur 26. Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün. 1634 Auff dem förderstenn Gellenbach (Lb. Bl. 131), 1671 im fordesten gellenbache (Lb. Bl. 372v), 1749 am Westhäuser weeg im Vordesten göllenbach (Lb. UA S. 68), 1777 Vordersten Göllenbach (Lb. ON Bl. Vv). 1777 im Vordersten Gellenbach (Lb. OA S. 228), 1822 Der vorderste Gellenbach (Flurb. Fl. 26), 1822 Im vordersten Gellenbach (Flurb. Fl. 27), 1845 der vorderste Göllenbach (HS 12), o. J. Im vorderen Gellenbach (FlNS Müller). Das Attribut dient zur Differenzierung. Gemeinderasen † Es gab verschiedene Gemeinderasen. Sie lagen z.B. beim Spielplatz, nördlich der Stadt, oder am Paradies, südlich der Stadt. 1554 gemeinen Raßen (Wolf Hst. Urk. S. 78), 1671 Uffm Spielplatz am gemeine Raasen (Lb. Bl. 423v), 1749 am paradies am gemeinen Raasen (Lb. ON S. 259), 1777 an dem gemeinen Raasen (Lb. OA S. 124). Das BW Gemeine mit der Bedeutung ‘Gemeinschaft, Gemeinde’ wurde im 19 Jh. durch das Wort Gemeinde abgelöst.212 Es ist ein gemeinschaftlicher Besitz damit gemeint, das Grundeigentum der Gemeinde. Ein Rasen, der der Gemeinde gehört und zu Zwecken der Gemeinde dient. Über den Gebrauch der Gemeinderasen heißt es im Einwort „Es sollen auch die Gensehirten und Sauhirten und Schäfer sich der gemeinen Raßen, so zu den Bleichstetten gebraucht werden mit der Hute meiden.“213 Die Einwohner der Stadt nutzten die Gemeinderasen demnach als Bleiche für ihre Wäsche. Deshalb mussten sie natürlich sauber gehalten werden. Gemeindetrift † Östlich der Stadt auf dem Heidelberg. 1749 auff dem Heidelberg an der gemeinen Trifft (Lb. OA S. 563). Das GW Trift bedeutet „Weide“ und geht auf das Verb treiben zurück.214 Der Trieb, die Trift „Weideland“, weist auf Weidewirtschaft hin.215 Gemeinde zeigt hier das Besitzverhältnis an. Es ist das Weideland, das der Gemeinde gehört, wohin die Tiere der Gemeinde getrieben werden. Gemeindeweg † 1554 die gemeinen Weege (Wolf Hst. Urk. S. 78), 1671 Vor dem Steingraben und dem gemeinen weege (Lb. Bl. 448v), 1749 am Bergethor hinter der Wacht am Stadthalterey graben und gemeinem weege (Lb. UN S. 554), 1777 Im Pferdbach an dem gemeinen Weege (Lb. ON S. 85). Der Weg, der von der Gemeinde genutzt und gepflegt wird, zur Gemeinde gehört, zum allgemeinen Gebrauch.

212 Pfeifer 1993. S. 421. 213 Wolf (1800). Urk. S. 78. 214 Kluge (2002). S. 929. 215 Bach DNK II § 367.

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Geneige † Lage unbekannt. 1554 ufm geneige (Wolf Hst. Urk. S. 71), 1856 ufm geneige (Waldmann S. 35). Wahrscheinlich eine Bezeichnung für eine Befestigungsanlage, ähnlich wie Gebück, mhd. gebucke stn. ‘ein zur bezeichnung der waldgränzen in einander gebogenes od, geflochtenes gebüsch’.216 Um durch das Gebüsch zu kommen, musste man sich bücken, beugen oder neigen. Das Wort ist vielleicht synonym zu Landwehr. Gericht † Nördlich der Stadt auf dem Richteberg. 1749 bey dem gerichte im Hundtgraben (Lb. ON S. 211). Gericht ist eine Bezeichnung für die Richtstätte, zu ahd. girihti ‚Gerichtsversammlung, -stätte’.217 Gleichbedeutend mit Galgen(-hügel) oder Richteberg.218 Gesundbrunnen Östlich dicht bei der Stadt. Quelle am heutigen „Gesundbrunnen-Stadion“. 1856 Der Teichbrunnen (Gesundbrunnen) (Waldmann S. 11). Der Gesundbrunnen hat seinen Namen von der besonderen Qualität des Wassers. Wolf berichtet im Jahre 1800 noch nichts über diese Quelle, wahrscheinlich weil sich damals noch ein Teich an der Stelle befand, den die Quelle speiste, denn das Gelände heißt Im Teiche. Glockentümpel † glógņtémbļ Südöstlich der Stadt. Tief gelegenes Ackerland in der Nähe der Papierfabrik am Mittelberg. 1749 beym glocken Tümpel (Lb. UN S. 559), 1777 Beym Klocken-Tümpel (Lb. ON S. 253), 1777 an dem Glockentümmel (Lb. ON S. 283a), 1856 Der Glockentümpel (Waldmann S. 23), 1934 der Glockentümpel (FlNS), o.J. Fischereigrenze beim Glockentümpel (Rep. Hst. S. 96). Das BW Glocke ist nach Kluge „häufig in Formbeschreibungen“ zu finden.219 Die Form könnte also ‘glockig, glockenförmig’ sein. Demnach ein glockenförmiger Tümpel. Eine ganz andere Motivation beschreibt Waldmann: „Glockenbrunnen giebt es auf dem Eichsfelde bei vielen Dörfern, wahrscheinlich knüpft sich auch an alle das Märchen von dem Schweine, welches die Glocke herauswühlte.“220 Bei Siemerode gibt es einen Glockenplan, bei Lutter einen Glockensumpf, einen Glockenbrunnen gibt es bei Uder. Der Glockentümpel war eine ehemalige Mergelgrube.

216 Bach DNK II § 375.; Lexer Bd. 1, Sp. 763, 6. 217 Hänse 1970. S. 55. 218 siehe Galgenhügel bzw. Richteberg. 219 Kluge 2002. S. 362. 220 Waldmann 1856. S. 22f., vgl. auch Waldmann 1864: Eichsfeldische Gebräuche und Sagen. S. 22f.

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Goldäcker † Südöstlich der Stadt. Beim Erbetal. 1671 agrs die goldtäcker genant im Erbethal (Lb. Bl. 396), 1671 von denn 3 goldtäcker im Erbethall (Lb. Bl. 397), 1986 Die Goldäcker (Müller: FlN. S. 45). Im GW äcker, als Nutzungsform. Das BW Gold ist sicher als Metapher zu verstehen und soll die besondere Qualität, auch hinsichtlich des Ertrages, hervorheben. Müller geht davon aus, dass Goldäcker „im allgemeinen solche mit gutem Boden“ sind, sieht aber auch die Möglichkeit, dass es sich auch um Spottnamen handelt könnte.221 Auch Hänse zieht beide Möglichkeiten in Betracht, gibt aber an: „Die FlN beziehen sich in den meisten Fällen auf die Farbe des sandigen oder lehmigen Bodens.222 Letzteres kann auch hier zutreffend sein. Göttinger Tor gétiŋər dōr Nördliches Stadttor an der Straße nach Göttigen, ehemaliges Holzbrückentor. o. J. Göttinger Tor (FlNS Müller). Das BW ist der Ortsname Göttingen. Die Straße führt zu dieser Stadt. Graben Auf dem Graben grōbm Flur 41. Südlich dicht bei der Stadt, direkt an der Stadtmauer. Hier verlief der ehemalige Stadtgraben. Er wurde im 19. Jh. zugeschüttet. Heute führt hier die Robert-Koch-Straße entlang. 1554 ufm Graben hinter S. Nicolaen (Wolf Hst. Urk. S. 71), 1671 im Noth Holtze am graben (Lb. Bl. 700), 1822 Auf dem Graben (Flurb. Fl. 36), 1934 Auf dem Graben (FlNS), o. J. Graben (FlNS Müller). Zum Verb graben, zu ahd. graban ‘graben, ausgraben, aufgraben, durchgraben, eingraben, vergraben’,223 mhd. graben stv. ‘graben’.224 „Das App. ‘Graben’ bezeichnete ursprünglich nur eine durch Grabung entstandene Vertiefung, später erfolgte Bedeutungserweiterung durch Übertragung auf natürliche Vertiefungen, Rinnen, Senken und Wasserläufe.“225 Hier handelt es sich um die ursprüngliche Bedeutung. Großer Teich † Lage nicht genau bekannt. 1671 beim grossen Teiche (Lb. Bl. 394v), 1671 beim stege neben dem grossen Teiche (Lb. Bl. 445), 1749 Wiesen im grossen Teiche (Lb. UA S. 26), 1777 Wießen im großen Teiche (Lb. UN S. 354). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Teich, der durch seine Größe gekennzeichnet ist. Das Attribut dient zur Differenzierung.226

221 Müller 1986. Flurnamen. S. 45. 222 Hänse 1970. S. 57. 223 Schützeichel 2006. S. 138. 224 Lexer Bd. 1, Sp. 1064, 34. 225 Hänse 1970. S. 59. 226 siehe Teich.

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Grund əm grōndə Westlich der Stadt am Rengelröder Weg. Gleichbedeutend mit Ochsenkopfsgrund. Grund, zu ahd. grunt ‘Grund, Wurzel’,227 mhd. grunt stm. ‘vertiefung, schmales, tief eingeschnittenes tal, schlucht’,228 ist eine Bezeichnung für eine Vertiefung im Gelände, ein Tal. Nach Hänse ist Grund „das verbreitetste Wort für größere, langgestreckte Bodenvertiefungen. Ihm steht als jüngeres Synonym ‘Tal’ zur Seite.“229 Grund ist in diesem Fall elliptische Form von Ochsenkopfsgrund. Günteröder Hohlweg † gindərēdcr hōlwek Nördlich der Stadt. Bodengraben mit Weg, der in Richtung Günterode verläuft. 1671 am güntteröder Hohlenweege (Lb. Bl. 448). Hohlweg bezeichnet einen Weg, der in einer Vertiefung liegt, zu mhd. hol adj. ‚ausgehölt, hol’.230 Das Attribut ist ein Siedlungsname. Der ON Günterode bezeichnet die ‘Rodung eines Gunther’. Der Umlaut u > ü ist erst spät eingetreten.231 Das Dorf, 7 km nordöstlich Heiligenstadts gelegen, ist heute eingemeindet. Der Hohlweg, der nach Günterode führt. Günteröder Tränke † Nordöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Günterode gelegen. 1777 Auf der Günteröder Trenke an der Landwerra (Lb. Bl. 227). Attribut ist der ON Günterode. Die Tränke für Weidevieh, die in Richtung Günterode liegt. Günteröder Weg Am Günteröder Wege om gindərēdcr wājə Flur 23. Nördlich der Stadt. Am Feldweg nach Günterode. 1634 Zwischen dem Güntheröder wege (Lb. Bl. 17), 1634 am Günterodischen Wege (Lb. Bl. 27), um 1690 „das Gehölz zu Wilmerode zwischen dem obersten und dem untersten Günteroder Wege“, welches „durch den Wilmeroder Grund geht“ (WK S. 1039), 1749 am güntheröder weege (Lb. UA S. 83), 1777 Günteröder Weeg (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Am Günteroeder Wege, Zwischen dem Günteroeder Wege (Flurb. Fl. 9), o. J. Günteröder Weg (FlNS Müller). Attribut ist der ON Günterode. Bezeichnung nach dem Weg, der nach Günterode führt. Günterstal † Lage unbekannt. Wahrscheinlich östlich der Stadt. 1634 Underm Günthersthall (Lb. Bl. 66v), 1671 ober dem Günttersthall worauff die pfaffenlanderey stost (Lb. Bl. 435), 1671 Vorm Günttersthall (Lb. Bl. 459), 1800 Güntherstal (Wolf Hst. S. 180).

227 Schützeichel 2006. S. 141. 228 Lexer Bd. 1, Sp. 1101, 34. 229 Hänse 1970. S. 62. 230 Lexer Bd. 1, Sp. 1324, 34. 231 Müller 1958. Ortsnamen. S. 37.

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GW ist Tal, heute noch gebräuchliche Bezeichnung für Geländevertiefung. Im BW liegt ein PN Günter vor. Wolf bringt den Namen Günterstal in Verbindung mit Lambrechtsrode.232 Es könnte sich dabei ebenfalls um eine Wüstung handeln. Hagelkreuz † ‘s hōgļkridsə Nördlich der Stadt beim Hillemann. 1749 beym Hagelcreütz (Lb. UA S. 103), 1749 nach den am Fahrweg stehenden Hagelkreütze (Grenzprot. Bl. 7), 1777 Diesseits dem Hagel-Kreüz (Lb. ON S. 121), 1777 bey den ehemalig Hagelkreütz oberm Hillmann an Raths länderey (Lb. OA S. 112). „Das Kreuz, ahd. krūzi, ist seit ahd. Zeit in FLN weit verbreitet. […] jünger sind Hagelkreuz […]“233 Hagel ist eine gefürchtete Niederschlagsform, die oft die Ernten vernichtete. Aus Dank vor Errettung vor Hagelschlag errichtetes Kreuz.234 Wahrscheinlich gleichbedeutend mit Hillemanns Kreuz oder Saubers Kreuz. Hain † Westlich der Stadt am Osterberg. 1676 ahm Hain nachher Heiligenstadt zu (Grenzprot. Bl. 1v), 1676 vom Dorf [Uder] im Hahn hinauf bis an die Heiligenstädtische Scheidung (Grenzprot. Bl. 2). Der zweite Beleg nicht das Tier Hahn, sondern Verschreibung für Hain. Hain ist kontrahierte Form von mhd. hagen stm. ‘der eingefriedete, umhegte ort’.235 In Thüringen auch eine allgemeine Bezeichnung für Wald.236 Beim Hain handelt es sich also um eine Bezeichnung nach dem Baumbestand, bzw. ehemaligen Baumbestand. So weist Hain auch an vielen Orten auf eine Rodung hin. Hartes Tal Im harten Tale Flur 6. Nördlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Siemerode. 1934 Das harte Tal, das Tal Herte (FlNS). Das GW Tal ist die allgemeine Bezeichnung für eine Geländevertiefung. Beim BW oder Attribut könnte auch Hart vorliegen. Hart bedeutet ‘Bergwald, waldiger Höhenzug, lichter Weidewald’.237 Leider fehlen für Heiligenstadt ältere Belege, die eine solche Bedeutung stützen. An anderen Orten des Eichsfeldes kommt der Name Hart vor, so in Vatterode, bei Geisleden, Wüstheuterode. Einen Hartberg kennt man in Flinsberg, einen Hartgrund in Geisleden.238

232 Wolf 1800. S. 180. 233 Bach. DNK II, § 384. 234 Müller: Wetterkreuze. In: EHh. 1978. S. 69. „wo einmal ein Feld schwer unter Hagelschlag gelitten hat.

Aber oft auch sind es Votivkreuze, weil ein Acker von Hagelschlag verschont blieb. Diese Kreuze waren oft Ziel von Flurprozessionen am Markustage.“

235 Lexer Bd. 1, Sp. 1142, 43. 236 Hänse 1970. S. 64. 237 Bach DNK II. § 362. 238 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 182f.

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Hartmannstal † Lage unbekannt. 1634 Hartmans Thal (Lb. Bl. 27). Im BW liegt ein Besitzername Hartmann vor. Der Name kommt im Eichsfeld vor.239 Hauptbahnhof Am Hauptbahnhofe Flur 46. Nordwestlich dicht bei der Stadt. In der Bahnhofsstraße, zwischen der Leine und dem Gleisbett der Bahnlinie Halle-Kassel, unterhalb vom Steingraben gelegen. Sehr junger Flurname, der auf den in der Nähe befindlichen Hauptbahnhof zurückzuführen ist und sicher zur Lagebeschreibung der dortigen Gärten diente. Heute sind dort Industriebetriebe angesiedelt. Hausdach Auf dem Hausdach am hüsdoxə, am hūsdoxə Flur 1, 50. Westlich der Stadt. Nördlich der Leine, gegenüber der Alten Burg. An der Gemarkungsgrenze zu Rengelrode. Schräges Ackerland. 1777 acker am Haustach (Lb. UA S. 133), 1822 das Hausdach, auf dem Hausdache (Flurb. Fl. 1), 1845 Das Hausdach (HS 12), 1856 Das Hausdach (Waldmann S. 14), 1934 Unter(m) Hausdache (FlNS), o. J. Am Hausdach (FlNS Müller). Wahrscheinlich unmittelbar an das Appellativum anzuschließen. Die Form des Flurstücks könnte zum Namen angeregt haben. Dann im BW das Appellativ Haus, im GW das Appellativ Dach. Das Flurstück liegt demnach auf einem Hausdach oder einem „hausdachförmigen“ Flurstück. Es ist aber denkbar, dass die Bezeichnung ursprünglich anders lautete. Eventuell wurde ein Gewässername auf das Gelände übertragen240, dem ein Suffix –ah(i) angefügt war. Die unmittelbare Lage am Fluss Leine spricht dafür. Eine andere Möglichkeit ist, Dach abzuleiten von ahd. dāha, f. ‘Lehm’, wie beim Ortsnamen Dachau.241 Dann wäre Hausdach eine Bezeichnung nach dem dort vorkommenden Lehm, der vielleicht zum Hausbau genutzt wurde. Die Belege sprechen aber nicht dafür. Hausdachufer † Westlich der Stadt. Bei Auf dem Hausdach. 1822 das Hausdach-Ufer, am Hausdach Ufer (Flurb. Fl. 1), 1856 das Hausdachufer (Waldmann S. 14), 1934 Hausdachufer (FlNS). Das GW nicht zum heute gebräuchlichen Appellativ Ufer, sondern eine Verschreibung zu Über, mdal. īwr mit der Bedeutung ‘Hügel’.242 So werden in der Mundart Anhöhen bezeichnet. Es ist also ansteigendes Gelände am Hausdach damit bezeichnet.

239 Müller 1988. Personennamen. S. 22. 240 vgl. Bach: DNK II. § 410. 241 Bach DNK II § 292. 242 Hentrich 1912. S. 78.

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Hauung † Lage unbekannt. Wahrscheinlich südlich der Stadt im Stadtwald gelegen. 1554 Die Hauung (Einwort Bl. 8; Wolf Hst. Urk. S. 74). Hau ist ein Forstname und bedeutet ‘Schlag, Hieb’, zu mhd. hou stm. ‘holzhieb, hiebabteilung eines waldes’.243 Es ist also eine Stelle im Wald damit bezeichnet, an der Holz geschlagen wurde. Heckengraben † Lage unbekannt. 1749 im Heckengraben (Lb. UN S. 498). Mit dem BW Hecke ist eine Hecke oder Umzäunung gemeint.244 GW ist Graben, also eine Vertiefung.245 Demnach ein Graben, der mit einer Hecke umzäunt ist, sicher zum Schutz angelegt. Heide † Nordöstlich der Stadt. Nach dem Beleg von 1671 bei der Tränke gelegen. 1634 Uff der Heyden (Lb. Bl. 25), 1634 Uff der Heydenn (Lb. Bl. 36), 1671 Uff der Heide jenseits der Tranckhe (Lb. Bl. 724), 1749 auff der Heyden am Raasen (Lb. UA S. 121), 1777 Auf der Heyden (Lb. ON Bl. VIv), 1856 Auf der Heiden (Waldmann S. 24), 1934 Auf der Heiden (FlNS). Das Toponym bezeichnet unkultiviertes Land (Ödland), d. h. land- oder forstwirtschaftlich ungenutztes Land. Heide, zu ahd. heida ‘die Heide’,246 mhd. heide stf. ‘ebenes, unbebautes, wildbewachsenes land, heide’,247 ist ein unbestelltes Stück Land, und diente vielleicht nur als Weide. Heidelberg Unterm kleinen Heidelberg, Auf dem großen Heidelberge, Auf dem kleinen Heidelberge hādəļbārk, am hāedļbārjə, dcr klāenə hādļberk, dcr grōsə hādļberk Flur 10, 11, 25. Östlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Westhausen. 1634 Uffm Heidelberge (Lb. Bl. 13), 1634 Uffm Heydelberge (Lb. Bl. 31v), 1671 Auff dem Heydellberg (Lb. S. 54a), 1749 unter dem Heidelberg an der Leina (Lb. UA S. 30), 1749 auff dem kleinen Heidelberg (Lb. OA S. 268), 1749 auff dem grossen Heidelberge (Lb. UA. S. 179), 1777 Großen und kleinen Heidelberg (Lb. ON Bl. Vv), 1777 unter dem Heidelberg (Lb. OA S. 65), 1822 Der grosse Heidelberg, Der kleine Heidelberg, Der grosse und kleine Heidelberg (Flurb. Fl. 18), 1856 Der große und kleine Heidelberg (Waldmann S. 18), 19. Jh. Heidelberg (WWK), 1903 auf dem großen Heidelberge (WK S. 1038), 1934 Heidelberg, Große Heidelberg (FlNS), o. J. Heidelberg, Der kleine Heidelberg, Der große Heidelberg (FlNS Müller).

243 Lexer Bd. 1, Sp. 1346, 11. 244 Kluge 2002. S. 399.; siehe Aspenhecke. 245 siehe Graben. 246 Schützeichel 2006. S. 152. 247 Lexer Bd. 1, Sp. 1207, 17.

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Der Heidelberg hat den Namen nicht „von dem Substantivum Heide, unbebautes Land, […].“248 Vielmehr handelt es sich um eine Klammerform zu Heidelbeerberg.249 Demnach eine Bezeichnung nach dem Bewuchs mit Heidelbeeren. Zu mhd. heitber stnf. ‘heidelbeere’, bot. Vaccinium myrtillus.250 Auf dem Heidelberg wuchs aber auch Heidekraut.251 Heiliger Geist hāeljə gāest Nördlich dicht bei der Stadt. Unterhalb vom Richteberg am Kulsberg gelegen. 1634 bey dem H. Geist (Lb. Bl. 17), 1671 Hinder dem Heilig geist (Lb. S. 82), 1671 überm Heiligen geist (Lb. S. 207), 1749 Hinter dem heilgn geist (Lb. UA S. 77), 1749 Hinter dem Heiligen Geist (Lb. UA S. 82). Das Hospital „Zum heiligen Geist“ diente zur indirekten Lagebeschreibung und ist deshalb in sekundären Flurnamen zu finden. Heiligenstädter Gewend † Lage nicht genau bekannt. Das so bezeichnete Flurstück liegt an der Gemarkungsgrenze. 1676 am Heiligenstädter Gewehnde (Grenzprot. Bl. 1v). Eine Bezeichnung nach der Ackerwirtschaft. Gewende oder Gewann, mhd. gewande stswf. ‘gränze, umkreis’,252 mit der Bedeutung „Ackergrenze, Ackerlänge“, war „ursprünglich die Grenze des Ackers, an der beim Pflügen gewendet wurde.“253 In der Mundart bebedeutet gəweŋə ‘hinteres Ende des Ackers’, während aōnweŋə die „Grenze des Ackers nach dem Nachbarland“ bezeichnet.254 Heiligenstädter Landwehr † Wahrscheinlich eine Kollektivbezeichnung. Deshalb unterschiedliche Lage. 1676 bis an die „Heiligenstädter Landwehr“ (WK S. 743). Der Name ist eine Kollektivbezeichnung für die Landwehren, die die Stadt Heiligenstadt umgaben.255 Heiligenstock † Südöstlich der Stadt. Unterhalb des Iberg beim Roten Graben gelegen. 1749 auff den Heiligenstock bey der pulver-mühlen auff dem rothen graben genannt (Lb. UN S. 573). Heiligenstock ist eine Bezeichnung nach einem Bildstock oder Heiligenbild, das auf oder am betreffenden Gelände stand.256 248 Waldmann 1856. S. 18f. 249 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 369. 250 Lexer Bd. 1, Sp. 1224, 31.; Marzell Bd. 4, Sp. 934ff. 251 FlNS Müller.: „H. Christoph Dellemann, Hst., sah als Junge auf dem Heidelberg Heidekraut blühen; als

junge Burschen holten sie hier Heidekraut; ganze Hänge blühten davon.“ 252 Lexer Bd. 1, Sp. 975, 18. 253 Kluge 2002. S. 355.; Bach DNK II § 369. 254 Hentrich 1912. S. 79. 255 siehe Landwehr. 256 Bach DNK II § 384. „Bildstöcke heißen Heiligenstock“.

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Heimbrods Loch Bei Heinebrodts Loche Flur 1, 2. Westlich der Stadt. 1749 auf Heimbrods Loch (Lb. ON S. 76), 1777 In Heimbrods Loche (Lb. ON S. 243), 1777 über Heimbrodts Loche (Lb. ON S. 64), 1777 Auf Heimbrods Loche (Lb. UN S. 450), 1822 Bei Heimbrods Loche (Flurb. Fl. 11), 1934 Heinebrodts Loch (FlNS), o. J. Heimbrods Loch (FlNS Müller). Mit Loch ist eine Geländevertiefung gemeint. Heimbrod ist Besitzername. Der Name ist im Eichsfeld bekannt. Das Lagerbuch von 1777 nennt einen Johannes Heimbrod (Lb. OA S. 39). Heinebrodt ist Umbildung von Heimbrod(t), vielleicht auch als Verschreibung oder Geometerform anzusehen. Nach Müller ist „Heimbrodt, einer der für Lohn bäckt, das ins Haus bebracht wird.“257 Hellerecke † Lage unbekannt. 1856 Die Hellerecke (Waldmann S. 16), 1934 die Hellerecke (FlNS). Mit Heller könnte eine Abgabe gemeint gewesen sein.258 Heller wird in verschiedenen Redensarten gebraucht und meist pejorativ verstanden, als etwas, was geringen Wert hat. In einer solchen Bedeutung könnte das so bezeichnete Stück wohl einen geringen Ertrag gehabt haben oder es brachte wenig ein. Eine andere Bedeutung geht von Hälter aus: „Es ist wohl wie bei den zahlreichen FlN Heller, Hälter von nhd. Hälter m. ‘Fischbehälter’ und der assimilierten Form Häller auszugehen, womit im UG kleinere Teiche, oft auch künstlich angelegte Fangbecken zur Fischzucht und zum Fischfang bezeichnet werden.“259 Für Kirchgandern wird 1610 ein fisch heller (Reuter S. 137) genannt.260 Ob diese Bedeutung auch hier angesetzt werden kann, bleibt fraglich, da die Bezeichnung nicht durch Realprobe bestätigt werden kann. Hellerecke ist wahrscheinlich eine Bezeichnung nach der Beleuchtung.261 Die Hellerecke, wäre dann die ‘helle Ecke’. Ein Zusammenhang mit Hölle, mhd. helle stswf. ‘die verbergende u. verborgene unterwelt, hölle allgem.’ aber auch ‘enger raum zwischen dem ofen und der wand’262 kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Helmischer Garten † Lage unbekannt. 1800 außerhalb der Stadt in dem Helmischen Garten (Wolf Hst. S. 123). Wohl ein Besitzername Helm. Nach Müller ist Helm ein „Übername für einen Helmschmied“.263 Also ein Garten, der einem Besitzer mit dem Namen Helm gehörte.

257 Müller 1988: Personennamen. S. 23. 258 Waldmann 1856. S. 16: „Vielleicht von einer Abgabe oder von dem geringen Werthe so genannt.“; Kluge

2002. S. 406.: Mhd. hallære, Haller pfenninc, später heller, ist der in Schwäbisch Hall seit 1208 geprägte Pfennig.

259 Naumann 1962. S. 267. 260 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1978. S. 272. 261 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 372. 262 Lexer Bd. 1, Sp. 1232, 12. 263 Müller 1988. Personennamen. S. 24.

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Hemelhof † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt an der Stelle der Wüstung Hadewardshausen.264 1542 zwischen der „Hemel Hofen“ und „Mathes Gerungs Lande“ (WK S. 577). GW ist das Appellativ Hof. Hemelhof ist ein Hofname, der dann auf das Flurstück übergegangen ist. Hemel ist ein Besitzername. Herrenwiese Die Herrenwiese hérnwēzņ Flur 31. Südöstlich der Stadt. Unter dem Dün an der Geislede neben Auf dem Mergel. Wiese, teilweise Industriegebiet. 1634 bey der Herrn wießenn (Lb. Bl. 18), 1671 Unterm buchholtz Undter der Herrenwiesen im Züttel (Lb. Bl. 463v), o. J. Herrnwiese (FlNS Müller). Die Herrenwiese ist die Wiese, die den Herren gehört. Die Herren sind aber die Geistlichen des Ortes. Es wurde „mancherorts auf dem Eichsfeld der Pfarrer „d(er) Här(e)“ genannt.“265 In diesem Fall wird die Wiese den Chorherren des Martinsstiftes gehört haben. Auch die Sperberwiese wurde Herrenwiese genannt. Die Belege sprechen aber für die oben genannte Lage. Hexenkopf † hágsņkóp Östlich der Stadt. Vorsprung des Dün an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen, oberhalb vom Lammsrott. 19. Jh. Am Hexenkopf (WWK), 1934 Am Hexenkopf (FlNS). Das GW bezeichnet eine Erhebung.266 Das BW könnte zu mhd. hecse stswf. ‚hexe’ gehören,267 was als Bezeichnung für „wüste und schauerliche Orte“ gelten könnte.268 Wahrscheinlich ist aber nicht das Appellativ Hexe, sondern ein PN Hesse im BW enthalten. Bei Westhausen gibt es einen Hessengrund.269 Der Familienname Hesse kommt im Eichsfeld vor. Jedoch spricht die mdal. Lautung nicht dafür. Möglich ist auch Hirse, mdal. hēzn,270 doch bleibt fraglich, ob im UG tatsächlich Hirse angebaut wurde. Hildebrands Loch † Lage unbekannt. 1856 Hildebrands Loch (Waldmann S. 17), 1934 Hildebrands Loh, Hildebrands Loch (FlNS).

264 WK S. 577. 265 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 374. 266 siehe Alter Kopf. 267 Lexer Bd. 1, Sp. 1202, 24. 268 Bach DNK II § 359. „Im dt. FLN-Schatz spielen auch der Teufel und die Hexen ihre Rolle. ON mit diesen

Namen bezeichnen in der Regel wüste und schauerliche Orte (Teufelsmoor usw.), die man sich vom bösen Spuk erfüllt vorstellte, vielleicht schon seit heidnischer Zeit.“

269 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 377. 270 Hentrich 1912. S. 80.

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Loch bezeichnet eine Bodenvertiefung. Das Wort kann aber auch zu ahd. lōh stm. ‚hain’271 gehören, wofür der Beleg von 1934 spricht. Das Attribut ist ein Besitzername. Der Familiennname Hildebrand ist auch im Eichsfeld verbreitet. Hillemann Auf dem Hillemann, Beim Hillemann, Vorwerk Hillemann híləmón Flur 8, 9. Nördlich der Stadt. Zwischen dem Wilmeröder Grund und der Köterwarte gelegen. Ehemaliges Vorwerk, Gutshof, später LPG. Acker und Weide. 1749 auff dem Hillman (Lb. UA S. 23), 1749 am Hilman (Lb. ON S. 49), 1777 Auf dem Hillemann (Lb. ON S. 281), 1822 Der Hillemann, Auf dem Hillemann (Flurb. Fl. 7), 1856 Der Hillemann (Waldmann S. 16), 1870 Vw. Hillemann (MTB 2668), 1934 Beim Hillemann (FlNS), o.J. Der Hillemann (Rep. Hst. S. 111). Hillemann ist Besitzername. Das Lagerbuch von 1634 nennt Marttin Hillemans (Lb. Bl. 110v). Also zunächst ein Flurstück, das einem Besitzer mit dem Namen Hillmann oder Hillemann gehörte. Auch „In den früheren Lagerbüchern wird genannt Hillemanns Lehenländerei. Es giebt die Familiennamen Hille, Hillemann, Hüllmann. Hille scheint durch Assimilation entstanden aus ahd. Hildo, das man von hilti Kampf, Schlacht ableitet.“272 Wahrscheinlich ist Hillemann eine elliptische Form, etwa zu Hillemanns Berg, Hillemanns Grund usw. Das Gut Hillemann wird in Verbindung mit der Wüstung Wilmerode gebracht: „Vielleicht ist das am nächsten der wüsten Ortsstätte [Wilmerode] gelegene Gehöft, das jetzige Vorwerk „Hillemann“ der Rest des eingegangenen Ortes“273 Über das Gehöft heißt es: „Als Rest einer solchen Siedlung ist auch das Gut Hillemann, 2 km nördlich von Heiligenstadt anzusehen. Der Name scheint auf einen früheren Inhaber zurückzugehen. Während des siebenjährigen Krieges hatte es ein Leopold Hillemann in Duderstadt in Besitz. […] Die von Linsingen gaben das Gut Hillemann 1768 dem Hofrat Kolligs unentgeltlich.“274 Hillemanns Berg † híləmonsbárk Nördlich der Stadt. Beim Hillemann gelegen. 1777 Am Hillemanns Berge (Lb. ON S. 545), 1749 an Hillmansberge neben Hillman (Lb. UN S. 324), o. J. Hillemannsberg (FlNS Müller). Bezeichnung nach der Erhebung beim Hillemann. Hillemanns Grund † híləmon Nördlich der Stadt. Beim Hillemann gelegen. 1749 im Hillmans grunde (Lb. ON S. 194).

271 Schützeichel 2006. S. 219. 272 Waldmann 1856. S. 16. 273 WK S. 1038. 274 UE 1940. S. 98.

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Grund ist Bezeichnung für eine Bodenvertiefung, ein Tal.275 Also das Tal, das einem Besitzer mit dem Namen Hillemann gehörte, oder zum Gut Hillemann gehörte. Hillemanns Kreuz † híləmons grídsə Nördlich der Stadt. Beim Hillemann gelegen. 1671 bey Hilmans Creütze (Lb. S. 18), 1671 am güntterödischen weege nach Hillemans Creütze (Lb. Bl. 473), 1777 Beym Hillemanns Kreutze (Lb. ON S. 181). Eine Bezeichnung zu dem Kreuz, das beim Gut Hillemann stand. Die Bezeichnung ist eventuell gleichbedeutend mit Saubers Kreuz oder Hagelkreuz. Hillemanns Länderei † Nördlich der Stadt. Beim Hillemann gelegen. 1749 an der Hillmans Länderey (Lb. UA S. 131), 1777 die so genannte Hillemanns-Länderey (Lb. UN S. 87). Die Länderei, die einem Besitzer mit dem Namen Hillemann gehörte. Vielleicht ist aber auch das Land gemeint, das zum Gut Hillemann gehörte. Hillemanns Lehenländerei † Nördlich der Stadt. Beim Hillemann gelegen. 1671 jenseits Hillmans Lehenlenderey zu Wüllmerode (Lb. Bl. 648). „In den früheren Lagerbüchern wird genannt Hillemanns Lehenländerei.“276 Ein Land, das ein Lehen war und zum Gut Hillemann gehörte. Himbeerkopf † Südöstlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1856 Der Himbeerkopf (Waldmann S. 30), 1934 Himbeerkopf (FlNS). Das GW Kopf ist Bezeichnung für eine Bodenerhebung.277 Die Himbeere gab der Erhebung den Namen, zu mhd. hint-ber stn. ‘himbeere’, bot. Rubus idaeus.278 Es scheint aber ein relativ junger FlN zu sein, ältere Belege fehlen. Eine Erhebung, auf oder an der Himbeeren wuchsen. Himmelreich Himmelreich hímļrāeX Flur 14. Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen Stein und Höllengraben gelegen. Forstort. Buchenmischwald. 1805 Über dem Himmelreiche (Grenzprot. Bl. 34), 1805 Himmelreich (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Das Himmelreich (Waldmann S. 31), 1870 Das Himmelreich (MTB 2668), 19. Jh. Überm Himmelreich (SBK), 19. Jh. Himmelreich (WWK), 1934 Himmelreich (FlNS).

275 siehe Grund. 276 Waldmann (1856). S. 16. 277 siehe Alter Kopf. 278 Lexer Bd. 1, Sp. 1300, 47.; Marzell Bd. 3, Sp. 1470ff.

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Im BW das Appellativ Himmel, das „vielfach für frei- und hochliegende Flurstücke gebraucht“ wird.279 Himmelreich, zu mhd. himelrîche stn. ‘himmelreich, himmel’280 bezeichnet „hochgelegene oder freiliegende Flurstücke“.281 Die erhöhte Lage im Heiligenstädter Stadtwald spricht dafür. Der FlN kann aber nicht nur die erhöhte Lage bezeichnen, sondern auch die besondere Lage. „Orte mit als reizvoll empfundener freundlicher Lage werden häufig Himmel(reich) genannt.“282 Hitzekopf Im Hitzekopf Flur 31. Südöstlich der Stadt. Erhebung beim Dachstal oberhalb des Geisledetales. Wald. 19. Jh. Hitzekopf (WWK), 1934 Hitzekopf (FlNS). Das BW Hitze ist das heute gebräuchliche Appellativ und könnte auf die sonnige Lage anspielen. Hitzekopf ist eine Bezeichnung „nach der sonnigen, warmen Lage.“283 Mit Kopf ist eine Erhebung bezeichnet.284 Höfchen † Nördlich der Stadt. Am Eichbach gelegen. Lage nicht genau bekannt. 1777 im Eichbach im sogenannten Höfgen (Lb. OA S. 37). Das BW ist eine Diminutivform vom Appellativ Hof. In der Mundart wird mit hop aber auch der Garten bezeichnet.285 Vielleicht handelt es sich also um einen kleinen Garten. Hoher Rain Auf dem hohen Raine Flur 51. Westlich dicht bei der Stadt. An der Straße nach Uder, die hier parallel zum Fluss Leine verläuft, mit Ausdehnung und Anstieg nach Süden unterhalb des Ibergs. Stadtgebiet. 1433 1 acker gein deme Hohenreine (Huyskens Nr. 614), 1671 auffm Hohenräin ahn dem Kirchenacker S. Egidii (Lb. S. 52), 1822 Auf dem hohen Rheine (Flurb. Fl. 39), 1934 auf dem hohen Raine (FlNS), o. J. Hochrain (FlNS Müller). Rain, zu mhd. rein stm. ‚begränzende bodenerhöhung’,286 ist „der nicht beackerte Grenzstreifen zwischen zwei Feldern, in Hanglage gleicht der Rain Höhenunterschiede aus“287 Zur Differenzierung dient das Attribut hoch. Hochraine sind „leicht gegen die Umgebung erhobene, stufenartig angeordnete Bodenerhebungen an Hängen. Hochraine auch als Ackerterrassen bezeichnet, sind Spuren alten Ackerbaues.“288 Der Hohe Rain bildet eine Stufe oberhalb von Leine und Bundesstraße 80. 279 Müller 1986. S. 52. 280 Lexer Bd. 1, Sp. 1287, 33. 281 Naumann 1962. S. 267. 282 Bach DNK II § 314. 283 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1979. S. 379. 284 siehe Alter Kopf. 285 Hentrich 1912. S. 75. 286 Lexer Bd. 2, Sp. 388, 33. 287 TWB Bd. 5, Sp. 20. 288 Müller 1986. Flurnamen. S. 52.

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Hohes Rott Auf dem hohen Rott ‘s hōə rót, hánrōt Flur 2, 3. Nördlich der Stadt. Westlich vom Richteberg und oberhalb vom Steingraben. 1542 uf dem Honrode (WK S. 606), 1554 Hohenrodt (Einwort Bl. 8v; Wolf Hst. Urk. S. 75), 1579 uf dem Honrode (WK S. 607), 1674 uf dem Honrode (WK S. 607), 1634 Uff dem Honroda (Lb. Bl. 37), 1634 Uffm Hohenroda (Lb. Bl. 46), 1634 Uffm dem Hohen Roda (Lb. Bl. 46), 1671 Uffm Hohenrod (Lb. S. 78), 1671 Uffm Hohenrodt (Lb. S. 107), 1671 Uffm Hohenroda in dem Boddn (Lb. Bl. 407v), 1749 Auf dem hohen roth im Boden (Lb. UA S. 11), 1749 auf dem Hohenroda ( Lb. UA S. 119), 1749 auff dem hohen Rothe (Grenzprot. Bl. 6), 1777 Hohen Rott (Lb. ON Bl. VI), 1777 Auf dem hohen Rott am Mengelröder Weeg (Lb. UN S. 107), 1777 Auf dem hohen Rotte (Lb. UN S. 183), 1822 Auf dem Hohenrott (Flurb. Fl. 11), 1856 Hohenrott, Hanrode, Hanrott (Waldmann S. 17), 1934 Auf dem Hohenrott, Hohes Rott (FlNS), o. J. Am Hohen Rott (FlNS Müller), o. J. Am Hohen Rott (Stadtplan). Rott bedeutet Rodung, ahd. rot, rod ‘Rodung’,289 mhd. riuten swv. ‘reuten, ausreuten, urbar machen’.290 Das Attribut hoch drückt die hochgelegene Stelle der Rodung aus. Es ist also die Rodung, die an hoher Stelle liegt. Der Name wurde vielfach verschliffen, wie an den Belegen deutlich wird. Dazu schreibt Waldmann: „Auch gesprochen Hanrode, Hanrott, und früher geschrieben Hohenrod, Hohenroth. In diesem Namen kann wieder beobachtet werden, wie der Dativ in den Nominativ übergeht. Da gewöhnlich der Dativ mit einer Präposition gebraucht wird, so ist der Sprechende in Verlegenheit, wenn es sich um den Nom. handelt, ob er das Hohenrott oder das Hoherott sagen soll. Wenn aber in solchen Zusammensetzungen beide Wörter schon so verschmolzen sind, daß das Adjektiv nicht mehr verstanden wird, so ist der Übergang vollendet. In diesem Falle tritt auch der Ton auf die erste Sylbe.“291 Bis heute ist aber die ursprüngliche Bedeutung ‘hohes Rott’ erhalten geblieben. Hohe Schneise Hohe Schneise hōə šnāesə Flur 14. Südlich der Stadt. Waldstück im Stadtwald am Pferdebachtal. Forstort. 1554 Littweg und hohe Schneisse; hohen Schneiße (Wolf Hst. Urk. S. 75), 19. Jh. Hohe Schneise (SBK), 1934 Hohe Schneise (FlNS). Schneise, zu mhd. sneite stf. ‘durch den wald gehauener weg, durchstich’.292 Hier handelt es sich um eine hochgelegene Schneise.293 Hohler Baum † Lage unbekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Rengelrode.

289 Schützeichel 2006. S. 282. 290 Lexer Bd. 2, Sp. 472, 8. 291 Waldmann 1856. S. 17. 292 Lexer Bd. 2, Sp. 1028, 44. 293 siehe Schneise.

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1671 beim Hohlen baume (Lb. Bl. 377), 1671 beim Hollenbaum (Lb. Bl. 451), 1749 beym hohlen Baum am Rengelröder feldtgewende (Lb. OA S. 549), 1777 bey hohlen Baume (Lb. S. 193), 1777 beym hohlen Baum am Rengelröder Feldgewende (Lb. OA S. 376). Es ist eine Bezeichnung nach einem hohlen Baum, der als Geländemerkmal diente. Hohler Graben † dcr hōlə grōbm Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nördlich der Stadt in der Nähe des Eichbachs gelegen. 1634 Uff dem Holengrabenn (Lb. Bl. 25), 1634 beim Holengraben (Lb. Bl. 27), 1671 Uffm Hohlengraben (Lb. Bl. 473), 1749 beym hohlengraben in den Eichbach schiessend (Lb. UN S. 342). Eine Bezeichnung für einen Bodengraben, der hohlig oder ausgehölt ist.294 Hohler Weg † dcr hōlə wāk Nördlich der Stadt, nach dem Beleg von 1671 am Kuhlsberg gelegen. 1671 auffm Kulßberge zwischen Hannß Georg Kunkell undt dem hohlen weege (Lb. Bl. 412v), 1749 am Hohlen weeg (Lb. OA S. 441). Die Bezeichnung kommt von einem hohlen Weg oder Hohlweg. Den Kuhlsberg hinauf führt ein muldenförmiger Weg, zu dessen Seiten das Gelände stark ansteigt. Hölle † Südlich der Stadt. Forstort am Springkopf. 1634 Inn der Helle (Lb. Bl. 25), 1634 in der Hell (Lb. Bl. 27). Das Appellativ Hölle gehört zu ahd. hella ‘Hölle, Unterwelt’,295 mhd. helle stswf. ‘die verbergende u. verborgene unterwelt, hölle’,296 im übertragenen Sinne aber auch mit der Bedeutung „Schlucht, tiefer Hohlweg, entlegener Winkel“.297 „Es handelt sich meist um tiefe Senken, teils bewaldet, sehr oft von der Siedlung weit entfernt. Der in Sachsen, Thüringen und Hessen verbreitete FlN geht auf mhd. halde, helde ‘Bergabhang, Halde, enge, wilde Gegend’zurück.“298 Demnach eine Bezeichnung für eine Bodenvertiefung, die weit entfernt liegt. Dies ist bei dem so bezeichneten Flurstück der Fall. Der Name ist ursprünglich nicht christlich motiviert, eine solche Verbindung kann aber später hinzugetreten sein.299 „Die Bedeutung des Unheimlichen erhielt er wohl erst durch sekundäre Angleichung an ahd. hella, mhd. helle ‘verbergende, verborgene Unterwelt’.“300 Die Belege des 17. Jh. entsprechen dem mittelhochdeutschen Lautstand, die Rundung e > ö ist nicht eingetreten. Der Flurname ist für mehrere Orte des Eichsfeldes belegt, z. B. für Lutter und Uder. 294 siehe Graben. 295 Schützeichel 2006. S. 156. 296 Lexer Bd. 1, Sp. 1232, 12. 297 Schnetz 1952. S. 33. 298 Müller 1986. Flurnamen. S. 53.; Bach DNK II § 290. 299 Schnetz 1952. S. 33. 300 Hänse 1970. S. 75.

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Höllbach † Lage unbekannt. Wahrscheinlich im Höllengraben. 1634 Inn dem Hellbache (Lb. Bl. 29). Klammerform zu ‘Höll(en)grabenbach’. Eine Bezeichnung zu dem Bach, der im Höllengraben fließt. Höllengraben † Südlich der Stadt. Forstort. 1805 über dem Höllengraben (Grenzprot. Bl. 34v), 1856 Der Höllengraben (Waldmann S. 31), 1934 Höllengraben (FlNS). Der Graben in der Hölle, die Wasserrinne, in dem der Höllbach fließt.301 Die Belege zeigen Rundung. Höllwarte † Lage unbekannt. 1749 bey der Höllwarthe (Lb. UN S. 457), 1777 Bey der Höllwarte (Lb. ON S. 545). Möglicherweise Klammerform zu ‘Höll(en)grabenwarte’. Eine Warte bei der Hölle oder am Höllgraben. Ein Wartturm hat hier wohl nicht gestanden. Im 18. Jh. scheint die Rundung e > ö eingetreten zu sein. Holunderbusch † Lage unbekannt. 1634 bey den Holunder Pusch (Lb. Bl. 13), 1671 in dem Hollünderbusch (Lb. S. 54a), 1749 am Hohlunderbusch (Lb. UA S. 82), 1777 Beym Hohlünder Busch (Lb. ON S. 59), 1777 am Hallünder Busch (Lb. OA S. 27). Im BW die Pflanze Holunder, bot. Sambucus spec.302 Im GW das Appellativ -busch, also ein Gebüsch aus Holunder. Die Pflanze kommt im UG sehr häufig vor, die Bezeichnung ist daher nicht sehr sinnvoll. Holzbrückentor † Nördliches Stadttor. Heute Göttinger Tor genannt. 1405 Holczbrügkthor (Mz. Ingross. B 14, fol. 106b), 1455 vor deme Holltzbrügken Thore (Wolf Hst. Urk. S. 44), 1634 bey dem Holtzbrücken Thor (Lb. Bl. 25), 1634 Vorm Holtz Brückenn Thore (Lb. Bl. 116), 1646 Holtzbrückerthor (Fluke-Abriss), 1655 Holzbrückianam pontem (Wolf Hst. S. 93), 1671 Vorm Holtzbrukhethor (Lb. S. 208), 1749 beym Holtzbrücken Thor (Lb. ON S. 29), 1777 Vor dem Holzbrücken Thor die Ochsen Wießen genannt (Lb. UN S. 13), 1800 das Holzbrückenthor (Wolf Hst. S. 95, S. 124), 1845 nördlich das Brückenthor (Duval S. 454), 1909 das Holzbrückentor (Rassow 101/210). Eine indirekte Lagebezeichnung zu einem ehemaligen Stadttor. Gemeint ist hier das Holzbrückentor, das nach der über die Leine führenden Holzbrücke bezeichnet wurde. Es bestand bis 1811.303 301 siehe Graben. 302 Marzell Bd. 4, Sp. 63ff.; meist: Sambucus nigra (Schwarzer Holunder). 303 Rassow 1909. S. 210.

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Holzecke † Lage unbekannt. 1822 In der Holzecke (Flurb. Fl. 40). Mit dem BW ist der Stoff Holz gemeint. Das GW gehört zu mhd. ecke, egge stswf. ‚spitze; ecke, kante, winkel’.304 Eine Bezeichnung für ein Gelände, wo Holz geschlagen oder gelagert wurde. Holzweg Am Holzwege hóldswāk Flur 48. Südlich dicht bei der Stadt. An der gleichnamigen Straße. Heute Wohngebiet und Gärten. 1634 Am Holtzwege (Lb. Bl. 19), 1671 Holtzweg (Lb. S. 79), 1749 am Holtzweege (Lb. UA S. 18), 1777 Uiber dem Holz-Weege (Lb. ON S. 189), 1822 Am Holzwege (Flurb. Fl. 38), o. J. Holzweg (FlNS Müller), o. J. Holzweg (Stadtplan). Holzweg, mhd. holzwëc stm. ‘wenig begangener weg, holzweg’305 ist der „Weg im Wald, auf dem Holz geführt wird“306. Das BW Holz bezeichnet das auf diesem Weg Transportierte.307 Diese Straße führt vom Iberg in die Stadt hinunter und wurde zum Holztransport benutzt. Holzwiese † Südlich der Stadt. Forstort. 1805 Der Dänersberg bis Holzwiesen (Grenzprot. Bl. 40), 1805 Holzwiesen (Grenzprot. Bl. 40), 1805 die Holzwiesen und der Schwedenkirchhof (Grenzprot. Bl. 40v), 1856 Die Holzwiese (Waldmann S. 31), 1934 Holzwiese (FlNS). Eine Bezeichnung für ein Gelände, wo Holz geschlagen oder gelagert wurde. Honiggrube An der Honiggrube, Über der Honiggrube hóniXgrūbņ Flur 48, 51. Südlich der Stadt. Neben Am Holzwege. Eine Straße wurde nach dem Flurnamen benannt. Sonnige, windstille Gegend südwestlich von Heiligenstadt, in der Nähe vom Paradies. 1634 Uff der Honiggrubenn (Lb. Bl. 25v), 1634 in der Honnigruben (Lb. Bl. 27), 1671 in der Honnig gruben (Lb. S. 122), 1749 auff der Honiggruben (Lb. UN S. 62), 1777 Nach der Honig-Gruben (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Auf der Honiggrube, In der Honiggrube (Flurb. Fl. 39), 1822 Die Honiggrube (Flurb. Fl. 40), 1845 Über der Honiggrube (HS 12), 1856 Die Honiggrube (Waldmann S. 22), 1934 Honiggrube (FlNS), o. J. Honiggrube (FlNS Müller). Im GW liegt Grube vor, eine Bezeichnung für eine Geländevertiefung, ein Tal. Das Bestimmungswort Honig ist in Bezug auf den Ertrag des Flurstücks zu sehen. Müller

304 Lexer Bd. 1, Sp. 507, 4. 305 Lexer Bd. 1, Sp. 1332, 52. 306 Kluge 2002. S. 420. 307 vgl. Bach DNK II § 390.

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schreibt: „Die Honiggrube in Hst. Ist eine sonnige, windstille Gegend (unweit das ‘Paradies’). Hier finden die Bienen Nahrung (Klee, Kräuter etc.).“308 Es ist eine Bodenvertiefung, die Honig lieferte. Die Honiggrube ist also eine Bienenweide gewesen, ein möglichst windstiller und sonniger Platz mit üppiger Vegetation, wo die Bienen Nahrung fanden. Hintere Honiggrube † Südlich der Stadt. Teil der Honiggrube. 1671 in der Hindersten Hönniggruben (Lb. S. 53), o. J. In der Hinteren Honiggrube (FlNS Müller). Differenzierung zu Honiggrube, der hintere, am Waldrand gelegene Teil der Honiggrube. Der Beleg von 1671 zeigt Rundung o > ö. Hopfengraben † Lage unbekannt. 1634 Im Hopffengraben (Lb. Bl. 17v). BW ist Hopfen, bot. Humulus lupulus,309 dessen weibliche Blüten, sogenannte „Dolden“ (eigentlich Zapfen), zum Bierbrauen genutzt werden. Hopfenanbau gab es im Eichsfeld an vielen Orten, was an vielen Flurnamen deutlich wird, die mit dem BW gebildet sind.310 Das GW graben weist auf eine Geländevertiefung hin.311 Hopfenhof † Lage unbekannt. Es gab wahrscheinlich mehrere Stellen, die so bezeichnet wurden. 1634 bey dem Hopffen Hoffe (Lb. Bl. 125), 1671 gegen den Hopffenhöffen (Lb. S. 52), 1671 Hinder der Clauß am Hoffenhoffe (Lb. Bl. 630), 1749 Hopfenhoff im Hundtgraben (Lb. OA S. 251). GW ist das Appellativ Hof. Ein Hof oder ein Garten, wo Hopfen angebaut wurde. Hornische Länderei † Lage unbekannt. 1777 an der Hornischen Länderey (Lb. OA S. 362). Das BW ist wohl ein Besitzername Horn. Eine Bezeichnung für ein Gelände, also ein Grundbesitz, das einem Besitzer mit dem Namen Horn gehörte. Hospitalsgarten † Lage unbekannt. 1777 Hinterm Hospitalsgarten (Lb. OA S. 23). Das GW garten weist auf die Nutzung des Landes hin. BW ist Hospital, was zunächst in der Bedeutung „Gastzimmer, Herberge für Pilger, Arme und Kranke“ eine Herberge für Arme und Alte bezeichnet, später aber die Bedeutung „Krankenhaus“ bekommt.312 Das

308 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1980. S. 79. 309 Marzell Bd. 2, Sp. 902ff. 310 Müller: Wein- und Hopfenbau. In: EHh. 1978. S. 119 – 127. 311 siehe Graben. 312 Kluge 2002. S. 423.

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Heiligenstädter Hospital Zum heiligen Geist war in früherer Zeit ein Armenhaus, in dem Arme eine Herberge fanden und gepflegt wurden. Heute ist es ein Altersheim. Hospitalsland † Lage unbekannt. 1749 Hospitals Land auff dem Hungerberg (Lb. OA S. 556). Eine Bezeichnung nach dem Besitzverhältnis. Das Land, das dem Hospital „Zum heiligen Geist“ gehörte. Hüchelheim Am Hüchelhain híXļhāem Flur 26. Nordöstlich dicht bei der Stadt. Nördlich der Bundesstraße 80, oberhalb der Leine, östlich von Königsplatz und Kirchweg.313 1318 Huchelheym (WK S. 614), 1634 bey Heuchelheim (Lb. Bl. 51v), 1671 Hüchelheimb (Lb. Bl. IIv), 1671 Zu Huchelheimb (Lb. Bl. 473v), 1749 am Hüchelheim (LB. UA S. 219), 1777 Hüchelheim (Lb. ON Bl. Vv), 1777 Auf dem Hichelheim (Lb. ON S. 173), 1777 im Hichelheim an der Leina (Lb. UN S. 386), 1800 Hüchelheim (Wolf Hst. S. 180), 1856 Hüchelheim (Waldmann S. 23), 1934 Hüchelheim (FlNS), o. J. Hüchelheim (FlNS Müller), o. J. Am Huchelhain (Stadtplan). Die amtliche Form des Flurnamens geht auf eine Fehlinterpretation des Schreibers zurück. Der Flurname Hüchelheim geht auf einen Siedlungsnamen zurück. Huchelheim „war die Siedlung eines Hugilo oder die Siedlung an einem Huckel, Hüchel (hess.).“314 Wahrscheinlich ist „die Herleitung vom App. Huckel, Deminutivum [sic!] zu huck, mnd. hocke ‘Hügel, Haufen, Berg’, mdal. hess. hüchel.“315 Das hügelige Gelände spricht dafür. Der Ort war nach der Urkunde schon 1318 verlassen,316 die Fluren wurden zur Heiligenstädter Stadtflur gezogen.317 Wolf nennt für 1327 einen „Henricus dictus de Hüchelheim civis in Heiligenstat“318 Hüchelheimer Tor † Östlich dicht bei der Stadt. 1800 das Hüchelheimer Thor (Wolf Hst. S. 124). „Hüchelheimer Tor, weil es nach dem Dörfchen Hüchel- oder Huchelheym hinausführte, da an der Leine in Richtung Westhausen lag. Schon im Jahre 1318 war es verlassen. Es muß längst vor der Stadtmauer bestanden haben und gehörte zu den ältesten

313 WK S. 614. „Die alte von Herbers ermittelte Ortsstätte, welche sich vom linken Leineufer im Süden bis an

die Chaussee von Heiligenstadt nach Leinefelde hinaufzieht, wird von dem Wege von Heiligenstadt nach Westhausen durchschnitten und im Westen von den Äckern „am Kirchwege“, und von „dem Königs-Platze“ begrenzt, welch letzterer den von der Leine durch deren, jetzt von der Halle-Kasseler Eisenbahn überschrittenen Ausbiegung nach Nordwesten gebildeten Winkel nebst dem sich links der Leine erhebenden Hügel einnimmt. Der Platz heißt heute noch „das Huchelheim“.“

314 Müller 1958. Ortsnamen. S. 47. 315 Müller 1958. Ortsnamen. S. 47. 316 WK S. 614. „In villa Huchelheym, que villa similiter est desolata […].“ 317 Rassow 1909. S. 96. 318 Wolf 1800. Hst. Urk. S. 4

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Befestigungsanlagen von Heiligenstadt.“319 „Das Hüchelheimer Tr, im Jahre 1797 abgebrochen, ist in seinen Resten noch erhalten und insbesondere von der „Scheuche“ aus zu sehen.“320 Hühnerwiesen † Lage unbekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt an der Grenze zu Mengelrode. 1749 die Hühner wiesen (Lb. UA S. 126), 1777 Vor Mengelrode 2 ¼

Acker Wießen, die Hühner Wießen genannt (Lb. UA S. 259). „Im BW ‘Hühner, Rebhühner, Wildhühner’.“321 „Die mit Hahn(en)-, Hennen- und Hühner- gebildeten Namen beziehen sich zumeist auf Wildhühner […].“322 Es handelt sich also um Wiesen, wo Wildhühner lebten. Hünensteig † Lage unbekannt. Wahrscheinlich nördlich der Stadt. 1671 beim Hühnensteig (Lb. S. 267). „Der ‘Hünensteig’ bei Hst. kann ein Weg sein, der zum Hünenstein führte, aber ebenso Verschreibung für ‘Hünersteig’.“323 Wenn letzteres zutrifft, handelt es sich wohl auch um ‘Hühner, Rebhühner, Wildhühner’, die dort zu finden waren.324 Steig oder Stieg bezeichnet einen steil ansteigenden Weg. Eine indirekte Lagebezeichnung zu dem (steilen) Weg, der zum Hünenstein führte. Hünenstein Am Hünenstein, Über dem Hünenstein hünəšdāen Flur 1. Westlich der Stadt am Rengelröder Weg. Ehemals lag dort ein großer Sandsteinblock. Acker. 1634 bey dem Hünenstein (Lb. Bl. 17), 1634 Uber dem Hünnen Stein (Lb. Bl. 78), 1671 beim Hühnenstein (Lb. S. 77), 1671 bey dem Hünensteine (Lb. Bl. 702v), 1749 beym Hühnensteine (Lb. UA S. 25), 1777 Beym Hühnen-Steine (Lb. UA S. 555), 1822 bei dem Hünenstein (Flurb. Fl. 2), 1845 „Hünenstein“ (Duval S. 477), 1856 Der Hünenstein (Waldmann S. 14), 1934 Hünenstein (FlNS), o. J. Hünenstein (FlNS Müller), o. J. Unterm Hünenstein (Stadtplan). Der Name entspringt dem Volksglauben. „Einzelne große Steine wurden mit dem Teufel oder den Hünen in Verbindung gebracht, daher die Teufelskanzel, Hünfeld und Hünenstein.“325 Also ein Stein, ein Felsen, der von Hünen ‘Riesen’ herrührt. „Es ist sehr fraglich, ob bei all diesen Hünen-Namen im BW Hünen, ahd. hiuni, mhd. hiune ‘Riesen’vorliegt […].“326 Hier trifft die Deutung möglicherweise zu.

319 Thüringer Tageblatt 1952. Ausgabe vom 08. September 1952. 320 Kramann 1966. In: EHh. 1966. S. 183. 321 Müller 1986. Flurnamen. S. 82. 322 Schnetz 1952. S. 55. 323 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1980. S. 176. 324 Müller 1986. Flurnamen. S. 82. 325 Waldmann 1856. S. 14. 326 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1980. S. 175.

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Mit dem Heiligenstädter Hünenstein wird eine Sage in Verbidung gebracht, nach der ein Riese einen Felsen vom Dün in Richtung Rengelrode geschleudert haben soll, der dann dort liegen blieb und dem Gelände den Namen gab. „Es war ein isoliert stehender hoher Felsblock, in welchem ringsum nischenartige Vertiefungen, wie Sitze, eingehauen waren, und hatte wahrscheinlich in heidnischer Zeit zu einem Opferaltare gedient. Da er auf einem Acker lag, so wurde er […] in der Absicht abgebrochen, die von dem Felsen bedeckte Fläche als Acker zu benutzen und die von dem Felsen gewonnenen Steine zu verbrauchen.“327 Hun † Nördlich der Stadt. Am Hungraben gelegen. 1934 im Hun (Mathildenruh) (FlNS). Hun zu ahd. hun(i), as. hūn, in der Bedeutung „Hunne“, mhd. hiune swm. ‘Hunne’328 in der Bedeutung „Riese“.329 Da die Bezeichnung Hun aber sonst nirgends belegt ist, wird bei der Bezeichnung eine elliptische Form zu Hungraben vorliegen. Die Mathildenruh liegt im Hungraben. Hungraben Hungraben, Auf dem Hungraben húngrōbm Flur 3. Nördlich der Stadt. Eine Straße wurde so benannt. 1634 Im Hundtgraben (Lb. Bl. 3), 1634 Inn dem Hundtgrabenn (Lb. Bl. 20), 1671 in dem Hündtgraben (Lb. S. 54a), 1777 in und auf dem Hund-Graben (Lb. ON Bl. VI), 1749 im Hundtgraben (Lb. UA S. 3), 1800 im Hundgraben (Wolf Hst. S. 185), 1822 Der Hundegraben (Flurb. Fl. 11), 1845 über dem Hungraben (Duval S. 476, Anm. 1), 1845 der Huhngraben (HS 12), 1856 Der Hungraben (Waldmann S. 18), 1903 über dem Hundegraben (WK S. 154), 1934 der Hungraben (FlNS), o. J. Hungraben (FlNS Müller). „Hungraben. Gewöhnlich Hung-graben gesprochen und in den früheren Lagerbüchern Hundtgraben geschrieben. Der Hungraben ist daher entweder Riesengraben von hun Riese Graff, 4, 960, oder der Graben eines Huno, Huni, Hunno, Förstem. S. 757.“330 Mit Hünen ‘Riesen’ hat die Bezeichnung nichts zu tun. Hund kann aber ein PN sein oder ein Ausdruck für die schlechte Beschaffenheit des Geländes.331 „Es ist jedoch ein Besitzername ‘Hundt’, der mehrfach vorkommt.“332 Genannt werden 1583 Henrich Hundt und 1612 eine Familie Hund.333 Der Hungraben ist also ein ‘Hundgraben’, ein Graben, der einem Besitzer mit dem Namen Hund gehörte. 327 Duval 1845. S. 477f. 328 Lexer Bd. 1, Sp. 1309, 23. 329 Kluge 2002. S. 427. 330 Waldmann 1856. S. 18. 331 Schnetz 1952. S. 54. „Hund und Katze im ersten Glied zusammengesetzter FlN. sind nicht immer im

eigentlichen Sinn zu verstehen; sie dienen vielmehr oft zur Bez. des Unechten, Minderwertigen und Schlechten (vgl. Hundsveilchen, -beere, Katzensilber) und werden in diesem Sinne auch zur Bestimmung von Orten gebraucht, die mühsam zu bebauen oder zu ersteigen oder wenig ertragreich sind (Hundsäcker, -buckel, Katzensteig, -bichel).“

332 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1980. S. 175. 333 HC II S. 183 u. S. 444.

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Hungrabenwarte † Nördlich der Stadt. 1634 Hinder der Hundtgrabenn wartte (Lb. Bl. 76), 1634 am Schleiffwege Hinder der Hundtgraben warte (Lb. Bl. 107v), 1671 Bey der Hundtgraben warthe (Lb. S. 82), 1749 bey der Hundtgraben warthe (Lb. UA S. 77), 1777 bey der Hundgräber warthe (Lb. OA S. 75), 1845 Huhngrabenwarte (HS 12), 1856 Die Hungräber Warte (Waldmann S. 26), 1934 Hungrabenwarte (FlNS). Bezeichnung nach der Warte, die am Hun(d)graben lag. Es ist umstritten, ob tatsächlich eine Warte dort bestanden hat. Allein der Name soll ihre Existenz belegen: „Früher stand auf dem Galgenhügel die sogenannte Hungrabenwarte, die noch im Lagerbuch von 1671 erwähnt wird.“334 Hungerborn † Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün. 1634 Underm Dihne beim Hungerbohrne (Lb. Bl. 61), 1671 bey dem Hungerborn (Lb. S. 168), o. J. Beim Hungerborn (Nachlass Müller). Das BW das Appellativ Hunger, was wohl das schnelle Versiegen der Quelle ausdrückt. Bei Worbis gibt es einen Hungerborn, eine „Quelle unter der Hard, die nur im Frühjahr fließt.“335 Die Quelle fließt wahrscheinlich „nur in nassen Jahren, also nur dann, wenn Missernten und damit Hunger zu erwarten sind.“336 Hungerwiese † Östlich der Stadt. Unterhalb des Dün gelegen. 1671 Unter der Hungerborns wiesen (Lb. S. 187), 1749 bey der Hungerwiesen (Lb. UA S. 84), 1777 bey der Hunger-Wiesen (Lb. ON S. 107), 1856 Die Hungerwiese (Waldmann S. 26), 1934 Hungerwiese (FlNS). Klammerform von Hungerbornswiese. Der Beleg von 1671 zeigt noch die Vollform. Die Wiese, die am Hungerborn lag. Hurenkinds Acker † Lage unbekannt. 1749 der Huhr-Kindes acker (Lb. UA S. 96), 1777 der Hur Kinds Acker (Lb. UA S. 199). Ein Hurenkind, Kind einer Hure, ahd. huora ‘Dirne, Ehebrecherein; Ehebruch, Unzucht’, mhd. huore swf. ‘hure’,337 ist offenbar Besitzer des Ackers. Mit der Bezeichnung soll der nicht legitime Besitz des Ackers angezeigt werden, wenn es sich nicht um einen Spottnamen handelt. Huschenbühl † Lage unbekannt. 1777 an Huschensbühl (Lb. S. 175a), o. J. Am Huschenbühl (Nachlass Müller).

334 UE 1936. S. 37. 335 UE 1909. S. 136. 336 Hänse 1970. S. 79; Schnetz 1952. S. 49. „Hungerbrunnen und Hungerbäche fließen nur in nassen Jahren

(„Hungerjahre“) und deuten durch ihr Erscheinen Hungersnot an.“ 337 Schützeichel 2006. S. 171.; Lexer Bd. 1, Sp. 1392, 31.

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Huschenbühl ist eine elliptische Form zu Huschenbettsbühl. Dann ist das BW ein PN Huschenbett. Dieser Name kommt im Eichsfeld häufig vor. Huschenbett ist ein „Satzname: „husch ins Bett“ (für einen, der gern schläft).“338 Das GW bühl, mhd. bühel stm. ‘hügel’,339 bezeichnet eine kleine Bodenerhebung. Der Huschenbühl ist der Hügel, der einem Besitzer mit dem Namen Huschenbett gehörte. Ibental † Lage unbekannt. Wahrscheinlich südlich der Stadt. 1753 im Ibgensthal (Grenzprot. Bl. 16v), 1800 Ibenthal (Wolf Hst. S. 206), 1805 die Forsterwiese im Ibgensthale (Grenzprot. Bl. 31v), 1856 das Ibenthal (Waldmann S. 35), o. J. Ibchenstal, Das Ibental (FlNS Müller). Im BW von Ibental oder Ibchenstal liegt Eibe vor, mdal. ībə ‘Eibe’. In der Mundart wird ī nicht diphthongiert. „Ibchen bedeutet ‘kleine Eibe’.“340 Ein Tal, in dem Eiben standen. Iberg Auf dem Iberg, Vor dem Iberge ībark Flur 12, 40. Südlich der Stadt. Erhebung (453 m). Heute vorwiegend Buchenmischwald. 1280 des Waldes Iberc (Dob. IV Nr. 1738), 1554 Iberg (Einwort. Bl. 5v; Wolf Hst. Urk. S. 72), 1617 uf dem Iberge (Wolf Hst. Urk. S. 75), 1634 am Iberge (Lb. Bl. 3), 1671 Vorm Iberge (Lb. S. 148), 1749 am Iberg (Lb. UA S. 42), 1800 der Iberg (Wolf Hst. S. 116), 1805 auf dem Iberge (Grenzprot. Bl. 40v), 1816 der bey der Stadt liegenden Waldungen Iberg und Dün (Wolf Kg. S. 25), 1822 Am Iberge (Flurb. Fl. 35), 1822 Vor dem Iberge (Flurb. Fl. 37), 1822 Der Iberg, Auf dem Iberge (Flurb. Fl. 40), 1845 der Iberg (Duval S. 473), 1856 Der Iberg (Waldmann S. 26), 1870 Iberg (MTB 2668), 19. Jh. Iberg (WWK), 1934 Am Iberg(e) (FlNS), o. J. Iberg (FlNS Müller), o. J. Iberg (Stadtplan). „Da dieser Bergname sehr häufig ist, so muß er auch mit einem sehr allgemeinen Worte zusammengesetzt sein, aber welches das ist, ist nicht leicht zu sagen.“341 Das BW des Namens Iberg wurde Götterbezeichnungen gedeutet.342 „Iberg aber scheint mir aus Ibenberg abgekürzt zu sein, weil Heiligenstadt auch ein Ibenthal hat.“343 Eindeutig geht der Name auf Ibe ‘Eibe’, bot. Taxus baccata zurück.344 Der Iberg hat seinen Namen schon im Hochmittelalter getragen, wie aus einer Urkunde aus dem Jahre 1280 hervorgeht. Im Eichsfeld ist die Eibe recht häufig, der Name Iberg kommt im Eichsfeld häufig vor, u. a. in Worbis, Wilbich, Geismar, Birkenfelde, Schönhagen, Thalwenden, Asbach etc. Der Iberg ist der Berg, wo (viele) Eiben wuchsen. Ibergslandwehr † Südlich der Stadt am Iberg gelegen.

338 Müller 1988. Personennamen. S. 27. 339 Lexer Bd. 1, Sp. 379, 33. 340 Müller 1986. Flurnamen. S. 56. 341 Waldmann 1856. S. 26. 342 Duval 1845. S. 480. Anm 1. 343 Wolf 1800. S. 206. 344 Marzell Bd. 4, Sp. 655ff.

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1671 ahn der Iberger Landtwehr (Lb. Bl. 373), 1671 Jenseits deß Iberges Landtwehr (Lb. Bl. 455), 1777 jenseit der Land Wehre Vor dem Iberg (Lb. ON Bl. VIv). Bezeichnung der Landwehr, die am Iberg lag.345 Ibergswarte ībargswóatə Südlich der Stadt. Oberhalb von Gehrengrund und Reckebiel. Der Wartturm. 1671 Underm Iberger Warthe (Lb. Bl. 482), 1845 die Ibergswarte (Duval S. 476, Anm. 1), 1903 Warte auf dem Iberge (WK S. 964), o. J. Ibergswarte (Stadtplan). Im GW liegt Warte vor, zu ahd. warta ‚Ort, von dem aus gelauert wird’346, also der Wartturm. Das BW nimmt Bezug auf den Standort. Es ist die am Iberg gelegene Warte. Die Ibergswarte ist einer der erhaltenen Heiligenstädter Warttürme, die im 15. Jh. errichtet wurden. Zusammen mit der Fegebankswarte, Kodden- oder Kötherwarte, Rengelröder Warte und Dünwarte stellte die Ibergswarte einen Ring von Warttürmen um die Stadt dar.347 Jakobskirche † Östlich dicht bei der Stadt. Ehemalige Kirche der Vorstadt vor dem Geisleder Tor. 1363 capellarum beatorum Nicolai et Jacobi […] (Wolf Urk. S. 33), 1646 S. Jacobus (Fluke-Abriss), 1732 – 1826 St. Jakobskirche (Rep. Hst. S. 140), 1800 die Jakobskirche (Wlf. Hst. S. 126), 1822 Bei der Jakobskirche (Flurb. Fl. 20), 1845 die Jakobskirche (Duval S. 465), 1909 die Jakobskirche vor dem Geisledertore (Rassow S. 190). Die Jakobskirche diente als Geländemerkmal und ist somit Bestandteil in sekundären Flurnamen geworden. Die kleine Kirche war dem Hl. Jakob geweiht. „Die Lage und die Erinnerung an dies Gotteshaus sind heute noch gekennzeichnet durch das kleine Heiligenhäuschen in der Kirchhofsmauer vor dem nachts nach altem Brauch immer noch eine Art Totenleuchte brennt. Der Name St. Jakob lebt fort in der Bezeichnung Jokswehr und Kapsmühle und neuerdings in der Jakobistraße.“348 „Die Jakobskapellen aber vor den Toren mit ihren Herbergen und Spitälern sind vornehmlich als körperliche und seelische Ruhequartiere für Pilger zu betrachten. […] 1830 wird die Kapelle abgebrochen.“349 Jakobstor † Östlich dicht bei der Stadt. Ehemaliges Tor der Vorstadt bei der Jakobskirche.350 1671 am Jacobsthor (Lb. S. 120), 1749 beym Jacobs Thor (Lb UN S. 321), 1777 beym Jacobs-Thor (Lb ON S. 349). Jakobstor ist eine Bezeichnung nach einem ehemaligen Stadttor. “Das Jakobstor war ein Stadttor bei dieser Kirche.”351 345 siehe Landwehr. 346 Bach DNK II § 374. 347 Wolf 1800. S. 175f. 348 UE 1936. S. 209. 349 UE 31, 1936. S. 102f. 350 siehe Abb. 7. 351 Müller 1986. Flurnamen. S. 57.

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Jakobswehr † Östlich dicht bei der Stadt. 1934 Jakobswehr (FlNS), 1936 Jokswehr (UE 1936, S. 209), o. J. Jakobswehr (Rep. Hst. S. 117), o. J. Jokswehr, Jakobswehr (FlNS Müller). Eine Bezeichnung nach einem Wehr in der Geislede, das bei der Jakobskirche lag. Hier ist aber auch ein Besitzername Jakob möglich.352 Jakobsgraben † Östlich der Stadt. 1777 Auf dem Jacobs-Graben an der Kirchen (Lb. UN S. 103). Bezeichnung für einen Graben an der Jakobskirche.353 Jesuitenberg † Lage unbekannt. 1634 bey der H. Jesuitenberge (Lb. Bl. 13v), 1634 Am Jesuiter berge (Lb. Bl. 92), 1749 Ein Berg am Jesuiterberg (Lb. OA S. 304), 1777 an dem Exjesuitten Berg (Lb. ON S. 425), 1777 Unter dem Jesuitter Berg (Lb. UA S. 321). Das BW ein Besitzername. Jesuiten ist die Bezeichnung für Mitglieder des Jesuitenordens, lat. Societas Jesu ‘Gesellschaft Jesu’. Der Orden existierte von 1575 bis 1773 in Heiligenstadt. Der Jesuitenberg ist ein Berg, der den Jesuiten gehörte. Interessant ist der Beleg von 1777 Exjesuitten Berg. Der Jesuitenorden war 1773 durch Papst Klemens XIV. aufgehoben worden. Jesuitengarten † Es gab mehrere Gärten der Jesuiten, einen Garten direkt hinter dem Jesuitenkolleg in der Stadt354, einen Garten am Brückenweg, einen am Holzbrückentor usw. 1655 hortus Collegii (Wolf Hst. S. 93), 1671 beym Jesuitergarthen (Lb. S. 8), 1749 bey dem Jesuiter garthen am Brücken weege (Lb. OA S. 254). Das BW ist Besitzername. Eine Bezeichnung für einen Garten, der den Jesuiten gehörte. „Auch zahlreiche Gärten erhielt oder erwarb das Kolleg um Heiligenstadt. Genannt werden in der geschichte des Kollegs öfters der Düngarten, Magdalenengarten, Geisledegarten, Scheuchgarten, Kuhlbergsgarten, Liesebühlsgarten, Jakobsgarten, eine Wiese am Siemeröder Weg, ein Steinbruch, die sämtlich wirtschaftlich genutzt wurden.“355 Jesuitenhof † Lage unbekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt gelegen, beim Heiligste Dreifaltigkeit. 1671 bey dem Jesuiter Hoffe (Lb. S. 26), 1749 Beym Jesuiter Hoff (Lb. UA S. 15), 1777 Bey dem Jesuitter-Hofe (Lb. ON S. 113), 1777 über dem Jesuitenhof bei der heil. Dreifaltigkeit (Lb. ON S. 94). GW ist das Appellativ Hof. Das BW ist Besitzername. Ein Hof, der den Jesuiten gehörte.

352 Müller 1986. Flurnamen. S. 57. 353 siehe Graben. 354 UE 1935. S. 62. 355 Opfermann 1998. S. 199.

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„So erhielten die Jesuiten in Heiligenstadt außer zahlreichen Ländereien in Heiligenstadt und Grundstücken auch einige Höfe auf dem Eichsfeld, […] 1751 je ein Gut in Heiligenstadt und Wingerode durch die Witwe Philippine Flucke.“356 Neben dem Kollegsgebäude unterhielten die Jesuiten in der Regel immer einen oder mehrere Höfe außerhalb der Stadt. Diese als „Villa“ bezeichneten Höfe dienten nicht nur der Versorgung, sondern auch als Rückzugsmöglichkeit. Jesuitenmütze † Lage unbekannt. 1671 1 ack. uffm Eichbache die Jesuiter Mütze genannt (Lb. Bl. 422v). Das BW ist Besitzername. Ein Acker, der Mütze genannt wurde und den Jesuiten gehörte. Mütze könnte als metaphorische Bezeichnung nach der Form des Flurteils in Frage kommen.357 Eine Jesuitenmütze ist damit aber nicht gemeint, da Jesuiten keine typische Ordenskleidung haben. Eventuell umgelautete Form zum Verb mutzen ‘abschneiden, verstümmeln’.358 Vielleicht wurde ein abgetrenntes Stück Land so bezeichnet? Jesuitenstieg † Lage unbekannt. 1749 am Jesuiter stiege (Lb. UN S. 559, 1777 im Erbbethal am Jesuiter stiege (Lb. S. 110), 1777 am Jesuiten stiege (Lb. OA S. 5). Das BW ist Besitzername. Ein Stieg, also ein Fußweg, der den Jesuiten gehörte oder von ihnen genutzt wurde. Jungferndamm † Nördlich der Stadt. An der Straße nach Göttingen gelegen 1749 im Eichbach auff dem Jungfer Damm (Lb. UA S. 18). Das GW Damm, zu mhd. tam stm. ‘damm, deich’.359 Das BW Jungfer ist vieldeutig weist möglicherweise auf eine adelige Besitzerin hin. Zu mhd. junc-vrouwe swf. ‘junge herrin; unverheiratete vornehme dienerin, edelfräulein’.360 Dann wäre der Jungferndamm ein Damm, der einem Edelfräulein, d. h. einer adeligen Besitzerin gehörte. Jungfernrain Auf dem Jungfernrain am jombucrrāenə Flur 5. Nördlich der Stadt. An der Straße nach Göttingen gelegen. 1777 über dem Jungfer Rhein (Lb. ON S. 49), 1822 Auf dem Jungfern Rheine (Flurb. Fl. 6), 1856 Der Jungfernrain (Waldmann S. 35), 1903 Jungfernrain (WK S. 154), 1934 Jungfernrain (FlNS), o. J. Am Jungfernrain (FlNS Müller), o. J. Jungfernrain (Stadtplan). Ein Rain, der einer Jungfer, einer vielleicht adeligen Besitzerin gehörte.361

356 Opfermann 1998. S. 199. 357 Müller 1986. Flurnamen. S. 71. Marx Mütze. 358 Grimm Bd. 12, Sp. 2841, 3. 359 Lexer Bd. 2, Sp. 1399, 12. 360 Lexer Bd. 1, Sp. 1488, 29. 361 siehe Hoher Rain.

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Kahlenberg Am kahlen Berge, Auf dem kahlen Berge kālņbark, kōlņbark Flur 4. Nordwestlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Mengelrode. Der Kahlenberg ist 328,0 m hoch. Ackerland, auf dem höchsten Punkt ein kleines Wäldchen. 1634 ann Kahlenberge bey der Leimen Kaulen (Lb. Bl. 104v), 1634 bey der Kalenbergischen Leimen Kuhlen (Lb. Bl. 118), 1822 Der Kahlenberg, Am Kahlenberge (Flurb. Fl. 4), 1856 Am Kahlenberge (Waldmann S. 15), 1934 am Kahlenberge (FlNS), o. J. Am Kahlenberge (FlNS Müller), o. J. Kahler Berg (Stadtplan). Das BW zu mhd. kal adj. ‚kalköpfig’, mdal. kōl.362 Es ist eine Bezeichnung für eine kahle, d. h. unbewachsene Stelle (im Wald). Mit Kahlenberg ist also eine kahle Erhebung gemeint. Ursprünglich muss es am Kahlenberg Wald gegeben haben. Kalkofen † Südwestlich dicht bei der Stadt gelegen. Es gab aber mehrere Kalköfen. 1749 bey dem Kalch offen auff der alten wiesen (Lb. UA S. 117). Im BW das Appellativum Kalk. „Die Stätten der Gewinnung und Verarbeitung dieses natürlichen Rohstoffs (Kalkgrube, -hütten, -öfen) waren allgemein bekannt und wurden gern zur indirekten Lagebezeichnung verwandt.“363 Also von einem Ofen, in dem Kalk gebrannt wurde. Brandkalk dient als Baustoff. Kapshof † Lage unbekannt. Östlich dicht bei der Stadt. 1749 bey Capitains Hoffe (Lb. UA S. 85), 1749 der Kapshoff am steinmetzischen garthen (Lb. OA S. 251), 1777 bey Capitains Hofe (Lb. UA S. 191). GW ist das Appellativ Hof. Das BW ist ein Besitzername Kapitän oder dessen Dienstrang. Kapitän ist aus afrz. capitaine entlehnt, was „Führer“ bedeutet.364 Es ist möglich, dass ein Militär des Dreißigjährigen Krieges den Hof besaß und dieser deshalb so genannt wurde. „Der Beleg von 1749 ‘bey Capitains Hoffe’ deutet auf einen Besitzernamen. Die Verkürzung ‘Kapshof’ könnte leicht zu einer falschen Deutung der ‘Kapsmühle’ führen, die jedoch, wie die Belege dartun, einen anderen Besitzernamen hat.“365 Kapsmühle kapsmülņ Östlich dicht bei der Stadt. 1413 an der Kappuzmollen (UE 1938 S. 259), 1634 Hinder der Kapsmüllenn (Lb. Bl. 117v), 1646 Die Kapsmühl (Fluke-Abriss), 1671 Hinder der Kapß Mühlen (Lb. S. 51), 1671 bey der Kappßmühlen (Lb. S. 259), 1671 gegen der Kopßmühlen (Lb. Bl. 346v), 1671 Hinder der Kapsmühlen (Lb. Bl. 389), 1749 bey der Kapsmühlen (Lb. UA S. 117), 1777 hinter der Kapps-Mühle (Lb. ON S. 265), 1777 bey der Kapsmühle (Lb. OA S. 166), 1800 Kapsmühle (Wolf Hst. S. 173), 1856 Die Kappsmühle (Waldmann S. 9).

362 Lexer Bd. 1, Sp. 1494, 21.; Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1980. S. 274. 363 Hänse 1970. S. 83. 364 Kluge 2002. S. 468. 365 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 75.

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Im BW Kaps liegt ein Besitzername vor. Vielfach wurde angenommen, dass der Name auf einen Jakob oder auf die Jakobskirche zurückgeht.366 Die Kapsmühle „d. i. die Mühle des Kapp, so sind die Jox-, Hux-, und Kurtsmühle die Mühlen des Jakobus, Hugo (Hug) und Kurt (Konrad).“367 Der Besitzer hieß aber Kappus. „Der älteste Beleg für die Kapsmühle ‘Kappuzmollen’ legt Zeugnis für die Herleitung aus dem oben genannten Personennamen ab.“368 Der Name leitet sich ab von Kappus ‘Kopfkohl’.369 „Das Krautland heißt auch Kappes-, Gabeßland, zu landsch. Kappus, mhd. kabez, kappuz, kappiz, kaps, gabuz >>Kopfkohl<<“370 Die Kapsmühle war eine Walkmühle.371 Karrenweg † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt beim Rengelröder Weg. 1822 zwischen dem Karren- und Rengelröder Wege (Flurb. Bl. 227). Im BW das Appellativ Karren, ein Wagen, mit dem etwas transportiert wird. Ein Karrenweg ist der Weg „wo die Karrner mit zweirädrigen Kaffen fuhren.“372 Kasseler Tor kaslcr tōr Südwestlich dicht bei der Stadt. Heute Straßenname. 1822 Vor dem Kassler Thore (Flurb. Fl. 38). Attribut ist der ON Kassel. Das Bergtor wurde später Kasseler Tor genannt, da die Straße von dort in Richtung Kassel führt. Katzenstein † Lage unbekannt. 1634 beym Katzensteine (Lb. Bl. 103), 1671 Uffm Katzensteine (Lb. Bl. 373v), 1749 auff dem Katzenstein (Lb. OA S. 543), 1777 aufm Katzenstein (Lb. OA S. 174). Im BW der Tiername Katze. Vielleicht geht die Bezeichnung auf die Ähnlichkeit zu einer Katze zurück.373 „Da es sich bei den so benannten Flurstücken aber durchweg um solche mit geringwertigem Boden handelt, ist eher an eine Spottbezeichnung (vgl. die Zusammensetzungen mit Hund-) zu denken.“374 Kelterborn † Lage unbekannt. 1671 Beim Kelterborn (Lb. S. 231). Kelter weist nicht auf Weinanbau hin. „In diesen Fluren befand sich einmal ein Keller, ahd. kellari (die ältesten Keller sind oberirdische Vorrats- und Schatzkammern,

366 UE 1936. S. 209. 367 Waldmann 1856. S. 9. 368 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 75. 369 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 75. 370 Schnetz 1952. S. 63. 371 Wolf 1800. S. 173. „Die nächste vor dem Geisleder Thore ist die Kapsmühle, ehemals eine Walkmühle

zum Gebrauche der hiesigen Tuchmacher und Wollenweber, die aber mit dem Verfall der Manufakturen auch in Verfall gerathen ist.“

372 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981 S. 76. 373 Bach DNK II § 325. 374 Hänse 1970. S. 86.

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Felsenkeller, Steinkeller, Eiskeller; nd. kelder m.). […] Der ‘Kelderborn’, der für Heiligenstadt genannt wird […], ist wohl aus mundartl. ‘Kel(er)’ entstanden und hat mit der ‘Kelter’, mhd. kelter, kalter stswf. (lat. calcatura) nichts zu tun.“375 Bei dem Namen andelt es sich also um eine Quelle, die an einem ehemaligen Keller, einer Vorratskammer im Feld’ entspringt. Eine indirekte Lagebezeichnung. Ketzersgraben † Lage unbekannt. 1634 Uff dem Kätzers grabenn (Lb. Bl. 61), 1777 im Ketzers Graben (Lb. ON S. 127). Ketzer könnte ein Besitzername sein. Ein Graben, der einem Besitzer mit dem Namen Ketzer gehörte. Keulichen † Lage unbekannt. 1634 bey der Keulichenn (Lb. Bl. 54v). Keulichen, vielleicht zu mhd. kugelëht adj. ‘kugelförmig’.376 Ein kugelförmiger Stein oder ein ähnliches Geländemerkmal könnte als indirekte Lagebezeichnung gedient haben. Vielleicht ist damit auch „der kugelige Berg“ gemeint.377 Aber auch ein Besitzername kommt in Frage, denn das Lagerbuch von 1634 nennt einen Johann Keulen.378 Dann wäre ein elliptischer Name denkbar. „Wahrscheinlich zu ergänzen: Wiese. Ein Besitzername: 1634 Johann Keulen (Lb. Hst. 60). Man könnte aber auch an Keilform der Flur denken, zu mhd. kil (langes i) = Keil.“379 Dann wäre es eine Bezeichnung nach der Form des Grundstücks. Kiebitz Auf dem Kiebitz Flur 9. Nördlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Siemerode. 1822 Auf dem Kubitz (Flurb. Fl. 7), 1856 Auf dem Kubitz oder Kibitz (Waldmann S. 16), 1934 Auf dem Kubitz (Kiebitz) (FlNS), o. J Auf dem Kubitz (FlNS Müller). „Auf dem Kubitz oder Kibitz, d.h. das Kibitzfeld und die Kibitzwiese, plattd. Auf dem Ziefittich, ebenso im Lagerb. Von 1749 die Zievitgswiese, denn der Kibitz heißt hier plattd. Der Ziefittich, wie es scheint, so viel als Ziehfittich, wegen des Fluges.“380 Kiebitz gehört zu mhd. gîbitz(e) m. ‘kibitz’,381 bezeichnet also eine Vogelart. „Der Kiebitz hat landschaftlich recht verschiedenartige Namen.“382 In der Mundart wird der Kiebitz als Ziehfittich bezeichnet. Der Name ist also gleichbedeutend mit dem Flurnamen Ziehfittich.383

375 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 77. 376 Lexer Bd. 1, Sp. 1765, 27.; Hänse 1970. S. 89. Keulichte Stein. 377 Bach DNK II § 734,1. 378 Lb. 1634. Bl. 60v. 379 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 80. 380 Waldmann 1856. S. 16. 381 Lexer Bd. 1, Sp. 1009, 47. 382 Bach DNK II § 328. 383 siehe Ziehfittig.

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Kirchgraben kerXgrōbm Südöstlich der Stadt am Pferdebachtal. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden gelegen. 1805 am Kirchgraben (Grenzprot. Bl. 27v; Bl. 40), 1856 Der Kirchgraben (Waldmann S. 28), 19. Jh. Kirchgraben (WWK), 1934 Kirchgraben (FlNS), o. J. Kirchgraben (Stadtplan). Graben im GW ist eine Bezeichnung für eine längliche Geländevertiegung.384 Das BW drückt das Besitzverhältnis aus. In der FlNS ist zu lesen: „Land heute noch der Kirche gehörig.“385 Also der Graben, der Kirchenbesitz war. Es ist aber auch versucht worden, in der Bezeichnung einen Beleg für eine Wüstung im Zusammenhang mit der Egelsburg zu sehen.386 Kirchtal † Südöstlich der Stadt am Pferdebachtal. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden. Forstort. 1554 vorm Kichthal (Einwort Hst. Bl. 8v, Wolf Hst. Urk. S. 75), 1671 Bund dem Kirchthall (Lb. Bl. 673), 1676 in dem Kirchthale (WK S. 39), 1777 Unterm Kirch-Thal (Lb. UA S. 413), 1805 am Kirchthale (Grenzprot. Bl. 27v), 1805 aus dem Kirchthale (Grenzprot. Bl. 28). Das BW drückt das Besitzverhältnis aus. Das Tal, das in Kirchenbesitz war. Die Bezeicnung ist wahrscheinlich gleichbedeutend mit Kirchgraben. Kirchweg Am Kirchwege kérXwak Flur 26. Östlich der Stadt. Heute gibt es einen SN „Kirchweg“ an der Nordhäuser Straße. Das Flurstück liegt von der so benannten Straße weiter östlich zwischen der Bundesstraße 80 und der Leine. Heute Industriegebiet. 1634 Uffm Kirchwege (Lb. Bl. 86v), 1671 of dem Kirchwege (Lb. S. 101), 1749 am Kirchweege auf den Schleiffweeg schiessend (Lb. UA S. 62), 1777 Kirch-Weeg (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Am Kirchwege, Über dem Kirchwege (Flurb. Fl. 23), 1856 Am Kirchwege (Waldmann S. 19), 1903 am Kirch-Wege (WK S. 614), 1934 Am Kirchwege (FlNS), o. J. Kirchweg (FlNS Müller). Eine indirekte Lagebezeichnung nach dem Weg, der zur Kirche führte. Auf dem Kirchweg gingen die Dorfbewohner zum Sonntagsgottesdienst nach Heiligenstadt. Kirchenacker † Lage nicht genau bekannt. Westlich der Stadt beim Hohen Rain. Heute Stadtgebiet. 1671 auffm Hohenräin ahn dem Kirchenacker S. Egidii (Lb. S. 52). Das BW drückt das Besitzverhältnis aus, der Acker gehörte der Kirche. Der Beleg gibt auch an, dass der Acker der Pfarrgemeinde St. Ägidien (Pfarrei der Neustadt) gehörte. 384 siehe Graben. 385 FlNS 1934. 386 WK S. 284.

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Klausfeld † Lage unbekannt. 1856 Das Klausfeld (Waldmann S. 22). Das BW ist ein Besitzername Klaus. Möglicherweise ein Familienname, welcher im Eichsfeld vorkommt. Das Feld, das einem Besitzer mit dem Namen Klaus gehörte. Klei † Lage unbekannt. 1671 auff dem Kley (Lb. Bl. 381), 1749 auff dem Kleye (Lb. UA S. 23), 1777 auf dem Klei (Lb. ON S. 307), 1856 Auf dem Klei (Waldmann S. 26), 1934 Auf dem Klei (FlNS). Eine Bezeichnung nach Bodenschätzen. Klei bedeutet ‘zäher Ton’ bzw. „Schlamm, Lehm, feuchte Erde“.387 Hier wurde Ton oder Lehm gegraben. Kleines Feld Im kleinen Felde ‘s klāenə fált, əm klāen fálə Flur 5, 6. Nordwestlich der Stadt. An der Straße nach Mengelrode am Jungfernrain gelegen. Ackerland. 1749 im Kleinen felde (Lb. UA S. 64), 1777 Im Kleinen felde (Lb. ON S. 73), 1777 Auf dem Kleinen felde am Schleif Weege (Lb. ON S. 285), 1822 Das kleine Feld, Im kleinen Felde (Flurb. Fl. 5), 1856 Das Kleine Feld (Waldmann S. 16), 1934 Kleines Feld (FlNS), o. J. Im Kleinen Feld (FlNS Müller). Feld ist das Appellativ. Eine Bezeichnung nach der Größe des Feldes. Auch ein Besitzername Klein oder Kleine wäre denkbar. Die Belege sprechen aber nicht dafür. Klöppelsberg † klébļsbárk Südlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich bei der Klöppelsklus. 1634 Vor dem Kloppelberge (Lb. Bl. 17v), 1634 Am Klöppelberge (Lb. Bl. 46v), 1777 Unter dem Kleppelsberg (Lb. UN S. 231), 1800 am Kleppelsberge (Wolf Hst. S. 104), 1934 Kleppelsberg (FlNS). Das BW ist wahrscheinlich ein Besitzername Klöppel oder Kloppel.388 Familiennamen wie Kleppe oder Klöppner kommen im Eichsfeld vor.389 Eine Erhebung, die einem Besitzer mit dem Namen Klöppel, Kleppe u. ä. gehörte. Klöppelshecke † Südlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 ahn der Klöppell Heke (Lb. S. 249), 1671 bey der Klöppelheckhen (Lb. Bl. 377), 1749 an der Kleppels Hecken (Lb. UA S. 22), 1777 An der Kleppels-Hecken (Lb. ON S.

387 Kluge 2002. S. 494.; Bach DNK II § 292. 388 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 177. 389 Müller 1988. Personennamen. S. 31. Der PN Klöppel bedeutet ‚grober, ungeschlachter Mensch’;

Klöpp(n)er leitet sich ab von einem „Arbeiter, der Flachs, Hanf, Waid klopft, oder bei den Weißgerbern die Wolle von den Fellen klopft oder bei den Hutmachern die Wolle durch Klopfen fertigmacht.“

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171), 1822 In der Kleppelshecke (Flurb. Fl. 39), 1856 Die Kleppelshecke (Waldmann S. 26), 1934 Kleppelshecke (FlNS). Das BW ist ein Besitzername. Eine indirekte Lagebezeichnung nach einer Hecke, die einem Besitzer mit dem Namen Klöppel gehörte.390 Klöppelsklus glébļsglūst Südlich der Stadt. Waldlichtung am alten Fahrweg (Alte Chaussee) von Heiligenstadt nach Kalteneber. Heute befindet sich dort eine kleine Kapelle mit barocker Kreuzigungsgruppe.391 19. Jh. An der Kleppelsklus (WWK), 1934 An der Kleppelsklus (FlNS), 1938 bei der Kleppelsklus im Stadtwalde (UE 33, S. 63), o. J. Klöppelsklus (Stadtplan). Im GW liegt Klus vor, mhd. klûse, klûs stswf. ‚klause, einsiedelei; wohnung, behausung überhaupt mit dem begriffe des heimischen, traulichen; felsspalte, kluft, engpass’.392 Hier könnte es ‚Engpass’ bedeuten, aber auch eine Variante von lat. clausa sein, wobei nach Kluge die „Bedeutung ‚Engpaß’ bereits im lat. Wort“393 vorhanden ist. Klus bezeichnet aber auch „eingehegtes Grundstück“, „Einsiedelei, Kloster“ oder „verschlossener, befestigter Bau“394 Klus kann sich also auf die Behausung beziehen oder auf die Lage am Weg (Alte Chaussee), der einen Engpass darstellt. Im Eichsfeld gibt es mehrere heutige Kapellen mit der Bezeichnung Klus: Kaltenebersche Klus, Klüschen Hagis. Im BW der Besitzername. In diesem Fall wäre Klöppelsklus, das ‚eingehegtes Grundstück’, das einem Besitzer mit dem Namen Klöppel oder Kleppe gehörte. Das BW könnte hier anders motiviert sein, wenn nicht auch für die anderen mit dem BW gebildeten Bezeichnungen. Mhd. klüpfel stm. md. klüppel, kluppel ‚werkzeug zum klopfen, schlagen; glockenschwengel; knüppel, knüttel’395 kommt dabei in Betracht. Ein Werkzeug zur Signalgebung könnte den Namen für die Stelle gegeben haben. Diese Motivation entstammt aber vielleicht nur der Volksetymologie. Klöppelsweg † Lage unbekannt. Wahrscheinlich südlich der Stadt. 1634 Am Klöppelwege (Lb. Bl. 54v), 1671 in dem glöbellweeg (Lb. S. 54a), 1671 am Kloppelweege (Lb. S. 197), 1749 am Kleppels weege (Lb. UA S. 52), 1777 Am Kleppels-Weege (Lb. UN S. 211).

390 siehe Aspenhecke. 391 Inschrift am Gebäude: „Klöppelsklus. Ehemaliges Rasthaus aus dem Mittelalter am Ende des Steilhanges

an der ehemaligen Geleitstraße Heiligenstadt Eschwege (Alte Chaussee). An dieser Stelle wurde der Vorspann, der für den steilen Aufstieg benötigt wurde, abgehängt. Es trat für Mensch und Tier eine Ruhepause ein. Zum Schutz gegen schlechte Witterung baute man eine Unterkunft die Klöppelsklus. Sie trägt die Jahreszahl 1716. Nach alter Überlieferung gab man von hier ein Zeichen (Schlag mit einem Klöppel an die Glocke) wenn sich ein Wagenzug talwärts in Bewegung setzte. Die entgegenkommenden Wagen mußten am Fuß des Berges warten, da diese sonst bei der starken Steigung u. kurzen Kurven nicht vorbei kamen. Später umgebaut, dient das ehemalige Rasthaus heute als Kapelle.“

392 Lexer Bd. 1, Sp. 1640, 17. 393 Kluge 2002. S. 500. 394 Bach DNK II § 375, § 384, § 388. 395 Lexer Bd. 1, Sp. 1639, 46.

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Indirekte Lagebezeichnung nach dem Weg, der einem Besitzer mit dem Namen Kleppe und Klöppner gehörte. Oder eine Klammerform zu ‘Klöppelsbergweg’. Klusacker † Westlich der Stadt. Unterhalb der Alten Burg. 1671 1 ack. Under der altenburg der Klußacker genant (Lb. Bl. 425). Das BW zu Klus, womit hier die Klause gemeint ist. Im Eichsfeld ist Klus die Bezeichnung für eine (kleine) Kapelle.396 „Seit dem 14. Jahrhundert ist auf der Alten Burg bei Heiligenstadt eine Kapelle nachzuweisen […].“397 Die Klus bei der Alten Burg diente zur indirekten Lagebezeichnung für den dort liegenden Acker. Knick † Lage unbekannt. 1934 der Knick (FlNS). Knick bedeutet ‘Hecke’, zu nd. knik m. ‘die lebende Hecke, welche alle paar Jahre abgestutzt wird, namentlich die im freien Felde hinlaufende Hecke’.398 „Der FlN Knick und entsprechende Zusammensetzungen, wie Knickacker u. dgl. kommen im Eichsfeld häufig vor.“399 In Heiligenstadt gibt es einen SN Knickhagen. Dort soll die erste Siedlung gelegen haben. Der Knick diente zum Schutz der Bewohner und deren Vieh.400 Der Name bezeichnet eine Einfriedung. Knickweg † Lage unbekannt. 1671 am Knickweege (Lb. Bl. 607v), 1671 jenseits den Knicksweege (Lb. Bl. 610v), 1749 biß ahn den Knickweeg an dem langen Rayn (Lb. ON Bl. VII), 1777 Bis an den Knick-Weeg an dem langen Rheine (Lb. ON Bl. VI). Indirekte Lagebezeichnung von dem Weg, der durch den Knick führte. Knüll Am Knüll, Hinterm Knüll am knöl, am kníl Flur 3, 4. Nordwestlich der Stadt. Hügeliges Ackerland. 1671 Hind dem Knüll (Lb. S. 220), 1749 am Knüll (Lb. UA S. 99), 1777 Hinter dem Knüll (Lb. ON S. 189), 1822 Hinter dem Knill (Flurb. Fl. 4), 1856 Der Knüll (Waldmann S. 15), 1934 der Knüll (FlNS).

396 Müller 1986. Flurnamen. S. 62. 397 Opfermann 1998. S. 250. 398 Müller 1986. Flurnamen. S. 62. 399 Müller 1986. Flurnamen. S. 62. 400 UE 1924. S. 119. „Die Dorfbefestigungen waren hauptsächlich Wälle, Gräben, Lehmmauern und ganz

besonders aber dichte Dornhecken und Zäune, die den Bewohnern der Ortschaften Schutz boten gegen die in jenen Zeiten viel verübten Räubereien und Diebereien. Das Viehstehlen war beispielsweise an der Tagesordnung. Wer von den Bewohnern nun ein Grundstück an einem solchen Zaun hatte, dem lag die Verpflichtung ob, die in den Zäunen befindlichen Lücken auszubessern, besonders aber auch die an Wegen und „Schlägen“ hinderlichen Zweige zu knicken. Von dieser jährlich wiederkehrenden Tätigkeit des Ab- und Einknickens der Zweige wurde schließlich die ganze Dornhecke benannt. Vielleicht gibt es auch andere Erklärungen.“

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Knüll ist eine Bezeichnung nach der Oberflächengestalt. Der Name bezeichnet eine Bodenerhöhung; Knil, Knill, Knüll bedeutet ‘Hügel’.401 „Knüll ist eine wellige Anhöhe, eine ganz allmählich ansteigende Bodenerhebung, die ebenso sanft auf der anderen Seite abfällt. Knil(l), Knoll, Knüll m. ‘Hügel’“402 Die Bezeichnung stimmt mit der Realprobe überein. Kochswiese † Lage unbekannt. 1634 bey Kochswiesen (Lb. Bl. 105), 1671 bey Kochßwiesen (Lb. Bl. 438). Koch ist Besitzername. Der Name kommt im Eichsfeld vor. Eine Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Koch gehörte. Kohlhecke † Lage unbekant. 1676 die Kohlhecke (Grenzbegehung Bl. 1). Das GW bezeichnet ein Gebüsch oder eine Umzäunung.403 Das BW zu mhd. kol ‘kole, kolenhaufen’.404 Die Kohlhecke ist eine ‘Kohlenhecke’ und weist auf das Brennen von Holzkohlen hin. Es ist bekannt, dass im Heiligenstädter Stadtwald an enstprechenden Plätzen Holzkohlenmeiler standen.405 Königsplatz Am Königsplatze kénəgsplods Flur 25. Östlich der Stadt. Zwischen der Leine und der Bundesstraße 80 und zwischen Huchelheim und Kirchweg gelegen. Industriegebiet. 1634 Ann der Leine beym Königs Platze (Lb. Bl. 51v), 1671 Königßplatz (Lb. Bl. III), 1671 am Könnigsplatz (Lb. Bl. 447v), 1749 beym Königsplatz (Lb. UA S. 125), 1777 Königs Platz (Lb. ON Bl. VIv), 1822 Der Koenigsplatz, Der Königsplatz, Königsplatz auf dem Ufer (Flurb. Fl. 24), 1856 Der Königsplatz (Waldmann S. 19), 1903 von „dem Königs-Platze“ (WK S. 614), 1934 Königsplatz (FlNS), o. J. Königsplatz (FlNS Müller). Das GW Platz weist auf ein freies, ebenes Gelände hin. Das BW wahrscheinlich zu einem PN König. Dieser Name kommt im Eichsfeld vor. Es gab Bürgermeister mit diesem Namen, z. B. wird für 1378 Heinrich König, für 1442 Martin König, 1358 Heinrich Koning von Heyligenstadt genannt.406 Also der Platz, der einem Besitzer mit dem Namen König gehörte. Koppelberg † Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald gelegen. Lage nicht genau bekannt. 1805 Vom Koppelberge bis an die Weintraube (Grenzprot. Bl. 42). 401 Bach DNK II § 288.; Buck 1931. S. 140. 402 Müller 1986. Flurnamen. S. 62. 403 siehe Aspenhecke. 404 Lexer Bd. 1, Sp. 1663, 2. 405 Müller 1986. Flurnamen. S. 63.; Wolf 1800. S. 187. „Auch mitten im Walde sind unbewachsene Plätze

anzutreffen, die von dem übermäßigen Kohlenbrennen herrühren.“ 406 Wolf 1800. S. 37.; Wolf 1800. Urk. S. 44.; UE 1938. S. 254.

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Das BW Koppel bedeutet „eingezäuntes Weideland“.407 Das Gelände wurde also möglicherweise als Koppelweide genutzt. „Koppel f. ‘Revier, an dem mehrere geleiches Recht haben, besonders für Weide, Fischerei, Jagd’. Im Niederdeutschen: eingezäuntes Feld, Wiese oder Stück überhaupt, das nicht als Garten dient.“408 Koppelhut † Östlich der Stadt. Am Dün an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen. 1676 die Kuppelhuth bis auff den Scharfensteinischen weg (Grenzbegehung Bl. 1), 1817 die Koppelhuth auf dem Eck des Diens über dem Lammsrothe bis an den sogen. Scharfensteineweeg (Grenzprot. Bl. 60). „Zu ‘Koppelhut’ vgl. niederdeutsch koppelhauwe, koppelhaue f. 1. Die Koppelhutung, 2. Die Koppelweide.“409 Das GW ist abgeleitet von hüten.410 Eine Bezeichnung nach einem eingezäunten Weideland, auf dem Vieh gehütet wurde. Kornweg † Lage unbekannt. 1817 Kornweg (Grenzprot. Bl. 51), 1822 auf den Kornweg (Flurb. Bl. 1). Das BW Korn steht für Getreide.411 Auf dem Weg wurde demnach das Getreide (zu den Mühlen) transportiert. Kötergrund Im Kötergrunde əm kētņgrónə Flur 23. Nördlich der Stadt. Nördlich des Eichbachs, unterhalb der Köterwarte. 1634 Uff dem Ködengrunde (Lb. Bl. 37v), 1634 In dem Kodengrunde (Lb. Bl. 46), 1671 Im Koethengrunde (Lb. S. 17), 1671 im Koedengrunde (Lb. Bl. 391), 1749 im Köthengrunde (Lb. UA S. 20), 1777 nach dem Köthengrund (Lb. ON Bl. Vv), 1856 Der Köthner Grund (Waldmann S. 23), 1903 „der Köther Grund“ (WK S. 154), 1934 Im Köthengrund (FlNS), o. J. Im Köthengrunde (FlNS Müller). Das GW bezeicnet eine Geländevertiefung.412 Im BW liegt möglicherweise Kote, Kate ‘Hütte’ vor, verwandt mit neund. Köte „Köhlerhütte“.413 Vielleicht standen in der Geländevertiefung einstmals Hütten, welche den Namen motiviert haben. Ein Besitzername ist aber auch denkbar. Das Lagerbuch von 1634 nennt Martin Kothen.414 Nach den Belegen ist beides möglich. Möglich ist auch eine Klammerform zu ‘Köterwartengrund’.

407 Kluge 2002. S. 528. 408 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 183. 409 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 183. 410 Kluge 2002. S. 429. 411 Bach DNK II § 322. 412 siehe Grund. 413 Bach DNK II § 388. 414 Lb. 1634. Bl. 44.

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Köterwarte Bei der Köterwarte kédcr wōatə Flur 23. Nördlich der Stadt. Erhebung mit kleinem Baumbestand nördlich vom Eichbach. Heute befindet sich dort eine Sendeanlage (Funkmast). 1583 die Koddenwarte (UE 21, 1926. S. 328), 1634 bey der Ködewarthe (Lb. Bl. 13), 1634 Hinder der Kodewarthe (Lb. Bl. 31), 1634 bey der Ködewarte (Lb. Bl. 37v), 1671 Koethwarth (Lb. Bl. IIv), 1671 Hinder der Köthrwarthe (Lb. S. 18), 1671 bey der Koethewarthe (Lb. S. 198), 1671 bey der Koethewarth (Lb. Bl. 394), 1671 bunder der Köderwarthe (Lb. Bl. 727), 1749 bey der Kötherwarte (Lb. OA S. 438), 1777 Köther-Warte (Lb. ON Bl. Vv), 1800 die Koddenwarte (Wolf Hst. S. 175), 1845 Die Koddenwarte (Duval S. 476, Anm. 1), 1903 Koddenwarte, Köther Warte (WK S. 14, S. 961), 1934 Köther-Warte (FlNS), o. J. Kötherwarte (FlNS Müller). „Die Köther Warte, auch Koddenwarte genannt. Es muß also ein Irrthum obwalten, wenn Wolf, H. S. 175. sagt, daß sie über dem Hungraben gestanden habe. Kote ist casa, Hütte, doch mittellatein. cotarius, cotmannus, der Kotsasse, Kossate, Köter, also die Köterwarte, die Warte der Kothausbesitzer.“415 Es ist durchaus möglich, dass für die Warte die Besitzer der Kothäuser zuständig waren. Kote oder Kate mit der Bedeutung ‘Hütte’, wurde auch im Eichsfeld für die einfachen Häuser (ohne Braurecht) angewandt.416 Wahrscheinlich ist aber auch ein Besitzername. Also entweder die Warte der „Kothausbesitzer“ oder eine Warte, die ihren Namen von einem Besitzer des Geländes hat.417 Köterwartenfeld † Nördlich der Stadt. Bei der Köterwarte gelegen. 1542 „Breite Wiese“ oder „Köther Wartenfeld“ (WK S. 577), 1822 Das Köderwarten Feld, Das Koederwartefeld und auf dem Kubitz (Flurb. Fl. 7), 1934 Kötherwartenfeld (FlNS), o. J. Köthenwartenfeld (FlNS Müller). Bezeichnung für das Feld, das bei der Kötherwarte liegt. Kessenpfuhl † Lage unbekannt. 1777 Ein ehemaliger Kessen Pfuhl (Lb. UN S. 356). Das BW bezeichnet möglicherweise eine Pflanze, vielleicht Kresse, bot. Lepidum sativum (Garten-Kresse),418 was als Salat gegessen wird.419 Das BW kann aber auch einen Fisch bezeichnen, zu mhd. kresse ‘ein fisch, gründling’.420 Kessen wäre dann durch Assimilation entstanden. Denkbar wäre auch eine Anbindung an Kessel, also eine Bodenvetiefung. Dann wäre Kessenpfuhl ein Teich in einer Bodenmulde.

415 Waldmann 1856. S. 16. 416 Kluge 2002. S. 477. 417 siehe Warte. 418 Marzell Bd. 2, Sp. 1250ff. 419 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 279. 420 Lexer Bd. 1, Sp. 1722, 50.

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Kreuz † bim grítsə Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich vor dem Bergtor bei der Liboriuskapelle. 1634 bey dem Creutze (Lb. Bl. 51v), 1634 Hinder S. Liborio beim Creutz (Lb. Bl. 128), 1934 Kreuz (FlNS), o. J. Beim Kreuze (FlNS Müller). Eine indirekte Lagebezeichnung nach einem Kreuz als Geländemerkmal. Da es in und um Heiligenstadt mehrere Kreuzesdarstellungen gibt, bleibt unklar, welche davon gemeint ist. Vor jedem der Stadttore befand sich eine Kreuzesdarstellung, wie auf dem Stadtplan von 1646 zu sehen ist.421 Der Beleg von 1671 weist auf ein Kreuz bei der Liboriuskapelle hin.422 Eventuell bezieht sich der Name auf das Kreuz vor dieser Kirche. Kreuze † Lage unbekannt. 1634 bey denn Creutzenn (Lb. Bl. 33), 1671 bey den Creützen (Lb. Bl. 623). Eine indirekte Lagebezeichnung nach Kreuzen als Geländemerkmal. Dabei kann es sich um christliche Zeichen, aber auch um Grenzzeichen handeln.423 Drei Kreuze Bei den drei Kreuzen Flur 27. Östlich der Stadt. Nördlich, unterhalb des Dün. Heute gibt es einen SN „Bei den drei Kreuzen“. 1634 dey denn dreien Creutzenn (Lb. Bl. 13v), 1749 bey denen 3 Creützeren (Lb. UA S. 25), 1777 Bey den 3. Kreützer (Lb. ON S. 231), 1777 Bey den 3. Kreüzer (Lb. UN S. 368), 1822 Bei den drei Kreuzen (Flurb. Fl. 27), 1934 Bei den 3 Kreuzen (FlNS), o. J. Bei den drei Kreuzen (Stadtplan). Eine indirekte Lagebezeichnung nach drei Kreuzen als Geländemerkmal. Vielleicht kommt die Bezeichnung von einer Kreuzigungsgruppe oder Kalvariengruppe, wie sie an manchen Orten am Ende von Kreuzwegen zu finden ist. Krippe † Lage unbekannt. 1671 bey der Krippen (Lb. Bl. 516v). Das Appellativum Krippe bezeichnet den ‘Futtertrog’, der anfänglich geflochten war.424 Indirekte Lagebezeichnung zu einer „Futterkrippe“, also ein Gestell, in dem Futter für Tiere, meist Wildtiere, bereitgestellt wird. Küchenbusch † Lage unbekannt. 1676 auf dem Küchen Busch (Grenzprot. Bl. 1v).

421 siehe Abb. 7. 422 Duval 1845. S. 467. „Die Liboriuscapelle vor dem Bergthore. Sie wird auch die Kreuzcapelle genannt von

einem darin befindlichen Kreuze welches die Inschrift hat: Anno Domini MCCCXLIIII.“ 423 Buck 1931. S. 145. 424 Pfeifer 1993. S. 735.

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Das BW zu mhd. küchen stf. ‘küche’.425 Küche ist häufig in FlN zu finden.426 Küchen könnte aber auch Verschreibung zur’Kirchen’ sein. Kuhschläge † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich ein Forstort bzw. eine Rodung. 1554 Kuheschläge (Einwort Hst. Bl. 8v, Wolf Hst. Urk. S. 75). Im BW entweder das Tier Kuh oder eine assimilierte Form zu Kuhle u. ä. Das GW bezeichnet eine „Hiebabteilung im Wald“.427 Schlag bezeichnete auch das ‘Ackerstück’,428 es können aber auch ‘Verschläge’ gemeint. Eine Bezeichnung einer Rodung, nach Verschlägen für Kühe oder Ackerflächen, die von Kühen zur Weide genutzt wurden. Im Einwort von 1554 wurde verboten, die Kuheschläge weiter zu roden.429 Kuhlsberg kūlsbark Nördlich dicht bei der Stadt. Oberhalb von Göttinger Tor und Bahnlinie gelegen. 1542 „am Kulsberge“ (WK S. 577), 1634 Am Kulsberge (Lb. Bl. 14), 1634 Ein Hopffen flecklein Am Kulsberge (Lb. Bl. 32), 1634 Am Kuhlsberge (Lb. Bl. 65v), 1634 Uffm Kauhlsberge (Lb. Bl. 118v), 1671 Uffm Kulßberge (Lb. S. 17), 1749 auff dem Kuhlsberge (Lb. UA S. 15), 1777 Kuhlsberg (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Der Kulsberg, Auf dem Kulsberge (Flurb. Fl. 14), 1856 Der Kulsberg (Waldmann S. 18), 1934 Am Kuhlsberge, der Kuhlsberg (FlNS). Das BW wohl nicht zu Kuhle „Mulde“,430 sondern eher zu Kugel. Also ein kugeliger Berg. Der Beleg von 1634 Uffm Kauhlsberge ist eine Verschreibung. Kupfermühle Bei der Kupfermühle kúpcrmilņ, kúpcrmölņ Flur 32. Südöstlich der Stadt. Ehemaliges Mühlengelände an der Geislede. Teilweise Kleingartenanlage. 1634 bey der Kupffer müllen (Lb. Bl. 13), 1671 bey der Kupffermühlen (Lb. S. 19), 1671 Uber der Kupffer Mühlen (Lb. S. 141), 1671 Bey der Kuppermühle (Lb. Bl. 509v), 1749 bey der Kupfer Mühle am geisleder weege (Lb. UA S. 78), 1777 Kupfer-Mühlen (Lb. ON Bl. V), 1800 die Kupfermühle (Wolf Hst. S. 174), 1856 Die Kupfermühle (Waldmann S. 9), 1870 Die Kupfer-M. (MTB 2668), 1934 Bei der Kupfermühle (FlNS), o. J. Kupfermühle (FlNS Müller), o. J. Kleingartenanlage Kupfermühle (Stadtplan). Indirekte Lagebezeichnung nach einer Mühle. „Ob sie ihren Namen von einem ehemals darin befindlichen Kupferhammer bekommen habe, ist nicht bekannt.“431 In Heiligenstadt gibt es einen SN Kupfergasse, dort wohnten und arbeitetn Kupferschmiede. Es ist denkbar,

425 Lexer Bd. 1, Sp. 1761, 34. 426 Buck 1931. S. 147. 427 siehe Schlag. 428 Pfeifer 1993. S. 1205. 429 Wolf 1800. Urk. S. 75. 430 Waldmann 1856. S. 18. „Er hat nach der dort gegebenen Erklärung von einer Kule den Namen.“ 431 Wolf 1800. S. 174.

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dass es eine Mühle gab, die einen Kupferhammer betrieb. Vielleicht liegt im BW aber auch ein Besitzername vor. Ein Kupferschmied könnte als Besitzer in Frage kommen. Kurzer Acker † Lage unbekannt. 1749 Kurtzer und breither acker (Lb. UN S. 329). Eine Bezeichnung nach der Form. Der Beleg weist wahrscheinlich auf zwei Äcker hin. Dieser ist ein kurzer Acker. Kurfürstenstein kūrfiršdņšdāen Südlich der Stadt. Kleine Lichtung am Rand des Ibergplateaus. Forstort. 1856 Der Kurfürstenstein (Waldmann S. 34), 1934 Kurfürstenstein (FlNS), o. J. Kurfürstenstein (Stadtplan). Das GW Stein steht hier für den Werkstoff des Denkmals oder auch synonym für dieses. Das BW drückt die Zugehörigkeit zur damit geehrten Person aus. Der Kurfürstenstein ist ein Denkmal für den Mainzer Landesherren und Erzbischof Friedrich Karl Josef. Der Sandstein-Obelisk wurde als Erinnerung an den Besuch des Fürsten im Jahre 1777 aufgestellt.432 Das Gelände zeichnet sich durch eine schöne Aussicht auf die Stadt Heiligenstadt und ihre nördliche und westliche Umgebung aus. In unmittelbarer Nähe befinden sich die Meridiansteine. Sie kennzeichnen den 10. Breitengrad nördlicher Breite. Die ursprünglichen Markierungssteine wurden durch Gymnasialdirektor Lingemann im Jahre 1803 aufgestellt.433 Lambsbachs-Kopf † Lage nicht genau bekannt. Vielleicht westlich der Stadt bei der Struth. 1671 Vorm berge bober der Struth Lambsbachß Kopp genant (Lb. Bl. 393v). Lambsbach könnte ein Gewässername sein, aber auch ein PN. Ein Berg am Lambsbach oder ein Berg, der einem Besitzer mit dem Namen Lambsbach gehörte. Lamsrott Im Lamsrott lámsrót Flur 25. Östlich der Stadt. Zwischen der Bundesstraße 80 un dem Dün an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen gelegen.434

432 Waldmann 1856. S. 34. „Gesetzt zu Ehren des Kurfürsten von Mainz Friedrich Karl Joseph Freiherrn von

Erthal am 2. September 1777.“; Erläuterungstafel am Objekt: „Kurfürstenstein. Dieses pyramidenförmige Buntsandstein-Denkmal, 447m über NN am Nordwesthang des Iberges gelegen, erinnert an den Mainzer Kurfürsten und Erzbischof Friedrich Karl Josef von Erthal (3.1.1719 - 25.7.1802). Während seines Aufenthaltes 1777 in Heiligenstadt unternahm von Erthal einen Abstecher zum Iberg und hielt von hier Umschau auf die Stadt im Leinetal und ihre Umgebung.“

433 Erläuterungstafel am Objekt: „Meridiansteine. Diese keilförmigen Markierungssteine nördlich und südlich vom Kurfürstenstein (im Volksmund Meridiansteine genannt) erinnern an die erste Landvermessung des Eichsfeldes 1803 durch Professor Joh.-Georg Lingemann (1770-1830). Der Schlussstein steht auf dem Hof des Heimatmuseums dem ehemaligen Gymnasium, dessen Direktor Lingemann war.“

434 WK 1903. S. 646f. „Die im Gemeindebezirke Westhausen, östlich von „Fluckens Hölzchen“ und unmittelbar südlich der gedachten Chaussee an der Grenze mit dem Gemeindebezirke Heiligenstadt

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1365 in loco Lamprechtsrode (WK S. 648), 1634 Im lamps Rode (Lb. Bl. 61), 1634 Im Lambs Rode (Lb. Bl. 85), 1671 Lambßroda nach der Westhausischen Landtwehr (Lb. Bl. IIv), 1671 im Lambsrodt (Lb. S. 18), 1671 in dem Lambßroda (Lb. S. 54a), 1671 im Lambseroda (Lb. Bl. 435), 1676 das Lambsroth (Grenzprot. Bl. 4), 1749 im Lambsrode (Lb. UA S. 13), 1749 im Lambsroth (lb. UA S. 19), 1749 im Lahmsrothe (Lb. ON S. 161), 1777 Lambserott (Lb. ON Bl. VI), 1777 im Lamseroda (Lb. ON S. 403), 1777 im Lambsrode (Lb. OA S. 134), 1800 in dem Lambsrode (Wolf Hst. S. 181), 1822 Lammsrott, das Lammsrott (Flurb. Fl. 25), 1903 Lammesrott (WK S. 646), 1934 das Lammsrot (FlNS), o.J Lambsrod (FlNS Müller). Der Flurname geht auf einen Siedlungsnamen zurück. Wintzingeroda-Knorr geht davon aus, dass es sich hier um die Wüstung „Lamprechtsrode“ handelt. „Dem Bearbeiter will es scheinen, als ob der Name eine Rodung im Lamms-, Lambs- oder Lämmerholze bedeutete […]“435 Das Gw weist auf eine Rodung hin.436 Das BW lässt zunächst an ‘Lamm’ denken. Durch die Verkürzung des Namens wurde diese Deutung leicht möglich. Die Belege machen dies deutlich: Lambs-, Lams-, Lamms-. Die ursprüngliche Bedeutung ist aber ‘Rodung eines Lambrecht’.437 Der Ort wird in einer Urkunde 1365 genannt. Lamsrott-Wiese † Östlich der Stadt. Nördlich unterhalb des Dün an der Grenze zu Westhausen. 1817 zwischen der Lamsrott Wiese nach dem sogen. Eselsbrunnen (Grenzprot. Bl. 59), o. J. Lammsrodwiese (FlNS Müller). Eine Wiese, die am Lamsrott lag. Landhof Südlich dicht bei der Stadt. Oberhalb der Meierei gelegen. Die Geschwister-Scholl-Straße hieß früher Landhof. o. J. Der Landhof (EHh. 1981. S. 374), 1948 Landhof (Adressbuch). GW ist das Appellativ Hof. Ein Landhof ist zunächst ein Gutshof, der auf dem Land liegt. Ähnlich wie Feldschlösschen also ein freistehendes Gebäude im Feld. Dies könnte hier zutreffen. Eine andere Bedeutung ist „Hofgarten, der geackert wird […]. Es gibt in Hst. und anderen Orten des Eichsfeldes diesen FlN. […] Landhof wird auch ‘pflugbearbeitetes Land, das von einem lebenden Zaun umschlossen wird’ genannt […].“438 Landwehr An der Landwehr lóntwēr Flur 10. Östlich der Stadt. Nördlich unterhalb des Dün an der Grenze zu Westhausen. 1554 Stadt-Landwerre (Wolf Hst. Urk. S. 69), 1554 in der Stadtlandwehr (Wolf Hst. Urk. S. 76), 1673 an „die Landwehr“ (WK S. 629), 1800 die Landwehre (Wolf S. 180),

gelegenen Feldgrundstücke heissen ebenso wie die an die zuletzt bezeichneten Ackerstücke südlich der Chaussee im Gemeindebezirke Heiligenstadt grenzenden Felder noch heute „das Lammesrott“.“

435 WK 1903. S. 647. 436 siehe Hohes Rott. 437 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 374. 438 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 374.

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1805 die Landwehre (Grenzprot. Bl. 37v), 1822 Zwischen der Landwehr und der Westhäuser Grenze (Flurb. Fl. 18), 1856 Die Landwehr (Waldmann S. 22), 19. Jh. An der Landwehr (WWK), 1934 An der Landwehr (FlNS), o. J. Landwehr (FlNS Müller). „Landwehr f., mhd. lantwer, mnd. lantwere, afries. landwere, zuerst 847 als ahd. lantweri ‘Landesverteidigung’. Diese lange Zeit einzige Bedeutung wird im späteren Mittelalter abgewandelt zu ‘Befestigungswerk im Gelände’, wie es damals die Städte vor dem Mauerring hatten. Entsprechend gilt das Wort noch in der Flurnamenforschung.“439 Landwehr bezeichnet das „Befestigungswerk im Gelände“440 zum Schutz der Insassen. Die Landwehr umgab die Gemarkung Heiligenstadt. Reste davon sind noch zu sehen als kleine Gehölze (Fluckens Hölzchen) oder als Gräben (z. B. bei der Fegebankswarte).441 Landwehr auf der Rinne † Südöstlich der Stadt. 1634 Ann der Landtwehr uff der Rinn (Lb. Bl. 94), 1671 Landtwehr Uff der Rin (Lb. Bl. 354v). Eine Bezeichnung für die Landwehr, die an der Rinne lag. Langer Acker † Westlich der Stadt. Beim Hünenstein gelegen. 1777 Beym Hühnen Stein, der lange Acker (Lb. UA S. 407). Eine Bezeichnung nach der Form. Das Attribut dient der Differenzierung (Kurzer Acker). Lange Hof † An der Leine, Lage nicht genau bekannt. 1671 ahn der Leina der Lange Hoff genant (Lb. S. 347). Lange ist Besitzername. Der Name kommt im Eichsfeld vor. Indirekte Lagebezeichnung zu einem Hof, der einem Besitzer mit dem Namen Lange gehörte. Langer Rain † Lage unbekannt. 1671 biß ahn den Knick weege ahn dem langen Rayn (Lb. ON Bl. II), 1749 biß ahn den Knickweeg an dem langen Rayn (Lb. ON Bl. VII). Das Attribut drückt die Ausdehnung des Rains aus.442 Langer Rasen Am langen Rasen dcr loŋə rōzņ Flur 27. Östlich der Stadt. In der Nähe des Gellenbaches am Dün, aber nördlich der Bundesstraße 80. Obstplantage, Wiese. 439 Müller 1986. Flurnamen. S. 67. 440 Kluge 2002. S. 556. 441 Wolf 1800. S. 180f. „Die Spuren von dem alten Graben sind unter der Elisabethen-Höhle, über der alten

Burg bis an die Leine noch sichtbar, wo selbiger die Gränze gegen Udra macht, und vom Düne herab in dem Lambsrode gegen Westhausen zu, über die Leine bis in die Gegend von Günterode, Riesbach und Mengelrode.“

442 siehe Hoher Rain.

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1934 Langer Rasen, am langen Rasen (FlNS), o. J. Der Lange Rasen (FlNS Müller). Rasen ist eine „zusammenhängende Fläche, als Träger des Graswuchses“.443 Eine Rasenfläche, die eine längliche Ausdehnung hat, ist hier gemeint. Langes Tal ‘s loŋə tōl Südlich der Stadt. Taleinschnitt zwischen dem Iberg und dem Dänersberg, führt vom Forsthaus auf dem Iberg bis zu Neunbrunnen. Forstort. Heute Buchenmischwald und Fichtenmonokultur. 1554 Langenthal (Wolf Hst. Urk. S. 75), 1805 Langenthal (Grenzprot. Bl. 35), 1856 Das lange Tal (Waldmann S. 31), 1870 Das lange Thal (MTB 2668), 19. Jh. Am langen Tal (WWK), 1934 Langes Tal, Langestal (FlNS), o. J. Langes Tal (Stadtplan). Tal ist Bezeichnung für die Bodenvertiefung.444 Näher bestimmt durch lang. Seine relative Länge gibt dem Tal seinen Namen. Es ist das Tal, das relativ lang ist. Dies stimmt mit den örtlichen Gegebenheiten überein und ist in dieser Motivation zweifelsfrei erkennbar. Ein Besitzername könnte ebenfalls als Bezeichnung gedient haben, ist hier aber eher unwahrscheinlich. Langwied † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt am Weg nach Uder. 1749 im langwiel (am udrischen wege) (Lb. ON S. 286), 1986 Langwied, Langwiel (Müller FN S. 67). „Wahrscheinlich metaphorischer (Vergleichs-) Name. Langwied f., auch n. und m. ‘die lange Stange, die Vorder- und Hinterteil eines Wagens verbindet’, ‘besondere Stange zum Verlängern des Wagens bei Langholzfuhren’ […] Langwiel dürfte Verschreibung sein.“445 Das GW zu Wiede ‘binderute; die spannkette, wodurch der hinterpflug mit dem vordergestell verbunden wird’, was ein landwirtschaftliches Hilfsmittel oder Befestigungsmittel bezeichnet.446 Lehmkuhle † lāemkūlņ Nordwestlich der Stadt. Unterhalb vom Kahlenberg gelegen. 1634 ann Kahlenberge bey der Leimen Kaulen (Lb. Bl. 104v), 1634 bey der Kalenbergischen Leimen Kuhlen (Lb. Bl. 118), 1671 bey der Leimen Kuhlen (Lb. S. 136). Das GW Kuhle wird im Eichsfeld die Grube genannt.447 Im BW das Appellativ Lehm. Es ist also eine Grube, in der Lehm abgebaut wurde. In der Nähe befindet sich auch eine ehemalige Ziegelei. Leineberg lāenəbark

443 Grimm. Bd. 14, Sp. 130, 38. 444 Bach DNK II § 287. 445 TWB Bd. 4, Sp. 63.; Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1981. S. 374. 446 Grimm Bd. 29, Sp. 1501, 59, 1). 447 Hentrich 1912. S. 78.

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Östlich dicht bei der Stadt. Zwischen der Leine und der Nordhäuser Straße. Heute SN. 1630 am Leinebergh (Lb. Bl. 82), 1671 am Leineberge (Lb. S. 109), 1777 am Leineberge (Lb. ON S. 127). Der Berg über dem Fluss Leine. Der Gewässername Leine, im 10. Jh. erwähnt als Lagina, Laina, Leine, Legine, geht auf as. lagu ‚Wasser, Meer’ zurück. Daran wäre dann ein alteuropäisches Flussnamensuffix –ana, -ina angetreten.448 Leinebrücke † lāenəbrēgņ Lage unbekannt. 1749 gegen der Leinebrücken (Lb. UA S. 171), 1777 Bey der Leine Brücke (Lb. UA S. 201). BW ist der Gewässername Leine. Eine indirekte Lagebezeichnung zu einer Brücke, die über die Leine führt. Leinegasse Westlich dicht bei der Stadt an der Stadtmauer. Heute ein Straßenname. 1822 In der Leinegasse (Flurb. Fl. 38). BW ist der Gewässername Leine. Die Gasse, die zur Leine führt, ist damit gemeint. Leinehof Im Leinehofe Flur 51. Westlich der Stadt. Zwischen der Leine und der Eisenbahnlinie Halle-Kassel. Heute Industriegebiet. 1749 im untersten Leinehoff (Lb. ON S. 183), 1777 im Leine Hof (Lb. OA S. 23), 1777 Im obersten Leine-Hofe (Lb. UN S. 209), 1749 im Leinehoffe (Lb. UA S. 38), 1822 Im Leinehofe (Flurb. Fl. 10), 1856 Der Leinehof (Waldmann S. 17), 1903 im Leinehof (WK S. 576), 1934 Im Leinehofe (FlNS), o. J. Leinehof (FlNS Müller). BW ist der Gewässername Leine. Im GW das Appellativ Hof. Der Flurname geht auf eine Hofbezeichnung, dem ‚Hof an der Leine’, zurück. Leinemühle † lāenəmölņ Nordwestlich dicht bei der Stadt. An der Leine gelegen neben der Papiermühle. 1424 by der leynemüllen (Kop. Eichsf. II 43), 1634 Hinder der Leinamüllen (Lb. Bl. 127), 1646 Lein möhl (Fluke-Abriss), 1749 Die Leina Mühlen (Lb. OA S. 405), 1800 die Leinemühle (Wolf Hst. S. 174). BW ist der Gewässername Leine. Indirekte Lagebezeichnung zu einer Mühle, die an der Leine lag.449 Leinerasen † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt.

448 Müller 1958. Ortsnamen. S. 100. 449 siehe Abb. 7. (Nr. 8).

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1671 vom Leine Raasen (Lb. Bl. 347v), 1845 der Leinehofsrasen (HS 12). BW ist der Gewässername Leine. Ein Rasen, der an der Leine oder am Leinehof lag. Leinerasen könnte deshalb auch eine Klammerform sein. Leinestieg † lāenəšdīk Lage nicht genau bekannt. Westlich der Stadt, neben dem Leinehof. 1671 bey dem leinesteege (Lb. Bl. 481v), 1749 beym Leinestiege am Kuhlsberge (Lb. UN S. 511), 1777 Bey dem obern Leinesteeg (Lb. ON S. 279). BW ist der Gewässername Leine. Stieg meint hier ‘Steg’. Eine Indirekte Lagebezeichnung zu einer kleinen Brücke, die über die Leine führte. Lettichsborn † Südöstlich der Stadt im Pferdebach an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden. 1671 Vorm Lettigsborn im pferdtbache (Lb. Bl. 448), 1671 dem Lettichßborn gegen dem Mittelberge (Lb. Bl. 724), 1856 Der Lettchensbrunnen (Waldmann S. 10). Das GW born weist auf einen Brunnen, eine Quelle hin. Das BW Lettich, zu mdal. latX bedeutet ‘Lattich’.450 Mit Lättchen wird in Nordthüringen Huflattich bezeichnet, bot. Tussilago farfara.451 „Wohl so genannt, weil er zwischen Huflattich, […] quillt, dessen unter Tabak gemischte Blätter ebenso Lettchensblätter heißen.“452 Der Lettichsborn ist also die Quelle, bei der (viel) Huflattich wächst. Die Pflanze bevorzugt Lehm- und Tonmergelböden,453 was am Lettichsborn der Fall ist. Liboriuskapelle † Südwestlich dicht bei der Stadt. Heute befindet sich dort das Grundstück des Jugendhauses „Villa Lampe“ und die Straßenkreuzung der Bundesstraße 80 mit dem Holzweg und dem Kasseler Tor. Auf die Kapelle weist heute noch der SN Liboriusstraße hin. 1470 zu St. Liborius (Wolf Hst. Urk. S. 46), 1634 S. Liborii Kirchen (Lb Bl. 3), 1634 bey S. Liborii Kirchenn (Lb. Bl. 32), 1634 Hinder S. Liborio beim Creutz (Lb. Bl. 128), 1646 S. Liborius (Fluke-Abriss), 1671 neben S. Libori Capell (Lb. Bl. III), 1671 bey S. Libori Kirchen (Lb. S. 55), 1671 hinter der Clauß St. Libori (Lb. Bl. 410), 1749 bey St. Libory Capellen (Lb. UA S. 22), 1777 Neben St. Lieborie-Capellen (Lb. ON Bl. VI), 1777 Bey der Lieborius Capellen (Lb. UN S. 478), 1800 die Liborius-Kapelle (Wolf Hst. S. 126, S. 157), 1822 Bei der Liborius Kapelle, Hinter der Liborius-Kapelle (Flurb. Fl. 38), 1845 Die Liboriuscapelle vor dem Bergthore (Duval S. 467), 1909 Liboriuskapelle vor dem Bergtore (Rassow S. 190), 1934 Liborius Kapelle (FlNS). Nach der Kapelle, die dem Hl. Liborius geweiht war.454 Die Kapelle stand bis 1811. Die Kapelle diente als Geländmerkmal und kommt so in indirekten Lagebezeichnungen vor (Bei der Liboriuskapelle, Hinter der Liboriuskapelle).

450 Hentrich 1912. S. 76. 451 Marzell Bd. 4, Sp. 867ff.; Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 69. „Huflattich, mdal. Lätn.“ 452 Waldmann 1856. S. 10. 453 Marzell Bd. 4, Sp. 851. 454 siehe Abb. 7. (Nr. 7).

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Liesebühl Am Liesebühl līzəbīl Flur 46. Westlich dicht bei der Stadt. Hang an der Bundesstraße 80, südlich der Leine. 1671 am Leüsebühl (Lb. Bl. 346v), 1671 Unterm Leüsebiehl (Lb. Bl. 354), 1749 auf dem Liesebiehl (Lb. ON S. 169), 1777 Ein Brennoffen am Liesebühl (Lb. UN S. 136), 1777 am Liesebiel über dem Brennofen gegen dem Hospital über (Lb. UN S. 576), 1845 Der Lüsebühls-Rasen (HS 12), 1856 Der (das) Liesebühl (Waldmann S. 34), 1934 das Liesebühl (FlNS), o. J. Liesebühl (FlNS Müller), o. J. Liesebühl (Stadtplan). Das GW bühl bedeutet ‘Hügel’. „Im BW liegt Läusekraut > mdal. līzəkrüt vor. Meist handelt es sich um eine abschätzige Beurteilung […]. Es handelt sich durchweg um nicht sonderlich günstige Böden am Hang oder auf Hügeln […].“455 Liesebühl wäre demnach ein Hügel, wo Läusekraut wächst. Aber es gibt auch noch andere Erklärungen: „Der Name Liesebühl (Linsenbiehl) kommt nicht nur in Heiligenstadt und im Eichsfeld vor, sondern er findet sich in ganz Deutschland in allen möglichen Formen und Zusammensetzungen wie Lüseberg, Läuseberg, Läusebühl und dergleichen. Einen Liebebühl haben wir nordwestlich von Rengelrode, bei Rumerode, einen Lust- oder Luseplatz am Ohmgebirge und das „Liesenbühl“ bei Kirchworbis. Diese Namen haben mit Linsen und Läusen nicht zu tun, sondern kommen von dem ahd lûzen, lûsen = lauern, spähen, Ausschau halten. Lûz, Lûze = Versteck, Hinterhalt. Wir gebrauchen heute noch mundartlich „linsen“ in der Bedeutung scheuen, spähen. Also heißt Liesebühl nichts anderes als Hügel, Anhöhe, von wo man Ausschau hält, Spähhügel oder Beobachtungsposten. Der Liesebühl vor dem Bergtore in Heiligenstadt war der geeignetste Ort, von dem man das Leinetal überschauen und beobachten konnte.“456 Liethen Auf den Liethen an dcr līdņ Flur 24, 27. Nördlich der Stadt. Oberhalb von Spielplatz und Vogelstange. Das Wohngebiet, eine typische Plattenbausiedlung der DDR, trägt heute diesen Namen. 1671 ahn der Lieden (Lb. Bl. 456v), 1749 an der lüden (Lb. UA S. 13), 1749 an der lieden (Lb. ON S. 38), 1777 An der Lüden (Lb. ON S. 19), 1777 auf der Lieden an der Hornischen Länderey und der Schottischen Lehländerey (Lb. OA S. 362), 1822 Lieden, Auf den Lieden (Flurb. Fl. 15), 1856 Auf der Liten (Waldmann S. 18), 1934 Auf der Liethen (FlNS). o. J. An der Liete (FlNS Müller), o. J. Liethen (Stadtplan). Liethen ist eine Bezeichnung nach der Lage im Gelände. „Das ahd. hlîta, Graff 4, 1096, mhd. Lîte, Müller S. 1013, schwäbisch Leite ist Bergabhang.“457 „Ahd. (h)līta, mhd. līte swf. ‘Abhang’, nhd. Leite. Dieses oberdeutsche Wort kommt, wie die Belege zeigen, nur ganz sporadisch auf dem Eichsfeld vor. Das gilt nur für die urkundl. Belege, im Volksmund begegnet nur lītə.“458 Es ist also ein Bergabhang mit Liethen bezeichnet. Die Realprobe stimmt damit überein. Das Gelände fällt zur Leine hin ab.

455 Müller 1986. Flurnamen. S. 68. 456 UE 1939. S. 142. 457 Waldmann 1856. S. 18. 458 Müller 1986. Flurnamen. S. 69.

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Lindenbusch † Lage unbekannt. 1822 bei dem sog. […] Lindenbusche (Flurb. Bl. 465a). GW ist das Appellativ busch, mit dem BW ist der Baum Linde (Tilia spec.) gemeint, und nicht ein PN Linde. Also eine Bezeichnung nach einem Gebüsch aus Linden. Lingemanns Ort Lingemanns Ort liŋəmansórt Flur 12. Südlich der Stadt. An der Straße nach Kalteneber. Forstort. Heute Buchenmischwald. 1805 am Lingemannsort (Grenzprot. Bl. 37), 1856 Lingemanns Ort (Waldmann S. 33), 19. Jh. Lingemannsort (WWK), 1934 Lingemannsort (FlNS). „Ort hat hier jedenfalls noch seine alte Bedeutung, Spitze, Ecke, Winkel, wie in Schusterort, ahd. ort, ags. ord. […] Lingemann ist Lindemann in unserer Mundart, vergl. Ringe für Rinde, also gebildet wie Eichmann, Buchmann.“459 Das GW Ort ist eine Bezeichnung für eine „Spitze“, z.B. ‚Landspitze bei Flussmündungen’460 aber auch für Grenzanlagen.461 Hier ist wahrscheinlich das ‚spitze Flurstück’ gemeint. Im BW ein PN Lingemann. Wahrscheinlich der Name des einstigen Besitzers. Der Name könnte aber auch als Ehrung für den Heiligenstädter Gymnasiallehrer Lingemann zu verstehen sein, der eine Landvermessung durchführte und im Heiligenstädter Stadtwald Meridiansteine setzen ließ. Allerdings führt Lingemann den Namen bereits in seinem Grenzprotokoll von 1805 auf, vielleicht hat er seinen Familiennamen dabei aber selbst verewigt.462 Der Familienname Lingemann kommt im Eichsfeld vor, häufiger ist aber die Form Lindemann. Im Eichsfeld ist Linge die Mundartform für Linde. Die Bedeutung des Familiennamens ist demnach ‚der an der Linde wohnt’.463 Linsmühle An der Linsmühle línsmölņ Flur 38. Südöstlich der Stadt. An der Geislede und der Straße nach Geisleden gelegen. 1856 Lins Mühle (Waldmann S. 9), 1903 von der Liesmühle (WK S. 964), o. J. die Linsmühle des Karl Kühne (Rep. Hst.), o. J. Linsmühle (FlNS Müller). Im BW ein PN Lins, welcher der Besitzer der Mühle war. „Der Besitzer hieß Lins, dieser verkaufte die Mühle an Kühne, welcher ein Sägewerk daraus machte.“464 „Ebenso hat vom

459 Waldmann 1856. S. 33. 460 Bach DNK II § 303. 461 Bach DNK II § 376. 462 Bach DNK II § 697. „Hie und da ist neuerdings zu beobachten, daß die Vermessungsbeamten ihre eigenen

FN und die von Beamten der von ihnen vermessenen Gemarkungen in den neuen Namenschatz der Gemarkung und in ihre Karten aufnehmen.“

463 Müller 1988. Personennamen. S. 36. 464 FlNS Müller.

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Besitzer den Namen Lins Mühle. Aber Lins hat die Bedeutung eines Genitivs…“465 Es ist also die ehemalige Mühle des Lins, die dem Flurstück den Namen gab. Littweg † Lage unbekannt. 1554 Littweg und Hohe Schneisse (Einwort Bl. 6v; Wolf Hst. Urk. S. 73). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg. Das BW ist vielleicht Letten m. mit der Bedeutung ‘Lehmboden’,466 zu mhd. lette swm. ‘Lehm’.467 Oder zu Liete, was wegen der Vokallänge unwahrscheinlich ist. Loh † lō, ovņ lō Westlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich am Lohgrund. 1671 uffm lohe (Lb. Bl. 550), 1749 am Lohe (Lb. OA S. 543), 1749 In- und vor denen 3 lohen (Lb. ON Bl. VII), 1749 auff dem Lohe (Grenzprot. Bl. 6), 1777 In- und Vor den 3. Lohen (Lb. ON Bl. VI), 1777 zwischen den Lohen (Lb. UN S. 424). Loh, zu ahd. lōh stm. ‚hain’, mhd. lôch stmn. ‚gebüsch; wald, gehölz’ oder mhd. lô stm. ‚zur lohegewinnung angelegtes gehölz’,468 bezeichnet einen Ort mit lichtem Wald oder Gebüsch. „Ahd. loh, m., n., ‚Gebüsch, Wald’, urverwandt mit lat. lucus und zu lucere gehörig, also zunächst wohl ‘lichter Wald’ (in dem geweidet wird), Waldwiese, -blöße.“469 Bei der Bezeichnung handelt es sich wohl nicht um ein religiöses Motiv. „Wahrscheinlich geht es bei den mit Loh bezeichneten Wäldern um Gehölze mit lichten Stellen und Graswuschs als Viehweide, vielleicht auch als Versammlungsplatz.“470 „Das ahd. lôh, lô, mhd. lôch, lô ist lucus, Gebüsch, niedriges Holz, Busch, Wald. Kommt hier oft vor als Name von Feldgegenden, auch das Deminutiv [sic!] Löhchen…“471 Hinterstes Loh † Westlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 Uffm Hinderstn Lohe (Lb. Bl. 373v), 1749 am hintersten Lohe (Lb. UA S. 63), 1749 auff dem hintersten Lohe (Lb. OA S. 472), 1822 auf dem hintersten Lohe (Flurb. Fl. 1), 1856 Das hinterste und vorderste Loh und der Lohgrund (Waldmann S. 13), 1934 Hinterste Loh (FlNS). Bezeichnet den hinteren Teil des Loh, des lichten Gehölzes. Vorderstes Loh † Westlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1777 Am Vordersten Lohe (Lb. UN S. 402), 1856 Das hinterste und vorderste Loh und der Lohgrund (Waldmann S. 13), 1934 vorderste Loh (FlNS). Bezeichnet den vorderen Teil des Loh, des lichten Gehölzes. 465 Waldmann 1856. S. 9. 466 Kluge 2002. S. 571.; Buck 1931. S. 162. 467 Lexer Bd. 1, Sp. 1890, 29. 468 Schützeichel 2006. S. 219.; Lexer Bd. 1, Sp. 1949, 43.; Lexer Bd. 1, Sp. 1946, 14. 469 Bach DNK II § 362. 470 Meineke 2003. S. 24. 471 Waldmann 1856. S. 13.

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Lohgrund Im Lohgrunde, Über dem Lohgrunde lōgront, əm lōgrond Flur 1. Westlich der Stadt. Nördlich der Leine. Ackerland, Gärten, ein alter Steinbruch. 1634 Uffm Lohegrunde am Rengelröder feldt gewende (Lb. Bl. 107v), 1749 im Lohegrunde (Lb. UA S. 11), 1777 Auf dem Loh-Grund (Lb. ON S. 243), 1777 im lohegrunde (Lb. OA S. 306), 1822 Der Lohgrund, auf dem Lohgrunde (Flurb. Fl. 1), 1856 Das hinterste und vorderste Loh und der Lohgrund (Waldmann S. 13), 1934 Lohgrund (FlNS), o. J. Der Lohgrund (FlNS Müller). Das GW bezeichnet eine Geländevertiefung.472 Das Tal am Loh ist so bezeichnet. Vorderer Lohgrund † Westlich der Stadt. Nördlich der Leine gelegen. 1634 Uffm fürdersten Lohe grunde (Lb. Bl. 3), 1777 Auf dem Vordersten lohe grunde (Lb. OA S. 224), 1822 das Ufer des vordersten Lohgrundes (Flurb. Bl. 163). Bezeichnet den vorderen Teil des Lohgrundes. Hinterer Lohgrund Im hintersten Lohgrunde Flur 1. Westlich der Stadt. Nördlich der Leine gelegen. 1634 Uff dem Hindersten Lohegrunde (Lb. Bl. 15), 1671 auff dem hindersten Lohegrunde (Lb. Bl. 355), 1777 Auf dem hintersten Lohe-Grunde (Lb. UN S. 295), 1822 der hinterste Lohgrund (Flurb. Fl. 1), o. J. Hinterm Lohgrund (FlNS Müller). Bezeichnet den hinteren Teil des Lohgrundes. Mittlerer Lohgrund † Westlich der Stadt. Nördlich der Leine gelegen. 1634 Uff dem mittelsten Lohegrunde (Lb. Bl. 15), 1634 Uff dem mitteln Lohegrunde (Lb. Bl. 19), 1777 Auf dem mittelsten Loh-Grund (Lb. ON S. 91). Bezeichnet den mittleren Teil des Lohgrundes. Loßgut † Lage unbekannt. 1777 an Franz Fiedelers Loß-Guth (Lb. ON S. 63). Eine Bezeichnung nach einer Abgabe. Los, zu mhd. lœse swf. ‘wiederauslösung eines verpfändeten gutes’.473 Der Laß ist „ein Einwohner, dem ein Stück Land überlassen wird, dem Herrn den Zins an Getreide zu liefern.“474 Das jährliche Einkommen von den Laßgütern nahm die Stadtkämmerei ein. „Laßgüter werden solche Grundstücke genannt, die von Steuern zwar frei sind, jedoch an die Kämmerei Etwas gewisses, als 5, 10 bis 12

472 siehe Grund. 473 Lexer Bd. 1, Sp. 1957, 46. 474 Wolf 1800. S. 237. [Frischens Wörterb. S. 577]

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Kgr. jährlich geben müssen.“475 Die Mundart spricht meist ein an o angenähertes a, weshalb die Schreibung Loßgut zustande kommt. Lückscher Hof Im Lückschen Hof, Im Lück’schen Hof lügšə hōf Flur 1, 51. Westlich der Stadt. Nördlich der Leine, zwischen Bundesstraße 80 und der Eisenbahnlinie Halle-Kassel, westlich von Im Leinehofe. Industriegebiet. 1634 Under der Lückischen Hoffe (Lb. Bl. 19), 1671 ober der Lüdikischn Hoffe ohngefehr Vom alten Schoffstege (Lb. Bl. 624), 1777 im Lückischen Hofe (Lb. OA S. 75), 1749 am Lüdickischen Hoffe (Lb. ON S. 77), 1822 Der Lücksche Hof, Im Lückschen Hofe (Flurb. Fl. 41), 1856 Lückscher Hof (Waldmann S. 22), 1934 Lück’scher Hof (FlNS), o. J. Der Lückische Hof (FlNS Müller). GW ist Hof. Attribut ist ein Familienname im Genitiv, wahrscheinlich ein Besitzername Lücke, zu nd. lütt, lück ‚klein’ oder zu Lücke ‚Durchgang, besonders im Dorfzaun, enge Gasse’.476 Der Name Lücke kommt im Eichsfeld häufig vor. Im Fall einer Bedeutung ‚klein’ wäre der Name aus dem Niederdeutschen gekommen. Es handelt sich bei dem Flurnamen um das ‚Gebiet im Hof des Lücke’. Luttergrund əm lutcrgront Südwestlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Lutter. Forstort. Buchenmischwald. 1772 in lutter grund (Kib. Marien S. 65), 1777 im Lutter Grund (Lb. UN S. 388), 1805 im Luttergrunde (Grenzprot. Bl. 41), 1822 Hinter dem Luttergrunde (Flurb. Fl. 40), 1856 Der Luttergrund (Waldmann S. 33), 19. Jh. Am Luttergrund (WWK), 1903 Luttergrund (WK S. 667), 1934 Am Luttergrund (FlNS). Das GW grund für eine Geländevertiefung vor, im Eichsfeld auch mit der Bedeutung ‘Wiesengrund’.477 Im BW enthalten ist der Siedlungsname Lutter, ein Nachbarort südwestlich von Heiligenstadt. Der Ortsname leitet sich von dem Gewässernamen Lutter ab, einem Bach, „der zu ahd. (h)lūtar, mhd. lūter ‘hell, klar, rein, lauter’ (Bach DNK II 1 § 298) und –aha gehört.“478 Die Lutter ist also ein Bach mit klarem, reinen Wasser. „Die Lutterbäche im Eichsfeld führen aufallend klares, helles Wasser.“479 Der Luttergrund ist demnach die Geländevertiefung, wo die Lutter fließt. Lutterstieg † lutcršdīk Südwestlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Lutter. Forstort. Buchenmischwald.

475 Wolf 1800. S. 237. „Dergleichen sind: a) 41 unbebaute Kothstäten, b) die Gärten auf dem ehemaligen

Stadtgraben, c) due Aecker neben der alten Wiese nach der Stadtmauer zu, d) die sogenannten Berge (Gärtenplätze) am Düne, Reckebühl, im Gerengrunde und am Iberge bis an den Bahnerstieg, e) die Wiesen im Teiche und im Pferdbache.“

476 Müller 1988. Personennamen. S. 37. 477 siehe Grund. 478 Müller 1958. Ortsnamen. S. 55. 479 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 74.

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1554 Lutter-Stieg (Einwort Bl. 8v; Wolf Hst. Urk. S. 75), 1671 am Lütterischn Stiege (Lb. S. 101), 1671 nach dem Lauthr stiege (Lb. S. 249), 1749 Ein berg am Lutterstiege (Lb. UA S. 45), 1777 Am Lutter stiege (Lb. ON S. 5), 19. Jh. Am Lutterstieg (WWK), 1934 Lutterstieg (FlNS). Eine Bezeichnung zu dem Stieg, der nach Lutter führt. Der Weg steigt stark an. Lutterwiesen † lutcrwēzņ Südwestlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Lutter. Forstort. Buchenmischwald. 1671 Lutterwiesen (Lb. S. 189), 1675 zwischen den Luttrischen wiesen (HC S. 261). Eine Bezeichnung für die Wiesen, die am Bach Lutter oder im Luttergrund liegen. Vielleicht eine Klammerform zu ‘Luttergrundswiesen’. Madeholz Südöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Geisleden und Flinsberg gelegen. Das Madeholz erstreckt sich über die Gemarkungsgrenzen.480 Forstort. 1333 Madenfeld (Wolf Hst. Urk. S. 69), 1805 im Madeholze, vor dem Madeholze (Grenzprot. Bl. 29v), 1856 Das Madeholz, anstoßend an das Madefeld (Waldmann S. 30), 1903 „das Madeholz“ (WK S. 674). Im BW Mad(e) mit der Bedeutung ‘Mahd’. „Mad ist ein Ort, wo gemäht werden kann, vornehmlich in Wald und Gebirg.“481 Also ein Wäldchen, bei dem gemäht wird. Gemäht werden kann aber nur die Wiese an diesem Wäldchen, das Madefeld. Deshalb vielleicht ein Klammername zu ‘Madefeld-Holz’.482 Folgende Sage wird über das Madeholz berichtet: „Die Herrin von der Egelsburg, welcher der Mittelberg und die an denselben gränzende Waldung gehörte, verlangte von den Geisledern, daß sie ihr einen Weg zur Kirche durch ihr Feld gewähren möchten. Sie bot dafür nicht weniger als ihre Waldungen, aber die Geisleder, damals reich und stolz wie eine kleine Hansestadt wollten nicht. Nun diente aber auf der Egelsburg eine Magd (plattd. Mahd) aus Geisleden. Dieser schenkte die Burgfrau wegen langjähriger, treuer Dienste auf ihrem Sterbebette einen Theil ihrer Wälder, und die gute Magd schenkte ihn später wieder ihrem Dorfe. So erwarb dieses durch eine Mahd das Madeholz; die Heiligenstädter bekamen damals den Mittelberg.“483 Maienwand māeənwont Südwestlich der Stadt. Südwestlicher Abhang des Struthberges, oberhalb der Ortschaften Uder und Lutter. 19. Jh. An der Maienwand (WWK), 1934 An der Maienwand (FlNS), 1919 die Maienwand (UE 14. S. 10), o. J. Maienwand (Stadtplan).

480 WK 1903. S. 674. „Auch die in dem südlichsten Teile des Gemeindebezirks Geisleden und in dem

südöstlichsten Teile des Gemeindebezirks Heiligenstadt gelegenen, an „das Madefeld“ im Flinsberger Gemeindebezirke angrenzenden Waldungen heissen das “Madeholz“ […].“

481 Waldmann 1856. S. 29. 482 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 75. 483 Waldmann 1856. S. 30.

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Im GW liegt Wand vor, was hier als ‘Bergwand’ zu verstehen ist. Das BW Maien bezeichnet das frische Grün, das als Schmuck dient. Im Thüringischen ist die Maie f. ‚die als Festschmuck benutzte frischbelaubte Birke, frisches Birkengrün’.484 Die Bezeichnung „Maiberge“ ist in Verbindung mit Volksbräuchen zu sehen,485 was auch hier die Motivation gewesen sein wird. „Die Maien-Namen hängen zum großen Teil mit dem frischen Grün der Birken zusammen […]. Mit frischen „Maien“ schmücken bedeutet mit frischen Birkenreisern zieren, wie es zum Beispiel bei der Heimensteiner Kirmes in Hst. der Brauch ist und auch andernorts (Maibaum!). Besonders zu Pfingsten ist die Birke der Baum, der im Brauchtum eine Rolle spielt.“486 Heute finden sich in dem Gebiet noch vereinzelt Birken. Jugendliche ziehen in der Nacht zum 1. Mai zum sogenannten „Maisprung“ unter anderem zu dieser Stelle. Mit frischem Birkengrün werden zum Kirchweihfest die Häuser geschmückt, so z. B. bei der traditionellen „Heimensteiner Kirmes“, die am Pfingstwochenende beginnt. Margarethenbrunnen margarētņ born Südwestlich dicht bei der Stadt. Eine Straße dort heißt heute Margarethenweg. Neuere Stadtpläne setzen ie Bezeichnung mit Elisabethbrunnen (an der Elisabethhöhe) gleich. 1800 Der Margarethenbrunnen unter der Pfaffenlinde (Wolf Hst. S. 182), 1845 Der Margarethenbrunnen unter der Pfaffenlinde (Duval S. 454, Anm. 1), 1856 Margarethenbrunnen (Waldmann S. 11), o. J. Margarethenborn (FlNS Müller), o. J. Margaretenbrunnen (Stadtplan). Das BW Margarethe ist wahrscheinlich ein Besitzername. Denkbar ist auch ein Heiligenname. Elisabethbrunnen und Margarethenbrunnen „[…] haben ihre Namen von den Heiligen, denen bei ihnen Verehrung erwiesen wird.“487 Das Wasser des Brunnens wurde zur „Sprudelherstellung“ von der Firma Otterpohl genutzt.488 Wolf beschreibt das Wasser diese Quelle als das gesündeste. 489 Marienstieg † Lage unbekannt. 1749 Ein berg am Marienstieg (Lb. OA S. 338). Das GW stieg ist eine Bezeichnung für einen meist steil ansteigenden Weg. Das BW ist ein PN, entweder ein Besitzername, wahrscheinlicher aber zur Verehrung einer Heiligen so bezeichnet. Der Name ist im Zusammenhang mit der Volksfrömmigkeit zu sehen. 484 TWB Bd. 4, Sp. 435. „Mit Maien schmückte man zu Pfingsten Häuser und Kirchen, indem man junge

Birken vor den Türen oder auch Birkenzweige an den Hausfenstern anbrachte.“ 485 Kleiber 1985. S. 2139. 486 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 75. 487 Waldmann 1856. S. 11. 488 FlNS Müller. 489 Wolf 1800. S.182f. „Der Margarethen-Brunnen unter der Pfaffenlinde wird für den gesündesten unter

allen gehalten, und deswegen sowohl Gesunden als Kranken von den hiesigen Aerzten empfohlen. Er wird durch Sandfelsen geläutert und ist bei Menschengedenken nicht ausgetrocknet. Die Hauptquelle hat der Rath 1794 um der Reinigkeit willen einfassen und mit einem Gewölbe bedecken lassen.“

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Marx Mütze † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich südöstlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden gelegen. 1805 In der Marx-mütze (Grenzprot. Bl. 27v), 1856 Marx Mütze (Waldmann S. 28). Waldmann gibt zur Erläuterung nur an: „Marx ist als Gen. anzusehen.“490 Es ist also die Mütze eines Markus. Das GW Mütze gibt Rätsel auf. Müller sieht darin einen metaphorischen Namen.491 Aufgrund der Belege ist eine andere Deutung kaum möglich. Mäuerchen † Lage nicht genau bekannt, wahrscheinlich östlich der Stadt beim Gellenbach. 1671 auffm Maürchn im gellenbach (Lb. Bl. 551), 1749 auff dem Mäurgen (Lb. S. 21), 1777 Auf dem Mäurgen (Lb. ON S. 73), 1934 auf dem Mäuerchen (FlNS). Ein Diminutiv zum Appellativ Mauer. Die Bezeichnung kommt „oft von alten vordeutschen (römischen und barbarischen) Grundmauern, oft auch von untergegangenen späteren Niederlassungen, oft eine gewöhnliche Umfassungsmauer.“492 Wenn das Flurstück am Dün beim Gellenbach lag, könnten Reste der Wüstung Lambrechtsrode den Namen motiviert haben. Maulsecke † Nördlich der Stadt. Oberhalb vom Steingraben gelegen. 1634 Inn Mauls Ecken (Lb. Bl. 133), 1671 ahn Mauls Ekhe (Lb. S. 77), 1671 ahn Mulßekhe (Lb. Bl. 345v), 1671 in Muhls Ecke (Lb. Bl. 410), 1777 An Mauls-Ecken (Lb. S. 221), 1749 an Mauls Ecken (Lb. UA S. 26), 1822 Mauls-Ecke auf dem Steingraben, An Maulsecke (Flurb. Fl. 11), 1856 Die Mulsecke oder Maulsecke (Waldmann S. 17), 1934 Mulsecke (Maulsecke) (FlNS). Das GW bezeichnet vorspringende Felsen oder Landwinkel (zwischen Gewässern).493 Im BW der PN Maul oder Mul, wahrscheinlich ein Besitzername. „Entweder wie die Ecke eines Maules, oder Mauls Ecke, denn Nik. Mauls war hier 1586, 90 und 92 Burgemeister, […].“494 Das Lagerbuch nennt 1671 einen Mathes Maul (Lb. Bl. 499), ein weiterer Beleg von 1671 von Mathes Mulß stette (Lb. Bl. 499), mehrere jahre war Nikolaus Maul Bürgermeister.495 Demnach wäre Maulsecke, die Ecke, die einem Besitzer mit dem Namen Maul gehörte. Mūl ist mdal. für Maul und bewahrt alten Lautstand. Mäusewinkel † mīzəweŋļ Östlich der Stadt. An der Straße nach Geisleden, unterhalb vom Hitzekopf im Tal der Geislede gelegen. Forstort. 1856 Der Mäusewinkel (Waldmann S. 28), 19. Jh. Mäusewinkel (WWK), 1934 Mäusewinkel (FlNS).

490 Waldmann 1856. S. 28. 491 Müller 1986. Flurnamen. S. 71.; siehe Jesuitenmütze. 492 Buck 1931. S. 176. 493 Bach DNK II § 291. 494 Waldmann 1856. S. 17. 495 Wolf 1800. S. 223. [1586, 1590, 1592]

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Das GW winkel weist auf eine begrenzte Lage hin. „Winkel sind zwischen Flußkrümmungen oder zwischen Bergen und Wäldern einbiegende Landstücke“.496 Das BW Mäuse ist das heute gebräuchliche Appellativ. Mäusewinkel ist eine Bezeichnung nach den dort vorkommenden Tieren. Meierei Hinter Meierei māeərei Flur 40. Südlich der Stadt unterhalb des Iberg. Heute Stadtgebiet. 1777 hinter der Meyerey (Lb. ON S. 35), 1777 bey der Meyerey Vor dem Bergthor an dem Stifts-Garthen an der Kleinen Gassen nach der alten Wiesen (Lb. UN S. 91), 1800 Meierei vor dem Bergthore (Wolf Hst. S. 175), 1822 Bei der Meierei, Hinter der Meierei (Flurb. Fl. 37), o. J. Meierei (FlNS Müller). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Gutshof. Die Meierei war ein Pachthof, der seit 1739 besteht.497 Der Meier ist der „Pächter eines Gutes“.498 Die Pächter und späteren Besitzer waren Mitglieder der Familie Poppe. Der ehemalige Meiereihof wurde deshalb auch Poppens Hof genannt. Als das heutige Verwaltungsgebäude und Gelände der Polizei und des Katasteramtes errichtet wurde, musste der Gutshof weichen. Mengelröder Berg † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nordwestlich der Stadt. 1777 am Mengelröder berge (Lb. S. 223). Das Attribut ist der Siedlungsname Mengelrode. Der ON Mengelrode geht zurück auf die ‘Rodung eines Mangold’.499 Ein Berg, der in Richtung Mengelrode liegt. Mengelröder Feldgewende † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nordwestlich der Stadt. 1671 am Mengelrödischn feldtgewende (Lb. Bl. 446). Attribut ist der ON Mengelrode. Eine Bezeichnung nach dem Feldgewende, das nach Mengelrode hin liegt.500 Mengelröder Schleifweg † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nordwestlich der Stadt. 1671 am Mengelrödischn Schleiffweege (Lb. Bl. 472), 1749 am Mengelröder Schleiffweege (Lb. OA S. 273). Attribut ist der ON Mengelrode. Eine Bezeichnung nach dem Schleifweg, der nach Mengelrode führt.501

496 Schnetz 1952. S. 37. 497 Wolf 1800. S. 175. „Die so genannte Meierei vor dem Bergthore, welche von dem Regierungsrathe und

Landschreiber Kolligs 1739 angelegt worden ist. Sie besteht aus einem Wohnhause, Scheuern und Stallungen für die Landwirthschaft.“

498 Kluge 2002. S. 610. 499 Müller 1958. Ortsnamen. S. 58. 500 siehe Heiligenstädter Gewende. 501 siehe Schleifweg.

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Mengelröder Weg Am Mengelröder Wege meŋļrēdcr wāk Flur 3. Nordwestlich der Stadt, westlich vom Richteberg. 1634 Uff dem Mengelröder wege (Lb. Bl. 25), 1749 am Mengelröder weege (Lb. UA S. 82), 1822 bis an den Mengelröder Weg, der Dünbachsrasen (Flurb. Bl. 350), o. J. Mengelröder Weg (FlNS Müller). Attribut ist der ON Mengelrode. Eine Bezeichnung nach dem Weg, der nach Mengelrode führt. Mergel Auf dem Mergel ovm mérjəļ Flur 31. Südöstlich der Stadt an der Geislede, zwischen der Straße nach Geisleden und der Straße nach Flinsberg, neben der Herrenwiese. Heute Gelände der Papierfabrik. 1634 Uffm mergel (Lb. Bl. 46), 1671 auff dem Mergell (Lb. S. 19), 1671 auff dem Mergell bey der Kupfermühlen (Lb. Bl. 457), 1777 Auf dem Mergel (Lb. ON S. 515), 1749 auff dem Mörgel (Lb. UA S. 23), 1822 Auf dem Mergel (Flurb. Fl. 31; Fl. 32), 1934 Auf dem Mergel (FlNS). Mergel bezeichnet eine fette Kalkerde, Dungerde, zu mhd. mergel stm. ‘mergel, eine fette düngererde’.502 Mergel wurde abgebaut, um für die Düngung der Felder zu dienen. Der Ertrag wurde dadurch eheblich gesteigert: „Märgelerde gibt es genug an der Geißlede; […] dergleichen findet man bei der Kupfermühle; solche ist vortrefflich zum Düngen und erhält sich auf 15 bis 20 Jahre.“503 Kleine Mergelkuhle † Südöstlich der Stadt. Bei der Kupfermühle gelegen. 1671 ohnweit der Kupffermühle uff die Kleine Mergel Kugel stoßend (Lb. Bl. 447). Das GW Kuhle bezeichnet eine Grube. Eine Grube, in der Mergel gegraben wurde. Das Attribut drückt die geringe Größe der Grube aus. Mittelberg Der Mittelberg, Unter dem Mittelberge medļbārk Flur 13, 31, 32. Südöstlich der Stadt. Erhebung zwischen dem Tal der Geislede und dem Pferdebachtal. 1554 Mittelberg (Einwort Bl. 6v; Wolf Hst. Urk. S. 73), 1671 Unterm mittelberge (Lb. Bl. 424), 1749 unterm Mittelberg (Lb. UA S. 15), 1777 Vor dem Mittelberg (Lb. ON Bl. V), 1800 zwischen dem Mittelberge (Wolf Hst. S. 182), 1822 unter dem Mittelberge (Flurb. Fl. 32), 1856 Der Mittelberg (Waldmann S. 28), 19. Jh. Mittelberg, Vorderer Mittelberg (WWK), 1903 im Forstorte „Mittelberg“ (WK S. 284), 1934 Mittelberg(e) (FlNS), o. J. Mittelberg (FlNS Müller), o. J. Mittelberg (Stadtplan).

502 Lexer Bd. 1, Sp. 2110, 22. 503 Wolf 1800. S. 183.

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Das GW ist die Allgemeinbezeichnung für eine Erhebung. Das BW gehört zu mhd. mittel adj. ‚in der mitte’.504 Der Name bezeichnet einen Berg, der in der Mitte gelegen ist, vielleicht zwischen Iberg und Dün. Mollenfelds Hof † Lage unbekannt. 1671 ahn Mollenfeldts Hoffe (Lb. Bl. 703). Mollenfeld ist ein PN, wahscheinlich ein Besitzername. Das Lagerbuch von nennt 1634 Hanns Mollenfeldt (Lb. Bl. 37), und 1671 Ursula Mollenfeldt (Lb. Bl. 786v). Das Attribut ist ein PN, wahrscheinlich der Besitzer. Eine indirekte Lagebezeichnung zu einem Hof, der einem Besitzer mit dem Namen Mollenfeld gehörte. Mollengrund mólņgrónt Südöstlich der Stadt. Zwischen dem Pferdebachtal und der Gemarkungsgrenze zu Geisleden bei der Egelsburg gelegen. 1671 under dem Mollengrunde (Lb. S. 159), 1777 im Mollen Grund (Lb. UA S. 329), 1800 Mollengrund (Wolf Hst. S. 185), 1805 über dem Mollengrunde (Grenzprot. Bl. 28v), 1805 Mollengrund (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Der Mollengrund (Waldmann S. 28), 1934 Mollengrund (FlNS), o. J. Verpachtung des Steinbruchs im Mollengrnde (Rep. Hst. S. 84). Das GW bezeichnet eine Geländevertiefung.505 Molle ist niederdeutsch für Mulde.506 Es handelt sich also um eine längliche Bodenvertiefung. Im Eichsfeld ist die Molle als längliches Holzgefäß bei der Wurstverarbeitung bekannt. „Der Mollengrund, d. h. der muldenförmige Grund vom plattd. Molle, Mulle für Mulde, das auch in Schwaben gebräuchlich ist. […] auch von unserm Mollengrunde wird erzählt, daß eine Mühle da gestanden habe und von dieser sogar noch Spuren zu sehen seien.“507 Der Mollengrund ist also ein mollenförmiger Grund. Mollengrundsgraben † mólņgróndsgrābm Südöstlich der Stadt am Pferdebachtal. 1805 über dem Mollengrundsgraben (Grenzprot. Bl. 28v). Der Wassergraben, der im Mollengrund verläuft.508 Das dort fließende Wasser fließt in den Pferdebach. Mollenkopf † mólņkop Südöstlich der Stadt am Pferdebachtal. 1856 Der Mollenkopf (Waldmann S. 28), 1934 Mollenkopf (FlNS).

504 Lexer Bd. 1, Sp. 2186, 25. 505 siehe Grund. 506 Kluge 2002. S. 628. 507 Waldmann 1856. S. 28. 508 siehe Graben.

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Das GW Kopf bezeichnet eine Erhebung.509 Mollenkopf ist wahrscheinlich eine Klammerform zu ‘Mollengrundskopf’, was ‘Berg am Mollengrund’ bedeutet, „d. i. der Kopf an der Mulde.“510 Mühlgraben Östlich der Stadt an der Geislede und dem Mühlgraben, zwischen der Rinne und der Aue. 1822 Im Mühlgraben (Flurb. Fl. 31). Der Mühlgraben ist ein künstlich angelegter Wasserlauf, der Wasser zu Mühlen leitet.511 Das Wasser, das im Mühlgraben fließt, trieb alle Mühlen innerhalb der Stadt. Mütze † Lage unbekannt. 1934 Mütze (FlNS). „Ein metaphorischer Name.“512 Vielleicht eine elliptische Form zu Marx Mütze oder Jesuitenmütze. Neuer Teich † Nordöstlich der Stadt. An der Mündung des Eichbaches in die Leine gelegen. 1554 im neuen Teiche an der Leine im Eichbache (Einwort Bl. 8; Wolf Hst. Urk. S. 75), 1634 beym Newen Teiche (Lb. Bl. 94), 1671 im Zwickell im Newen Teiche am Raasen (Lb. Bl. 347v), 1749 im Neüen Teiche (Lb. UA S. 84), 1777 Beym neüen Teiche (Lb. UA S. 451), 1800 Weiden im neuen Teiche (Wolf Hst. S. 186). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Teich, der noch nicht lange existierte. Das Attribut als Differenzierung zu Großer Teich, Alter Teich etc. 513 Neun Brunnen Bei den neun Brunnen nīnbrón Flur 36. Südlich der Stadt am Pferdebachtal unterhalb von Iberg und Dänersberg. Heute „Naherholungsgebiet“ mit Gastronomie und Freizeiteinrichtungen. Auf dem Gelände treten Quellen zu Tage, es existiert ein künstlicher Teich. 1634 bey den Neünbörnern (Lb. Bl. 61), 1671 bey den Neünbörnern (Lb. S. 666), 1749 bey denen neünbrunnen (Lb. OA S. 275), 1749 bey denen neün Börner (Lb. ON S. 38), 1777 Bey den 9 Brunnen (Lb. ON S. 51), 1777 beym Neün Brunnen (Lb. OA S. 86), 1800 die neun Brunnen (Wolf Hst. S. 182), 1805 an den 9 Brunnen (Grenzprot. Bl. 41), 1822 Bei den 9 Brunnen (Flurb. Fl. 32), 1845 (Duval S. 482), 1856 Die neun Brunnen (Waldmann S. 9), 1870 Neun Brunnen (MTB 2668), 1934 Neun Brunnen (FlNS), o. J. Neun Brunnen (FlNS Müller), o. J. Erholungspark Neun Brunnen (Stadtplan). Mit Brunnen sind hier Quellen bezeichnet. Attribut ist das unflektierte Zahlwort Neun, was wahrscheinlich nur eine große Anzahl ausdrücken soll. „[…] es sind damit 9 Quellen

509 siehe Alter Kopf. 510 Waldmann 1856. S. 28. 511 siehe Graben. 512 Müller 1986. Flurnamen. S. 71.; siehe Jesuitenmütze. 513 siehe Teich.

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gemeint, denn platt heißt es: „die nien Börner“ […] Der Gedanke liegt nahe, daß uralte heidnische Vorstellungen diese Benennung veranlaßt haben.“514 Das Gebiet ist auch heute noch reich an Quellen, wobei deren genaue Anzahl nicht bestimmt werden kann. Nesselbusch † Lage unbekannt. 1749 am Nüsselbusch (Lb. OA S. 525), 1749 an dem so genannten Nisselbusch (Lb. UN S. 517), 1777 Beym Nessel Busch (Lb. UN S. 490), 1777 Beym Nössel Busch (Lb. UA S. 37). Das BW Nessel ist der Name für eine Pflanze. Die Nessel, zu mhd. nezzel swf. ‘nessel’,515 bot. Urtica spec.516 ist weit verbreitet und gedeiht am besten auf stickstoffhaltigen Böden. Wahrscheinlich also ein (Brenn-)Nesselbusch, der zur indirekten Lagebezeichnung diente. Nietweg † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nordwestlich der Stadt. 1671 am Niedtwege fast am Mengelrödischen feldtgewende (Lb. Bl. 446), 1671 am Nietweege (Lb. Bl. 624), 1671 am Niethweege (Lb. Bl. 724). Indirekte Lagebezeichnung nach einem Weg. Das BW Niet, zu mhd. nît stm. ‘feindselige gesinnung; groll, eifersucht, misgunst, arg, neid’,517 was ‘Neid’ bedeutet soll. „Wohl ein ‘Neid-weg’ = Streitweg, ein Weg, um den Neid, Zank herrschte.“518 Nordhäuser Chaussee † An der Straße nach Nordhausen, heute Bundesstraße 80. 1822 Unter der Nordhäuser Chaussee (Flurb. Fl. 22). Indirekte Lagebezeichnung zu der Chaussee, die nach Nordhausen führt.519 Nordhäuser Straße nórdhizcr šdrōsə An der Straße nach Nordhausen, heute Bundesstraße 80. 1822 An der Nordhäuser Straße (Flurb. Fl. 28). Indirekte Lagebezeichnung zu der Straße, die nach Nordhausen führt. Nörtensgrund † Lage unbekannt. 1749 im nörtens grunde Lb. OA S. 542), 1777 im Nörtgens Grunde (Lb. S. 183). Im GW liegt eine Bezeichnung für eine Geländevertiefung vor.520 Im BW wahrscheinlich ein PN Nörten, ein Besitzername. Der Familienname Nörten kommt ursprünglich nicht im Eichsfeld vor. Auch ein Besitzverhältnis des Stiftes zu Nörten (Nörten-Hardenberg) wäre

514 Waldmann 1856. S. 9f. 515 Lexer Bd. 2, Sp. 63,1. 516 Marzell Bd. 4, Sp. 913ff.; meist: Urtica dioica (Große Brennnessel). 517 Lexer Bd. 2, Sp. 86, 47. 518 Müller 1986. Flurnamen. S. 72. 519 siehe Alte Chaussee. 520 siehe Grund.

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denkbar. Eine Vikarie zu Nörten besaß einen Anteil an der Thomas-Gülte.521 Deshalb vielleicht eine Bezeichnung nach dem Empfänger der zu entrichtenden Abgabe. Notholz Im Notholze nōtholds Flur 8. Nördlich der Stadt. An der Straße nach Göttingen. Ackerland (kein Wald). 1634 Im Northoltze (Lb. Bl. 13), 1634 Am Notholtze (Lb. Bl. 25v), 1634 an der Trfft im Notholtz (Lb. Bl. 27), 1634 Im Nothollze (Lb. Bl. 36), 1671 im North Holz (Lb. Bl. 394), 1671 Nothholtz (Lb. Bl. IIv), 1671 im Noth Holtze am graben (Lb. Bl. 700), 1749 im Notholtze (Lb. UA S. 6), 1777 Weeg des Noth-Holzes (Lb. ON Bl. Vv), 1822 Im Notholze (Flurb. Fl. 6), 1856 Das Nothholz (Waldmann S. 23), 1934 das Notholz, am Rotholze (FlNS), o. J. Notholz (FlNS Müller). Im BW liegt das Appellativ Not vor. Der Beleg Nordholz von 1634 „dürfte Verschreibung sein, ein solches taucht sonst nirgends mehr auf. Die Mda. weist auf ‘Notholz’.“522 In der FlNS heißt es auch Am Rotholze, was sicher eine Fehlinterpretation ist. „Vielleicht das Holz, in welches man das Vieh flüchtete, wenn die Landwehr plötzlich von einem Feinde durchbrochen wurde? Oder das Holz für Zeiten der Noth überhaupt, wie ahd. notweg […]“523 Das Notholz ist also ein Wald oder Wäldchen, wohin man in Notzeiten flüchtete oder dessen Holz für Notzeiten bestimmt war. Ochsenkopfsgrund Am Ochsenkopfsgrunde osņkopsgrōnt Flur 1. Westlich der Stadt. Tal in Nord-Süd Richtung, unterhalb vom Hohen Rott. Wohngebiet, ehemaliges Sägewerk, nördlich der Bahnlinie. Der heutige Straßenname lautet „Im Grunde“. 1634 Inn Ochsen Kopffs grunde Zwischen denn Zweyen gründenn (Lb. Bl. 17v), 1671 uffm ochsen Kopfs grunde (Lb. S. 26), 1671 im oxenkopffs Grunde (Lb. S. 81), 1749 auff dem Ochsenkopfsgrunde (Lb. UA S. 18), 1777 Auf dem Ochsen-Kopps-Grunde (Lb. ON S. 285), 1822 Im Ochsenkopfsgrunde (Flurb. Fl. 2), 1856 Der Ochsenkopfsgrund (Waldmann S. 14), 1934 Ochsenkopfsgrund (FlNS), o. J. Ochsenkopfsgrund (FlNS Müller), o. J. Ochsenkopfsgrund (Stadtplan). Grund bezeichnet eine Geländevertiefung. Das BW ist nicht das Tier Ochse, sondern ein PN Ochsenkopf, wohl ein ehemaliger Besitzer des Geländes. „Der Ochsenkopfsgrund am westl. Stadtrand von Heiligenstadt, mdal. Osnkopsgrund, hat seinen Namen von einem Besitzer Ochsenkopf […]“524 Das Lagerbuch von 1634 nennt Georg Adam Oxenkopff (Lb. Bl. 31). Der Ochsenkopfsgrund ist also ein Tal, das einem Besitzer mit Namen Ochsenkopf (Oxenkopff) gehörte.

521 Wolf 1800. S. 235. 522 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 184. 523 Waldmann 1856. S. 23. 524 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 185.

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Ochsenkopfsüber osņkopsēwcr 1822 das Ochsenkopfsgrundufer (Flurb. Bl. 198), o. J. Ochsenkopfsüber (FlNS Müller). Das GW ist nicht das Appellativ Ufer, sondern gehört zu Über, mdal. īwr, was eine Anhöhe, einen Hügel bezeichnet.525 Der Ochsenkopfsüber „ist eine Anhöhe am Ochsenkopfsgrund […]. Der Schreiber verstand das Wort ‘Über’nicht und deutete es, wie so oft, in ‘Ufer’um.“526 Eine Bezeichnung für den Hügel am Ochsenkopfsgrund. Ochsenwiese Ochsenwiese, Auf der Ochsenwiese osņwēzņ Flur 27, 45. Nördlich dicht bei der Stadt. Heutiger Heinrich-Heine-Kurpark. Parkanlage. 1777 Vor dem Holzbrücken Thor die Ochsen Wießen genannt (Lb. UN S. 13), o. J. auf der Ochsenwiese (Rep. Hst. S. 111). Wiese ist Allgemeinbezeichnung für eine Weide. Das BW weist auf die Nutzung durch Ochsen hin. Die Ochsenwiese an der Leine diente als Ochsenweide. „Diese Örtlichkeitsnamen dienten der Ochsenweide, einige der Ochsenwiesen können auch dem Zuchtstierhalter zur Nutzung überlassen worden sein.“527 Osterberg an ēstcrbārjə Westlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Uder. Buchenmischwald. Der Osterberg heißt in Heiligenstadt Schüttenkopf, ein Teil davon Elisabethhöhe. 1554 uffm Osterberge (Einwort Bl. 5v; Wolf Hst. Urk. S. 72), 1676 nach dem Oesterberge (Grenzprot. Bl. 1v), 1749 Ein berg am österberg (Lb. OA S. 371), 1777 Bey dem Oester berge an der Raths-Länderey (Lb. ON S. 61), 1777 bey dem österberge (Lb. UA S. 154), 1805 am Osterberge hinauf (Grenzprot. Bl. 38), 1805 am Osterberge oder Schuttenkopfe (Grenzprot. Bl. 38v), 1805 Am Osterberg herum bis Elisabethöhe (Grenzprot. Bl. 40), 1822 der Osterberg (Flurb. Fl. 40), 1845 der Oesterberg (HS 12), 1903 „Der Osterberg“ (WK S. 705), o. J. Österberg (FlNS Müller). Das BW Oster, zu ahd. ōstar mit der Bedeutung ‘östlich’ bzw. ím Osten, nach Osten’.528 Also ein Berg, der im Osten liegt. Aber „manche ‘Osterberge’ hängen allerdings mit Osterbräuchen, Osterspielen zusammen. Siebert (502) meint, am Osterberg bei Uder sei die Frühlingsgöttin „Ostera“ verehrt worden. Aber damit hat der Name nichts zu tun. So wurden auf dem Osterkopf bei Birkenfelde alljährlich am ersten Ostertag Osterfeuer abgebrannt.“529 Osterfeuer gehören im Eichsfeld zum Brauchtum.530 Doch „ein Zusammenhang mit den Osterspielen“ ist auch hier wenig wahrscheinlich.531 Osterberg ist eine Bezeichnung nach der Lage, im Osten der Siedlung. Der Name kann deshalb nur von Bewohnern gegeben worden sein, die westlich des Berges lebten, wie z. B. in Uder, denn

525 Hentrich 1912. S. 78. 526 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 185. 527 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 185. 528 Schützeichel 2006. S. 263. 529 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 280. 530 Waldmann 1864. S. 4ff. 531 Hänse 1970. S. 123.

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von dort betrachtet, liegt der Berg im Osten. Die Heiligenstädter werden den Berg nie so genannt haben, sondern eher Schüttenkopf oder Elisabethhöhe. Papiermühle † papīrmilņ Westlich dicht bei der Stadt. An der Leine, neben der Leinemühle gelegen.532 1634 an der leine gegen der papier Müllen (Lb. Bl. 82), 1646 Papyr möhl (Fluke-Abriss), 1671 gegen der Pappiermühlen (Lb. S. 186), 1749 unterhalb der Papier mühlen (Lb. UA S. 119), 1777 Neben der Papier-Mühle (Lb. ON Bl. Vv), 1777 die Papier Mühle (Lb. UN S. 548), 1800 die Papiermühle (Wolf Hst. S. 66f, S. 174), 1934 vor der Papiermühle (FlNS). Indirekte Lagebezeichnung zu einer ehemaligen Mühle. Die Mühle diente der Papierherstellung und war die erste und lange Zeit einzige Papiermühle des Eichsfeldes.533 Sie bestand an dieser Stelle seit dem Jahr 1604 und wurde 1901 abgerissen.534 Papiermühlenwehr † Westlich dicht bei der Stadt an der Leine, neben der Leinemühle. 1671 gegen dem Papier Mühlenwehr (Lb. Bl. 351). Das Wehr der Papiermühle diente zum Aufstauen und Umleiten des Wassers. Der Name wurde als indirekte Lagebezeichnung genutzt. Paradies Im Paradies, Im Paradiese pardīs, pordīs Flur 48, 49. Südwestlich der Stadt. Unterhalb des Iberg, im Norden angrenzend an Stationsweg, die Alte Burg und die Honiggrube. Überwiegend Wiesen, ein kleiner Teich. 1634 Im paradies (Lb. Bl. 46v), 1671 im Paradieß (Lb. S. 171), 1749 im Paradies (Lb. UA S. 22), 1777 Im Paradieße (Lb. ON S. 221), 1777 Einen halben Berg im Paradieß (Lb. OA S. 232), 1777 im Paradiese (Lb. UN S. 396), 1777 in bartiese, in bartis (Lb. ON S. 201a), 1822 Das Paradies, Unter dem Pardies (Flurb. Fl. 39), 1845 der Paradiesrasen (HS 12), 1856 Das Paradies (Waldmann S. 22), 1934 das Paradies (FlNS), o. J. Paradies (FlNS Müller), o. J. Paradies (Stadtplan). Der Name Paradies, zu mhd. páradîse, paradîs, pardîse, pardîs stn. ‘paradies’,535 entlehnt sich aus verschiedenen idg. Sprachen, wo das Wort für ‚Umwallung‚ Lustgarten, Wildpark, Garten’ steht. Im übertragenen Sinne wird mit Paradies auch der ‚Garten Eden’ bezeichnet.536 Für eine Motivation des Toponyms gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Man könnte auf eine besondere Auszeichnung des Geländes schließen, etwa einen sehr ertragreichen Boden. „Metaphorisch werden fruchtbare Äcker bezeichnet als [...]

532 siehe Abb. 7. (Nr. 9). 533 Wolf 1800. S. 174. „Johann Zwehl, Kanzleirath und Landschreiber, hat sie im Jahre 1621 bauen lassen,

und vom Kurf. Joh. Schweickard das Privilegium erhalten, daß Niemand auf dem Eichsfelde eine Papiermühle errichten darf, und daß alle dort fallende Lumpen an diese Mühle verkauft werden müssen.“

534 vgl. Rust 1976. In: EHh. 1976. S. 117 – 128. 535 Lexer Bd. 2, Sp. 204, 20. 536 Kluge 2002. S. 679. „In der griechischen Bibel (Septuaginta) wird das Wort dann für den ‚Garten Eden’

gebraucht, wodurch es zu einem Terminus der christlichen Mythologie wird.“

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Paradies.“537 In diesem Zusammenhang könnte der Name auch benutzt worden sein, um „Siedler anzulocken“.538 Ein Flurname im Rheintal mit der Bezeichnung Paradies ist nach Halfer entweder „ironische Bezeichnung für Kulturland von geringer Bonität; sonst oft Benennung von ertragreichem, sonnigem Ackerland.“539 Demnach wäre eine Motivation für Paradies, die Bodenbeschaffenheit des Flurstücks auszudrücken. Auch eine poetische Färbung ist nicht auszuschließen.540 Eine andere Möglichkeit der Motivation fällt in den religiösen Bereich. „Seit dem Mittelalter üblich für Klöster und Wirtschaften, die vor den Städten, in Gärten ec. Liegen. Die Vorhalle der Kirche, wo Adam und Eva aufgemalt waren, hieß man Paradies, Pardeis. Als FlurN. öfters neben der Flur Hölle.“541 In dem Gebiet außerhalb der Stadtmauern sollen Aussätzige ihr Dasein gefristet haben.542 Im übertragenen Sinne könnte der Name also ein religiöses Motiv haben. Letztlich besteht die Möglichkeit, dass Paradies durch die idyllische Lage motiviert ist. Auf dem Gelände findet sich ein kleiner See, bewaldete Berge umrahmen die umliegenden Wiesen. Diese Deutung wird volksetymologisch vertreten. Der ebenfalls gebräuchliche Name Kleines Paradies bringt den Vergleich mit dem ‚Garten Eden’ der Bibel zum Ausdruck. Der mit dem Zusatz kleines versehene Name ist aber erst seit dem Bau einer Kapelle der Schönstatt-Gemeinschaft, Anfang der 1990er Jahre im Sprachgebrauch und mit diesem verhaftet. Paradiesweg pardīswek, pordīswek Südwestlich der Stadt. Unterhalb des Iberg am Holzweg gelegen. Heute SN. 1934 Am Paradieswege (FlNS). Eine indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der zum Paradies führt. Peter und Paul Bei Peter und Paul pētcr on pāol Flur 27, 28. Östlich der Stadt, unterhalb des Dün. Zwischen der Nordhäuser Straße und dem Beginn der Straße nach Geisleden, an der Straße „Am Bildstock“ gelegen. 1777 Bey Peter und Paul nach dem Dhüne zu (Lb. ON S. 109), 1777 Bey Peter und Paul an der Stifts-Länderey (Lb. ON S. 399), 1822 Bei Peter und Paul (Flurb. Fl. 28; Fl. 28), 1856 Bei Peter und Paul (Waldmann S. 19), 1934 Bei Peter und Paul (FlNS), o. J. Peter und Paul (FlNS Müller). Der Name kommt „Von einem in dieser Feldgegend errichteten Bildstock der hh. Peter und Paulus.“543 Peter und Paul ist also die Bezeichnung für einen ehemaligen Bildstock. Die

537 Bach DNK II § 292. 538 Bach DNK II § 718,4. 539 Halfer 1988. S. 205. 540 Schnetz 1952. S. 90. „In der Minnesängerzeit wurden N. oft poetischer Färbung geprägt, z.B.

Rosengarten, Vogelsang, Paradies, Himmelreich.“ 541 Buck 1931. S. 201. 542 Schüttel 2001. S. 88. „Paradies. So heißt ein Flurgebiet unterhalb des Ibergs im Südwesten der Stadt. Dort

fanden die Aussätzigen Zuflucht. Sie waren für die Welt gestorben.“ 543 Waldmann 1856. S. 19.

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Heiligen werden oft in Verbindung mit dem Wetter gebracht. Vielleicht sollten sie die Flur vor schlechter Witterung bewahren und wurden deshalb an der Stelle verehrt. Petersgrund † Lage unbekannt. 1634 Uffm Petersgrunde (Lb. Bl. 107v). Im BW liegt ein PN Peter vor, wohl ein Besitzername. Eine Geländevertiefung, die einem Besitzer mit dem Namen Peter gehörte.544 Pfaffenborn † Lage unbekannt. 1671 Böber dem pfaffenborne (Lb. Bl. 489). Das BW Pfaffe weist auf den geistlichen Stand der Besitzer hin.545 Eine Quelle wurde so bezeichnet. Vielleicht eine Klammerform zu ‘Pfaffengrundsborn’. Pfaffengrund † Lage unbekannt. 1749 im pfaffen grundt (Lb. UA S. 118). Eine Geländevertiefung, die Geistlichen gehörte.546 Pfaffenland † Lage unbekannt. 1671 die pfaffenlanderey (Lb. Bl. 435), 1749 am pfaffen Landt (Lb. UA S. 119). Eine Länderei, die Geistlichen gehörte. Pfaffenlinde † Südwestlich der Stadt. 1634 Hinder der Pfaffenlinden (Lb. Bl. 17v), 1749 auff der pfaffen linden (Lb. UA S. 46), 1777 Pfaffen Linden (Lb. ON Bl. Vv), 1777 Auf der Pfaffen Linden an der Stifts-Länderey (Lb. UN S. 127), 1777 Auf dem Schilde neben der Pfaffenlinde (Lb. UA S. 245), 1800 Der Margarethenbrunnen unter der Pfaffenlinde (Wolf Hst. S. 182), 1822 Unter der Pfaffenlinde (Flurb. Fl. 38), 1845 Der Margarethenbrunnen unter der Pfaffenlinde (Duval S. 454, Anm. 1), 1856 Die Pfaffenlinde (Waldmann S. 23), 1934 Pfaffenlinde (FlNS). Eine indirekte Lagebezeichnung zu einer Linde, die Pfaffenlinde genannt wurde. Der Baum wird wohl nicht einem Geistlichen gehört haben, sondern wurde vielleicht oft von Geistlichen aufgesucht. Pfannkuchen † fōnkūxəņ Östlich der Stadt. Auf dem Dünplateau gelegen. Forstort. Buchenmischwald. 19. Jh. Pfannkuchen (WWK), 1934 Pfannkuchen (FlNS).

544 siehe Grund. 545 Kluge 2002. S. 693. 546 siehe Grund.

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Vielleicht eine metaphorische Bezeichnung nach dem Ertrag: „Hier gedieh der Weizen gut.“547 Gegen diese Bedeutung für Ackerland spricht die Lage auf dem Dün. Pfannkuchen kann auch ein Vergleichsname sein: ein Gelände, das rund wie ein Pfannkuchen ist. Pfeiffers Berg † Lage unbekannt. 1749 über Pfeiffersberge (Lb. UN S. 559). Pfeiffer ist wohl ein Besitzername. Indirekte Lagebezeichnung zu einem Berg, der einem Besitzer mit dem Namen Pfeiffer gehörte. Pferdebach Pferdebachtal, Im Pferdebachtal, Im Pferdebachtale fārəbax, férəbax, férəbox Flur 14, 33, 34, 35. Südöstlich der Stadt. Langgestrecktes Tal an der Geisleder Grenze, zwischen Mittelberg und Dänersberg. 1554 im Pferdebach (Wolf Hst. Urk. S. 71), 1634 Im Pferdtbach (Lb. Bl. 125v), 1634 Im Pferdebach (Lb. Bl. 31v), 1634 Under den Pferdtsbach (Lb. Bl. 116), 1671 im Pferdtbache (Lb. S. 3), 1671 in dem Pferbach (Lb. S. 54a), 1749 im pferdtbach (Lb. UA S. 15), 1777 Pferdt-Bach (Lb. ON Bl. V), 1777 im Pferdbache am Wolfenthal (Lb. UN S. 121), 1800 aus dem Pferdbache, Der Pferdbach (Wolf Hst. S. 181, S. 182), 1822 Im Pferdebache (Flurb. Fl. 32), 1856 Der Pferdebach (Waldmann S. 21), 1870 Pferde Bach (MTB 2668), 1903 nach dem Pferdebach (WK S. 284, S. 964), 1934 Pferdebach (FlNS), o. J. Im Pferdebach (FlNS Müller), o. J. Pferdebachtal (Stadtplan). GW ist bach, also ein Gewässer. Das BW Pferd, zu mhd. phert stn. ‘pferd’,548 ist das heute gebräuchliche Appellativ für das Tier. Ein Bach, an dem Pferde lebten. Die amtlichen Formen immer mit dem GW tal. Also eine Bezeichnung nach der Lage im Tal des Pferdebachs. Der Name stammt sicher aus jüngerer Zeit. Pferdebachsteich † Südöstlich der Stadt. Im Pferdebachtal an der Straße nach Flinsberg gelegen. 1554 bober dem Pferdebachs Teiche (Einwort Bl. 3; Wolf Hst. Urk. S. 69), 1671 bünder dem pferdtbachß Teiche (Lb. S. 199), 1800 Pferdebachsteich (Wolf Hst. S. 186). Das GW teich, mhd. tīch stm. ‘teich, fischteich’,549 bezeichnet das genutzte Gewässer, das z. B. zur Fischzucht dient und künstlich angelegt sein kann. Eine indirekte Lagebezeichnung. Nach einem ehemaligen Teich im Pferdebachtal, der als Geländemerkmal diente. „Im Pferdbache sieht man die Spuren noch von den ehemaligen Teichen, und die unterste Wiese daselbst wird bis jetzt der Pferdebachsteich genannt.“550 Heute existiert im Pfedebachtal ein Anglerteich. Plateau blatō

547 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1982. S. 281. 548 Lexer Bd. 2, Sp. 241, 43. 549 Lexer Bd. 2, Sp. 1431, 41. 550 Wolf 1800. S. 186.

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Östlich der Stadt. Auf dem Plateau des Dün gelegen. Forstort. 19. Jh. Auf dem Plateau (WWK), 1934 Auf dem Plateau (FlNS), o. J. Plateau (FlNS Müller). Eine Bezeicnung nach der Lage des Flurstücks. Plateau bedeutet „Hochebene“ und ist aus dem Französischen entlehnt, frz. plat bedeutet flach.551 Die ebene Fläche auf dem Dün ist damit treffend bezeichnet. Poppens Hof † popņshof Südlich dicht bei der Stadt. Ehemalige Meierei, jetzt Gelände und Verwaltungsgebäude von Polizei und Katasteramt. 1634 Hinder Ponpen Hoffe (Lb. Bl. 118v), 1671 Hinder Poppen Hoffe (Lb. Bl. 623). Ein Besitzername Poppe. Der Name ist im Eichsfeld häufig. Der Hof befand sich bis zu seiner Beseitigung im Besitz der Familie Poppe.552 Postweg † póstwēk Lage nicht genau bekannt. 1817 bis an den alten Heiligenstädter Weeg durch de Postweg (Grenzprot. Bl. 52). Im BW liegt das Appellativ Post vor. Eine indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, auf dem die Post befördert wurde. Die Poststraße verlief von Geisleden kommend durch Heiligenstadt und führte über den Rengelröder Weg weiter nach Rengelrode. Preusings Loch † Lage unbekannt. 1749 in preüsings Loche (Lb. ON S. 126), 1777 Im Preüsings Loch (Lb. ON S. 249), 1777 im Preisings loch (Lb. ON S. 72). Preusing ist ein PN, wahrscheinlich der Besitzer. Eine Bodenvertiefung, die einem Besitzer mit dem Namen Preusing gehörte. Propstwiese † Lage unbekannt. 1777 die Probst-Weißen (Lb. UN S. 13). Entweder ein Besitzername Propst, wahrscheinlich aber der geistliche Stand Propst. Der Propst ist ein „kirchlicher Amtsträger“553, hier ist der Vorsteher der Stiftsgeistlichen des St. Martinsstiftes gemeint. Ihm oblag „die Verwaltung der Güter und Rechte.“554 Die Wiese, die dem Propst gehörte. Pudenz Berg † Lage unbekannt. 1671 unter Pudentz berge (Lb. Bl. 378).

551 Kluge 2002. S. 707. 552 siehe Meierei. 553 Kluge 2002. S. 724. 554 Opfermann 1998. S. 25f.

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Pudenz ist ein Besitzername. Der Name kommt im Eichsfeld häufig vor. Das Lagerbuch von 1671 erwähnt einen Marttin Adam Pudens (Lb. Bl. 381v). Es ist also der Berg, der einem Besitzer mit dem Namen Pudenz gehörte. Pudenz Wiese † Lage nicht eindeutig, wahrscheinlich nördlich der Stadt gegen Günterode bei der Tränke. 1749 bey pudenzwiesen auff der Träncke (Lb. OA S. 521). Eine Bezeicnung nach einem Besitzverhältnis. Die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Pudenz gehörte. Pulvermühle púlwcrmilņ Südöstlich der Stadt. An der Geislede gelegen, später Linsmühle genannt. 1634 gegen der Puluer Müllen (Lb. Bl. 54), 1671 der Puluermühlen (Lb. Bl. 340), 1749 bey der pulwermühlen (Lb. UA S. 31), 1749 bey der untesrten pulwermühlen (Lb. S. 84), 1749 an der Köhlerischen Pulwermühlen (Lb. UN S. 389), 1777 Bey der Pulfer-Mühlen (Lb. ON S. 85), 1777 Im Erbe-Thal bey der Pulver-Mühlen (Lb. ON S. 461), 1800 eine Pulvermühle (Wolf Hst. S. 173), 1870 Pulver Mühle (MTB 2668). Eine indirekte Lagebezeichnung nach einer Mühle. Die Mühle diente der Pulverherstellung. Das Lagerbuch von 1671 nennt Christian Köhler der Pulfer-Macher.555 „Eine Viertel-Stunde weit von der Stadt steht eine Pulvermühle. Mündliche Nachrichten setzen den Bau der ersten Pulvermühle ins sechszehnte Jahrhundert, die schriftlichen gehen nicht über 1671, in welchem Jahre Christian Köhler einen Platz bei jener Mühle von dem Stadtrathe erkauft hat.“556 Diese und zwei weitere Pulvermühlen sind mehrfach „aufgeflogen“, teilweise starben dabei ihre Besitzer, man gab das Pulvermachen auf.557 Queracker † Lage unbekannt. 1749 der queracker (Lb. UA S. 117). Der Flurname drückt wahrscheinlich die relative Lage aus. Ein Queracker verlief quer zu der sonst üblichen Flureinteilung. Der Name ist vielleicht identisch mit Zwerchacker.558 Rasen † Verschiedene Stellen sind mit Rasen bezeichnet. Nördlich der Stadt beim Neuen Teich und auf der Heide und südöstlich beim Reckebiel. 1671 im Neuven Teiche am Raasen (Lb. Bl. 347v), 1749 auff der Heyden am Raasen (Lb. UA S. 121), 1749 unterm Reckebiehl auf den Rasen schiessend (Lb. ON Bl. VI), 1777 am Raßen (an der Leine) (Lb. UA S. 295), 1822 am Rasen (Flurb. Bl. 37), auf dem Rasen (Rep. Hst. S. 98). Rasen zu mhd. rase swm. ‘rasen’,559 bezeichnet Grasland, das als Weide genutzt werden kann.

555 Lb. Bl. 260. 556 Wolf 1800. S. 173. [Wolf irrt, denn es gibt einen Beleg für eine Pulvermühle von 1634.] 557 Wolf 1800. S. 173. 558 siehe Zwerchacker.

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Ratsländerei † Lage unbekannt. 1749 an der Raths-Länderey (Lb. UA S. 94), 1777 an der Raths-Länderey (Lb. ON S. 61). Das Land, das dem Rat (Stadtrat) gehörte, also nicht einem Einzelnen. Reckebiel Auf dem Reckebiel régebīl Flur 36. Südöstlich der Stadt, unterhalb des Iberg und oberhalb der Neun Brunnen. 1634 Am Reckebühll (Lb. Bl. 7), 1634 Am Reckebuehll (Lb. Bl. 36v), 1671 am Reckhebühel (Lb. Bl. 725), 1749 auff dem Rheckebiehl (Lb. UA S. 20), 1777 Auf dem Recke Biehl (Lb. ON Bl. V), 1777 aufm Reckebühl (Lb. OA S. 244), 1777 auf dem Reckebiel (Lb. UA S. 291), 1822 Auf dem Reckebiel, Das Reckebiel (Flurb. Fl. 33), 1856 Der (das) Reckebühl (Waldmann S. 21), 1934 Reckebühl (FlNS), o. J. Reckebühl (FlNS Müller). Das GW bühl steht für Hügel. Im BW möglicherweise ein PN Reck(e). „Es handelt sich wohl um einen Besitzernamen Recke, der noch heute im Eichsfeld gebräuchlich ist.“560 „Der Bühl (ahd. Buhil, mhd. Bühel, Hügel) eines Recke, Recco, Recho, Förstem. 1007, was noch Familienname ist, oder der Bühl eines Recken, Helden.“561 Aber im BW kann auch eine Bezeichnung nd. Reke, Rike f. „Reihe, (gerade) Einzäunung’ (durch lebende Hecken)“ vorliegen.562 Möglich ist auch eine Bezeichnung von mndl., nd. reke f. ‘Hecke, Waldstreifen’.563 Vielleicht aber auch mhd. ric stm. ‘band, fessel, verstrickung, knoten, schleife; gehege; enger weg, engpass; wagrechtes gestelle, stange’.564 Rehgründchen rēgrindXən Südöstlich der Stadt. Zwischen dem Pferdebach und der Gemarkungsgrenze zu Geisleden in Höhe des heutigen Anglerteiches gelegen. 1856 Das Rehgründchen (Waldmann S. 28), 19. Jh. Am Rehgründchen (WWK), 1934 Rehgründchen (FlNS), o. J. Rehgründchen (Stadtplan). Im BW das Appellativ für das Tier Reh. Im GW Diminutivform von Grund.565 Eine kleine Bodenvertiefung, wo sich Rehe aufhielten. Reinholteröder Feldgewende † 1634 Am Reinolderöder feldtgewende (Lb. Bl. 78). Attribut ist ein Siedlungsname. Der ON Reinholterode bezeichnet die ‚Rodung eines Raginalt, Reinhold’.566 Feldgewende sind die Grenzen des Ackers an der Gemarkungsgrenze.567

559 Lexer Bd. 2, Sp. 343, 38. 560 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1983. S. 78. 561 Waldmann 1856. S. 21. 562 Bach DNK II § 375. 563 Bach DNK II § 362. 564 Lexer Bd. 2, Sp. 415, 44.; Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1983. S. 78. 565 siehe Grund. 566 Müller 1958. Ortsnamen. S. 65.

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Rengelröder Feld † reŋļrēdcr fált Lage nicht genau bekannt. Westlich der Stadt. 1749 im Rengelröder felde (Lb. UA S. 14), 1777 Am Rengelröder feldt (Lb. ON S. 531). Rengelrode ist ebenfalls ein Siedlungsname. Der ON geht zurück auf einen PN Ring-olt. Der PN wurde zu Rengel verkürzt, dabei fand eine Senkung i > e statt.568 Rengelröder Gewende † Westlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Rengelrode. 1671 ahn dem Rengelrödischn gewende (Lb. Bl. 373v), 1671 am Rengelröder Veldtgewende (Lb. Bl. 625), 1777 am Rengelröder Feld-Gewende (Lb. ON Bl. VI). Eine Bezeichnung für das Gewende oder Feldgewende, das an die Gemarkung Rengelrode stößt.569 Rengelröder Pfarrländerei † Lage unbekannt. 1777 an der Rengelröder Pfarr Länderey (Lb. S. 170). Indirekte Lagebezeicnung für ein Flurstück an der Rengelröder Pfarrländerei. Das Attribut zum ON Rengelrode, Pfarrländerei drückt das Besitzverhältnis aus. Rengelröder Weg Am Rengelröder Wege am reŋļrēdcr wājə Flur 1. Westlich der Stadt. Nördlich der Leine. 1634 Ann dem Rengelröder wege (Lb. Bl. 37), 1671 am Rengelrödischen weege (Lb. Bl. 341), 1777 auf den Rengelröder Weeg (Lb. ON S. 555), 1822 am Rengelröder Wege (Flurb. Fl. 2), o. J. Rengelröder Weg (FlNS Müller), o. J. Rengelröder Weg (Stadtplan). Indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der nach Rengelrode führte. Reuters Länderei † Lage unbekannt. 1671 Undterß Reüthers Confiscirter Lenderey (Lb. Bl. 625). Reuter ist ein PN, wie aus dem Beleg hervorgeht, ein ehemaliger Besitzer. Der Name wurde nach der Konfiszierung beibehalten. Richteberg Auf dem Richteberge ríXtəbärk, ríXtəbark, Flur 3, 5, 24. Nördlich der Stadt. 1671 auff dem Richteberge (Lb. S. 32), 1634 ann dem Richteberge (Lb. Bl. 33), 1777 Auf dem Richteberge (Lb. ON S. 187), 1749 auff dem Richteberg (Lb. UA S. 23), 1822 Auf dem Richteberge (Flurb. Fl. 12; Fl. 13), 1822 Der Richteberg (Flurb. Fl. 13), 1856 Der 567 siehe Mengelröder Feldgewende. 568 Müller 1958. Ortsnamen. S. 66. 569 siehe Mengelröder Feldgewende.

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Richteberg (Waldmann S. 18), 1903 Der Richteberg (WK S. 420), 1934 Am Richteberge (FlNS), o. J. Richteberg (FlNS Müller), o. J. Richteberg (Stadtplan). Das BW zum Verbalstamm richten, mhd. rihten.570 Eine Bezeichnung nach der Hinrichtungsstätte, auf dem Richteberg stand der Galgen. „Hier an der alten Heerstraße von Heiligenstadt nach dem Rusteberge, lag auch die ehemalige Richtstätte, von der die gesamte Anhöhe, in deren Mittelpunkt der Galgenhügel liegt, den Namen Richteberg hat.“571 Riesbach † rīsbox Nördlich der Stadt. An der Straße nach Günterode gelegen.572 Ackerland. 1378 des Holczes zu Bychersbach (Wolf Hst. Urk. S. 35), 1634 bey Rieß Pach (Lb. Bl. 47), 1634 Zu Rispach (Lb. Bl. 54v), 1636 am Gehölz zu Rießbach (UE 1913. S. 191), 1671 uff Rießbach (Lb. Bl. 394), 1676 eine Wüstung Rießbach genannt (Grenzprot. Bl.1), 1676 zur Riesbach (Grenzprot. Bl. 2v), 1749 Wiesen im Riesbach (Lb. OA S. 468), 1777 im Rießbach (Lb. ON S. 457), 1777 Wiesen am Riesbach (Lb. ON S. 241), 1800 Riesbach (Wolf Hst. S. 180), 1856 Der Riesbach (Waldmann S. 12), 1879 Riesbach (MTB 2594), 1903 Riesbach (WK S. 769, S. 770), 1934 im Rießbach (FlNS). Der älteste Beleg Bychersbach (1378) ist Verschreibung zu Rychersbach. Im Flurnamen hat sich der Name einer ehemaligen Siedlung erhalten. „So hieß auch das untergegangene Dorf, welches an dem Bache lag, und Griesbach war eine andere Wüstung. […] Entweder ist der Name zusammengesetzt mit hrîs, rîs Reis, aber auch Gesträuch, […] oder mit mhd. rise, Abhang, Schurre, Rinne an einem Berge, oder mit ahd. rîsan, mhd. Rîsen, niederfallen, dahingleiten, rieseln.“573 Der ON Riesbach „ist mit dem Namen des Baches identisch, an dem der Ort lag.“574 Entweder zu ahd. hrīs, mhd. rîs stn. ‘baumzweige, reisig, gebüsch, gesträuch’,575 nhd. Reis, oder zu mhd. risen ‘fallen’,576 oder zu Ries ‘Sumpfbinse’.577 Von der ehemaligen Gemarkung Riesbach sind 28 Hufen nach Heiligenstadt und 4 Hufen nach Siemerode gekommen. Riesbachswarte † Nördlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1583 die Reißbachswarte (WK S. 965), 1690/91 die Riesbachs-Warte (WK S. 770).

570 Lexer Bd. 2, Sp. 433, 47. 571 UE 1936. S. 37. 572 WK 1903. S. 769. „Die wüste Mark liegt Kr. H. Gemeindebezirlke Heiligenstadt und Siemerode, in dem

Seitenthale des von Siemerode herabkommenden Beberbaches, welches an der Heiligenstadt-Göttinger Chaussee, etwa 800 Schritte südlich des Dorfes sich mit dem Beberthale vereinigt und nach Osten zu bis in „das Geistholz“ ansteigt und bis an die Wüstung Queckhagen No. 369. heranreicht.“

573 Waldmann 1856. S. 12f. 574 Müller 1958. S. 66. 575 Lexer Bd. 2, Sp. 455, 51. 576 Lexer Bd. 2, Sp. 459, 26. 577 Müller 1958. Ortsnamen. S. 66.

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Als indirekte Lagebezeichnung zu der Warte, die am Riesbach oder bei der Wüstung Riesbach lag.578 Als die Warten um Heiligenstadt errichtet wurden, war die Siedlung Riesbach schon verlassen. Riesbachweg † Nördlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 ahn […] Rießbachischen weege (Lb. Bl. 472v). Von dem Weg, der nach Riesbach führte oder in der Wüstung lag. Rinnchens Brunnen † Südöstlich der Stadt. Im Pferdebachtal an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden. 1856 Der Rinnchensbrunnen (Waldmann S. 10), 19. Jh. Rinnchens Brunnen (WWK), 1934 Rimchens Brunnen (FlNS). „Das Rinnchen werden in unserer Gegend oft Quellen und Brunnen in Feld und Wald genannt. Das Wort erinnert an Rimbach in unserer Nähe, Rimbach in der Wetterau […]. Ob nun unsere Rinnchen den Namen haben von der Aehnlichkeit mit einer kleinen Rinne, oder ursprünglich so viel bedeuten als der kleine rîn, Rhein, lasse ich dahin gestellt. Das letztere ist mir wahrscheinlicher.“579 Der Beleg der FlNS von 1934 lehnt den Namen an einen PN an, stellt aber eine Verschreibung dar. Rinne Auf der Rinne of dcr rénə Flur 38. Südöstlich dicht bei der Stadt. An der Geislede und dem Mühlgraben. Das Wohngebiet, eine typische Plattenbausiedlung der DDR, trägt heute diesen Namen. 1634 uff der Rinnen (Lb. Bl. 7), 1634 Ann der Landtwehr Uff der Rinn (Lb. Bl. 94), 1671 Uff der rinn (Lb. S. 19), 1671 Uff der Rinn Vorne bey der Brükh (Lb. Bl. 393), 1749 auff der Rinnen (Lb. UA S. 60), 1749 auff der Rinne am flösgen (Lb. UA S. 85), 1777 Auf der Rinne (Lb. ON Bl. V), 1777 auf der Rinne am gemeinen Weege (Lb. UN S. 243), 1822 Die Rinne (Flurb. Fl. 34), 1822 Rinne, Auf der Rinne (Flurb. Fl. 35), 1856 Auf der Rinne am Flößchen (Waldmann S. 21), 1934 Auf der Rinne (FlNS). Rinne leitet sich ab von ahd. rinna, mhd. runs stfm. ‘rinnsal, wassergraben, -leitung’580 „Eine Rinne ist ein Bachbett, eine Vertiefung, worin Wasser rinnt, speziell de Mühlrinne“.581 Die Rinne ist also ein Wassergraben. In dem künstlichen Wassergraben wird der Mühlgraben in die Stadt geleitet. Rodost Rodost rodōst Flur 14. Südlich der Stadt. An der Grenze zu Flinsberg.

578 WK 1903. S. 770.: „Der Riesbach bildet eine besondere Flur bei Siemerode, in ihr steht ein Wartturm:

„die Riesbachs-Warte“.; siehe Warte. 579 Waldmann 1856. S. 10. 580 Lexer Bd. 2, Sp. 540, 30.; Bach DNK II § 297. 581 Schnetz 1952. S. 51.

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1671 Uffm Rothost (Lb. S. 215), 1671 am Rodoste Lb. Bl. 449v), 1671 Uffm Rothosten (Lb. Bl. 611v), 1805 Rott-ost (Grenzprot. Bl. 31v), 1805 am Rott-Ost (Grenzprot. Bl. 32), 1805 Das Rott-Ost (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Das Rode-Ost, oder rothe Ost (Waldmann S. 30), 19. Jh. Rodost (WWK), 1934 Rodost (FlNS). Der Name weist auf eine Rodung hin.582 „Das Rode-Ost, oder rothe Ost? Das O ist sehr gedehnt. Eine Beziehung auf die Himmelsgegend lässt sich in dem Namen kaum finden, vielleicht enthält es das ahd. auste, auuista, auuist, euuist Schafstall bei Graff 1, 505, so daß es einen zu der Zeit, wo die Heerden noch den Wölfen ausgesetzt waren, für die Schafe ausgerodeten Hag bezeichnete.“583 „Die Erklärung Waldmanns (30) ‘ausgerodeter Hag für Schafe’, zu ahd. auste, auuista, auuist, euuist ‘Schafstall’ ist abwegig. Wie die Mda. rodōstcR zeigt, handelt es sich um die im Osten (von Ka.) gelegene Rodung.“584 Rodost ist also die Rodung im Osten (von Kalteneber). Roentgenborn † Lage nicht genau bekannt. Südöstlich der Stadt. 1934 Roentgenborn (FlNS). Im GW born eine Bezeichnung für eine Quelle. Wie das BW motiviert ist, lässt sich schwer entscheiden, da es nur diesen singulären Beleg gibt. „Wege der späten (einzigen) Überlieferung kann keine Erklärung dieses FlN gegeben werden.“585 Eine Benennung zu Ehren Wilhelm Conrad Roentgens ist unwahrscheinlich. Das BW könnte aber an diesen Namen angelehnt worden sein. Der Name könnte auch Verschreibung für ‘Rinnchenborn’ sein.586 In Rollsgründchen In Rollsgründchen rolsgréndXņ Flur 48. Südwestlich der Stadt. Zwischen Am Holzweg und Paradies. Zwischen den Straßen Honiggrube und Paradiesweg. Kleine Bodensenke. Heute Stadtgebiet. 1634 Im Rudolffsgrunde (Lb. Bl. 117v), 1671 in dem Rudolffß grundte (Lb. S. 54a), 1671 im Rudolphsgrunde (Lb. Bl. 423), 1671 in Rulßgrunde (Lb. Bl. 412v), 1671 Inn Rulandtsgrunde (Lb. Bl. 36v), 1749 auff dem Rudolphsgrunde (Lb. UA S. 15), 1749 auf dem Rudolphsgründtgen (Lb. ON S. 68), 1749 bey streckers birnbaum oder im Rudolphs grunde genannt (Lb. ON S. 259), 1749 über dem Rolffsgrunde (Lb. UN S. 450), 1777 auf dem Rudolphs-Grunde (Lb. ON S. 113), 1777 auf dem Rudolphsgründchen (Lb. UN S. 532), 1777 auf dem Rollsgründchen (Lb. ON S. 105), 1777 Auf dem Rols-Grunde (Lb. ON S. 229), 1777 im Rolsgrunde (Lb. ON S. 130), 1777 Auf dem Rolß Grunde (Lb. UN S. 107), 1822 Auf dem Rollsgründchen (Flurb. Fl. 38), 1822 Auf dem Rollsgrunde (Flurb. Fl. 39), 1856 Rolls Gründchen (Waldmann S. 22), 1934 Rollsgründchen (FlNS), o. J. Rollsgründchen (FlNS Müller).

582 siehe Hohes Rott. 583 Waldmann 1856. S. 30. 584 Müller 1986. Flurnamen. S. 78. [Ka. = Kalteneber, Nachbarort Heiligenstadts.] 585 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1983. S. 180. 586 siehe Rinnchens Brunnen.

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Im GW liegt eine Diminutivform von Grund vor.587 Es handelt sich um ein relativ kleines Flurstück, heute zwischen zwei Straßen gelegen. Das BW ist ein PN Rudolf, wie der Beleg von 1634 Im Rudolffsgrunde zeigt. „Wie die ältesten Belege von Rolsgründchen zeigen, handelt es sich um einen BesitzerN Rudolf.“588 Die lautliche Verschleifung von Rudolf zu Rol(l)s lässt sich anhand der Quellen gut nachvollziehen. Es handelt sich bei Rollsgründchen also um eine kleine Senke, die einem Besitzer mit dem Namen Rudolf gehörte. Roter Graben rodņgrābm Südöstlich der Stadt. Mergelgebiet mit Bächlein zwischen Reckebiel und Gehrengrund. 1634 Auff dem Rothengraben (Lb. Bl. 19), 1634 Uff dem Rotengrabenn (Lb. Bl. 25v), 1671 Uffm rothengraben (Lb. S. 203), 1749 auff dem Rothengraben (Lb. UA S. 11), 1749 Rothengraben biß vor den Iberg (Lb. ON Bl. VIv), 1777 Rothen Graben (Lb. ON Bl. V), 1777 Auf dem rothen Graben an der Schottischen Länderei (Lb. UA S. 31), 1822 Auf dem rothen Graben (Flurb. Fl. 34), 1856 Der rothe Graben (Waldmann S. 21), 1934 auf dem roten Grabe(n) (FlNS), o. J. Rotengraben (FlNS Müller). Das Attribut Rot drückt hier die Farbe des Wassers aus, das in dem Graben fließt. Es hat seine Farbe vom anstehenden Sandstein. Der Graben führt rotbraunes Wasser.589 Rotes Gras † Nordöstlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1934 auf dem roten Grase (FlNS). Eine Bezeichnung nach dem Bewuchs oder der Bodenbeschaffenheit. Eine Wiese, die rot erscheint, wahrscheinlich wegen des anstehenden Sandsteins. Roter Weg Am roten Wege rōtcr wēk, am rōdņ wäjə Flur 51. Westlich der Stadt, südlich der Leine. An der Straße Roter Weg oberhalb der Bundesstraße 80, zwischen An der Uderschen Chaussee und Am Stationswege. Heute Wiesen, einige Kastanienbäume. o. J. am roten Wege (UE 33. S. 63), o. J. Roter Weg (FlNS Müller), o. J. Roter Weg (Stadtplan). Indirekte Lagebezeichnung zum vorbeiführenden Weg. Das Attribut rot drückt die Farbe des Untergrundes oder Bodens aus. Da hier roter Sandstein zu Tage tritt, erscheint der sandige Weg rötlich. Das Gebiet zeichnet sich durch seinen sandigen Boden aus. Rügers Wiese † Lage unbekannt. 1671 bey Rügerß Wießen (Lb. Bl. 725).

587 siehe Grund. 588 Müller 1986. Flurnamen. S. 79. 589 siehe Graben.

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Das Attribut ist ein Besitzername. Eine Bezeichnung für eine Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Rüger gehörte. Runder Busch † Lage unbekannt. 1749 im Rundtenbusche (Stiffts Länderey) (Lb. UN S. 485), 1777 Im runden Busch an der Stifts-Länderey (Lb. UN S. 165). Mit Busch ist ein Gebüsch oder „Strauchwerk“ gemeint.590 Das Gebüsch beschrieb entweder eine Rundung oder war von runder oder kugelförmiger Gestalt. Rusteberger Weg † Nordwestlich der Stadt, westlich vom Hohen Rott. 1542 uf dem Honrode, stosst uf den Rustebergerweg (WK S. 606), 1634 Am Rustenbergerwege (Lb. Bl. 42), 1671 am Rusteberg weege (Lb. S. 127). Indirekte Lagbezeichnung zu dem Weg, der zum Rusteberg führte. Die Burg Rusteberg war bis 1540 Sitz des Statthalters. Der ON Rusteberg geht wahrscheinlich zurück auf den Namen eines Baumes, mhd. rust, růst ‘Ulme, Rüster’.591 Die Ulme oder Rüster, bot. Ulmus spec.,592 ist mit drei Arten im UG heimisch. Sählen Auf den Sählen di sälņ Flur 12. Südlich der Stadt. Zwischen dem Iberg und dem Dänersberg. Forstort, heute Buchenmischwald. 1805 Die Sählen (Grenzprot. Bl. 40), 1805 an der Sählen (Grenzprot. Bl. 40v), 1856 Die Sählen (Waldmann S. 31), 19. Jh. Saelen (WWK), 1934 Sählen (FlNS), o. J. Die Sählen (FlNS Müller). Das BW ist Sähle, eine Bezeichnung für den Baum Weide, bot. Salix spec.593 Sählen bzw. Weiden zählten einst zu den häufigen Baumarten des Heiligenstädter Stadtwaldes. „Die Stadtwaldung besteht meistentheils aus Büchen, Rothbüchen, Weißbüchen, Eschen, Sählen und Eichen.“594 Mit Sählen ist das Flurstück bezeichnet, auf dem Weiden gestanden haben. Sählenbusch † Lage unbekannt. 1805 am Sahlenbusche (Grenzprot. Bl. 28). GW busch steht für eine Ansammlung von niedrigen Bäumen und Sträuchern. BW ist Sähle, die Weide. Eine Bezeichnung nach einem Gebüsch aus Weiden. Sählengraben Sählengraben

590 Bach DNK II § 362. 591 Müller 1958. Ortsnamen. S. 72. 592 Marzell Bd. 4, Sp. 901ff. 593 Marzell Bd. 4. Sp. 8ff. 594 Wolf 1800. S. 187.

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sälņgrōbm Flur 14. Südöstlich der Stadt. Talmulde am Pferdebachtal. 1805 über dem ersten Sählengraben, über dem zweiten Sählengraben (Grenzprot. Bl. 28), 1856 Der Sählengraben (Waldmann S. 28), 1934 Sählengraben (FlNS). Das GW graben steht für eine Geländevertiefung.595 BW ist Sähle, die Weide. Ein Graben, in oder an dem Weiden wachsen. Sählengrund † Lage unbekannt. 1856 Der Sählengrund (Waldmann S. 32). Das GW steht für eine Geländevertiefung.596 BW ist Sähle, die Weide. Ein Grund, in dem Weiden wachsen. Salzerstieg † sáldəcršdik Südöstlich der Stadt an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden im oberen Pferdebachtal. 1805 auf dem Brandkopfe nach dem Salzer Stiege (Grenzprot. Bl. 30), 19. Jh. Saelzerstieg (WWK), 1934 Saelzerstieg (FlNS), o. J. Salzstieg (FlNS Müller). Das GW stieg ist eine Bezeichnung für ansteigende Wege. Das BW Salzer bezeichnet die Nutzung des Weges zum Salztrasport. Müller schreibt: „Die Salz(er)wege (Sälzerwege) oder –pfade bzw. –stiege waren alte Schmugglerwege bzw. Handelswege für Salz aus dem hessischen Sooden-Allendorf.“597 Der Handel mit Salz aus Allendorf ist belegt. Wolf schreibt, dass Heiligenstädter Bürger im 16. Jahrhundert Teilhaber an den Salzwerken waren.598 Der Salzerstieg war also der Weg, auf dem das Salz von Allendorf nach Heiligenstadt transportiert wurde. Samenplätze † sōmpledsə Lage nicht genau bekannt. Es gab verschiedene Samenplätze. 1856 Die Samenplätze (Waldmann S. 31), 1934 Samenplätze (FlNS). Das BW Samen ist das heute gebäuchliche Wort für die Verbreitungsorgane von Pflanzen. Diese werden vor ihrer Lagerung auf bestimmten Flächen angebaut, gesammelt oder getrocknet. Diese Flächen wurden u.a. Samenplätze genannt. Müller nimmt an, dass Leinsamen damit gemeint ist. In Mackenrode gab es einen Samenacker.599 Sand † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich westlich der Stadt. 1671 Uffm Sande nach dem Struth weege (Lb. Bl. 405v). Der Sand des anstehenden Buntsandsteins ist damit gemeint. Er ist dort reichlich vorhanden.

595 siehe Graben. 596 siehe Grund. 597 Müller 1986. Flurnamen. S. 81. 598 Wolf 1800. S. 249ff. 599 Müller 1986. Flurnamen. S. 81.

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Saubers Kreuz 1934 Saubers Kreuz (FlNS). Sauber ist ein PN. Ein Besitzername oder Stifter des Kreuzes. Saugraben † sūgrābm, sūgrōbm Südlich der Stadt. Bodensenke zwischen Himmelreich und Höllengraben. Forstort. 1805 über den Saugraben hinauf (Grenzprot. Bl. 34v), 1856 Der Saugraben (Waldmann S. 31), 1934 Saugraben (FlNS). Das BW Sau bezeichnet hier das Wildsau, das Wildschwein. Ein Graben, wo Wildschweine zu finden waren. Sautempel † Lage unbekannt. 1817 Sautempel (Grenzprot. Bl. 51). Das GW Tempel „kann auch einen am Berghang gelegenen Siedlungsteil, aber auch ein abgeschiedenes Gehölz meinen.“600 Das BW Sau bezeichnet hier wohl die Wildsau, das Wildschwein. Der Sautempel ist demnach eine Stelle im Wald, wo sich viele Wildschweine aufhalten. Schachtebicher Weg Am Schachtebicher Wege Flur 2. Nordwestlich der Stadt. Am Weg nach Schachtebich. 1777 am Schachtebicher weege (Lb. ON S. 405), 1781 bis an den Schachtebicher weg (Grenzprot. Bl 19v), 1822 durch den Schachtebicher Weg (Flurb. Bl. 120), o. J. Schachtebicher Weg (FlNS Müller). Indirekte Lagebezeicnung zu dem Weg der zum Ort Schachtebich führte. Der ON Schachtebich leitet sich ab von einem Bachnamen. Das BW des ON zu mhd. schaft stm. ‚pflanzenschaft, -stengel’, was hier wohl ‚Schilfrohrbach’ meint, „da sich in der Nähe des Ortes ein von Riedgras und Schilf bestandener Sumpf befand.“601 Schafbrücke † šōfbregņ Westlich der Stadt am Rengelröder Weg. Lage nicht genau bekannt. 1634 neben der Schaffbrücken oder der kleinen Linden (Lb. Bl. 13), 1671 Von der Schoffbrückh (Lb. Bl. 349), 1671 am Rengelröder weege bey der schoffbrückhen (Lb. Bl. 435). Das BW Schaf weist auf die Nutzung hin. Eine Brücke, die von Schafen bzw. Schafherden genutzt wurde. Schafkrippe † Lage unbekannt.

600 Müller 1986. Flurnamen. S. 95. 601 Lexer, Bd. 2, Sp. 634, 28.; Müller 1958. Ortsnamen. S. 75.

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1671 Uff der Schaff Krippen (Lb. Bl. 354v). Das BW Schaf weist auf die Nutzung hin. Das GW Krippe bezeichnet den ‘Futtertrog’, der anfänglich geflochten war.602 Eine Bezeichnung nach der Futterstelle für Schafe. Schafpferch † Lage unbekannt. 1817 mit dem Schaafpferge (Grenzprot. Bl. 46v). Das BW Schaf weist auf die Nutzung hin. Das GW Pferch bezeichnet ‘Gehege, eingezäunte Fläche’, zu mhd. pherrich ‘einfriedung’, ist ein Stall oder eine eng begrenzte und umzäunte Weide. 603 Eine Bezeichnung nach einer eingezäunten Fläche für Schafe. Schärfe † Östlich der Stadt am Dün. Lage nicht genau bekannt. 1749 den Dün hinauf bis an den auff der Schärffe vorgefundenen großen Mahlstein (Grenzprot. Bl. 7). Schärfe bezeichnet den Ort, wo geschärft wurde.604 Der Mahlstein kann aber auch ein dortbefindlicher Malstein ‘Grenzstein’ gewesen sein,605 zu mhd. mâl stn. ‘gränzzeichen, gränzstein’.606 Wahrscheinlich handelt es sich aber um einen Ort, wo Mahl- bzw. Mühlsteine geschärft wurden, weshalb dort noch ein Mahlstein gefunden wurde. In der Nähe des Dün befanden sich mehrere Mühlen. Scharfensteiner Weg šárfņšdāencr wēk Östlich der Stadt. Auf dem Dün an der Gemarkungsgrenze zu Westhausen. 1671 im Lambßroda am Scharffensteinischen fahrweege (Lb. Bl. 693v), 1676 bies uff den Scharfensteinischen weg (Grenzprot. Bl. 6v), 1676 die Kuppelhuth bis auff den scharfensteinischen weg (Grenzbegehung), 1817 bis an den sogen. Scharfensteinerweg (Grenzprot. Bl. 60). Indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der zur Burg Scharfenstein führte. Scharfenstein ist ein typischer Burgname. Die Burg steht auf einem Felsvorsprung des Dün, südlich des Dorfes Beuren. Der Scharfenstein war ein Verwaltungssitz eichsfelder Gemeinden. Scharfrichtersberg † Nördlich der Stadt. Der Richteberg. 1749 über des scharffrichters Berg (Lb. OA S. 450). Gleichbedeutend mit Richteberg, wo der Scharfrichter das Urteil vollstreckte. Der Berg des Scharfrichters, der mit dem Schwert oder Beil richtete.607

602 Pfeifer 1993. S. 735. 603 Pfeifer 1993. S. 996; Lexer Bd. 2, Sp. 241, 23.; Bach DNK II § 375. 604 Grimm Bd. 14, Sp. 2190, 24, 3b). ‘ort des schärfens von mühlsteinen’ 605 Schnetz 1952. S. 72. 606 Lexer Bd. 1, Sp. 2014, 33. 607 Pfeifer 1993. S. 1182.

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Im Schellhasengraben Im Schellhasengraben dcr šölšə grōbm Flur 14. Südöstlich der Stadt. Am Pferdebachtal. 1777 Unter Schehlhaßens Graben (Lb. ON S. 251), 1777 in Schehlhaasens Graben (Lb. UN S. 388), 1856 Schelhasens Graben (Waldmann S. 31), 19. Jh. Selasensgraben (SBK), 19. Jh. An Schellhasensgraben (WWK), 1934 Am Schellhasensgraben (wiese) (FlNS), o. J. Schellhasensgraben (FlNS Müller) Im BW ein PN Schellhase. Der Graben, der einem Besitzer mit dem Namen Schellhase gehörte.608 Johann Gerhard Schelhase war in den Jahren 1667 und 1675 Bürgermeister.609 Schellhasens Wiese † šölšə wēzņ Südlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1749 über schelhasens wiesen am Iberge (Lb. ON S. 96), 1777 Schehlhaaßens Wießen (Lb. ON Bl. V), 1822 Bei Schielhasens Wiese (Flurb. Fl. 37), 1856 Schelhasens Wiese (Waldmann S. 17), 1934 Am Schellhasensgraben (wiese) (FlNS). Die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Schellhase gehörte. Scheuche Bei der Scheuche šāeXə Flur 27. Nordöstlich dicht bei der Stadt. An der Stadtmauer oberhalb des Wasserfalles. 1619 – 55 Vor der Scheuche (Wolf Hst. Urk. S. 86), 1671 Ein garthen die scheiche genannt (Lb. Bl. 347), 1671 ahn der Scheiche (Lb. Bl. 416v), 1777 auf der Scheuche (Lb. ON S. 309), 1777 Unter der Scheiche (Lb. UA S. 225), 1800 die Scheiche (Wolf Hst. S. 182), 1822 Bei der Scheuche (Flurb. Fl. 20), 1845 die Scheuche (Duval S. 474), 1856 Scheuche, Die Scheiche (Wolf) (Waldmann S. 5), o. J. Die Scheuche (FlNS Müller), o. J. auf der Scheuche und bei der Friedenseiche (Rep. Hst. S. 99), o. J. Scheuche (Stadtplan). Der Name Scheuche, zu mhd. schiuhe stf. ‘scheu, abscheu; scheuche, schreckbild’610 gehört zum zum Verb scheuchen, mhd. schiuhen, schiuwen swv. ‘schiech, scheu machen, erschrecken; scheuchen, verscheuchen, verjagen’.611 „Denn ein Blick in die Tiefe des Wasserfalls ist wohl geeignet, Jemanden scheu zu machen. Ich glaube einmal gehört zu haben, ursprünglich sei so ein zum Schutz dienender Vorsprung der Stadtmauer benannt worden. In der hiesigen Feuerverordnung aus dem 17. Jahrh. liest man Scheuche, Wolf, H. Urk. S, 86, in dem Lagerb. Von 1671 Scheiche.“612 Zur Erklärung wird meist auch das Geräusch des Wasserfalles hinzugezogen.613 „Das zerklüftete Gelände, der tiefe, dunkle

608 siehe Graben. 609 Wolf 1800. S. 224. 610 Lexer Bd. 2, Sp. 759, 48. 611 Lexer Bd. 2, Sp. 760, 9. 612 Waldmann 1856. S. 5. 613 Wolf 1800. S. 182. „Ein kleiner Arm von der Geißlede stürzt sich nicht weit von der Jakobs-Kirche über

einen Felsen, die Scheiche genannt, herab und bildet eine Art von Wasserfall, nicht ohne ein merkliches Geräusch.“

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Felseinschnitt, dazu das Brausen des Wasserfalles machte Mensch und Tier (Vögel) scheu.“614 Scheuchegraben † di šāeXə, šāeXgrōbm Nordöstlich dicht bei der Stadt. Bodengraben am Wasserfall bei der Scheuche. 1749 auff dem scheich graben (Lb. UA S. 11). Indirekte Lagebezeichnung nach dem Wassergraben, der das Wasser der Geislede zur Scheuche führt. Der Graben ist künstlich angelegt worden.615 Auf diese Weise kam auch der Wasserfall zustande. Schielenhof † Südöstlich der Stadt beim Brückenweg. 1634 bey der Brückenn diesseits Schielenhoffe (Lb. Bl. 117), 1671 bey schielenhoffe (Lb. Bl. 393), 1671 bei Schilenhoff am brückenwege (Lb. Bl. 396). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Hof. Das BW „Vielleicht zu mhd. schelch (offenes e), schilch adj. ‘scheel, schielend, quer, schief, krumm’ (Lexer II 690). Darauf deutet der Beleg von 1671. Oder zu mhd. schiel stm. ‘Abgesprungenes oder abgerissenes Stück, Splitter’ (Lexer 725). Man könnte auch an einen Personennamen ‘Schiele’ oder ähnlich denken.“616 Bezeichnung nach einem Hofnamen, der entweder einen Personennamen enthält oder nach einer Eigenschaft (des Geländes) benannt ist. Schierbach † Südöstlich der Stadt. Unter dem Mittelberg im Pferdebachtal gelegen. 1554 im Schierenbache (Einwort Bl. 3; Wolf Hst. Urk. S. 69), 1671 im schierenbach (Lb. Bl. 685), 1671 Unterm Mittelberge Uffm Mergell ahn dem schierenbach (Lb. Bl. 721), 1671 gegen dem Mittelberge Jenseits des schierenbachß (Lb. Bl. 724), 1777 unter dem Mittelberge am Schiehrenbach (Lb. ON S. 331), 1777 im Schierenbache (Lb. UN S. 11), 1856 Der Schierenbach (Waldmann S. 26), 1934 Schierenbach (FlNS). Das GW bach weist auf ein Fließgewässer hin. Das BW schier, eventuell zu mnd. schîr adj. ‘lauter, rein, glänzend’,617 also eine Bezeichnung nach der Farbe oder Reinheit des Wassers. „Forstorte in unserer Gegend heißen die schieren Eichen, schier werden auch die Eier genannt, welche übrig bleiben, wenn die jungen Vögel ausschlüpfen. Mhd. schîr ist lauter, hell, glänzend, unser schier. Schierenbach und Schierenberg haben ziemlich denselben Sinn als Lutterbach, Lutterberg.“618 Der Name ist mehrdeutig: „Nd. schiere f., ‘Grenze, Scheide’ oder Adj. mnd. schier ‘rein, klar’ […] oder auch mhd. schier ‘schnell’ (Lexer II 726). Auch nwdt. schür ‘Scheune’ könnte darin enthalten sein.“ 619 Letztere Bedeutung scheidet hier aufgrund der Belege aus.

614 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1983. S. 374. 615 siehe Graben. 616 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1983. S. 375. 617 Lexer Bd. 2, Sp. 753, 37.; Bach DNK II § 294. 618 Waldmann 1856. S. 26. 619 Müller 1958. Ortsnamen. S. 101. [für den Gewässernamen Schierbach bei Uder]

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Schild † Südwestlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 acker ahn der Leina daß schildt genant (Lb. Bl. 456), 1777 aufm Schilde neben der Leine (Lb. OA S. 57), 1777 Auf dem Schilde neben der Pfaffenlinde (Lb. UA S. 245). Schild ist eine Bezeichnung nach der Form oder Oberflächengestalt des Geländes. Schild kann eine „Metapher für eine flache Anhöhe“620 sein. Zu mhd. schilt stm. ‘schild’,621 also eine schildförmige, d. h. leicht buckelförmige Erhebung. Es ist nicht zu unterscheiden, ob im FlN ‘Das Schild’ oder ‘Der Schild’ vorliegt. Möglicherweise kann ein dort befestigtes Schild (Hinweistafel) oder ein dort befindlicher Schild (als Teil einer Rüstung) ein Motiv für die Bezeichnung sein. Schildchen † Lage unbekannt. 1634 Uffm Schildtgen (Lb. Bl. 31v), 1671 auffm Schiltg (Lb. Bl. 550), 1671 vor dem Schiltg (Lb. Bl. 550), 1749 am schildtgen (Lb. UA S. 97), 1777 Auf dem Schildgen (Lb. UA S. 199). Diminutivform zu Schild. Ebenso ein metaphorischer Name. Also wahrscheinlich ein kleineres Gelände, eine kleine flache Anhöhe. Schindanger Schindanger Flur 21. Nordöstlich der Stadt. Unterhalb der Liethen an der Mündung des Eichbachs gelegen. Heute Stadtgebiet, Gelände des „Vital-Park“. 1822 Bey dem Schindanger (Flurb. Fl. 15), 1934 Schindanger (FlNS). Im GW das Appellativ Anger, hier im übertragenen Sinn zu verstehen. Das BW Schinder bezeichnet den ‘Abdecker, Henker’, zu schinden ‘Viehkadaver abhäuten’.622 Ein Anger oder Platz, der vom Abdecker genutz wurde. „Der Schinder, auch Klee- und Wasenmeister, Abdecker, Schäler (Schöler) gen., durfte den Schindanger (Wasen) nutzen“.623 Schindeleich šíŋəlāeX Östlich der Stadt. Nördlich der Bundesstraße 80, an der Leine gelegen. Industriegebiet. 1671 garthen im Hundgraben am Schindeleich (Lb. Bl. 346v), 1749 nach dem schindeleiche zu (Lb. UA S. 62), 1777 bey dem Schindleich (Lb. ON S. 39), 1856 Das Schindleich, plattd. Schingeleich (Waldmann S. 24), 1934 Schindleich (FlNS), o. J. Schindeleich (FlNS Müller). Das Schind(e)leich oder Schingeleich, wie es in der Mundart heißt, ist der „Ort, wo die gefallenen Tiere abgeschunden = abgezogen wurden“.624 In der Mundart bedeutet šiŋəlaiX

620 Hänse 1970. S. 143. 621 Lexer Bd. 2, Sp. 737, 24. 622 Pfeifer 1993. S. 1201. 623 Schnetz 1952. S. 81. 624 Müller 1986. Flurnamen. S. 84.

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‘Ort für Tierkadaver’.625 Die Mundart verleift -nd- > -ng-. Schindeleich bedeutet soviel wie Schindanger und ist als älteres Synonym anzusehen. „Mit diesem Worte bezeichnet die Mundart 1) den Ort, wo die gefallenen Thiere abgeschunden werden, 2) das Aas selbst, 3) Personen und Sachen, gegen die man unwillige Verachtung ausdrücken will. […] Leich, niederd. Lex, heißt hier auch eine aus Thon gebrannte Kugel, deren sich die Knaben beim Knipperspiel bedienen; Hücker, Höcker wird sie genannt, wenn sie größer ist, s. houc. Dieses „Leich“ wird freilich wohl ahd. Leih Spiel sein, Graff 2, 152, wenn aber von Schindleich die erste der oben angegebenen Bedeutung die älteste wäre, so müsste man es von scîn-leih trennen und annehmen, daß es mit leich coxa, clivus, Graff 2, 154 zusammengesetzt wäre, also Schindhügel bedeutete, wie man sonst sagt Schindanger.“626 „Schindleich = ‘Kadaverplatz’ ist als App. seit dem 16. Jh. ausgestorben und lebt nur noch in FlN weiter. Anders im Eichsfeld.“627 Schindkuhle † Lage unbekannt. 1749 bey der schindt Kuhlen (Lb. OA S. 465). Das GW Kuhle bezeichnet eine Grube. Eine indirekte Lagebezeicnung zu der Grube, in der Tierkadaver geschunden, d. h. abgezogen wurden. Schlag † Südlich der Stadt. Beim Forsthaus an der Weintraube gelegen. Forstort. 1805 Schlag (Grenzprot. Bl. 40), 19. Jh. Im Schlage (SBK), 1934 im Schlage (FlNS). Der Schlag, zu mhd. slac stm. ‘der holzschlag, das holzfällen; zum holzschlage bestimmte od. durch hölzfällen gelichtete, urbar gemachte waldstelle’, bezeichnet wie Hau eine „Hiebabteilung im Wald“.628 Schleifgarten † šlāefgortņ Nördlich dicht bei der Stadt. An der Leine bei der Ochsenwiese gelegen. 1749 auff der schleiffgarthen (Lb. UA S. 195), 1777 neben der Schleifgartn (Lb. ON S. 27), 1777 Bey dem Schleif-Garthen (Lb. ON S. 347). „Der Schleifgarten dürfte ein ‘Schleifmühlengarten’ (Holzschleife) sein.“629 Also ein Garten an der Schleife oder Schleifmühle. Schleifköte † Lage unbekannt. 1671 Uff der schleiff Koethe (Lb. Bl. 345v), 1671 Uff der schleiff Koethe (Lb. Bl. 443v), 1749 die schleiff Kothe (Lb. UA S. 86).

625 Hentrich 1912. S. 92. 626 Waldmann 1856. S. 24. 627 Müller 1986. Flurnamen. S. 84. 628 Lexer Bd. 2, Sp. 950, 24.; Bach DNK II § 362. 629 Müller 1986. Flurnamen. S. 85.

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Das GW Kote, Köte, zu mhd. kote, kot swm. stn. ‘hütte’.630 „Die Schleifköte war wohl eine ‘Schleifmühle’(Holzschleife) oder wurden in ihr Werkzeuge (Sicheln u. dgl.) geschärft?“631 Indirekte Lagebezeichnung zu einer Schleifmühle. Schleifmühle † Südöstlich der Stadt. An der Geislede gelegen. 1634 Eine Schleifmüllen welche aufnn Vier Jahr öde undt wüste gelegen (Lb. Bl. 79), 1800 2 Schleifmühlen (Wolf Hst. 174), 1845 der Schleifmühlenrasen (HS 12). Indirekte Lagebezeichnung zu einer Schleifmühle. Zu mhd. slif-mül f. ‘schliffmüle’.632 Es hat zwei Schleifmühlen gegeben, die dicht beieinander lagen.633 Schleifweg † Lage nicht genau bestimmbar. Entweder westlich der Stadt am Rengelröder Weg, oder nördlich am Günteröder Weg, wahrscheinlich auch südlich im Heiligenstädter Stadtwald. 1634 Uff dem Schleiffwege (Lb. Bl. 17), 1671 am Rengelröder weege Zwischen dem schleiffweege (Lb. Bl. 351v), 1671 Unten auff Rießbach Und oben auff dem schleifweeg (Lb. Bl. 472v), 1676 den Schleifweeg (Grenzbegehung Bl. 1v), 1749 am schleiffweege (Lb. UA S. 19), 1749 Koethwarth und güntheröder weege Vom schleiffweege über Teichmans wiesen nach dem Köthengrunde (Lb. ON Bl. VIv), 1749 schleiffweeg des nothholzes (Lb. ON Bl. VIv), 1777 Vom Schleifweeg über Diegmanns Wießen (Lb. ON Bl. Vv), 1777 Jenseits dem tiefen Graben bis auf den Schleif Weeg (Lb. ON Bl.VI), 1777 Am Schleif-Weege diesseits dem Hillemann (Lb. ON S. 455), 1822 auf einen Schleif weg (Flurb. Bl. 49), 1856 Der Schleifweg (Waldmann S. 17), 1934 Schleifweg (FlNS). Das BW gehört zu mhd. sleife swf. ‘schleife, schlitten; gestell, worauf der pflug oder die egge fortgeführt wird; durch schleifen (des holzes) entstandene spur, weg’.634 Der Schleifweg war „Kein ständiger Weg, sondern nur für den Holztransport mit Schleifen gelegentlich benutzbar.“635 Die Schleifwege dienten aber auch dem Transport der Pflugschleife.636 Letzteres ist für die nördlich der Stadt, in den landwirtschaftlichen Nutzflächen gelegenen Schleifwege wahrscheinlicher. Schleifwege sind in indirekten Lagebezeichnungen im Eichsfeld häufig zu finden, z. B. bei Bodenrode, Lutter, Thalwenden, Siemerode, Günterode usw. Schluft † Südlich der Stadt im Heiligenstädter Stadtwald gelegen. Lage nicht genau bekannt. 1805 die Schluft (Grenzprot. Bl. 40).

630 Lexer Bd. 1, Sp. 1690, 16. 631 Müller 1986. Flurnamen. S. 85. 632 Lexer Bd. 2, Sp. 977, 52. 633 Wolf 1800. S. 174. „In derselben Gegend baueten 1782 Meister Wilhelm Hübner und Caspar Schneider

und 1790 Christoph Gunkel, und des Aegidius Wedekind Wittwe 2 Schleifmühlen; jede gibt jährlich 2 Gulden Erbenzins an die Kämmerei.“

634 Lexer Bd. 2, Sp. 970,1. 635 Müller 1986. Flurnamen. S. 85. 636 Hänse 1970. S. 145.; Schnetz 1952. S. 83. „Schleifer oder Schlei(p)fwege, Schlaifwege waren urspr. keine

ständigen Wege, sondern die vor dem Anbauen und nach der Ernte von der Pflugschleife befahrenen, durch die Äcker geführten Wege.“

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Zu mhd. sluft stf. ‘schlucht’.637 Auch in der Mundart heißt es noch šluft ‘Schlucht’.638 Schluft bezeichnet also eine Schlucht, ein enges Felstal. Schnakenbach † Lage unbekannt. 1634 Im Schnackenbach (Lb. Bl. 131), 1671 Im Schnakenbache (Lb. S. 53), 1749 Wiesen in dem sogenanten schnackenbach (Lb. ON S. 69). Im BW vielleicht der Tiername Schnake, was ‘Stechmücke’ oder ‘Fliege’ bezeichnet.639 Das BW gehört aber vielleicht zu nd. snake ‘Ringelnatter’.640 Indirekte Lagebezeichnung zu einem Bach, wo es viele Mücken, oder wo es Ringelnattern gab. Schneise † šnāezə, of dcr šnāezəņ, Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen der Straße nach Kalteneber und dem Pferdebachtal gelegen. Forstort. 1777 Unter der Schneißen (Lb. UN S. 504). Schneise ist ein Forstname, zu mhd. sneite stf. ‘durch den wald gehauener weg, durchstich’.641 Eine Bezeichnung nach dem „Durchhau im Wald“.642 Hintere Schneise † hinŋ dcr šnāezəņ Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen der Straße nach Kalteneber und dem Pferdebachtal gelegen. Forstort. 1805 die hintere Schneisen bis Dünsterthal und Weintraube (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Die hintere und vordere Schneise (Waldmann S. 30), 1870 Der hintere Schneisen (MTB 2668), 19. Jh. Hintere Schneise (WWK), 1934 Hintere Schneise (FlNS). Bezeichnung nach dem hinteren, d. h. weiter von der Stadt entfernten „Durchhau“. Kleine Schneise Kleine Schneise Flur 14. Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen der Straße nach Kalteneber und dem Pferdebachtal gelegen. Forstort. 19. Jh. Kleine Schneise (SBK), 1934 Kleine Schneise (FlNS). Hier handelt es sich um eine kleine Schneise. Vordere Schneise † fer dcr šnāezəņ Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen der Straße nach Kalteneber und dem Pferdebachtal gelegen. Forstort.

637 Lexer Bd. 2, Sp. 990, 48. 638 Hentrich 1912. S. 78. 639 Pfeifer 1993. S. 1227. 640 Bach DNK II § 330. 641 Lexer Bd. 2, Sp. 1028, 44. 642 Bach DNK II § 390.

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1856 Die hintere und vordere Schneise (Waldmann S. 30), 1870 Der vordere Schneisen (MTB 2668). 19. Jh. Vordere Schneisen (WWK). Bezeichnung nach dem vorderen, d. h. näher an der Stadt liegenden „Durchhau“. Schneisenhang † šnāezņhaŋ, šnāezņhoŋ Südlich der Stadt. Im Heiligenstädter Stadtwald zwischen der Straße nach Kalteneber und dem Pferdebachtal gelegen. Forstort. 19. Jh. Schneisenhang (WWK), 1934 Schneisenhang (FlNS). Bezeichnung von ansteigendem Gelände, in dem die Schneisen verlaufen. Schömanns Berg † Lage unbekannt. 1671 ahn Schömans berge (Lb. S. 101). Schömann ist Besitzername. Von einem Berg, der einem Besitzer mit dem Namen Schömann gehörte. Schottische Länderei † Südöstlich der Stadt unterhalb des Iberg am Roten Graben. 1777 Auf dem rothen Graben an der Schottischen Länderey (Lb. UA S. 31). Schotte ist ein Besitzername. Der Name Schotte ist im Eichsfeld häufig. Von einem Grundstück, das einer Familie Schotte gehörte. Schottisches Lehen † Südöstlich der Stadt, zwischen Aue und Erbetal. 1777 Garten in der Aue am dem Schottischen Lehen (Lb. ON S. 31), 1777 an dem Schottischen Lehn-Land (Lb. ON S. 399), 1777 Im Erbbethal an dem Schottischen Lehnland (Lb. OA S. 51), 1777 Winzingeröder Lehn, an dem Schottischen Lehn garten (Lb. OA S. 352). Eine Bezeichnung nach einem Besitzverhältnis. Schotte ist ein Besitzername. Ein Lehen, das die Familie Schotte besaß. Schottische Wiese † Südöstlich der Stadt in der Aue. 1777 Garten in der Aue an der Schottischen Wießen (Lb. ON S. 63). Schotte ist ein Besitzername. Eine Wiese, die der Familie Schotte gehörte. Schrittstein † Lage unbekannt. 1671 bey dem schritt steine (Lb. S. 56). Ein Schrittstein ist eigentlich ein flacher Stein, der eine sichere Überquerung einer Straße oder eines Gewässers gewährleistet.643 Schrittstein kann aber auch Grenzstein, zu nd.

643 Grimm Bd. 15, Sp. 1759, 75. „glatter stein auf den straszen, in seichten wassern und anderem, zum

bequemen schreiten“

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Schretstein = Grenzstein bedeuten, wie nd. Schretstaken ‘Grenzpfahl’.644 Eine indrirekte Lagebezeichnung zu einem Stein als Geländemerkmal. Schultheißenwiese † Lage unbekannt. 1299 pratum, quod dicitur Scultheyzen wise (UBE Nr. 795), 1405 Schultheissenwies gelegen oben der Stadt (Wolf PGE II Urk. S. 46). Das BW Schultheiß weist auf den Besitzer hin. Schultheiß bedeutet ‘ortsvorsteher’.645 Eine Wiese, die dem Schultheiß gehörte. Wahrscheinlich wechselte der Besitz immer auf den nächsten Schutheißen. Schüttenkopf Südwestlich der Stadt. Erhebung identisch mit Struthberg oder Osterberg (447,8 m). 1335 in Schuttenfels houpten (Wolf Hst. Urk. S. 16), 1805 am Osterberge oder Schuttenkopfe (Grenzprot. Bl. 38v), 1856 Der Schuttenkopf (Waldmann S. 34), 1870 Der Schuttenkopf (MTB 2668), 1934 Schüttenkopf, Schutenkopf (FlNS), o. J. Schüttenkopf (Stadtplan). Kopf ist Bezeichnung eine Bodenerhebung.646 „Das BW stellt sich zu schützen ‘vor Üblem sichern’; mhd. schützen, md. schutzen, dazu auch mnl. schutten ‘schützen, einfrieden’.“647 Schüttenkopf wäre dann eine Bezeichnung nach einem unter Schutz gestellten Wald, wahrscheinlich des Wildes wegen. Die Willkür der Stadt untersagt, „in Schuttenfels houpten“ zu laufen.648 Im BW kann aber auch Schutte, Schütte vorliegen, zu mhd. schut ‚das schütteln, die erschütterung’.649 Der Name könnte also auch dadurch entstanden sein, dass man dort Früchte von den Bäumen schüttelte, z. B. Eicheln oder Bucheckern als Viehfutter. Dazu mhd. schüter, schütter stm. ‘das einmalige schütteln; der die eicheln von den bäumen schüttelt, eichelsammler’.650 In Heiligenstadt wurde der Wald auch zur Weidewirtschaft herangezogen. Die Tiere wurden zur Futtersuche in den Wald getrieben. Darauf weisen noch die ehemaligen Triften, hin. Schwanzacker † Nördlich der Stadt. Oberhalb vom Eichbach gelegen. 1777 überm Eichbach der Schwanzcker genannt (Lb. OA S. 57). Eine Bezeichnung nach der Form des Ackers. Ein Acker, der die Form eines (Tier-) Schwanzes hat, ein ‘schwanzförmiges anhängsel, ende’.651 Schwarzes Kreuz ‘s šwardsə krīdsə

644 Bach DNK II § 379. 645 Grimm Bd. 15, Sp. 1982, 55. 646 siehe Alter Kopf. 647 Müller 1986. Flurnamen. S. 87. 648 Wolf 1800. Urk. S. 16. 649 Lexer Bd. 2, Sp. 832, 37. 650 Lexer Bd. 2, Sp. 834, 35. 651 Grimm Bd. 15, Sp. 2262, 38.

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Südlich der Stadt. An der Straße nach Kalteneber. Gleichbedeutend mit „Schwedenkreuz“. 1870 Das schwarze Kreuz (MTB 2669), 19. Jh. Am Schwarzen Kreuz (WWK), 1903 „des schwarzen Kreuzes“ (WK 1002), 1934 am Schwarze(n) Kreuz (FlNS), o. J. Schwarzes Kreuz (Stadtplan). Indirkete Lagebezeichnung zu einem Kreuz als Geländemerkmal. An der Landstraße befindet sich auf einem kleinen aufgeworfenen Hügel ein schwarzes Holzkreuz. Dieses Kreuz wird Schwarzes Kreuz oder auch Schwedenkreuz genannt. Die Heiligenstädter kennen zu der Stelle folgendes Sprüchlein: „Wenn du dreimal ums Schwedenkreuz gehst, hast du kein Hemd mehr an.“ Vor allem Kinder wollen den Wahrheitsgehalt selbst überprüfen und stellen fest, dass sie nach dreimaligem Umrunden des Kreuzes wirklich kein Hemd mehr tragen, aber auch keines weniger. Schwedenkirchhof Schwedenkirchof šwēdņkérXob Flur 12. Südlich der Stadt. Waldstück im Heiligenstädter Stadtforst an der Straße nach Kalteneber. Heute Buchenmischwald. 1805 die Holzwiesen und der Schwedenkirchhof (Grenzprot. Bl. 40v), 1856 Der schwedische Kirchhof (Waldmann S. 31), 19. Jh. Schwedenkirchhof (WWK), 1903 Schwedenkirchhof (WK S. 906) 1934 Schwedenkirchhof (FlNS), o. J. Schwedenkirchhof (FlNS Müller). Im amtlichen Namen Schwedenkirchof [sic!] liegt eine Verschreibung vor. Im GW liegt Kirchhof vor, was für einen Friedhof oder eine Begräbnisstätte steht. Das BW Schweden bezeichnet die dort Bestatteten. Die Bezeichnung Schwedenkirchhof bezieht sich auf die Begräbnisstelle schwedischer Soldaten aus dem Dreißigjährigen Krieg. Im Jahre 1632 wurden dort nach einem Gefecht mit kaiserlichen Reitern die erschlagenen Soldaten einer schwedischen Kompanie unter Graf Löwenstein bestattet.652 „Es wird erzählt, der Name stamme von einer Niederlage her, welche eine Abtheilung Schweden im dreißigjährigen Kriege hier erlitten hätte. Auch soll in dieser Gegend einmal beim Fällen eines Baumes ein geharnischtes Skelett gefunden worden sein.“653 Auf dem Gelände wurde auch eine Siedlung vermutet, was sich aber nicht bestätigte. Die Unebenheiten des Geländes sind nicht auf eine Wüstung, sondern auf ehemalige Steinbrüche zurückzuführen.654 Schweinebach † Lage unbekannt. 1822 Im Schweinbache (Flurb. Fl. 32). Im BW das Tier Schwein, zu mhd. swîn stn. ‘schwein; wildschwein, eber’655 Ein Bach, wo sich Wildschweine aufhalten (suhlen).

652 Keppler 2002. S. 93. 653 Waldmann 1856. S. 31. 654 WK 1995. S. 906f. 655 Lexer Bd. 2, Sp. 1374, 26.

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Schweineecke † šwāenəhegņ Westlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich am Liesebühl gelegen. 1845 die Schweineecke (HS 12), o. J. Städt. Grundstück an der Uderschen Chaussee sogenante Schweineecke (Rep. Hst. S. 72). Das BW Schwein nimmt Bezug auf das Nutztur, was auf dem so bezeichneten Gelände gehalten wurde, falls es sich nicht um einen Spottnamen handelt und z. B. schlechten Boden bezeichnet. Schweinestall † Lage unbekannt. 1845 der Schweinestall (HS 12). Vielleicht in indirekten Lagebezeichnungen. Stall bezeichnet das ‘Gebäude zur Viehhaltung’.656 Das BW bezeichnet die Tiere, die dort gehalten wurden. Seltsames Gewende † Nördlich der Stadt. Oberhalb vom Spielplatz. 1777 Uiber dem Spiel Platz, das seltsame Gewende genannt (Lb. UA S. 253). Gewann, die Anwand bezeichneten ursprünglich die Grenze, wo der Pflug gewendet wurde, dann auch allgemein die Unterabteilungen einer Flur, bestehend aus ähnlich liegenden Äckern, Wiesen und Gärten.657 Gewende, zu mhd. gewande stswf. ‘gränze, umkreis; acker, ackerbeet’658 oder zu mhd. anwande, anwant stf. ‘gränze, gränzstreifen, (die stelle wo der pflug wendet)’.659 Das Attribut ist nicht zu deuten. “Über die Herkunft des Bestimmungswortes war nichts zu erfahren.“660 Sengetal Westlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Rengelrode gelegen. Das Tal verläuft in Ost-West Richtung. 1749 in dem sogenannten Sengethal (Lb. UA S. 50), 1777 Am Senge-Thal (Lb. ON S. 171), 1777 im Sengenthal (Lb. ON S. 170), 1817 über dem Sangerthale (Grenzprot. Bl. 46), 1817 über dem Sengerthale (Grenzprot. Bl. 46v), 1856 Sengethal (Waldmann S. 20), o. J. Sengental (Stadtplan). Im BW vielleicht ein PN Senge. „Senge ist ein der hiesigen Gegend angehörender Familienname.“661 Der Name kommt im Eichsfeld vor. Dann wäre das Sengetal, das Tal, das einer Familie Senge gehörte. Eine andere Deutung geht von mhd. senge stf. ‘trockenheit, dürre’662 aus. „Das Sengetal bei Rengelrode meint das bei Hst. Es handelt sich um eine sehr windstille Gegend, in der die Sonne alles ‘versengt’ (Kobold 1958, Franz

656 Pfeifer 1993. S. 1340. 657 Bach DNK II § 369. 658 Lexer Bd. 1, Sp. 975, 18. 659 Lexer Bd. 1, Sp. 85, 12. 660 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1984. S. 284. 661 Waldmann 1856. S. 20. [erwähnt bei: Erbethal] 662 Lexer Bd. 2, Sp. 884, 11.

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Herold 1960). Die Mda. deutet darauf hin, aber es wird sich wie Waldmann dartut, um einen Besitzernamen handeln.“663 Sieben Eichen † Östlich der Stadt. Oberhalb vom Dachstal am Hitzekopf. Forstort. 19. Jh. Sieben Eichen (WWK). Das Attribut ist das Zahlwort sieben. Der Name kommt von einem Baumbestand von sieben Eichen, der als Geländemerkmal diente. Siemeröder Landwehr † Nördlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Siemerode. 1634 Ann der Symeröder Landtwehr (Lb. Bl. 13), 1671 ahn der Simeröder Landtwehr (Lb. Bl. 448), 1671 ahn der Simerödischn Landtwehr (Lb. Bl. 571), 1749 an der Simeröder Landtwehr (Lb. UN S. 458), 1777 An der Siemeröder Land-Wehren (Lb. UA S. 413). Attribut ist ein Siedlungsname. Der ON Siemerode bezeichnet die ‘Rodung eines Siegmar’ (ahd. Sigimār > Sīmār).664 Die Landwehr, die die Gemarkung nach Siemerode abgrenzt.665 Siemeröder Weg † simərēdcr šdrōsņ, simərēdcr wēk Nördlich der Stadt. 1634 Ann dem Symeröder Wege (Lb. Bl. 36), 1749 am siemeröder weege (Lb. UA S. 59), 1777 Am Siemeröder Weeg (Lb. UA S. 323), o. J. Siemeröder Straße (FlNS Müller). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg, der nach Siemerode führt. Spanisches Kreuz † Lage unbekannt. 1749 bey dem spannischen Creütze (Lb. ON S. 92), 1777 Hinter dem Spanischen Kreüz (Lb. UA S. 225), 1777 Ueber dem spannischen Kreüze (Lb. UA S. 319). Kreuz ist hier wohl im religiösen Sinn zu verstehen. Eine indirekte Lagebezeichnung zu einem Kreuz als Geländemerkmal. Das Attribut hat wohl nichts mit dem Land Spanien zu tun, sondern gehört vielleicht zu mhd. span stm. ‘spannung, streitigkeit, zerwürfnis’.666 „Span in FlurN. sehr häufig, bedeutet Rechtsstreit.“667 Vielleicht wurde das Wort nicht mehr verstanden und als spanisch interpretiert. Aber „spanisches kreuz in scherzhafter übertragung: spanische creutze drücken ist eine dem frauenzimmer im spiel bekannte art und weise zu küssen, wenn man nahmlich selbiges über das creutz küszt und ihnen einen kusz auf die stirne, mund und beyde backen drückt.“ Aber auch im Sinne von ‘fremd, wunderlich, unverständlich’ zu verstehen.668

663 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1984. S. 285. 664 Müller 1958. Ortsnamen. S. 81. 665 siehe Landwehr. 666 Lexer Bd. 2, Sp. 1065, 39. 667 Buck 1931. S. 262. 668 Grimm Bd. 16, Sp. 1888, 33.

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Spathkuhle Bei der Spathkuhle Flur 29. Östlich der Stadt am Dün, oberhalb von Peter und Paul. 1634 Ann der Spat Kuhlen (Lb. Bl. 25v), 1634 bey der Spaet Kaulen (Lb. Bl. 28), 1634 Under dere Spaat Kuhlen (Lb. Bl. 54), 1671 Uber der Spaat Kuhlen (Lb. Bl. S.100), 1749 Vor der spathkuhlen (Lb. OA S. 333), 1749 bey der spatkugel (Lb. S. 440), 1777 Uiber der Spat Kuhlen (Lb. ON Bl. VI.), 1800 in der so genannten Spatkugel am Düne (Wolf Hst. S. 184), 1822 Bei der Spathkuhle, Unter der Spathkuhle (Flurb. Fl. 28; Fl. 30), 1856 Die Spathkule (Waldmann S. 20), 1934 die Spatkule (FlNS), o. J. Die Spatkuhle (FlNS Müller) Spat ist eine „blättrig brechende Gesteinsart“669, eine Form von Kalk. „Eine Grube, in der Feldspat gefunden wurde.“670 Er wird abgebaut, um für die Landwirtschaft als Dünger zu dienen. Zur Eigenschaft des Düngers heißt es: „Außer den jetzt beschriebenen Märgelarten gibt es noch Säemärgel in der so genannten Spatkugel am Düne. Er wird auf die mit Hülsenfrüchten besäeten Aecker, wann die Erbsen, Linsen, Bohnen u. s. f. schon aufgegangen sind, gestreut und befördert auf nassem Boden den Wachstum ungemein.“671 Spenglers Garten † Lage unbekannt. 1671 Spenglers garthe (Lb. Bl. 354). Ein Besitzername Spengler. Der Garten, der einem Besitzer mit dem Namen Spengler gehörte. Sperbers Schild † Nordwestlich der Stadt bei der Leinemühle. 1671 Sperberß Schildt (Lb. Bl. Iv), 1749 neben der Leine Mühlen und Sperbers schildt (Lb. ON Bl. VIv). Das Attibut Sperber ist ein PN. Der Name kommt im Eichsfeld vor.672 Schild bezeichnet eine flache Anhöhe.673 Schild taucht aber auch in bildlichen Wendungen auf: „die neugeschmückte flur wird als des Maien schild bezeichnet“.674 Sperberwiese Sperberwiese šperwcrwēzņ Flur 44. Nördlich dicht bei der Stadt, zwischen Stadtmauer und Leine. Der Mühlgraben fließt dort in die Leine. Stadtgebiet mit Einkaufsmarkt. 1749 die sperbers wiesen (Lb. OA S. 406), 1777 der Teich Garthen an der Spärbers Wießen (Lb. UA S. 149), 1856 Die Sperberwiese (Waldmann S. 26), 1934 Sperberwiese (FlNS).

669 Kluge 2002. S. 861. 670 Müller 1986. Flurnamen. S. 89. 671 Wolf 1800. S. 184. 672 Opfermann 1999. S. 320. Johannes Sperber, geb. zu Heiligenstadt, Rektor der Universität Leipzig (1511). 673 siehe Schild. 674 Grimm Bd. 15, Sp. 118, 77, 6).

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Sperber ist Besitzername. Die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Sperber gehörte. Die Sperberwiese wird auch Herrenwiese genannt. Spielplatz Am Spielplatz šbīlblods Flur 24. Nördlich der Stadt, unterhalb der Liethen. Heute Stadtgebiet. 1671 Uffm Spielplatz (Lb. S. 17), 1671 Uffm Spielplatz am gemeine Raasen (Lb. Bl. 423v), 1749 unter dem spielplatz (Lb. UA S. 25), 1777 auf den spielplatz (Lb. UN S. 147), 1822 Auf dem Spielplatze (Flurb. Fl. 15; Fl. 20), 1934 der Spielplatz (FlNS). Ein Platz, eine ebene, freie Fläche, wo Spiele abgehalten wurden. Das BW zu mhd. spil stn. ‘spiel, zeitvertrieb, scherz, unterhaltung, vergnügen’.675 Der Spielplatz war „in der älteren sprache zumeist ein platz, wo karten- und würfelspiele gespielt werden […] zuweilen ein platz für scenische aufführungen, die bis ins 16. jahrh. gewöhnlich im freien stattfanden; […] jetzt ebener platz für spiele im freien, besonders für die spiele der kinder, zumal wenn er eigens dafür eingerichtet und zurecht gemacht ist.“676 Da die Bezeichnung schon für das 17. Jh. belegt ist, wird eine der erstgenannten Motive in Frage kommen. Spitzacker † Nördlich der Stadt am Eichbach. 1777 Im kleinen Eichbach, der Spitz Acker genannt (Lb. UA S. 349). Eine Bezeichnung nach der Geländeform. Ein spitzer, wahrscheinlich dreieckiger Acker ist damit gemeint. Springkopf Springkopf šbreŋkop Flur 14. Südwestlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Lutter. Forstort. 1805 Auf dem Springkopfe (Grenzprot. Bl. 35), 1856 Der Springkopf und die Springmühle (Waldmann S. 31), 1870 Der Springkopf (MTB 2668), 19. Jh. Springkopf (WWK), 1934 Springkopf (FlNS). Kopf ist Bezeichnung für einen Berg.677 Das BW Spring, zu mhd. sprinc stn. m. ‘sprung, quelle’678 nimmt Bezug auf die Quelle, die unterhalb des Berges entspringt. „Der Springkopf ist ein ‘Springbornkopf’.“679 Stadtberg † Lage unbekannt. 1777 am Stadtberge (Lb. S. 219).

675 Lexer Bd. 2, Sp. 1091, 24. 676 Grimm Bd. 16, Sp. 2413, 19. 677 siehe Alter Kopf. 678 Lexer Bd. 2, Sp. 1116, 53. 679 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1985. S. 179.

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Das BW Stadt nimmt Bezug auf die Lage. Ein Berg, der zur Stadt hin liegt. Hier liegt ein Name vor, der von außerhalb lebenden Bewohnern gegeben wurde. In Westhausen gibt es den Stadtberg, die Erhebung, die in Richtung Heiligenstadt liegt. Stadtgraben † Um den gesamten Stadtkern. 1554 Stadtgraben (Wolf Hst. Urk. S. 68), 1634 Im Stadtgrabenn (Lb. Bl. 74), 1671 Ein Hopffenfleke in dem Stadtgraben (Lb. S. 172), 1800 Stadtgräben (Wolf Hst. S. 187). Im GW Graben im ursprünglichen Sinn, als Vertiefung, die künstlich entstanden ist.680 Indirekte Lagebezeichnung zu dem Graben, der die gesamte Stadt im Mittelalter umgab. Später wurde er zugeschüttet, das Gelände diente zu Gärten. Stadtmauer šdátmūr, šdotmūr Um den gesamten Stadtkern. Die Mauer ist noch in großen Teilen erhalten, allerdings mit geringerer Höhe. 1335 der Statmuren (Wolf Hst. Urk. S. 5), 1554 von der Stadtmauer (Wolf Hst. Urk. S. 76), 1749 hinter der Kirch S. Nicolai an der stadt Mauren (Lb. OA S. 307), 1749 des Raths dieners Haus an der stadtmauren (OA S. 307), 1777 Garthen Vor dem Holzbrücken-Thor […] daselbst an der Stadt-Maur (Lb. UA S. 329), 1800 Die Stadtmauer (Wolf Hst. S. 125), 1822 Hinter der Stadtmauer (Flurb. Fl. 20). Indirekte Lagebezeicnung zu der Mauer, die die Stadt im Mittelalter umgab. Wie die Belege zeigen, diente die Stadtmauer an verschiedenen Stellen zur Beschreibung der Lage. Vor und hinter der Stadtmauer befanden sich Gärten. Stadtweg † Lage unbekannt. 1777 am Stadtweege neben dem Eichenbaum (Lb. S. 223). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg, der zur Stadt führte. Stahlergrund † šdālcrgront Südwestlich der Stadt. Im Heiligenstädetr Stadtwald. Forstort. 19. Jh. Stahlergrund (WWK), 1934 Stahlergrund (FlNS). „Vielleicht Besitzername.“681 Eine Geländevertiefung, die einem Besitzer mit dem Namen Stahl(er) gehörte. Der Name Stahl kommt im Eichsfeld vor.682 Stakenacker † Lage unbekannt. 1749 der staaken acker (Lb. UA S. 97), 1777 der Staaken Acker (Lb. UA S. 201).

680 siehe Graben. 681 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1985. S. 179. 682 Müller 1988. Personennamen. S. 66.

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„Im BW liegt nd. stāke, stāken m., Pl. stāken ‘die Stange, der nicht dicke Pfahl, große Prügel namentlich der Zaunpfahl (tūnstāke)’ vor.“683 Entweder ist damit ein Acker bezeichnet, der mit Staken umzäunt war oder an Grenzstaken lag. Stationsweg Am Stationsweg Flur 49. Westlich der Stadt. Unterhalb des Struthberges. Der Weg führt zur Elisabethkapelle bei der Elisabethhöhe. o. J. Stationsweg (Stadtplan). Das BW Station ist entlehnt aus lat. statio (-onis), was ‚Stehen’ oder ‚Stand’ bedeutet.684 Station bedeutet hier ‚Bildstock, Kreuzwegstation’, wo zum Betrachten und Beten innegehalten wird. Der Stationsweg ist der Weg, an dem sich die 14 Stationen des Leidens Jesu Christi (Kreuzwegdarstellungen) in Form von kleinen Bildstöcken befinden.685 An jeder Station hält eine Prozession und es wird der entsprechende Teil des Kreuzweges gebetet. Statthaltereigraben † Südwestlich dicht bei der Stadt. 1749 am bergethor hinter der Wacht am stadthaltereygraben und gemeinen weege (Lb. UN S. 554). Im BW Statthalterei, wie der Sitz des Statthalters bezeichnet wurde. Zu mhd. stat-halter stm. ‘statthalter, stellvertreter (des fürsten etc.)’.686 Von hier aus wurde das Eichsfeld verwaltet. Der Sitz des Statthalters befand sich ab 1540 in Heiligenstadt. Mit dem GW graben ist hier der künstlich angelegte Graben vor der Stadtmauer gemeint.687 Ein Graben, der an der Statthalterei lag. Statthaltereiland † Lage nicht genau bekannt. 1777 Uiber dem Teiche an Stadthalterey Lande (Lb. UN S. 352). Ein Grundstück, welches zur Statthalterei gehörte. Stebenswiese † Lage nicht genau bekannt. An der Leine gelegen. 1634 Ann der Leina, Stebens Wiesen genant (Lb. Bl. 13v). Im BW vielleicht ein PN Stebe(n). Die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Stebe(n) gehörte. In den Jahren 1619, 1621 und 1624 war Jobst Steben Bürgermeister.688 Das BW könnte aber auch zu mhd. stap stm. mit unterschiedlichen Bedeutungen gehören. Wahrscheinlicher ist aber ein Besitzername.

683 Müller 1986. Flurnamen. S. 90. 684 Kluge 2002. S. 876. 685 Müller 1986. S. 90f. 686 Lexer Bd. 2, Sp. 1149, 2. 687 siehe Graben. 688 Wolf 1800. S. 223.

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Steg † Lage nicht genau bekannt. 1671 beim stege neben dem grossen Teiche (Lb. Bl. 445). Zu mhd. stëc, stëg stm. ‘schmale brücke, steg, schmaler weg überh.’689 Nach einem Steg, einer kleinen Brücke über ein Gewässer, wahrscheinlich über den Eichbach. Stein Stein am šdāenə, šdāen Flur 14. Südlich der Stadt. Bei Himmelreich und Höllengraben. 1805 Am Stein (Grenzprot. Bl. 35v), 1856 Der Stein (Waldmann S. 31), 1870 Der Stein (MTB 2668), 19. Jh. Stein (WWK), 1934 Stein (FlNS), o. J. Am Stein (FlNS Müller). Zu mhd. stein stm. ‘fels’.690 Eine Bezeichnung, die Rücksicht auf ein Geländemerkmal nimmt, aber auch die Bezeichnung für eine Erhebnung als solche sein kann. Steinacker † Lage unbekannt. Wahrscheinlich südlich der Stadt auf Muschelkalk. 1749 acker der steinacker genannt (Lb. UN S. 555), 1777 acker der Stein-Acker genant (Lb. UN S. 470). Im BW Stein. Hänse schreibt über die Motivation des BW: „Große Teile des UG haben Muschelkalkuntergrund. Über den Muschelkalkbänken lagert oft nur eine dünne Schicht Mutterboden. Besonders durch Ackern werden deshalb immer wieder zahllose Steine an die Oberfläche gehoben und bedecken größere Flächen der Feldflur.“691 Ähnlich verhält es sich auch in unserem UG. Ein Acker, auf dem viele Steine lagen. Steinberg † Lage unbekannt. 1671 am Steinberg (Lb. Bl. 346v). Im BW Stein. Indirekte Lagebezeichnung zu einem Berg, dessen Oberfläche sehr steinig war. Steinberg ist aber auch ein Familienname, der im Eichsfeld vorkommt. Steinberg könnte ebenso elliptische Form zu ‘Steinbergwiese, -acker etc.’ sein. Steinbruch † šdāenbrux Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich ist ein Steinbruch bei der Alten Burg gemeint. 1634 Uffm Steinbruch (Lb. Bl. 119), 1671 am Steinbruch und dem Udrischn wege (Lb. S. 241). Steinbruch, ist der Ort, wo Steine gebrochen werden. Eine indirkete Lagebezeichnung Bezeichnung zu dem Steinbruch, der dem Abbau von Sandstein diente. Steinerne Brücke † Lage nicht genau bekannt. 689 Lexer Bd. 2, Sp. 1153, 43. 690 Lexer Bd. 2, Sp. 1161, 27. 691 Hänse 1970. S. 157.

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1671 ahn der Steinern brükhe ahn der Leina (Lb. Bl. 509), 1749 bey der steinernen Brücken (Lb. UA S. 119). Indrirekte Lagebezeichnung zu einer Brücke aus Stein. Das Attribut ist im Gegensatz zur Holzbrücke zu verstehen, diente also der Differenzierung. Steingraben Steingraben, Am Steingraben, Auf dem Steingraben, Unter dem Steingraben šdāengrōbm Flur 2, 3. Nordwestlich der Stadt. Unterhalb vom Hohen Rott. 1634 Am Steingraben (Lb. Bl. 19v), 1671 Uff dem Steingraben (Lb. S. 191), 1749 am steingraben (Lb. UA S. 11), 1777 am Steingraben (Lb. ON S. 203), 1777 am Stein Graben (Lb. UN S. 29), 1822 Auf dem Steingraben, Im Steingraben (Flurb. Fl. 11), 1856 Der Steingraben (Waldmann S. 17), 1934 Steingraben (FlNS). Das BW Stein ist hier Bezeichnung für das felsige Gelände. Der Buntsandsetin tritt hier an vielen Stellen zu Tage. Eine Bezeichnung für einen Graben, der steinig ist.692 Steinhaufen † Westlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1777 Am Rengelröder Weege an dem Stein Haufen (Lb. UN S. 183). Das BW Stein ist das heute gebräuchliche. Das GW -haufen steht für eine größere, künstlich geschaffene Ansammlung. Eine Ansammlung von Steinen diente vielfach zur Orientierung. Steinkuhle † Lage unbekannt. 1634 Uff der Stein Kuhlen (Lb. Bl. 129). Das GW zu mhd. kûle swstf. ‘grube’.693 Mit Steinkuhle könnte durchaus ein Steinbruch gemeint sein. Steinige Spitze † Westlich der Stadt. Am Rengelröder Weg gelegen. 1777 acker die steinigte Spitze genannt (am Rengelröder Weeg) (Lb. UN S. 187). Im GW das Appellativum Spitze. „Bezeichnete spitz zulaufende, dreieckige Flurstücke.“694 Das Attribut drückt die Beschaffenheit des Geländes bzw. Bodens aus. Dort war es sehr steinig. Steinmetzens Garten † Südöstlich dicht bei der Stadt. Neben dem Geisleder Tor. 1749 Von steinmetzens gartthen (Lb. UA S. 87), 1749 der Kapshoff am steinmetzischen garthen (Lb. OA S. 251), 1777 hinter Steinmetzens Garten (Lb. UN S. 44), 1822 Steinmetzens Garten (Flurb. Fl. 36).

692 siehe Graben. 693 Lexer Bd. 1, Sp. 1766, 8. 694 Hänse 1970. S. 154.

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Steinmetzen ist ein Besitzername. Es handelt sich dabei um die Familie von Steinmetzen. Es ist der Garten, der einem Besitzer mit dem Namen von Steinmetzen gehörte. Über diesen Garten heißt es bei Wolf: „Rudolf Theodor von Steinmetzen, kurf. Kanzleirath, legte 1721 einen großen Garten an der Stadtmauer an, wozu er den Platz von verschiedenen Bürgern durch Tausch und Kauf an sich gebracht hatte und baute 1728 ein Wohnhaus dahin.“695 Steinmetzens Graben Der Steinmetzensgraben, An Steinmetzens Graben šdāenmedsn grōbm Flur 9. Nordöstlich der Stadt. 1770 „an Steinmetzens Graben“ (WK S. 1039), 1777 bei Steinmetzens Graben (Lb. ON S. 307), 1777 bei Steinmezzens Graben (Lb. ON S. 250), 1822 An Steinmetzens Graben (Flurb. Fl. 7), 1934 An Steinmetzensgraben (FlNS), o. J. Steinmetzens Graben (FlNS Müller). Es ist eine Bezeichnung für den Graben, der einem Besitzer aus der Familie von Steinmetzen gehörte.696 Steinmetzens Hölzchen † Nordöstlich der Stadt. Zwischen dem Tiefen Graben und der Gemarkungsgrenze zu Günterode, nördlich des Wilmeröder Grundes gelegen.697 Ackerland. 1777 bey Steinmetzens Hölzgen (Lb. ON S. 237). Eine Bezeichnung für das Wäldchen, das einem Besitzer aus der Familie von Steinmetzen gehörte. Steinsklippe † Lage unbekannt. 1749 auff die steins Klippn (Lb. UA S. 119). Im GW liegt das Appellativum Klippe vor, was einen Felsvorsprung bezeichnet.698 Obwohl die Bezeichnung ursprünglich für Felsen im oder am Meer genutzt wurde, wurden damit auch im UG Felsvorsprünge oder -wände bezeichnet (z. B. Dieteröder Klippen). Eine steinige Felsnase gab den Namen. Stelzenberg Auf dem Stelzenberge, Unterm Stelzenberge šdéldsņbārk Flur 20, 21, 25, 26. Östlich der Stadt. Nördlich der Leine. Ackerland.

695 Wolf 1800. S. 174f.; Christoph Rudolf Theodor von Steinmetzen (1671 – 1743). Kanzleirat und

Regierungsrat zu Heiligenstadt. vgl. Opfermann 1999. S. 324. 696 siehe Graben. 697 WK 1903. S. 1039. „Die Äcker ostnordöstlich des Vorwerkes Hillemann zwischen dem oberen Teil des

Wilmeroder Grundes und dem tiefen Graben, welcher sich oberhalb des genannten Vorwerkes vom alten Günteroder Wege in südöstlicher Richtung nach dem Wilmeroder Grunde zieht, heissen jetzt „an Steinmetzens Graben“. Hier dürfte das kleine, jetzt verschwundene Gehölz gelegen haben“.

698 Pfeifer 1993. S. 671.

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1634 Am Stelzenberge (Lb. Bl. 36v), 1671 Uffm stelzenberge (Lb. S. 89), 1749 auff dem steltzenberg (Lb. UA S. 18), 1777 nach dem Stelzenberg (Lb. ON Bl. Vv), 1800 am Stelzenberge (Wolf Hst. S. 104), 1822 Stelzenberg, Der Stelzenberg, Auf dem Stelzenberge (Flurb. Fl. 17), 1822 Unter dem Stelzenberge (Flurb. Fl. 19), 1856 Der Stelzenberg (Waldmann S. 16), 1934 Stelzenberg (FlNS), o. J. Stelzenberg (FlNS Müller), o. J. Sportanlage „Stelzenberg“ (Stadtplan). Das BW zu mhd. stelze swf. ‘der schmal auslaufende teil eines ackers od. einer wiese von der stelle an, wo das grundstück von der regelmässigen gestalt eines vierecks abweicht’.699 Als Stelzen werden rechteckige Flurstücke mit einem schmalen Anhängsel bezeichnet.700 In Flurnamen mit der Bedeutung ‘sich zuspitzender Teil eines Ackers od. einer Wiese’.701 Der Stelzenberg ist eine Erhebung mit stelzenförmigen oder spitz auslaufenden Grundstücken. Stiftsländerei † Lage nicht genau bekannt. Es gab mehrere „Länderein“ des Chorherrenstiftes St. Martin, z. B. im Erbetal, am Gellenbach oder an der Trift. 1777 an der Stifts-Länderey (Lb. ON S. 125), 1777 im Erbbethal an der Stiffts Länderey (Lb. OA S. 43), 1777 Uiber dem mittelsten Göllenbach an der Stifts-Länderey (Lb. UA S. 321), 1777 an der Trift an der Stifts-Länderey (Lb. UA S. 349). Das BW zu mhd. stift stf. m. n. ‘stiftung, gründung, bau, bes. geistliche stiftung, gotteshaus’.702 Eine Bezeichnung nach einem Besitzverhältnis. Ein Grundstück, das dem Chorherrenstift St. Martin zu Heiligenstadt gehörte. Stirn † Südöstlich der Stadt. 1671 im pferdtbache Uff der stirn gegen Windolpffs Holtze (Lb. Bl. 653v). Stirn ist eine Bezeichnung für eine Erhebung.703 Oder als Metapher zu verstehen zu mhd. stirne swstf. ‘stirne’.704 Stirnkopf šdérnkop Südöstlich der Stadt, vor dem Mittelberg. 19. Jh. Stirnkopf (WWK), 1934 Stirnkopf (FlNS), o. J. Stirnkopf (Stadtplan). Das GW bezeichnet eine Erhebung.705 Stirnkopf bezeichnte eine Erhebung, die über der Stirn gelegen ist. Streckers Birnbaum † Lage nicht genau bekannt, wahrscheinlich südwestlich der Stadt beim Rudolfsgrund.

699 Lexer Bd. 2, Sp. 1173, 48. 700 Schnetz 1952. S. 38. 701 Hänse 1970. S. 158. 702 Lexer Bd. 2, Sp. 1191, 18. 703 Buck 1931. S. 270. 704 Lexer Bd. 2, 1201, 4. 705 siehe Alter Kopf.

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1671 bey strekers bierbaum (Lb. Bl. 362), 1671 bei Strekers Bierbaum (Lb. Bl. 390), 1749 bey streckers Birnbaum (Lb. UA S. 164), 1749 bey streckers birnbaum oder im Rudolphs grunde genannt (Lb. ON S. 259). Strecker ist ein Besitzername. Der Name Strecker ist im Eichsfeld häufig. Die Familie Strecker stellte mehrere Bürgermeister.706 Es ist also ein Birnbaum, der einem Besitzer mit dem Namen Strecker gehörte. Struth Bei der Struth šdrūt Flur 49. Südwestlich der Stadt. Zwischen der Alten Burg und der Elisabethhöhe am Waldrand. Wiese unterhalb des Struthberges am Paradies. 1671 uff der struth (Lb. S. 25), 1671 auff der strudt (Lb. Bl. 373v), 1800 in der Strut (Wolf Hst. S. 123), 1822 Auf der Struth (Flurb. Fl. 40), 1856 Die Struth (Waldmann S. 22), 1934 Auf der Struht (FlNS), o. J. Struth (FlNS Müller). Struth, zu ahd. struot ‘Sumpf’,707 mhd. struot, strût stf. ‘gebüsch, buschwald, dickicht’708, ist die feuchte Stelle, der Sumpf oder das Dickicht. „Übliche Bedeutung ‘Sumpfwald, der noch nicht durchforstet, wild ist’.“709 Auf dem Flurstück existieren auch heute noch mehrere Wasserläufe und einen kleinen Teich. Im Eichsfeld gibt es mehrere FlN Struth und auch den ON Struth. Struth bei der Herrnwiese † 1634 Uff der Struett bey der Herrn wießenn (Lb. Bl. 18). Die Struth, die bei der Herrenwiese lag.710 Struth bei der Keulichen † 1634 bober der Struett bei der Keulichenn (Lb. Bl. 54v). Die Struth, die bei der Keulichen lag.711 Hinterste Struth † híŋəsdə šdrūt 1433 1 Acker „pobben der hundersten strut bi Curde Orffe“ (Huyskens Nr. 614), 1634 uff der Hindersten Struth Am flößgenn (Lb. Bl. 14), 1634 uff der Hindersten Struett (Lb. Bl. 19), 1671 Uff der hindersten strueth (Lb. BL. 353v), 1749 bey der Hindersten Struth (Lb. UA S. 31), 1777 Hinterste Struth (Lb. ON Bl. Vv), 1845 die hinterste Struth (HS 12). Der hintere Teil des Flurstücks Struth wird damit gemeint sein.

706 Wolf 1800. S. 222f. 707 Schützeichel 2006. S. 339. 708 Lexer Bd. 2, Sp. 1254, 42. 709 Müller 1986. Flurnamen. S. 93. 710 siehe Herrenwiese. 711 siehe Keulichen.

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Mittlere Struth † 1634 bey der Mittelsten Strutt (Lb. Bl. 54v), 1671 Uff der mittelstn struth (Lb. Bl. 355), 1749 auff der Mittelsten struth (Lb. UA S. 18), 1777 Mittelste Struth nach dem Berge (Lb. ON Bl. Vv), 1777 Auff der mittlern Struth an dem Schottischen Lehn-Land (Lb. ON S. 399), 1777 auf der mitteleren struth (Lb. OA S. 256), 1845 die mittlere Struth (HS 12). Der mittlere Teil des Flurstücks Struth wird damit gemeint sein. Vordere Struth † 1671 uff der fördersten strueth (Lb. Bl. 354), 1749 auf der Vordesten struth (Lb. UA S. 14), 1777 Vorderste Struth (Lb. ON Bl. Vv), 1777 auf der Vorder Struth (Lb. UN S. 572). Der vordere Teil des Flurstücks Struth wird damit gemeint sein. Struthberg Der Struthberg šdrūdkop Flur 12. Südwestlich der Stadt. Erhebung (447,8 m). Forstort. Heute Buchenmischwald. 1749 am struthberge (Lb. UA S. 33), 1777 an strutberge (Lb. ON S. 201a), 1777 unter dem Struth Berge (Lb. ON S. 403), 1777 am struthberge (Lb. OA S. 350), 1805 Am Struth-Kopfe bis an die Schluft (Grenzprot. Bl. 40), 1822 Struthberg (Flurb. Fl. 40), 1856 Der Strutberg (Waldmann S. 33), 19. Jh. Struthberg (WWK), 1934 Struhtberg (FlNS), o. J. Struthkopf, Struthberg (FlNS Müller). Im GW liegt die allgemeine Bezeichnung Berg für eine Erhebung vor. Die Mundart spricht aber kop. Das BW ist Struth.712 Entweder nimmt die Bezeichnung Bezug auf das darunter liegende Sumpfland oder die Anhöhe selbst ist durch feuchten, sumpfigen Boden oder Dickicht gekennzeichnet gewesen. Es ist also die ‚Anhöhe über dem Sumpf oder Dickicht’ oder die ‚Anhöhe mit Sumpf und Dickicht’. Struthborn † Südwestlich der Stadt. Quelle am Struthberg. 1856 Der Strutborn (Waldmann S. 10). Das GW weist auf eine Quelle hin. „Der Strutborn. d. h. der Brunnen in der Stut. So viel ich übersehe, werden hier vorzugsweise sumpfige und nasse Gegenden so genannt.“713 Struthweg † Südwestlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1671 am Strutweege (Lb. S. 197), 1671 am Strüthweege (Lb. Bl. 390), 1749 am struthweege (Lb. UA S. 84), 1822 Über dem Struthwege (Flurb. Fl. 40), 1856 der Strutweg (Waldmann S. 22). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Weg zur oder durch die Struth.

712 siehe Struth. 713 Waldmann 1856. S. 10f.

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Mittlerer Struthweg † Südwestlich der Stadt. 1671 am Mittelstn strueth wege (Lb. Bl. 513v). Ein Teil des Struthweges ist damit gemeint, oder der Weg durch die Mittlere Struth. Strutmannisches Land † Lage unbekannt. 1856 Strutmannisches Land (Waldmann S. 18). Das Attribut ist ein Familienname Strut(h)mann. Der Name kommt im Eichsfeld vor.714 Eine Bezeichnung nach dem Besitzer des Grundstücks. Sumpf Sumpf zomb Flur 14. Südlich der Stadt. Zwischen Forsthaus und Weintraube. 1554 uffm Sumpe (Einwort Bl. 3v; Wolf Hst. Urk. S. 71), 1777 im sumpfe (Lb. S. 229), 1777 im sumbe (Lb. S. 229a), 19. Jh. Sumpf (WWK), 1934 Sumpf (FlNS). Sumpf bezeichnet ‘nasses, morastiges Gelände’, zu mhd. sumpf stm. ‘sumpf’.715 Das sumpfige Gelände im Wald hat den Namen motiviert. Taubenbaum † Lage unbekannt. 1671 beym taubenbaum (Lb. Bl. 715), 1749 beym Taubenbaume (Lb. OA S. 426). Das BW ist das Tier Taube. „Im BW liegt ‘Wildtaube’ vor.“716 Möglich ist aber auch eine Bezeichnung nach der Eigenschaft taub, im Sinne von „abgestorben“. „Bei einigen mit Tauben gebildeten N[amen] (Taubenbach, Taub(en)-ried) kann „taub“ = leer, öde in Frage kommen.“717 Indirekte Lagebezeichnung zu einem Baum, auf dem Wildtauben lebten oder zu einem abgestorbenen Baum. Taubenrain tūbņrāen Südlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Kalteneber und Flinsberg. 1805 An dem Tauben-raine (Kaltenebrische Grenze) (Grenzprot. Bl. 31v), 1805 Der Taubenrain (Grenzprot. Bl. 40), 1856 Der Taubenrain (Waldmann S. 30), 19. Jh. Taubenrain (SBK), 19. Jh. Großer Taubenrain, kleiner Taubenrain (WWK), 1934 Taubenrain, Große Taubenrain (FlNS). Im BW liegt entweder das Tier Taube mit der Bedeutung ‘Wildtaube’ oder taub als Ausdruck der Unfruchtbarkeit des Geländes vor.718 Eine Bezeichnung für einen Rain, wo Wildtauben lebten oder ein unfruchtbarer Rain.719 714 Müller 1988. Personennamen. S. 69. „Struthmann u. ä.: der am Struth (ahd. struot, mhd. strut = Sumpf,

Gebüsch, Dickicht) wohnt.“ 715 Pfeifer 1993. S. 1396.; Lexer Bd. 2, Sp. 1302, 9. 716 Müller 1986. Flurnamen. S. 94. 717 Schnetz 1952. S. 55. 718 Bach DNK II § 372. 719 siehe Hoher Rain.

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Teich Im Teiche Flur 27. Östlich der Stadt. Zwischen der Bundesstraße 80 und der Leine. 1634 In dem Teiche (Lb. Bl. 37), 1634 Im Teiche (Lb. Bl. 37v), 1777 Wießen im Teiche (Lb. ON S. 281), 1800 Teich […] bei dem Schützenhause. (Wolf Hst. S. 186), 1822 Im Teiche (Flurb. Fl. 20). Teich bedeutet ‘kleines, stehendes Gewässer, Weiher’, zu mhd. tîch stm. ‘deich, damm; teich, fischteich’.720 Teiche gab es in früherer Zeit mehrere um Heiligenstadt. Im Jahre 1294 wird in einer Urkunde ein vivarium (UBE Nr. 736) erwähnt, also ein Fischteich. Teich am Statthaltereiland † Lage unbekannt. 1777 Uiber dem Teiche an Stadthalterey Lande (Lb. UN S. 352). Eine Indirekte Lagebezeichnung zu einem Teich, der am Statthaltereiland lag. Teichbrunnen † Östlich dicht bei der Stadt, östlich der Ochsenwiese. 1856 Der Teichbrunnen (Waldmann S. 11). Im GW liegt die Bezeichnung für eine Quelle vor. Eine Quelle, die an einem Teich liegt. Teichdamm † Lage unbekannt. 1671 Ein Hopffenfleckh Uffm Teichdamme (Lb. S. 220), 1749 auf dem Teichdamme (Lb. UN S. 343). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Damm, der einen Teich schützte. Im BW liegt vielleicht auch Verschreibung vor zu Deich, was aber wiederum ‘Damm, Wall zum Schutz gegen Hochwasser’ bedeutet.721 Es ist daher von einem Damm an einem Teich auszugehen. Teichgarten † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich dicht nordwestlich der Stadt an der Sperberwiese gelegen. 1777 der Teichgarthen an der Spärbers Wießen (Lb. UA S. 149). Der Name bezeichnet einen Garten, der an einem Teich liegt. Teichwiese † Lage unbekannt. o. J. Teichwiese (Rep. Hst. S. 96). Bezeichnung für eine Wiese, die an einem Teich liegt. Vielleicht gleichbedeutend mit der (älteren) Bezeichnung Teichgarten.

720 Pfeifer 1993. S. 1421.; Lexer Bd. 2, Sp. 1431, 41. 721 Pfeifer 1993. S. 209.

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Teufelskanzel † dīwļskóndsļ Westlich der Stadt. Zwischen der Alten Burg und der Zwergenhöhle. Sandsteinfelsen. 1845 Teufelscanzel (Duval S. 485), 1918 Teufelskanzel (UE S. 90). „Kanzeln sind kleine Bergvorsprünge“.722 Es handelt sich hier um einen Sandsteinfelsen, der aus dem Gelände aufragt.723 Das BW Teufel entstammt sicherlich dem Volksglauben. „Im allgemeinen ist bei den mit Teufel gebildeten Namen an Örtlichkeiten zu denken, die mit irgendwelchen Sagen verknüpft sind (Teufelskanzel u. ä.) oder an wüste, schauerliche Orte.“724 Eine Teufelskanzel gibt es auch in der Nähe des Hanstein oberhalb der Werraschleife. Thomas-Gulden-Land † Lage unbekannt. Wahrscheinlich westlich dicht bei der Stadt an der Stelle der Wüstung Hadewardeshausen. 1469 die Thomas Gülden (Wolf PGE II Urk. S. 66), 1554 Unsers gnädigsten Herrn Thomas gulden Land (Einwort Bl. 7). Eine Bezeichnung nach einer Abgabe. Mit Gülte, gilte f. ‘zahlung; schuld; abgabe; einkommen; wert’ ist eine Abgabe bezeichnet.725 Die Thomas-Gülte war eine Abgabe an den Landesherrn, den Mainzer Kurfürsten.726 Sie war eine jählich zu entrichtende Abgabe, die am Tag des Heiligen Thomas entrichtet wurde: „Es mußten jährlich an den Erzbischof von Mainz abgeliefert werden: von den Hadewardeshäuser Äckern die Thomasgülte (Zins am Thomastage) […].“727 Tiefer Graben Am tiefen Graben, Beim tiefen Graben, Der tiefe Graben Flur 6. Nördlich der Stadt. 1822 Bei dem tiefen Graben (Flurb. Fl. 6), 1856 Der tiefe Graben (Waldmann S. 34), 1934 Am Tiefen Graben, beim Tiefen Graben, der Tiefe Graben (FlNS), o. J. Der Tiefe Graben (FlNS Müller), o. J. Tiefer Graben (Stadtplan). Das Attribut Tief drückt hier eine relative Tiefe aus. Es ist eine Bezeichnung nach einer tiefen, langgestreckten Bodenvertiefung.728 Tiefes Tal ‘s tīfə tōl Nordwestlich der Stadt. Wahrscheinlich identisch mit Tiefer Graben. 1934 das tiefe Tal (FlNS). 722 Schnetz 1952. S. 31. 723 Duval 1845. S. 485. „Dicht neben dem Zwergloche ist ein anderer ungefähr dreißig oder fünf und dreißig

Fuß hoher, schroffer Felsen, welcher sich von dem Berge getrennt hat, unten ein Tor bildet und sich mit dem oberen Theile an die steilen Felsen anlehnt. Dieser Fels kann nur von oben bestiegen werden und führt den Namen der Teufelscanzel.“

724 Müller 1986. Flurnamen S 95. 725 Grimm Bd. 9, Sp. 1074, 60. 726 Wolf 1800. S. 235. „Thomas-Gülte ist ein Zins, der von herrschaftlicher Länderei geliefert wird und hat

seine Benennung daher, weil er um Thomas-Tag entrichtet werden mußte.“ 727 Rassow 1909. S. 96. 728 siehe Graben.

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Tal ist allgemeine Bezeichnung für eine Geländevertiefung. Das Attribut weist auf die ungewöhnliche Tiefe hin. Tongraben † Lage unbekannt. 1634 Im Thon grabenn (Lb. Hst. fol. 3). Mit dem BW Ton ist das Gestein gemeint. Das Mineral kommt an einigen Stellen vor und wurde auch abgebaut.729 Tonkuhle † tōnkūlņ Westlich der Stadt am Dünenbach. Lage nicht genau bekannt. 1634 Uff der Thon Kuhlen (Lb. Bl. 15), 1671 bey der Thonkulen (Lb. Bl. 368v), 1749 bey der Thonkuhlen (Lb. UA S. 77), 1777 Im Dhünenbach bey der Thon-Kuhlen (Lb. ON S. 123), 1777 auf der Tohn Kugel (Lb. ON S. 174), 1777 Auf der Dhon Kuhlen (Lb. UN S. 370), 1856 Die Thonkule (Waldmann S. 15), 1934 die Tonkule (FlNS). Das BW Ton ist Bezeichnung für das Gestein. Eine Kuhle ist eine Grube. Eine indirekte Lagebezeichnung zu einer Grube, in der Ton gegraben wurde. Kugel (im Beleg von 1777) ist eine Verschleifung zu Kuhle. Tränke Auf der Tränke, Die Tränke Flur 10. Nordöstlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Günterode. 1634 bey der Trencke (Lb. Bl. 92), 1671 auff der Trenkh (Lb. Bl. 649), 1671 Uff der Trenckhe (Lb. Bl. 662), 1749 auff der Träncke (Lb. UA S. 6), 1777 Bey der Tränke (Lb. ON Bl. VIv), 1822 Auf der Tränke (Flurb. Fl. 7), 1845 Die Tränke (HS 12), 1856 Bei der Tränke (Waldmann S. 24), 1903 „An der Tränke“ (WK S. 769), 1934 Auf der Tränke (FlNS), o. J. Bei der Tränke (FlNS Müller). Der Name weist auf Weidewirtschäft hin. Die Tränke, zu mhd. tranc stnm. ‚trank, getränke’,730 diente dem Vieh zum Trinken. Wahrscheinlich ein relativ junger FlN.731 Trieselmanns Hof † Lage unbekannt. 1671 Hinder Trieselmans Hoffe (Lb. Bl. 551), 1749 neben Trieselmans Hoffe (Lb. UA S. 125). Ein Besitzername Trieselmann. Der Name, der im Eichsfeld selten ist, „kommt in Hst. vor.“732 Eine Bezeichnung nach einem Hof, der einem Besitzer mit dem Namen Trieselmann gehörte.

729 Wolf 1800. S. 183. „Thonerde findet sich auf dem Hohenrott und bei der alten Burg, wo auch der Thon zu

irdenen Geschirren gegraben wird. Es gibt dreierlei: blaulicher, gelber und weißer. Der erste ist der beste, weil er rein und fett ist.“

730 Lexer Bd. 2, Sp. 1496, 33. 731 Bach DNK II § 308. 732 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1985. S. 181.

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Trift † treft Es gab mehrere Triften um Heiligenstadt. 1634 Ann der Trifft (Lb. Bl. 25v), 1634 an der Trifft im Notholtz (Lb. Bl. 114), 1634 Ann der Landtwehr ann der Trifft (Lb. Bl. 114), 1671 ahn der Triefft uff der alten wiesen (Lb. Bl. 649v), 1749 auff der Trifft (Lb. UA S. 37), 1777 Jenseits dem Köther-Grund hinten auf der Trifft auf der Hayden (Lb. ON S. 441), 1777 im Paradiese an der Trift (Lb. OA S. 69), 1777 an der Trift an der Stifts-Länderey (Lb. UA S. 349), 1822 an der Trift (Flurb. Bl. 460), 1845 die Düntrift, die Elisabethhöhe-Trift, die Hillemannstrift, die Huhngrabentrift, die Ibergstrift, die Köthengrunds-Trift, die Struthtrift, Willmeröder Grunds Trift (HS 12). Trift oder Trieb, zu mhd. trift stf. stm. ‘trift, weide; was getrieben wird, herde’733 bedeutet „Weideland“, weist also auf Weidewirtschaft hin.734 Trift ist ein Verbalsubstantivum zu ‘treiben’. „In unserem binnenländischen Sprachleben ist Trift (wie Acker) ein Zeugnis germanischen Hirtenlebens.“735 Trockene Wiese † Lage unbekannt. 1749 bey der Trockenen Wiesen (Lb. UA S. 175). Trocken ist das heute gebräuchliche Appellativ. Also eine Bezeichnung nach der Beschaffenheit der Wiese. Trümperscher Garten † Lage unbekannt. 1749 bey dem Trümperischen garthen (Lb. UA S. 117). Nach einem Familiennamen Trümper. Der Name kommt im Eichsfeld vor.736 Eine Bezeichnung nach einem Garten, der einem Besitzer mit dem Namen Trümper gehörte. Udersche Chaussee An der Uderschen Chaussee Flur 51. Westlich der Stadt. Zwischen der Bundesstraße 80 und dem Roten Weg in der unmittelbaren Nähe des Hauptfriedhofs. Heute Stadtgebiet. 1822 an der Uderschen Chaussee (Flurb. Fl. 39). Im GW die alte Bezeichnung Chaussee für die Landstraße.737 Der Begriff findet sich auch heute noch im Sprachgebrauch der Heiligenstädter. Die Landstraße führt von Heiligenstadt in das Dorf Uder. Das Attribut Uder ist Siedlungsname des 5 km westlich Heiligenstadts gelegenen Dorfes. Der Ortsname Uder leitet sich von einem ursprünglichen Bachnamen mir r-Suffix ab, was Belege mit den Endungen –ra, -era erkennen lassen: Udra (1089/1109), Odera, Udra, Udera (1209). Müller geht davon aus, dass ein Gewässer der unmittelbaren Umgebung den Namen gab. Er geht von einem *Ūder-(r)a ‚Euterbach’ aus,

733 Lexer Bd. 2, Sp. 1513, 5. 734 Bach DNK II § 367. 735 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1985. S. 181. 736 Müller 1988. Personennamen. S. 73. 737 Kluge 2002. S. 169. Chaussee ist die ‚befestigte Landstraße’

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zu ahd. ūtar(o), mhd. ūter stmn. ‘euter’738, aus idg. *ūdh- ‚Euter’ hervorgegangen.739 Die vorbeiführende Straße gab dem Flurstück den Namen. Uderscher Weg † ūdcršcr wäk Westlich der Stadt. Feldweg, der über die Alte Burg nach Uder führt. 1634 Uff dem Udrischen Wege (Lb. Bl. 17v), 1634 am Udrischen Wege (Lb. Bl. 25v), 1671 am Steinbruch und dem Udrischn wege (Lb.S. 241), 1749 an Udrischen weege (Lb. UA S. 30). Die Bezeichnung kommt von dem Fußweg, der nach Uder führt.

Viehweg † Lage unbekannt. 1671 ahn dem viehweege (Lb. S. 54a). Der Name weist auf Weidewirtschaft hin. Eine Bezeichnung zu einem Weg für das Vieh. Vogelgesang † Lage unbekannt. 1749 auff dem Vogelgesang (Lb. ON S. 138), 1777 Auf dem Vogel Gesang (Lb. UN S. 504), 1856 Der Vogelgesang (Waldmann S. 21), 1934 im Vogelgesang (FlNS). Vogel(ge)sang ist oft eine Bezeichnung für ein kleines Wäldchen.740 Der Name hat durchaus eine poetische Färbung. „Vogelsang sind meist Plätzchen, wo sich Singvögel gern aufhalten.“741 Vogelherd † Lage unbekannt. Wahrscheinlich unterhalb des Iberg südlich der Stadt. 1634 Am Vogelherde (Lb. Bl. 117), 1671 Uffm Vogelherde (Lb. Bl. III), 1671 Vorm Iberge am Vogelherde (Lb. Bl. 693v), 1749 am Vogelherth (Lb. UA S. 207), 1777 Bey und auf dem Vogel-Heerdt (Lb. ON Bl. VI). Eine Bezeichnung, die sich auf den Vogelfang bezieht.742 Der Vogelherd ist der „Platz für den Vogelfang“.743 Vogelstange Hinter der Vogelstange fōgļšdaŋ Flur 21, 24, 27. Östlich der Stadt. Zwischen Nordhäuser Straße und den Liethen. 1749 bey der Vogelstangen (Lb. OA S. 249), 1777 bey Vogelstangen (Lb. ON S. 35), 1777 Bey der Vogel-Stangen (Lb. ON S. 59), 1822 Bei der Vogelstange, Hinter der Vogelstange (Flurb. Fl. 20), 1934 bei der Vogelstange (FlNS), o. J. Vogelstange (FlNS Müller). 738 Lexer Bd. 2, Sp. 2017, 53. 739 Müller 1958. Ortsnamen. S. 87f. 740 Schnetz 1952. S. 90. 741 Müller 1986. Flurnamen. S. 96.; UE 1939. S. 197. „Immer sind es Plätzchen, wo sich das Volk der

gefiederten Sänger gerne aufhält, und die vom Gesang der Vögel verschönt und durchtönt werden.“ 742 Bach DNK II § 364. 743 Kluge 2002. S. 962.

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Eine Bezeichnung für einen Schießplatz. Die Vogelstange lag beim ehemaligen Schützenhaus, hier wurden Schießübungen abgehalten.744 Durch den Bau der Eisenbahnlinie Heiligenstadt-Schwebda musste die Anlage abgebrochen werden. Wacht † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich südlich der Stadt gelegen. 1805 auf der Wacht (Grenzprot. Bl. 36). Vielleicht zu mhd. warte, wart stf. mit der Bedeutung ‚platz od. gebäude von dem aus gespäht, gelauert wird; weidm. der anstand, trieb u. die dazu gehörigen leute’.745 Es könnte ein Anstand damit gemeint sein oder ein ähnlicher Ort, der bei der Jagd zum Ausspähen des Wildes diente. Vielleicht auch zu mhd. wache stf. ‚das wachen, die wache’.746 Wachtelischer Berg † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich nördlich der Stadt im Hungraben. 1749 Von dem Wachtelischen berge im Hundtgraben (Lb. UN S. 357). Das BW ist ein Besitzername Wachtel.747 Der PN geht auf den Namen des Vogels zurück.748 Der Berg, der einem Besitzer mit dem Namen Wachtel gehörte. Im Jahr 1630 war Henrich Wachtel Bürgermeister.749 Ein Heinrich Wachtel besaß eine herrschafliche Länderei, von der die Thomas-Gülte zu entrichten war.750 Waisenhof † Östlich der Stadt. Bei der Rinne, am Brückenweg gelegen. Wahrscheinlich heutiges „Raphaelsheim“. 1749 auff der Rinnen über denen Wäisen hoffe (Lb. UN S. 555). GW ist das Appellativ Hof. Indirekte Lagebezeichnung zu einem Hof, der zum Waisenhaus gehörte. Waise, ‘Waisenkind’ gehört zu mhd. weise swm. ‘waise’.751 Das Waisenhaus war eine Stiftung des Urban Ignaz Glesener, wurde 1729 eröffnet und existiert noch heute.752 Walkmühle Walkmühle wálkmölņ, wólkmölņ Flur 32. Südöstlich der Stadt. Ehemaliges Gelände einer ehemaligen Walkmühle an der Geislede bei der Papierfabrik. 1856 Die Walkmühle (Waldmann S. 9), o. J. die Walkmühle (Rep. Hst. S. 71).

744 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1986. S. 184. 745 Lexer Bd. 3, Sp. 696, 39. 746 Lexer Bd. 3, Sp. 624, 30. 747 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1986. S. 277. 748 Müller 1988: Personennamen. S. 76. 749 Wolf 1800. S. 224. 750 Wolf 1800. S. 235. „Von Heinrich Wachtels Länderei ist über ein Mltr. verloren gegangen.“ 751 Lexer Bd. 3, Sp. 746, 5. 752 Opfermann 1998. S. 112.; Kramann 1965. In: EHh. 1965. S. 155. „Er vermachte fast sein ganzes

Vermögen, bestehend aus einem Wohnhaus an der Hauptstraße in Heiligenstadt […], sowie 104 Acker Land, 17 Acker Wiese, drei Gärten, Bargeld, Früchte, Hausgeräte und Mobilien, den Waisenknaben des Eichsfeldes.“

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Indirekte Lagebezeichnung zu einer Mühle. Das BW gehört zu walken ‘schlagen, kneten, ineinander verfilzen’.753 Eine Walkmühle diente den Tuchmachern zum Walken (Verfilzen) des Tuches. Wall † Östlich dicht bei der Stadt. 1554 am Schützen Hause am Walle (Einwort Bl. 5; Wolf Hst. Urk. S. 71). Wall bezeichnet eine ‘langgestreckte (künstlich errichtete) Erdaufschüttung’, zu mhd. wal stnm. ‘wall, ringmauer’.754 Der Name nimmt Bezug auf die ehemalige Stadtbefestigung. Zur Sicherung war hier ein Wall aufgeschüttet. Warte † Östlich der Stadt auf dem Dün. 1749 bey der warthe (Lb. UA S. 11), 19. Jh. An der Warte (WWK), 1934 an der Warte (FlNS). Eine Warte ist der „Ort, von dem aus gelauert wird“755. Warte geht zurück auf ahd. warta ‘Warte, Ausschauen’ aber auch ‘Obacht geben, etwas hüten’, mhd. warte, wart stf. ‘achtgebendes, erwartendes, spähendes ausschauen, das wachen, bewachen, lauern; platz von dem aus zugeschaut wird’.756 Mit dem Flurnamen bezeichnet ist ein Gelände bei der Warte auf dem Dün, wie aus Karten zu ersehen ist.757 Wehr † Mit dem Flurnamen sind verschiedene Mühlenwehre bezeichnet. An der Sperberwiese existiert noch ein Wehr in der Leine. 1671 gegen dem wehr (Lb. S. 186), 1671 gegen dem wehr ober der Puluermühle (Lb. Bl. 351v), 1749 beym Wehr im Leine Hoffe (Lb. UA S. 65), 1749 beym Wehr an der Papier Mühlen (Lb. OA S. 245), 1777 bey dem Wehr (Lb. ON S. 341), 1777 beym Wehr an der Papiermühle (Lb. OA S. 23), o. J. Wehr der Papiermühle, Wehr ober der Pulvermühle (FlNS Müller). Es gab verschiedene Mühlenwehre um Heiligenstadt. Der Name könnte sich auf das Wehr der Papiermühle an der Leine und einer Pulvermühle, vielleicht auch der Leinemühle beziehen. Wehr bedeutet hier „Querdamm im Flussbett zum Stauen und Ableiten des Wassers“.758 Weiden † Nordöstlich der Stadt. An der Mündung des Eichbachs in die Leine gelegen. 1554 an den Weiden im neuen Teiche an der Leine im Eichbache (Wolf Hst. Urk. S. 75). Entweder ist hier der Baum Weide (Salix spec.) gemeint, oder Weideflächen. Im UG wurde der Baum aber meist mit Sähle bezeichnet. Aber hier sind tatsächlich die Bäume

753 Pfeifer 1993. S. 1533f. 754 Pfeifer 1993. S. 1534.; Lexer Bd. 3, Sp. 647, 15. 755 Bach: DNK II. § 374. 756 Schützeichel 2006. S. 398.; Lexer Bd. 3, Sp. 696, 39. 757 siehe Abb. 3. und unter Dünwarte. 758 Schnetz 1952. S. 53.

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bezeichnet, denn im Einwort heißt es, dass niemand an den Weiden „wo sie gesetzt sind, und werden, keinen Schaden thuen“ sollte.759 Weidenbaum † Lage unbekannt. 1671 bey dem weidenbaum (Lb. Bl. 444), 1671 Vor dem bergethor neben dem weidenbaum (Lb. Bl. 639). Entweder von dem Baum Weide, oder von einem Baum, der auf einer Weide stand. Vor dem Bergtor befand sich die Alte Wiese, eine Weide für Tiere. Der Baum Weide wurde mit Sähle bezeichnet. Weihenberg † Lage unbekannt. 1749 am Weyhenberge (Lb. UA S. 46), 1777 An dem Weyhenberge (Lb. ON S. 99), 1777 Am Weyhenberge (Lb. ON S. 117), 1777 am Weyenberg (Lb. ON S. 387), 1822 Am Weisenberge (Flurb. Fl. 23). „Im BW liegt die ‘Gabelweihe’ vor.“760 Weihe ist ein Vogelname, die Gabelweihe oder Roter Milan. Also ein Berg, eine Anhöhe, wo sich (Gabel-) Weihen aufhalten. Möglich ist aber auch eine Ableitung von ahd. wīh ‘heilig, geweiht’,761 mhd. wîch adj. ‘heilig’762, was einen kirchlichen Besitz bezeichnen könnte. Der Beleg von 1822 Am Weisenberge stellt Verschreibung dar. Weihenhof Im Weihenhof wiXņhop Flur 21. Nordöstlich der Stadt. An der Leine und der Gemarkungsgrenze zu Westhausen gelegen. Acker und Wiese. 1934 Weihenhof (FlNS), o. J. Weihenhof (FlNS Müller). GW ist das Appellativ Hof. Das BW eventuell auch im übertragenen Sinne von ‘heilig’zu verstehen, „man bezeichnete damit kirchlichen Besitz.“763 Also eine Bezeichnung für einen Hof, der in Kirchenbesitz war. Weintraube † Südlich der Stadt. In der Nähe vom Fortshaus an der Straße nach Kalteneber. 1805 die hintere Schneisen bis Dünsterthal und Weintraube (Grenzprot. Bl. 40), 1805 Vom Koppelberge bis an die Weintraube (Grenzprot. Bl. 42), 1856 Die Weintraube (Waldmann S. 31), 1934 die Weintraube (FlNS). Eine Bezeichnung nach der Form. „Von der Ähnlichkeit eines sehr ästigen Baumes mit einer Traube.“764 Wahrscheinlich wird aber schon die Form des Geländes den Namen motiviert haben.

759 Wolf 1800. Urk. S. 75. 760 Müller 1986. Flurnamen. S. 98. 761 Schützeichel 2006. S. 415. 762 Lexer Bd. 3, Sp. 816, 12. 763 Müller 1986. Flurnamen. S. 98.

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Westhäuser Kirchweg † Östlich der Stadt. 1671 am Westhäuser Kirchweg (Lb. Bl. 351). Attribut ist der Siedlungsname Westhausen. Der ON „bezeichnet eine von einem bestimmten Orte aus westlich gelegene Siedlung.“765 Die enthaltene Himmelsrichtung dient wahrscheinlich zur Unterscheidung zum Ort Hausen, der weiter östlich bei Worbis liegt. Das GW des ON „ist eine dativische Mehrzahlform: ahd. bî dên hûsûn ‘bei den Häusern’.“766 Indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der den Bewohnern von Westhausen als Kirchweg diente. Auf dem Kirchweg ging man zur Hl. Messe in die Pfarrkirche. Die Dörfer des Eichsfeldes bekamen erst im 16. / 17. Jh. eigene Pfarreien und Kirchen. Westhäuser Landwehr † Östlich der Stadt. An der Gemarkungsgrenze zu Westhausen. Ackerland. 1634 Ann der Westheußer Landtwehr (Lb. Bl. 13), 1634 Inn dem Boddenn Uff die Westheußer Landtwehr (Lb. Bl. 31v), 1671 nach der Westhausischen Landtwehr (Lb. Bl. IIv). Attribut ist der ON Westhausen. Indirekte Lagebezeichnung zu der Landwehr, die nach Westhausen lag.767 Westhäuser Weg Am Westhäuser Wege dcr wásdüzcr wāk, am wasdüzcr wājə Flur 25, 26. Östlich der Stadt, nördlich an der Nordhäuser Straße. Gärten, Industriegebiet. 1634 Am Westheußer Wege (Lb. Bl. 25v), 1671 am Westhaüser weege bei dem bierbaum (Lb. Bl. 390v), 1671 am westhausischen weege Jenseits der Ziegelhütten (Lb. Bl. 649), 1676 uff den Westhäusischen Weg (Grenzprot. Bl. 2v), 1749 am Westhauser weege (Lb. UA S. 9), 1777 Westhäußer Weeg (Lb. ON Bl. Vv), 1822 am Westhäuser Wege (Flurb. Fl. 22), o. J. Westhäuser Weg (FlNS Müller). Attribut ist der ON Westhausen. Als Flurname eine indirekte Lagebezeichnung zu dem Weg, der nach Westhausen führte. Wiegenberg † Lage unbekannt. 1671 am Wiegenberge (Lb. S. 114), 1671 Underm wiegenberg (Lb. S. 154), 1671 Underm Weigenberge (Lb. S. 199), 1856 Der Wiggenberg (Waldmann S. 19), 1934 der Wiggenberg (FlNS). „Der Wiggenberg. So schreibe ich, weil der Name noch so gesprochen wird; im Lagerb. von 1671 steht Wiegenberg, später findet sich Weihenberg und dergl., offenbar, um zu verhochdeutschen. Man könnte dabei zwar an die Weinberge denken, welche in früheren Zeiten die Stadt umgaben, aber Wein ist keins von den Wörtern, zwischen dessen Vokale

764 Waldmann 1856. S. 31. 765 Müller 1958. Ortsnamen. S. 91. 766 Müller 1958. Ortsnamen. S. 14. [Arenshausen] 767 siehe Landwehr.

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unsere Mundart ein g einschiebt, wie Riege für Reihe. Der Berg hat also von einem Wigo, Wicho, Wihho, Förstem. S. 1292 den Namen bekommen; Wigge ist noch Familienname.“768 Ein PN Wicke ist als im Eichsfeld bekannt. Im übertragenen Sinne könnte es sich auch um Wiege f., eine Bezeichnung für schwankenden, moorigen Boden (‘Bruchwieg’) handeln.769 Wienrichs Loch † Lage unbekannt. 1749 im Wienrichs Loche (Lb. UA S. 84), 1777 im Wienerichs Loche (Lb. ON S. 545). Wienrich ist ein PN, wohl der Besitzer. Der Name stellt sich zu einem Familiennamen Weinrich oder Wi(e)nrich. Der Name kommt im Eichsfeld vor. Loch kann eine Bodenvertiefung bezeichnen, könnte aber auch zu Loh gehören und eine Gebüsch oder einen lichten Wald bezeichnen.770 Wilmeröder Grund Im Wilmeröder Grund, Im Wilmeröder Grunde wilmərēdcr grónt Flur 10, 20, 22. Nordöstlich der Stadt. Bodensenke, die nördlich der Leine nach Norden bis zur Tränke bzw. zum Hillemann verläuft. 1634 Uff dem Wülmeröder grunde (Lb. Bl. 25), 1634 Uffm wülmeroder grunde (Lb. Bl. 31v), 1634 Zu Wüllmeroda (Lb. Bl. 36v), 1671 Zu wülmeroda (Lb. Lb. S. 13), um 1690 „das Gehölz zu Wilmerode zwischen dem obersten und dem untersten Günteroder Wege“, welches „durch den Wilmeroder Grund geht“ (WK S. 1039), 1749 auff dem Wüllmeröder grunde (Lb. UA S. 14), 1770 im Wilmeroder Grunde (WK S. 1039), 1777 Wilhelmeröder grund (Lb. ON Bl. Vv), 1777 in Wilmeröder grunde (Lb. UN S. 460), 1777 im Wilhelmeröder Grunde (Lb. UA S. 73), 1777 im Willmeröder Grunde (Lb. UA S. 101), 1800 Wilmerode (Wolf Hst. S. 180), 1800 in dem Wilmeröder Grunde (Wolf Hst. S. 180), 1856 Der Wilmeröder Grund (Waldmann S. 18), 1903 „der Wilmeroder Grund“ (WK S. 1039), 1934 Willmeröder Grund (FlNS), o. J. Wilmeröder Grund (FlNS Müller). Grund bezeichnet eine Geländevertiefung.771 Im Attribut liegt ein Siedlungsname vor. Der ON bezeichnet wahrscheinlich die ‘Rodung eines Wilhelm’, wobei *Willehelmesrode vorauszusetzen wäre, das dann zu Will(l)merode verkürzt wurde.772 Eine Bezeichnung nach der länglichen Bodenvertiefung, in der die Siedlung Wilmerode lag. Wilmerode wird zu den Wüstungen um Heiligenstadt gezählt. Die Siedlung soll im Wilmeröder Grund gelegen haben.773 Wilmeröder Trift † Nordöstlich der Stadt. 1777 die Wilmeröder Trift (Lb. ON S. 89).

768 Waldmann 1856. S. 19. 769 Müller 1986. Flurnamen. S. 99. 770 siehe Loh. 771 siehe Grund. 772 Müller 1958. Ortsnamen. S. 94. [Wilmerode II] 773 Wolf 1800. S. 180.

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Eine Klammerform zu ‘Wilmerödergrundstrift’ ist möglich. Die Trift, d. h. die Weide, die zum Ort Wilmerode gehörte. Windolfs Hölzchen † Lage nicht genau bekannt. Wahrscheinlich südöstlich der Stadt am Pferdebachtal. 1671 am Windolpfs Höltzlein (Lb. S. 215), 1671 Hinder Windolpfß Holtz (Lb. Bl. 649), 1749 Jenseith dem Windolffs Hötzgen (Lb. ON S. 38), 1777 Jenseits dem Windolfs Hölzgen (Lb. ON S. 51). Das Attribut ist ein PN, ein Besitzername Windolf. Der Name kommt im Eichsfeld vor. Das Wäldchen, das einem Besitzer mit dem Namen Windolf gehörte. Windolfs Wiese † Lage unbekannt. 1856 Windolfs Wiese (Waldmann S. 31). Eine Bezeichnung für die Wiese, die einem Besitzer mit dem Namen Windolf gehörte. Wintzingeröder Lehen † Wahrscheinlich östlich der Stadt. Lage nicht genau bekannt. 1777 Winzingeröder Lehn an dem Schottischen Lehn garten (Lb. OA S. 352), o. J. Winzingeröder Lehen (FlNS Müller). Indirekte Lagebezeichnung zu einem Acker oder einer Wiese, die zum Wintzingeröder Lehensgut gehörte.774 Die Familie von Wintzingerode gehört zu den Adelsfamilien des Eichsfeldes. Wolfsbrunnen † Südöstlich der Stadt. Im Pferdebachtal am Wolfental. 1856 Der Wolfsbrunnen (Waldmann S. 10), 1934 Wolfsbrunnen (FlNS). Im BW liegt der Tiername Wolf vor. „Der TierN Wolf kommt in sehr vielen FlN des Eichsfeldes vor.“775 Das GW brunnen ist die Bezeichnung für eine Quelle. Es ist eine Klammerform zu ‘Wolfentalsbrunnen’ möglich. Die Quelle, die im Wolfental entspringt. Wolfental Im Wolfental wúlbmtōl Flur 14. Südöstlich der Stadt. Seitental am Pferdebachtal, das nach Südwesten verläuft. Bahndamm der Linie Heiligenstadt – Schwebda. Forstort. 1749 über dem Wolffen Thal (Lb. UA S. 19), 1777 im Wolffenthal (Lb. S. 144), 1777 in Wolfenthal (Lb. OA S. 293), 1805 Wolfenthale (Grenzprot. Bl. 32v), 1856 Das Wulfenthal (Waldmann S. 30), 1870 Das Wolfenthal (MTB 2668), 1934 das Wulfental (Wolfental) (FlNS), o. J. Wolfental (FlNS Müller).

774 Kramann 1966. In: EHh. 1966. S. 180.: „Das Wintzingerode’sche Lehensgut, später im Besitz der

berühmten Familie Gudenus, bestand aus dem „Fuchswinkel“ nebst Garten bis zur Stadtmauer/Felgentor und aus Länderein in und um Heiligenstadt.“

775 Müller 1986. Flurnamen. S. 100.

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Im BW vermutlich ein PN: „Es wird aber nicht den Namen haben von den Wölfen, sondern von einem Vulf, Vulfo, Vulfin oder Vulvin, Förstem. S. 1342. 1343.“776 Ein Tal, das von einem Besitzer den Namen hat. Eine Bezeichnung nach dem Tier ist aber denkbar. Wolfentalswiese † wúlbmtōlswēzņ Südöstlich der Stadt. Seitental am Pferdebachtal. 1749 an der Wolffenthalswiesen (Grenzprot. Bl. 7v), 1805 an der Wolfenthals-wiese (Grenzprot. Bl. 32v). Die Wiese im oder am Wolfental. Wahrscheinlich lag diese Wiese in der Verbreiterung des Tales zum Pferdebachtal. Zankholz tsáŋholds Südöstlich der Stadt.Unter dem Stirnkopf an der Geislede. 1934 Zankholz (FlNS), o. J. Zankholz (Stadtplan). Das Zankholz ist ein Wäldchen, um das es Streit gegeben hat. „Im BW liegt ‘Zank, Streit’ vor (vgl. die Streit-Namen): Fluren, um die es Streit, Zank gab.“777 Zauberersplatz † Lage unbekannt. 1856 Der Zauberersplatz (Waldmann S. 31), 1934 Zaubererplatz (FlNS). Das GW Platz bezeichnet ebenes Gelände. Das BW Zauberer ist nicht leicht zu klären. „Es ist mir nicht bekannt, ob sich dieser Name an eine berühmte Person und Handlung knüpft.“778 Zauberer bedeutet ‘wer zaubern kann, Magier, Zauberkünstler’ zu ahd. zoubarāri, mhd. zouberære stm. ‘zauberer’.779 Vielleicht handelt es sich aber um einen PN, einen ehemaligen Besitzer. Ziegelhütte † Wahrscheinlich östlich der Stadt bei der Jakobskirche. Lage nicht genau bekannt. Es gab aber mehrere Ziegelhütten, deshalb können auch andere Stellen so bezeichnet sein. 1671 bey der Ziegelhütten (Lb. S. 10), 1671 Hinder der Ziegelhütten (Lb. Bl. 377v), 1671 Hinder der Ziegelhütten im Erbethall (Lb. Bl. 457), 1671 am westhausischen weege Jenseit der ziegelhütten (Lb. Bl. 649), 1749 neben der Ziegelhütten im Erbethal (Lb. UN S. 451), 1777 Neben der Ziegel Hütte im Erbe Thal (Lb. ON S. 371), 1800 Ziegelhütte (Wolf Hst. S. 67), 1800 Die Ziegelhütte gegen der Jakobs-Kirche über (Wolf Hst. S. 175). Indirekte Lagebezeichnung zu einer Ziegelei, einer Hütte, in der Ziegeln gebrannt werden. Die Ziegelhütte lag außerhalb der Stadtmauern und gehörte der Stadt.780 Heute noch bekannt ist „Fluckens Ziegelei“, eine ehemalige Ziegelei an der Straße nach Mengelrode.

776 Waldmann 1856. S. 30. 777 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1987. S. 279. 778 Waldmann 1856. S. 31.; Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1987. S. 279. „Über die Herkunft dieses

Namens war nichts zu erfahren.“ 779 Pfeifer. 1993. S. 1593.; Schützeichel 2006. S. 438.; Bd. 3, Sp. 1155, 8. 780 Wolf 1800. S. 175. „Die Ziegelhütte gegen der Jakobs-Kirche über, welche der Stadt gehört.“

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Ziegenloch † Lage nicht genau bekannt. 1856 Das Ziegenloch (Waldmann S. 34), 1934 das Ziegenloch (FlNS). Das BW ist das Tier Ziege. Loch ist eine Bezeichnung für eine Geländevertiefung. Also eine Vertiefung, wo Ziegen gehalten werden. „Wahrscheinlich von weidenden Ziegen, welche hineingefallen sind.“781 Die Ziegenhaltung wurde in Heiligenstadt immer mit Argwohn betrachtet und wurde untersagt.782 Die Ziegen “haben oft sollen abgeschafft werden, man hat aber jedes Mal den dringenden Vorstellungen der Armen nachgegeben.“783 Der Sage nach, war eine Ziege daran schuld, dass die belagernden Raubritter in die Stadt eindringen konnten. Die Ziege soll eine Möhre, die aus Not zur Verriegelung eines Stadttores gedient haben soll, abgefressen und so das Tor für die Belagerer geöffnet haben. In der Sage spiegelt sich die geringe Wertschätzung der Tiere wider. Ziehfittich Auf dem Ziehfittich tsīfitiX Flur 9. Nördlich der Stadt. Am Hillemann gelegen. Wiesen und Ackerland. 1749 an der Zivigts wiesen (Lb. UA S. 185), 1777 Bey den Zifittigs Wießen (Lb. ON S. 59), 1777 bey der Zivitswiesen (Lb. OA S. 67), 1777 Bey der Zifittichs Wießen (Lb. UN S. 43), 1777 Bey der Ziefittichs Wießen (Lb. UA S. 435), 1934 im Ziehfittig (FlNS), o. J. Zifittichswiese (FlNS Müller). Mit Ziehfittig ist eine Vogelart gemeint, der Kiebitz. Der Kiebitz wird im Eichsfeld Ziefittig genannt. „Der Vogel heißt so nach seinem Ruf.“784 Der Name ist gleichbedeutend mit Kiebitz.785 Die Wiese oder die Wiesen am Ziehfittig, heute elliptische Form. Ziehnischer Garten † Nördlich der Stadt. Beim Spielplatz gelegen. Lage nicht genau bekannt. 1749 auff dem spiehlplatze den sogenannten Mollenfeldischen und Ziehnisch garthen (Lb. UA S. 209). Das Attribut ist ein Besitzername Ziehn. Die Bezeichnung ist eine Bildung mit der typischen Endung –isch. Also ein Garten, der einem Besitzer mit dem Namen Ziehn gehörte. Zieschenbühl † Lage unbekannt. 1749 auff dem Ziesgens stiele (Lb. OA S. 543), 1777 am Ziesgens biel (Lb. S. 156a), 1777 Beym Zießgen Bühl (Lb. S. 164), 1777 am Zißchenbiel (Lb. S. 176).

781 Waldmann 1856. S. 34. 782 „Auch sollen keine Borger oder Inewöhner in Heiligenstadt Zeggen mehr haben, bey poen von einer jeden

1 Marck.“ Wolf 1800. Urk. S. 72. 783 Wolf 1800. S. 249. 784 Müller 1986. Flurnamen. S. 101. 785 siehe Kiebitz.

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Das GW Bühl ist Bezeichnung für einen Berg, eine Erhebung. Das BW Zieschen, mdal. tsīsXn bedeutet ‘kleines, schmächtiges Ding, besonders von Personen (Kindern)’. Zu mhd. zīse swf. ‘zeisig’.786 Der Beleg Ziesgens stellt Verschreibung dar.787 Züttel † Südöstlich der Stadt. Bei der Herrenwiese an der Gemarkungsgrenze zu Geisleden am Buchenborn gelegen. 1671 im Züttell (Lb. Hst. Bl. 463v). Züttel ist die gerundete Form von Zittel. In der Mundart bezeichnet tsidļ das ‘Endstück’.788 Bei Züttel könnte es sich also um einen Vergleichsnamen mit der Bedeutung ‘Endstück, Sackgasse’ handeln.789 Die Lage an der Gemarkungsgrenze zwischen den Erhebungen des Dün bzw. Mittelberg spricht dafür. Zwehlsche Wiese † Südöstlich der Stadt. Im Pferdebachtal gelegen. Lage nicht eindeutig bekannt. 1671 im pferdtbache über der Zwehlischen wiesen (Lb. Bl. 724). Zwehl ist ein Besitzername. Der Name ist im Eichsfeld bekannt. Die Familie von Zwehl stellte mehrere Bürgermeister, Regierungsräte oder Stadtschultheißen. Der bekannteste von ihnen war Johann von Zwehl.790 Müller vermutet eine Bedeutung ‘Handtuch’ für Zwehl.791 Zwerchacker † Lage unbekannt. 1777 der Zwerch Acker (Lb. UA S. 241). Das BW zu quer, zu mhd. twerch adj. ‘auf die seite gerichtet, verkehrt, schräg, quer’.792 „Es bezeichnet in Bezug auf sonstige Flureinteilung schief oder quer verlaufende Fluren.“793 Der Zwerchacker ist ein Queracker. Somit ist der Name Zwerchacker gleichbedeutend mit dem Namen Queracker. Zwergenhöhle tswerXhölņ Westlich der Stadt. Felsgebilde auf dem Flurstück Alte Burg. Buchenwald. 1845 zu dem Zwergloche (Duval S. 485), 1856 Das Zwergloch (Waldmann S. 22), 1919 Zwerghöhle (UE 14. S. 12), 1934 Zwergloch (FlNS), o. J. Zwerghöhle, Zwergloch (FlNS Müller), o. J. Zwergenhöhle (Stadtplan). Im GW liegt Höhle vor. Das BW ist Zwerg, zu mhd. twërc stn. ‘zwerg’.794 Demnach die ‚Höhle der Zwerge’.795 Im BW möglicherweise auch quer, zu mhd. twerch adj. ‘auf die

786 Lexer Bd. 3, Sp. 1135, 3. 787 Müller 1986. Flurnamen. S. 102. 788 Müller 1986. Flurnamen. S. 102. 789 FlNS Müller. 790 Johann von Zwehl (1580 – 1652). Stadtschultheiß und Landschreiber. Ließ Heiligenstadt im

Dreißigjährigen Krieg befreien, stiftete den Vierzehnnothelfer-Altar in der St.Ägidien-Kirche und gründete eine Papiermühle. vgl. Opfermann 1999. S. 388f.

791 Müller 1988. Personennamen. S. 86. 792 Lexer Bd. 2, Sp. 1599, 14.; Hänse 1970. S. 189. 793 Müller: Schwierige Flurnamen. In: EHh. 1987. S. 283. 794 Lexer Bd. 2, Sp. 1598, 51.

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seite gerichtet, verkehrt, schräg, quer’.796 Die Bezeichnung scheint aber aus jüngerer Zeit zu stammen, deshalb ist letztere Bedeutung unwahrscheinlicher. Die Sandsteinfelsen bilden hier eine Art Höhle aus. Diese ist im vordersten Bereich begehbar, wird aber nach einigen Metern für einen Menschen zu eng. Im Volksglauben rührt der Name demnach daher, dass Zwerge im Inneren der Höhle hausten, da nur sie ins Innere gelangen könnten. Es ist aber auch denkbar, dass es aufgrund ihres geringen Ausmaßes nur eine ‚Zwergenhöhle’ ist. Einer Heiligenstädter Sage nach soll ein Gang von der Zwergenhöhle bis ins Innere der Stadt führen, den die Bewohner im Belagerungsfall benutzen konnten.797 Dem Schriftsteller Theodor Storm, der von 1856-1864 in Heiligenstadt lebte und arbeitete, dienten die Felsgebilde als Vorlage für Gedichte und die Erzählung „Die Regentrude“.

795 Bach DNK II § 358. 796 Lexer Bd. 2, Sp. 1599, 14.; Hänse 1970. S. 189. 797 Duval 1845. S. 485.

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4 Die Flurnamen nach ihren Benennungsmotiven Im folgenden Kapitel sollen die im lexikalischen Teil beschriebenen Flurnamen nach Sachgruppen geordnet werden. Die Einordnung nach der Benennungsmotivation folgt dem Raster bei Meineke auf Grundlage der Kategorien Heinrich Dittmaiers.798 Es werden nur die eigentlichen Flurnamen aufgeführt, präpositionale Zusätze u. ä. (Auf dem Klei, An der alten Leine) bleiben unberücksichtigt; es werden nur die Stammnamen genannt. Diese Einordnung verfolgt zwei Absichten. Zum einen sollen die Flurnamen hier nach dem semantischen Gehalt ihres GW eingeordnet werden. Dazu werden die GW mit den mit ihnen zusammengesetzten BW angegeben. Der dem BW nachgestellte Bindestrich weist auf die Zusammensetzung mit dem GW hin. Anschließend folgen die anderen Flurnamen, die semantisch zum Motivationsbereich gehören, und bei denen beispielsweise das GW nur singulär auftritt. Zum anderen sollen auch die BW in ihren Motivationsbereich eingeordnet werden. Dabei wird das GW ausgelassen. Flurnamen, GW oder BW, die nicht eindeutig einem Motivationsbereich zugeordnet werden können, sind mit (?) gekennzeichnet. In solchen Fällen findet sich der Name oder Namenteil in verschiedenen Sachbereichen.

4.1 Naturnamen

4.1.1 Ausdehnung und Begrenzung a) Allgemeinbezeichnung für Geländeteile Land: Hospitals-, Pfaffen-, Statthalterei-, Strutmannisches-, Thomas-Gulden-, Länderei: Hillemanns-, Hornische-, Pfaffen-, Rats-, Rengelröder Pfarr-, Reuters-, Schottische-, Stifts- b) Allgemeine Gestalt Ecke: Heller-, Holz-, Mauls-, Schweine- Winkel: Gänse-, Mäuse- Spitze: Drei-, Steinige- Anker-, Biegen, Hausdach-, Dreiangel, Dulch, Gehren-, Glocken-, Langwiel, Pfannkuchen, Plateau, Sautempel, Schwanz-, Stelzen-, Weintraube c) Natürliche Begrenzung Lingemanns Ort, Züttel d) Natürliche Lage Düster-, Finster-, Himmelreich, Hölle, Höll(en)-, Liethen, Scheuche, Schneisenhang, Stirn-

798 Meineke 2003. S. 21 – 29.; Dittmaier 1963.

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4.1.2 Geländeform a) Ebenes Gelände Platz: Königs-, Spiel-, Zauberers-, Ammerbreite, Boden, Bödichen, Schindanger, Schindeleich b) Bodenvertiefungen oder Geländeeinschnitte Graben: Gänsewinkels-, Hecken-, Hohler-, Höllen-, Hun-, Hund-, Jakobs-, Ketzers-, Kirch-, Mollengrunds-, Roter-, Sählen-, Sau-, Schellhasens-, Scheuche-, Statthalterei-, Stein-, Steinmetzens-, Tiefer-, Ton-, Grund: Beeren-, Deier-, Gehren-, Hillemanns-, Köter-, Loh-, Lutter-, Mollen-, Nörtens-, Ochsenkopfs-, Peters-, Pfaffen-, Sählen-, Stahler-, Wilmeröder-, Gründchen: Reh-, Rolls- (Rudolfs-), Loch: Fliegen-, Heinebrodts- (Heimbrod), Hildebrands-, Preusings-, Wienrichs-, Ziegen-, Kuhle: Kleine Mergel-, Lehm-, Schind-, Spath-, Stein-, Ton-, Tal: Breitewiesen-, Dachs-, Düster-, Erbe-, Finster-, Günters-, hartes-, Hartmanns-, Iben-, Kirch-, Langes-, Pferdebach-, Senge-, Tiefes-, Wolfen-, Grund, Honiggrube, Schluft c) Bodenerhebungen oder ansteigendes Gelände Berg: Beber-, Kuhls-, Fluckens-, Heidel- (Heidelbeer), Hillemanns-, I- (Eibe), Jesuiten-, Kahlen-, Klöppels-, Koppel-, Kuhls-, Leine-, Mengelröder-, Mittel-, Oster-, Pfeiffers-, Pudenz-, Richte-, Scharfrichters-, Schömanns-, Stadt-, Stein-, Stelzen-, Struth-, Wachtelischer-, Weihen-, Wiggen-, Bühl: Huschen-, Liese-, Zieschen-, Kopf: Alte-, Anker-, Brand-, Brauns-, Hexen-, Himbeer-, Hitze-, Lambsbachs-, Mollen-, Schütten-, Spring-, Stirn-, Ufer (über): Hausdach-, Ochsenkopfsgrund- Dün, Elisabethhöhe, Galgenhügel, Hain, Hausdach, Katzenstein, Knüll, Kuhls-, Maienwand, Reckebiel, Schild, Schildchen, Sperbers Schild, Steinsklippe, Stirn, Teufelskanzel

4.1.3 Geologie Klei, Lehm-, Mergel, Roter-, Rotes-, Sand, Spath-, Stein, Stein-, Ton-

4.1.4 Natürliche Bewässerung a) Gewässernamen Bach: Dün-, Eich-, Gellen- / Göllen-, Höll-, Pferde-, Schier-, Schnaken-, Schweine- Born: Buchen-, Hunger-, Kelter-, Lettichs-, Pfaffen-, Roentgen-, Struth- Brunnen: Elisabeths-, Esels-, Gesund-, Margarethen-, Neun-, Rimchens-, Teich-, Wolfs- Pfuhl: Enten-, Kessen- Teich: Alter-, Enten-, Feuer-, Großer-, Neuer-, Pferdebachs-

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Beber-, Dünbach-, Flößchen (Flüsschen), Geislede, Glockentümpel, Alte Leine, Leine-, Lutter-, Spring-, Teich, Teich- b) Sumpfland, Land am Wasser Struth: Hinterste-, Mittlere-, Vordere- Aue, Aue-, Eselau, Struth, Struth-, Sumpf

4.1.5 Bodenbedeckung a) Wald und Busch, Bäume Baum: Birn-, hohler-, Streckers Birn-, Tauber-, Weiden- Busch: Buchen-, Holunder-, Küchen-, Linden-, Nessel-, Runder-, Sählen- Hecke: Aspen-, Bettelmanns-, Klöppels-, Kohlen- Holz: Buch-, Geisleder-, Geist-, Made-, Not-, Zank- Hölzchen: Betmanns-, Fluckens-, Steinmetzens-, Windolfs- Loh: hinterste, vorderste Beeren-, Birn-, Buchen-, Dörnsen, Linden, Eich-, Eichen, Friedenseiche, Hain, Hecken-, Heidel-, Himbeer-, Holunder-, I(ben)-, Lettichs-, Linden-, Loh, Loh-, Nessel-, Pfaffenlinde, Sählen, Sählen-, Weiden- b) Grasland Rotes Gras (?) c) Ödland Heide, Tauben- (?)

4.1.6 Tiere in der Natur Ammer-, Dachs- (?), Eber-, Egel- (Igel), Enten-, Fliegen-, Frosch-, Gänse-, Honig- (?), Hühner-, Hun (?), Hun- (?), Hund-, Katzen-, Kiebitz, Kessen- (?), Kuh-, Mäuse-, Reh-, Schnaken- (?), Vogelgesang, Vogelherd, Weihen-, Wolfs-, Wolfen-, Ziegen-, Ziehfittich, Zieschen- (?)

4.2 Kulturnamen

4.2.1 Rodungen Rod: An-, Breite-, Rott: Faules-, Hohes-, Lams- Rodost

4.2.2 Nutzland a) Wiesen und Weideland Wiese: Alte-, Brünings-, Breite -, Diegmanns-, Fluckens-, Förster-, Herren-, Holz-, Hunger-, Kleine Alte-, Kochs-, Lamsrott-, Ochsen-, Propst-, Pudenz-, Rügers-,

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Schellhasens-, Schottische-, Schultheißen-, Sperber-, Stebens-, Teich-, Trockene-, Windolfs-, Wolfentals-, Zwehlsche- Rasen: Dünbachs-, Eichbachs-, Langer-, Leine- Koppelhut, Lutterwiesen, Rasen, Trift, Weiden, Wilmeröder Trift b) Ackerland Acker: Breiter-, Hurenkinds-, Kirchen-, Klus-, Kurzer-, Langer-, Quer-, Schwanz-, Spitz-, Staken-, Stein-, Zwerch-, Feld: Breite Wiesen-, Klaus-, Kleines-, Kötherwarten-, Rengelröder-, Garten: Buchen-, Helmischer-, Hopfen-, Hospitals-, Jesuiten-, Schleif-, Spenglers-, Steinmetzens-, Teich-, Trümperischer-, Ziehnischer-, Rain: Hoher-, Jungfern-, Langer-, Tauben-,

4.2.3 Nutzungsformen a) Viehzucht Schläge: Enten-, Kuh- Ebergönne (?), Gemeindetrift, Günteröder Tränke, Koppel-, Krippe, Ochsen-, Pferde-, Sau-, Schaf-, Schafkrippe, Schafpferch, Schütten- (?), Schweine-, Schweinestall, Tränke, Trift, Vieh- b) Ackerbau Gewend(e): Heiligenstädter-, Rengelröder-, Seltsames- Feldgewende: Mengelröder-, Reinholteröder- Felge-, Korn-, Staken-, Steinhaufen c) Sonderkulturen Hopfen-

4.2.4 Maßeinheiten und Zahlen Drei-, Dreizehn-, Neun-, Sieben-

4.2.5 Forstwirtschaft Schneise: Hintere-, Hohe-, Kleine-, Vordere- Forst, Förster-, Forsthaus, Hauung, Holz-, Schlag, Schneise, Schneisenhang

4.2.6 Sonderland Gemeinde-, Gemeinderasen, Samenplätze (?)

4.2.7 Gewerbe Ofen: Brenn-, Kalk-

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Abdeckerei, Brand-, Kelter-, Kohlen-, Meierei, Schärfe, Schind(e)-, Schinde-, Steinbruch, Steinkuhle (?), Ziegelhütte

4.2.8 Nach Personen benannte Flurnamen Bahner-, Betmanns-, Bettelmanns-, Brünings-, Burghardts-, Diegmanns-, Dönners-, Elisabeth-, Fluckens-, Günters-, Hartmanns-, Heimbrods-, Helmischer-, Hemel-, Hildebrands-, Hillemann, Hillemanns-, Hornische-, Huschen-, Jesuiten-, Jesuitenmütze, Jungfern-, Kapitäns-, Kaps- , Ketzers-, Keulichen (?), Klaus-, Klöppels-, Kochs-, Königs-, Köter- (?), Kurfürsten-, Lambsbachs-, Lams-, Lange-, Lingemanns-, Lins-, Lückscher-, Margarethen-, Marien-, Marx Mütze, Mathildens-, Mauls-, Mollenfelds-, Nörtens- (?), Ochsenkopfs-, Poppens-, Peters-, Pfeiffers-, Preusings-, Propst-, Pudenz-, Rats-, Recke- (?), Reuters-, Roentgen-, Rolls-, Rügers-, Sälzer-, Saubers-, Schellhasens-, Schielen- (?), Schömanns-, Schottische(s)-, Schultheißen-, Schweden-, Senge- (?), Spenglers-, Sperber(s)-, Stahler-, Stebens-, Steinmetzens-, Streckers-, Strutmannisches-, Trieselmanns-, Trümperischer-, Wachtelischer-, Waisen-, Wienrichs-, Windolfs-, Wintzingeröder-, Zauberers-, Ziehnischer-, Zieschen- (?), Zwehlsche-

4.2.9 Bauwerke und Siedlungsnamen Brücke: Leine-, Schaf-, Steinerne- Hof: Burghardts-, Frosch-, Hemel-, Hopfen-, Jesuiten-, Kapitäns-, Kaps-, Lange-, Leine-, Lückscher-, Mollenfelds-, Poppens-, Schielen-, Trieselmanns-, Waisen-, Weihen-, Tor: Brücken-, Felgen-, Geisleder-, Göttinger-, Holzbrücken-, Hüchelheimer-, Jakobs-, Kasseler- Brücken-, Fegebanks- (?), Feldschlösschen, Feuerteich, Forsthaus, Geisleder-, Göttinger-, Günteröder-, Hauptbahnhof, Höfchen, Holzbrücken-, Hospitals-, Hüchelhain (Hüchelheim), Hüchelheimer-, Kasseler-, Klöppelsklus (?), Klus-, Kurfürstenstein, Mäuerchen, Mengelröder-, Reinholteröder-, Rengelröder-, Riesbach-, Riesbach(s)-, Rusteberger-, Schachtebicher-, Scharfensteiner-, Schleifköte, Siemeröder-, Stadt-, Statthalterei-, Udersche(r)-, Vogelstange, Westhäuser-, Wilmeröder-,

4.2.10 Abbau von Bodenschätzen Steinbruch, Steinkuhle (?)

4.2.11 Technische Anlagen Mühle: Geisleder-, Kaps-, Kupfer-, Leine-, Lins-, Papier-, Pulver-, Walk-, Heller- (?), Mühlgraben, Papiermühlenwehr, Rinne, Wehr

4.2.12 Verkehrswege, Übergänge und Grenzen Chaussee: Alte-, Geisleder-, Nordhäuser-, Udersche-, Damm: Jungfern-, Teich-, Weg: Alter Heiligenstädter-, Brücken-, Duderstädter-, Geisleder-, Gemeinde-, Günteröder-, Hohler-, Holz-, Karren-, Kirch-, Klöppels-, Knick-, Korn-, Litt-, Mengelröder-, Mengelröder Schleif-, Niet-, Paradies-, Post-, Rengelröder-, Riesbach-,

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Roter-, Rusteberger-, Schachtebicher-, Scharfensteiner-, Schleif-, Siemeröder-, Stadt-, Stations-, Struth-, Uderscher-, Vieh-, Westhäuser-, Westhäuser Kirch- stieg: Bahner-, Esel-, Geisleder-, Jesuiten-, Leine-, Lutter-, Marien-, Sälzer-, Günteröder Hohlweg, Hünensteig, Leinegasse, Schrittstein, Steg

4.2.13 Wehrwesen Landwehr: Dün-, Heiligenstädter-, Ibergs-, Siemeröder-, Westhäuser-, Warte: Beber-, Dün-, Fegebanks-, Heiligenstädter-, Höll-, Hundgraben-, Ibergs-, Köter-, Riesbachs- Esel-, Exerzierplatz, Gehege, Geneige, Graben, Jakobswehr, Knick, Knick-, Landwehr, Landwehr auf der Rinne, Stadtgraben, Stadtmauer, Wacht, Wall, Warte

4.2.14 Vor- und Frühgeschichtliche Fundplätze Alte Burg, Hun (?), Hun- (?), Hünen- (?), Hünenstein

4.2.15 Herrschaftsverhältnisse und Abgabewesen Lehen: Aue-, Schottisches-, Wintzingeröder-, Herren-, Hillemanns Lehenländerei, Loßgut, Thomas-Gulden-Land

4.2.16 Rechtsverhältnisse Achtewart, Erbe-, Galgen-, Galgenplatz, Gericht, Hurenkinds-, Richte-, Scharfrichters-

4.2.17 Religion und Kirche Kreuz: Hagel-, Hillemanns-, Drei-, Saubers-, Schwarzes-, Spanisches- Heiligste Dreifaltigkeit, Geist-, Heiligenstock, Jakobs-, Jakobskirche, Jesuiten-, Kirch-, Kirchen-, Klus-, Kreuz, Liboriuskapelle, Peter und Paul, Pfaffen-, Schwedenkirchhof, Stationsweg, Stifts-

4.2.18 Volksglaube, Sage, Ereignisse Friedenseiche, Gesundbrunnen, Hagelkreuz, Hexen-, Made- (?), Maien-, Mathildens Ruh, Paradies (?), Zank-, Zauberersplatz, Zwergenhöhle.

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5 Fazit Unter den Flurnamen der Gemarkung Heiligenstadt ist ein großer Teil durch Komposition entstanden. Dabei treten meist zweigliedrige Namen auf. Mehrgliedrige Namen sind meist zu zweigliedrigen verkürzt. Die Mehrzahl der Flurnamen ist mit Personen- oder Siedlungsnamen zusammengesetzt. Als Simplizia treten Naturnamen in Erscheinung, die sich meist auf die Form oder Beschaffenheit des Geländes beziehen. Eine relativ große Anzahl der Flurnamen bezieht sich auf Wehr- und Verteidigungsanlagen (Landwehr, Warte). Indirekte Lagebezeichnungen zu Wegen, Gebäude usw. treten ebenfalls häufig auf. Es war nicht in allen Fällen möglich, eine ursprüngliche Benennungsmotivation eindeutig zu klären. Vielfach kommen mehrere Motive in Betracht. In vielen Fällen konnte die genaue Lage der bezeichneten Flurteile nicht ermittelt werden, was sich nachteilig auf die Deutung ihrer Namen auswirkt. Schon in der FlNS von 1934 wurde nicht zu allen noch bekannten Flurnamen eine Lagebeschreibung geliefert. Durch die Begrenzung auf eine Gemarkung stößt auch die Arbeit an ihre Grenzen. Viele der betrachteten Flurnamen kommen auch in anderen Gemarkungen vor. Im Zusammenhang könnte sich ein genaueres Bild ergeben, obwohl die Motivation gleichlautender Flurnamen durchaus verschieden sein kann. Für den Altkreis Heiligenstadt hat Erhard Müller die wesentlichsten Flurnamen zusammengetragen und erläutert. Im Altkreis Worbis, heute auch zum Landkreis Eichsfeld gehörend, sind Flurnamen dagegen verhältnismäßig wenig untersucht. Es wäre zu wünschen, dass sich in den nächsten Jahren auch in diesem Gebiet den Flurnamen gewidmet wird. In den Flurnamen hat sich z. T. altes Namensgut bewahrt, das seinen Ursprung im Althochdeutschen, Mittelhochdeutschen, teilweise aber auch im Keltischen hat. Slawisches Namengut tritt bei den Flurnamen der Gemarkung Heiligenstadt nicht auf, obwohl es slawische Bewohner im Eichsfeld gab, was an wenigen Orts- oder Straßennamen deutlich wird (Thalwenden, Windische Gasse). In vielen Flurnamen lebt die mundartliche Lautung fort, welche teilweise dem mittelhochdeutschen Lautstand entspricht. Die Flurnamen der untersuchten Gemarkung geben einen Einblick in die Stadtgeschichte der Stadt Heiligenstadt. Die Namen der Wüstungen sind als Flurnamen verewigt, ebenso bewahren die Flurnamen das Andenken an die ehemaligen Warten, die es rings um die Stadt gegeben hat und die heute verschwunden sind. Von den Warttürmen sind lediglich die Rengelröder Warte, die Lenteröder Warte (beide außerhalb der Gemarkung) und die Ibergswarte erhalten. Auch die Namen bedeutender Einwohner haben sich in Flurnamen verewigt, andere Flurnamen weisen auf die Rodungstätigkeit hin und damit auf den ehemaligen Waldreichtum. Die Namen der Teiche und Fließgewässer haben durch Flurnamen überdauert. Aber auch Spottnamen und Besitzernamen haben sich in Flurnamen erhalten. Die ausgewerteten Quellen spiegeln wahrscheinlich nur einen Teil der Flurnamen wieder, die im Laufe der Jahrhunderte an einzelnen Flurname hafteten, viele Namen sind wohl nie schriftlich fixiert worden. Selbst das Auffinden eines Flurnamens in einer Quelle ist vielfach dem Zufall überlassen, doch lohnt es sich danach zu suchen.

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6 Quellen und Literatur

6.1 Ungedruckte Quellen

Ein Worth zu Heiligenstatt ao 1554. Stadtarchiv Heiligenstadt. I, 2. Flurbuch Heiligenstadt. 1822. Stadtarchiv Heiligenstadt. I, 12. Flurnamensammlung Heiligenstadt 1934. Ges. v. Otto Elling. (Flurnamensammlung Eichsfelder Lehrer 1934.) Eichsfelder Heimatmuseum, Heiligenstadt. (Fotokopie). Flurnamensammlung Dr. Erhard Müller. o. J. Eichsfelder Heimatmuseum, Heiligenstadt. Grenzprotokolle, Grenzbegehung 1676 – 1819. Stadtarchiv Heiligenstadt. I, 42., 43. Graenz-Protocoll und Vermessungs-Register des Heiligenstädter Stadt Forstes von Johann Georg Lingemann, Professor der Mathematik und Physik am kgl. preuss. Gymnasium daselbst. 1805. Stadtarchiv Heiligenstadt. I, 43. 1. Lagerbücher von Heiligenstadt. 1634, 1671, 1749, 1777. OA (Obere Altstadt), UA (Untere Altstadt), ON ( Obere Neustadt), UN (Untere Neustadt). Stadtarchiv Heiligenstadt. (I, 3.) Mainzer Heberolle. Einkünfteverzeichnis des Erzbischofs von Mainz in Thüringen und auf dem Eichsfelde im 14. Jh. Landeshauptarchiv Magdeburg. (nicht eingesehen). Mainzer Ingrossaturbuch 3. Kreisarchiv Würzburg. (nicht eingesehen). Reutersches Lagerbuch. 1610. Stadtarchiv Heiligenstadt. (XLII, 4.) (Abschrift). Repertorium des Stadtarchivs Heiligenstadt. (Findebuch). Stadtarchiv Heiligenstadt.

6.2 Karten und Namenverzeichnisse

Abriß der Haupt Statt des Eychsfeldes Heiligenstatt. Joh. Fluk. Pastor in Udra. 1646. In: Merian: Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis, et. Coloniensis. 1646. Adressbuch des Landkreises Worbis (Eichsfeld). Heiligenstadt, 1948. Gemarkung Heiligenstadt. Flurkarten 1 – 51. Abzeichnung der Flurkarten nebst Ergänzungen, Feldvergleichung. Erneuerung des Herausgeberoriginals. Land Thüringen. Katasteramt Heiligenstadt. Geschichtliche Karte des Kreises Heiligenstadt. Von Prof. Dr. G. Reischel. Herausgegeben von der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt. 1908. Landt Tafel des Eyssfeldts. Von Joh. Flucken. 1649. In: Merian: Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis, et. Coloniensis. 1646. Stadtplan. Heilbad Heiligenstadt mit allen Stadtteilen. 4. Auflage. Fellbach, o. J.

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Situations – und Bestandskarte von den Heiligenstädter Stadt Forsten. Angefertigt durch den Forst Conducteur Warnecke. Maasstab von 600 Ruthen; 150 auf einen Rhl. Dec. Zoll. o. J. Stadtarchiv Heiligenstadt (VII, 54.) Topographische Karte. Nördliches Eichsfeld. 1 : 50 000. Goldene Mark, Ohmgebirge, Zehnsberg und Dün. Hrsg. v. Thüringer Landesvermessungsamt. 2. Auflage. Erfurt, 2003. Urmesstischblätter 1:25000. 2594 Gelliehausen. Hergestellt auf der Grundlage der Preußischen Messtischaufnahme. 1. Auflage. 1879. Reprint: Thüringer Landesvermessungsamt. Urmesstischblätter 1:25000. 2668 Heiligenstadt. Hergestellt auf der Grundlage der Preußischen Messtischaufnahme. 1. Auflage. 1870. Reprint: Thüringer Landesvermessungsamt. Wege- und Wirtschaftskarte des Heiligenstädter Stadtwaldes. Maßstab 1 : 12 500. o. J. Stadtarchiv Heiligenstadt. (VII, 54.)

6.3 Literatur

a) Namenkunde und Sprachgeschichte Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde. Bd. I. Die deutschen Personennamen in geschicht-licher, geographischer, soziologischer und psychologischer Betrachtung. Mit 8 Skizzen. 2., stark erweiterte Auflage. Heidelberg, 1953. (DNK I). Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde. Bd. II. Die deutschen Ortsnamen in geschichtlicher, geographischer, soziologischer und psychologischer Betrachtung. Ortsnamenforschung im Dienste anderer Wissenschaften. Heidelberg, 1954. (DNK II). Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde. Registerband. Bearbeitet von Dieter Berger. Heidelberg, 1956. Beiheft zu den Arbeiten der Reihe Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. In Verbindung mit der Historischen Kommission Sachsen bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Hrsg. v. Th. Frings und R. Fischer. Halle, 1957. Buck, Michael Richard: Oberdeutsches Flurnamenbuch. Ein alphabetisch geordneter Handweiser für Freunde deutscher Sprach- und Kulturgeschichte. Zweite, verbesserte Auflage. Bayreuth, 1931. Dittmaier, Heinrich: Rheinische Flurnamen. Bonn, 1963. Halfer, Manfred: Die Flurnamen des oberen Rheinengtals. Ein Beitrag zur Sprachgeschichte des Westmitteldeutschen. Stuttgart: 1988. Kleiber, Wolfgang: Die Flurnamen. Voraussetzungen, Methoden und Ergebnisse sprach- und kulturhistorischer Auswertung. In: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Hrsg. v. Werner Besch, Oskar Reichmann, Stefan Sonderegger. Zweiter Halbband. Berlin, New York, 1985. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft.; Bd. 2) S. 2130 - 2141.

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Meineke, Eckhard: Perspektiven der Thüringischen Flurnamenforschung. Zu den Flurnamen, der geschichte ihrer Erforschung und den Möglichkeiten für die Schaffung eines thüringischen Flurnamenbuches. In: Perspektiven der Thüringischen Flurnamenforschung. Hrsg. v. Eckhard Meineke. Frankfurt, 2003. S. 17 – 43. Schnetz, Joseph: Flurnamenkunde. München, 1952. (Bayerische Heimatforschung, Heft 5). b) Wörterbücher Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch: der digitale Grimm. Elektronische Ausgabe der Erstbearbeitung. Hrsg. v. Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Univ. Trier. Frankfurt, 2004. Hentrich, Konrad: Wörterbuch der nordwestthüringischen Mundart des Eichsfeldes. Göttingen, 1912. Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin, New York, 2002. Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch: zugleich als Supplement und alphabetischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuch von Benecke-Müller-Zarncke. Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1872 – 1878. Mittelhochdeutsche Wörterbücher im Verbund. Stuttgart, 2002. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Wolfgang Pfeifer. Berlin, 1993. Schützeichel, Rudolf: Althochdeutsches Wörterbuch. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen, 1995. Schützeichel, Rudolf: Althochdeutsches Wörterbuch. 6. Auflage, überarbeitet und um die Glossen erweitert. Tübingen, 2006. Thüringisches Wörterbuch. Auf Grund der von V. Michels begonnenen und H. Hucke fort-geführten Sammlungen bearbeitet unter Leitung von K. Spangenberg an der Sektion Sprachwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Band 4, L – Q. Berlin, o. J.; Band 5, R- S. Berlin, 1982. Thüringisches Wörterbuch. Auf Grund der Sammlungen von V. Michels und H. Hucke bearbeitet von Band IV bis Band VI unter Leitung von K. Spangenberg, fortgesetzt unter Leitung von W. Lösch, weitergeführt von S. Wiegand an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Band 2, E – herabkratzen. Berlin, 2002 – 2004. Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Mit Unterstützung der deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Bearbeitet von Heinrich Marzell. Bd. 2. Daboecia – Lythrum. Leipzig, 1972.; Bd. 3. Macleya – Ruta. Stuttgart, Wiesbaden, 1977.; Bd. 4. Sabadilla – Zygophyllum. Stuttgart, Wiesbaden, 1979.; Bd. 5. Register: Alphabetisches Verzeichnis. Leipzig, 1958.

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c) Regionale Abhandlungen zur Geschichte und Namenforschung Duval, Carl: Das Eichsfeld oder historisch-romantische Beschreibung aller Städte, Burgen, Schlösser, Klöster, Dörfer und sonstiger beachtungswerther Punkte des Eichsfeldes. Sondershausen, 1845. Fotomechanischer Nachdruck. Hannover, 1979. Eichsfelder Heimatbuch. Ausgewählt und zusammengestellt von Walter Prochaska. Heiligenstadt, 1956. Hanstein, C. Ph. E. v.: Urkundliche Geschichte des Geschlechts der von Hanstein im Eichsfeld in Preußen (Prov. Sachsen) nebst Urkundenbuch und Geschlechtstafeld. I. u. II. Theil. Kassel, 1857. Hänse, Günther: Die Flurnamen des Stadt- und Landkreises Weimar. Mit 3 Karten. Berlin, 1970. (Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. Nr. 24). Heerda, Ewald. Entdeckungen im Eichsfeld. Wissenswertes aus Wald und Flur. Heiligenstadt, 1993. Huyskens, A.: Die Klöster an der Landschaft der Werra. Marburg, 1916. Keppler, Josef: Heilbad Heiligenstadt im Eichsfeld. Heiligenstadt, 2002. Kramann, Maria: Heiligenstadt wird ein Marktflecken und 1227 zur Stadt erhoben. In: Eichsfelder Heimathefte. Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1965. S. 151 – 173. Kramann, Maria: Die „Heimensteiner Kirmes“ in Heiligenstadt. In: Eichsfelder Heimathefte. Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1966. S. 180 – 194. Müller, Erhard: Die Ortsnamen des Kreises Heiligenstadt. Halle/Saale, 1958. (Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. Nr. 6). Müller, Erhard: Schwierige Flurnamen im Kreis Heiligenstadt. In: Eichsfelder Heimathefte. Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1975 ff. Müller, Erhard: Die Flurnamen des Kreises Heiligenstadt. Erhard Müller unter Mitarbeit von Inge Bily und Horst Naumann. Leipzig, 1986. (Namenkundliche Informationen, Beiheft 8). Müller, Erhard: Personennamen auf dem Eichsfeld. Heiligenstadt, 1988. Müller, Erhard: Wein- und Hopfenbau im Kreis Heiligenstadt im Lichte der Flurnamen. In: Eichsfelder Heimathefte. Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1978. S. 119 – 127. Müller, Erhard: Wetterkreuze im Kreis Heiligenstadt. In: Eichsfelder Heimathefte. Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1978. S. 69 – 70.

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Naumann, Horst: Die Orts- und Flurnamen der Kreise Grimma und Wurzen. Berlin, 1962. (Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. Nr. 13). Opfermann, Bernhard: Die Klöster des Eichsfeldes in ihrer Geschichte. Die Ergebnisse der Forschung. 3. bearbeitete und erweiterte Auflage. Heiligenstadt, 1998. Opfermann, Bernhard: Gestalten des Eichsfeldes. Ein biographisches Lexikon. Bearbeitet von Thomas T. Müller, Gerhard Müller, Heinz Scholle. Heiligenstadt, 1999. Rassow, Walther: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Heiligenstadt. 2. Reprint-Auflage. Heiligenstadt, 2002. Rust, Bärbel: Aus der Geschichte des VEB Papierfabriken Heiligenstadt (1604 – 1952). In: In: Eichsfelder Heimathefte (EHh). Hrsg. vom Pädagogischen Kreiskabinett Worbis in Verbindung mit dem Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Worbis, 1976. S. 117 – 128. Schüttel, Hermann: Heilbad Heiligenstadt. Eine Begegnung mit dem Eichsfeld. Stadtführer. 3. überarbeitete Auflage. Heiligenstadt, 2001. Unser Eichsfeld. Zeitschrift des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde. Hrsg. v. Konrad Hentrich und Klemens Löffler. Heiligenstadt, 1906ff. Urkundenbuch des Eichsfeldes. Hrsg. von der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt. Mit Benutzung der Sammlung von Julius Jaeger bearbeitet von Aloys Schmidt. Nachdruck mit Ergänzungen und Nachträgen von Helmut Godehardt. Hrsg. von der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt. Teil 1. (Anfang saec. IX bis 1300). Duderstadt, 1997. (Nachdruck der Originalausgabe Magdeburg, 1933). Waldmann, Heinrich: Die Ortsnamen von Heiligenstadt. In: Programm des Königlich katholischen Gymnasiums zu Heiligenstadt für das Jahr 1856. Heiligenstadt, 1856. Waldmann, Heinrich: Eichsfeldische Gebräuche und Sagen. Heiligenstadt, 1864. Wintzingeroda-Knorr, Levin Freiherr von: Die Wüstungen des Eichsfeldes. Reprint 1995. Duderstadt, 1995. (Reprint der Ausgabe Halle, Hendel, 1903). Wolf, Johann: Geschichte und Beschreibung der Stadt Heiligenstadt. Mit Urkunden. Heiligenstadt, o. J. (Reprint der Originalausgabe von 1800). Wolf, Johann: Politische Geschichte des Eichsfeldes. Mit Urkunden erläutert. Band I und Band II. Reprint 1993. Duderstadt, 1993. (Reprint der Originalausgabe von 1792 / 1793).

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7 Anhang

Abb. 1. Gemarkung Heiligenstadt.

Topographische Karte. Nördliches Eichsfeld. Erfurt, 2003. [Ausschnitt]

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Abb. 2. Historische Orte.

Wüstungen, vorgeschichtliche Wallburgen, Warten, Mühlen, Kapellen, Galgen und historische Straßen. (rot = wüst, schwarz = bestehend, ? = zweifelhaft)

Geschichtliche Karte des Kreises Heiligenstadt. 1908. [Ausschnitt]

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Abb. 3. Forstorte am Dün, am Mittelberg und am Iberg.

Wege- und Wirtschaftskarte des Heiligenstädter Stadtwaldes. Maßstab 1 : 12 500. [Ausschnitt]

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Abb. 4. Messtischaufnahme.

Urmesstischblatt 2668 Heiligenstadt. Reprint: Thüringer Landesvermessungsamt. [Ausschnitt]

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Abb. 5. Katasterkarte.

Gemarkung Heiligenstadt. Flur 1. [Ausschnitt]

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Abb. 6.

Ungedruckte Quelle. Lagerbuch Heiligenstadt von 1671. [Ausschnitt]

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Abb. 7. Historischer Stadtplan.

„Abriß der Haupt Statt des Eychsfeldes Heiligenstatt.“ Johannes Flucke, 1646.

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Erklärung Ich erkläre, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel verfasst habe. Sämtliche Stellen, die anderen Werken entnommen sind, wurden unter Angabe der Quellen als Entlehnung kenntlich gemacht. Weimar, den 30. 11. 2006