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Laborskript für WP-14 WS 13/14 Zugversuch Seite 1 Zugversuch 1) Theoretische Grundlagen: Mit dem Zugversuch werden im Normalfall mechanische Kenngrößen der Werkstoffe unter einachsiger Beanspruchung bestimmt. Die ermittelten Kenngrößen bilden die Grundlagen von Festigkeitsberechnungen von Bauteilen. Im quasi-statischen Zugversuch wird die Probe gleichmäßig und stoßfrei belastet bis der Bruch eintritt. Währenddessen wird die Zugkraft F und die Verlängerung der Probe Δl kontinuierlich gemessen. Denkbar ist, dass Proben mit einem großen Querschnitt einer größeren Belastung standhalten können als Proben eines kleineren Querschnittes. Des Weiteren wird sich eine sehr lange Probe unter einer ganz bestimmten Kraft stärker verlängern, als eine kurze Probe mit gleichem Querschnitt. Es ist also erforderlich, diesen Größeneinfluss aus den gemessenen Werten heraus zu rechnen. Dazu wird die Zugkraft F auf den Ausgangsquerschnitt S 0 bezogen und man erhält damit die Nennspannung σ. [ ]= (1) Die Spannung σ hat die Einheit Kraft pro Fläche, also N/mm 2 oder MPa (1 MPa = 1 N/mm 2 ). Außerdem wird die Verlängerung ΔL der Probe auf die Messlänge vor Versuchsbeginn L 0 bezogen. Somit erhält man die Dehnung ε. [%] = = (2) Die Dehnung wird häufig in Prozent % angegeben: [%] = ∗ 100[%] (3) Weitere Formeln: Streckgrenze R e : [ ]= (4) Zugfestigkeit R m : [ ]= (5) Bruchdehnung A: [%] = ∗ 100[%] (6) L 0 = Messlänge vor dem Versuch [mm] L u = Messlänge nach Zerreißen [mm] Brucheinschnürung Z: [%] = ∗ 100[%] (7) S 0 = Ausgangsquerschnitt [mm 2 ] S u = Querschnitt nach Zerreißen [mm 2 ]

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Laborskript für WP-14 WS 13/14

Zugversuch

Seite 1

Zugversuch

1) Theoretische Grundlagen:

Mit dem Zugversuch werden im Normalfall mechanische Kenngrößen der Werkstoffe unter

einachsiger Beanspruchung bestimmt. Die ermittelten Kenngrößen bilden die Grundlagen von

Festigkeitsberechnungen von Bauteilen. Im quasi-statischen Zugversuch wird die Probe

gleichmäßig und stoßfrei belastet bis der Bruch eintritt.

Währenddessen wird die Zugkraft F und die Verlängerung der Probe Δl kontinuierlich gemessen.

Denkbar ist, dass Proben mit einem großen Querschnitt einer größeren Belastung standhalten

können als Proben eines kleineren Querschnittes. Des Weiteren wird sich eine sehr lange Probe

unter einer ganz bestimmten Kraft stärker verlängern, als eine kurze Probe mit gleichem

Querschnitt. Es ist also erforderlich, diesen Größeneinfluss aus den gemessenen Werten heraus zu

rechnen.

Dazu wird die Zugkraft F auf den Ausgangsquerschnitt S0 bezogen und man erhält damit die

Nennspannung σ.

�[�

���] =

(1)

Die Spannung σ hat die Einheit Kraft pro Fläche, also N/mm2 oder MPa (1 MPa = 1 N/mm2).

Außerdem wird die Verlängerung ΔL der Probe auf die Messlänge vor Versuchsbeginn L0 bezogen.

Somit erhält man die Dehnung ε.

�[%] = ��

=

(2)

Die Dehnung wird häufig in Prozent % angegeben:

�[%] = ��

∗ 100[%] (3)

Weitere Formeln:

Streckgrenze Re:

��[�

���] =

��

(4)

Zugfestigkeit Rm:

��[�

���] =

��

(5)

Bruchdehnung A:

�[%] = ��

∗ 100[%] (6)

L0 = Messlänge vor dem Versuch [mm]

Lu= Messlänge nach Zerreißen [mm]

Brucheinschnürung Z:

�[%] =��

∗ 100[%] (7)

S0= Ausgangsquerschnitt [mm2]

Su= Querschnitt nach Zerreißen [mm2]

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Aus den Messwerten von Kraft und Verlängerung werden mittels Gleichung (1) und (3) die

Spannungen und Dehnungen berechnet und in ein Koordinatensystem σ = f (ε) eingetragen. Dies

ergibt die Spannungs-Dehnungs-Kurve.

(3)

(2) (4)

[Re]

Fließen Gleich- Einschnürdehnung

maßdehnung

(1)

Bild 1: Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit ausgeprägter Streckgrenze (diskontinuierlich)

Quelle: http://www.hegewald-peschke.de; 15,04,2013; 8.40Uhr; Info Bereich

Die Kurve lässt sich in charakteristische Abschnitte unterteilen, aus denen jeweils unterschiedliche

Werkstoffkennwerte gewonnen werden können.

(1) Die Kurve verläuft im Anfangsbereich linear. Die Dehnung nimmt proportional der Spannung

zu. In diesem Abschnitt, auch Hook’sche Gerade genannt, ist die Probe rein elastisch, nach

Wegnahme der Belastung geht sie vollständig auf ihre ursprüngliche Länge zurück. Hier gilt

das Hook’sche Gesetz:

� = � ∗ �

Der Elastizitätsmodul (kurz: E-Modul) kann aus der Steigung der Hook’schen Gerade

bestimmt werden. Er ist ein Kennwert für die für die Steifigkeit eines Werkstoffes.

Werkstoffe mit großem E-Modul sind steif, Werkstoffe mit kleinem E-Modul nachgiebig.

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2) Anwendungen:

Zu den wichtigsten Aufgaben der Werkstoffprüfungen zählen, die Sicherung der Qualität, die

Untersuchung von Schäden und die Ermittlung von Werkstoffeigenschaften. Da es sich beim

Zugversuch um ein zerstörendes (mechanisches) Prüfverfahren handelt, können nur

Stichprobenprüfungen durchgeführt werden.

3) Messprinzip:

Bei den statischen Verfahren wird die Prüfkraft stoß frei auf die Probe aufgebracht. Die Probe

wird zwischen zwei Backen eingespannt. Die Probe mit der Anfangslänge L0 wird mit einer axialen

Kraft F gezogen. Diese Belastung löst eine Dehnung des Stabes um ΔL aus. Die Dehnung kann

daraus ermittelt werden, da dies das Verhältnis der Verlängerung zur Anfangslänge ist.

Die Prüfmaschine ermittelt die verschiedenen Kennwerte.

4) Versuchsanordnung:

Im Labor steht eine Zugprüfmaschine

der Firma Zwick/Roell zur Verfügung.

Die Probe wird zwischen die Backen

eingespannt. Die Zugkraft wird durch

eine, sich mit konstanter Geschwindig-

keit bewegenden, Traverse auf-

gebracht.

Ein angeschlossener Computer misst

kontinuierlich die auf die Probe

wirkende Kraft und die Proben-

verlängerung.

Um die Dehnung zu messen wird ein

Feindehnmessgerät verwendet. Bild 4: Prüfmaschine

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Laborskript für WP-14 WS 13/14

Zugversuch

Seite 7

5) Aufgabenstellung

Führen Sie den Zugversuch an vier verschiedenen Proben (Messing, Kupfer, Aluminium und Stahl

S235) durch und ermitteln Sie alle Kennwerte aus den Messdaten.

Vergleichen und diskutieren Sie das unterschiedliche Verhalten.

Aufzunehmende Werte (während dem Versuch)

Länge der Proben vor dem Bruch: L0 [mm]

Durchmesser vor dem Bruch: d0 [mm]

Zugfestigkeit: Rm [N/mm²]

Obere Streckgrenze: ReH [N/mm²]

Unter Streckgrenze: ReL [N/mm²]

0,2 %-Dehngrenze: Rp0,2 [N/mm²]

Bruchspannung: RB [N/mm²]

Länge der Proben nach dem Bruch: LU [mm]

Durchmesser nach dem Bruch: dU [mm]

Zu berechnende Werte (Bericht)

maximale Zugkraft: F [N]

bleibende Verlängerung: L [mm]

Bruchdehnung: A [%]

bleibende Querschnittsänderung: S [mm²]

Brucheinschnürung: Z [%]

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Aufgaben für WP-14 WS 13/14

Zugversuch

Aufgabenstellung

1) Aufzunehmende Werte

Länge der Proben vor dem Bruch: L0 [mm]

Durchmesser vor dem Bruch: d0 [mm]

Zugfestigkeit: Rm [N/mm²]

Obere Streckgrenze: ReH [N/mm²]

Unter Streckgrenze: ReL [N/mm²]

0,2 %-Dehngrenze: Rp0,2 [N/mm²]

Bruchspannung: RB [N/mm²]

Länge der Proben nach dem Bruch: LU [mm]

Durchmesser nach dem Bruch: dU [mm]

2) Zu berechnende Werte

maximale Zugkraft: F [N]

bleibende Verlängerung: L [mm]

Bruchdehnung: A [%]

bleibende Querschnittsänderung: S [mm²]

Brucheinschnürung: Z [%]

3) Beschreiben Sie den Versuchsaufbau

4) Geben Sie die Definition der aufgenommenen und berechneten Werte an.

5) Erklären Sie den Unterschied zwischen technischer und wahrer Spannung.

6) Es sollen Proben aus der Stahlsorte C60 (Werkstoffnummer 1.0601) geprüft werden. Welcher

max. Probendurchmesser kann auf der vorhandenen Maschine geprüft werden?

7) Warum wird für die Bestimmung des E-Moduls die Verformung direkt an der Probe

gemessen?

8) Wie wird die 0,2% Dehngrenze grafisch ermittelt? Wann wird diese als Kennwert

herangezogen?