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WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
1
Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Literatur:
Asch, Solomon E ( 1956 ). Studies of independence and conformity, I. A minority of one against a unanimous majority. Psychological Monographs, 70, 1-70 (whole No. 416).
Universität Bielefeld
Institut für Psychologie - AE Sozialpsychologie
Referat im Rahmen des SeminarsSozialer Einfluss durch Minderheiten und Mehrheiten
Prof. Dr. Gerd Bohner
WS 2004/05
Referent : Michelle Christiansen
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Thema der Untersuchung:
• Bedingungen für Unabhängigkeit und Mangel an Unabhängigkeit Bedingungen für Unabhängigkeit und Mangel an Unabhängigkeit
unter Gruppendruckunter Gruppendruck
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Methodik:
1. Herstellen einer Meinungsverschiedenheit bezüglich einer klaren Tatsache in der unmittelbaren Umgebung zwischen einer Gruppe und einer einzigen Person
2. Gruppe beantwortet die in Frage stehenden Fakten bewusst falsch Individuum kann die Fakten nur richtig interpretieren
3. Vp wird aufgerufen, ihr Urteil direkt nach falscher Aussage der einzelnen Gruppenmitglieder abzugeben
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Die Sitzanordnung
Reihe 2
Reihe 1
Stimuli
7 VP 6 5
4321
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Im Einzelnen:
• Eine Gruppe von 7 Konfidenten und 1 Versuchsperson wurde angewiesen eine Serie einfacher, klar strukturierter Wahrnehmungen zu beurteilen:
• Von jeweils drei verschieden langen Linien (Vergleichslinien) war die einer vierten Linie (Standardlinie) auszuwählen.
• Jedes Mitglied sagte seine Urteile laut an.
• Insgesamt hatte der Versuch 18 Durchgänge und bestand aus einer zweimaligen Wiederholung von 9 gleichen Durchgängen
• Von den 18 Durchgängen waren 6 sogenannte neutrale Durchgänge und 12 sogenannte kritische Durchgänge
• In den neutralen Durchgängen gaben die einzelnen Mitglieder der Gruppe jeweils das korrekte Urteil ab, während sie für die kritischen Durchgänge die Anweisung hatten, bewusst mit einstimmig falschen Urteilen zu antworten
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Im Einzelnen:
• Die falschen Urteile der Gruppe teilten sich in zwei Kategorien auf:
• Moderate Fehler:
• Wenn die Abweichung von der Standardlinie -1.25*, -1 oder +0.75 inches betrug
• Extreme Fehler:
• Wenn die Abweichung von der Standardlinie -1.75, +1.25* oder +1.5 inches betrug
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Die Stimuli bei den kritischen Vergleichen:
3 "
5 "
8 "
3.75 " 4.25 " 3 "
5 " 4 " 6.5 "
6.25 " 8 " 6.75 "
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Mehrheitsantworten auf Standard- und Vergleichslinien in aufeinander folgenden Versuchsdurchgängen
DurchgangLänge der Standardlinie
(in inch)Länge der
VergleichslinienMehrheits
fehlerFehlertyp
a
b
1
2
c
3
4
5
6
d
e
7
8
f
9
10
11
12
10
2
3
5
4
3
8
5
8
10
2
3
5
4
3
8
5
8
8.75
2
3.75
5
3
3.75
6.25
5
6.25
8.75
2
3.75
5
3
3.75
6.25
5
6.25
10
1
4.25
4
5
4.25
8
4
8
10
1
4.25
4
5
4.25
8
4
8
8
1.5
3
6.5
4
3
6.75
6.5
6.75
8
1.5
3
6.5
4
3
6.75
6.5
6.75
0
0
+0.75
-1
0
+1.25
-1.25
+1.5
-1.75
0
0
+0.75
-1
0
+1.25
-1.25
+1.5
-1.75
Moderat
Moderat
Extrem
Moderat
Extrem
Extrem
Moderat
Moderat
Extrem
Moderat
Extrem
Extrem
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Der Mehrheitseffekt:Quantitative Ergebnisse
Fehler bei den kritischen Durchgängen:• Beurteilungen der Kontrollgruppe (N=37) praktisch fehlerfrei • 35 machten überhaupt keine Fehler• 1 Person machte einen Fehler• 1 Person machte zwei Fehler• Prozentzahl: 0.7 %
Beurteilungen der Experimentalgruppe:• Nur 25 % zeigten fehlerlose Leistungen (Kontrollgruppe 95 %)• Hohe Varianz in der Fehlerzahl (0-12 Fehler pro Vp)• Alle Gruppen zusammen hatten einen durchschnittlichen Fehlerwert von 36.8%!
• Neutrale Durchgänge bei Experimentalgruppe: 738 Urteile, davon nur 3 Fehler• Neutrale Durchgänge bei Kontrollgruppe: 222 Urteile, davon 6 Fehler
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Korrekte Antworten in aufeinander folgenden kritischen Durchgängen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Kritische Durchgänge
Korr
ekte
Antw
ort
en (%
)
Exp.-gruppe
Kontrollgruppe
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Fehlerhäufigkeit in aufeinander folgenden kritischen Durchgängen in den 3 Experimentalgruppen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Kritische Durchgänge
Feh
lerz
ahl
Gruppe I
Gruppe II
Gruppe III
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Vergleich der Fehlerzahl bei identischen Durchgängen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
1+7 2+8 3+9 4+10 5+11 6+12
Durchgänge
Fehle
rzahl a
hl
Erste Hälfte
Zweite Hälfte
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Erste Schlussfolgerungen
• Einstimmig falsche Urteile der Mehrheit erzeugten deutliche Verzerrung der Urteile
• Trotz des Mehrheitseinflusses: Größter Teil der Urteile von der Mehrheit unbeeinflusst
• Vpn. reagierten sehr unterschiedlich auf Uneinigkeit mit Mehrheit:
Von kompletter Unabhängigkeit bis hin zum kompletten Nachgeben
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Der Mehrheitseffekt: Qualitative Ergebnisse• Vpn. wurden direkt nach Durchführung des Versuchs interviewt
• Im Laufe des Interviews vollständige Aufklärung über Hintergrund des Versuchs
• Einige beispielhafte Fragen aus dem Interview:
• „Würden Sie uns bitte in Ihren eigenen Worten Ihre Erfahrungen während des Experiments schildern?“
• „Dachten Sie, als Sie eine Antwort gegeben hatten, die nicht mit derjenigen der Mehrheit übereinstimmte, wenn man die Linien mit einem Lineal nachgemessen hätte, hätte sich herausgestellt dass Sie richtig oder dass Sie falsch gelegen haben?“
• „Würden Sie sagen, dass Sie besorgt über die Uneinigkeit waren?“• Wenn Sie an die Situation zurückdenken in der Sie Ihre Urteile abgaben, würden Sie
sagen, dass die anderen Sie bezüglich ihrer Genauigkeit verunsichert haben?“• „Würden Sie sagen, dass Sie von Zeit zu Zeit verlockt waren, die gleichen Antworten
wie die anderen zu geben?“
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Der Mehrheitseffekt: Qualitative Ergebnisse
Weitere Reihe von Fragen zur Feststellung des Bewusstseins der Vp über ihreFehler und ihre Reaktionen auf die Mehrheit
Beispiele:
• „Haben Sie irgendwann die gleiche Antwort wie die Mehrheit entgegen Ihrer eigenen Wahl gegeben?“
• „Was dachten Sie über die anderen als sie alle einstimmig eine Antwort abgaben, die Ihnen falsch erschien?“
• „Als Sie die Linien verglichen, was dachten Sie, wäre der Zweck unseres Experimentes?“
Bis hierhin keine Aufklärung der Vp, aber nach letzter Frage zunächst hypothetische und dann vollständige
Aufklärung durch den Interviewer.
Anschließend Befragung, ob Zweck des Experimentes durchschaut
Subjekte, die definitiv den Zweck des Experimentes geahnt hatten, wurden eliminiert.
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Der Mehrheitseffekt: Qualitative Ergebnisse
Ergebnisse aus dem Interview:
• Alle Vpn bemerkten Uneinigkeit sobald sie auftrat• Sie waren sich ebenfalls dessen bewusst, dass die Mehrheit sich absolut einig war
und sie sich allein in der Minderheit befanden• Ihre erste Reaktion war die einer Verwirrung. Sie fühlten, dass etwas falsch war,
konnten aber nicht die Fehlerquelle identifizieren• Bis hierhin dachten die meisten Vpn, die Uneinigkeiten wären nur vorübergehend• Als die Uneinigkeit weiterbestand, versuchten die Vpn erklärende Hypothesen zu
bilden
Hier einige Beispiele:• „Nach einiger Zeit dachte ich, die anderen messen die Breite.“• „Ich dachte es wäre ein Trick dabei- eine optische Illusion.“• Eine sehr interessante Erklärung die später von einigen folgte war, dass die Gruppe
mit ihren Antworten der ersten Person folgte, die aus irgendeinem Grund falsch lag.
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Zusammenfassung der qualitativen Ergebnisse
• Die meisten Versuchspersonen waren beunruhigt über die Meinungsverschiedenheiten
• Was variierte, war nicht die Beunruhigung an sich, sondern die Art der Vpn. damit umzugehen
• Überzeugung von eigener Korrektheit, Zweifelsfreiheit und Versuchung, einen Fehler zu begehen waren von der Unabhängigkeit der Vp in der Versuchssituation abhängig
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Zusammenfassung der qualitativen Ergebnisse• Diejenigen mit beträchtlichen Fehlern waren im allgemeinen weniger von
ihrer Korrektheit überzeugt, zweifelnder und öfter versucht einen Fehler zu begehen als die Unabhängigen
• Nachgebende Vpn fanden die psychophysischen Urteile schwieriger als unabhängige Vpn
• Dazwischen liegende zeigten die meisten Schwierigkeiten
• Die meisten Vpn kamen nicht auf die Idee, dass die Mehrheitsurteile nicht echt waren
• Ein Verdacht erschien, wenn überhaupt, nur hypothetisch und wurde ohne das Urteil zu beeinflussen wieder verworfen
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Einige Beispiele zu Folgestudien von Asch
• Experiment 2: Variation des Stimulus
• Experiment 3: Variation der Linienbreite
• Experiment 4: Variation der Antwortbedingungen:
keine öffentliche Bekanntgabe des Urteils der Vpn.
Auswirkung auf Ergebnisse:
Fehlerrate sank auf ein Drittel im Vergleich zu Versuch 1 ab
Außerdem: • Variationen der Mehrheitsgröße von 1-16
Ab 4 Mitgliedern keine wesentlichen Änderungen mehr
• Versuche mit nicht einstimmiger Mehrheit• Versuche mit einem sozialen Partner
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Geschafft!
• Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Fehlerverteilung in den Experimentell- und Kontrollgruppen
Fehlerzahl
Kontrollgruppe ExperimentalgruppenAlle
Experimentalgruppen (N=123)
(N=37)Gruppe I (N=70)
Gruppe II (N=25)
Gruppe III (N=28)
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
35
1
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
17
4
7
12
3
5
2
3
7
3
4
2
1
5
2
1
1
1
2
4
0
4
2
1
0
2
7
2
2
4
2
0
1
1
2
1
1
2
3
29
8
10
17
6
7
7
4
13
6
6
4
6
Mittelwert 0.08 4.01 5.16 4.71 4.41
Median 0.00 3.00 5.50 3.00 3.00
Mittelwert in Prozent
0.7 33.4 43.0 39.3 36.8
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Strukturierung der Vergleiche
Standardlinie Vergleichslinien
Moderate Durchgänge Extreme Durchgänge
DurchgängeUnterschied
DurchgängeUntersch
iedErste HälfteZweite Hälfte
Erste Hälfte
Zweite Hälfte
I
II
II
3
5
8
3.75
5
6.25
4.25
4
8
3
6.25
6.75
1
2
4
7
8
10
+0.75
-1
-1.25
3
5
6
9
11
12
+1.25
+1.5
-1.75
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Fehlerzahl in Abhängigkeit von moderaten und extremen Mehrheitsantworten
Experimental
gruppe N
Mehrheit moderat Mehrheit extrem
Extreme Fehler
Moderate Fehler Extreme
FehlerModerate
FehlerInsgesamt
I
II
III
70
25
28
0
0
0
150
64
69
98
58
53
33
7
10
131
65
63
Alle Gruppen123 0
283 209 50 259
Prozentzahl0 100 80.7 19.3 100
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Anzahl der moderaten und extremen Fehler bei zwei Arten von extremen Durchgängen
Experimental
gruppe N
Verhältnis A (3,6,9,12) Verhältnis B (5+11)
Extreme Fehler
Moderate Fehler Extreme
FehlerModerate
FehlerInsgesamt
I
II
III
70
25
28
59
38
32
33
6
10
39
20
21
0
1
0
131
65
63
Alle Gruppen123 129
49 80 1 259
Prozentzahl72.5 27.5 98.8 1.2
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Verhältnis der Kompromissfehler zu anderen Fehlern
Anzahl der Kompromisse
Anzahl der Mehrheitsantworten bei den übrigen Durchgängen (in Prozentkategorien)
0% 5-75% 76-100%
Keine Kompromisse
Einer oder mehrere Kompromisse
29
5
31
27
27
3
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Fehler bei verschiedenen Arten von kritischen Durchgängen
Durchgang FehlerzahlAbsoluter
Unterschied (in inch)
Moderat oder extrem
Länge der Standardlinie
1
3
11
7
2
9
8
5
12
6
10
4
21
30
36
43
44
44
45
45
51
53
63
67
0.75
1.25
1.5
0.75
1
1.25
1
1.5
1.75
1.75
1.25
1.25
M
E
E
M
M
E
M
E
E
E
M
M
3
3
5
3
5
3
5
5
8
8
8
8
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Verhältnis der Fehlerzahl zur Länge der Standardlinie
Länge der Standardlinie
3 5 8
Durchgänge
1, 3,
7, 92, 5,
8, 11
4, 6,
10, 12
Fehlerzahl 138 170 234
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Fehlerzahl bei der ersten und zweiten Hälfte des Experiments
Zweite Hälfte
0-2 Fehler 3-6 Fehler
Erste Hälfte0-2 Fehler 63 12
3-6 Fehler 10 38
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Zeitpunkt des ersten Nachgebens im Verhältnis zu den darauf folgenden Fehlern
Position des ersten
Fehlers bei
Durchgang
Anzahl der auf den ersten folgenden Fehler
N
Mittlere Anzahl der auf den
ersten folgenden
Fehler
Angepasste mittlere Zahl der auf den ersten
folgenden Fehler0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
10
11
1 1 2 1 1 5 3 1 1 6 21 7.6 7.6
2 1 3 4 3 2 6 3 5 3 33 6.1 6.7
3 1 1 3 1 1 2 7 4.3 5.2
4 2 2 8 1 3 1 18 2.3 3.6
5 2 2 2 1 5 2.2 3.4
6 2 1 3 .3 .6
7 1 1 2 .5 1.1
8 1 1 2 1.5 4.1
9 1 1 1.0 3.6
10
11
12 2 2 . ∞
WS 2004/2005 Experimente zur Konformität mit einer Mehrheit
Zeitpunkt des ersten Nachgebens in der ersten Versuchshälfte im Verhältnis zur Fehlerzahl in der zweiten Versuchshälfte
Maß
Durchgang
1 2 3 4 5 6 6+
Anzahl der VP, die den ersten Fehler bei einem Durchgang in der ersten
Versuchshälfte machten 21 33 7 18 5 3 36
Anzahl der VP, die den ersten Fehler bei einem Durchgang in der zweiten
Versuchshälfte machten4.24 3.61 2.57 1.83 2.00 0.33 0.33