Zum Scharlachproblem

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  • z4, SEPTEMBER 1927 KL IN ISCHE WOCHENSCHRIFT . 6. JAHRGANG. Nr. 39 1837

    ORIGINALIEN. ZUM SCHARLACHPROBLEM.

    Von

    Dr. HEINZ FRANK. Aus der station~ren Abteilung der Med. Universit~its~Polildinik Hamburg-Eppendorf

    (Direktor: Prof. H. SCHOTTMOLLER).

    In wechselndem AusmaBe hat in den letzten Dezennien die Frage der Atiologie des Scharlaehs im Mitte lpunkte des Interesses der Bakteriologen und Internisten gestanden. Tells fi ltrierbare, tells unfi l tr ierbare Virus wurden yon diesem und jenem als Erreger des Scharlachs beschrieben, ohne je- doch allgemeine Anerkennung f inden zu k6nnen. Immer wieder aber, seit LOFFLER regelm~Big in den Rachenabstr ichen yon Irischen ScharlachfMlen Streptokokken gefunden hat te (i887) , wurde man auf diese als immer bei Scharlachf~tlen nachweisbare Keime hingewiesen.

    BAGINSKY (19OO) konnte sie regelm~gig such bei den schon 24--36 Stunden nach Beginli des foudroyallten Scharlachs Ver- storbellen in sXmtlichell Organen und manchmal such sofort post mortem im Blute IIachweisen. Auch fand er bereits, dab die Strepto- kokkell eili 16sliches Toxin bilden, das ill gent~gender Melige injiziert Tiere ebenso t6tet, wie eine frische Streptokokkenkultur.

    MOSER gab 19o2 ein Streptokokkeiiserum zur Behandlung des Scharlachs an.

    GABI~ITSCttEWSKY immunisierte 1914 Melischen mit Strepto- kokkenvaccilie yon St~mmell, die er bei frischen ScharlachfXllen gez~ichtet hatte, vonder Voraussetzullg ausgehend, dab den Strepto- kokkell eine ~tiologische Rolle beim Scharlach zukomme.

    Dann beganli man sich wahrend des Krieges mit der Frage, welche Rolle den Streptokokkell beim Scharlach zukomme, in Amerika zu beschXftigen. Nachdem dort bereits im Jahre 1914 ein Fall beschrieben worden war, bei dem nach dem versehelitlichen Verschlliekeli einer Streptokokkenkultur, die yon einem Scharlach herstammte, ein typischer Scharlach entstandell war, gelang es dem Ehepaare DICK durch Bepinselll der Tonsillell von Versuchspersonen mit Streptokokken, die yon frischen Scharlachfalleli aiis dell Rachen- abstrichen gez~chtet wareli, einen typischeii Scharlach experimentell zu fibertragen.

    Dieser Weg muBte gewAhlt werden, da bisher kein Tier bekannt ist, das eine dem menschlichen Scharlach vergleichbare Infektions- krankheit erwerbeli k~Snlite. Diese Ubertragung gelallg sowohl mit St~mmen, die Mallnit verg~rten, wie allderen. Diese Scharlach- streptokokkenst~mme unterschiedeli sich such in anderer Hinsicht kulturell und morphologisch nicht roll dem Typus des Streptococcus haemolyticiis pyogenes, wie ihn SCHOTTMOLLER zuerst beschrieben hat, und wie wir ihn alich bei Erysipel, Angina usw. zu filldell ge- wohnt sind.

    Das Ehepaar DICK machte nun Serienversllche mit dell1 yon den Streptokokken gebildetell Toxin analog nach Methodik und Versuchsanordnung zu der bekannten llnd anerkannten illtra- cutalien Reaktion bei Diphtherie, der Schickreaktioll. Bei diesen Verslichell stellte sich heraus, dab frische ScharlachfAIIe eine positive Hautreaktion gaben, dab diese nach "flberstandenem Scharlach in fast alien FAllen negativ wurde, dab llur positiv reagierende Men- schen ffir Scharlach empfanglich waren.

    LTberhallpt elitsprachen die gefundeneli Resultate in allem dem bereits f~r die Schickreaktioii Bekaiintell.

    Kurz hintereillallder verOffentliehten danll zuerstDocI~EZ, dann das Ehepaar DICK Serien roll therapeutischen Versuchen an frischen Scharlachf~llen, mit einem Immunpferdeserum, welches DOCHEZ durch Verimpfnllg yon Scharlachstreptokokken in subcutane Agar- depots, DICK durch Illj ektion yon steigenden Toxindosen herstellten.

    Die Versuche ergaben eiiie derart gflllstige Beeinflussung aller Erscheinungell des primfiren Scharlachs, dab sie durchaus im Siiine eilies Atiologischen Zusammenhanges zvdschen Streptokokken nnd Scharlach zu sprechen schieneli. Ebenso Versuche, Menschen aktiv gegen Scharlach zu immunisieren.

    Aiidere amerikanische Autorell, i~sonderheit ZlI~GI~ER, der all einem sehr grogen Material Untersuchungen nach den verschieden- sten Versuchsaliordnungen anstellte, konliteii sowohl die alteii Befunde best~tigen, wie lleue Tatsachen entdecken, die im Silllle der StreptokokkellAtiologie des Scharlachs sprachen.

    Agglutinationsversuche, Immunserlimbindungsversliche, alles machte es wahrscheilllich, dab die morphologisch einheitlichen Streptokokkeii biologisch ill verschiedelle Unterarten zerfallen, dab z. B. Erysipelstreptokokken, Puerperalstreptokokken, Scharlach- streptokokken verschiedene biologische Eigenschaften batten, kraft

    deren sie als ffir die jeweilige Erkrankungskategorie spezifische Er- reger anzusprechen w~ren.

    Diesen fibereinstimmenden Untersuchllligen amerikanischer Autoren, zu delien sich englische gesellten, widerspraehen schon bald zahtreiche Ver6ffentlichlillgen in Deutschland ulld 0sterreich. (FRENKEL-~IARGOLIS, ]NOBEL, OREL, J~UNDRATITZ, ~RAMAR- ]~RANCZISCZI), die ganz aiidere Verhaltniszahlen yon positivem Dick all frischen Scharlachf~llen ulid in der Rekonvaleszenz fandell an mehr minder groBem Material. Sie sahen positives Ausl6sch- phAnomen bei der Verwendung yon Serum Dickpositiver. Sie fandell eine gr613ere Anzahl positiver Reaktionen bei Menschen, die sicher allgaben, Scharlaeh dlirehgemaeht zu haben, als dutch etwaige Fehler in der Anamllese erklArlich zu sein schien. (OREL und PARISH 6 5 %, ~6~UNDRATITZ 46%, S. MEYER bei Rekonvaleszenten 23,2%.)

    AllBerdem wllrden wechsellide Resultate bei wiederholter An- stellung der Dickreaktioli bei demselben Menschen beschriebell. Es wurde festgestellt, dab auch andere nicht voli ScharlachfAllell herstammende Streptokokken in der Lage sind, ein 16sliches Toxin zu bildell, das intracutan injiziert der Dickreaktion ~hnliche Resul- tare liefert, dab auch Streptokokkenst~mme anderer Gellese die far die Scharlachstreptokokkell allgegebenell biologischen Re- aktionell gebeii. Alle diese Ergebnisse schienen dazu zli berechtigen, Zweifel an der spezifischell Eigenart der Scharlachstreptokokken entstehen zu lassen, welill auch andere deutsche Forscher, wie FR1EDEMANN nlid DEIGHER, die amerikanischen Untersuchungell be- st~Ltigen koliiiten. Besonders wichtig schien die Frage der Atiologie, well es sich nunmehr ilach Auffindul!.g eilles allgeblich spezifisch wirkelldeli Scharlachheilserlims nieht llllr um die Frage der ~tio- logie alleill, sondern such um die Frage der Therapie der sich jetzt wieder mehreiiden schwerell Scharlachffille halldelte.

    Aus den vorhandenen Unklarheiten silld Arbeitell wie die von S. MEYER ulld FANKO.~I zu erklArell, die vom Scharlach als einer allaphylaktischen Reaktion auf eine ulispezifische Infektioli redell, wobei dell Streptokokken eine mehr minder untergeordnete Rolle eingerAumt wird.

    Often bleibt nach allen dahingeheliden Theorieli die Tat- sache, dab es sich beim Scharlach IIm eille stets nur spezifisch flbertragbare, endemisch lind epidemisch auftretende Infektions- krankheit sui generis halldelt. Und man mt~13te doch bei jeder experimentellen Arbeit fiber eine Illfektionskrankheit zlln~chst verlangen, dab den klinischen Tatsachen llnd der Epidemiologie Genfige getan wird.

    Zweifelsohlie bestehen alle die in der ausfahrlicheii Arbeit voli S. MEYER zitierten Unterschiede zwischell den Ulltersuchungs- ergebnissen der einzellien Autoren, aber es dfirfte meines Erachtens unflberwindbare Schwierigkeiten machen, ullter restloser Anerkell- nullg aller dieser Resliltate eine alles vereinende Hypothese zu schaffen.

    Unsere Untersuchungen erstrecken sich insgesamt auf ein Scharlachmaterial yon 34 ~ Aufnahmen se i t Beginn des Jahres 1926, unter denen sich, seit im Herbst 1926 eine ziem- liche Hgufung aller Arten yon Schar lacherkrankungen ein- trat, eine Anzaht jener schweren F~lle befindet, wie wir sie seit Jahren nicht mehr gesehen batten. Es handel t sich um in jeder Beziehung einwandfreie F~lle, und alle etwa unsicheren Diagnosen wurden sorgf~ltig ausgeschlossen.

    Die einzig bisher bekannte und f/it Scharlach spezifische Reakt ion war das Neh~ltz-CharZtonsche AuslSsehph~ino.men, aus- 16sbar mit Sicherheit bei frischen ScharlachfS~llen mit dem Serum yon Rekonvaleszenten, aber auch mit dem Serum nor- maler Menschen in den meisten F~llen.

    Weiterhin war durch dieses Ausl6schphgnomen feststellbar, ob ein Mensch einen Seharlactl t iberstanden hatte, wenn n~m- lich sein Serum noch in einer Verdf innung yon I : ioo ein posit ives Ausl6schph~nomen gab.

    Es war nun fiir uns yon Interesse festzustellen, ob das Scharlachheilserum, also ein Serum, das yon Tieren stammte, die nur mit Schar lachstreptokokken und deren Toxinen ge- impft waren, ein positives Ausl6schphAnomeu erzeugte, ob ein Unterschied in der L6schf~higkeit yon Scharlachstrepto- kokkenserum und Serum yon Streptokokken anderer Genese bestand, ob nach l~berstehen anderer Streptokokkeninfekt io- Hen das Serum des Pat ienten ebenfalls L6schf~higkeit er- lallgte.

  • 1838 KL IN ISCHE \u

    Zur Verfiigung standen uns dazu: I. Das yon den Behfingwerken gelieferte monovalenfe

    Scharlachstreptokokkenserum, 2. Serum yon dickpositiven Rekonvaleszenten, yon denen

    zwei schweres Erysipel, einer Angina mit nachfolgendem Tonsillarabsceg durchgemacht hatten,

    3. Serum eines Menschen, der an Endokarditis lenta lift.

    Die Seren waren 3 Wochen nach abgelaufener Strepto- kokkeninfektion entnommen, natfirlich mit Ausnahme des Serums des Mannes mit Endokarditis lenta.

    Diese Seren wurden gleichzeitig mit dem Serum eines Scharlachrekonvaleszenten und dem Behringschen Heilserum bei frischen ScharlaehfXllen injiziert. In je IO Fiilleu wurden diese Ausl6schversuche gemacht. W~ihrend das Scharlach- rekonvaleszentenserum nnd das Behringsche Heilserum jedes- mal in allen Io Fkllen ein positives Ausl6schph~inomen gaben, konnte ein solches mit den anderen Seren in keinem Falle er- reicht werden. Zwei weitere F~lle konnten nicht verwertet werden, weil in ihnen das Sehultz-Charlton-Ph~nomen schon mit dem Heilserum negativ war (es handelte sich um den 3. Scharlachtag).

    Nun stellten wir bei alien frisch zur Aufnahme kommenden Scharlachf~lten das Ausl6schph~nomen an und lasen nach 24 Stunden, der Zeit der maximalen L6schung, ab. Im ganzen kamen 224 F~lle zur Untersuchung. Die Resultate siehe Tabelle i.

    Tabelle I. AuslOschph~nomen.

    I. Tag 2. Tag

    3. Tag

    4. Tag

    5. Tag

    Gesamtzah l Resu l ta t Zah l %

    3 o lO6

    45

    26

    SL lmma

    Gesamt

    212

    12

    224

    positiv positiv

    schwach pos. negativ positiv

    schwach pos. negativ positiv

    schwach pos. negativ positiv negativ

    nicht ablesbar

    30 102

    I

    283 9 8 8 2

    16 O

    5

    IOO

    96

    62

    31

    O

    Das Ausl6schphgnooaen wurde also durch das Scharlach- heilserum in alien 28 F~llei1 des I. Scharlachtages hervor- gerufen und nahm an prozentualer Hgufigkeit mit der Lgnge der Dauer des Bestehens des Exantbems ab, so dab am 4. Krankheitstage nut noch 31% positiv waren und am 5. Tage tiberhaupt kein positives Phgnomen mehr auszulSsen war .

    Diese Erfahrung deckt sich mit der der amerikanischen Autoren, die auch nur am I. Tage ein sieher positives Aus- 16schphgnomen erzielen konnten.

    Mehrfaehe Kontrollen des mit Heilserum negafiven Resul- tares durch Injektion yon Scharlachrekonvaleszeutenserum er- gaben stets gleichsinnige Resultate.

    Die FglIe, die in der Tabelle als nicht ablesbar bezeichnet sind, sind Fglle, die mit Heilserum behandelt sind, und in denen bereits nach 24 Stunden das Exanthem versehwunden war (cf. SCI~OTTMOLL~R, Kliu. Wochenschr. 1927, September).

    Uns interessierte ferner die 16schende Kraft des uns yon den Behringwerken gelieferten Heilserums. Es handelt sich dabei um einen bei den verschiedenen Seren je naeh dem anti- toxischen Titer verschiedenen Wert. In alien in steigenden Verdfinnungen angelegten L6schversuchen konnte noch in einer Verdiinnung yon I : iooo ein sieher positives L6sch- ph~nomen erzielt werden. Verwertbar sind hierbei allerdings nnr Scharlachfglle des I. Krankheitstages, da sie nur maxi- mal gfinstige Bedingungen bieten.

    Man wird schwerlich erwarten k6nnen, dab bei glteren Exanthemen, bei denen schon bei unverdfinntem Serum die Gr6Be des gel6schten Bezirkes immer Meiner wird, uoch ein

    R IFT . 6. JAHRGANG. Nr. 39 24, SEPTENIBER 1927

    positives Ph~nomen bei dieser starken Verdfinnung auftreten wird. In dieser Beziehung gehen antitoxischer Heilserumeffekt und Ausl6schph~nomen so parallel, dab man die Wirkung des Heilserums fast als ins Groge fibertragenes Ausl6schph~nomen bezeichnen kann. Man muB wohl annehmen, dab bei l~n- gerem Bestehen des Exanthems das Toxin in der Haut so test verankert ist, dab seine Wirkung durch das Antitoxin des Serums nieht mehr aufhebbar ist (cf. SCI~OTTMt~LLE~ 1. C.).

    12 Kontrollversuche mit Normalpferdeserum verliefen bei uns alle vollkommen negativ.

    Welter war es yon Interesse, ob andere mit einem sct~ar- lachartigen Exanthem einhergehende Erkrankungen, es han- delt sich da um Ms 1)berempfindlichkeitsreaktion aufgefaBte Arzneimittelexantheme, bei denen die Haut des Patienten vollkommen das Bild eines Scharlachexanthems bieten kann, auch mit einem posifiven Schultz-Charlton-Ph~nomen rea- gieren.

    Uns standen yon Patienten mit frischen derartigen Exan- themen nur drei zur Verffigung, yon denen keiner ein positives AuslSschph~nomen zeigte.

    Es l~[3t sich also zusammenfassend sagen:

    i. Das Sehultz-Charltonsche Ph~nomen liel3 sich mit dem monovalenten Seharlachheilserum in allen F/illen des ersten Krankheitstages und in abnehmender H~ufigkeit auch an sp~tereu Seharlachtagen erzeugen.

    2. Es ging stets konform mit dem dutch Seharlaehrekon- valeszentenserum bedingten Ph/~nomen.

    3- Rekonvaleszentenserum anderer schwerer Strepto- kokkeninfektionen konnte ein negatives Ausl6sehphAnomen ergeben, die F/~higkeit, zu 15sehen, wurde also nicht dureh die andersartige Streptokokkeninfektion erworben.

    4. Drei F~lle anderer scharlachartiger Exantheme zeigten kein positives Ausl6sehph~nomen.

    Unsere weiteren Untersuehungen erstreckten sich auf die vom Ehepaare DICK als ffir Scharlach spezifiseh angegebene Intraeutanreaktion.

    Es handelt sich bei unseren Untersuchungen (siehe SC~OTT- ~OLL~R 1. C.) in der Hauptsache um die Frage der spezifischen Atiologie des Scharlachs. Serienuntersuchungen fiber die Streptokokkentoxinempfiinglichkeit bei Gesunden Iiegen be- reits in genfigender Menge vor. Daher glaubten wir uns nur auf ein ganz sicheres Material verlassen zu dfirfen, in Sonder- heir auch, um die T~iuschungen mit gr6g~er Wahrseheinlich- keit vermeiden zu k6nnen, wie sie bei Verwertung irgend- welcher anamnestischer Angaben entstehen mfissen.

    Wit unterzogen deshalb alle frisch zur Aufnahme kom- menden Scharlachf~lle der Dickreaktion, die wir dann naeh der Zeit, in der sich erfahrungsgem~B die Immuuit~t beim Scharlach einsteltt (begiunende Ausl6schf/ihigkeit des Serums), wiederholten, oft mehrere Male. Es kamen im ganzen 26o Pa- tienten zur Untersuchuug. Die Resultate siehe Tabelle 2.

    Tabelle 2. Dickreaktion.

    Aufnahmetag pos i t iv

    L Tag 2. Tag 3- Tag 4- Tag 5- Tag 6. Tag 7. Tag

    8. bis 14. Tag sparer Summa

    35 lO9 53 26 9 I

    3 4

    240

    32. Tag

    5 3 I

    O

    2

    I

    O

    6 2

    20

    bis pos i f i v 42. Tag b le iben

    3 o 3 4 2 8 2 O I

    o i 3 O O O

    O o o

    O [ o I

    O O I

    i 9 3 17

    29 93 5 ~ 2:2

    9 o

    2

    3

    209

    2~

    In der Tabelle .sind als positiv bezeichnet alle stark und schwach und kombiniert positiven Reaktionen. Verwertet wurden sie nur, wenn sich an der Injekfionsstelle eine deutliche R6tung oder Schwellung zeigte, und alle etwa unsieheren Reaktionen sorgf~iltig aus der Tabelle ausgesehieden.

    Wir fanden also, dab yon allen bis zum 7- Tage zur Auf- nahme kommenden Scharlaeht~llen 95 % eine positive Cutan- reaktion und nut 5 % eine negative gaben. Bei der Entlassung

  • e4. SEPTEMBER x9~7 KL IN ISCHE \VOCHENSCt tR IFT . 6. JAH IRGANG. Nr . 39 1839

    Waren yon den 240 posif iv au fgenommenen 223 negat iv ge- worden, das heil3t durch Ubers tehen des Schar lachs hat te sich in 93 % der F~tlle eine posit ive in eine negat ive Haut reakt ion umgewandel t .

    W~hrend der gr613te Teil der F~lle bis zum 21. Tage seine A .W. Empf i tngl ichkei t ffir das S t reptokokkentox in ver loren hatte , A.S. wurden einige Fglle noch bis zu ihrer Ent lassung am 42 . K rank- H .P . hei tstage Dick-negat iv, ohne dab al lerdings in diesen F~l len G.H. aus dem kl in ischen Bi lde irgendwelche Schlfisse auf die Grf inde O.M. des sp~ten Verschwindens der posit iven Reakt ion zu ziehen H.G. K .W. gewesen w~ren. H .W.

    Besonders erw~hnt muB noch werden, dab wir in keinem K.M. Fal le der wiederholt angestel l ten Dickreakt ion einen Wechsel J .S . in dem e inmal gefundenen Resul tate er lebt haben, mi t der K.S. einen se lbstverst~ndl ichen Ausnahme des Negat ivwerdens A.U. nach i ibers tandenem Scharlach. L .A.

    N.M. An dieser Stelle sei noch e inmal mi t Nachdruck auf fol- U. D

    gendes hingewiesen: Die D ickreakt ion ist keine Reakt ion, die H .T . die Empf~ngl ichkei t ffir eine Strep.tokokkeninfekt ion oder eine L .D. Schar lachst reptokokken in fekt ion schlechthin anzeigte, son- G.B. dern nur die Empf ind l i chke i t gegen das Schar lachstrepto- G.B. kokkentox in . Es ist eine fast regelm~13ig zu beobachtende ~I N. Erscheinung, dab noch nach dem Negat ivwerden der Dick- ~ R. reakt ion die St reptokokkenkompl ikat ionen, die nach Lage K .P .

    J .T . der Sache bei e inem Scharlach dnrch die Schar lachstrepto- H .L . kokken hervorgerufen werden, weiter fortbestehen, ja sich H L. noch neue bi lden k6nnen. W.F .

    Es ist auch absolut vorstel lbar, dab ein Pat ient noch an I. $. seinen St reptokokkenkompl ikat ionen st i rbt zu einer Zeit, wo W. 5I seine Dickreakt ion bereits negat iv geworden ist. E .S .

    H. M. Es ist ja auch eine alte kl inische ]Erfahrung, dab ffir die H .B .

    Schar lacherkrankung unempf~ngl iches Pf legepersonal an I .M. Anginen und anderen St reptokokken in fekt ionen wiederholt U.S. erkrankt , nut eben hie ein Schar lach auftr i t t , da diese Per- L .S. sonen n icht unempf~ngl ich ffir Streptokokkeninfekte, sondern 3/i. F. nut unempf~ngl ich Ifir Schar lach sind, d. h. ffir die durch M.F . das Toxin der Schar lachst reptokokken bedingte Erkrankung. A.S.

    C.B. Es wird nun yon verschiedenen Seiten behauptet , dab die R.Z.

    D ickreakt ion keine scharlachspezif ische, sondern eine un- R .W. spezifische St reptokokkenreakt ion sei, eine Theorie, die be- M.B. sonders an Boden gewinnt, seit man well3, dab auch andere M.S. St reptokokken, wenn anch n icht immer in dem AusmaBe wie A .F . Schar laehstreptokokken, in der Lage sind, ein 16sliches Toxin H.S . zu bi lden, die Tox inb i ldung allein also n icht in der Lage ist, die Sonderste l lung der Schar lachst reptokokken zu erkliiren.

    Zur Prf i fung dieser Behauptung machfien wir nun bei fr ischen Scharlachf~l len und bei denselben Mensehen in der Rekonvaleszenz Para l le l in jekt ionen yon dem nns yon den Behr ingwerken gelieferten Schar lachst reptokokkentox in und St reptokokkentox in anderer Genese, das wit uns selbsfl nach den bekannten Methoden herstel l ten.

    Tabel le 3 gibt eine Ubers ieht fiber diese Reakt ionen unter Angabe: erstens der D ickreakt ion und zweitens der Paral lel- in jekt ion mi t e inem Toxin yon e inem bei einer Angina aus dem Rachenabst r i che gezf ichteten St reptokokkenstamm. Tabel le 4 dense]ben ParaI le lversuch mi t 2 aus dem BIute bei Puerperalsepsis gezf ichteten St~mmen.

    E indeut ig erhellt, dab die Resul tate in keiner Beziehung P .K . gleichlaufen, in Sonderhe i t auch, dab nur in den wenigsten A.D. R .B . F~Iien gleichsinnig posi t ive Resu l tate gleichsinnig negat iv G.K . werden. H .T .

    Diese wenigen nnter dem Schar lach auch ffir das Toxin G.B. eines anderen St reptokokkus negaf iv werdenden F/ille sind W.B . wohl als Gruppenwi rkung zu erkl~ren und dfirften auf der- H .B . selben Stufe stehen, wie die Gruppenagglut inat ion , die wit bei H.S. Typhus, Paratyphus u. a. zu sehen gewohnt sind, ohne dab G. J . man in diesen F/i l len die t3erechtigung daraus able i ten wfirde, H .G .

    I .S. die Spezif i t~t der Reakt ion kurzerhand abzulehnen. G. I .

    Wi r prf i f ten dann x 5 bei Scharlachf~l len gezfichtete K .K . S t reptokokkenst~mme, aus denen wir Toxine hergestel l t bat ten , durch die In t racutanreakt ion und die Aufhebbarke i t E .L . derselben durch Schar lachhei lserum. Von den 15 St~immen H.P . waren io aus Re inku l turen yon Rachenabstr iehen, 3 aus I . L .

    Tabelle 3. Parallel- Toxinreaktior~ I.

    Name Stature A I Tag I Resu l ta t Tag Resui tat[ Tag Resu l ta t

    3. + 3. + 5. 3. 4- I .

    5. 3. 2,

    5. I . 0

    I. @

    2. + 2. N-

    2. + +

    I .

    I .

    2 .

    2 . o

    3- + 2 +

    I 2 .

    2. + I2. 13 3. 2

    2.

    2.

    + 2.

    4. +

    2.

    2 + 2.

    4 + 2.

    3. + 2. +

    Dick

    I Resu l ta t Tag

    24 .

    24.

    2 I .

    2 I ,

    2 I .

    24 .

    23 .

    24 . 20 .

    2 I .

    3 ~ 20.

    24. .24. 24. 24 .

    0

    13 13 13 13 0

    0 f~

    O

    13 13 13 13 13 fJ

    22. 0

    21. O 21. 13 21. 13

    22 . 13

    23. +

    25. 13 21. 0 22. 13 21. 0

    21. 0 21. 0 21. 0 22. 22. 13. 3 ~ . 0 21. f~ 21. f~ 21. t~ 20. 0 21. 13 31' 2 I .

    21. O

    3 '

    3. "5"

    3. 3. I .

    5. 3. 2.

    3. 5- I .

    I .

    2 .

    2 .

    2. 2.

    I .

    I .

    2 .

    2 .

    2 .

    3. 2.

    12 .

    2.

    12 .

    3- 2.

    2.

    2 .

    2 .

    4. 2.

    2 .

    2 .

    2 . I .

    4. 2.

    3. 2.

    24 . 24.

    0 Jr 21 .

    13 24 . 23.

    + 24. 0 13 0

    30. I0

    24 . 24 .

    0@- 24 .

    22.

    13 :2 I .

    21 .

    22 .

    23. O

    25. 2 I .

    22 .

    2 I .

    2 I .

    2 I . 13

    :22.

    21 .

    9 13 13 13 9 0

    + +

    (+)

    0 (+)

    +

    13

    + + +

    0

    + 13 13 +

    0 + +

    0 + 13

    0

    0 +

    Ohreifer yon Ot i t iden bei Scharlach, 2 aus F~llen yon Wund- scharlach.

    Von diesen 15 St~tmmen gaben 14 eine sowohl be im fri- schen Schar lach wie in der Rekonvaleszenz bei demselben Paf ienten angestel lt , zum gleichzeitig angelegten Dicktest gleichsinnige Reakt ion. Ihre Tox inreakt ion war dutch Heil- serum vo l lkommen aufhebbar , und andererseits hob der Zusatz yon Toxin das in gleichzeitig angelegter Kontrol le posit ive

    Tabelle 4- Parallel-Toxlnreaktion 1I.

    Dick Resu l tat Stature P I Name Tag iResu l ta t Tag Tag IResu l ta t Tag Resu l tat

    3 .

    3. 4. 3. 4. 2.

    2.

    3. 5. 2.

    2.

    5. 3. 3-

    2.

    2 .

    3.

    + + + +

    + +

    21.

    21 .

    21 .

    21 .

    21 .

    20

    2 I .

    21 .

    2 I .

    2 I .

    2 I .

    21 .

    22 .

    21 .

    21 .

    22 .

    0 +

    3-

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  • 184o KL IN ISCHE WOCHENSCIKR IFT . 6. JAHRGANG. Nr. 39 24. SEPTEMBER i927

    Ausl6schph~inomen auI. Vermischt wurden dabei Serum I : iooo verdtinnt und Toxin i : iooo verdtinnt, da diese Toxinverdiinnung im Vorversuche eine positive Cutanreaktion ergeben hatte.

    Zur Kontrolle stellten wir denselben Versuch mit den Toxin yon 2 aus dem Blute bei Puerperalsepsis geziichteten St immen und 2 bei Anginen aus dem Halse geztichteten an.

    Das Toxin dieser St~mme, in Verdtinnungen yon I : 2oo bis i :8oo angewandt, ergab differente Hautreaktion im Toxinversuch und lies sich dutch Zusatz yon Heitserum in der Verdtinnung I : iooo nicht aufheben, wenn such etwas abschw~tchen.

    Der 15, aus den Rachenabstrich eines sicheren Scharlach- falles geztichtete Stamm verhielt sich im Toxinversuch wie im Toxin-Antitoxinverbindungsversuch wie die St~mme Iremder Genese, d. h. er gab im Vergleich zum Dick-Toxin verschiedene Reaktion bei intracntaner Injektion und lies sich durch Heilserumzusatz nur ganz wenig aufheben.

    Solche St~mme sind auch in der amerikanischen Literatur beschrieben, wenn such da als Seltenheit. Eine andere Er- kl~rung verm6gen auch wir daftir nicht zu geben, als die, dab bei der Reinztichtung aus einem Rachenabstrich sehr gut auch einmal ein anderer Streptokokkenstamm gewonnen werden kann, der dann ~itiologisch ftir die Entstehung des vorliegenden Scharlachfalles nattirlich nicht in Betracht kommt.

    Die Prtifung yon Seren yon 2%Patienten, die angabeu, sicher keinen Scharlach durchgemacht zu haben, im Aus- 16schversuche und Toxin-Antitoxinbindungsversuche, ergab, dab auch das Serum Dick-positiver Menschen in einzelnen F~llen ein positives Aust6schph~nomen ergeben kann, wie das auch den Untersuchungsergebnissen yon S. ){EYER entspricht. Diese Pr~fung ist abet nur verwertbar, wenn sie an ganz fri- schen Scharlachf~llen angestellt wird, und eine zugleich an- gelegte Kontrolle mit sicher 16schendem Serum ein positives Resultat ergeben hat.

    Hingegen fand sich kein Tall, in dem das Serum eines Dick-negativen Patienten ein Ausl6schph~nomen nicht ge- geben h~tfie.

    Aus diesen Untersuchungen erhellt schlieBlich aueh nur, dab auf die empirisch ~estgestellte Toxinverdtinnung I: Iooo, die ,air Hanttesteinheit nennen, noch Menschen positiv rea- gieren k6nnen, die eine geniigende IVlenge yon Antitoxin im Serum besitzen, die zur Anstellung eines Schultz-Charlton- Ph~inomens auslangt.

    Nach den Vorbild amerikanischer Autoren angestellte Agglutinationsversuche mit 3 ~ Streptokokkenst~mmen ver- schiedener Genese ergaben so h~iufige Spontanagglutination nnd bei Kontrollen so dif%rente Resultate, dab wir yon einer Verwertnng der Ergebnisse absehen zu mtissen glaubten.

    Will man den Gesamtkomplex dieser Fragen er6rtern, so toni3 man sich zun~chst dartiber Mar sein, dab alle biologischen Methoden, wie die zur Differenzierung und zum Beweise der Selbst~ndigkeit der einzelnen Streptokokkenarten angestellten, schon an sich nnter den unvermeidlichen Fehlern der Arbeit n i t 2 Unbekannten leiden. Dies ist schon im Tierversuehe der Fall, wieviel mehr noch im Menschenversuch, der bisher ftir das Scharlachproblem der einzig verwertbare erscheint.

    Man kann dabei eine 12"bereinstimmung der Experimente nicht in vollkommenem AusmaBe verlangen, wie das f/ir die anderen biologischen Reaktionen lange anerkannt ist. Wit arbeiten mit empirisch Iestgestellten Einheiten, die in Serien- versuchen ausgewertet sind, und deren Genauigkeit bei der ganz verschiedenen ReaktionsfXhigkeit des einzelnen Indivi- duums groSen Schwankungen unterworfen ist.

    Es wird sich bei allen diesen Untersuchungen nie ganz ver- meiden lassen, dab Differenzen in den Resultaten der ein- zelnen Autoren h~ufiger sind als bei anderen, z.B. chemischen nnd physikalischen Methoden.

    Bei der Betrachtung der bei unserer Versuchsanordnung erhaltenen IResultate ersieht man, dab sie im grogen und gan- zen denen der amerikanischen Autoren entsprechen. In Sonderheit muB man nach der Verschiedenheit der Toxin- reaktion mit Streptokokkentoxinen yon St~mmen anderer

    Genese im Parallelversuche, wobei nur ein kleiner Teil gleich- sinnig unter den Scharlach negativ wird sowohl ftir das Dick-Toxin, wie ftir das fremde Toxin -- dieser erscheint durch Gruppenwirkung gut erkl~irlich -- die Dick-Reaktion nicht als streptokokkenspezifisch (S. MEYER), sondern ils scharlach- spezifisch ansehen,

    In demselben Sinne sprechen die Toxin-Antitoxinbindungs- versuche, wenngleich vorhandene Fehler den Gedanken nahe- legen, dab wir die sicherste Methode zur Unterscheidung biolo- gisch verschiedener Streptokokkenarten noch nicht gefunden haben.

    Diagnostisch verwertbar erscheint die Dickreaktion nur nit der ]Einschr~nkung, als nach unseren Untersuchungen in 5 % der Fiille such ein Dick-IYegativer einen Scharlach be- kommen kann, und als 7 % aller Scharlachpatienten nach fiber- standener IKrankheit nicht Dick-negativ werden.

    Fenler muff man folgende Unfiersuchungsergebnisse an- erkennen :

    i. Dem Ehepaare DICK gelang es durch Bepinseln der Tonsillen von Versuchspersonen n i t Reinkulturen yon Strep- tokokken, die yon Scharlachf~illen geztichtet waren, experi- mentell Scharlach zu tibertragen.

    2. Alle Erscheinungen eines frischen Scharlach lassen sich durch ein Scharlachstreptokokkenheilserum aufheben (vgI. SCHOTTMULLER i. C.).

    3" Die einzige bisher fiir Scharlach bekannte spezifische Reaktion, das Schultz-Charltonsche Aus l6schph~nomen, l~St sich nit Sicherheit nit Serum yon nur nit Streptokokken vor- behandelten Tieren ansl6sen.

    4. Eine positive Cutanreaktion mit dem Toxine eines Scharlachstreptokokkus wird fast in jedem Falle unter den Scharlach negativ, analog zur Schickreaktion bei Diphtherie.

    5. Mit ganz verschwindenden Ansnahmen erkranken nur Dick-positive l~ienschen an Scharlach.

    6. Im Rachen eines jeden frischen Scharlachfalles lassen sich hbmolytische Streptokokken nachweisen.

    (ScHo~'rNOZLER konnte in regelmgSigen Untersuchungen seit dem Jahre I895 im Rachenabstrich eines jeden Scharlach- patienten n i t der selbstverstandlichen Ausnahme der F~lle von Wundscharlach, und bei diesen mit einer Ausnahme in den Abstrichen yon den Wunden, die httmol. Streptokokken nachweisen.)

    Auch yon diesen Gesichtspunkten aus kann man nicht umhin, den Streptokokken eine ~tiologische Rolle in der Ent- stehung des Scharlach zuzugestehen, und zwar derart, dab das erste Kranksein eine dutch ein spezifisches Toxin der Streptokokken bedingte Erkrankung ist.

    Das alleinige Bedingtsein des 2. Krankseins durch Strepto- kokkenkomplikationen ist bereits lange bekannt und an- erkannt.

    Wenn man den frischen Scharlach als Wirkung eines spezifischen Toxins der Scharlachstreptokokken auffaSt und die ScharlachimmunitXt als eine spezifische Toxinimmunit~t, finder auch die Tatsache ihre Erkl~rung, dab allein bei Schar- lach, als einziger yon alien Streptokokkeninfektionen, ftir das Leben Immunit~t bestehen bleibt, die ftir alle kritisch be- obachtenden Kliniker lange der Grund war, die Streptokokken- genese des Schar!achs abznlehnen.

    Alle unsere oben angeftihrten Untersuchungen lassen ferner erkennen, dab zwischen den einzelnen Streptokokkenst~immen deutliche biologische Differenzen bestehen, die durchaus im Sinne biologisch verschiedener Unterarten des Streptokokkus h~mol, pyogenes zu sprechen scheinen.

    Diese Artverschiedenheit oder spezifische Potenz der ein- zelnen Streptokokkenarten muB sowohl auf Grund theore- tischer Uberlegungen wie alter klinischer Erfahrungen ver- langt werden. Denn der Scharlach ist als eine Infektions- krankheit sui generis anzusehen, die stets nut spezifisch iiber- tragbar isi, und bei der Infektion entsteht aus einem Erysipel leichter ein Erysipel, aus einer Angina leichter eine Angina als eine andere Streptokokkenerkrankung, und aus einem Scharlach bei daftir empfXnglichen Personen ein Scharlach.

    Versuche, den Scharlach als eine anaphylaktische Reaktion auf eine unspezifische Streptokokkeninfektion zu erkl~iren,

  • 24 . SEPTEMBER 1927 KL IN ISCHE W-OCHENSCH

    erscheinen vol lkommen ungeeignet, die ftir Scharlach doch allgemein anerkannte Spezififi it der Erkrankung auch nut halbwegs wahrscheinl ich zu machen, abgesehen davon, dab die Theorie der anaphylakt ischen Reakt ion ganz auBerstande ist, die nach Scharlach zuri ickbleibende Immunif i i t zu be- grfinden, da jede anaphylakt ische Reakt ion das Gegenteil einer Immunit~it hinterl~il3t.

    Unverst~indlich bliebe dann auch die Tatsache, dab an wiederholten Streptokokkeninfekt ionen leidende Menschen, wenn sie eines Tages in die N~ihe eines Scharlachfalles geraten, sich einen typischen Scharlaeh erwerben k6nnen.

    So beobachteten wit 2 FXlle yon rezidivierendem Erysipel, die alle 6- -8 Wochen an einem neuen Rezidiv erkrankten, und einen Fall yon immer wieder recurr ierendem Tonsil larabsceg ( I2--15 in den letzten Jahren), die alle drei an einem frischen Scharlach erkrankten, dessert Infektionsquel le bekannt war, und die noch im Krankenhause alle 3 Rezidive ihrer anders- art igen Streptokokkeninfekt ion erlebten.

    Sehr wohl kann man der Ansicht sein, dab die uns bisher einzig bekannte Differenzierung der St reptokokkentypen durch Toxin- und Toxin-Ant i tox inbindungsversuch oder durch Agglutination, in ihren Resultaten noch unerwfinschte Un- sicherheiten und in ihrer Methodik unangenehme Schwierig- keiten bietet.

    Alle Ergebnisse driingen dazu, den Scharlach als eine durch einen yon anderen Streptokokken biologisch verschiedenen Streptococcus hamolyt icus bedingte Erkrankung aufzufassen.

    L i te ra tur : BAGINSKY, Berlin. klin. Wochenschr. 19oo, H. 27[28. - - B IRKHAUG, Bull. of the Johns Hopkins hosp. 36; 37; Journ. of clin. invest. 1925, Nr. I; Journ. of the Americ. reed. assoc. 86, I4II his I417 . -- G. BLAKE and TRASX, Journ. of the Americ. reed. assoc. 82, 712. -- F. G. und G. H. DICK, Journ. of the Americ. reed. assoc. 77, 782; 8I, 1166; 82, 265; 82, 3Ol, 544, 1246; 83, 82, Io2, 1724. -- DocHEz, Proc. of the soc. {. exp. biol. a. med. 21 ; Internat. clin. 3, 34. -- A. R. DOCHEZ und SHERMAN, LILIAN Journ. of the Americ. med. assoc. 82, 452. -- FANCONI, Beitr. z. Jahrb. f. Kinder- heilk. 1926, H. 13. -- FRENKEL-MARGOLIS, Zeitschr. f. Kinderheilk. 4 I, 305 . -. OABRITSCHEWSKY, Zentralbl. f. Bakterioh, Parasitenk. u. Infektionskrankh. Orig. 41. -- GATEWOOD, Journ. of the Americ. reed. assoc. 83, 7. -- M. H. GORDON, Brit. reed. journ. I, 632. 1921. -- HECHT, Zeitschr. f. Kinderheilk. 4 o, 3o9. -- ISABOLINSKY- LIPKIN, Zeitschr. f. Immunittttsforsch. u. exp. Therapie, Orig. 45, 296. -- KLEINSCHMID% Klin. Wochenschr. 19"-5, Nr. 49. -- KRAMAR- FRA?qCZISCZI, Monatsschr. f. iKinderheilk. 33, 421. -- CH. tfRU~- WlXDE, Arch. of internal med. I3, 9o9. -- t(URTH, Arb. a. d. Reichs- Gesundheitsamte 7. -- KUNDRATITZ, Zeitschr. f. Kinderheilk. 4 o, 573. -- LOEFFLER, Arb. a. d. Reichs-Gesundheitsamte 2. -- LOUROS- BECKER, Mi/nch. reed. Wochenschr. I926 , H. 51. -- MARMOREK, Ann. de l'inst. Pasteur 9, 592. -- S. MEYER-Dfisseldorf, Zeitschr. f. Kinderheilk. 1927, H. 3. -- MOSER, Wien. Min. Wochenschr. I5, io33. -- NOBEL-OREL, Zeitschr_ f. IKinderheilk. 4 o, 96; 4 I, 294. -- SCHULTZ and CHARLTOX, Zeitschr. f. Kinderheilk. 1918, S. 328. -- RuTh. TUNNICLIFF, Journ. oi the Americ. reed. assoc. 74. -- VAS, Klin. Wochenschr. I926, Nr. 27. -- ZIN~HER, Journ. of the Americ. reed. assoc. 82. 432; Proc. of the soc. f. exp. biol. a. reed. 21.

    HERZARBEITSTONUS UND POSITIVER VENEN- PULS.

    Von

    Prof . Dr. REINHARD OHM, Leitender Arzt der Inneren Abteilung des St. Hildegard-Krankenhauses,

    BerIii1-Chariot t en"ourg.

    In Jg. 6, Nr. 17, I927, d ieserWochenschr i f t hat te F. FISCHER (Prag) in seiner Ver6ffentl ichung: ,, Zur Ents tehung des posit iven Venenpu]ses" an einem klinisch beobachteten Fall die Entwick lung des posit iven Venenpulses erl~iutert und damit einen wertvol len Beitrag zu meinen Auseinandersetzun- gen fiber die Abh~ingigkeit der Kurvenformen des photo- graphisch registr ierten Venenpulses vom Arbeitstonus des Herzens geliefert. (Vgl. meine Arbeit : ,,Die Erkennung des Herztonus und seiner St6rungen, sowie der bet K lappen- Iehlern dutch Vermehrung des Restblutes in den HerzhShlen bedingten Stauungen aus dem photographisch registr ierten Venenpulses"; Zeitschr. f. klin. Medizin 1927, Bd. lO 5, H.3/4. )

    R IFT . 6. JAHRGANG. Nr. 39 I84 I

    Bet der Wichtigkeif der Dinge sotlen in folgendem die Beobachtungen an einem Manne mitgetei l t werden, der sich mehrere Wochen vom IX. I. bis 14. I I . 1927 zur Begutachtung in meiner kl inischen Abiei lung befand. Der primiire Grund der Behandlung und Beobachtung waren Magenst6rungen. -- Es zeigte sich aber bald, dab schwere allgemeine spasmophile Symptome bestanden und zwar besonders auch mit ent- spreehenden subjekt iven Herzbeschwerden. - - Diese gaben zu fort laufenden methodischen Herzuntersuchungen Ver- anlassung, wobei sich herausstel lte, dab der Venenpuls bet absolutem Fehlen organischer Vert~nderungen am Herzen und am Kreis laufapparat posit iv war, jedoch unter Anwen- dung yon Beruhigungs- und Sehlaf- bzw. krampfl6senden Mitteln in die normale negative Form fibergeffihrt werden konnte.

    Ehe ich die Schilderung des Falles folgen lasse, rekapituliere ieh zum Versi~ndnis aus meiner oben zitierten Arbeit fiber die Erkennung des Herztonus usw. kurz folgende Pnnkte:

    i. Die Kontraktion der Herzkammern bewirkt eine Herab- ziehung der lKammerbasis nach der Spitze. Dadurch wird Blur aus den herznahen Venen -- darunter auch der Vena jugularis -- in die zur Zeit der Kammersystole erschlafften und dadurch aus- gezogenen VorhOfe gesaugt. Der Verlauf der Ansaugung, d.h. der Abw~irtsbewegung der Kammerbasis~ muB somit dem Verlauf der Kammerkontraktion genau entsprechen. An der Vena jugularis kann man die Ansaugung infolge der Abw~irtsverschiebnng der Kammerbasis daran erkennen, dab das mit ~uBerst dflnnen, nach- giebigen Wgnden ausgestattete Oef~B infolge seiner Entleerung kollabiert. Diese direkte Saugwirknng der IKammern wird indirekt unterstiitzt dutch die mit der Anstreibung seitens der linken Kammer aus dem Brustraum verbundenen thorakalen Druck- senkung. Die Kammern pumpen also mit ihrer Kontraktion nicht nur Blur in die groBen Schlagadern, sie saugen auch venOses Blut aus den herznahen Venen an und fflllen damit gleichzeitig die Vorkammern.

    2. D ie Zusammenz iehung der Kammermuskulatur setzt sich, wie die Kontraktion beim quergestreiften Muskel, aus zwei Funk- tionen znsammen: n~mlich aus der eigentliehen Bewegungsfunktion einerseits und der Sperrfunktion andererseits. Normalerweise wirken die beiden Funktionen in einer aufeinander abgestimmten Weise so koordiniert zusammen, dab ein gleichmaBig abgestuft fortschreitender Kontraktionsverlauf daraus-resuftiert.

    Die Linie des durch die systolische Saugwirkung erzengten Venenkollapses stellt daher normalerweise eine gleichm~Big fort- laufende, schr~ig abfal!ende, aber ziemlich gerade Linie dar, die die Zeit der Kammersystole, d. h. die Zeit yore I. bis zum 2. Herzton, ausfiillt. Dasselbe gilt von der mit der kammerdiastolischen Wiederanfw~rtsbewegung der Kammerbasis erzeugten diastolischen Anstieglinie. Diese entspricht dem allm~hliehen Wiederabflauen des t~ontraktionszustandes der Kammern, wobei die beiden Muskel- funktionen genau so wie bet der systolischen Kontraktionszunahme t~tig sin&

    Die clurch den V%;iederhochtritt des Atrio-Ventrikularseptums erzeugte diastolische Anstieglinie ist in der iKurve dann sichtbar, wenn eine Verharrungszeit besteht, deren Dauer yon dem Druck- verh~ltnis zwischen Kammer und u bzw. dem Venen- gebiete wetter oberhalb abh~ngt, d.h. bet relativem 1Jberwiegen des Kammerdrucks fiber den Vorhofdruck bzw. fiber die Gebiete oberhalb des Vorhofs f~llt sie lgnger aus, und beim nmgekehrten Verh~ltnis, d. h. beim LTberwiegen des Drnckes im Gebiet oberhalb der Kammer fiber den Kammerdruck entspreehend kleiner.

    Tritt nun aus irgendwelchen Griinden, die rein funktionell sein k6nnen, ohne dab ein Krankheitsherd reizausl6send zu wirken braucht, eine Trennung der Muskelfunktionen ein in der Weise, dab Sperrfunktion und Bewegungsfunktion jede filr sich und unabh~ngig voneinander wirksam werden (tonisehe Gleichgewiehts- st6rung), so muB die Linie des systolischen Venenkollapses in ihrem Kontinuit~tsverlauf gest6rt werden. Dasselbe gilt sinngem~B yon der diastolischen Anstieglinie. Die Kurventafel (Abb. x--4, n~ehste Seite) m6ge die Dinge erl~utern.

    Nach diesen Er6rterungen wird der nun zu schi ldernde Fall leichter verst~indlich.

    Es handelt sich um einen Stral3enbahnschaffner mit fiber 3ojXhriger Dienstzeit, bet dew_ ein Gutachten fiber seine Dienst- f~higkeit, evil. nach enisprechender Behandlung, verlangt Wurde. Nicht unerw~thnt mOge bleiben, dab der zu Begutachtende ein erhebliches materielles Interesse daran haben muBte, infolge seines Gesundheitszustandes pensioniert zu werden.

    -~_ul3erlich machte der )/Iann einen sehr ordentlichen und durch: aus nicht etwa unwilligen, abet sehr deprimierten Eindruck.