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(Aus der Prosektur des Kaiser Franz-Joseph-Spitales in Wien [Vorstand: Hofr. Prof. Dr. O. Stoerk].) Zur Biologie des retieulo-endothelialen Apparates. IV. Mitteilung. Dber Folgen der Milzexstirpation. Von Dr. Karl Paschkis, Prosektu~sadjunkt. Mit 10 Textabbildungen. (Eingegangen am 15. November 1925.) Im Verlauf unserer Untersuchungen fiber das reticulo-endotheliale System haben wir zu verschiedenen Zweeken Milzexstirpationen vor- genommen (siehe Mitteilung Nr. II und V). Wit haben dabei Gelegen- heir gefunden, die morphologischea Ver~nderungen naeh Milzexstir- pation bei unserem Versuchstiere, der weil3en Ratte, zu untersuchen. Dieser Eingriff ist an Ratten schon yon versehiedenen Unter- suchern vorgenommen. So welt sich die Angaben auf morphologische Befunde beziehen, wurden stets nur die Frfihver~nderungen beschrieben (Lepehne, Domag]c). Die bier besehriebenen Ver~nderungen stellen ,,Sp~tbefunde" dar. Aus der Anordnung der Versuehe, die zun~chst anderen Zweeken dienten, ergab sich, da6 die histologisehe Unter- suchung 2--4 Monate nach der Operation vorgenommen wurde. Die Ratten wurden in Athernarkose operiert. Schnitt unterhalb des linken Rippenbogens ungef~hr parallel zu diesem; nach ErSffnung des Peritoneums springt die Milz fast stets vor oder kann dureh leichten Zug am Netz vorgeholt werden. Ein Fassen des Organes selbst mit dem Instrument ist meist unn5tig. Mittels einer Massenligatur werden die Gefi~l~e am Milzhilus abgebunden, mit einem Scherenschlag das Organ entfernt, der Gef~i3stumpf versenkt und (tie Wunde verschlossen. Die Operation geht ohne Blutverlust vor sich. Die Tiere sind sofort aus dem Erwachen nach der Narkose taunter und fressen normal. Schon hier sei bemerkt, daI~ unsere Tiere entgegen den Angaben anderer Autoren den Eingriff anstandslos vertragen. In den ersten Tagen nach der Operation verloren wir im ganzen 4 Tiere: Bei einem yon diesen war bei der Operation die Leber verletzt worden und es hatte eine grS~ere Blutung in die BauchhShle stattgefunden; die 3 an- deren waren hochgravide Weibehen, die innerhalb der ersten 2 Tage

Zur Biologie des reticulo-endothelialen Apparates

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(Aus der Prosektur des Kaiser Franz-Joseph-Spitales in Wien [Vorstand: Hofr. Prof. Dr. O. Stoerk].)

Zur Biologie des retieulo-endothelialen Apparates. IV. Mitteilung.

Dber Folgen der Milzexstirpation. Von

Dr. Karl Paschkis, Prosektu~sadjunkt.

Mit 10 Tex tabb i ldungen .

(Eingegangen am 15. November 1925.)

Im Verlauf unserer Untersuchungen fiber das reticulo-endotheliale System haben wir zu verschiedenen Zweeken Milzexstirpationen vor- genommen (siehe Mitteilung Nr. I I und V). Wit haben dabei Gelegen- heir gefunden, die morphologischea Ver~nderungen naeh Milzexstir- pat ion bei unserem Versuchstiere, der weil3en Ratte , zu untersuchen.

Dieser Eingriff ist an Ra t t en schon yon versehiedenen Unter- suchern vorgenommen. So welt sich die Angaben auf morphologische Befunde beziehen, wurden stets nur die Frfihver~nderungen beschrieben (Lepehne, Domag]c). Die bier besehriebenen Ver~nderungen stellen , ,Sp~tbefunde" dar. Aus der Anordnung der Versuehe, die zun~chst anderen Zweeken dienten, ergab sich, da6 die histologisehe Unter- suchung 2 - -4 Monate nach der Operation vorgenommen wurde.

Die Ratten wurden in Athernarkose operiert. Schnitt unterhalb des linken Rippenbogens ungef~hr parallel zu diesem; nach ErSffnung des Peritoneums springt die Milz fast stets vor oder kann dureh leichten Zug am Netz vorgeholt werden. Ein Fassen des Organes selbst mit dem Instrument ist meist unn5tig. Mittels einer Massenligatur werden die Gefi~l~e am Milzhilus abgebunden, mit einem Scherenschlag das Organ entfernt, der Gef~i3stumpf versenkt und (tie Wunde verschlossen. Die Operation geht ohne Blutverlust vor sich. Die Tiere sind sofort aus dem Erwachen nach der Narkose taunter und fressen normal.

Schon hier sei bemerkt , daI~ unsere Tiere entgegen den Angaben anderer Autoren den Eingriff anstandslos vertragen. In den ersten Tagen nach der Operation verloren wir im ganzen 4 Tiere: Bei einem yon diesen war bei der Operation die Leber verletzt worden und es ha t te eine grS~ere Blutung in die BauchhShle s tat tgefunden; die 3 an- deren waren hochgravide Weibehen, die innerhalb der ersten 2 Tage

X. Paschkis : Zur Biologie des reticulo=endothelialen Apparates. IV. 659

eingingen. Sonst haben alle Tiere, aueh Weibchen in weniger welt vorgeschrittener Gravidit~tt, den Eingriff gut vertragen.

TStet man in der angegebenen Frist yon 2--4 Monaten nach der Operation ein Tier, so ist bei der Sektion fuller einer VergrSl~erung der mesenterialen und retroperitonealen Lymphdrfisen makroskopisch nichts Besonderes zu sehen. Dagegen ergibt die histologisehe Unter- suchung folgendes :

Leber: Die Acinusstruktur ist erhalten. Parenehymsch~digungen leiehteren Grades sind hier und da zur Beobachtung gekommen. In ganz vereinzelten F~llen fanden sieh kleinste Nekroseherde ; ieh komme auf diesen Befund noeh zurfick. Den auffallendsten Befund bieten Zellherde, fiber deren Aussehen folgendes zu sagen w~tre:

1. Bei allen Tieren linden sich ldeine in- tracapill~re Zellherde. Sie fallen bei Verwen- dung yon H~imalaun, noch besser yon Alaun-Carmin, das ja der viel exakter f~r- bende Kernfarbstoff ist, schon dadurch auf, da6 die Zellkerne den Farbstoff viel inten- siver aufnehmen als die des fibrigen Ge- webes. Zum genaueren Studium derselben wurde namentlich die Giemsa-F~rbung (an Zenker-fixiertem Material) herangezogen. In einem Teile der Zellkerne ist eine feine, Abb.~. Leber. Kleineintracapil- dichte Chromatinstruktur nachweisbar, w~th- l~re Zellherde. Rat te 1~r.64. ~am.-

Eos. Schwache Vergr~13erung. rend die meisten dunkel gef~rbt sind und Aufn. Zei~-Foku. bei geeigneter Differenzierung eine grob- sehollige Struktur zeigen. Das Zellprotoplasma ist fast durchweg stark basophil. Eisenspeicherung (Turnbull-Blaureaktion) wird in ailen diesen Herden vermiBt. Sie zeigen nie phagocyt~re T~tigkeit und beteiligen sich nicht an der vitalen Speieherung saurer Farb- stoffe (Lithiumearmin, Trypanblau); in gut gespeicherten Lebern heben sie sich geradezu elektiv yon den gespeieherten Kupffer-Zellen ab. Da dieses morphologische Verhalten nnd aueh die ganze Anord- hung dieser Zellhaufen sofort an myeloische Wucherungen denken lie6, so wurde die Oxydase-Reaktion herangezogen; dabei zeigte sich, da6 ein Teil dieser Zellhaufen positive Indophenolb]au-Synthese gibt, wgh- rend der gr56ere Teil negative Reaktion aufweist. In einigen Fgllen gelang es, die erythropoetische Funktion einiger der in Frage stehen. den Zellhaufen zur Darstellnng zu bringen, einmal durch gelegentlichen Nachweis yon mit Eosin in typischer Weise ziegelrot gef~rbtem Zell- protoplasma (H~tmoglobin; dazu ist eine bis 24 Stunden lange Fgrbe- dauer in sehr verdiinnten EosinlSsungen empfehlenswert), an Elementert von sonst durchaus dem besehriebenen Typus entsprechenden Zell-

660 K. Paschkis :

haufen; dann durch die hier nnd da positiv ausfallende spezifische Hgmoglobinreaktion mit Benzidin nach Lepehne (am Paraffinschnitt , also keine Verwechslung mit Peroxydasen). 13berggnge von Kupffer- Zellen in derartige Zellen liegen sieh mit Sicherheit nicht nachweisen, wenn auch in manchen Prgparaten zu vermuten. I m ganzen aber er- geben eine betri~chtliche Zahl ganz gleichartiger Zellherde negatives

Resultat sowohl bei der Oxydase als auch bei der Hgmoglobinreaktion.

2. Periportale Herde. I m PeriportM- gewebe finden sich bei siimtlichen Tieren Zellherde, die gr6Btenteils aus Rundzellen bestehen. Daneben beobachtet man wech- selnde Mengen groger einkerniger Zellen; wghrend die Rundzellen, die das vor- wiegende Zellelement darstellen, keine Be- teiligung an der Farbstoffspeicherung und

Abb. 2. Leber. Periportate Zell- kein Eisen aufweisen, sind die letzterwghn- h~mfen. Ratte Nr. 64, wic oben ten dutch Farbstoffspeieherung und Eisen-

Abb. 1. gehalt als retieulo-endotheliale Elemente

eharakterisiert. AuBerdem weist die Oxydasereaktion aueh myeloische Zellen nach. Die Lagerung dieser Zellherde ist gr6f3tenteils eine rein interstitielle, daneben linden sieh aber auch Herde, deren Ausbreitung sich yore Periportalgewebe aus intracapillgr zwischen die Leberzell-

Abb. 3. Leber. Intracapillgrer Zellhaufen. I',attc Nr. 64. Turnbullblaurcaktion, Alauncarmin. Reichert-Obj. VII, Ok. 3.

balken verfolgen lgflt. Bei Beurteilung der periportalen Zellherde ist stets zu beriicksichtigen, dab das interstitielle Gewebe der Rat te schon normMerweise einen mgl3igen, in seiner Ausdehnung schwankenden Gehalt an Rundzellen aufweist.

3. Durchaus inkonstant, aber in manchen Fgllen sehr deutlich ist der Befund yon sinusartig-erweiterten CapiUaren. Die in denselben be- findliehen Zellen sind zum Teil den sub 1 geschilderten analog, zum Teil sind es durch Speicherung oder EisengehMt eharakterisierte Ab-

Zur Biologie des reticulo-endothelialen Apparates. IV. 661

k6mmlinge der Kupffer-Zellen mit entsprechendem Kernbau. Daneben kommen natfirlich hier Blutelemente ~ller Art vor.

Abb. 4. Leber. Oxydase-Reaktion, Gegenfiirbung mit Pyronin. R~tte Nr. 66. Reichert-Obj. I l I , Ok. 3. Intracapilliire und Peri!oortalc oxy-

dasepos. Zellhcrde.

Abb. 5. Lebcr. Oxydase-Reaktion, Pyronin. Ratte Nr. 66. Reichelt-Obj. VII I , Ok. 3. In-

tracap, oxydasepos. Zcllherd.

4. Bei einem Tier fanden sich Herdchen, die fast ausschliei]lich aus polynucledren Leukocyten best anden. In der Umgebung dieser stehen

Abb. 6. Leber. ]gin Pg. 659 und. 66l bcsprochener ,,Leukocytenherd". l la t tc ~NTr. 83. tl,cichcrt*Obj. VIII , Ok. 3. H~m.-Eos. Intensiv mit Eosin gefiirbte Lebcrzcllen am Rand des Herdes. Carmin-

speicherung dcr ](upfferschen Sternzellen.

662 K. Paschkis:

Abb. 7. Leber. Sinusartig erweiterte Capillaren. l/atte Nr. 59. Turnbullblaureaktion, Alaunearmin. I~eichert-Obj. VII, Ok. 3. Eisenfreies h~mopoetisches Gewebe, neben eisenffihrenden Re-

ticulo-Endothelien.

Leberzellen, die sieh bei guter Fi~rbbarkeit und

n0rmater Strukturie- rung des Kernes durch ihre besonders intensive Eosinfi~rbbarkeit von der Umgebung abheben.

5. Vital/iirbung. Bei subcutaner wiederholter Zufuhr yon 2proz. Li- thiumcarminl6sung oder yon lproz. Trypanblau- 16sung erscheinen die

Kupfferschen Stern- zellen intensiv gespei- chert. Sie sind deut- lich vergrSBert, vielfach in Abrundung und Ab-

16sung, Ver~nderungen, die durch die Farbstoffzufuhr an sieh hervor- gerufen werden, hier aber deutlieh intensiver sind als bei nieht splenektomierten gespeieherten Tieren. 1Jber den Gehalt an vital gef~rbten Zellen in den einzelnen Herden ist bereits alles N6tige gesagt.

6. Eisengehalt. In der Leber der Rat te l~gt sich schon norma- lerweise Eisen in gerin- get Menge mikroche- misch nachweisen. Nach Milzexstirpation ist der Eisengehalt der Kupffer - Zellen ein sehr betri~cht- lieher. 1Jber die Eisen- phanerose in den Zell- herden sei auf die obi- gen Ausfiihrungen ver- wiesen.

Xiere : Rundzell- haufen um die grSBeren GefiiBe sowie hier und da in der g inde , na- mentlich urn die G10-

Abb. 8. Lyinphdriisc. Rattc Nr. 54. Peroxydasereaktiom A]aunc~trmin. Reichert-Obj. VII, Ok. 3. l~eichliche oxydase- m e r u l i herum, finden

positive Zetlen im den Sinus. sich schon normMer-

Zur Biologie des reticulo-endothelialen Apparates. IV. 663

weise bei der Ratte. Ihr Vorkommen bei splenektomierten Tieren unterscheidet sich nicht yon dem bei normalen. Diese Zellanh~u- fungen sind stets frei yon Vitalf~rbung, zeigen keinen Eisengehalt und sind oxydasenegativ. Auch im iibrigen weisen die Nieren der splenektomierten Tiere kei- hen abnormen Befund auf, im speziellen auch keine Siderose der Tubuli.

Lymphdriisen: Sio sind ver- gr66ert und zeigen Vermehrung und Desquamation der Sinus- endothelien, diese sind intensiv vital f/~rbbar und lassen tells diffuse, teils granul~re Eisen- speicherung erkennen. Auch oxydasepositive Zellen in wech- selnder Anzahl finden sich mit- unter in den Lymphdrtisen.

Die morphologische Unter-

8,1"w Abb. 9. Leber. Intracapill~rer Zcilhcrd. Katte Nr. 64. Giemsa. ZeiB-Immers. 1112, Ok. 4. Kleine,

dichte Kernc.

suchung milzexstirpierter Tiere hat sehr verschiedene Resultate er- geben. Die Befunde der einzelnen Autoren sind abet nicht ohne wei- teres vergleichbar. Erstens verhalten sich verschiedene Tierspezies sehr versehieden. Zweitens ist der Zeitpunkt der Untersuchung zu beriick- sichtigen, denn es ist nicht gleichgtil- rig, ob die histolo- gische Untersuchung wenige Tage nach Entfernung der Milz oder Monate, selbst Jahre nach dem Ein- griff erfolgt : Gerade die feinen morpholo- gischen Ver~nderun- gen, die wir als Re-

gulationsvorg~nge innerhalb eines in vielfacher Wechsel- wirkung stehenden Apparates betrach- ten, werden verschie- den sein mfissen, je

®

Abb. 10. Leber. Intracapilliirer Zellherd. t tat te ~,'r. 67. Giemsa. Zei6-Immers. 1/12, Ok. 4. Gro[le zarb strak~trierte Kerne, basoo

philes Protoplasma.

664 K. Paschkis :

naeh dem Zeitpunkt, zu welehem die morphologisehe Untersuehung das augenbliekliehe Zustandsbild festhiilt. Das ist nieht immer ge- ntigend beriieksiehtigt worden. Zieht man aber mensehliehes Material heran, so ist weiter zu bedenken, dag ein Groi3teil der entfernten Milzen erkrankte Organe betrifft ; dies ist nieht nur deshalb yon Be- deutung, weft, wie yon verschiedenen Autoren betont wurde, ein er- kranktes Organ mit qualitativ oder quant i ta t iv abwegiger Funkt ion entfernt wurde (daher aueh die Ausgleiehs- und Ersatzreaktionen an- dere sein k6nnen), sondern aueh deshalb, weil zahlreiehe Erkrankun- gen, die die Indikation zur Splenektomie abgeben, Systemerkrankun- gen sind, die nieht nur die Milz, sondern das gesamte retieulo- endotheliale System betreffen (hepatolienale Erkrankungen usw.), daher die Reaktionen yon einem sehon vorher alterierten Substrat ausgehen.

Wit lassen hier eine Tabelle folgen, die, ohne auf Vollst~indigkeit Ansprueh zu erheben, einen Uberbliek aus den bisher vorliegenden Resultaten gibt. In dieser Tabelle sind nut jene Arbeiten aufgefiihrt, die morphologisehe Folgen der Milzexstirpation beriieksiehtigen.

Wit sehen also, wie versehieden die Resultate der einzelnen Unter- sueher ausgefallen sind. Dabei ist in dieser Zusammenstellung nur auf die morphologisehen Befunde eingegangen worden; wollte man die funktionellen, morphologiseh nicht greifbaren Befunde ebenfalls be- riieksiehtigen, so w~,ren die Diskrepanzen noeh gr6Ber.

Betraehten wit nun unsere Befunde, so ist eine gewisse Xhnliehkeit mit denjenigen, die M. B. Sehmidt bei der Maus erhoben hat, often- sichtlich, wenn sie auch durchweg quanti ta t iv geringer sind als bei dieser. V611ig identiseh seheinen aber die Befunde bei beiden Tierarten zuni~chst nicht zu sein. M . B . Schmidt hat te seine Tiere nieht der Vitalf~rbung unterworfen, gerade in diesem Punkt war ein Vergleieh nicht m6glich. Sei/ert hat die Trypanblau- und Kollargolspeieherung milzexstirpierter M~use untersucht und gelangt zu dem Ergebnis, (ta13 (tie yon Schmidt beschriebenen Zellherde der Mi;useleber sich an der Speieherung beteiligen, wenn auch quanti ta t iv geringer als die Kupffer- schen Sternzellen. Leider hat aber dieser Autor keine Abbildungen beigebracht. Ieh habe, um mir selbst zum Vergleieh mit meinen Rat ten- prgparaten ein Bild yon den Verh~ltnissen bei der Maus zu machen, mehreren M~usen die Milz entfernt. Die Operationsteehnik war die gleiehe wie bei den Ratten. Einige Wochen naeh der Operation wurden die Tiere teils mit Trypanblau, tells mit Lithiumcarmin subcutan ge- spritzt. Von einer genaueren Beschreibung der Prgparate darf wohl im Hinbliek auf die erschSpfende Darstellung bei M. B. Schmidt ab- gesehen werden, aber einige Punkte seien hervorgehoben, namentlich sofern sie eine Ergi~nzung zu seinen Angaben bilden.

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T a b e l l e .

;Zeitpunkt der Autor Untersuchung

D o m a g k . . . .

E p p i n g e r . . .

Tierart Morphologisches Ergebnis

Ratte 5.--7. Tag Sternzellenwucherung, darin Ery- throphagie u. Eisenspeicherung. Niere: Siderose in den Tubulis

4 Wochen Nur noch wenig vergrSSerte Stern- zellen. Siderose

Leber 0. Lymphdrfisen vcrgrSBert

0 i

Kaninchen V.woehed. 16.--19.an Lymphdrtisenbefund vergr6Bert; Eisen-

- i ] Kupfferzellen,Erythrophagocytose

• cr t¢ i 5~/2 Mon. Anf~nge yon ,,Mllzersatz~ewebe 33,/4 Jahre in der Leber ?

Affe ; mehrereMon. ,,Milchersatzgewebe" i. d. Leber reichlich

4 Monate Lymphdriisen vergrSBert 5 Monate Knochenmarkhyperplasie 2 Jahrc Kupfferzellen vermehrt, siderotisch

Maus ,,Splenoides Gewebe" bei speziell. Ratte Kostform. (ab. auch ohne Splen-

ektomie)

l~atte 3 Tage bis Erythrophagocytose, Parenchym- mehr. Woch. schi~digung bis zur Nekrose

Ratte bis 1 Monat Erythrophagocytose und Siderosc inK.-Z.-Niere: Siderose d.Tubuli

Hund 3 Tage bis Phagocytose in Lymphdrfisen- 10 Monate endothelien

3--8 Woch. ,,Milzersatzgewebe"

8 Monate Kupfferzellen stark vergrSB., nicht vermehrt. An einz. Stell. Grupp. v. Zellen, die offenbar aus Stern-

61/4 Jahre zellen hervorgegangen sind und das Capillarlumen ausffillen

,,~ilzersatzgewebe"

Hund

Mensch

Freytag . . . .

H i r s c h / e l d . . •

K r e u t e r . . . .

K r a m b h a a r und M u s s e r

K u c z y n s t , i . . .

L a u d a . . . .

L e p e h n e .

P e a r c e - A u s t i n .

S c h m i d t , M . B .

S c h m i d t , M . B .

Ratte

Mensch (Perniciosa)

i

Affe (Macacus: rhesus)

~ a u s

Mensch Perniciosa)

S e i / e r t . . . . Maus

S t u b e n r a u c h . .

W e i c h s e l . . .

Katze Kaninchen

Hund Schaf Ziege

Affe

Hund

6--9 Monate

1/2--2 Jahr Geringfiig. Lymphocytenanhi~ufg. im perivasc. Gewebe der Leber

10 Tage bis Vom ersten Monat an geringe Ver- 2 Jahre gr6Berung der Kupfferzellen

666 K. Paschkis :

Der Eisenbefund ist in si~mtlichen Pri~paraten sehr gering. Nur wenige Kupfferzellen enthalten geringe Mengen. Deshalb ist auch dem negativen Eisenbefund in den Zellherden keine Bedeutung beizumessen. Diese selbst sind vorwiegend im Interst i t ium gelegen, aul3erdem aber kommen auch intracapill~re Zellherde vor. Die VitMf~rbung mit Trypanblau zeigt eine ausgiebige Beteiligung der grol]en periportalen Herde an der Speicherung. Wenn auch nicht alle Zellen eines solchen Herdes restlos speichern, so findet man doch solche, in denen die Mehr- zahl der Zellen Farbstoffgranula enthalten. Anders ist das Bild der Carmintiere. Zwar linden sich auch hier einzelne gespeicherte Zellen, aber im grol~en und ganzen ist die Speicherung in den Zellherden, ver- glichen mit der in den Kupffer-Zellen, als gering zu bezeichnen. Dieses Verhalten s t immt mit den Angaben Sei]erts iiberein, auf quant i ta t ive Differenzen ist wohl kein grSl3eres Gewicht zu legenl). AuBer diesen Zellherden, die charakterisiert sind durch groi3e, zart strukturierte, blasse, blasige Kerne, gibt es aber auch solche, deren Zellen ein durchaus an- deres Aussehen zeigen: kleine, kompakte Zellkernc mit dem Kernfarb- stoff intensiv gef~rbt ohne deut]iche Chromatinstruktur. Diese Zell- herde sind klein, stets deutlich intracapill~r gelegen. Farbstoffst)ei- ehernde Zellen fehlen in diesen Herden fast vSllig.

Sei/ert sagt, er habe den Eindruck, da6 die kleinen, yon den Leber- cal~illaren ausgehenden Herde ,,am ehesten" den Farbstoff beherbergen. Es ist mir aus seiner Beschreibung nicht klar geworden, ob dieselben Herde gemeint sind wie die hier beschriebenen, die ihrer ganzen Zell- und Kernst ruktur nach eine eigene Stellung einnehmen. Auf die Zell- morphologie des neu entwiekelten Gewebes geht Sei/ert nicht ein. M. B. Schmidt beschreibt die intracapill~ren Herde als zusammen- gesetzt aus Zellen mit ,,relativ groBem, hellem Kern und uncharakte- ristisehem Protoplasma; es besitzt keine Granula, enthglt keine Oxy- dase, ist nieht basophil". Diese Besehreibung entsprieht vollkommen einem Teil der Herde, der gleich Erwghnung linden wird. Aber es ist aus dem Vergleich unserer Beschreibung mit der hier zitierten ersicht- lich, dal3 die Mguseleber auch Herde eines anderen Zelltypus beherbergt.

Es kommen Zellen der oben beschriebenen Art auch in den peri- portalen Herden vor, sind aber hier in der Zellmasse yon Rundzellen kaum zu unterscheiden, nur an einzelnen Stellen, wo die Struktur locker ist, erkennt man, dab es sieh um dieselben Zellen handelt. Einige intra- capillitre Herde entsprechen, was Zellgr6Be und Kernstruktur anlangt, den periportalen, sind aber viel kleiner. Sie entsprechen der yon M. B.

1) Auf die geringere Aufnahme yon Carmin (bei guter Resorption: die Kupffer- zetlen intensiv gespeichert) im Vergleieh zum Trypanbl~u sei hier nur als weiterer Beleg fiir feine Differenzen der Funktion des reticulo-endothelialcn Apparates hin- gewiesen.

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Schmidt gegebenen Besehreibung seiner intraeapill~ren Herde. Ein- zelne der dunkelkernigen Zellherde sind nun, wie namentlieh die Ben- zidinprobe zeigt, erythroblastischer Natur; bei der Mehrzahl aber bleibt die Hi~moglobinreaktion negativ. Fettfi~rbung mit Sudan I I I ergibt bei beiden Zelltypen negatives gesultat . Dagegen weist die Oxydase- reaktion sowohl in einigen periportalen als aueh insbesondere an vielen kleinen, intraeapilli~ren t terden ein positives Resultat auf; also haben wi res aueh bei der Maus zum Teil mit sieherem myeloischem Gewebe zu tun. Dazu stimmt aueh, daft sieh in der Leber entmilzter Mguse grofte Zellen linden, die naeh ihrem ganzen Aussehen kaum anders als als Megakaryoeyten zu deuten sind; sie liegen teils isoliert in Ca- pillaren, teils in den periportalen Zellhaufen. Sie sind stets unge- speiehert.

Ein Vergleich der Befunde bei Maus und Rat te zeigt, dag es sieh um prinzipiell gleiehartige Vergnderungen handelt, nur sind diese bei der Rat te quanti tat iv geringer entwickelt. Abet da wie dort finden sieh perivaseuli~re Zellhaufen, die zum Teil speieherf~hige Zellen enthalten, da wie dort daneben Zellhaufen yon intraeapillgrer Lagerung, die zum Teil myeloisehem Gewebe entspreehen und in zellmorphologiseher Be- ziehung wohl eharakterisiert sind. Bei beiden Tierarten nehmen die Zellwueherungen in der Niere eine gesonderte Stellung ein. Sie beteiligen sieh nieht an der vitalen Speieherung weder bei der t~atte noeh, wie ieh in Ubereinstimmnng mit SeiJert beriehten kann, bei der Maus. Daft sie sieh nicht am Blutabbau beteiligen, hat schon M. B. Schmidt er- wi~hnt ; in lJbereinstimmung damit war bei Ratte und Maus die Eisen- probe in denselben stets negativ.

Die Deutung der beschriebenen Veri~nderungen wird dureh unsere neuen ergi~nzenden und erweiternden Befunde nicht erleichtert. M. B. Schmidt spricht yon ,,Milzersatzgewebe", Mlerdings macht er selbst die Einschriinkung, dag das neugebildete Gewebe und die Kupffer- schen Sternzellen die Milzfunktion fibernehmen. Es scheint naeh unseren Befunden, dag letztere zumindest die Hauptrolle dabei spielen, was mit den Angaben Schmidts und Sei/erts tibereinstimmt, nach denen die neugebildeten Herde funktionell weder in bezug auf Farbstoff- aufnahme (Sei/ert) noch auf Blutabbau (Schmidt) vollwertig sind; da- gegen sind die Kupfferschen Sternzellen aueh nach unseren Befunden in hSchster T~tigkeit, wie aus der VergrSfterung, Ansehwellung und vielfachen Abl6sung zu erschlieften ist. Ebenso sprieht die grSftten- tells lebhafte Farbstoffspeieherung in diesem Sinne (diesbeziiglieh sei auf die einleitenden Bemerkungen sowie auf die hierhergehSrigen Ausfiihrungen, die Farbstoffspeicherung als Funktionsprobe better- fend, in der ersten Mitteilung verwiesen). Betrachten wir mit M. B. Schmidt die Eisenphanerose in der Leber (als Fingerzeig fiir er-

668 K. Paschkis:

folgten Blutabbau, also als Milzfunktion) als Indikator der Uber- nahme der Miizfunktion, so linden wir gerade in unseren Zellherden bei der Ratte iiberhaupt kein mikrochemisch nachweisbares Eisen. Sehr klar geht aber aus unseren Befunden die h~mopoetische Natur zahlreicher dieser Bildungen hervor. Die Auffassung des neugebildeten Gewebes als bloBer Ersatz der Milzfunktion scheint uns nach dem Gesagten zu enge.

Wir h~tten es dann n~mlich mit einem ,,Ersatzgewebe" zu tun, das den Funk- tionsersatz, soweit dies morphologisch zu beurteilen ist, gar nicht roll erfiillen k~nn - - eine Erscheinung, die uns zwar bei hochspezifizierten Driisengeweben (z. B. ,,frustrane Regeneration" in der Niere) bekannt ist, aber in das Bild biolo- gischen Verhaltens der mesenchymalea Gewebe nicht pa•t. Und dieses ,,Ersatz- gewebe" w~re auf der anderen Seite in einer Richtung, die der Milzfunktion doch nur akzessorisch zukommt, weitergehend differenziert (Haemopoese).

Kuczynski hat in Fortfiihrung Goldmannscher Versuche unter an- derem die Milz- und Leberstruktur bei Ratten und M~usen unter ver- schiedenen Kostformen studiert. Die yon ihm beschriebenen zelligen Reaktionen in der Leber (nur auf diese wollen wir hier eingehen) gleiehen weitgehend den hier beschriebenen. Von Wichtigkeit scheint fiir unsere Betrachtung bei diesen Versuchen zun~chst die Tatsache, da[~ auch ohne Milzentfernung sotche Zellherde auftreten k6nnen. M. B. Schmidt hatte schon die Vermutung ausgesprochen, da6 auch ohne Exstirpation der Milz, aber bei iiberm~6iger Beanspruchung, bei Insuffizienz der- selben, die Gewebsneubildung stattfinden dfirfte.

Es w~re dies natiirlich v611ig vereinbar mit der Angabe Kuczynslcis, da[~ sich die MilzerL seiner Versuchstiere in h6ehster Aktivit~t befanden, denn die Suffizienz oder Insuffizienz eines Organes ergibt sich aus dem Quotienten yon Aufgabe und Leistungsf£higkeit. Ob der tJbertritt normalerweise in der Milz verarbeiteter Stoffwechselprodukte oder ab- normer Stoffwechselprodukte fiberhaupt in den Kreislauf tats~chlich, wie das Kuczynski in den Vordergrund stellt, den Schliissel zum Ver- st~ndnis aller dieser mesenchymalen Reaktionen gibt, wage ich nicht zu entscheiden; wenn man den Begriff der abnormen Stoffwechsel- produkte nicht zu eng faint, so ist diese Auffassung sicherlich anschau- lich und als Arbeitshypothese geeignet.

Lauda hat in einer gleichzeitig und unabhgngig yon unseren Unter- suchungen verfal~ten Arbeit sich speziell dem Studium der der Splen- ektomie folgenden An~mie bei der Ratte gewidmet. Das Auftreten einer An~mie nach Milzentfernung ist schon wiederholt bei verschiede- nen Versuchstieren beschrieben worden, so beim Hunde (Asher und Vogel u.a.) , bei der Maus (M. B. Sehmidt), bei der l%atte (Domagk). Da~ es bei Ratten nach der Operation zu einer betr~chtlichen An~mie kommen kann, haben auch wir bei manchen unserer Tiere gesehen. Aber niemals war sie so hoehgradig, dal~ die Tiere daran etwa ein-

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gegangen wS~ren. Naeh Laudas Untersuehungen handelt es sieh bei dieser Aniimie der I~atten um eine der sog. Pferdepernieiosa iihnliehe Erkrankung, die dureh ein filtrierbares Virus hervorgerufen sei, das dutch die Milzexstirpation im KSrper zur Haftung komme W/thrend frfihere Untersueher (Lepehne, Domaglc) die Angmie als Folge der Milz- exstirpation und der irffolge dieser eintretenden Hyperfunktion des iibrigen Retieulo-Endothels, namentlich der Kupfferzellen auffassen, sieht Lauda diese Hyperfunktion als Folge der Infektion resp. der dutch dieselbe bedingten An~tmie an. Ohne hier auf diese Frage nS~her ein- zugehen, sei nut hervorgehoben, dal3 Laudas Ansieht offenbar dahin neigt, die gesamte Reaktion, speziell der Rattenleber, auf dieses Mo- ment zuriiekzufiihren. Seheint es uns aueh durehaus wahrseheinlieh, dag ein Teil der Reaktionen bei der splenektomierten Ratte so zu er- klgren ist, so diirfte doeh die gesamte Zellreaktion kaum aussehlieglieh auf die Virusanfimie zurfiekzuffihren sein. Sehon die Ahnliehkeit der Bilder mit denen bei der Maus (die Virusan/tmie ist naeh Lauda auf die Maus aueh naeh Milzentfernung nieht iibertragbar) sprieht nieht in diesem Sinne. Aueh sind aus der mensehliehen Pathologie in der letzten Zeit iihnliehe Bilder naeh Splenektomie besehrieben worden, wenn diese aueh quantitativ welt zuriiekstehen hinter den tierexperi- mentellen Befunden (HirschJeld, M. B. Schmidt). Mit der An/tmie an sieh seheinen die Zellwuehernngen aueh nieht zwangsl/iufig verbunden zu sein, da eine solehe im Gefolge der Splenektomie nieht nur bei Maus und Ratte, sondern z .B. aueh beim Hund beobaehtet ist, bei dem solehe Zellwueherungen niemals naehgewiesen wurden. Des weiteren haben unsere Tiere, wenn aueh im weehselnden Ausmage sgmtlieh (tie besehriebenen Ver/tnderungen gezeigt, obwohl sie dutch Monate am Leben blieben und kliniseh keine oder nut unwesentliehe Krankheits- erscheinungen zeigten. Die An~mie war also offenbar eine geringere~).

Wenn wir aueh nieht die Gesamtheit der morphologisehen I~eak- tionen, speziell der ,,Spi~treaktionen", lediglich auf die in ihrem Aus- mal3 schwankende Angmie beziehen dtirfen, so ist es dagegen sehr wohl m6glieh, dab die Entwieklung dieser Zellwucherungen zu myeloisehem Gewebe, die wir bei einzelnen Tieren und auch da nicht in allen Herden feststellen konnten, eine Folge der Angmie sein k6nnte.

So sind aueh bei der pernizi6sen Angmie der Pferde sowohl myelo- isehe Bildungen in der Leber (Seyderhelm, Stroh) als aueh retieulo-endo- theliale Wucherungen (Ja//d) bekannt geworden. Letztere fagt Ja//d als vikariierende Bildungen ffir die fiberlastete Milz auf ; in seinen F/il!en, wo myeloische Herde in der Leber fehlten, war auch die An/imie eine

1) Wir haben bei unseren Tieren nur in vereinzelten Fiillen Blutbefunde ge- macht, und zwar bei mehreren zum Zeitpunkt der TStung, .also lange Zeit nach der Splenektomie, bei einigen auch anschlieBend an dieselbe.

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verh/~ltnism~Big geringere. Es will somit scheinen, daft die Beziehungen zwischen der gat tenan~mie ~nd dem neugebildete~l Gewebe in der Richtung zu suchen w/iren, dais die Splenektomie nicht nur zum Haften des Virus (Lauda) ftihren wiirde, wobei dann Infektion und An~mie die weiteren Reaktionen auslOst, sondern die Milzexstirpation (oder Milz- insuffizienz) durch Entfernung grof~er Mengen reaktionsf~higen Ge- webes fiir die Gewebsneubildung in der Leber den Boden bereitet. Richtung und Ausmal~ der Reaktion kOnnte im Sinne Laudas durch die Virusinfektion und An/imie mitbestimmt sein.

M. B. Schmidt hat auf die Ahnlichkeit seiner Bilder mit leuk~misehen Wucherungen hiugewiesen; es sei auf 5hnliehe ~Befunde bei experimen- teller extramedull/irer Blutbildung hingewiesen (Ja]/d), ferner auf Zell- wucherungen in der Leber bei Knochenmarkscarcinose (Askanazy). Ja//d, der die extramedull/~re Blutbildung bei der weil~en Maus unter experimentellen Bedingungen (Aderlaft, Blutgiftan/imien) studiert hat, beschreibt in Leber, Lymphdrfisen und Milz Bilder, die an die yon uns beschriebenen sehr erinnern. Es erscheint nicht unwichtig, dab auch bloBe Milzexstirpation in unseren Versuchen sowohl bei Rat ten wie bei M/iusen zu extr~medull/~rer Blutbildung ftihrt. Ja//d finder sie stets wohl untersehieden von den Wueherungen, die M. B. Schmidt besehreibt und die auch er bei milzexstirpierten Tieren neben den myeloisehen Bildungen findet. Von Bedeutung scheint es uns, dab aueh in Ja]/ds F/illen die myeloischen Wucherungen bei milzexstirpierten, mit Blut- giften behandelten Mi~usen ausgedehnter waren als bei den Tieren ohne Milzexstirpation (siehe namentlich seine Lymphdriisenbefunde).

Er sieht in der besseren KolonisationsmSglichkeit, in den durch die Milzexstirpation vergrSBerten hyper/~mischen, in ihrer Struktur auf- geloekerten Lymphdriisen die Ursache dafiir. Da aber die bloBe Milz- exstirpation allein schon zu myeloischen Bildungen fiihrt, so dfirfte auch eine andere Erkl/irungsmSglichkeit berechtigt sein, die sich auf eine autochthone Entstehung des myeloischen Gewebes stfitzt. Das gewichtigste Argument dagegen ist bei Ja/]d (der im Prinzip und fiir andere F~lle eine solche autochthone Entstehung zugibt) das Fehlen yon Mitosen in den Kupfferschen Sternzellen bei reichlichen Mitosen in den myeloischen Bildungen. Die Bedeutung dieses Argumentes stiitzt sich doeh wohl auf die Annahme gleichen Tempos der Zellvermehrung bei Kupfferzellen und myeloischen Zellen, die nieht erwiesen und kaum erweisbar ist; es mtiBte sich dann ja doeh wenigstens in der Umgebung der retieulo-endothelialen Wueherungen vom Typus Schmidts reiehlich Mitosen in den Kupfferzellen finden! Ferner sei darauf hingewiesen, dab man z .B. im Knochenmark (menschliches Sektionsmaterial) in bestimmten Funktionsstadien Mitosen viel reichlicher in Myelocyten als in Myeloblasteu findet, mit anderen Worten: Es gibt eine lebhafte

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Myelopoese, ohne dab an al len Stel len in gleicher Intensit /~t auf die Mlerjf ingsten F o r m e n zurfickgegTiffen wird. Unsere u n t e n n/iher ge- schi lder te Auffassung wird also durch die Mitosenverh/~ltnisse n i ch t wesent l ich e rsch i i t t e r t .

Aueh in Neud6rjers Versuchen (unter Joannovics) waren myeloisehe Bi ldungen in der Leber von Tumorm/ iusen be t r~ch t l i eher bei milz losen als bei Milzt ieren.

Kuczynski hat - - ebenfalls unter Himveis auf leuk/£mische und an/imische Befunde - - betont, dab die Zellwucherungen ,,Blutbildungsgewebe" (sc. im aller- weitesten Sinne des Wortes, unter Einbeziehung des gesamten Milzgewebes in diesen Begriff) darsteJlen. Diese Bezeichnung fiir die Gesamtheit der geweblichen Reaktion scheint yon dem begrfiBenswerten Gedanken getragen, die Vorg/~nge unter m6gliehst weitem Gesiehtspunkt einheitlieh zu erfassen, erseheint mir aber dennoch nicht glfiek]ich, da sie natfirlich an spezifiziertes h/imopoetisches Ge- webe im engeren Sinne denken lassen mug, um solches handelt es sieh jedoeh nur zu einem Teil.

Wir m6ch ten v ie lmehr annehmen, , tab wit hier in diesem neugebil. deten Gewebe ein sehr unrei/es, undi//erenziertes, aber nach verschiedenen Riehtungen di/]erenzierungs]dhiges (pluripotentes) Mesenchymgewebe vor uns habenl). Die Differenzierung erfolgt tel ls in der R i c h t u n g speiche- rungsf~higer, B lu t a b b a u e n d e r re t i cu lo-endothe l ia le r Zellen (diese k6nn ten am , ,E r sa t z" der Mi lz funkt ion be te i l ig t sein), tei ls in der Rich- tung e ry thro- und leukopoet i scher Zellen (Oxydase reak t ion , Hiimo- globinre~kt ion) , te i l s is~ ze l lmorphologisch eine wei te re Differenzierung n ieh t fes ts te l lbar . Ob aueh l y m p h o e y t ~ r e Zellen aus d iesem Gewebe hervorgehen, k6nnen wir n ieh t sagen, lassen sieh doeh sehr junge l y m p h o e y t g r e E lemen te bei den angewende ten F~rbeve r f ah ren nieh~ mi t Sieherhei t e rkennen. E in Teil der Zellen dfirfte wohl in der beob- aeh te ten Versuehsdauer undi f fe renz ie r t bleiben. Die Rege lung der , R i e h t u n g " dieser wei te ren Differenzierung mag vom , ,Bedar f" ab- hSngen2). Eine Auffassung, wie die hier gegebene seheint , ohne sieh ins uferlos Speku la t ive zu verl ieren, den a l lgemein biologischen Hor i - zont vor Augen, als eine f rueh tba re Arbe i t shypo these . Zu s t i i tzen w~ire sie auger durch die sehon e rwghn ten Befunde andere r A u to re n und durch die eigenen auch noch dureh die A n g a b e n NeuddrJers, der eben- falls S ternze l lenwueherung, Schmidtsehe t t e r d e und myeloische Zell-

1) Natiirlich enthalten unsere Befunde keinen Beweis fiir das Vorkommen soleher pluripotenter mesenchymaler Elemente im postfetalen Leben. Dieser Beweis ist bis heute nieht erbracht; die Wahrscheinlichkeit wird yon versehiede- nen Autoren sehr verschieden beurteilt. Dieser Punkt meiner Ausffihrungen trfigt somit den Charakter des Hypothetischen.

2) Eine weitere Diskussion dieser Frage wiirde in das Gebiet naturphilosophi- seher Er6rterung ffihren. Die gebrauchte Ausdrucksweise ist teleologisch. Be- grifflich ist damit nat/irlich nichts gesagt; wir bedienen uns der D~rstellung, ,,als ob" eine Teleologie vorhanden w~re.

Z. f. d. g. exp. M~d. IL. 4 3

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lager unter e inhei t l iehem Gesichtspunkt auffa6t . Es sei auch no eh-

reals auf die Befunde Ja//ds bei der Pferdeperniciosa hingewiesen: Re-

t ieulo-endothel ia le Bi ldungen in der Leber bei ( Jber las tung der Milz,

myeloische bei hShergradiger Angmie ; wir g lauben aueh hier einen Hin-

weis au{ die Plur ipotenz des neugebi lde ten Gewebes und Bes t immung

der Differenzierungsr ichtung nach dem Bedarf zu erblicken.

~ b e r die En t s t ehungsa r t und die Klassif izierung dieser Zellneu-

b i ldungen l~i3t sich zur Zei t nichts Bes t immtes aussagen: H a n d e l t es

sich um Regenerat ionsprozesse bei Defekt (M. B. Schmidt), um Neu-

b i ldungen kompensa tor i schen Charakters infolge yon U b e r t r i t t ab-

normer Stoffwechselprodukte in den Kreislauf (Kuczynski) odor um

eine Korre la t ionss tSrung, eine , ,GleichgewichtsstSrung" innerha lb des

re t iculo-endothel ia len Systems, a l lgemeiner : des Mesenchyms? Die

le tz te re Formul i e rung habe ich gewi~hlt, well sie mir am wenigs ten zu

prgjudiz ieren scheint und daher n icht durch den Trug einer Schein-

bean twor tung yon weiterer Un te r suchung abhgngt .

Es lgBt sich also feststellen, da~ bei der l~at~e nach Sp lenek tomie

morphologische Vergnderungen am fibrigen Re t i cu lo -Endo the l zu l inden

sind. A m auffal lendsten sind die Vergnderungen der Leber, wo es

neben einer deut l ichen Reak t ion an den Kupfferzel len zu Zellwuche-

rungen kommt , die grSl~tenteils aus n icht speichernden E l e m e n t e n be-

stehen, teilweise Blu tb i ldungsherde darstellen, aber n ich t in ihrer Ge-

s~mthe i t schlechtweg als das Milzersatzgewebe be t raeh te t werden dfirfen.

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