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306 J. DORNER, W. FLACKE und C. R. SWAINE : Es wurde 1. die Geschwindigkeit des Eintritts in die Cornea und Blasenschleimhaut bestimmt. Procain und Cocain wurden bei allen Versuchen langsamer aufgenommen als Pantocain und Nupercain. 2. wurde an der isolierten Cornea die Permeation der Lokalanaesthe- tica beobachtet. Dabei wurde festgestellt, dab yon Procain und Cocain, trotz ihrer geringeren Resorption, mehr durch die Cornea durch- gedrungen war, als yon Pantocain und Nupercain (Tab. 1). Die letzten beiden Substanzen haben also eine st/irkere Haftfestigkeit im Gewebe und werden st/~rker in der Cornea angereichert, was auch durch Ex- traktionsversuche best~tigt wurde. Die F/~higkeit eines Lokalanaesthe- ticums zur Schleimhautanaesthesie beruht demnach auf dem leichten Eindringen und der festen Bindung im Gewebe. Tabelle 1. Isolierte Katzen-Cornea in 1,5 ml 10 -a mol/l Lolcalanaestheticum getaucht. Auf innere Seite der Cornea 0,6 ml physiolagische Koehsalz168ung. 30 min 30°C PH 7,4 Zahl Resorbierte Menge Durchgedrungene Menge Von resor- Lokal- der der Lokalanae~thetica der Lokalanaesthetica bierter Men- ._ gc ist durch- anaestheticum Experi- i gedrungen mente 10 -s 31ol I /~g 1 0 -8 1-~Io1 Pg / % Procain 5 12,0 ~ 1,34 32,6 2,4 ~-- 0,38 6,53 20 Cocain 5 16,8 :~ 2,0 57,0 2,4 ~: 0,4 8,15 14,3 Pantocain 4 21,6 :~ 1,6 64,9 1,0 ~: 0,1 3,03 4,68 Nupercain 5 32,4 ~ 2,8 123,0 0,84 ~ 0,06 3,2 2,6 Diskussion. L. LENDLE (G6ttingen): Die Befunde widerlegen eindeutig die falsche Vorstellung, dab Novocain nicht oberfl~chenanaesthetisch wirke, well es nicht ins Gewebe eindringe. Novocain diffundiert zu schnell durch Schleimh~ute. Daher wirkt es mit 10--20~o auch an/~sthetisch, weil mit so hohem Gef/~lle ge- niigende Konzentrationen in der Schleimhaut erreicht werden. Auch die Esterasen k6nnen das Novocain zu schnell abbauen. ](ann man durch Eserin die Ober- fl/~chenanaesthesie verst/~rken ? W. WIRTn (Wuppertal-Elberfeld): In organischen wasserl6slichen L6sungs- mitteln, die vielfach in modernen Zubereitungsformen fiir Schleimhautanaesthesie in der Zahnheilkunde Anwendung fin@n, kann die Eindringungsgeschwindigkeit der Lokalanaesthetica wesentlich ver/indert, oft sogar gegeniiber w~Brigen LSsungen verbessert sein. Der Vortragende wird nach seinen Erfahrungen in dieser Hinsicht gefragt. J. DORNER, W. FLACKE und C. R. SWAINE (Boston): Zur Frage der Be- teiligung atropinunempfindlieher Vasodilatatoren bei der neurogenen Gef~iBdilatation naeh Adrenalin und Noradrenalin Adrenalin und Noradrenalin bewirken auf nervalem Wege eine Dilatation der Sekeletmuskelgef~Be. Diese Dilatation ist unabh'~ngig yon der Blutdruekwirkung und kommt nicht fiber eine zentrale oder fiber die

Zur Frage der Beteiligung atropinunempfindlicher Vasodilatatoren bei der neurogenen Gefäßdilatation nach Adrenalin und Noradrenalin

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306 J. DORNER, W. FLACKE und C. R. SWAINE :

Es wurde 1. die Geschwindigkei t des E in t r i t t s in die Cornea und Blasensch le imhau t bes t immt . Proca in und Cocain wurden bei allen Versuchen langsamer aufgenommen als P a n t o c a i n und Nupercain .

2. wurde an der isol ier ten Cornea die Pe rmea t ion der Lokalanaes the- t ica beobachte t . Dabe i wurde festgestel l t , dab yon Procain und Cocain, t ro tz ihrer ger ingeren Resorpt ion , mehr durch die Cornea durch- gedrungen war, als yon Pan toca in und Nuperca in (Tab. 1). Die le tz ten beiden Subs tanzen haben also eine st / i rkere Haf t fes t igke i t im Gewebe und werden st/~rker in der Cornea angereicher t , was auch durch Ex- t r ak t ionsversuche bes t~t ig t wurde. Die F/~higkeit eines Loka lanaes the- t i cums zur Sch le imhautanaes thes ie be ruh t demnach auf dem leichten E indr ingen und der festen Bindung im Gewebe.

Tabelle 1. Isolierte Katzen-Cornea in 1,5 ml 10 -a mol/l Lolcalanaestheticum getaucht. Au f innere Seite der Cornea 0,6 ml physiolagische Koehsalz168ung. 30 min 30°C

PH 7,4

Z a h l R e s o r b i e r t e Menge D u r c h g e d r u n g e n e Menge Von resor- L o k a l - der der L o k a l a n a e ~ t h e t i c a der L o k a l a n a e s t h e t i c a b i e r t e r Men-

._ gc i s t du rch - a n a e s t h e t i c u m E x p e r i - i g e d r u n g e n

m e n t e 10 -s 31ol I /~g 10 -8 1-~Io1 Pg / %

Procain 5 12,0 ~ 1,34 32,6 2,4 ~-- 0,38 6,53 20 Cocain 5 16,8 :~ 2,0 57,0 2,4 ~: 0,4 8,15 14,3 Pantocain 4 21,6 :~ 1,6 64,9 1,0 ~: 0,1 3,03 4,68 Nupercain 5 32,4 ~ 2,8 123,0 0,84 ~ 0,06 3,2 2,6

Diskussion. L. LENDLE (G6ttingen): Die Befunde widerlegen eindeutig die falsche Vorstellung, dab Novocain nicht oberfl~chenanaesthetisch wirke, well es nicht ins Gewebe eindringe. Novocain diffundiert zu schnell durch Schleimh~ute. Daher wirkt es mit 10--20~o auch an/~sthetisch, weil mit so hohem Gef/~lle ge- niigende Konzentrationen in der Schleimhaut erreicht werden. Auch die Esterasen k6nnen das Novocain zu schnell abbauen. ](ann man durch Eserin die Ober- fl/~chenanaesthesie verst/~rken ?

W. WIRTn (Wuppertal-Elberfeld): In organischen wasserl6slichen L6sungs- mitteln, die vielfach in modernen Zubereitungsformen fiir Schleimhautanaesthesie in der Zahnheilkunde Anwendung fin@n, kann die Eindringungsgeschwindigkeit der Lokalanaesthetica wesentlich ver/indert, oft sogar gegeniiber w~Brigen LSsungen verbessert sein. Der Vortragende wird nach seinen Erfahrungen in dieser Hinsicht gefragt.

J. DORNER, W. FLACKE und C. R. SWAINE (Boston): Zur Frage der Be- teiligung atropinunempfindlieher Vasodilatatoren bei der neurogenen Gef~iBdilatation naeh Adrenalin und Noradrenalin

Adrena l in und Noradrena l in bewirken au f nerva lem Wege eine D i l a t a t i on der Sekeletmuskelgef~Be. Diese Di l a t a t ion is t unabh'~ngig yon der B lu td ruekwi rkung und k o m m t n ich t fiber eine zentrale oder fiber die

Betefligung atropinunempfindlieher Vasodflatatoren 307

Depressornerven gehende reflektorische Wirkung zustande. Sie wird durch Atropin nicht beeinfluBt.

Die Frage ist: liegt der Dilatation urshchlich eine Senkung des Vasokonstriktorentonus zugrunde oder sind atropinunempfindliche vasodilatatorische Nerven am Zustandekommen der Dilatation be- teiligt ?

Zur Priifung der Frage wurden am gekreuzten Kreislauf von Hunden 14 Ver- suche mit Dibenamin durchgefiihrt. Die Hinterextremit~t wurde yon einem Spender- hund durchstrSmt, der Kollateralkreislauf unterbunden, die Durchblutung mit SHIPLsY-Rotametor und der arterielle Druck mit STxTHA~-Elementen gemessen. Noradrenalin (0,5 ~/kg und mehr) wurde i.v. in den Versuehshund injiziert, Diben- amin meist i.a. in die durchstrSmte Extremit~t, selten i.v. in den Spenderhund infundiert. Die Versuche fiihrten zu folgenden Ergebnissen:

Die Gef~Bdilatation in dem durchstrSmten Bein nach i.v. Injektion von Noradrenalin war in 9 Versuchen auch nach Vorbehandlung mit Dibenamin in einer Dosierung, die geniigte, die konstriktorische Nor- adrenalinwirkung (1 y/kg i.a.) vollst£ndig zu blockieren, noeh vorhanden. Die St~rke dieser Noradrenalin-bedingten GefaBdilatation, gemessen an der Durehblutungszunahme, nahm notwendigerweise nach Dibenamin wegen des stark herabgesetzten peripheren Gef~Bwiderstandes ab. Bei Vergleich mit der Durchblutungszunahme nach i .a . Injekt ion von Acetylcholin ergab sich, daB die Noradrenalinmehrdurchblutung im Mittel nicht starker abgeschwaeht war als die Mehrdurchblutung naeh Aeetyleholininjektion. Der periphere Gefi~Bwiderstand in dem durch- strSmten Bein wurde vor und nach Dibenamin dureh die Noradrenalin- injektion im Durchschnit t auf gleiche Werte gesenkt. Die Gef~Bdila- ration naeh Noradrenalin konnte noch vorhanden sein, w~hrend an- schliel3ende Durchschneidung oder Kfihlung (bis unter 0 °) der Hinter- extremit~tennerven zu keiner oder einer geringeren Mehrdurehblutung fiihrte.

In 5 Versuchen war in dem durchstrSmten Bein nach l~ngerer Dibenamineinwirkung durch i.v. Noradrenalininjektionen keine Gef~13- dilatation mehr auszulSsen. In 3 yon diesen 5 Versuehen war die noradrenalinbedingte Durchblutungszunahme vor Dibenamin schon sehr gering. In 2 Versuchen war mit der Noradrenalindilatation auch die Dilatation nach i.a. Injekt ion entspreehender Dosen Acetylcholin auf- gehoben, w~hrend in 2 weiteren Versuchen die Mehrdurchblutung nach Acetyleholin nnr noeh wenige cm3/min betrug.

Die Ergebnisse sprechen stark daffir, dab die in den Skeletmuskel- gef~Ben auftretende Dilatation naeh i.v. Injekt ion yon Noradrenalin (und Adrenalin) nicht durch eine Hemmung des Sympathikotonus, sondern fiber atropinunempfindliche Vasodilatatoren zustande kommt. Der Beweis dafiir wird an einen direkten Nachweis der dabei beteiligten Ubertrhgersubstanz gebunden sein.

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308 V. G6Rme~: Zur Deutung eincr ,,paradoxen" Atropinwirkung

Weitere 26 Versuche unter Verwendung yon Coeain, Tetra/tthyl- ammonium und Curare, ebenfalls zum gro{~en Tell am gekreuzten Kreislauf durchgef/ihrt, ergaben keine im Sinne der Fragestellung verwertbaren Ergebnisse.

V. G6RISCH (Leipzig) : Zur Deutung einer,,paradoxen" Atropinwirkung

Wie Lt~LLMANN, FOtCSTER U. WESTERMANN zeigen konnten, vermag Atropinsulfat unter best immten Bedingungen die Acetylcholinkontrak- tion des Blutegelrtiekenmuskels zu verst~rken. Eine Muskelverktirzung tr i t t aber aueh auf, wenn Atropin allein oder auf der H6he der durch Acetylcholin, Cholin, Carbaminoylcholin, Suecinylbiseholin und Deka- methonium hervorgerufenen Kontrakt ionen zugesetzt wird. Diese Effekte sind an vollst/~ndig eserirfisierten Pr£paraten besonders h/iufig zu beobachten. Die ,,paradoxe" Atropinwirkung kann daher nieht mit der Cholinesterasehemmung allein erkl/~rt werden.

Nach Atropingabe kam es manchmal zu Spontankontraktionen, wie sie auch nach Anwendung yon Netzmitteln auftreten kSnnen. Daher wurden einige oberfl/~chenaktive Substanzen, vor allem Natrium- decylsulfonat und Natriumdehydroeholat in die Untersuchungen ein- bezogen. Sie riefen die gleichen Verst/irkungseffekte mit anniihernd gleieher H/~ufigkeit wie Atropin hervor, obwohl ihre mit der RingabreflL methode gemessene Aktivit£t an Grenzfl/ichen zwischen w/~Brigen LSsungen und Luft wesentlieh gr51~er war. Die F/~higkeit, das polaro- graphiseh bestimmte Sauerstoffmaximum einer luftges~ttigten Kalium- ehloridl6sung zu d/~mpfen, liel~ zwar keine eindeutigen Beziehungen zur kontraktionsverst/trkenden Wirkung dieser Substanzen erkennen, die gro~e J~hnliehkeit der wirksamen Konzentrationen fiel jedoch auf. Der , ,paradoxe" Atropineffekt kann also auf keinen einheitlichen Angriffs- punkt zuriiekgeffihrt werden. Von erheblicher Bedeutung dfirften jedoeh die physikochemischen Eigensehaften des Atropins an Grenzfl/tehen zwisehen fl/issigen, halbfl/issigen und festen Phasen sein, unabh/ingig yon seiner chemisehen Struktur und den daran gebundenen Wirkungen auf spezifisehe l~eceptoren.

Literatur LULLMANN, I-I., W. FORSTER U. E. WESTERMANN: Arch. exper. Path. u. Phar-

makol. 215, 8 (1952).

Diskussion. H. F. ZIPF (Miinchen) : Paradoxc Atropinwirkungen im Sinne von Tonusanstieg und Kontraktion kSnnen am quergestrefften isolierten Muskel bei geringer pH-Verschiebung nach der alkalischen Seite auftreten.

Schlu[3wort V. GSRISCH: Der Einflu~ der Wasscrstoffionenkonzcntration wurde beriicksichtigt. Die LSsungen sind vor jedem Versuch mit Glaselektrode oder Lyphanpapier auf pH 7,2 cingestellt worden.