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(Ausder Abteilungfiir Experimentelle Zoologie und Zellphysiologie des Zootomischen Institutes, Stockholm.) ZUR KENNTNIS DES VEGETATIVEN STOFFWECHSELS IN[ SEEIGELEI. Von Per ERIC LIND~Ifl und AK]~ STORDAL. Mit 6 Textabbildungen (13 F, inzelbildern). (Ein~legange~ a~n 29. Dezember 1936.) Einleitung. HE~BST (1897, 1904) zeigte, dab Sulfat-Ionen fiir die Entwieklung des Seeigelkeimes notwendig sind, und dab sie erst im Blastulastadium und spateren Stadien eine Rolle spielen. Bei SO~-N[angel finder eine Sehadigung und Hemmung der vegetativen Teile des Keimes start. Die Entodermzellen sind getrfibt und gelblieh verfarbt, und da sie nieht in normaler Weise gestreckt werden, wird die Entodermwand starker als gewShnlich. Das Entoderm fallt kleiner als normal aus, und die Wimperschopfzone breitet sich aus. Das Entoderm bleibt oft ungegliedert. Das primare N[esenchym bildet nieht, wie normal, den bekannten Skeletbildnerring, sondern hauft sich in unmittelbarer Nahe des Darmes an, was auf Hemmungen entweder in den Skeletbfldnerzellen oder in dem sie dirigierenden Ektoderm (HE~Bs~ 1895, D~ESCH 1896) zu- riiekzuffihren ist. Die Ausbreitung der Wimpersehopfzone sowie die Versehiebung der Ektoderm-Entodermgrenze in vegetativer Richtung ist als eine Animalisierung (LI~DXHr~ 1933) zu bezeiehnen. Die dorso- ventrale Organisation ist mehr oder weniger unterdrfiekt und di~ Keime k6nnen in extremen Fallen vollkommen radiarsymmetrisch sein. Wird die Ca".Konzentration des SO~'-freien N[eerwassers erhSht, kanu die Animalisierung noeh starker werden, und es entstehen darmlose Keime mit einem sehr groBen Wimperschopf (HERBST 1904). RUNNSTRSM (1928) maehte darauf aufmerksam, dab die VergrSBerung des Wimpersehopfes als Folge einer vegetativen Hemmung aufgefaBt werden muB. Bis zum Blastulastadium wird die Atmung in keiner Weise durch den SO~-N[angel beeinfluBt (Lr~D~m~ 1935, 1936). Bald naehdem die primaren N[esenehymzellen eingewandert sind, ruft aber der SO~'-N[angel eine Atmungshemmung hervor. Da hauptsaehlieh der vegetative Tefl des Keimes durch den SO~'-N[angel gesehadigt wird, semen es wahr- scheinlieh, dab auch die Atmungshemmung hauptsachlieh auf dieses Gebiet des Keimes begrenzt ist (LrND~n~J 1936). LIND~m~ (1934, 1936) zeigte, dab die vegetativisierend wirkenden Li-Ionen die Atmung des Fellow der RockefellerFoundation.

Zur Kenntnis des vegetativen Stoffwechsels im Seeigelei

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(Aus der Abteilung fiir Experimentelle Zoologie und Zellphysiologie des Zootomischen Institutes, Stockholm.)

ZUR KENNTNIS DES VEGETATIVEN STOFFWECHSELS IN[ SEEIGELEI.

Von Per ERIC LIND~Ifl und AK]~ STORDAL.

Mit 6 Textabbildungen (13 F, inzelbildern). (Ein~legange~ a~n 29. Dezember 1936.)

Einleitung. HE~BST (1897, 1904) zeigte, dab Sulfat-Ionen fiir die Entwieklung

des Seeigelkeimes notwendig sind, und dab sie erst im Blastulastadium und spateren Stadien eine Rolle spielen. Bei SO~-N[angel finder eine Sehadigung und Hemmung der vegetativen Teile des Keimes start. Die Entodermzellen sind getrfibt und gelblieh verfarbt, und da sie nieht in normaler Weise gestreckt werden, wird die Entodermwand starker als gewShnlich. Das Entoderm fallt kleiner als normal aus, und die Wimperschopfzone breitet sich aus. Das Entoderm bleibt oft ungegliedert. D a s primare N[esenchym bildet nieht, wie normal, den bekannten Skeletbildnerring, sondern hauft sich in unmittelbarer Nahe des Darmes an, was auf Hemmungen entweder in den Skeletbfldnerzellen oder in dem sie dirigierenden Ektoderm (HE~Bs~ 1895, D~ESCH 1896) zu- riiekzuffihren ist. Die Ausbreitung der Wimpersehopfzone sowie die Versehiebung der Ektoderm-Entodermgrenze in vegetativer Richtung ist als eine Animalisierung (LI~DXHr~ 1933) zu bezeiehnen. Die dorso- ventrale Organisation ist mehr oder weniger unterdrfiekt und di~ Keime k6nnen in extremen Fallen vollkommen radiarsymmetrisch sein. Wird die Ca".Konzentration des SO~'-freien N[eerwassers erhSht, kanu die Animalisierung noeh starker werden, und es entstehen darmlose Keime mit einem sehr groBen Wimperschopf (HERBST 1904). RUNNSTRSM (1928) maehte darauf aufmerksam, dab die VergrSBerung des Wimpersehopfes als Folge einer vegetativen Hemmung aufgefaBt werden muB.

Bis zum Blastulastadium wird die Atmung in keiner Weise durch den SO~-N[angel beeinfluBt (Lr~D~m~ 1935, 1936). Bald naehdem die primaren N[esenehymzellen eingewandert sind, ruft aber der SO~'-N[angel eine Atmungshemmung hervor. Da hauptsaehlieh der vegetative Tefl des Keimes durch den SO~'-N[angel gesehadigt wird, semen es wahr- scheinlieh, dab auch die Atmungshemmung hauptsachlieh auf dieses Gebiet des Keimes begrenzt ist (LrND~n~J 1936). LIND~m~ (1934, 1936) zeigte, dab die vegetativisierend wirkenden Li-Ionen die Atmung des

Fellow der Rockefeller Foundation.

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Seeigelkeimes hemmen. Werden die Keime gleiehzeitig dem Einflul3 yon SO~'-Mangel und Li-Ionen ausgesetzt, so bekommt man eine Atmungs- hemmung, die etwa gleieh der Summe der durch SO~'-Mangel und dutch Li" allein hervorgerufen wird. Morphologisch heben die Wirkungen yon SO~'-Mangel und Li" einander auf.

Eine Pheno-sulfatase wurde im Seeigelkeim nachgewiesen (L IND~ 1935, 1936) und aus diesem Grunde wurde gesehlossen, dab im Seeigel- keim, und zwar in seinen vegetativen Teilen, phenol- oder indoxyl~hnIiehe Stoffe gebildet werden, die unter normalen Bedingungen dureh ,,Paarung" mit Schwefels~ure entgiftet werden, die aber bei SO~'-Mangel angeh~uft werden und hemmend in die an die vegetativen Teile des Keimes ge- kniipften Stoffweehselvorgs eingreifen. Dadureh wiirden die Atmungs- hemmung sowie die histologisehen und morphologischen Veri~nderungen bei SO~'-Mangel zustande kommen.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, den sieh im vegetativen Gebiet des Seeigelkeimes abspielenden Stoffwechselvorg~ngen n~herzukommen. Wit haben dies auf vier verschiedenen Wegen versucht: 1. Dutch Nachweis differenzierungshemmend wirkender Stoffe, die bei SO~'-Mangel gebildet werden; 2. durch Zfiehtung yon animaien und vegetativen H~lften in SO~-freiem NIeerwasser; 3. dutch Zfiehtung yon Li'-behandelten animalen H~lften in SO~-freiem hleerwasser, und 4. durch Zfiehtung yon dutch Vorbehandlung ,,animalisierten" Keimen in SO~'-freiem Meerwasser. Als Anhang (6) werden einige orientierende Versuche fiber die Wirkung yon Phenol und einigen Indolderivaten auf die Morphologie besproehen. Die Versuche unter 1 und 6 sind hauptsi~ehlich yon STO~D~, die fibrigen von'LINDAn-r, ausgeffihrt worden.

S~mtliche Versuehe sind mit Eiern und Keimen yon Paracentrotus liuidus LK. w~hrend des Sommers 1935 in ,,Station biologique" zu Roscoff ausgeffihrt worden. Dem Direktor der Station, Herrn Professor Dr. CH. P]~EZ sowohl wie dem Unterdirektor, Herrn Dr. G. TEISSlER, danken wit f fir ihre wohlwollende F6rderung unserer Arbeit.

1. Nachweis differenzierungshemmender Stoffe, die bei SO~'.Mangel gebildet werden.

Wfirden solche Stoffe, wie Phenol oder Indoxyl, bei Zfichtung in SO~-freiem Meerwasser im Seeigelkeim entstehen, so kSnnte man er- warren, dal~ sie als in Wasser leicht 15sliche Stoffe aus den Keimen diff~ndieren und keine Giftwirkungen in den Keimen ausfiben. Besonders wiirde dies stattfinden, wean das Volumen des Mediums wie in gewShnliehen Zfichtungsversuchen im Verh~ltnis zu dem Volumen der Eier sehr groB ist. Diese Stoffe kSnnen aus einer wi~Brigen LSsung mit ~ther ausgeschfittelt werden, d.h. sie sind leichter in ~ther als in Wasser 15slich. Eine Ab- h~ngigkeit zwischen XtherlSslichkeit und 0115slichkeit verschiedener

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Stoffe ist lange angenommen worden, und wiederum sind diese Ver- hs grundlegend fiir die Verteilung 5115slicher Stoffe auf Zelle und Zellumgebung (vgl. H6B~,R 1926, S: 518). Naeh diesen allgemeinen Darlegungen ist es zu erwarten, dab Phenole und Indoxyl sieh so zwischen Zellen und ihre Umgebung verteilen, dab ihre Konzentration in den Zellen grSBer als in der Umgebung wird. Fiir Phenol liegen aueh Angaben (v. EVLE~ und BRV~IVS 1926) bei Hefezellen vor, die dies tats~ehlich zeigen. Es muB deswegen angenommen werden, dab nur ein verh~ltnis- m~Big kleiner Tell der betreffenden Stoffe die Keime verl~Bt. Wenn die Stoffe, die in bei SO~-Mangel gezfichteten Keimen nicht entgiftet werden und hier verschiedene Hemmungserscheinnngen hervorrufen, teilweise die Keime verlassen, so muB es mSglieh sein, die Wirkungen dieser Stoffe auf andere Keime nachzuweisen. Zuerst muB abet das Meerwasser mit dem fehlenden S04' erg~nzt werden. Von P~EBLES (1929) ist zwar naehgewiesen worden, d~l~ bei der Entwicklung des Seeigeleies Stoffe ausgesehieden werden, die die Entwieklung anderer Keime hemmen.

r r In Abwesenheit yon SO~ miissen aber aueh noeh andere hemmend wirkende Stoffe gebildet werden als die yon PEEBLF, S nachgewiesenen.

Um diese Arbeitshypothese zu priifen, wurden 5 Versuche in etwa derselben Weise und mit demselben Ergebnis ausgefiihrt. Wir greifen den folgenden Versuch (2.9.35) als Beispiel heraus. Die Eier eines Weib- ehens wurden gewaschen und befruchtet und durch Zusatz groBer Mengen yon Spermien yon den Gelhfillen befreit (vgl. LrND~xm 1936). Die Suspension wurde in zwei Teile yon 200 ccm geteilt. Diese wurden in zwei reehteckige Wannen gegossen, die auf einer frfiher beschriebenen Sehiitteleinrichtung (Lr~DA~L 1936) geschiittelt wurden. 10 Stunden nach der Befruchtung wurden die Keime der einen Suspension durch viermaliges Wasehen in so~r-freies Meerwasser iiberffihrt, das naeh einem yon BL~ASCEWICZ stammenden und yon RUZ~NSTROM (1928) zuerst publizierten Rezept hergestellt war. Die durch das Fehlen der MgSO 4- LSsung entstehende Erniedrigung des Mg"-Gehaltes wurde durch Zu- ffigung einer entsprechenden Menge der isosmotischen MgC12-LSsung kompensiert. Die Suspension enthielt etwa 2 Vol.-% Eier. Beim ~ber- fiihren der Keime in das SO~'-freie Meerwasser war das primi~re Mesen- ehym eben eingewandert und die vegetative Seite der Blastulae ab- geflacht. Die andere Kultur wurde gleichzeitig in vollst~ndiges kiinstliehes Meerwasser in gleicher Weise iiberfiihrt. Die beiden Suspensionen hatten jetzt ein Volumen yon 160 ccm. Die Keime der beiden Kulturen wurden 11 Stunden nach dem ~berfiihren abfiltriert, d .h . 21 Stunden nach der BefruchtUng. Die in dem vollst~ndigen Meerwasser geziichteten Keime waren in einem spaten Prismastadium mit Anfang einer Darm- gliederung und waren in allen Hinsiehten normal. Die bei SO['-Mangel kultivierten Keime hatten gastruliert, aber keine dorsoventrale Organi sation ausgebildet. Die Proportionen zwischen Ektoderm und Entoderm

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waren etwa normal. Die Entodermzellen waren aber getrfibt und dasselbe galt ffir die primi~ren Mesenchymzellen, die in ~bereinst immung mit der Darstellung HERBSTs sich nicht in den normalen Skeletbildnerring anordneten, sondern dem Entoderm dicht anlagen. Eine VergrbBerung des Wimperschopfes hatte nicht stattgefunden.

Die Eier eines frisch geSffneten Weibchens wurden befruchtet und eine Kontrollkultur in natiirlichem l~r (I) und eine andere KontroUkultur in vollsts kfinstlichen Meerwasser (II) angesetzt. Eier desselben Materials wurden auch in dem vervollsts erst SO~'-freien Meerwasser (III) und in dem gebrauchten, kiinstlichen Meer- wasser (IV) geziichtet. 50 Stunden nach der Befruchtung wurden die Kulturen untersucht und mit 2 % Formol in Meerwasser ffir statistische Verwertung fixiert. In I und I I w a r die Entwicklung gut. Die Keime waren Plutei, die nur in vereinzelten F~llen Defekte an den Oral- oder Analfortss aufwiesen. In I I I und IV waren auBer normalen Plutei (A) drei verschiedene Typen mehr oder weniger abnormer Keime vorhanden, die wir folgendermai~en charakterisieren wollen (vgl. auch Tabelle 1):

l~ultur A

I I I IV

2,8 81,9

B

76,1 10,2

Tabe l l e 1.

16,4 3,1

4,7 4,8

N

426 421

B hat Pluteuscharakter. In Richtung der Dorsoventralachse ist der KSrper et~vas verkfirzt. Das Oralfeld ist aber viel breiter und die KSrper- st~be bilden deswegen einen weniger spitzen Winkel als normal. Der Mund ist oft s tark vergrSBert und kann fast das ganze Oralfeld aus- ffillen. Dies ist aber nur augenfi~llig in IV. C enth~lt mehr oder weniger verkrfippelte Larven, die aber yon Pluteuscharakter sind. D hat sich kaum fiber die Stufe einer radii~ren Gastrula hinaus entwickelt. AuBer diesen Typen gibt es allerlei Zwischenformen, die mehr oder wenlger willkfirlich bei einer Z~hlung dem einen oder dem anderen Typus zu- gez~hlt werden. Werden sie aber etwa gleichm~Big verteilt, so kann der Fehler nicht allzu groB sein. Tabelle 1 zeigt mit dem zugehSrigen Diagramm die Ausbildung der verschiedenen Typen und ihre H~ufigkeit

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in den zwei Kulturen I I I und IV. Die Zahlen bedeuten % und N gibt die Zahl der gez/~hlten Keime in jeder Kut tur an. Wir k6nnen die Angaben PP, v.BLV, s bestgtigen, und es zeigt sich auBerdem, dab mehr yon den hemmenden Stoffen in Abwesenheit von SO~-Ionen entstehen als im normalen Medium. In anderen Versuchen, die genau in derselben Weise ausgefiihrt waren, wurden die Keime auch in friiheren Stadien untersucht. Am 1.7 .36 hatten die am besten entwiekelten Keime in dem friiher SO~'- freien Wasser (III) bei der Fixierung ein spgtes Prismastadium erreieht. Das Oralfeld war eingebuehtet, das Entoderm ventralw/~rt~ gebogen und seine Gliederung hatte sehon angefanggn. Die am meisten gehemmten Keime waren radigrsymmetrisehe Gastrulae yon Kegelform. Das Oral- feld fehlte. Die animalen Tefle des Ektoderms waren stark abgeflacht, der Darm ungegliedert und nicht, wie normal, gekriimmt. Das Skelet war nieht bflateral-symmetrisch angeordnet. Von dem animalen Pol gesehen seheint der UmriB dieser Keimeuneben. Dieser Typus erinnert sehr an Keime yon Arbacia lounctulata, die CHILD (1916, Abb. 26A und B) in Xthylalkohol ziiehtete. Zwisehen diesen zwei Typen gibt es allerlei Stufen, die aber alle als bilateral-symmetrisch bei der Z/s bezeichne~ werden. In jeder der beiden Kulturen in frfiher benutztem Meerwasser wurden 500 Keime gezghlt. In I I I waren 28%, in IV 0,4% der Keime yon radi/~rem Typus. Ein anderer Untersehied zwischen den beiden Kulturen besteht darin, dab die etwa normal entwickelten Keime in IV sich sehneller entwiekelt haben und gesiinder aussahen als die ent- spreehenden in III. Ein Teil der Keime wurde weitergeziichtet und einen Tag sp/~ter untersueht. Der Unterschied zwisehen den beiden Kulturen war nicht mehr so auffallend, weft die radi/~rsymmetrischen Keime eine mehr oder weniger ausgepr/~gte Bilateralsyrnmetrie erworben hatten. Larven mit breiten Oralfeldern waren auch in diesem Versuch viel zahl- reieher in I I i als in IV.

Wir hatten also festgestellt, dab mehr hemmende Sto].ie in Abwesenheit yon SO' 4' gebildet werden und wollten versuchen, spektrophotometrisch diese Stoffe zu charakterisieren. Herrn Dr. F. I~ORT,ING verdanken wir einige Absorp~onsmessungen in Ultraviolett an den L6sungen II, I I I und IV und spreehen ibm hier unseren besten Dank aus. Irgendwelehe Bgnder wurden nieht erhalten. I I I und IV unterscheiden sieh yon I I dureh eine diffuse Absorption in dem Gebiet der kiirzeren Wellenl/~ngen. Zwischen I I I und IV konnten keine Untersehiede festgestellt werden.

2. ~ber die Lokalisation der Bildung hemmender Stoffe bei SO~'-Mangel.

In der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dal~ in bei SO~'-Mangel geziichteten Keimen die Entodermzellen gelblich verf/~rbt und getriibt sind. Auch im Ektoderm kommen aber gewisse Hemmungserscheinungen vor, wie die: Unterdriickung der dorsoventralen Organisation. Diese,

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die in vielen F/~llen auf eine Vergr6Berung der Wimpersehopfregion zuriiekgefiihrt werden kSnnte, kommt aber aueh vor, wenn eine Wimper- sehopfvergrSl3erung nieht vorhanden ist. Die unxegelmiBige Aus- bildung des Skelets spiegelt StSrungen im Ektoderm ab (vgl. Rm~ST~6M 1929) und eine Dffferenzierungshemmung kommt dureh eine gesehw/~ehte Streekung des Pflasterepithels zum Ausdruek. Die Bfldung hemmender Stoffe bei SO~'-NIangel seheint also am st~rksten in den vegetativen Teflen zu sein. Es fragt sieh also, ob sie aueh in den animalen Teflen stattfindet, oder ob die hemmenden Stoffe yore vegetativen Gebiet dorthin diffundieren.

Um zwisehen diesen zwei NI6gliehkeiten zu entseheiden, wurde der folgende Versuch (19.9.35) ausgefiihrt. Die Eier warden befruehtet und die Befruehtungsmembran mit einer Pipette (I%ouGH 1927) entfernt. Im 8-Zellenstadium warden sie in Ca"-freies, kiinstliehes Meerwasser iibefffihrt, um durch Aufloekerung des Zellver- bandes die Durchsehneidung des Keimes zu er- leichtern (H6RSTiDIUS 1928). Im 16-Zellen- stadium warden animale und vegetative H/ilften voneinander mit Glasnadeln getrennt und dann bis 7 Stunden naeh der Befruehtung in normalem Meerwasser getrennt welter geztiehtet. Naeh Ab- lauf dieser Zeit warden 7 animale und 7 vegeta- tive H/~lften zur Wasehung in zwei Sehalen mit SO~-freiem Meerwasser gebraeht, und dann naeh 5 Min. in 2 andere Sehalen mit demselben Medium iiberffihrt um darin gelassen zu werden.

ikbb. 1. K e i m y o n Para- centrotus l ividus in SO~'- f r e i em Meerwasse r gezi ich- t e t . 28 S t u n d e n n a c h tier

B e f r u c h t u n g geze ichne t . F r e i h a n d z e i c h n u n g .

6 animale und 6 vegetative H/ilften wurden im Meerwasser weiter ge- ziiehtet. In derselben Weise behandelte, nicht zerschnittene Eier wurden tefls in normMem, teils in SO~'-freiem Meerwasser gehalten. 24 Stunden nach der Befruehtung warden die Keime untersucht. Die ungeteilten, in Meerwasser gezfichteten Eier hatten sich zu /ilteren Gastrulae ent- wiekelt mit normalem Wimperschopf und noch nieht gegliedertem, aber etwas gekriimmtem Darm. Die aus ungeteilten Eiern entstandenen, bei SO~'-Mangel kultivierten Keime zeigen das fiir diese Behandlung typische Aussehen (Abb. 1). Der Wimperschopf ist migig vergr6Bert, flach und breit, und bedeckt i/5--i/4 der Oberfl/iehe des Keimes. Das Entoderm ist dickwandig und triib und die Skeletbildner sind nicht in einem weiten Ring verbreitert, sondern schmiegen sich dem Entoderm dicht an.

Die animalen H/~lften in SO['-freiem ?r haben sich in der- selben Weise entwickelt wie die in normalem ~Ieerwasser und sind voll- kommen gesund. Um sie n/~her zu eharakterisieren, verwenden wir die Bezeichnungen yon H6RSTADIUS (1935) und verstehen unter 1/2 , 2/3 usw., dab die H~lfte, zwei Drittel usw. der Oberfliehe des Keimes yon den

~r . R o ~ x ' A r c h l y f. E n t w i c k l u n g s m e c h a n i k . Bd . 136. 4

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langen, steifen Wimpern des Wimpersehopfes bedeekt sind. Zwar kann dies sehr irreffihrend sein, da die Zellen besonders in den nieht wimper- tragenden Teflen sehr verschieden gestreekt sein kSnnen, wodureh die GrSlle der Oberfl/~ehe bei gegebener GrSBe des Wimpersehopfes erheblieh variieren kann. Da die Keime aber hier in genau demselben Stadium untersueht werden, war die Zellstreekung iiberall etwa die gleiehe. Von den 6 in normalem Meerwasser geziiehteten Keimen waren 2 von Typus a/a, 3 2/a und 1 1/2. Die 7 bei SO~'-Mangel Geziiehteten verteilen sieh folgendermaBen: 2a/4, 3 2/8 und 2 1/2. Von den vegetativen H/flften

Ek in normalem Meerwasser degenerierte eine. Dieiibrigen , waren junge Gastrulae ohne Wimpersehopf und mit

reiehlieh Mesenchym. Von den 7 in SO~'-freiem Meer- wasser geziiehteten vegetativen H/flften waren 4 krankhaft und zeffielen friih und 3 entwickelten sieh zu einer Art undifferenzierter Exogastrula (Abb. 2), die aueh ziemlieh krankhaft und undurehsiehtig waren.

Die ungeteilten Kontrollkeime sind 2 Tage und 4 Stunden nach der Befruehtung sehSne Plutei. Die

Abb. 2. In SO~'-freiem in SO~'-freiem Meerwasser gezfiehteten ungeteilten Meerwasser geziich- 'Keime sind wenig ver/~ndert, nur haben auch die t e t e i so l ie r te v eg e t a - tiveEih~lftevonPara- animalen Teile ein trfibes Aussehen angenommen. eentrotus uv~a~s. Iso- Von den isolierten animalen H/~lften hat eine in dem l i e r t als das Ei i m 16 ~ Z e l l e n s t a d i u m war normalen und eine in dem S0~-freien Meerwasser u n d 24 S t u n d e n n a c h der Be fruchtung ge- angefangen zu degenerieren. Sonst sind sie alle un- ze~chnet. Ek Ekto- ver/~ndert und aueh die in dem S0~-freien Meer- derm, E n E n t o d e r m . Freihandzeichnung. wasser sind volllcommen gesund. Von den vegeta-

riven H/~lften in normalem Meerwasser hat sieh eine zu einer pluteus/~hnliehen Larve ohne Stomodaeum entwickelt, eine hat de- generiert und 4 sind ovoid (Gruppe II, HSRSTADIUS 1935). Die drei friiher besproehenen vegetativen H~lften in SO~'-freiem Meerwasser sind alle in Zerfall begriffen. Noeh zwei Versuehe wurden in derselben Weise und mit denselben Ergebnissen ausgeffihrt. In einem dieser Versuche wurden die isolierten animalen und vegetativen H/~Iften paarweise ge- ziiehtet, 4 Paar in normalem und 4 Paar in SO~'-freiem Meerwasser. Sowohl die animalen wie die vegetativen Fragmente dieses ~/[aterials entwiekelten sieh in einer mehr animalen Richtung als sie es im allgemeinen ran. Die animalen H/s waren vollst/~ndig mit langen Wimpem be- deckt und enthielten auch in sp/s Stadien kein Pflasterepithel. In normalem und SO~'-freiem Meerwasser verhielten sic sich vollkommen gleieh (Abb. 3 a und e). Die vegetativen H~lften entwickelten sieh in dem normalen Meerwasser zu pluteus/s Larven, die aber kurze Fort- s/~tze und einen kurzen Scheitel hatten. Flimmerband, Entoderm und Skelet waren gut ausgebfldet (Abb. 3b). Die in S0~-freiem Meer-

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wasser gezfichteten vegetativen H~lften gastrulierten alle. Sowohl ihr Ektoderm wie Entoderm war undifferenziert (Abb. 3d). Das Entoderm war auch bier gelblich und getr/ibt, zerfiel aber nicht. Well die vegetativen H~lften in diesen Versuchen meistens sehr friih degenerierten, wurde noch ein Versueh ausgefiihrt, in dem aber nur vegetative H~lften isoliert und weiter geziichtet wurden. 11 Stfiek wurden in normalem und 10 Stiick in SO~'-freiem Meerwasser gehalten und 24 Stunden nach der Befruchtung untersucht. In dem normalen Meerwasser hatten sich alle entwiekelt:

es waren 9 Gastrulae, 1 Exogastrul~ und 1 Blastula mit diinner animaler

Abb. 3a--d. P a r a c e n t r o t u s l i v i d u s . a und b an ima le und v e g e t a t i v e H a l f t e eines Eies, beide in n o r m a l e m Meerwasser gezi ichte t ; c und d an imale und v e g e t a t i v e H~l f te eines Eies, beide in SO~-freiem Meerwasser gezi ichtet . Beide Eier i m 16-Zel lens tadium d u r c h t r e n n t

u n 4 51 S tunden nuch der Be f ruc h tung gezeichnet , b Dorsalansicht . Vergr. n 0 f a c h .

und dicker vegetativer Wand. Bei allen fehlte der Wimperschopf und Mesenchymzellen waren reichlich vorhanden. Das Skelet war schwach entwickelt. Alle waren gesund und sehwammen an der Wasseroberfl~che umher. Von den 10 bei SO~-Mangel geziichteten Keimen waren 2 im Zerfall begriffen, 4 hatten gastruhert, 3 exogastruliert und 1 war im Blastulastadium und mit Mesenchymzellen gefiillt. Aueh hier war kein Wimperschopf und reiehlieh Mesenchymzellen vorhanden. Skeletnadeln konnten in 5 Keimen gefunden werden. 2 von den invaginierten Ento- dermen fehlte ein Lumen. Sonst waren alle 8 Keime sehr undurchsichtig und gelblich gef~rbt und hatten ein sehr krankhaftes Aussehen.

Diese Versuche zeigen: l., dab isolierte animale H~lften yon dem SO~'-Mangel iiberhaupt nieht beeinfluBt werden, und dab hier die VergrSBerung des Wimpersehopfes ebenso stark ist wie in normalem Meerwasser; 2., dab altms aueh die animalen Teile yon Ganzkeimen in SO~'-Mangel geschAdigt werden, und 3., dab isolierte vegetative

4*

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HElften bei Ziichtung in SO~-freiem Meerwasser stark geschiidigt werden, und zwar starker als die vegetative H~lfte in einem Ganzkeim.

3. ~ber die Wirkung yon S0~-Mangel auf Li-behandelte isolierte animale H~ilften.

Ausgehend yon dem obenstehenden Ergebnis, dab die giftigen Stoffe, die mit Schwefelss ,,gepaart" werden, in den isolier~en animalen H~lften nicht gebildet werden, stellten wir die Frage: K6nnen die Stoff- wechselvorgi~nge, die zur Bildung dieser Stoffe fiihren, sich auoh in dem animalen Material abspielen. Dab animales Material in eiae vegetative Entwicklungsrichtung gelenkt werden kann, ist schon yon HV,~BST (1895) gezeigt worden. Er ziichtete dabei befruchtete Eier in Gemischen yon Meerwasser und einer etwa isotonischen LSsung yon LiC1. Das Entoderm wird hier auf Kosten des Ektoderms vergrSl3ert, v. Usxsc~ (1925, 1929) wiederholte den Versuch ttv,~BSTs mit isolierten animalen H~lften. Diese, wenn in normalem Meerwasser geziichtet, gastrulieren bekanntlich nicht (vg|. H6I~STADICS 1935 und v. UBISCH 1936, WO die Literatur auch besprochen wird). Unabhi~ngig davon, ob die Keime im 8-Zellen- stadium oder im Blastulastadium durchtrennt werden, bfldeten die ani- malen Hs als Folge der Li'-Behandlung Entoderm aus. Dieselbe Ver- ~nderung der Determinationsrichtung erzielte HSRSTADIUS (1935) durch Imp]antierung yon vegetativem Material in isolierten animalen H~tften. In dem letztgenannten Falle k6nnen Stoffwechselprodukte aus dem vegetativen in das animale Material diffundieren und hier ein SO~'- Bediiffnis vort~uschen. Wir w~hlten deswegen die Methode, eine Ento- dermbildung in animalen tts durch Li'-Behandlung hervorzurufen.

Der Versuch (25.9.35) wurde folgenderma~en ausgefiihrt: 35 Eier yon einem Weibchen wurden nach vorhergehender Behandlung mit Ca"-freiem Meerwasser im 16- und 32,Zellenstadium durchschnitten und die animalen H~l/ten unmittelbar in normales Seewasser iiber- fiihrt. Gleich darauf wurden 12 animale tt/~lften in ein Gemisch yon 5 ccm isot. (0,54 Mol) LiC1-L6sung ~ 100 ccm normalem Meer- wasser iiberfiihrt. 12 andere wurden in das entsprechende Gemisch gebracht mit dem Unterschied, da~ das normale Meerwasser durch SO~-ffeies ersetzt war. 11 animale H/ilften blieben in normalem Meer- wasser. Untersucht wurden die Keime zum erstenmal 30 Stunden nach der Befruchtung. Von den in Meerwasser geziichteten war 1 gestorben. Die iibrigen 10 batten nicht gastruliert. Der Wimperschopf bedeckte bei allen mehr als 1/2 der Oberfls Von den in normalem Meerwasser ~ Li" geziichteten Keimen hatten zwei mit der Gastrulation angefangen. Der Wimperschopf fehlte oder war von etwa normaler GrSBe. Die Keime wurden in normales Meerwasser iiberfiihrt. Dabei gingen 2 verloren. Bei den in SO~-freiem Meerwasser-b Li" kultivierten Keimen fehlte der Wimperschopf un4 eine Gastrulation hatte nicht angefangen. Der

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vegetative Teil der Blastulae war verdickt, und von hier t ra ten degene- rierende Zellen in das Blastoc51 ein, das mehr oder weniger davon aus- gefiillt war. Diese Keime wurden in SO~-freies Meerwasser iiberfiihrt.

Das ni~chste Mal wurde das Material 4 Tage nach der Befruchtung untersucht. Die in normalcm Meerwasser gezfiehteten animalen H~lften hat ten sich zu Blastulae mit Flimmerfeld entwickelt. Die mit Li" in normalem Meerwasser behandelten Fragmente zeigten alle in ]~berein- stimmung mit den Ergebnissen v. UBISCHS ein kleineres oder grSBeres Entoderm. 1 hatte eine schwach ausgebildete dorsoventrale 0rganisation und einen zweigliedrigen Darm. Skelet fehlte. Das Ektoderm bestand aus ziemlich hohem Epithel und der Keim erinnerte sehr an die yon LrNDAHL (1936, Abb. 54---55) abgebildeten und beschriebenen Keime, die dutch Behandlung vor der Befruchtung animalisiert worden waren und dann in Li'-Meerwassergemischen geziichtet waren. Dasselbe gilt noch fiir einen anderen Keim, der aber ein wohl ausgebildetes Oralfeld hat. KSrperform ist flach. Skelet fehlt auch hier, und die Entodermisierung hat an 3 verschiedenen Stelten angefangen, so dab das Entoderm aus 3 kleinen, undifferenzierten Blasen besteht. 2 Keime sind dem eben beschriebenen s haben aber einen kleinen, zweigliedrigen Darm und 2 symmetrisch gelagerte Dreistrahler. 2 sind pluteus~hnlich mit etwa normaler GrSBe des Entoderms. Noch ein Keim ist pluteusi~hnlich. Hier ist aber die vegetativisierende Wirkung der Li '-Behandlung so stark gewesen, dab das Entoderm grSBer ist und das Skelet weiter animalw~rts liegt als in einem normalen Pluteus. Es sind hier 2 Enddi~rme vorhanden, und wahrscheinlich sind hier 2 selbst~ndig invaginierte Entoderme mit- einander verschmolzen. SchlieBlich gibt es 2 Keime yon ausgepri~gtem Li-Typus mit dreigliedrigem Entoderm und stark vereinfachtem Ekto- derm. Hier ist das Entoderm etwas grSBer als in einem normalen Pluteus. In si~mtlichen F~llen ist das Entoderm hier invaginiert. Von den in SO~'-freiem Meerwasser ~- Li" gezfichteten Keimen hat sich nur 1 weiter entwickelt. Das Ektoderm ist kugelrund und undifferenziert. Ein ziemlich groI~es, dickwandiges Entoderm ist invaginiert. Es ist immer noch ungegliedert, und seine Zellen sehen krankhaft aus. Die iibrigen 11 Keime sind stark geschi~digt und undurchsichtig.

Derselbe Versueh wurde aueh mit schw~cherer Li '-Konzentration aus- gefiihrt. Das Ergebnis war aber hier nicht so auffallend. In einem Ver- such wurden 4 cem der LiC1-LSsung zu 100 ccm des normaleu und des SO~'-freien Meerwassers gesetzt. Sonst wurde wie in dem oben be- sehriebenen Versuch verfahren. Von den 22 isolierten animalen H~lften wurden 8 in normalem 5~eerwasser, 7 in dem Meerwasser-LiC1-Gemisch und 7 in dem Gemisch yon SO~'-freiem Meerwasser und LiC1-LSsung geziichtet. Die Keime wurden 24 Stunden nach der Befruehtung ge- zeichnet und dann in dasselbe Li'-freie Meerwasser iiberfiihrt, in dem sie vorher gewesen waren. Die in normalem Meerwasser kultivierten

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F ragmen te ha t t en nicht gastruliert . Die Wimperschopffegion ha t t e sich s tark verbrei ter t . 2 Ke ime waren yore Typus a/a , 4 2/8 , 1 1/2 und 1 1/3. Be i den Li ' -behande l ten feh]te der Wimperschopf nur bei 1 ; bei den fibrigen w a r er yon normaler GrSBe. Alle 7 ha t t en eine deutl iche Entodermzone, die bei 2 Zu invaginieren angefangen hat te . 1 ging beim Waschen ver- loren. Keiner yon den bei SO~'-Mangel mi t Li" behandel ten Ke imen

a b Abb. 4a und b. Paracentrotus lividus. Keime, die sich aus im 16-Zellenst~dium isolierten animalen H~lften entwickelt haben. In Meerwasser gezitchtet und 54 Stunden nach tier

Befruchtung gezeichnet. Vergr. ll0fach.

zeigte einen Wimperschopf. Alle 7 ha t t en eine deutl iche Entomeso- dermzone, die bei 1 zu invaginieren anfing. Siimtliche Ke ime wurden 21/gTage nach der Be f ruch tung f ixier t (Osmium ger~uchert) und ge- zeichnet. Die mi t Li" behandel ten ha t t en sich also 11/2 Tage ohne Li"

a b e Abb. 5a-c. Paracentrotus lividus. Keime aus isolierten animalen H~lften, isoliert ua4 ge- zeichnet wie die in Abb. 4, abet yon der Isolierung ab in einem Gemisch yon 1()0 ccm Meer- wasser -I- 4 ccm 0,54 M LiC1-L6sung geziichtet. In a ist das rechte Skeletstiick und der linkc

Teil des Flimmerbandes fortgelassen. Vergr. ll0fach.

weiterentwickelt . Die in normalem Meerwasser geziichteten Ke ime h a t t e n noch nicht ihre langen Wimpern verloren. In Abb. 4 sind zwei yon ihnen abgebildet. I n dem in Abb. 4 a gezeichneten Ke im hat sich die wimper t ragende Epi the lp la t t e derar t differenziert, dal3 ein Teil davon z i eml i ch dtinn ist 1. Die in dem Gemisch yon normalem Meerwasser

1 Wir haben diese Differenzierung in isolierten animalen H~lften oft beobachtet und auch yon H()RSTADIUS (1936, Abb. 9 D) ist sie abgebildet, aber nicht n~her besprochen worden. Bei animalisierten Keimen ist eine ~hnliche Differenzierung der ventralen Zylinderepi~helpla~te sehr oft beobachte~ worden (vgl. L I ~ D ~ 1936, Abb. 33, "35 und 37). Der diinnere Teil der Zylinderepithelplatte wurde hier aus be-

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und LiC1-L5sung geziichteten Keime hatten alle gastruliert. Abb. 5 zeigt 3 yon ihnen. 1 yon den hier nieht abgebildeten /~hnelt Abb. 5a, 2/ ihneln Abb. 5b. Alle 6 Keime sind vollkommen gesund. Abb. 6a und b zeigt zwei Keime aus dem SO~'-freien, Li'-haltigen Gemisch. Die iibrigen 4 sind diesen sehr/~hnlieh. Hier haben aueh alle 6 Keime gastru- liert. Eine Differenzierung des Entoderms hat nieht stattgefunden. Seine Wand ist, wie die Abbildungen zeigen, sehr dick. Es ist triib und stark gelblieh, und der Epithelverband ist aufgelockert. In einem Keim zerf/~llt das Entoderm. Ein Skeletbildnerring fehlt. In keinem Fall ist ein Oralfeld ausgebfldet. Das Gebiet rings um den Urmund hat sieh als Flimmerfeld dffferenziert.

Mit einer noeh schw/~eheren Li ' -Konzentrat ion (3 ecru LiC1-LSsung ~- 100 eem normales oder SO~'-freies Meerwasser) wurde dasselbe Er- gebnis erzielt. Die Entodermisie- rung kam hier weniger oft vor und war weniger ausgedehnt. Bemer- kenswert ist das Verhalten der Li'- behandelten Keime, die nicht ga- strulierten, aber einen nur m~Big vergrSBerten Wimperschopf hatten. Die mit Li" in normalem Meerwasser behandelten differenzierten sieh schon in diesem Gemisch dorsoven- t ra l und bildeten ein flaches Oral- feld aus. Die in SO~'-freiem Meer-

a b Abb. 6& nnd b. Paracentrotus lividus. K e i m e aus isol ier ten an ima len t t~ l f ten , isoliert u n d gezeichnet wie die in Abb. 4, aber y o n de r Iso l ie rung ab in e inem Gemisch yon 100 ccm SO~'-freiem Meerwasser -t- 4 c c m 0,54 M LiC1-

L6sung gehal ten . Vergr, l l 0 fach .

wasser mit Li" behandelten Keime zeigten kein Oralfeld und waren voll- kommen radii~rsymmetrisch. 24 Stunden nach der Befruchtung wurden sic in normales Meerwasser gebracht, veri~nderten sich aber auch hier nicht.

Diese Versuche zeigen, daft dutch Li'.Behandlung Sto//wechselvorgdinge in isolierten animalen Hdilflen hervorgeru/en werde~, die sonst hier nicht statt- finden und die/i~r das vegetative Material des Seeigelkeimes charakteristisch sind. HSrstadius (1936b)land auch, da$ das vegetative Material einer ani- malen H/ilfte durch Li ' -Behandlung dieselbe Fiihigkeit wie die Mikromeren erh/tlt, zusammen mit einer animalen Hiilfte einen Pluteus auszubilden.

4. [)ber die Wirkung yon S0~'-Mangel auf durch Yorbehandlung animalisierte Keime.

Es schien uns auch yon Interesse, zu untersuchen, wie sich ,,ani- malisierte" Keime (LI~sDAn7~ 1933, 1936) gegen SO~'-Mangel verhalten.

bestimmten Glqinden als die Andeutung eines Oralfeldes gedeutet. Es scheint, dab die Zylinderepithelplatte in Keimen aus isolierten animalen H/~lften sowohl aus Wimperschopfplatte wie Flimmerband besteht. (Nicht nur aus ]flimmerband, wie HSRSTADIVS 1935, S. 287, Li~Dxm~ unrichtig zitiert hat.) :Die Vitalf~rbungs- versuche yon HS~STADIUS (1936) zur Feststellung der Aehsenverh~ltnisse in Keimen aus isolierten ~nimalen H/~lften geztiehtet, stiitzen diese Auffassung.

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Diese Keime stellen hinsiehtlieh ihrer Morphologie den Gegensatz zu den Li ' -Keimen dar. Die animalen Differenzierungen sind bier auf Kosten der vegetativen vergrSflert. Dabei breitet sieh die Wimpersehopfregion sehneller aus als sieh das Entoderm verkleinert. Es entstehen darmlose Larven mit Skeletbildner und bei noeh starkerer Wirkung versehwinden auch diese, so daft der ganze Keim nur aus Ektoderm besteht, dessen t Iauptmasse von der ,,Wimperseh0pfplatte" und dem Cilienband ein- genommen wird. In extremen Fallen wird kein niedriges Epithel aus- gebfldet. Die dorsoventrale Organisation ist bier auch bei den darmlosen Keimen im allgemeinen sehr ausgepragt und kommt vor allem in der Ausbildung des yon dem Flimmerband umgebenen Oralfeldes zum Ausdruck. Nur in Fallen, in denen aus Zylinderepithel bestehende Differenzierungen des Ektoderms sehr stark fiberwiegen, wird die dorso- ventrale Organisation verschleiert.

Als Beispiel greifen wir den folgenden Versuch heraus: Die Eier yon einem Weibehen wurden 10 Stunden lang vor der Befruchtung mit einem Gemiseh yon 100 ccm Ca"-freiem Meerwasser ~- 10 eem isot. NaSCN-LSsung behandelt (vgl. LIN])~u~ 1936). Sie wurden mit Meer- wasser gewasehen, befruchtet und in normalem Meerwasser 8 Stunden lang geziiehtet. Dann wurde die Halfte der Eier wiederholt mi t SO~'-freiem Meerwasser gewaschen und darin welter gezfichtet. Als Kontrolle wurde ein Tell derselben Eier ohne vorhergehende Behand- lung beffuchtet und in Meerwasser gezfiehtet. Sie entwickelten sieh bis auf wenige Ausnahmen zu normalen Plutei. In der Meerwasser- kultur der vorbehandelten Eier entwiekelten sich allerlei Typen yon animalisierten Keimen yon fast normalen Plutei zu ,,totalen Wimper- sehopfblastulae", d .h . Blastulae aus nur Zylinderepithel bestehend (vg]. L~I).CJtL 1936, Abb. 9--38). Die Keime mit einem kleinen Darm oder ohne Darm, aber mit mal3ig vergrSBertem Wimperschopf, waren sehalenfSrmig und von flacher KSrperform und hatten fast ohne Aus- nahme ein Stomodaum ausgebildet. Wo tin Entoderm vorhanden war, war es normal differenziert und, wenn groI~ genug, gegliedert. Seine Zellen sahen framer gesund aus. In der SO~'-freien Kul tur der vor- behandelten Eier entwiekelten sieh die ,,totalen Wimperschopfblastulae" genau so wie in dem normalen Meerwasser. Von einer Schadigung oder Triibung der Zellen war nichts zu sehen. Wenn ein Entoderm vorhanden war, war es undifferenziert, dickwandig und opak. Die Skeletbildner lagen dem Entoderm dicht an wie in gewShnlichen SO~' mangelnden Keimen. Die Differenzierung des Oralfeldes sehien gehemmt zu sein und die normale Zellstreekung land hier nicht start. Das ektodermale Epithel der Dorsalseite sehien aber normal gestreckt zu werden. In Fallen, in denen das Entoderm klein war oder fehlte und der Wimper- sehopf mal3ig vergrSBert war und also eine flach sehalenfSrmige KSrper- form zu erwar~en ware, war diese aber etwa kugelfSrmig, was auf eine

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Zur Kenntnis des vegetativen Stoffwechsels im Seeigelei~ 57

gehemmte Dffferenzierung des Oralfeldes zurfiekzufiihren ist. Hier fehlte auch framer eine Mundbucht.

Dieser Versueh erlaubt den SehluB, da$ in stark animalisierten Keimen, die haupts~chlieh aus ektodermalem Zylinderepithel bestehen, die giftigen Stoffe, die normalerweise mit SO~' ,,gepaart" werden, nicht entstehen. Ist kein Entoderm vorhanden, aber die Animalisierung nur so stark, da$ die t tauptmasse des Ektoderms aus Pflasterepithel besteht, so seheinen die betreffenden giftigen Stoffe doeh gebildet zu werden. Allem Ansehein nach finder dies bier in hSherem MaBe auf der Ventralseite als auf der Dorsalseite start.

5. Diskussion. RUNNSTROM (1928, 1929, 1931, 1933) stellte die Hypothese aui,

dab die Determination im Seeigelkeim durch das Zusammenwirken zweier gegeneinander gerichteter, einander entgegenwirkender Gefs zustande kommt. Das animale hat seinen hSchsten Punkt am animalen P o l u n d nimmt gegen den vegetativen Pol ab. Das vegetative Gefitlle hat entspreehend einen entgegengesetztenVerlauf. ,,Die Lithiumwirkung bedeutet ein Sehwacherwerden des animalen GefMles, wodurch das vegetative Gef~lle welter animalwiirts zu Auswirkung kommt. Der Sulfatmangel . . . . schwacht dagegen das vegetative GefMle. Infolge- dessen dringt die Wirkung des animalen Gef~lles welter gegen den vegetativen Pol vor", d .h . es kommt zu einer VergrSBerung des Wim- persehopfes. ,,Andererseits wird das Vorrficken des Wimpersehopfes am animalen Pol normalerweise yore vegetativen Keimtefl aus ge- hemmt. Bei aquatorialer Durchtrennung des Keimes fallen diese Hem- mungen fort, der Wimperschopf breitet sieh aus . . . . " R u ~ s T ~ 5 ~ versueht 1933 den Gefi~llen einen mehr ~konkreten Inhalt zu geben und nimmt auf Grund seiner Kohlenoxydversuehe animale und vege- tative Stoffe an, deren Konzentration yon den gleichbenannten Polen der Eiachse entlang abnehmen. LrND~HL (1935, 1936) schlo6 sich dieser ,,Gefi~llehypothese" RU~STRSMs an, die allm~hlieh durch ein sehr groBes Tatsachenmaterial gestiitzt worden ist (HSRsTADIVS 1928, 1935; LI~DAHL 1936; V. UBISCH 1936) und nimmt als Grundlage der Bildung determinierend wirkender animaler und vegetativer Stoffe einen animalen und einen vegetativen Stoffwechsel an. Der animale Stoff- weehsel wiire haupts~chlieh in der Umgebung des animalen Pols, der vegetative in der Umgebung des vegetativen Pols lokalisiert. Durch Li" wird der animale Stoffweehsel gehemmt, was in der Herabdrfickung eines speziellen Tefles der Atmung zum Ausdruck kommt. Unpublizierte Versuehe yon Lx~])~m~ und 0 H ~ spreehen daffir, dal~ Li" gleich- zeitig eine Aktivierung des vegetativen Stoffwechsels hervorruft. Dieser Stoffwechseltypus wird bei SO~'-Mangel gehemmt, und zwar wahrschein- lich yon giftigen Intermedii~rprodukten, die normalerweise von SO~'

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,,entgiftet" werden. Auch in den durch Vorbehandlung animalisierten Keimen muB der vegetative Stoffwechsel unterdrfickt oder geschw/icht sein. Er liiBt sich aber hier im Gegensatz zu den Verh~Itnissen bei SO~'-Mangel dureh Li" aktivieren (LII~DAHL 1936). Der Rv~sTR6Mschen Gef/illehypothese nach wird die Ausbreitung der Wimperschopfregion vom vegetativen Keimteil aus gehemmt. LINDAHL (1936) nimmt an, dab in diesem Keimteil gebildete vegetative Stoffe gegen den animalen Pol hin diffundieren und hier das Determinationsgeschehen in mehr vegetativer Riehtung lenken. Wird z.B. diese Diffusion dadurch er- sehwert, dab die Keime in Richtung der Eiachse gestreckt sind, so breitet sieh der Wimperschopf aus, d.h. das Determinationsgeschehen hat eine mehr animale Richtung eingeschlagen. Dasselbe wiirde auch stattfinden, wenn die Bfldung dieser Stoffe gehemmt wird, ohne dab der animale Keimteil gesch/~digt wird. Allem Anschein nach sind diese Ver- h/iltnisse bei SO~-Mangel verwirklicht.

Mit diesem Hintergrund wollen wir jetzt einige Beobachtungen be- spreehen. L I ~ D ~ (1936, S. 327) hat festgestellt, dab die allgemein hemmende Wirkung des SO~'-Mangels viel grSBer ist in Atmungsversuchen (W~BvP~-Apparatur) als bei Ziichtung der Keime in PETRI-Sehalen. Auch bleibt die VergrSBerung des Wimpersehopfes oft aus oder ist meistens sehr geringf/igig. Der Untersehied zwisehen den Bedingungen der Keime bei der Zfiehtung in Pr, T~I-Sehalen und in den WARBVRG- Gef/~Ben besteht darin, dab 1. die Keime in den Atmungsversuchen geschfittelt werden; 2., dab sie hier auf eine viel kleinere Wassermenge als in den PETRI- Sehalen verteilt sind. Da die Sehiittelung bei der Atmungsmessung in allen anderen Versuchen keine Wirkung auf die Morphologie hat, ist zu vermuten, dab sic aueh hier keine Rolle spielt. Da wir aber jetzt wissen, dab aUgemein hemmend wirkende Stoffe aus den Keimen in das Wasser bei SO~'-Mangel diffundieren (S. 48), ist es verst/~ndlich, dab die allgemeine Hemmung stiirker ist, wenn die Keime auf eine kleinere Wassermenge verteilt sind, da die Konzentration der hemmenden Stoffe h6her wird. Die geringftigige oder ausbleibende VergrSBerung der Wimper- schopfregion in den Atmungsversuehen muB auch auf die hShere Kon- zentration an hemmenden Stoffen im Medium zurtickgefiihrt werden.

Eine isolierte animale H~lfte wird /iberhaupt nicht durch SO~- Mangel beeinfluBt. Daraus kSnnen wir aber nicht schlieBen, dab die animale H~lfte in normalem Zusammenhang mit der vegetativen Hi~lfte sich ~hnlich verh~lt, denn in der isolierten animalen H~lfte hat eine krs Animalisierung stattgefunden. Soviel kann aber geschlossen werden, dab die giftigen Stoffe weder in dem normalen noch in der vergrSBerten Wimpersehopfregion gebildet werden. Da die Wimper- sehopfvergrSBerung in den isolierten animalen H/~lften gleieh groB in SO~'-freiem wie in normalem Meerwasser ist, m/lssen die der Wimper- schopfvergrSBerung zugrunde liegenden Vorg~nge schon abgelaufen

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sein,-ehe die Bildung der giftigen Stoffe einsetzen wiirde, wenn ihre Bil- dung hier mSglich wgre. Wird aber die Animalisierung in isolierten ani- malen H/~lften yon Li" zuriickgehalten, tr i t t die Bildung der hemmenden Stoffe auf. Sie kann auch in durch Vorbehandlung animalisierten Keimen desselben Typus festgestellt werden, d. h. in Keimen ohne Entoderm mit m~Big vergr6Bertem Wimperschopf. Die dorsoventrale Organisa~ion wird hier unterdriickt, und bei den letztgenannten Keimen konnte be- obachtet werden, dab besonders die Differenzierung des Oralfeldes (der Ventralseite) erschwert ist. Da es in diesen beiden Kategorien yon Keimen kein Entoderm gibt, muB die Bildung der giftigen Stoffe auch in den vegetativeren Teilen des Ektoderms stattfinden, und da die Hemmungserseheinungen offensichtlich besonders das Oralfeld treffen (S. 56), ist es wahrscheinlieh, dab hier diese StoffwechSelvorg/~nge stis als auf dert Dorsalseite sind. Wahrscheinlich k6nnen diese Er- gebnisse auf den Normalkeim iibertragen werden, und es wird auch ver- st/~ndlich, wie die dorsoventrale Organisation in Ganzkeimen bei SO~'- Mangel mehr oder weniger unterdriiekt wird. DaB hier auBerdem die giftigen Stoffe in das animale Material diffundieren, ist sehr wahr- scheinlich.

In dem vegetativen Material ist die Bildung der giftigen Stoffe sehr stark, nnd es ist auffallend, dab die Schgdigung in vegetativen H/s st/~rker ist, wenn sie isoliert sind, als in ihrem normalen Zusammenhang. Dies erkl/~ren wir am einfachsten damit, dab im Ganzkeim die giftigen Stoffe aus dem vegetativen in das animale Material diffundieren. In dieser Richtung muB die Diffusion auf Grund der LSslichkeitsverh/~ltnisse leichter gehen als aus dem Keim in das Meerwasser. Ob die fSrdernde Wirkung der Erh6hung der Ca"-Konzentration auf die Vergr6gerung des Wimpersehopfes bei SO['-Mangel (H~RBST 1904) auf ver/~nderte Diffusions- verhgltnisse im Keim (vgl. LINDAHL 1936, S. 336) oder auf eine Verst/~r- kung der Resistenz des Plasmas gegen sch/~dliche Einflfisse zuriickzufiihren ist, wollen wir hier nieht besprechen.

Die yon SO~'-Mangel verursachte Sch/~digung trifft am st/~rksten das Entomesoderm und weniger stark das Ektoderm in Keimen aus isolierten vegetativen Hs Das Entoderm in Keimen aus rnit Li" behandelten isolierten animalen H/s verh/s sich gegen SO~-Mangel genau so wie das Entoderm eines normalen Keimes. Die Stoffwechselvorg/s sind vor allem an entodermale Gebiete gekniipft und unabh/~ngig yon der Herkunft des betreffenden Materials. Damit ist festgestellt worden, dab diese Stoffwechselvorggnge an eine gewisse Determination und Differenzierung gebunden sind und nicht an ein gewisses Material. Es wurde sehon (LINDAHL 1936) die Frage besprochen, ob die Bildung der determinierend wirkenden vegetativen Stoffe mit den Vorg/~ngen zusammenh/~ngt, die zu den betreffenden giftigen Intermedi/s fiihren, oder ob nur dieselbe r/~umliche Verteilung der beiden Prozesse

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vorliegt. Zu einer Beantwortung dieser Frage tragen unsere oben be- sehriebenen Versuehe nicht bei.

ItS~STA])IUS (1936a) sehlieBt aus seinen Isolierungsversuehen, dab der Umfang des Wimpersehopfes im Mesenchymblastulastadium frei- gelegt worden ist. Dies reimt sieh aber mit den Versuehen mit SO~'- freiem Meerwasser nicht, denn bier f~ng~ die Behandlung, die zu einer VergrSBerung des Wimpesehropfes ffihrt, erst in diesem Stadium an.

6. Anhang: ~ber Yersuehe bei Behandlung mit Phenol- und Indolderivaten.

In diesen Versuchen warden tells unbefruchtete Eier, tells sich entwickelnde Keime mit den be~reffenden Stoffen behandelt. Der Ausgangspunkt war der Gedanke, dab phenol- oder indol~hnliche KSrper auch in die dem Determinationsgeschehen zugrunde liegenden Stoff- wechselvorg~nge eingrei~en k6nn~en, wenn sie im KSrper gebfldet werden. In jedem Falle wurde eine abgestufte Konzentrationsreihe verwende~, in der die schw~chste Konzentra~ion keine Wirkung hatte und die st~rkste die Eier bzw. Keime stark sch~digte. Bei den unbefruchteten Eiern warde die Behandlung meistens in Ca"-ffeiem Meerwasser vorgenommen. Folgende Substanzen warden geprtift: Phenol, Indol, ~-Methylindol, fl-Methylindol, ~-fi-Dimethylindol, fi-Indolylessigsi~ure, cr lylessigss cr Phenol-esterschwefel- s~ure und Indoxylesterschwefelsiiure 1. Die Si~uren warden als K-Salze verwendet. Siimtliche Verbindungen mit Ausnahme der Esterschwefel- s~uren hatten nur eine allgemein hemmende Wirkung. Wir verzichten auf eine Beschreibung dieser Versuehe und beschrs uns auf die n~here Angabe des Indoxylsehwefels~ure-Versuehes.

Zu 50 ccm Ca"-ffeiem Meerwasser setzten wir I. 0,1 ccm und II. 1,0ecru einer LSsung yon indoxylschwefelsaurem K (synthetisches Indican yon HOF~VIANN-L~ocHE). Die 14 Tage alte w~l~rige LSsung war urspriinglich 4% stark und wurde unter einer Toluolschicht aufbewahrt. Da durch spontane Aufspaltung der Esterbindung freie Schwefelsi~ure und freies Indoxyl entstand, das naeh Oxydation die LSsung als Indigo verfs wurde diese jedesmal vor Gebrauch mit Toluol ausgeschfittelt und neutralisiert. Die unbefruchteten Eier wurden 51/~ Stunden mit den zwei Gemischen behandelt. Gleiehzeitig warden dieselben Eier aueh mit Ca"-freiem Meerwasser behandel~. Naeh wiederholtem Wasehen mit normalem Meerwasser lieBen sich die Eier befruchten. Die mit der hSheren Indoxylsehwefels~urekonzentration behandelten waren ziemlieh dunkel, und bier war die Membranabhebung nicht vollst~ndig, so dab meistens nur eine ganz kleine Membranblase gebfldet wurde. Wir kommen

1 iVii~ Ausnahme der Schwefels~ureester und des Phenols wurden uns diese Substanzen yon Herrn Dr. HoLG~ ERDTI~AN iibergeben, wofiir wir bier unseren besten Dank ausspreehen.

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auf dieses Material in einer sps Mitteilung zuriick. Die Keime wurden 18 Stunden nach der Befruchtung untersucht. Die nur mit Ca"-freiem Meerwasser vorbehandelten sind schSne Gastrulae, und das- selbe gilt fiir die mit dem Gemisch I vorbehandelten. Die mit Gemiseh I I vorbehandelten Eier sind fast ausnahmslos animalisiert. Es bestehen gewisse Unterschiede zwischen den auf diese Art erhaltenen und den Kulturen, bei denen die Animalisierung durch Vorbehandlung mit SCN', I ' oder SO~' in Ca"-freiem Meerwasser hervorgerufen worden ist (vgl. L I~DA~ 1936). Dort werden sehwach animalisierte Keime ver- h~ltnism~l~ig selten angetroffen; entweder sind die Keime iiberhaupt nicht beeinfluBt oder die Animalisierung ist welt vorgeschritten. In der mit Indoxylsehwefels~ure behandelten Kul tur sind alle Stufen yon Ani- malisierung vorhanden. Besonders sind Keime mit einem ganz kleinen Entoderm h~ufig. Die Struktur des Entoderms fiill~ hier besonders auf. Das Plasma zeigt ein dunkleres Aussehen als in den animalen Teilen und der Zellverband scheint etwas aufgelockert zu sein. Dies ver- schwindet aber sp~ter und die animalisierten Keime scheinen vollkommen gesund zu sein. Dieser Versuch wurde mit derselben Indoxylschwefels~ure- 15sung noch zweimal wiederholt. Die Behandlungsdauer wurde bis auf 4 Stunden abgekiirzt und auch einige Zwischenkonzentrationen wurden benutzt. Die Anzahl der animalisierten Keime nahm mit der Kon- zentration zu, und in der hSchsten waren 100% animalisiert. Dieselben Eier wurden mit denselben Konzentrationen auch nach der Befruchtung behandelt. Hier blieb aber ]ede WirI~ung der Behandlung aus.

M_it einer friseh hergestellten Indoxylschwefels~urel5sung wurde der Versuch dann 5mal wiederholt. Nur in einem Versuch waren wenige, schwach animalisierte Keime zu finden. Da~ die Wirkung der Behandlung in den zwei Gruppen yon Versuehen so verschieden war, kann vielleieht auf zwei versehiedene Umsts zuriickgefiihrt werden: 1. Bei li~ngerer Aufbewahrung der Indoxylschwefels~urelSsung entstehen vielleicht Stoffe, die mit Toluol nicht ausgeschiittelt werden kSnnen. Es w~ren also diese Stoffe, die die Animalisierung hervorrufen und nicht die Indoxyl- sehwefels~ure an sich. 2. Die gelungenen Versuche wurden Anfang August (2.--5.), die mit der friseh hergestellten Indoxylsehwefels~urelSsung zwischen dem 7. und 14. 9. ausgeffihrt. Die Eier sehienen in. diesem sp~teren Absehnitt der Gesehleehtsperiode gegen die Indoxylschwefel- s~ure viel empfindlicher zu sein. Auch mui3 hervorgehoben werden, dab aueh Animalisierungsversuehe naeh der urspriingliehen Methode w~hrend des betreffenden Sommers sehr unregelm~i~ig ausfielen.

Wir halten es fiir verfriiht, zu versuehen, diese Ergebnisse zu deuten. Es scheint uns aber sehr w~hrseheinlich, dai] der hier wirkende Meehanis- mus bei der Animalisierung anderer Art ist als bei der ffiiher verwendeten Methode. Dafiir sprechen das abweichende Aussehen der mit Indoxyl- sehwefelss animalisierten Keime, sowie der Umstand, dal~ bei einer

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62 Eric Lindahl und .~ke Stordal:

so kurzen Behandlungsdauer 100% ~ler Keime animalisiert werden kSnnen, was weder in Versuchen mit der ursprfinglichen Anima]isierungs- methode noch in Versuchen, in denen diese Behandlung mit Pyocyanin- wirkung kombiniert wird (RulqNSTROM und THORNBLOM 1936), der Fall ist. Auf eine Wiederholung und weitere Analyse der oben beschriebenen Versuche muBten wir im Sommer 1936 verziehten, well die Indoxyl- schwefels/~ure yon der Fi rma Hoffmann-La Roche nicht mehr bezogen werden konnte.

Zusammenfassung.

1. Die Angaben PEEBLES, dab differenzierungshemmende Stoffe yon sieh entwickelnden Seeigelkeimen ausgesehieden vcerden, sind best/~tigt worden. Fehlt dem Meerwasser SO~', werden mehr hemmende Stoffe ausgeschieden.

2. Isolierte animale H/~lften werden nicht yon SO~-lKangel beeinfluBt. Isolierte vegetative H~lften werden dureh SO~'-Mangel st/~rker besch~digt als in ihrem normalen Zusammenhang.

3. Darmlose Keime mit m~l]ig vergrSBertem Wimperschopf aus Li ' -behandelten isolierten animalen H/~lften oder aus durch Vorbehand]ung animalisierten Eiern zeigen, wenn bei SO~'-Mange] gezfichtet, keine oder eine schwache dorsoventrale Organisation. Bei der le tztgenannten Gruppe kSnnen Hemmungserscheinungen besonders an der Ventralseite lokali- siert werden.

4. Orientierende Versuehe fiber die Wirkung verschiedener Phenol- und Indolderivate sind ausgeffihrt worden. Dureh Behandlung der un- befruchteten Eier mit indoxylschwefelsaurem K in Ca"-freiem Meerwasser wurde eine Animalisierung erzielt.

Angefiihrte Literatur. Child, C. M.: Experimental control and modification of larval development

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Zur Kenntnis des vegetativen Stoffwechsels im Seeigelei. 63

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