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Zur molekularen Topologie der Bindung
natürlicher und rekombinanter Varianten
von α2-HS-Glycoprotein/Fetuin an
Hydroxylapatit
Von der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Rheinisch-Westfälischen
Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Natur-
wissenschaften genehmigte Dissertation.
vorgelegt von
Diplom-ChemikerWolf-Alexander Heiss
aus Göttingen
Berichter: Universitätsprofessor Dr. W. Jahnen-Dechent
Universitätsprofessor Dr. H. Höcker
Tag der mündlichen Prüfung: 12. Juni 2002
Teile Dieser Arbeit sind publiziert oder eingereicht:
W. Jahnen-Dechent. C. Schäfer, A. Heiss, C. Grötzinger. Systemic inhibition of spontaneous calcifi-
cation by the serum protein α2-HS-glycoprotein/fetuin. Z. Kardiologie, 90 (Suppl.3): 47–56, 2001
R. Westenfeld, A. Heiss, M. Ketteler, J. Flöge, A. Schwarz, W. Jahnen-Dechent. Fetuindefizienz - ein
neuer Pathogenesemechanismus der Kalziphylaxie. Medizinische Klinik; 97 (Abstract Band): 136,
2002
Calciphylaxis is linked to systemic deficiency of the calcification inhibitor α2-HS-glycoprotein/fetuin.
R. Westenfeld, A. Heiss, M. Ketteler, J. Flöge, A. Schwarz and W. Jahnen-Dechent. eingereicht
A. Heiss, A. Duchesne, B. Denecke, J. Grötzinger, K. Yamamoto, T. Renné and W. Jahnen-Dechent.
Structural basis of calcium binding by α2-HS-glycoprotein/fetuin: formation of colloidal calciprotein
particles. eingereicht
C. Schäfer, A. Heiss, T. Schinke, A. Schwarz, R. Westenfeld, M. Ketteler and W. Jahnen-Dechent. The
serum protein α2-HS-glycoprotein/fetuin is a systemically acting inhibitor of ectopic calcification.
eingereicht
Abkürzungsverzeichnis
ACP amorphes Calciumphosphat
AHSG m(urines), b(ovines), h(umanes) α2-HS-Glycoprotein/Fetuin-A
As Aminosäure
BGP Bone-GLA-Protein
BMP Bone Morphogenic Protein
BSA Bovines Serum Albumin
cDNA komplementäre (complementary) DNA
CRP C-reaktives Protein
DLS Dynamische Lichtstreuung
EDTA Ethylendiamin-N,N,N’,N’-tetraessigsäure
ELISA Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
FETUB Fetuin-B
FOP Fibrodysplasia Ossificans Progressiva
GdnHCl Guanidin Hydrochlorid
GLA γ-carboxyliertes Glutamat
GST Glutathion-S-Transferase
HRG Histidine Rich Glycoprotein
IB Inclusion Body
HAp (Calcium-) Hydroxylapatit
IPTG Isopropylthiogalactosid
kDa Kilodalton
KNG Kininogen
II
KO Gen-Knockout
mAHSG-D1 murine Fetuin Domäne 1
MBP Maltose Binding Protein
MGP Matrix-GLA-Protein
mRNA Messenger RNA
NDSB 201 3-(1-Pyridino)-1-Propan Sulfonat
PAGE Polyacrylamid-Gelelektrophorese
PCR Polymerase Chain Reaction
PMSF Phenylmethylsulfonylfluorid
SDS Natrium (sodium) Dodecylsulfat
SEM Scanning Electron Microscopy
TEM Transmission Electron Microscopy
TRIS TRIS (hydroxymethyl)-Aminomethan
WT Wildtyp
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 1
1.1. Biomineralisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1. Die mineralische Phase und assoziierte Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1.1. Eis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.1.2. Silikat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.1.3. Calciumcarbonat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.1.4. Calciumphosphat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.2. Knochenbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.1.2.1. Osteoblasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.1.2.2. Osteoclasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.1.2.3. Pathologische Formen der Mineralisation . . . . . . . . . . . . . . 9
1.2. α2-HS-Glycoprotein(AHSG)/Fetuin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2.1. Lokalisation, Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2.2. Struktur und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2.3. Fetuin Typ B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.4. Die Cystatin-Superfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.2.5. α2-HS-Glycoprotein-Domäne1 vermittelte Inhibition der Calciumphosphat-
Präzipitation aus übersättigter Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3. Proteinexpression und Proteinfaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.4. Modellierung von Proteinstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.5. Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
IV Inhaltsverzeichnis
2. Material und Methoden 17
2.1. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.1. Laborchemikalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.2. Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.3. Enzyme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.4. Antikörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1.5. Klonierungs- und Expressionsvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1.6. E. coli-Stämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1.7. Verbrauchsartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1.8. Chromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2. Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.1. Klonierung von mAHSG-Mutanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.2. Transformation der Bakterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.3. Plasmid-DNA Isolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2.4. Sequenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2.5. Expression rekombinanter Proteine in E. coli . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2.6. Isolierung der rekombinanten Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2.7. Rückfaltung denaturierter Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2.8. Proteinbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.9. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese und Western Blot . . . . . . . . . . . 23
2.2.10. Inhibition der Calciumphosphat / Apatit Präzipitation . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.11. Untersuchung des Inhibitionsmechanismus mittels Elektronenmikroskopie und
dynamischer Lichtstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.2.12. Komparative Strukturmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3. Ergebnisse 27
3.1. Strukturmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1.1. Bewertung der modellierten Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1.2. Domänen-Modell von AHSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1.3. Modelle der Cystatin-ähnlichen Domänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Inhaltsverzeichnis V
3.2. Expression, Rückfaltung und Isolierung rekombinanter Fetuine . . . . . . . . . . . 34
3.2.1. Expression in E. coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.2.2. Rückfaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.3. Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.3.1. Rekombinant exprimierte Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.3.2. Einfluß des genetischen Hintergrunds bei Wildtyp und Ahsg
Mäusen . . 41
3.3.3. Humane Seren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.4. Das Prinzip der transienten Inhibition: Bildung löslicher ACP-Nanosphären . . . . . 46
3.4.1. Raster EM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.4.2. Transmissions EM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.4.3. Dynamische Lichtstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4. Diskussion 52
4.1. Fetuin als systemischer Inhibitor ektopischer Calciumphosphat Calcifizierungen . . . 52
4.2. Transiente Inhibition der Präzipitation durch Bildung löslicher Nanosphären in vitro.
Mögliche Bedeutung für die Biomineralisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3. Struktur-Funktionsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.3.1. Rekombinant exprimierte Domänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.3.2. Vergleich Apatit-bindender Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.4. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Literaturverzeichnis 61
A. Lebenslauf 74
B. Danksagung 76
Abstract
Das Plasmaprotein α2-HS-Glycoprotein(AHSG)/Fetuin inhibiert die Calciumphosphat-Präzipitation
aus übersättigter Lösung transient. Durch Struktur-Funktionsuntersuchungen wurde das inhibitorische
Strukturmotiv innerhalb der ersten Cystatin-ähnlichen Domäne von AHSG/Fetuin eingegrenzt und
durch Vergleiche mit weiteren Domänen der Cystatin-Superfamilie (AHSG D2, Fetuin-B (FETUB)
D1-2, Kininogen (KNG) D1-3 oder Histidine Rich Glycoprotein (HRG) D1-2) näher charakterisiert.
Da von diesen Domänen keine Strukturdaten verfügbar sind, wurden Modelle durch komparative
Strukturmodellierung erstellt. Das Modell der murinen AHSG Domäne D1 zeigt eine aminoterminale
α-Helix, um die sich ein vier-strängiges β-Faltblatt wölbt. Auf dem β-Faltblatt bilden sieben saure
Aminosäure-Seitenketten einen zusammenhängend negativ geladenen Oberflächenbereich. Keine an-
dere Cystatin-ähnliche Domäne besitzt einen vergleichbaren negativen Ladungsbereich, was zu der
Annahme führte, daß die Inhibition über eine Interaktion dieser sauren Seitenketten mit den Calcium-
Ionen der Mineraloberfläche erfolgt.
Der Test des inhibitorischen Potenzials rekombinant exprimierter Fragmente der murinen AHSG Do-
mäne D1 offenbarte, daß die von den Aminosäuren 15–70 gebildete Struktur, d.h. die aminotermi-
nale α-Helix und die ersten beiden Stränge des darauffolgenden β-Faltblattes, bereits das komplette
inhibitorische Potenzial beinhaltet. Weiterhin zeigten die Inhibitionstests, daß keine andere Cystatin-
ähnliche Domäne einen vergleichbar guten Inhibitor darstellt, da ihnen, wie die Strukturmodelle zeig-
ten, eine entsprechende Anhäufung saurer Seitenketten auf dem β-Faltblatt fehlt.
Durch Test des verbleibenden inhibitorischen Potenzials in den Seren von Dialyse-Patienten und von
Ahsg-defizienten Mäusen mit teilweise massiven ektopischen Calcifizierungen konnte die klinische
Relevanz von Fetuin als wichtigem löslichen Inhibitor belegt werden.
Bei Betrachtung des Löslichkeitsproduktes von Hydroxylapatit wird deutlich, daß die Inhibition nicht
einfach auf einer Erniedrigung des Ionenproduktes durch Bindung von Calcium-Ionen an die sau-
ren Seitenketten beruhen kann. Die Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation beruht vielmehr auf
der Interaktion von AHSG mit Calciumphosphat-Oberflächen. Zunächst wurde der Einfluss von Fe-
tuin auf die Morphologie des Präzipitates mittels Rasterelektronenmikroskopie untersucht. Danach
gelang der Nachweis löslicher Calciumphosphat-Fetuin Aggregate mittels Transmissionselektronen-
mikroskopie. Fetuin bindet mit hoher Affinität an die Oberfläche von Kristallisationskeimen und wirkt
somit auf deren Wachstum, durch die erniedrigte Diffusionsrate von Calcium- und Phosphat-Ionen an
die Oberfläche, verlangsamend.
1. Einleitung
1.1. Biomineralisation
Knochen besteht aus etwa 45% Mineral, 40% organischer Matrix und 15% zellulären Bestandteilen.
Es handelt sich jedoch nicht um ein statisches System, sondern unterliegt einem permanenten Umbau
durch Knochen-aufbauende Osteoblasten und Knochen-abbauende Osteoclasten, der erst das Kno-
chenwachstum ermöglicht. Die gezielte Mineralisation der Knochenmatrix mit amorphem Calcium-
phosphat (ACP), Octacalciumposphat (OCP) und Hydroxylapatit (HAp) erfordert einerseits eine lo-
kale Übersättigung durch aktive Osteoblasten. Andererseits existieren im Weichgewebe systemische
Inhibitoren, die ungewollte Mineralablagerungen außerhalb des Knochens (ektopische Calcifizierung)
inhibieren.
1.1.1. Die mineralische Phase und assoziierte Proteine
Die kontrollierte Ablagerung von mineralischer Phase in Organismen ist aufgrund der vielschichtigen
Aspekte (Skelettbildung, Schutzpanzer, (Magneto-) Sensoren, Ionenreservoir) ein weit verbreitetes
Prinzip in der Biologie [Review: 1]. Im Verlauf der Evolution haben sich die Phasen der drei (Bio-)
Minerale Calciumphosphat, Calciumcarbonat und Silicat zum Aufbau von Stützgewebe bewährt. Seit
Mitte der 70er Jahre konnte jedem Biomineral eine zunehmende Zahl von Proteinen zugeordnet wer-
den, die mit ihm eine spezifische Wechselwirkung eingehen. Dies hat Auswirkung auf Keimbildung,
Wachstum und Morphologie der Kristallite.
Zwei Modelle1 der Interaktion von Proteinen mit Mineraloberflächen werden gegenwärtig kontro-
vers diskutiert. Das erste Modell geht von einer Wechselwirkung im weiteren Sinne von Epitaxie
aus, bei der sich Mineral- und Proteinoberfläche hinsichtlich der Ladungsgeometrie komplementär
zueinander verhalten und somit eine Energieminimierung bedingen [Untersuchungen an Calciumcar-
bonat Phasen: 2, 3]. Das zweite Modell betont, daß sich der Kristall im Löslichkeitsgleichgewicht mit
der umgebenden Phase befindet, d.h. permanent auf und abgebaut wird. Der Habitus ist daher von
den Kristallflächen bestimmt, die am schnellsten aufgebaut bzw. am langsamsten abgebaut werden.
1Den Untersuchungen liegt zum Teil das Calcit (Calciumcarbonat)-System zugrunde. Die Modelle sind jedoch auch fürCalciumphosphate gültig.
2 Einleitung
Hierbei wirken die Proteine bzw. Polymere rein kinetisch. Der strukturdirigierende Prozess erfordert
keinen festen Kontakt zwischen Kristall und Protein, stattdessen erfolgt die Strukturkontrolle über die
Verringerung der zeitlich gemittelten Oberflächenenergie [4, 5].
1.1.1.1. Eis
Arktische Fische produzieren antifreeze Proteine (AFP), die die Gefriertemperatur der Körperflüssig-
keiten herabsetzen2 . Unterhalb des Gefrierpunkts modifizieren AFPs die Morphologie der Eiskristal-
lite. Momentan sind vier AFP-Typen und das antifreeze Glycoprotein (AFGP) bekannt. Die AFPs I
und III sind hinsichtlich der molekularen Topologie ihrer Bindung an Flächen von Eiskristallen am
besten untersucht.
AFPs vom Typ I liegen bei 0°C als 100% α-helicales 3–5 kDa Monomer, bestehend aus 11 As lan-
gen Repeats, vor. Weiterhin fällt der hohe Alanin-Gehalt von über 60 % auf3. Erste Bindungsmodelle
gingen von einer Wasserstoff-verbrückten Bindung der OH-Gruppen des Threonins an bestimmte
Flächen des Eiskristalls aus [6], wofür eine exotherme Enthapie postuliert wurde. Dabei wurde je-
doch die Wechselwirkung dieser Reste mit Wasser vernachlässigt. Die Bindung kann jedoch nicht
allein auf Wasserstoff-Brücken beruhen, denn die Differenz der Wechselwirkungen ∆H(Thr-OH —
H2O s
- ∆H(Thr-OH — H2O l ) ist zu klein. Die α-Helix der AFPs Typ I enthält auch möglicherwei-
se ausgedehnte hydrophobe Seitenbereiche4 . Die Mutationen verschiedener Alanine, aber auch von
Threoninen, führten zu einer verminderten Effizienz [7, 8].
AFP vom Typ III ist etwa 7 kDa groß und besteht aus ungeordneten β-Faltblatt Strängen. Mutations-
untersuchungen haben hier gezeigt, daß die Hysterese-Aktvität von bestimmten polaren Resten ab-
hängt, die auf einer nahezu planaren Fläche des ansonsten globulären Proteins liegen [9]. Die Mo-
dellierung der Bindung anhand einer hochaufgelösten Protein-Röntgenstruktur ergab, daß das Protein
wahrscheinlich an mehrere parallele Ebenen des Eiskristalls zu binden vermag [10].
1.1.1.2. Silikat
Der strukturelle Aspekt der Biomineralisation von nanostrukturierten Silikaten, wie sie in den Zell-
wänden von Diatomeen zu finden sind, ist mikroskopisch gut untersucht. Die molekularen Determi-
nanten dieser Mineralisation hingegen sind bisher nur wenig erforscht. Die Silikat-Polymerisation
erfolgt allgemein katalytisch unter basischen (oder sauren) Bedingungen. Neuere Untersuchungen
weisen darauf hin, daß dieser Prozess in der Natur durch sogenannte Silaffine eingeleitet wird. Auf-
grund ihrer modifizierten Lysin-Reste besitzen sie stark basischen Charakter [11]. Vergleichbare Ei-
genschaften werden dem Silicatein zugeschrieben [12].
2Nicht aber die Schmelztemperatur (Hysterese).3Ebenso bei AFGP4Hierzu müssen die γ-Methyl-Gruppen der Threonine zur Oberfläche zeigen.
1.1 Biomineralisation 3
1.1.1.3. Calciumcarbonat
Das höhere Löslichkeitsprodukt der CaCO3-Phasen Calcit, Aragonit und Vaterit im Vergleich zu den
neutral-basischen Calciumphosphat Phasen ermöglicht eine Kristallzucht unter Laborbedingungen
und vereinfacht somit die Untersuchungen von geeigneten Proteinen auf der Kristalloberfläche. An-
hand dieses Systems konnte in frühen Untersuchungen beispielsweise gezeigt werden, daß Proteine
aus der Schale von Mollusken die Kristallkeimbildung verlangsamen [13] und den Habitus wachsen-
der Calcit-Kristalle beeinflussen [2]. Bestimmte Proteine aus den verschiedenen Schichten von Mu-
schelschalen vermögen sogar Keimbildung und Wachstum von CaCO3-Phasen (Calcit oder Aragonit)
zu determinieren [14].
Die Bindung von Lithostatin, einem Protein aus der Pankreasflüssigkeit, an wachsende Calcit-Kristalle
manifestierte sich in einer konzentrationsabhängigen Verlangsamung des Kristallwachstums und ei-
nem veränderten Habitus [15]. Lithostatin verdankt diese Eigenschaften sehr wahrscheinlich einem
aminoterminalen, strukturell sehr flexiblen Undecapeptid, welches mit hoher Affinität an die Fläche
(1120) bindet [16]5.
1.1.1.4. Calciumphosphat
Die Kristallstruktur von Apatit
Fluorapatit stellt die ideale Apatitstruktur dar und kristallisiert in einem hexagonalen Kristallsystem
mit der Raumgruppe P63/m 6. Dabei befindet sich das Fluorid-Ion genau in der Ebene der entlang
der c-Achse kanalbildenden Calcium-Ionen (Ca(II)). Diese Punktlage kann auch von Chlorid- oder
Hydroxid-Ionen eingenommen werden (Ca5(PO4)3X, X = OH
, Cl
, F
), welche jedoch leicht aus
der Ebene heraus verschoben sind.
Das Ionenprodukt I von Hydroxylapatit (HAp) ist folgendermaßen definiert: I = [Ca2 ]5[PO3 4 ]3[OH].
Im Gleichgewicht wird es als Löslichkeitsprodukt KLP bezeichnet. Das Löslichkeitsprodukt von HAp
[20] beträgt KL(HAp) = 3.7 10 58M9.
Setzt man die im Präzipitations-Assay nach Schema A (4.8 mM CaCl2, 1.6 mM Na2HPO4/NaH2PO4,
vgl. Kap. 2.2.10) verwendeten Ionenkonzentrationen ein, so ergibt sich für das Ionenprodukt I mit
pKs2(H3PO4) = 7.21 und pKs3(H3PO4) = 12.32: I = [4.8 10 3]5[1.16 10
8]3[10 6 6] 10
42. Das
Löslichkeitsprodukt ist somit deutlich überschritten.
Die extrazellulären Ionenkonzentrationen von Calcium und Phosphat betragen im erwachsenen Men-
schen 2.1–2.6 mmol/l bzw. 0.84–1.45 mmol/l [21]. Somit ist auch hier das Löslichkeitsprodukt über-
schritten. W.F. Neuman beschrieb das Problem der regulierten und lokal begrenzten Mineralisierung
5Ergebnisse nicht unumstritten [17, 18]6a = b = 936.7 pm, c = 688.4 pm
4 Einleitung
Abbildung 1.1.: Kristallstruktur von Apatit. Blick auf die Kanäle entlang der c-Achse, die von Ca(II)Dreiecken aufgebaut werden ( ). Diese Dreiecke sind derart gegeneinander verdreht, daß in der Auf-sicht der Eindruck eines sechseckigen Kanals mit einem Durchmesser von etwa 247 pm entsteht.Außerdem sind die gerüstaufbauenden Phosphat-Tetraeder und die verbrückenden Ca(I) ( ) sichtbar[Abbildung entnommen aus 19]
als Lot’s Wife Problem7 [22]: Warum erstarren wir nicht zur Salzsäule? Es sind jedoch mehrere
Inhibitoren unkontrollierter Mineralisierung bekannt, die die Bildung von Mineralablagerungen in
Gefäßen und im Weichgewebe verhindern.
Knochenapatit
Knochen besteht etwa zur Hälfte aus mineralischer Phase, wodurch er den weitaus größten Calcium-
Speicher im Organismus darstellt. Diese anorganische Phase besteht aus sehr kleinen Carbonat-haltigen,
Fehlstellen-behafteten Apatit-Kristallen. Die große Variabilität der Struktur kann anhand folgender
7This presents us with the „Lot’s wife problem“. Left to their own devices, the five or more pounds of HAp crystals foundin our skeletons should grow and grow — as long as they are provided with a normal extracellular fluid environment.Indeed, what is it that prevents us all from turning into pillars of salt? [...] all (ion products) fall in the region ofmetastability of the aqueous calcium-phosphate system. They are well below the point of spontaneous precipitation, butwell above the effective solubility of any solid phase or mixture of solid phases likely to be stable under physiologicconditions.
1.1 Biomineralisation 5
Summenformel verdeutlicht werden (wobei
die Verteilung der Fehlstellen anzeigt):
Ca8 3
1 7(PO4)4 3(HPO4)0 7(CO3)(OH)0 3
1 7 [23].
Die Ausrichtung der c-Achse in den Kristalliten variiert abhängig von der Spezies stark. In calcifi-
zierten Truthahn-Sehnen ist die c-Achse mit hoher Ordnung entlang der Knochenachse ausgerichtet,
im Rinderknochen ist eine vergleichbare Ordnung nicht zu beobachten [Beugung mit Synchrotron-
Strahlung: 24].
Kristallkeimbildung und Kristallwachstum
Das sehr niedrige Löslichkeitsprodukt von HAp verhindert eine kontrollierte Kristallisation aus Lö-
sung unter normalen Laborbedingungen. Es bildet sich unter neutral-basischen Bedingungen vielmehr
zunächst ein überwiegend amorphes Präzipitat. Die darin entstehenden Kristallkeime, wahrscheinlich
aus thermodynamisch metastabilem OCP [20] (KL = 1.1 10 49M9), erfahren entweder eine Phasen-
umwandlung zu HAp oder dienen als Templat für epitaktisches HAp-Wachstum. Diese Frage ist
gerade in Bezug auf die Bildung der mineralischen Phase in Zahn und Knochen unverändert aktuell
[25, 26].
Die Übersättigung σ ist definiert als:
lnσ = ln aaGW
= ln IKL
HAp
Die Keimbildungsenergie ist folgendermaßen
definiert:
∆G = Bγ3V2
kBT lnσ 2
und für den kritischen Nukleationsradius gilt:
rc 2γV∆µ
σ = Übersättigung, kB = Boltzmann
Konstante, T = Temperatur, a und aGW
= tatsächliches Aktivitätsprodukt bzw.
Aktivitätsprodukt im Gleichgewicht,
KL(HAp) = Löslichkeitsprodukt von
Hydroxylapatit, B = Konstante: 16π3 für
einen sphärischen Nucleus, γ = Grenz-
flächenenergie und V = Volumen der
Wachstumseinheit, ∆µ = chemisches
Potenzial
Es muß hierbei beachtet werden, daß die Kristallkeimbildung aufgrund des ungünstigen Oberfläche-
Volumen Verhältnisses, bzw. einer hohen Oberflächenenergie, kinetisch gehemmt ist. Zwischen der
Keimbildung und dem Wachstum nach Bildung größerer Kristallite bzw. nach Zugabe von Keimkri-
stallen ist daher zu unterschieden.
Synthetisches ACP besteht aus sogennanten Posner Clustern mit einem Durchmesser von etwa 9.5 Å ,
die 20–120 nm große sphärische Aggregate bilden [27, 28, 29]. Es handelt sich hierbei um chirale
Ca9(PO4)6 Aggregate mit C3 Symmetrie, die bereits Teile der Apatitstruktur aufbauen, in deren Zen-
trum auf z = 0 bzw. z = 1/2 sich jeweils ein Ca(I) Ion befindet. In den letzten drei Jahren wurde die
Dynamische Lichtstreuung (DLS) so weit verfeinert, daß sie zur Untersuchung der Nukleation von
Calciumphosphaten und Calciumcarbonaten angewandt werden kann. Mit Hilfe dieser Technik ge-
lang Onuma et. al. der Nachweis, daß HAp-Keime in simulated body fluid (SBF) stufenweise durch
Anlagerung kleiner Cluster mit einem Durchmesser von 0.7 bis 1 nm auf der a-Fläche wachsen. Diese
6 Einleitung
stabilen Cluster sind kleiner als die kritische Nucleusgröße und führen daher nicht unbedingt eine
Präzipitation herbei. Die Stufenhöhe entspricht etwa der Größe von Posner Clustern [30, 31].
In vitro Tests der Calciumphosphat-Mineralisation
Zu Beginn der Forschung an Proteinen, die die Calciumphosphat-Mineralisation beeinflussen, wurden
u.a. Doppeldiffusionssysteme gewählt, um unter möglichst kontrollierten Bedingungen Proteine aus
dem Serum und der Knochenmatrix auf inhibitorische oder nukleierende Eigenschaften hinsichtlich
der Calciumphosphat-Präzipitation zu untersuchen [z.B. 32, 33, 34, 35]. Alternativ wurde die zeitab-
hängige pH-Erniedrigung bei Präzipitation aus proteinhaltiger Lösung gemessen [z.B. 36, 37, 38]. Bis
Ende der 90er Jahre wurden auf diese Weise viele Proteine identifiziert, die in vitro auf die Keimbil-
dung entweder nukleierend oder inhibierend wirkten:
Nukleation
• Bone Sialoprotein (BSP) [34]
• Dentin Phosphoryn [35, 39, 40]
• Fibronectin (FN) [41]
Inhibition
• α2-HS-Glycoprotein (AHSG)/Fetuin [42, 43]
• Histidine Rich Glycoprotein (HRG) [44]
• Osteopontin (OPN) [38]
• Statherin [45]
• Matrix GLA Protein (MGP) [46]
• schwach:
– Albumin8 [37]
– Bone GLA Protein (BGP) bzw. Osteocalcin (OC) [35, 36]
8Aufgrund der hohen Konzentration trotzdem eines der wichtigsten Inhibitoren im Serum.
1.1 Biomineralisation 7
Die Inhibitoren lassen sich in lösliche und Oberflächen-gebundene Inhibitoren einteilen. Lösliche
Inhibitoren zeichnen sich durch saure (Fetuin, HRG, Osteopontin, Albumin) oder zudem phosphory-
lierte Sequenzmotive (Osteopontin, Statherin, Phosphoryn) aus. Die Entfernung der kovalent an OPN
gebundenen Phosphate mit alkalischer Phosphatase führt zu einer mehr als 40-fachen Reduktion der
inhibitorischen Aktivität [47]. Matrix GLA Protein, ebenfalls aminoterminal phosphoryliert, ist je-
doch als unlösliches Protein auf Chondrozyten und glatten Muskelzellen zu finden. Die Inhibition
beruht hier wahrscheinlich eher auf γ-carboxylierten Glutamat-Resten (vgl. Kap. 4.3.2).
Erste Überlegungen gingen davon aus, daß es lokaler Mineralisationsinitiatoren, wie z.B. Kollagen
und BSP, bedarf. Ein neueres Konzept hingegen beschreibt die unkontrollierte Calcifizierung als
default pathway. Neben der örtlich begrenzten und kontrollierten Mineralisation in Zahn und Kno-
chen sind folglich ebenso eine Reihe spezifischer Inhibitoren im umgebenden Gewebe notwendig
[48].
Physiologische Relevanz
Von einigen der oben genannten, das Kristallwachstum modulierenden Proteine wurden durch Gen-
Deletion sogenannte Maus-Knockouts generiert.
Ahsg
Mäuse, d.h. Tiere denen beide Allele des AHSG/Fetuin-Gens fehlen, neigen abhängig vom
genetischen Hintergrund (d.h. vom Stamm) zu ektopischen Calcifizierungen unterschiedlichen Aus-
maßes9 [43]. MGP
Mäuse weisen extreme Calcifizierungen in der Media von Arterien auf [46].
Aber nicht alle Knockouts zeigen den erwarteten Phänotyp. So führte die Deletion des OPN-Gens zu
einer unveränderten Mineralisation von Zahn und Knochen [49].
1.1.2. Knochenbiologie
1.1.2.1. Osteoblasten
Der permanente Umbau des Knochens erfolgt durch eine regulierte Aktivität der aufbauenden Osteo-
blasten und der abbauenden Osteoclasten. Ob und wie sich die beiden Zelltypen unmittelbar in ihrer
Aktivität beeinflussen (bone coupling) ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.
Osteoblasten sind mesenchymalen Ursprungs. Sie sind den Fibroblasten ähnlich, exprimieren aber
zusätzlich den Transkriptionsfaktor Cbfa1 und das sekretierte Protein Osteocalcin. Der Transkrip-
tionsfaktoren Cbfa1 und das weiter downstream gelegene Osterix (Osx) sind für die Osteoblasten-
differenzierung essentiell. Cbfa1
Mäuse sind nicht lebensfähig, da aufgrund der unterdrückten
Osteoblastendifferenzierung keine Skelettmineralisierung erfolgt [50]. Auch bei den erst kürzlich be-
schriebenen Osx
Mäusen bleibt die Mineralisierung der Knochenmatrix aus [51].
9Auf die Serum-Inhibition von Ahsg
Mäusen mit unterschiedlichem genetischen Hintergrund wird im Ergebnisteileingegangen.
8 Einleitung
Es sind zwei Modelle mit konditioneller Osteoblasten Ablation bekannt [52, 53]. Bei den hierzu
erzeugten transgenen Mäusen wurde eine verkürzte Mutante der Herpes Simplex Thymidinkina-
se (HSV-tk) hinter die Osteoblasten-spezifischen Promotoren von Kollagen Typ I bzw. Osteocalcin
geschaltet. Der Kollagen Typ I Promotor wird zu einem frühen Zeitpunkt während der Osteobla-
stendifferenzierung aktiviert, der von Osteocalcin hingegen zu einem späteren, nachdem die Zell-
teilung beendet ist. Die Verabreichung von Ganciclovir bewirkt die gezielte Abtötung der HSV-
tk exprimierenden Osteoblasten zu verschiedenen Zeitpunkten der Differenzierung. Es zeigte sich,
daß eine Kollagen-Promotor regulierte frühe Osteoblasten-Ablation unmittelbar die Osteoclasten-
Differenzierung negativ beeinflusst. Die Ablation zu einem späteren Zeitpunkt über den Osteocalcin-
Promotor bewirkt keine Veränderung der Osteoclasten-Aktivität, was eine (reversible) Osteopenie10
zur Folge hat. Folglich besteht eine vom Differenzierungsstadium der Osteoblasten abhängige Korre-
lation mit der Osteoclasten-Aktivität. Es wird vermutet, daß bei einer späten Osteoblasten-Ablation
noch genügend Osteoclasten-stimulierendes OPGL (Osteoprotegerin Ligand, vgl. Kap. 1.1.2.2) frei-
gesetzt wird, um eine unbeeinträchtigte Aktivität zu garantieren.
Neben einer Kontrolle der Osteoblasten-Aktivität über die genannten Transkriptionsfaktoren wird eine
neurokrine Kontrolle durch Einwirkung von Leptin auf den Hypothalamus vermutet [54].
Abhängig vom Knochentyp erfolgt die Skelett-Mineralisation auf zwei unterschiedliche Arten. Die
endochondrale Ossifikation führt zum Wachstum der lamellenartigen Röhrenknochen. Zellen aus dem
Perichondrium differenzieren zu Osteoblasten. Die Knorpelmatrix im Bereich hypertropher Chondro-
zyten der Epiphyse beginnt dabei zu calcifizieren, verbunden mit einem Einwachsen von Blutgefäßen
[55]. Koordination und Regulation der Chondrozyten-Differenzierung erfolgt über PTH/PTHrP bzw.
deren Rezeptor, wodurch die Ausbildung einer geordneten Wachstumszone, der sogenannten growth
plate, und zugleich das Wachstum des benachbarten Knochens gewährleistet ist [56]. Diese Mineral-
ablagerung geht mit der Ausbildung des Knochenmarks und der Osteoblasten-Differenzierung einher.
Die Calcifizierung zu Knochenplatten durch direkte Differenzierung von mesenchymalen Zellen zu
Osteoblasten wird als desmale Ossifikation bezeichnet.
1.1.2.2. Osteoclasten
Knochen abbauende Osteoclasten sind mehrkernige Zellen, die zusammen mit den Makrophagen ei-
ner Differenzierungslinie entstammen. Integrin-Rezeptoren in der kreisförmigen Sealing Zone ge-
währleisten einen engen Kontakt mit der abzubauenden Knochenmatrix. Durch die basale stark ge-
faltete Membran (ruffled border) werden Protonen, die Protease Cathepsin K und Metalloprotein-
asen in den Zwischenraum abgegeben, die gemeinsam den Knochenabbau herbeiführen. In einem als
Transcytose bezeichneten Prozess werden die auftretenden Abbauprodukte endocytiert, von dort zur
apikalen Seite der Zelle transportiert und wieder ausgeschleust [57, 58].
10Knochenschwund
1.1 Biomineralisation 9
Die Regulierung des Knochenumbaus erfolgt durch verschiedene calcitrope Zytokine und Hormone.
Den Abbau fördernden Einfluß haben z.B. das Parathormon (PTH) und 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3,
hemmenden Einfluß hingegen haben Calcitonin oder Östrogene.
Differenzierung und Aktivität der Osteoclasten wird durch das OPG/OPGL11-Effektor-System [59,
60] ausbalanciert. Der OPG-Ligand (OPGL) ist auf der Oberfläche von Osteoblasten und Stroma-
zellen lokalisiert, der Rezeptor RANK auf Osteoclasten. Eine Ligand-Rezeptor-Bindung induziert
die Differenzierung bzw. Aktivierung der Osteoclasten. OPG ist ein löslicher Rezeptor, der durch
Bindung an OPGL eine Wechselwirkung von OPGL mit seinem Rezeptor RANK auf Osteoclasten-
Vorläuferzellen unterbindet. Knochenabbau führt zur Freisetzung von TGF-β1. TGF-β ist ein zen-
trales Zytokin des Knochenwachstums bzw. -umbaus, da es die Expression von OPG in Osteobla-
sten/Stromazellen induziert, während die Expression von OPGL herabreguliert wird. Somit wird die
Differenzierung und Aktivierung der knochenabbauenden Osteoclasten TGF-β abhängig über das
OPG/OPGL System reguliert [61, 62]. Eine weitere Möglichkeit der Gegenregulation ist durch die
Bindung von IFN-γ an seinen Rezeptor auf Osteoclasten gegeben. Es folgt ein Stat1 abhängiger Ab-
bau des für die OPGL/RANK Signaltransduktion unabdingbaren TRAF6 [63].
1.1.2.3. Pathologische Formen der Mineralisation
Die mediale vaskuläre Calcifizierung von Arterien wird als Mönckeberg Sklerose bezeichnet. Sie tritt
gehäuft bei älteren Menschen und bei Diabetikern auf. Matrix-GLA-Protein (MGP) 12 Mäuse ent-
wickeln ebenfalls schwere Calcifizierungen in der Media der Arterien [46]. Daraufhin wurde gezielt
die Expression von Osteopontin (OPN) und MGP in glatten Muskelzellen calcifizierter Arterien von
Diabetikern untersucht. Nur sehr wenig OPN mRNA konnte in der Media nachgewiesen werden. OPN
wird aber stark von Makrophagen der Intima exprimiert. Eine starke MGP-mRNA-Synthese wurde in
unmittelbarer Umgebung der Calcifizierungen nachgewiesen [64].
Calcifizierungen des Knorpels, verbunden mit Gehörlosigkeit, Brachytelephalangie und pulmona-
ler Stenose, werden unter dem Begriff Keutel-Syndrom zusammengefasst, das durch Mutationen des
MGP hervorgerufen wird. Drei Mutationen, die zu nicht-funktionellem MGP führen, konnten bisher
identifiziert werden [65].
Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist eine seltene erbliche Funktionsstörung im Bindege-
webe. Die Mineralisierung wird durch Infiltration von Lymphozyten, bei gleichzeitiger Degenerati-
on der Muskelzellen, eingeleitet. Nachfolgend bildet sich stark vaskularisiertes Fibroblasten-reiches
Gewebe. Lymphoblastoide Zellen, die aus mineralisierenden Bereichen von FOP-Patienten isoliert
wurden, zeigen eine erhöhte BMP-4 Expression. Bone morphogenic proteins (BMP) stimulieren die
Differenzierung mesenchymaler Zellen zu Osteoblasten, die, wie bereits einleitend oben besprochen,
11Osteoprotegerin (OPG), Osteoprotegerin Ligand (OPGL, RANKL, TRANCE, ODF)12diesen Tieren fehlen beide Allele des Gens. Man spricht daher von Gen-Knockout.
10 Einleitung
die Mineralisierung der kollagenen Matrix bewirken. Dies mag die Ursache der massiven ektopischen
Knochenbildung bei FOP-Patienten sein, die vergleichbar der endochondralen Ossifikation ist [66].
Häufig treten Calcifizierungen der Arterien und vereinzelt auch verschiedener Organe und der Haut
(Calciphylaxie) zusammen mit einem sekundären Hyperparathyroidismus als Folge einer terminalen
Niereninsuffizienz auf. In solchen Fällen werden vorbeugend eine phosphatarme Diät empfohlen und
Aluminium-haltige Phosphatbinder verabreicht.
Die biochemischen Eigenschaften von Fetuin, sowie dessen Funktion als systemischer Inhibitor der
Calciumphosphat-Präzipitation und negatives Akutphase-Protein wird in den Kapiteln 1.2 und 3.3.3
behandelt.
1.2. α2-HS-Glycoprotein(AHSG)/Fetuin
1.2.1. Lokalisation, Konzentration
Durch fraktionierte Ammoniumsulfat-Fällung von fötalem Kälberserum gelang es Pedersen et. al.
[67], ein darin hochkonzentriertes Protein zu isolieren, das den Namen Fetuin erhielt. α2-HS-Glyco-
protein (AHSG13), ein bereits 1960 von Heremans und Schmid entdecktes Protein [68, 69] wurde
erst 1990 durch Vergleich der cDNA und Aminosäure-Sequenzen als das humane Homolog von
AHSG/Fetuin identifiziert [70]. Fetuin wird in der Leber exprimiert, wo es vorübergehend phosphory-
liert [71, 72] vorliegt. Nach Sekretion besitzen noch etwa 20% des zirkulierenden Fetuin durchschnitt-
lich eine Serin-Phosphorylierung pro Molekül, wobei etwa 77% auf Ser312 und 23% auf Ser120 ent-
fallen [42, 71]. Die Plasmakonzentration in fötalem Blut ist etwa 10-fach gegenüber der im adulten
menschlichen Organismus von ca. 500 µg/ml beim Menschen erhöht. Über die Blutzirkulation erreicht
Fetuin den Knochen, wo es akkumuliert. Grund hierfür ist die im Vergleich zu anderen Plasmaprotei-
nen hohe Bindungsaffinität an Calciumphosphat/Apatit [73, 74, 75, 76].
1.2.2. Struktur und Funktion
Fetuin setzt sich aus drei Domänen D1-D3 zusammen. Die ersten beiden Domänen D1 und D2 ge-
hören wegen ihrer Homologie zum Cystatin zur Cystatin-Superfamilie (vgl. Kap. 1.2.4). Innerhalb
der ersten Domäne befindet sich ein zum TGF-β-Typ II Rezeptor homologer Loop14. Fetuin ver-
mag daher über diesen Sequenzbereich Zytokine wie TGF-β oder BMP-2 zu antagonisieren [77]. Im
Osteogenese-Zellkulturmodell unterliegt die Osteoblasten-Aktivität einer TGF-β abhängigen Regu-
lation. Dementsprechend stellt Fetuin als TGF-β-Antagonist in vitro einen indirekten Regulator der
Osteoblasten Aktivität dar [78].
13Sogenanntes Fetuin Typ A, das im Nachfolgenden mit AHSG für das Protein und mit Ahsg für das Gen abgekürzt wird.14TGF-β receptor II homology 1 domain (TRH1), 18–19 Aminosäuren.
1.2 α2-HS-Glycoprotein(AHSG)/Fetuin 11
Sechs Disulfid-Brücken tragen zur Stabilität der Fetuin-Struktur bei. Fünf davon sind innerhalb der
Domänen D1 (2) und D2 (3) lokalisiert. Die sechste Disulfidbrücke verbindet die erste und die dritte
Domäne miteinander [79].
Im Gegensatz zu allen AHSGs anderer Spezies besteht humanes AHSG (hAHSG) aus einer schweren
A- und einer leichten B-Kette [80, 81], die über eine Disulfid-Bindung miteinander verbunden sind. A-
und B-Kette sind das Produkt eines mRNA Transkripts, das unter Verlust von R322 gespalten wird.
Bei chymotryptischer Aktivität wird durch eine weitere carboxyterminale Spaltung das sogenannte
connecting peptide freigesetzt [82, 83].
AHSG verfügt über vier N- und O-glycosidisch verknüpfte (teilweise verzweigte) Kohlenhydratketten
in der A-Kette und ein O-glycosidisch verknüpftes Trisaccharid. SCAfet gehört zur Superfamilie der
Monocot Mannose-bindenden Lectine. Das Monomer ist 244 As lang (26kDa) und besteht aus 2 un-
glycosylierten Domänen. Das funktionelle Tetramer bindet im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern
dieser Lectin Superfamilie keine einfachen Zucker, sondern spezifisch an die komplexen Kohlenhy-
dratketten des Fetuins [84].
Aus Serum isoliertes bovines Fetuin enthält assoziierte Lipide, vor allem Cholesterin, dessen Ester und
in kleineren Mengen Phospholipide, Triglyceride und Fettsäuren [85]. Die Fetuin-vermittelte Aufnah-
me von Fettsäuren in glatte Muskelzellen und Fibroblasten wurde auf diese Lipid-Bindeeigenschaften
zurückgeführt [86]. Gleichzeitig fördert die isolierte Fetuin-Lipid Fraktion die Absonderung von Cho-
lesterin aus Fibroblasten und Hep-G2 Zellen [87].
1.2.3. Fetuin Typ B
Kürzlich wurde die Fetuin-Familie um das Fetuin-B (FETUB) erweitert, das durch Vergleich der klo-
nierten cDNA mit zusammengesetzten Expressed Sequence Tags (ESTs) aus der dbEST-Datenbank
entdeckt wurde. Die Sequenzidentität zwischen den länger bekannten Fetuinen verschiedener Spe-
zies, nunmehr als Typ A bezeichnet, beträgt 58%, zwischen den B-Fetuinen 61%, und die beider
Fetuin-Gruppen zusammen 17% (24% homolog). Darüber hinaus zeigte ein Vergleich der Proteinse-
quenzen (Alignment), daß alle 12 Cysteine konserviert vorliegen und ein gemeinsames Sequenzmotiv
DXLETXCHXL innerhalb der ersten Domäne existiert [88]. Fetuine (A+B) gehören zu der Gruppe
der negativen Akutphase-Proteine [88, 89], d.h. bei Entzündung und Trauma werden diese Proteine
herunterreguliert.
12 Einleitung
1.2.4. Die Cystatin-Superfamilie
Folgende Proteine werden aufgrund der hohen Homologie einzelner Domänen zu Cystatin zur Super-
familie gruppiert:
• Stefin 11.5 kDa
• Cystatin 13 kDa
• Fetuin (AHSG) 48 kDa
• Histidine Rich Glycoprotein (HRG) 67 kDa
• Kininogen (KNG) 120 kDa
Cystatine zählen, abgesehen vom Fetuin und dem HRG, denen die vermittelnde Konsensussequenz
QXVXG in einem Loop fehlt, allgemein zu den Cystein-Proteaseinhibitoren [90]. Ihre Sequenzen sind
etwas mehr als 100 Aminosäuren lang, wovon ein relativ hoher Anteil sauer ist (der pI von Cystatinen
liegt daher im sauren pH-Bereich).
1.2.5. α2-HS-Glycoprotein-Domäne1 vermittelte Inhibition der
Calciumphosphat-Präzipitation aus übersättigter Lösung
Durch C-terminal verkürzte Deletionsmutanten des mAHSGs konnte das inhibitorische Sequenzmotiv
auf die erste Domäne eingegrenzt werden [42]. Da die in E. coli exprimierten (produzierten) Proteine
keine N- und O- glycosidisch gebundenen Sialinsäure-haltigen Kohlenhydratseitenketten besitzen,
zeigte sich auch, daß der inhibitorische Effekt davon unabhängig ist. Darüber hinaus zeigen in vitro
Cystatin [91] und HRG [44] ein vergleichsweise schwächeres Inhibitionspotenzial.
1.3. Proteinexpression und Proteinfaltung
Die Expression, d.h. die gezielte Überproduktion, von Proteinen in E. coli ist eine etablierte Methode
zur selektiven Synthese eukaryotischer Proteine. Somit können beispielsweise Proteine in ausreichen-
der Menge gewonnen werden, deren Isolierung aus dem entsprechenden Gewebe und Anreicherung
ansonsten sehr aufwändig wäre.
Nicht selten weisen jedoch rekombinant in Bakterien exprimierte Proteine eine fehlerhafte Faltung
auf. Disulfid-Brücken zwischen einzelnen Cysteinen können entweder nicht geschlossen sein oder es
kann zu falschen Verbrückungen kommen. Die Faltung einzelner Domänen kann in ihren Sekundär-
oder Tertiärstrukturen fehlerhaft sein. Im Verlauf von Proteinfaltungen kann es daher zu Aggregatio-
nen der nunmehr exponierten hydrophoben Bereiche des Kerns kommen. Als Folge dessen bilden sich
1.4 Modellierung von Proteinstrukturen 13
lösliche oder unlösliche (Inclusion Bodies) hochmolekulare Aggregate. Speziell unter biotechnologi-
schem Aspekt ist somit die Untersuchung der Faltungsmechanismen von großer Bedeutung.
Die Faltung bzw. ebenso die Entfaltung von Proteinen verläuft allgemein über einen sogenannten
Molten Globule Zustand. In diesem Zustand besitzen die Proteine zwar eine recht kompakte Kon-
formation, sind allerdings partiell denaturiert. Die Sekundärstruktur ist vorhanden, die Tertiärstruktur
hingegen ist nicht ausgebildet. Der Faltungsmechanismus von bovinem Fetuin in Guanidin Hydro-
chlorid verläuft über einen derartigen Zustand [92].
Der Faltungsmechanismus der Cystatine soll nun im Hinblick auf Fetuin als Teil der Cystatin-Super-
familie genauer beleuchtet werden. Staniforth et. al. untersuchten die Kinetik der Faltung von Cysta-
tin C genauer. Zunächst bildet sich ein globuläres Zwischenprodukt, wobei die hydrophoben Seiten-
ketten bereits den noch wasserhaltigen Kern bilden. Die zur weiteren Faltung notwendige Entfernung
der Wasser Moleküle aus dem Kern stellt die entscheidende Energiebarriere dar, die die native Kon-
formation von den partiell denaturierten Konformationen trennt. Die weitere Verdichtung des Kerns
und die optimierte Anordnung der Seitenketten ist enthalpisch, nicht aber entropisch begünstigt [93].
Verharrt Cystatin C im Verlauf der Faltung zu lange in einem Zwischenzustand mit nur teilweiser
Faltung, so neigt es zur Dimerisierung. Cystatin C zeigt in vivo keine Tendenz zur Dimerisierung.
Eine dominant vererbte Leu68 Gln (L68Q) Mutation führt allerdings zur Aggregation von Di-
meren zu Fibrillen. Diese Ablagerung in den Blutgefäßen des Gehirns wird als Cystatin C Amyloid
Angiopathie15 bezeichnet [94]. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um die Aggregation hydropho-
ber Bereiche, wie bei der Aggregation im Molten Globule Zustand. NMR-, UV-, Fluoreszenz- und
CD-spektroskopische Methoden wurden zur Charakterisierung des Dimers angewandt. Dabei wurde
festgestellt, daß der Dimerisierung eine tiefgreifende Konformationsänderung zwischen dem zwei-
ten und dritten Strang des β-Faltblattes vorangeht [95, 96]. Die neuerdings ermittelten Strukturen
des L68Q Mutanten-Dimers und des unter denaturierenden Bedingungen erzeugten Dimers zeigen,
daß die Dimerisierung über einen Austausch von Strängen des β-Faltblattes erfolgt. Der federartige
Spannungsabbau in der Schleife zwischen dem zweiten und dem dritten Strang des fünf-strängigen
β-Faltblattes (speziell bei der L68Q Mutante) begünstigt somit das Dimer gegenüber dem Monomer
[97, 98].
1.4. Modellierung von Proteinstrukturen
Die Funktion eines Proteins ist an dessen dreidimensionale Faltung geknüpft. Die Ermittlung der
dreidimensionalen Struktur durch Beugung am Proteinkristall oder mittels NMR-Spektrometrie einer
Proteinlösung ist somit ein wertvolles Werkzeug zum Verständnis der Eigenschaften und Interaktionen
von Proteinen. Von manchen Proteinen ließ sich nur unter großen Mühen eine Struktur ermitteln, bei
anderen Proteinen war es bisher sogar unmöglich.
15auch als „cerebral hemorrhage with amyloidosis, icelandic type“ bezeichnet
14 Einleitung
Momentan stehen 797935 (Stand 25.6.2001) bekannte Proteinsequenzen [99] 13960 Proteinstruktur-
bestimmungen (Stand 17.7.2001) [100] gegenüber. Modellierte Strukturen besitzen daran allerdings
einen Anteil von nur etwa 2%. Bei einer geschätzten Anzahl von etwa 1000 Domänen-Familien mit
gleichem Faltungsmuster ist die Anzahl der anhand von Homologien bestimmbaren Strukturen jedoch
bedeutend höher als die der bekannten. Aus diesem Grunde wird zur Funktionszuweisung der Se-
quenzdaten aus Genom-Projekten verstärkt auf (automatisiertes) Homology Protein Structure Model-
ling zurückgegriffen. Die Qualität einer durch Modellierung generierten Struktur hängt entscheidend
von der Identität bzw. Homologie von Ausgangsstruktur (template) und Zielstruktur (target) ab. Der
gewählte Modelling-Ansatz, mit dem im Rahmen dieser Arbeit Modelle Cystatin-ähnlicher Domänen
generiert wurden, berücksichtigt die sterischen Erfordernisse. Eine 40%ige Identität der Sequenzen
kann bereits ausreichen, um Modelle mit einer Genauigkeit zu entwerfen, die der niedrig aufgelöster
Röntgenstrukturen nahekommt. Bei Identitäten unter 30% wird das Alignment der Sequenzen zuneh-
mend ungenauer, worunter letztendlich die Qualität des Modells stark leidet. Trotz zahlreicher Ein-
schränkungen wird die Modellierung homologer Strukturen heute hauptsächlich zur Erstellung von
Basismodellen in der Protein-Kristallographie, zum Drug Design oder zur Überprüfung möglicher
Liganden-Bindungsstellen eingesetzt [101].
(a) Torsionswinkel der Sekundärstrukturele-mente im Ramachandran-Plot
(b) Ramachandran-Plot von 1CEW
Abbildung 1.2.: Die Verteilung der Torsionswinkel bedingt durch verschiedene Sekundärstruktu-ren (α-Helix oder β-Faltblatt) [Bild entnommen aus: 102] (a) am Beispiel des mit dem ProgrammProcheck [103] für die Röntgenstruktur von chicken egg white cystatin (1CEW [104]) erstelltenRamachandran-Plots. Begünstigte Bereiche sind dunkel markiert, erlaubte Bereiche heller und ver-botene Bereiche weiß.
Das Alignment der Proteinsequenzen ist für die Qualität des Modells von elemtarer Bedeutung. Der
Ramachandran-Plot (Abb. 1.2a) zeigt an, welche Torsionswinkel entlang der relativ leicht drehbaren
1.5 Aufgabenstellung 15
Bindungen des Rückgrates, d.h. um Cα—N-H (φ) und Cα—C=O (ψ) notwendig sind, um ein be-
stimmtes Sekundärstrukturelement aufzubauen. Aufgrund der unterschiedlichen Reste ist nicht jede
Aminosäure zu bestimmten Torsionen fähig, da es sonst zur Überlappung der Van der Waals Radien
einzelner Atome käme. Modelle, die Torsionswinkel innerhalb dieser im Ramamchandran-Plot weiß
gekennzeichneten, verbotenen Bereiche aufweisen, besitzen folglich keine Relevanz.
Prolin kommt eine besondere Bedeutung zu, da es aufgrund seiner starren cyclischen Struktur nur
bestimmte Torsionswinkel einnehmen kann. Mit den möglichen Winkeln für φ um -60o und für ψum -45o bzw. um +135o ist zwar Prolin in der Lage Konformationen entsprechend der α-helicalen
Bereiche des Ramandran-Plots einzunehmen, aufgrund sterischer Hinderung gilt es jedoch als „Helix-
Brecher“. Durch die starre Struktur werden jedoch Krümmungen in der Primärstruktur induziert, die
die Ausbildung von nachfolgenden α-Helices oder β-Turns begünstigen. Prolin ist auch vereinzelt in
antiparallelen β-Faltblättern zu finden, bricht aber mit seinem Pyrolidin-Ring die Wasserstoff-Brücken
auf.
Glycin indess besitzt keine Seitenkette und ist somit hinsichtlich der Konformation die flexibelste
Aminosäure. Weiterhin stellen Disulfid-Brücken wichtige Markierungspunkte innerhalb der Struktur
dar.
Abbildung 1.2b zeigt beispielsweise den Ramachandran-Plot für die Röntgenstruktur von chicken
egg white cystatin (1CEW [104]), die als Basisstruktur der Cystatin-Superfamilie im Rahmen dieser
Arbeit eine tragende Rolle spielt. Ungefähr 90% der Aminosäuren liegen mit ihren Konformationen
innerhalb der dunklen bevorzugten Bereiche. Eine Anhäufung von mindestens 90% in den bevorzug-
ten Bereichen ist eines der wichtigen Kriterien, anhand dessen der Wert einer Struktur abgeschätzt
werden kann. Die Orientierung der Aminosäuren ist ein weiteres Kriterium. Geladene Aminosäuren
sind meist an exponierten Stellen außen zu finden, hydrophobe Aminosäuren hingegegen bilden den
dicht gepackten Kern (core). Nicht zuletzt müssen auch die Bindungslängen zwischen den Atomen
des backbones beachtet werden.
1.5. Aufgabenstellung
Aufgabe der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe von Struktur-Funktions-Beziehungen genauere
Einblicke in den Inhibitionsmechanismus der Calciumphosphat Präzipitation zu erhalten. Dies im-
pliziert nicht nur die Untersuchungen der Protein—Mineral Interaktion in vitro sondern auch deren
pathophysiologische Relevanz.
Weder von Fetuin noch von einzelnen seiner drei Domänen sind Strukturdaten verfügbar. Der ur-
sprüngliche Ansatz, das Protein rekombinant in Bakterien zu exprimieren und nachfolgend für spek-
troskopische Strukturuntersuchungen aufzubereiten, lies sich nicht verwirklichen. Daher wurde auf
die computergestützte Modellierung der einzelnen Domänen, ausgehend von bekannten Templat-
Strukturen, zurückgegriffen. Das inhibitorische Potenzials von Fetuin, dessen (Deletions-) Mutanten
16 Einleitung
sowie einzelner homologer Domänen wurde mit einem etablierten Inhibitions-Assay bestimmt. Ver-
gleiche des inhibitorischen Potenzials eines getesteten Proteins bzw. einer Domäne mit dessen model-
lierter Struktur sollte Rückschlüsse auf die Binderegion zulassen und Einblicke in den Mechanismus
der Inhibition gewähren.
Die hohe Bindungsaffinität von Fetuin an die mineralische Phase des Knochen stellt einen wichtigen
Schlüssel zum Verständnis der Inhibition dar. Daher wurde nicht nur die veränderte Morphologie
de novo gebildeter Calciumphosphat Phase untersucht, sondern es gelang auch, die noch löslichen
Vorläufer-Aggregate in Gegenwart von Fetuin elektronenmikroskopisch nachzuweisen.
Weiterhin sollte die physiologische bzw. klinische Relevanz von Fetuin/AHSG als systemischer In-
hibitor durch Bestimmung des inhibitorischen Potenzials von Seren unterschiedlicher Herkunft her-
gestellt werden. Dazu wurden die Seren Fetuin defizienter Mäuse, die Stamm-abhängig massive ek-
topische Calcifizierungen aufweisen können, und die Seren von Dialyse-Patienten getestet. Etwa 4%
dieser Patienten weisen calcifizierende Hautnekrosen sowie Weichteilverkalkungen ähnlich denen im
Fetuin-Knockout auf. Mit derartigen Seren sollte die große Bedeutung von Fetuin als löslicher syste-
mischer Inhibitor der Calciumphosphat Bildung in vivo belegt werden.
2. Material und Methoden
2.1. Materialien
2.1.1. Laborchemikalien
Die verwendeten Laborchemikalien besaßen allgemein p.a.-Qualität.
2.1.2. Proteine
• Bovines Fetuin Sigma
• Bovines Serum-Albumin (BSA) und Ovalbumin Roth
2.1.3. Enzyme
• Lysozym, RNase A Sigma
• DNase Roche
• Restriktionsendonukleasen und T4 -DNA - Ligase MBI Fermentas
• Taq - Polymerase, Faktor Xa, Thrombin Pharmacia
• Proteinase K Merck
18 Material und Methoden
2.1.4. Antikörper
Polyklonal Antikörper-Seren gegen folgende Proteine, die durch Immunisierung von Kaninchen ge-
wonnen wurden, standen zur Verfügung:
• Murines Fetuin
• Bovines Fetuin
• Glutathion-S-Transferase (GST)
Monoklonal α-myc-Tag wurde aus Hybridoma-Überstand gewonnen. α-human - BMP-2 wurde von
R&D Systems bezogen.
2.1.5. Klonierungs- und Expressionsvektoren
• pUC - 18 New England Biolabs
• pGEX - 2T Pharmacia
• pMAL - c2 bzw. - p2 New England Biolabs
• pFLAG - MAC bzw. - ATS Sigma
• pET - 21a(+) Novagen
2.1.6. E. coli-Stämme
• BL 21 DE3 pLysS, XL - 1 Blue MRA und JM 109 Stratagene
• BL 21 DE3, AD494 Novagen
2.1.7. Verbrauchsartikel
• Filter und Blot-Membranen Schleicher & Schuell
• Ultrafiltrationsmembranen Schleicher & Schuell, Amicon
• Dialyseschläuche Roth
• Plasmid-DNA - Midi-Präparation und Gel-Extraktion Qiagen
2.2 Methoden 19
2.1.8. Chromatographie
Alle verwendeten Säulen sind Produkte von Amersham-Pharmacia:
• Gelfiltration: Superdex 200 HR 10/30, 75 HR 10/30, 75 26/60
• Anionenaustauscher: Resource Q und S
2.2. Methoden
2.2.1. Klonierung von mAHSG-Mutanten
Um das Apatit-Bindungsmotiv innerhalb der ersten Domäne von Fetuin genauer zu lokalisieren, wur-
den von dieser weitere carboxy- und amino-terminale Verkürzungen kloniert. Alle Konstrukte verfü-
gen über ein Fusionspeptid (z.B. His-tag, GST oder MBP), das eine einfache affinitätschromatogra-
phische Aufreinigung ermöglicht. Darüber hinaus wurde die Cystatin-ähnliche Domäne 1 von Fetuin
über einen poly-Glycin-Serin-Linker mit BMP-2 fusioniert.
1. Hot-Start 71°C 120 s2. Denaturierung 96°C 10 s
40Zyklen
3. Annealing 45-6 °C 120 s4. Synthese Taq-Pol.: 71°C
120 sPfu-Pol.: 75°C
5. Lagerung 4°C ∞
Tabelle 2.1.: PCR-Programm
Die PCR-synthetisierten (polymerase chain reaction) DNA-Stränge wurden mit den entsprechenden
Restriktionsendonukleasen geschnitten. Nach elektrophoretischer Auftrennung in einem 1%igen Aga-
rose Gel, wurden die gewünschten Banden ausgeschnitten und die DNA mit Hilfe des Qiagen Gel-
extraction Kits isoliert. Ligationen wurden über zwei Stunden bei Raumtemperatur oder über Nacht
bei 16°C durchgeführt.
2.2.2. Transformation der Bakterien
Die zur Transformation verwendeten Bakterien (XL-1 oder JM 109) wurden zuvor nach der Methode
von Inoue et. al. [105] kompetent gemacht und bei -75°C gelagert.
20 Material und Methoden
2.2.3. Plasmid-DNA Isolierung
Mini-Protokoll (Boiling-Methode) 2 ml Ampicillin-haltiges (100 µg/ml) LB-Medium wurde aus ei-
ner Kultur transformierter Bakterien angeimpft und über Nacht bei 37°C geschüttelt. Davon wurden
1,5 ml entnommen und bei 2500 g 5 min lang zentrifugiert. Der Überstand wurde abgenommen und
das Bakterien-Pellet in 200 µl STET-Puffer (8% Sucrose, 50 mM TRIS pH8, 5% Triton-X-100) resus-
pendiert. Nach Zugabe von Lysozym (800 µg/ml) wurde die Suspension im Wasserbad zwei Minuten
lang gekocht. Zelltrümmer und genomische DNA wurden durch 5minütige Zentrifugation bei 18000 g
abgtrennt. Sollte das Plasmid nachfolgend sequenziert werden, so wurde zweimal mit jeweils 200 µl
Phenol/CHCl3 extrahiert. Die DNA wurde durch Zugabe von 20 µl 3 M Na-Acetat pH 4.8 und 515 µl
Isopropanol bei -20°C gefällt.
Midi-Protokoll Für die Plasmid-Isolierung aus 50 ml LB/Ampicillin-Kultur wurde das Midi-Kit von
Qiagen verwendet.
2.2.4. Sequenzierung
Generell wurden alle verwendeten Konstrukte mittels geeigneter Plasmid-Primer von den 5’ und 3’-
Enden ausgehend sequenziert. Bei Konstrukten mit mehr als 600 bp Länge war häufig eine zusätzliche
Sequenzierung mit einem Primer innerhalb des Konstrukts notwendig.
Plasmid 5’ Primer 3’ Primer
pGEX-2T pGEX-2T fwd. pGEX rev.GGGCTGGCAAGCCACGTTTGGTG TCCGGGAGCTGCATGTGTCAGAGG
pMAL-c2 pMAL fwd. (malE) pMAL M13/pUCGGTCGTCAGACTGTCGATGAAGCC GGCCAGGGTTTTCCCAGTCACGAC
pET21a(+) T7 fwd pET21a T7term rev. pET21aTAATACGACTCACTATAG CTAGTTATTCGTCAGCGG
Tabelle 2.2.: Primer
Der Sequenzierungs-Ansatz:
4 µl Sequenziermix (Taq-Polymerase, Fluoreszenz-markierte Didesoxy-Nukleotid-Terminatoren)
1 µl 10µM Primer
1 µg DNA in vollentsalztem Wasser
mit vollentsalztem Wasser auf 20 µl auffüllen
2.2 Methoden 21
PCR-Programm:
1. Denaturierung 95°C 20 s25Zyklen
2. Annealing 48°C 20 s3. Synthese 60°C 240 s4. Lagerung 4°C ∞
Tabelle 2.3.: Sequenzierung
Aufarbeitung Nach Beendigung der PCR wurde der 20 µl Ansatz mit vollentsalztem Wasser auf
100 µl verdünnt und die DNA durch Zugabe von 10 µl 3 M Natrium-Acetat pH 4.8 und 250 µl 100 %
Ethanol gefällt. Nach Zentrifugation (18000 g, 20 Minuten) wurde der Überstand abgezogen und das
DNA-Pellet mit 300 µl 70 % Ethanol gewaschen. Um ein unbeabsichtigtes Ablösen des Pellets zu
vermeiden, wurde erneut zentrifugiert (18000 g, 5 min). Durch 5-10 minütiges Antrocknen wurde
restliches Ethanol entfernt.
2.2.5. Expression rekombinanter Proteine in E. coli
Nach Transformation des Plasmids in E. coli BL21 DE3 (pLysS) wurden einzelne Kolonien zur Vor-
bereitung der Expression in Vorkulturen überführt. Ampicillin-haltiges LB-Medium wurde daraus
1:300 – 500 angeimpft und bei 37°C, 250 rpm zunächst bis zu einer optischen Dichte von 0,3 bis 0,5
bei 600 nm inkubiert (logarithmische Wachstumsphase). Die Expression des rekombinanten Proteins
wurde durch 0.1 – 0.3 mM IPTG (Isopropyl-β-D-Thiogalactopyranosid) induziert. Darauf folgte ei-
ne weitere Inkubationsphase über 2 Stunden bei 37°C oder über 2–3 Stunden bei Raumtemperatur
(durch eine erniedrigte Temperatur konnte vereinzelt die Menge an Inclusion Bodies verringert wer-
den). Danach wurden die Bakterien abzentrifugiert (15 min, 2500g, 4°C), das Medium abdekantiert
und die Bakterien in PBS bzw. TRIS-Puffer (50 mM Tris/HCl pH 8) mit 1 mM EDTA, 1 mM DTT,
1mM PMSF, 1mM Benzamidin resuspendiert (500 ml LB-Medium 20 ml Puffer). Bis zur weiteren
Aufarbeitung wurde die Bakteriensuspension bei -75°C gelagert.
2.2.6. Isolierung der rekombinanten Proteine
Die gefrorene Bakteriensuspension wurde in Eiswasser aufgetaut. Eine Ultraschall-Behandlung (Son-
de, ~60%, 3 mal 15 Sekunden auf Eis) lysierte die Bakterien und zertrümmerte genomische DNA.
Nach Zugabe von 1 mM PMSF, jeweils 10 µg/ml DNAse bzw. RNAse, 2 mM MgCl2 sowie 1%
Tween-20 wurde die Suspension 30 min bei 4°C durchmischt. Durch Zentrifugation wurden lösliche
(cytoplasmatischer Überstand) und unlösliche Produkte (Zelltrümmer und Inclusion Bodies) der Lyse
voneinander getrennt.
22 Material und Methoden
Aus dem cytoplasmatischen Überstand Glutathion-S-Transferase (GST, ~29 kDa) fusionierte
Proteine können durch Bindung an Glutathion-Sepharose aufgereinigt werden. Die gebundenen GST-
Fusionsproteine wurden mit 50 mM TRIS pH 8, 10 mM Glutathion eluiert. GST-fusioniertes murines
Fetuin bzw. dessen Deletionsmutanten fallen jedoch zu über 90% in Form von Inclusion Bodies an.
Maltose Binding Protein (MBP, 42.5 kDa) fusionierte Proteine hingegen binden an Amylose und wur-
den mit 10 mM Maltose, 10 mM TRIS pH 7.4, 200 mM NaCl und 1 mM EDTA eluiert.
Aus Inclusion Bodies GST-mAHSG und dessen Deletionsmutanten werden auch bei IPTG Kon-
zentrationen <0.1 mM und Raumtemperatur derart stark exprimiert, daß sie in unlöslicher Form als
Inclusion Bodies anfallen. Durch Zentrifugation bilden sie ein kompaktes bräunliches Pellet. Mehr-
maliges waschen mit 50 mM TRIS pH 8, 1 mM DTT und 1 mM EDTA, 1 mM PMSF und 1%
Triton-X 100 führt zu einer deutlichen Aufhellung des Pellets. Dieses wurde in Denaturierungspuffer
(6 M GdnHCl, 50 mM HEPES pH 8, 20 mM DTT, 1 mM EDTA) in hoher Konzentration (~10 mg/ml)
gelöst. Sollten die Inclusion Bodies über einen längeren Zeitraum gelagert werden, erfolgte eine Dia-
lyse gegen 20 mM NH4CO3 bei 4°C, die zur vollständigen Präzipitation des denaturierten Proteins
führte. Das nunmehr beige-weiße Präzipitat wurde mit 20 mM NH4CO3 gewaschen und lyophylisiert.
2.2.7. Rückfaltung denaturierter Proteine
Die Isolierung der Fusionen als hochmolekulare Aggregate machte eine erneute Faltung erforderlich.
Alle Fusionen wurden in einem ersten Schritt in 6 M Harnstoff bzw. GdnHCl und 100 mM DTT
denaturiert. Die Fusionen wurden durch schnelle Verdünnung [MBP-Fusion] < 50 µg/ml in einen
Glutathion-Redoxpuffer erneut gefaltet. Der Redoxpuffer enthielt typischerweise folgende Bestand-
teile:
• 50 mM TRIS pH 8
• 2 mM reduziertes Glutathion (GSH)
• 0.2 mM oxidiertes Glutathion (GSSG)
Verschiedene Methoden wurden zur Unterdrückung der Aggregation angewandt. Allen liegt die schnel-
le Verdünnung des denaturierten Proteins in einen Rückfaltungs-/Redoxpuffer, der verschiedene Zu-
sätze enthält zugrunde:
• Chaotrope Reagenzien: 0.5–1.5 M GdnHCl, Arginin bzw. Harnstoff
• 0–300 mM NaCl bzw. KCl
• Zwitterionen: 1 M Betain, Taurin bzw. NDSB 201
• 0.001–0.1% SDS bzw. N-Lauroylsarcosin
2.2 Methoden 23
Lediglich durch Zugabe von 1 M NDSB201 zum Rückfaltungspuffer konnte Fetuin als Monomer
zurückgefaltet werden. Diese Rückfaltungsmethode wird in Kapitel 3.2.2 detailliert beschrieben.
2.2.8. Proteinbestimmung
Der Bradford Protein Assay ist ein colorimetrisches Verfahren zur Bestimmung der Proteinkonzen-
tration. Dabei bindet der verwendete Coomassie Blau Farbstoff hauptsächlich an basische und aro-
matische Aminosäuren des Proteins. Abhängig von der Proteinkonzentration ergibt sich ein Übergang
von einer rot-braunen Farbe nach dunkelblau, wobei sich das Absorptionsmaximum von 465 nm nach
595 nm verschiebt. Die Bestimmung mit Roti-Nanoquant (Roth, Karlsruhe) beruht auf der Absorption
bei 450 nm und 590 nm. Der Quotient A590A450
ist proportional zur Proteinkonzentration. Durch Vergleich
mit einer zuvor erstellten BSA-Eichreihe kann somit die Proteinkonzentration einer Probe ermittelt
werden.
2.2.9. SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese und Western Blot
Die diskontinuierliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) nach Lämmli wurde zur
Überprüfung des Reinheitsgrades und der Größe der exprimierten Proteine eingesetzt.
Der Transfer der im Gel aufgetrennten Proteine auf eine Nitrozellulose-Membran (Western Blot) er-
folgte nach dem “semidry” Verfahren von Schägger [106]. Zur Blockierung der Membran wurden
in Abhängigkeit vom Erstantikörper unterschiedliche Blockierpuffer verwendet (polyklonaler An-
tikörper mit 5% Milchpulver in PBS; monoklonaler Antikörper mit NET-Puffer: 50 mM Tris/HCl
pH 7.4, 150mM NaCl, 5mM EDTA, 0.05 Triton X-100, 0.25% Gelatine). Nach jeder Inkubation mit
Antikörper-Lösung wurde die Membran kurz gespült und 3 mal 10 min bei 37°C rotierend mit Wasch-
puffer (PBS mit 0.1% Nonidet P-40) gewaschen. Der Peroxidase gekoppelte Zweitantikörper ermög-
licht über eine Chemilumineszenz-Reaktion die Detektion durch Auflegen eines Röntgenfilms [107].
Hierzu muß die Membran vorher eine Minute lang mit Substratlösung (100 mM Tris/HCl pH 8.5,
2.5 mM 3-Aminophtalhydrazid (Luminol), 0.4 mM p-Coumarsäure, 5 mM H2O2) inkubiert werden.
2.2.10. Inhibition der Calciumphosphat / Apatit Präzipitation
Die getesteten Cystatin-ähnlichen Domänen unterscheiden sich in ihrer Effizienz, die Präzipitation
von Calciumphosphat aus einer übersättigten Lösung zu inkubieren. Das Prinzip dieses Assays basiert
darauf, dem Inhibitionsmix (vgl. Tab. 2.4) eine geringe Menge 45CaCl2 beizumengen, wodurch die
Radioaktivität im Präzipitat bei Versuchsende mit dem inhibitorischen Potenzial des Proteins korrel-
liert. Es wurden zwei eng verwandte Systeme angewandt. Die Inhibition der rekombinant exprimierten
Proteine wurde nach Schema A (und B zur Kontrolle) getestet (vgl Kap. 3.3.1). Die Calciumphosphat-
Fetuin Aggregate wurden unter den Bedingungen von Schema B elektronenmikroskopisch nachge-
wiesenen (vgl. Kap. 3.4.2).
24 Material und Methoden
Schema A Schema Bnach Schinke et. al. [42]
V(Gesamt) [µl] 500 200CaCl2 [mM] 4.8 5
NaHPO4 [mM] 1.6 3Tris [mM] 50 50
Protein [µM] 0–10 0–10Temperatur [°C] 37 37
Inkubationsdauer [min] 90 70
Tabelle 2.4.: Parameter des Präzipitations-Assays. Das radioaktiv-versetzte CaCl2 wurde zuletzt hin-zugegeben.
Um die Vergleichbarkeit der Inhibitionspotenziale der murinen AHSG-Mutanten zu wahren, wurde
auf den von T. Schinke entwickelten Assay zurückgegriffen [42]. Die gebildete Präzipitatmenge wurde
in Triplikaten bestimmt. Es ist wichtig, unmittelbar nach Zugabe des radioaktiv versetzten CaCl2 zum
fertigen Inhibitionsmix stark zu vortexen, um die Standardabweichung hinsichtlich der gemessenen
Radioktivität im Präzipitat möglichst gering zu halten.
Nach Ablauf der Inkubationszeit wurde das präzipitierte Calciumphosphat abzentrifugiert (5 min,
10000 g) und der Überstand vorsichtig abgenommen. Das Präzipitat wurde in 200 µl 1%iger Essigsäu-
re gelöst und anschließend mit 1 ml Szintillationsflüssigkeit vermischt. Die Messung der β-Strahlung
erfolgte mit einem Wallac 1450 MicroBeta TriLux.
2.2.11. Untersuchung des Inhibitionsmechanismus mittels Elektronenmikroskopie
und dynamischer Lichtstreuung
Die unten beschriebenen Untersuchungen wurden am MPI für Polymerforschung Mainz in Zusam-
menarbeit mit Dr. A. DuChesne (Transmissionselektronenmikroskopie) und Dr. J. Gapinski. (Dyna-
mische Lichtstreuung) durchgeführt.
Das verwendete bovine Fetuin wurde unmittelbar vor Versuchsbeginn in 50 mM TRIS pH 7.4 gelöst
und das Monomer von höhermolekularen Aggregaten mittels Gelfiltration (Pharmacia Superdex 200
HR 10/30) befreit. Zur Proteinbestimmung wurde ein modifizierter Bradford-Assay (Roti-Nanoquant,
Roth) eingesetzt. Alle verwendeten Lösungen wurden zuvor filtriert (0.22 µm Celluloseacetat-Membran,
Schleicher & Schuell). Die Proben wurden, wie zuvor in Kapitel 2.2.10 beschrieben, nach Schema B
mit 10 µM bovinem Fetuin, bzw. mit BSA1 in gleicher Konzentration zur Kontrolle, hergestellt.
1Bovines Serum Albumin (BSA) ist das am höchsten konzentrierte Plasmaprotein. Eine Funktion dieses Proteins bestehtdarin, Calcium-Ionen im Serum zu binden. Im Präzipitations-Assay zeigt es, vermutlich aufgrund der starren Helix-Struktur, nur ein geringes inhibitorisches Potenzial.
2.2 Methoden 25
Transmissionslektronenmikroskopie (TEM) Nach Ablauf der Inkubationszeit (2–30 h) bei Raum-
temperatur bzw. 37°C, wurde der Versuch durch Dialyse (mindestens 1:500) gegen leicht basisches
(NH3) Millipore Wasser bei 4°C abgebrochen. Anschließend wurden die Proben 1 min lang bei etwa
3000 g zentrifugiert. Ein Tropfen des Überstandes wurde dann auf ein mit einem Kohlenstoff-Film
beschichtetes Kupfer-Netzchen übertragen. Nicht abfließende Flüssigkeit wurde seitlich mit Zellstoff
vorsichtig abgesaugt.
Die transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen wurden an einem Leo 912 Ω bei 120 kV
durchgeführt, wobei eine Objektiv-Apertur von 16.5 mrad verwendet wurde. Die Breite des Energie-
fensters betrug 10 eV. Alle Bilder wurden mit einer Slow Scan CCD Kamera (1024 x 1024 Pixel bei
14 Bit Grauwert-Tiefe) aufgenommen.
Die Energy Filtering Transmission Electron microscopy (EFTEM) verknüpft die TEM mit der Elec-
tron Energy Loss Spectroscopy (EELS). Mit EELS wird die Energieverteilung inelastisch gestreuter
Elektronen ermittelt. Hierbei können unter Ausnutzung der Element-spezifischen Absorptionskanten
gezielt Elemente detektiert werden. EFTEM vermag daher die Verteilung der inelastisch gestreuten
Elektronen ortsaufgelöst wiederzugeben. Dazu wird aus zwei Bildern vor der Absorptionskante durch
Extrapolation ein Bild unmittelbar vor der Kante berechnet und ein Bild bei maximaler Absorption
ermittelt. Anschließend wird vom Bild bei maximaler Absorption das Untergrundbild abgezogen.
Dynamische Lichtstreuung (DLS) Die auf 20°C temperierte Lichtstreuungszelle wurde von ei-
nem Laser (Spectra Physics 165, 514 nm, 300 mW) durchstrahlt. Die gestreute Intensität wurde
in VV-Geometrie (90o) detektiert und in einen ALV 5000 Autocorrelator eingespeist. Zweifach-
exponentielles Fitting führte zu der bestmöglichen Anpassung an die Autokorrelationsfunktionen.
2.2.12. Komparative Strukturmodellierung
Zusammen mit Dr. J. Grötzinger (RWTH-Aachen/Universität Kiel) wurde unter Verwendung der
Röntgenstrukturen von chicken egg white Cystatin (1 CEW) [104] und Malonyl-CoA: Acyl Carrier
Protein Transacylase (1MLA) [108] mit Hilfe des Computerprogramm-Pakets WHATIF (Sgi, IRIX)
[109] ein Modell der Domänen von Fetuin erstellt. Darüber hinaus wurden selbständig unter Ver-
wendung der folgenden Programme Modelle aller zur Cystatin-Superfamilie gehörenden Domänen
erarbeitet (Stefin ausgenommen):
MODELLER4 (X86, LINUX) wurde sequenzvergleichenden Modellierung der Domänen, basierend
auf räumlichen Beschränkungen, genutzt [110, 111].
PROCHECK 3.5 (x86, LINUX) [103] ist ein Programm zur Evaluierung von Proteinstrukturen anhand
von Torsionswinkeln und Bindungslängen (vgl. Kapitel 1.4).
26 Material und Methoden
PROSA II 3.0 (x86, LINUX) [112] ist ein weiteres Programm zur Analyse von Proteinstrukturen. Es
erweitert die Beurteilungsmöglichkeiten der Qualität von Proteinfaltungen anhand des
z-scores (ZStruktur). Hierfür werden Polyproteine bestehend aus einzelnen Proteinstruktu-
relementen konstruiert, die über Linker miteinander verbunden sind. In Prosa II ist ein
Polyprotein bestehend aus 219 Strukturen mit einer Sequenzlänge von etwa 47000 As
implementiert. Die Sequenz der zu analysierenden Struktur wird entlang der gesamten
Polyprotein-Struktur verschoben und für jede Position, d.h. die Anzahl der Konformatio-
nen entspricht annähernd der Sequenzlänge des Polyproteins, die Energie der Konforma-
tion durch Aufsummieren der Cβ—Cβ Paar-Wechselwirkungen berechnet. Die mittlere
Energie E aller generierten Konformationen sowie die daraus resultierende Standardab-
weichung σ gehen in den z-score ein, der die Energie der zu analysierenden Struktur
EStruktur mit den Energien aller generierten Konformationen in Relation setzt:
ZStruktur = EStruktur E
σProteine mit nativer Faltung fallen in einen für die Sequenzlänge typischen z-score Be-
reich. Mit zunehmender Sequenzlänge wird dieser Wert negativer.
MOLMOL 2K.1 (x86, Win NT) [113] wurde zur Berechnung und Darstellung der Oberflächenpoten-
ziale verwendet.
VMD 1.6 (x86, LINUX) [114] ist ein Strukturbetrachter. Zusätzlich konnten mit dem Hilfsprogramm
MSMS [115] schnell molekulare Oberflächen erzeugt werden. Die Strukturen wurden
schließlich durch Betrachtung auf ihre Kompaktheit untersucht. Zur Bildausgabe der
Strukturmodelle wurde Raster 3D [116] verwendet.
3. Ergebnisse
3.1. Strukturmodelle
3.1.1. Bewertung der modellierten Strukturen
Von AHSG selbst sind keine Strukturdaten verfügbar. Daher wurden Modelle nach der Struktur von
chicken egg white cystatin [Röntgenstruktur, 1CEW: 104] erstellt. Zunächst mußte ein Sequenzver-
gleich zwischen der Sequenz der bekannten Ausgangsstruktur und der Sequenz des Zielproteins mit
unbekannter Struktur angefertigt werden. Dabei war darauf zu achten, daß innerhalb der Sekundär-
strukturelemente α-Helix und β-Faltblatt keine Sequenzlücken auftraten. Vielmehr mußten Sequenz-
lücken bzw. -überhänge in unstrukturiertere Bereiche verschoben werden. Bei der anschließenden Mo-
dellierung wurden die in Kapitel 1.4 erwähnten Vorgaben berücksichtigt: die geladenen Aminosäure-
Reste des β-Faltblattes waren nach außen gerichtet, hydrophobe Reste zeigten in den kompakten Kern.
Die Modellierung gestaltete sich in in mehreren Verfeinerungs-Zyklen. Jeder Verfeinerungs-Schritt
mit MODELLER4 ergab eine frei wählbare Anzahl von möglichen Modellen, die anschließend eva-
luiert werden mußten. Hierfür wurde auf die Programme PROCHECK und PROSA II zurückgegriffen
(vgl. Kap. 2.2.12). Die nachfolgend angeführten Modelle bieten zwar keine atomare Auflösung, da
jedoch die Anordnung der As innerhalb der Sekundärstrukturelemente stimmig ist, kann von einem
educated guess gesprochen werden.
Die Analyse der Konformation ergab vereinzelt ungünstige Torsionswinkel für Aminosäuren in den
Schleifen zwischen den Strängen des β-Faltblattes. Bei durchgehend geringer Identität der Sequenzen
Cystatin-ähnlicher Domänen zur 1CEW-Basisstruktur von maximal 27% gelang es zwar, verbote-
ne Torsionswinkel in der backbone-Struktur zu vermeiden, der Anteil der Aminosäuren in den stark
bevorzugten Bereichen (vgl. Abb. 1.2a) lag jedoch nur zwischen 75 und 88%. Sequenzbrüche auf-
grund unterschiedlicher Sequenzlängen wurden innerhalb der Sekundärstrukturen vermieden, wirkten
sich jedoch in unstrukturierten Bereichen durch ungünstige Torsionswinkel und Abweichung von der
idealen Bindungslänge deutlich aus. Durch unterschiedliche Sequenzlängen können daraus Verschie-
bungen von Strukturelementen resultieren, sogannte rigid body shifts, die jedoch nicht oder nur sehr
schwer zu modellieren sind und folglich auch in den erstellten Modellen unberücksichtigt blieben. Die
erwähnten Abweichungen beeinträchtigen zwar die Qualität einzelner Modelle in ihrer Gesamtheit er-
28 Ergebnisse
heblich, befinden sich aber alle außerhalb der Bindungsregion auf dem ausgedehnten β-Faltblatt, das
die Bindung an Apatitoberflächen vermittelt. Ein akzeptabler z-score sowie die korrekte Orientierung
der geladenen und der hydrophoben Aminosäuren auf dem β-Faltblatt verleihen den Modellen hin-
sichtlich der Adsorption an Apatitoberflächen daher eine ausreichend hohe Aussagekraft.
PROCHECK (φ, ψ) PROSA II
Domäne Seq
uenz
läng
e
%Id
entit
ätzu
1CE
W
bevo
rzug
t
erla
ubt
bedi
ngt
erla
ubt
z-sc
ore
1CEW 108 100 83 (90.2%) 8 (8.7%) 1 (1.1%) -7.18
mAHSG D1 105 16 81 (85.3%) 10 (10.5%) 4 (4.2%) -5.18mAHSG D2 99 21 68 (76.5%) 19 (21.3%) 2 (2.2%) -4.45
mFetB D1 111 21 78 (78.8%) 19 (19.2%) 2 (2.0%) -6.24mFetB D2 107 25 73 (77.7%) 17 (18.1%) 4 (4.2%) -4.24
hHRG D1 110 19 80 (79.2%) 18 (17.8%) 3 (3.0%) -5.35hHRG D2 103 22 68 (74.7%) 21 (23.1%) 2 (2.2%) -4.75
hKNG D1 107 26 87 (87.9%) 11 (11.1%) 1 (1.0%) -6.87hKNG D2 106 21 76 (79.1%) 18 (18.8%) 2 (2.1%) -3.63hKNG D3 104 27 81 (84.4%) 12 (12.5%) 3 (3.1%) -5.78
Tabelle 3.1.: Evaluierung der Cystatin-ähnlichen Domänen. Alle Domänen besitzen eine niedrigeSequenz-Identität zu chicken egg white cystatin (1CEW). Die Torsionswinkel φ und ψ aller Aminosäu-ren liegen zu maximal 88% in stark begünstigten Konformationsbereichen des Ramachandran-Plots.Glycin und Prolin werden aufgrund ihrer sterischen Besonderheiten generell nicht berücksichtigt.Keines der Modelle zeigt Konformationen, die in verbotene Torsionswinkel-Bereiche fallen.
mAHSG D1 fiel durch eine im Vergleich zu den anderen Domänen extrem geringe Sequenz-Identität
von nur 16% mit chicken egg white cystatin (1CEW) auf, das Alignment der Sequenzen im Bereich
der Sekundärstrukturen war jedoch unproblematisch. Das Alignment der zweiten Domäne von hKNG
hingegen erwies sich trotz geringfügig höherer Sequenz-Identität (21%) als wesentlich schwieriger,
was sich in einem niedrigen Betrag des z-scores wiederspiegelt. Generell ließ sich jeweils die er-
ste aminoterminale Domäne einfacher modellieren als die nachfolgenden Domänen. Dies zeigt sich
im prozentualen Anteil der Aminosäuren in bevorzugten Torsionsbereichen des Ramachandran-Plots
sowie in einem hohen Betrag des z-scores.
3.1 Strukturmodelle 29
3.1.2. Domänen-Modell von AHSG
Abbildung 3.1.: Modell der drei Domänen von Fetuin. Die ersten beiden Domänen (D1 und D2)gehören zur Cystatin Superfamilie. D3 besitzt eine strukturelle Homologie zu einer Insertionsdomänevon Malonyl-CoA: Acyl Carrier Protein Transacylase.
Abbildung 3.1 zeigt das Modell aller drei Domänen von murinem AHSG. Die ersten zwei Cystatin-
ähnlichen Domänen besitzen C-terminal ein viersträngiges antiparalleles β-Faltblatt, das sich um ei-
ne N-terminale α-Helix wölbt. Dem Modell dieser beiden Domänen liegt die Röntgenstruktur von
Chicken-Egg-White-Cystatin (1CEW) zugrunde [104].
Die erste Cystatin-ähnliche Domäne vermag die Präzipitation von Calciumphosphat/Apatit aus über-
sättigter Lösung zu inhibieren [42] und TGF-β zu binden [77, 78]. Die zweite Cystatin-ähnliche
Domäne trägt N- und O-glykosidisch verknüpfte Zuckerseitenketten. Die dritte Domäne weist eine
strukturelle Homologie zu einer Insertionsdomäne des E. coli Proteins Malonyl-CoA: Acyl Carrier
Protein Transacylase (1MLA) [108] auf. Das Strukturmotiv, das die Bindefähigkeit von Fetuin ge-
genüber Fettsäuren, Lipiden und Cholesterin vermittelt [85, 86, 87], ist daher warscheinlich innerhalb
der letzten Domäne lokalisiert.
Ausgehend von den modellierten Tertiärstrukturen der drei Fetuin/AHSG-Domänen, kann über die
Anordnung zueinander, d.h. die Quartärstruktur, nur spekuliert werden. Aufgrund der gewölbten Form
der Cystatin-ähnlichen Domänen ist es denkbar, daß diese entlang ihrer α-Helices aggregieren. Die
30 Ergebnisse
dritte Domäne würde dann verbrückend über den beiden Domänen positioniert sein und durch die
Disulfid-Brücke zum N-Terminus der ersten Domäne die Struktur stabilisieren.
Abbildung 3.2.: Proteinsequenz-Alignment mit Clustal W [117] der für das Modelling verwen-deten Sequenzabschnitte Cystatin-ähnlicher Domänen mit Angabe der Sekundärstruktur-Elemente(m = Maus, r = Ratte, h = Mensch). Die kürzere α-Helix wurde mittels Röntgenbeugung bestimmt,die NMR-Struktur [118] gibt hier jedoch einen Coiled-Bereich an. Für Reste, die auf dem β-Faltblattlokalisiert sind, gilt folgendes Farbschema: sauer-rot, basisch-blau.
Die aminoterminalen Domänen aller in Abbildung 3.2 aufgeführten Proteine der Cystatin-Superfamilie
besitzen zwei Disulfid-Brücken. Die jeweils nachfolgenden Domänen enthalten zusätzlich eine en-
ge Disulfid-verbrückte Schleife. Nur der durch die Röntgenstruktur abgedeckte Sequenzbereich des
Chicken-Egg-White-Cystatins (1CEW) konnte für die nachfolgenden Modelle in Betracht gezogen
werden. Daher sind die Modelle dieser Domänen amino- und carboxyterminal um durchschnittlich
ca. 15 Aminosäuren verkürzt.
3.1 Strukturmodelle 31
Nahezu jede zweite Position auf dem β-Faltblatt der ersten Domäne von Fetuin (mAHSG D1) ist mit
einer geladenen Aminosäure, meist einer sauren, besetzt. Keine andere Cystatin-ähnliche Domäne
weist eine derart hohe Konzentration an sauren Aminosäure-Resten auf ihrem β-Faltblatt auf. Die
β-Faltblatt Konformation bedingt eine alternierende Orientierung der Reste, wodurch geladene bzw.
polare Reste überwiegend nach außen, hydrophobe Reste hingegen in den Kern zeigen (Abb. 3.3).
Für mAHSG D1 gilt daher, daß fast jede exponierte, d.h. dem Solvens ausgesetzte Position, mit einer
sauren Aminosäure (oder zumindest mit einer geladenen As) besetzt ist (vgl. Abb. 3.2). Der Abstand
dieser Reste zueinander beträgt 4–9 Å und liegt somit im Bereich der Gitterkonstanten der Apatit-
Struktur.
(a) AHSG Domäne 1 (b) Orientierung der As-Reste auf dem beta-Faltblatt
Abbildung 3.3.: (a) AHSG D1 besitzt eine im Vergleich zu anderen Cystatin-ähnlichen Domänen au-ßerordentlich hohe Konzentration an sauren As-Resten [119]. (b) Aufgrund der alternierenden Orien-tierung der Aminosäure-Reste auf dem β-Faltblatt der ersten Domäne von AHSG zeigen vorwiegendpolar-geladene Reste nach außen und hydrophobe Reste Richtung α-Helix in den Core. Das Farbsche-ma entspricht dem des Alignments (vgl. Abb. 3.2), hydrophobe Reste sind weiß gekennzeichnet.
32 Ergebnisse
3.1.3. Modelle der Cystatin-ähnlichen Domänen
Die mit den Programmen MODELLER4 und MOLMOL erstellten Cystatin-ähnlichen Domänen sind
als Aufsicht auf das β-Faltblatt in Abbildung 3.4 dargestellt. Ein Vergleich der Ladungsverteilungen
auf den β-Faltblättern der Domänen verdeutlicht die bereits im Sequenzalignment gefundenen Un-
terschiede. Das inhibitorische Potenzial dieser zusätzlich rekombinant exprimierten Domänen ist in
Kapitel 3.3.1 beschrieben.
Im folgenden werden die modellierten Strukturen im Hinblick auf Bindung an HAp-Oberflächen bzw.
Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation diskutiert:
AHSG
Domäne D1 zeigt auf ihrem β-Faltblatt einen einzigartigen negativ geladenen Bereich. Die sauren
Aminosäure-Reste binden entweder direkt an Calcium-Ionen oder sie besetzen vakante Phosphat-
Positionen an der Oberfläche. Eine genaue Zuordnung der Bindungspartner auf atomarer Ebene oder
die Vorhersage einer bevorzugten Adsorption an eine bestimmte Fläche der Apatitstruktur ist jedoch
nicht möglich.
Im Vergleich dazu sind in der Domäne D2 mehrere exponierte Positionen statt mit geladenen Ami-
nosäuren mit polaren oder hydrophoben Aminosäuren besetzt. Die vereinzelten Ladungen vermögen
offenbar nicht, die Präzipitation von Calciumphosphat/Apatit aus überättigter Lösung zu inhibieren.
FETUB
Bisher konnte keine Funktion dem von Olivier et. al. [88] durch Alignment überlappender ESTs ent-
deckten zweiten Fetuin Typus zugeordnet werden. Es handelt sich ebenfalls um ein Protein mit drei
Domänen, wobei die ersten zwei aminoterminalen Domänen Cystatin-ähnlich sind. Im Rahmen der
vorliegenden Arbeit stellte sich die Frage, ob ausgehend vom Modell eine Vorhersage bezüglich der
Inhibitionseffizienz getroffen werden kann und darüberhinaus, inwieweit FETUB als Inhibitor im Se-
rum relevant ist. Beide Domänen zeigen keinen zusammenhängenden Bereich mit negativer Ladung.
Vielmehr tragen basische Aminosäurereste zu einer unregelmäßigen Ladungsverteilung bei. Die Ver-
mutung lag daher nahe, daß Fetuine vom Typ B schwächer inhibieren würden als vom Typ A.
Histidine Rich Glycoprotein (HRG)
Es ist bekannt, daß humanes HRG molar etwa nur halb so effizient die Präzipitation von Calcium-
phosphat zu inhibieren vermag wie AHSG [44]. Zwei der drei Domänen sind Cystatin-ähnlich. Die
Modelle der Cystatin-ähnlichen Domänen von HRG zeigen ebenfalls eine unregelmäßige Ladungs-
verteilung. Die verminderte Effizienz ist daher nicht verwunderlich.
3.1 Strukturmodelle 33
Abbildung 3.4.: Modelle der Domänen von Proteinen der Cystatin-Superfamilie (negative Ladung -rot, positive Ladung - blau)
34 Ergebnisse
Kininogen
Kininogen besteht aus fünf Domänen wovon drei Cystatin-ähnlich sind. Auf den β-Faltblättern der
drei Cystatin-ähnlichen Domänen ist ebenfalls ein unregelmäßiges Ladungsmuster sichtbar. Deshalb
konnte mit großer Sicherheit für alle drei Domänen ein im Vergleich zu AHSG vermindertes Inhibiti-
onspotenzial angenommen werden.
3.2. Expression, Rückfaltung und Isolierung rekombinanter Fetuine
Mit der Klonierung und Expression verschiedener Fetuine und deren Deletionsmutanten wurden zwei-
erlei Ziele verfolgt. Einerseits sollten die Teildomänen im beschriebenen Präzipitations-Assay getestet
werden, um das inhibitorische Motiv innerhalb der ersten Domäne weiter einzugrenzen, und anderer-
seits in hoher Reinheit und intakter Konformation, d.h. alle Disulfidbrücken geschlossen und keine
Aggregate-Bildung, für eine CD- und NMR-Strukturuntersuchung angereichert werden.
3.2.1. Expression in E. coli
Hierzu wurden Konstrukte verschiedener Längen in die Vektoren pGEX-2T, pMal-c2, pET-21a(+)
und pFLAG-MAC kloniert und in dem Bakterienstamm BL21 exprimiert. Aus Tabelle 3.2 ist er-
Vektor pGEX-2T pMAL-c2 pET-21a(+) pFLAG-MACPromotor tac tac T7 tac
N-term. Fusion GST MBP T7-Tag Flag-Tag
Insert mAHSG kompl. FETUB mAHSG
kom
plet
t
D1+
2
D1
Del
etio
nsm
utan
ten
Men
sch
Rat
te
Mau
s
1-11
9C
>S
1-23
4C
>S
1-11
9/2
34C
>S
kom
plet
t
Expression + + + + + + - + - +
Tabelle 3.2.: Schematische Darstellung der Expression von mAHSG und dessen Mutanten sowieFETUB in verschiedenen Expressionssystemen
sichtlich, daß die Konstrukte unterschiedlich gut exprimiert wurden. Die GST-fusionierten Fetuine
wurden durchweg am stärksten exprimiert. Allerdings fielen dabei etwa 90% zwar als unlösliche, je-
doch fast verunreinigungsfreie Inclusion Bodies (IBs) an. Generell wurde die Expression mit 300 µM
IPTG Endkonzentration induziert. Selbst eine Erniedrigung auf 83 µM führte bei den GST-fusionierten
3.2 Expression, Rückfaltung und Isolierung rekombinanter Fetuine 35
AHSG-Deletionsmutanten zu keiner nennenswerten Erhöhung des Anteils an löslichem cytoplasma-
tischem Protein. Bei MBP-Fusionen lag das Verhältnis von löslichem (cytoplasmatischem) AHSG
und in Form von unlöslischen Inclusion Bodies aggregiertem AHSG bei etwa 1:1. Es zeigte sich,
daß Konstrukte mit einer größeren N-terminalen Fusion (die Proteine MBP und GST) weitaus besser
exprimiert werden als mit kleinen Peptiden (T7-Tag und Flag-Tag). Anscheinend begünstigen große
aminoterminal an mAHSG fusionierte Proteine die Stabilität des Konstruktes.
3.2.2. Rückfaltung
Fetuin und seine Cystatin-ähnlichen Domänen
GST-mAHSG und dessen Deletionsmutanten fallen als Inclusion Bodies an und müssen daher erst
mit Harnstoff oder GdnHCl denaturierend solubilisiert und anschließend renaturiert werden. MBP-
mAHSG ist zwar überwiegend löslich im Cytoplasma lokalisiert, bleibt jedoch ohne Renaturierung,
d.h. Neubildung der Disulfidbrücken, im Präzipitations-Assay (vgl. Kap. 2.2.10 und 3.3.1) inaktiv.
Zuvor beschriebene Renaturierungen von Fetuin erwiesen sich als schlecht reproduzierbar und er-
gaben zu geringe Ausbeuten, da das Protein bei Verdünnung in den Rückfaltungspuffer präzipitierte
[42, 78]. Außerdem waren mit diesen Methoden nur marginale Mengen Monomer zu produzieren.
Voraussetzung für eine Strukturanalyse ist jedoch monomeres Fetuin. Folglich mußten die bekannten
Methoden durch Modifizierungen weiterentwickelt werden.
Erst gegen Ende der experimentellen Arbeiten stellte sich heraus, daß der Zusatz von NDSB 201 (3-(1-
Pyridino)-1-Propan Sulfonat, PPS) bei Rückfaltung von MBP-mAHSG bzw. mFETUB die Isolation
von Monomeren ermöglicht. Eine GST-Fusion hingegen führt jedoch zu Trimeren und höhermole-
kularen Aggregaten. Darauf gründet nun eine separate Strategie zur Isolierung der rekombinanten
Proteine zum Zweck der Strukturbestimmung, die allerdings gerade erst begonnen hat.
Bei NDSB 201 handelt es sich um ein Zwitterion, das bereits zuvor [120, 121], aufgrund geeigne-
ter physikochemischer Eigenschaften, bei Proteinrückfaltungen Anwendung fand: es ist gut löslich,
es wirkt nicht chaotrop, bildet keine Micellen und verändert nicht die Viskosität der Lösung. Es sta-
bilisiert exponierte hydrophobe (Kern-)Bereiche im Moment der Faltung und verhindert somit eine
Aggregation.
Das denaturiert vorliegende MBP-mAHSG wurde durch eine Glaskapillare in 1 M NDSB 201 haltigen
Rückfaltungspuffer auf eine Endkonzentration unter 50 µg/ml verdünnt und über Nacht bei Raumtem-
peratur stehengelassen. Anschließend wurde die Lösung durch Ultrafiltration etwa fünf-fach aufkon-
zentriert und gegen TRIS-Puffer dialysiert (mindestens 1:2000).
Mittels Gelfiltration wurde die Rückfaltungsqualität hinsichtlich des Monomer-Anteils überprüft (vgl.
Abb. 3.5. Laufpuffer: 50 mM KH2PO4 pH 6, 300 mM KCl (Chromatographie in TBS ist nahe-
zu identisch). Die Peaks wurden fraktioniert gesammelt und im ELISA auf mAHSG getestet. Zwi-
schen Fetuin und dem aminoterminal fusionierten MBP ist die Sequenz IEGR lokalisiert, wodurch die
36 Ergebnisse
(a) Faktor Xa Spaltung vor Rückfaltung (b) Faktor Xa Spaltung nach Rückfaltung
Abbildung 3.5.: Gelfiltration (Superdex 200 HR 10/30, OD280) im Rahmen der Protein-Faltungsprozedur zur Prüfung auf Aggregatbildung:(a) Chromatogramm 1 vor Rückfaltung, Peak A: liegt unmittelbar nach Elution von der Amylose-Säule ausschließlich als hochmolekulares Aggregat 600 kDa vor. Chromatogramm 2: Faktor XaSpaltung an der Spaltstelle zwischen den beiden Proteinen (MBP = 42.5 kDa, mAHSG = 38.5 kDa).Der Hauptpeak weist unverändert auf hochaggregiertes Protein hin. Zusätzlicher Fetuin-haltiger Peakbei ~150 kDa (B). Chromatogramm 3 nach Rückfaltung mit NDSB 201: mAHSGmyc (D) und MBP(E).(b) Chromatogramm 1 nach Rückfaltung des ungespaltenen MBP-mAHSG in NDSB 201, Chroma-togramm 2 nach Faktor Xa Spaltung des renaturierten Proteins: Aggregat (A), MBP-mAHSGmycMonomer (B), mAHSGmyc Monomer (C) und MBP Monomer (D).
MBP-Fusion mit Faktor Xa vom Fetuin abgespalten werden kann. Nach Faktor Xa-Spaltung wird das
Fetuin-Monomer (apparentes Molekulargewicht: ~56 kDa) deutlich vor dem MBP (apparentes Mole-
kulargewicht: ~40 kDa) eluiert (vgl. Abb. 3.5 (a) und (b)). Eine SDS-Gel Silberfärbung zeigte jedoch
keine Protein-Bande oberhalb von 43 kDa, sondern gab die korrekten Molekulargewichte entspre-
chend der Proteinsequenz wieder (mAHSGmyc 38.5 kDa, MBP 42.5 kDa). MBP-mAHSG, welches
unter Zusatz von NDSB 201 zurückgefaltet wurde, inhibiert die Calciumphosphat Präzipitation mit
einer IC501 von 0.6–1 µM, womit dieser Wert etwas über dem Referenzwert von kommerziellem
bAHSG von 0.47 µM liegt [42] (vgl. Kap. 3.3.1).
1Konzentration der halbmaximalen Inhibition
3.2 Expression, Rückfaltung und Isolierung rekombinanter Fetuine 37
Fusion der Fetuin Domäne 1 mit BMP-2
Bisher wurde das osteoinduktive Zytokin BMP-2 nur lokal in der Dentalrekonstruktion eingesetzt.
In anderen Versuchen zur Knochenrekonstruktion wurde die systemische Applikation gewählt. Dabei
gelangte nur ein geringer Teil des BMP-2 vom Injektionsort bis in den Knochen, um dort auf Osteo-
blasten differenzierungsfördernd wirken zu können. Fetuin hingegen erreicht über den Blutkreislauf
den Knochen und akkumuliert dort [74, 75]. In einem Bone Targeting Ansatz sollte die erste Domäne
von Fetuin, die das inhibtorische Strukturmotiv mit der hohen HAp-Bindungsaffinität (vgl. Kap. 4.2)
enthält [42] mit dem BMP-2 fusioniert werden.
Aktives BMP-2 liegt als Dimer mit einer intra- und einer intermolekularen Disulfidbrücke vor. Da nur
das aminoterminale Ende von BMP-2 frei zugänglich ist [Röntgenstruktur: 122], ergab sich folgende
Klonierungsstrategie:
• Cystein14 in mAHSG D1 wurde durch Serin substituiert (C>S). Normalerweise ist Cys14 an
einer Disulfid-Brücke zwischen Fetuin D1 und D3 beteiligt. Im verkürzten Fetuin D1 kann je-
doch diese Brücke nicht geschlossen werden. Somit würden die verbleibenden Cys14 durch
unerwünschte Brückenbildungen nur stören. Derartige Faltungsstörungen wurden in Konstruk-
ten mit freien Cys auch tatsächlich beobachtet. mAHSG D1 besitzt eine TGF-β Typ II Rezeptor
(TGFR) ähnliche Disulfid-verbrückte Schleife [77]. Deshalb wurden zwei Längen kloniert: 1–
116 umfasst die gesamte Domäne (mit TGFR), 1–95 ist um einen Strang des β-Faltblattes und
TGFR verkürzt.
• Carboxy-Terminus von mAHSG D1 und amino-Terminus hBMP-2 sind über einen Glycin-
Serin Linker (GS)x mit einander verknüpft.
• Der amino-Terminus von BMP-2 wurde um die Heparin-Bindungsstelle [123] verkürzt (11 As).
Das Konstrukt wurde gut exprimiert, wobei die GST-Fusionen hauptsächlich als IBs anfielen. Die
Rückfaltung stellte allerdings wiederum ein großes Problem dar. Nach der Rückfaltungsprozedur wa-
ren mittels Gelpermeationschromatographie stets nur hochmolekulare Aggregate >150 kDa detektier-
bar. Es war zu befürchten, daß BMP-2 als Mitglied der TGF-β Superfamilie an die TGFR-ähnliche
Schleife binden würde. Dies führt zur Ausbildung inter- und vielleicht auch intramolekularer Ag-
gregate. Aber auch das verkürzte mAHSG D1 1–95 ist nur als hochmolekulares Aggregat detektier-
bar. Möglicherweise sind auch hier, wie auch bei den einzelnen mAHSG D1 Fragmenten, durch die
Verkürzung hydrophobe Bereiche des Kerns nun dem Solvens ausgesetzt, was die zu beobachtende
Aggregation zur Folge hat. Da keine funktionellen mAHSG-D1—BMP-2 Dimere hergestellt werden
konnten, wurde dieser Ansatz wieder verworfen.
38 Ergebnisse
Schema der Konstrukte:
Die beiden Teile mAHSG D1 und BMP-2 können über die Schnittstellen Kpn2I oder BamHI in ihren(GS)-Linker-Hälften zusammengefügt werden.
MBP/GST Fusionsprotein — mAHSG D1 C>S — (GS)x — BMP-2
Western Blot:
Abbildung 3.6.: Expression der mAHSG-D1—BMP-2 Fusionen. (K) GST mAHSG Kontrolle, (1)GST mAHSG1-116C>S (GS)6 BMP-2 (Kpn 2I), (2) GST mAHSG1-116C>S (GS)7 BMP-2 (Bam-HI), (3) MBP mAHSG1-116C>S (GS)6 BMP-2, (4) MBP mAHSG1-95C>S (GS)6 BMP-2, (5)GST mAHSG1-95C>S (GS)6 BMP-2. 1–3: je zwei Klone in 2 YT- bzw. SOC-Medium. 4+5: inSOC-Medium. Die erste Western-Blot Detektion erfolgte mit polyklonalem anti-mAHSG Erstanti-körper (oben). Anschließend wurden die Antikörper durch Inkubation der Membran mit 0.7% β-Mercaptoethanol, 2% SDS, 80 mM TRIS pH 6.8, 30 min bei 50°C abgewaschen. Die zweite Western-Blot Detektion erfolgte mit monoklonalem anti-hBMP-2 Antikörper (unten).
3.3. Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation
3.3.1. Rekombinant exprimierte Proteine
Zur genaueren Charakterisierung des inhibitorischen Sequenz-/Strukturmotivs innerhalb mAHSG D1
wurden auf den Arbeiten von Schinke et. al. [42] aufbauend, weitere GST-fusionierte Deletionsmu-
tanten vom AHSG der Maus kloniert. Diese wurden in E. coli exprimiert, affinitätschromatographisch
isoliert, denaturiert, renaturiert und zuletzt im Präzipitationsassay nach Schema A (vgl. Kapitel 2.2.10)
getestet. Hierbei wurde die erhaltene Präzipitatmenge im Vergleich zu Protein-freien Kontrolle in ei-
nem Konzentrationsbereich von 0.1 bis 10 µM gemessen. Rekombinantes AHSG inhibiert bereits bei
3 µM die Präzipitation. FETUB und KNG sind schwächere Inhibitoren, die erst oberhalb von 5 µM
inhibieren (mFETUB, rFETUB, KNG D2).
3.3 Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation 39
Abbildung 3.7.: Inhibition der Cystatin-ähnlichen Domänen. Oben: Schema der mAHSG D1 mitSequenzlängenmarken, die die entsprechenden verwendeten Fragmentbereiche anzeigen. Unten: In-hibition in % der Protein-freien Kontrolle. Die Inhibitionswerte von zwei rekombinant exprimiertenProteinen wurden zum Vergleich eingefügt, beruhen aber nicht auf eigenen Messungen [124] undwurden daher grau markiert. Alle Proteine wurden 3 µM eingesetzt. Die Fusionsproteine GST undMBP zeigen keine Inhibition. BSA, ein wichtiges, relativ saures, Calcium-Bindeprotein im Serumerniedrigt die Präzipitatmenge nur geringfügig. Glycosyliertes bovines AHSG (bAHSG) besitzt dasstärkste inhibitorische Potenzial . Der Sequenzbereich 15–70, d.h. die aminoterminale α-Helix unddie ersten beiden Stränge des β-Faltblattes, von mAHSG ist hinsichtlich des inhibitorischen Potenzi-als ausreichend. Im Vergleich zu AHSG zeigen FETUB und KNG eine deutlich schwächere Inhibitionder Präzipitation.
40 Ergebnisse
Inhibition von mAHSG
GST-mAHSG und MBP-mAHSG inhibieren annähernd gleich gut (vgl. Abb. 3.7), sind jedoch etwas
schwächere Inhibitoren als das aus bovinem Serum isolierte AHSG. Mittels GST-fusionierter De-
letionsmutanten der mAHSG D1 sollte das inhibitorisch wirksame Strukturmotiv enger eingegrenzt
werden. Es zeigte sich, daß der Sequenzabschnitt 15 bis 70, d.h. die aminoterminale α-Helix und die
ersten zwei Stränge des β-Faltblattes, zur Aufrechterhaltung des inhibitorischen Effekts vollkommen
ausreichend sind. Wird die Sequenz um die α-Helix weiter verkürzt (mAHSG 42–81), resultiert dies
in einer Verminderten Inhibition, d.h. in einer Verschiebung der Inhibitionskurve zu höheren Protein-
Konzentrationen. Erstaunlicherweise zeigte jedoch die Deletionsmutante MBP-mAHSG 42-70 keine
Inhibition.
Zuvor konnte bereits gezeigt werden, daß die aminoterminale α-Helix alleine (MBP-mAHSG 1-52)
nicht inhibiert [124]. Die ersten beiden Stränge des sauren β-Faltblattes hingegen nur schwach (MBP-
mAHSG 42–81). Ohne die α-Helix sind die hydrophoben Reste auf der Rückseite des β-Faltblattes
dem Solvens ausgesetzt. Es ist daher davon auszugehen, daß bei dieser Deletionsmutante das β-
Faltblatt nicht oder nur teilweise ausgebildet ist. Zum Aufbau der Tertiärstruktur ist also die α-Helix
unbedingt notwendig, auch wenn sie selbst keinen inhibitorischen Effekt zeigt.
Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, ob sich die mehrfache Serin-Phosphorylierung von Leber-
bzw. Serum-Fetuin [71, 72] auf das inhibitorische Potenzial auswirkt. Durch vier Serin Glutamat
Substitutionen werden bei der Mutante mAHSG 4S>E diese Phosphorylierungen simuliert. Die erste
Substitutionsstelle befindet sich unmittelbar vor der ersten α-Helix der zweiten Domäne, während die
restlichen drei Substitutionen innerhalb der dritten Domäne liegen. Wie aus Abbildung 3.7 zu ersehen
ist, haben offensichtlich diese Mutationen keinen Einfluß auf das inhibitorische Potenzial.
Protein ExpressionGST mAHSG ++MBP mAHSG + bis ++GST mFETUB +MBP mFETUB +
GST rFETUB +GST hFETUB -MBP hFETUB - -
MBP hKNG D1–3 +
Tabelle 3.3.: Vergleich der Expressionsraten:++ > 2mgProtein
100ml Bakteriensuspension
- - < 100µgProtein100ml Bakteriensuspension )
3.3 Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation 41
Inhibition von FETUB
Wie anhand der Strukturmodelle vorhergesagt, inhibiert FETUB aller drei untersuchten Spezies (Maus,
Ratte und Mensch) schlechter als murines AHSG, denn das β-Faltblatt der Cystatin-ähnlichen Domä-
nen der Fetuine vom Typ B enthält weniger saure Reste als das β-Faltblatt von AHSG D1. Dabei
fiel zunächst auf, daß die Expressionsrate von GST-fusioniertem humanem FETUB (GST-hFETUB)
deutlich unter der anderer Fetuine lag. Zudem neigte das Protein außerordentlich stark zur Aggrega-
tion mit nachfolgender Präzipitation während der Rückfaltungsprozedur. MBP-fusioniertes humanes
FETUB wurde so schwach exprimiert, daß mit vertretbarem Mehraufwand nicht genügend Protein für
den Präzipitations-Assay zu isolieren war. Möglicherweise liegt auch hier ein Faltungsproblem vor.
Inhibition der drei Cystatin-änlichen Domänen von Kininogen
Die drei Cystatin-ähnlichen Domänen von humanem Kininogen fielen als MBP-Fusionen bei der
Expression in E. coli fast ausschließlich cytoplasmatisch an. Die Domänen waren daher leicht nach
Lyse der Bakterien über eine Amylose-Säule aufzureinigen.
Aufgrund von Vergleichen der Sequenzen und der Domänen-Modelle war vorherzusagen, daß alle drei
untersuchten Domänen schlechter inhibieren würden als AHSG. Die Abstufung ihrer Inhibitionseffi-
zienzen untereinander kann jedoch anhand der Modelle nicht vollständig erklärt werden. Insbesondere
ist es bemerkenswert, daß nur die dritte Domäne bei Konzentrationen bis 10 µM keinen inhibitorischen
Effekt zeigt, was wiederum auf ein Faltungsproblem hindeutet.
Die Domänen D1 und D3 ließen sich gut modellieren . Das Modellieren der zweiten Domäne erwies
sich jedoch als schwierig, was sich in einem vergleichsweise schlechten z-score äußert (vgl. Kap.
3.1.1). Größere Abweichungen von der Cystatin-Struktur sind daher wahrscheinlich. Diese zeigt aller-
dings die beste Inhibition aller drei Domänen. Folglich existieren möglicherweise auch Bindemotive
außerhalb des β-Faltblattes.
3.3.2. Einfluß des genetischen Hintergrunds bei Wildtyp und Ahsg
Mäusen
Zur Bestätigung der physiologischen Relevanz von Fetuin als systemischer Inhibitor der Calcium-
phosphat-Präzipitation wurde der bereits für rekombinante Proteine beschriebene Inhibitions-Assay
auf verschiedene Seren angewandt.
42 Ergebnisse
Inhibition der Seren der Stämme DBA/2 und C57BL/6
Ahsg 2 Mäuse mit genetischem DBA/2 Hintergrund zeigen massive ektopische Calcifizierungen
in allen Organen [125], während ein C57BL/6 Hintergrund einen milderen Phänotyp hervorruft [43]3.
Bei Mäusen des Inzuchtstammes DBA/2 treten spontane dystrophe cardiale Calcifizierungen (DCC),
aber auch solche in Niere und Zunge, auf. DCC wird nicht durch ein einzelnes fehlerhaftes Gen her-
vorgerufen. Mittels quantitative trait locus (QTL) Analyse des Genoms der F2 Generation einer Kreu-
zung von C57BL/6 und C3H/HeJ bzw. DBA/2 Mäusen konnte ein Dyscalc-Locus auf Chromosom 7
identifiziert werden, der eine Prädisposition für Calcifizierungen anzeigt [126, 127, 128]. Das Fetuin
codierende Gen ist auf Chromosom 16 lokalisiert, d.h. daß die DCC-Prädisposition des DBA/2 Stam-
mes nicht auf einen Defekt dieses Gens zuückzuführen ist. Zusätzlich wurden drei weitere Dyscalc-
Loci mit weitaus geringerem LOD-score (logarithm of the likelihood odds ratio) identifiziert [129].
Zur Klärung der Frage, in welchem Ausmaß die verbleibenden inhibitorischen Proteine im Serum von
Knockout Mäusen zu diesem Stamm-abhängigen Phänotyp beitragen, wurde die Inhibitionsfähigkeit
der Seren bei verschiedenen Verdünnungsstufen untersucht.
0
20
40
60
80
100
120
0,1 1 10
% Serum
% P
räzi
pita
t
Abbildung 3.8.: Inhibition der Seren von Fetuin-WT (C57BL/6 , DBA/2 ) und Fetuin-KO(C57BL/6 ,DBA/2 ) Mäusen in % der protein-freien Kontrolle. Die Inhibitionskurven 4% Se-rum zeigen das Inhibitionspotenzial einzelner Se-ren, oberhalb dieser Serumkonzentration mußtengepoolte Seren verwendet werden (markierter Be-reich ). Jeder Messpunkt wurde in Triplikatenbestimmt.
Abbildung 3.8 zeigt die Inhibitionskurven der Seren vonC57BL/6 bzw. DBA/2 Wildtyp und Ahsg
Mäusen. Da die aus einer Maus gewonnene Menge Serum im Mittel bei etwa 300µl liegt, wobei star-
ke Schwankungen (100–500µl) auftreten können, waren vollständige Kurven einzelner Seren nur bis
zu einer Konzentration 4% ermittelbar. Die EC50 der Wildtyp-Seren beider Stämme liegt deut-
lich unter 1.5% Serum. Bei den Wildtypen konnten keine stammabhängigen Unterschiede festgestellt
werden, allerdings war die IC50 der DBA/2 Seren über einen breiteren Konzentrationsbereich gestreut.
Oberhalb von 4% Serum mußten aufgrund des geringen, und darüber hinaus schwankenden, gewinn-
baren Serumvolumens, insbesondere bei DBA/2 Fetuin-KO Mäusen von 100–250µl, mehrere Seren
2Deletion beider Allele des Ahsg/Fetuin Gens.3Kreuzung der KO-Mäuse auf den genetischen Hintergrund der beiden Stämme, sowie physiologische Untersuchungen an
den daraus hervorgehenden Tieren sind Teil der Dissertation von C. Schäfer
3.3 Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation 43
gepoolt werden. Die IC50 der KO-Seren lag bei etwa 7%, wobei die C57BL/6-KO Seren etwas besser
inhibierten.
Es ist schwer zu beurteilen, inwieweit dieser geringe stammabhängige Unterschied des inhibitori-
schen Potenzials der KO-Seren den jeweiligen Calcifizierungs-Phänotyp unmittelbar bedingt. Mäuse
vom Stamm DBA/2 neigen bekanntermaßen von Natur aus zu den beschriebenen ektopischen Calcifi-
zierungen. Es muß bedacht werden, daß bei den DBA/2-Tieren eventuell ein präzipitationsfördernder
Gewebsfaktor hinzu kommt, der in den Seren fehlt. Van den Broek stellte fest, daß dieser Stamm
einen niedrigeren Plasma-Magnesiumspiegel aufweist [130]. Da Magnesium die Nukleation und das
Wachstum von Apatitkristallen verlangsamt [36, 131, 132, 133], könnte hier ein Zusammenhang be-
stehen.
Rekonstitution der Knockout-Seren
Dieses Kontroll-Experiment soll verdeutlichen, daß das inhibitorische Potenzial im Serum von Ahsg
Mäusen durch die Fetuin-Defizienz stark vermindert ist aber durch Serum-äquivalente nachträgliche
Beimengung von Fetuin rekonstituiert werden kann.
Abbildung 3.9.: Rekonstitution der murinenAhsg
Seren. KO-Seren (-/-) inhibieren deut-
lich schlechter als WT-Seren (+/+). Angabe derPräzipitatmenge in % der proteinfreien Kontrolle.Der inhibitorische Effekt auf die CalciumphosphatPräzipitation kann für KO-Seren durch Zugabe einerdem WT-Serum äquivalenten Menge mAHSG re-konstituiert werden. Die Fetuin-Konzentrationen imSerum vor und nach Rekonstitution wurden mittelsWestern Blot ermittelt
Hierzu wurde in einem ersten Schritt Fetuin aus 15 ml Maus-Serum durch fraktionierte Ammonium-
sulfat-Fällung angereichert. Die Präzipitate wurden in 1.5 ml PBS gelöst und im ELISA auf ihren
Fetuin-Gehalt geprüft. Fetuin präzipitierte in einem Konzentrationsbereich von ~41–52% Ammoni-
umsulfat. Die zusammengeführten Fetuin-Fraktionen wurden anschließend über eine Superdex 75
26/60 Säule in 50 mM in TRIS pH 8 gelfiltriert. Darauf folgte ein weiterer Aufreinigungsschritt mit
der Anionenaustauscher-Säule Resource Q. Die Fraktionen von jedem chromatographischen Aufrei-
nigungsschritt wurden mittels ELISA auf Fetuin getestet. Zuletzt wurden die zusammengeführten
Fetuin-haltigen Fraktionen mit einem Centriprep (15 ml, 30 kDa) bzw. Centricon (2 ml, 30 kDa) auf-
konzentriert. Die Reinheit wurde anhand einer SDS-PAGE Silberfärbung auf etwa 85-90% geschätzt.
44 Ergebnisse
Mit der Rekonstistution der Seren durch nachträgliche Beimengung von Fetuin ist bewiesen, daß das
verminderte Inhibitionspotenzial im Serum von Ahsg
Tieren unmittelbar auf das Fetuin zurückzu-
führen ist. Die gezielte Deletion dieses Gens ruft keine weiteren Effekte hervor, die das systemische
Inhibitionspotenzial beeinflussen.
3.3.3. Humane Seren
Inhibition der Seren hämodialysierter Patienten
Patienten, die aufgrund einer Niereninsuffizienz hämodialysiert werden, entwickeln in der Regel einen
sekundären Hyperparathyreoidismus. Dieser ist Folge mehrer Effekte:
Aufgrund der Nirenfehlfunktion kann nicht genügend Phosphat ausgeschieden werden. Dies führt zu
einer verminderten Umsetzung des des 25-OH Vitamin D3 zum aktiven 1,25-(OH)2 Vitamin D3. Ein
erniedrigter 1,25-(OH)2Vitamin D3 Spiegel hat eine geringe Calcium-Aufnahme im Darm zu Fol-
ge. Dem wirkt der Organismus durch eine Erhöhung der Konzentration des in der Nebenschilddrüse
gebildeten Parathormons (PTH) entgegen. PTH bewirkt eine verstärkte Osteoclasten-Aktivität und so-
mit die Freisetzung von Calcium- und Phosphat-Ionen aus dem Knochen. Dialyse-Patienten besitzen
daher allgemein einen normalen Calcium- aber einen erhöhten Phosphat-Spiegel.
Dies bedingt eine stärkere Übersättigung des Serums hinsichtlich der Calcium- und der Phosphat-
Ionen, was zu unkontrollierten Mineralablagerungen in den Gefäßen führen kann. Bei einer unkon-
trollierten Calciumphosphat-Präzipitation werden wiederum fortlaufend Calcium-Ionen entzogen.
010
203040
50
607080
90100
-0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2
log % Serum
% P
räzi
pita
t
0
102030
4050
607080
90100
-0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2
log % Serum
% P
räzi
pita
t
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
-0,4 0,1 0,6 1,1
log % Serum
% P
räzi
pita
t
Abbildung 3.10.: Inhibitorisches Potenzial ein-zelner Seren von Dialyse-Patienten ( ) im Ver-gleich mit zwei Kontrollseren gesunder Men-schen ( ). Eine verschieden stark ausgeprägteVerminderung des Inhibitionspotenzials in Serenvon Dialysepatienten äußert sich in einer Ver-schiebung der Kurven zu höheren Konzentratio-nen. Dieser Präzipitationstest wurde nach Sche-ma B (5 mM CaCl2, 3 mM Na2HPO4,vgl. Kapitel2.2.10) durchgeführt. Jeder Meßpunkt wurde alsTriplikat bestimmt.
Unglücklicherweise liegt gleichzeitig durch den Fremdmaterialkontakt des Blutes mit Schläuchen
und Membranen der Dialyse-Apparatur eine permanente Entzündungssituation vor. Dies bewirkt eine
Downregulation von Fetuin/AHSG als einem negativen Akutphase-Protein. Einer verstärkten Über-
sättigung steht daher ein vermindertes inhibitorisches Potenzial im Plasma gegenüber.
3.3 Inhibition der Calciumphosphat-Präzipitation 45
Diese Beobachtung war Anlaß, in einem einleitenden Experiment Seren von Dialysepatienten auf ihr
verbleibendes inhibitorisches Potenzial zu untersuchen. Abbildung 3.10 zeigt die Inhibitionskurven
der verdünnten Seren gesunder Menschen im Vergleich mit Patienten-Seren, deren Inhibitionspoten-
zial, bis auf eine Serumprobe, deutlich vermindert ist. Dies war Ausgangspunkt einer größer ange-
legten klinischen Studie an Dialyse-Patienten, in der CRP als Entzündungsmarker mit der Fetuin-
Konzentration und dem Auftreten vaskulärer Calcifizierungen korreliert wurde [134].
Inhibition der Seren hämodialysierter Patienten mit ausgeprägter Calciphylaxie
Ein geringer Anteil der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und sekundärem Hyperparathy-
reoidismus entwickelt eine Calciphylaxie, d.h. massive Calcifizierungen der Haut, der Media von
Blutgefäßen, der Lunge, der Niere und des Herzens.
Von acht Calciphylaxie-Seren konnte das inhibitorische Potenzial bestimmt werden. Fünf dieser Seren
wiesen einen erniedrigten Gesamtproteinspiegel von 34–61 mg/ml (Referenz: 66–80 mg/ml [21]) auf,
was bis auf eine Ausnahme (39 mg/ml) auf einen erniedrigten Albuminspiegel von 16–29 mg/ml (Re-
ferenz: 35–52 mg/ml [21]) zurückzuführen ist. Die Konzentration von Fetuin lag zwischen 0.19 und
0.43 mg/ml (Referenz: 0.4–0.6 mg/ml [135]). Darüber hinaus wiesen die Seren ein erhöhtes Calcium-
phosphat Produkt von 4,37 0.69 mmol2/l2 auf (Kontrollgruppe: 2,81 1,04 mmol2/l2).
0
20
40
60
80
100
120
0,1 1 10
% Serum
% P
räzi
pita
t
Abbildung 3.11.: Vergleich des Inhibitions-potenzials humaner Seren einer gesundenKontrollgruppe mit Seren von Calciphylaxie-Patienten . Die Fetuin-Konzentration derPatienten-Seren beträgt maximal ungefähr dieHälfte der Kontroll-Seren. Daraus resultierterwartungsgemäß eine Verschiebung der Inhibi-tionskurven zu höheren Konzentrationen. DieserPräzipitationstest wurde nach Schema A (4.8 mMCaCl2, 1.6 mM Na2HPO4, vgl. Kapitel 2.2.10)durchgeführt.
Alle Patienten-Seren zeigten im Vergleich zu den Kontroll-Seren eine deutliche Verschiebung der
EC50 zu höheren Konzentrationen: EC50(Kontrolle)~2% und EC50(Calciphylaxie) > 3.5%. Zwei Se-
ren bewirkten im untersuchten Verdünnungsbereich keine Inhibition (EC50(Calciphylaxie) < 5% bzw.
6%, vgl. Abbildung 3.11). Auffallend war bei beiden Seren der mit 29% bzw. 35% ungewöhnlich
hohe Anteil der Immunglobulin-haltigen γ-Fraktion. Es ist anzumerken, daß alle anderen Patienten-
Seren hinsichtlich des γ-Anteils innerhalb des Normbereichs von 10–19% [21], oder mit 21%4 leicht
4Das Serum eines Patienten.
46 Ergebnisse
erhöht, liegen. Weiterhin fiel auf, daß mit wiederum zwei Seren, die einen besonders niedrigen Fe-
tuinspiegel aufwiesen, keine vollständige Inhibition zu erzielen war und sich stattdessen bei höheren
Serumkonzentration ein flach abfallendes Plateau bildete.
3.4. Das Prinzip der transienten Inhibition: Bildung löslicher
ACP-Nanosphären
3.4.1. Raster EM
Abbildung 3.12.: Die Kontrolle auf der linken Seite (ohne Zugabe von Fetuin) zeigt ein sehr kompak-tes Präzipitat. Die Zugabe von 200 nM Fetuin führt zu einem stark porösen Präzipitat, in dem einzelnerundliche Aggregate mit einem Durchmeser von 2–15 µm sichtbar sind (rechts). 20 kV.
Aufgrund der hohen Bindungsaffinität an die mineralische Phase des Knochens reichert sich AHSG
darin gegenüber anderen Serumproteinen bis zu etwa hundertfach an [75]. Blumenthal fand, daß die
Umwandlung von ACP zu HAp durch die Adsorption von Serumproteinen verlangsamt wird [136].
Darüber hinaus wurde bereits gezeigt, daß mAHSG D1 die Präzipitation von ACP transient inhibiert
[42].
Es stellte sich daher die Frage, wie AHSG die Morphologie des Präzipitates einer Inhibition beeinflus-
sen würde. Um den Inhibitionsmechanismus elektronenmikroskopisch genauer zu untersuchen, wur-
de in einem Vorversuch eine übersättigte (etwa 20–30 min stabil) Calciumphosphatlösung hergestellt
[137] und das Präzipitat einer Präzipitation ohne bzw. in Gegenwart von bovinem Fetuin untersucht.
Das abzentrifugierte und getrocknete Präzipitat erwies sich im SEM (vgl. Abbildung 3.12) sehr kom-
pakt und besaß nur eine geringe Kristallinität, wohingegen bereits 200 nM bovines AHSG zu einem
stark aufgelockerten Präzipitat führen, in dem einzelne rundliche Aggregate mit einem Durchmesser
3.4 Das Prinzip der transienten Inhibition: Bildung löslicher ACP-Nanosphären 47
von 2–15 µm sichtbar sind5.
3.4.2. Transmissions EM
Um einen genaueren Einblick in den Inhibitionsmechanismus zu erhalten, wurden Proben, wie in
Kapitel 2.2.11 beschrieben, präpariert und mittels TEM untersucht. Unter den hierfür gewählten Be-
dingungen (vgl. Kap. 2.2.10, Schema B) bildete sich selbst nach mehreren Stunden kein Präzipitat.
Wie in Abbildung 3.14 A und F zu sehen ist, enthielt jedoch der Überstand sphärische Aggregate aus
ACP (analysiert durch Elektronenbeugung), die im folgenden als Nanosphären bezeichnet werden
[138, 139]. Ihr Durchmesser bewegt sich in diesem frühen Stadium der Aggregatbildung zwischen 30
und 150 nm.
Abbildung 3.13.: Elastisch gefiltertesBild (A) einer Ansammlung von Na-nosphären, Elementverteilungen vonPhosphor (B), Kohlenstoff (C, auf ei-nem Bor-Film) und Calcium (D) einerRegion. Elemente zeigen in den Nano-sphären eine gleichmäßige Verteilung
Größe und Form sind von der Reihenfolge der Zugabe von Calcium bzw. Phosphat zu Beginn des
Experiments unabhängig. Die Elementverteilungsanalyse (vgl. Abb. 3.13) zeigte für die Elemente Ca,
P, O, N und C (auf Bor-Film) eine absolut gleichmäßige Verteilung innerhalb der Nanosphären. Die
Elemente C, N und O sind Bestandteil des Fetuins als auch des Puffers. Wieviel Fetuin sich auf den
Nanosphären befindet und wieviel im Innern, ist momentan noch unklar.
Durch den fokussierten Elektronenstrahl (vor allem) bei hohen Vergrößerungen kollabieren vermut-
lich die Nanosphären und nehmen eine Torus6-Form an. Dies wurde bereits für ACP-Präzipitate
beschrieben [27, 140]. Deshalb zeigten einige Nanosphären (vgl. Abbildung 3.14 F) einen von
den relativ dichten Außenbereichen zum Zentrum hin abnehmenden Dichtegradienten, wodurch der
Kern im TEM wesentlich Elektronen-durchsichtiger erscheint (vgl. Abbildung 3.15). In Kontroll-
5Kooperation mit Prof. Duschner, Experimentelle Zahnheilkunde, Universität Mainz6“Doughnut“-ähnlich
48 Ergebnisse
Experimenten wurde Fetuin durch BSA in gleicher Konzentration substituiert bzw. kein Protein zuge-
geben. Ganz vereinzelt waren im BSA-Überstand schmierige oder Tropfen-artige Rückstände zu er-
kennen, die vermutlich auf unvollständige Dialyse zurückzuführen oder Trocknungs-bedingt sind, sich
jedoch deutlich von den beschriebenen Nanosphären unterscheiden. Im Überstand der Protein-freien
Kontrolle war im TEM nur der unbelegte Kohlenstoff-Film sichtbar. Das Präzipitat der BSA-Probe
war genauso wie das der Protein-freien Kontrolle unstrukturiert amorph.
Bei einer Inkubationstemperatur von 37°C wer-
Abbildung 3.15.: Modell der im fokussierten
Elektronenstrahl kollabierenden Nanosphären.
den bereits nach 4 Stunden kristalline Nadeln
auf der Oberfläche der Sphären sichtbar (vgl.
Abbildung 3.14 G). Die einsetzende Kristalli-
sation schlägt sich auch im Beugungsbild nie-
der. Der diffuse Beugungsring nach zweistündi-
ger Inkubation bei 37°C weist nur auf Nahord-
nung hin (vgl. Abbildung 3.14 F), wohingegen
nach sechs Stunden unter gleichen Bedingungen
zwei scharfe Beugungsringe sichtbar sind (vgl. Abbildung 3.14 H), die die fortschreitende Kristallisa-
tion wiederspiegeln. Da es sich um einen diffusionskontrollierten Prozess handelt, ist eine vergleich-
bare Veränderung bei 22°C erst nach 23 Stunden zu beobachten (Abbildung 3.14 C).
Allgemein ist festzustellen, daß sich dieses epitaktische Nadel-Wachstum weiter verstärkt, wobei sich
in einigen Fällen der amorphe Kern zunehmend aufzulösen scheint. Zusätzlich zu den Ionen aus der
Lösung würde die amorphe Phase als Ionenreservoir für das nachfolgende Nadelwachstum dienen.
Zu diesem Zeitpunkt, d.h. nach etwa 6 Stunden Inkubation, ist allerdings noch kein sedimentierbares
Präzipitat sichtbar (Diese Beobachtungen werden in Kap. 4.2 diskutiert)!
Erst zu einem späteren Zeitpunkt nach maximal 30-stündiger Inkubationsdauer bildete sich ein kristal-
lines Präzipitat. Abbildung 3.14 J zeigt ein solches großvolumiges Präzipitat mit einem Durchmesser
von ca. 450 nm. Die Oberfläche dieses Aggregates ist nun vollständig mit hochkristallinen Apatit-
Nadeln bedeckt. Abbildung 3.14 I zeigt in derselben Probe den Überstand, der Aggregate kristalliner
Nadeln enthält.
3.4 Das Prinzip der transienten Inhibition: Bildung löslicher ACP-Nanosphären 49
Abbildung 3.14.: Zeitabhängigkeit der Inhibition. Fetuin vermag die Präzipitation von Calcium-phosphat aus übersättigter Lösung transient durch Bildung amorpher Nanosphären zu inhibieren(A und F). Bei fortschreitender Inkubationsdauer setzt das Wachstum nadeliger Kristallite auf derSphären-Oberfläche (C und G) ein. Der Übergang von einem diffusen Beugungsring (F) zu zweischarfen Ringen (H) spiegelt die fortschreitende Kristallisation wieder. Erst nach 30h bei 37°C ent-stand ein kristallines Präzipitat (Abbildung J). Der Maßstabsbalken, soweit nicht anders angegeben,entspricht 100 nm.
50 Ergebnisse
3.4.3. Dynamische Lichtstreuung
Die dynamische Lichtstreuung stellt eine wichtige Methode zur zeitabhängigen Bestimmung von Grö-
ße und Dichte makromolekularer Teilchen dar. Sie ist daher eine gute methodische Ergänzung zu den
elektronenmikroskopischen Untersuchungen.
Für 10 µM Fetuin in 50 mM TRIS pH 7.4 wurden zwei unterschiedliche hydrodynamische Radien (rh)
detektiert. Für das 48 kDa Fetuin-Monomer konnte ein rh = 4.2 nm/rg = 3.2 (rg ist proportional zu rh:
r2g
3r2h
5 ) ermittelt werden (vgl. Tab. 3.4). Zum Vergleich beträgt der mit Small-angle x-ray scattering
(SAXS) für das 67 kDa Serum-Protein Albumin ermittelte Gyrationsradius rg = 3.4 nm [141]. Auch
aufgrund einer Größenabschätzung anhand des Drei-Domänen-Modells von AHSG ist dieser Wert
realistisch.
Der zweite Wert von rh = 55.4 nm deutet auf aggregiertes Fetuin hin. Die integralen Intensitäten der
beiden Prozesse waren mit 53.6 % bzw. 46.4 % annähernd gleich. Dabei ist jedoch zu beachten, daß
die Streuintensität mit der zweiten Potenz des Gyrationsradius ansteigt, woraus geschlossen werden
kann, daß der Aggregat-Anteil etwa 0.5 % beträgt.
Nach Zugabe von CaCl2 wuchs der kleinere Radius um etwa 7 %. Die darauf folgende Phosphat-
Zugabe bewirkte einen drastischen Anstieg der Streuintensität. Langsame, stark streuende Teilchen,
deren Radius etwa 80 % der ursprünglichen Fetuin-Aggregate betrug, traten auf. Es ist anzuneh-
men, daß es sich hierbei um die oben beschriebenen Nanosphären handelt. Die Streuung des Fetuin-
Monomers war nun nur noch schwer detektierbar. Folglich war zu diesem Zeitpunkt lediglich noch
ein kleiner Teil des Fetuins ungebunden in Lösung. Über einen Zeitraum von 2 Stunden nahm die
Streuintensität der Nanosphären kontinuierlich stark zu, jedoch verbunden mit einer Verringerung
ihrer Größe. Diese Beobachtung beruht vermutlich auf der schnellen zahlenmäßigen Zunahme der
amorphen Nanosphären zu Beginn und der nachfolgend einsetzenden Kristallisation, die mit der Ver-
drängung von Wasser aus dem Kern (Verdichtung) verbunden ist (vgl. Abb. 3.16).
3.4 Das Prinzip der transienten Inhibition: Bildung löslicher ACP-Nanosphären 51
Nach 20 Stunden konnte wiederum ein Anstieg des Radius und eine deutliche Zunahme der Streuin-
tensität verzeichnet werden7.
Abbildung 3.16.: Dynamische Licht-streuung Fetuin-haltiger übersättigterCalciumphosphat Lösung (vgl Kap.2.2.10 Schema B). Die zeitliche Ent-wicklung der Intensität des gestreutenLichts spiegelt die Kinetik der Nuklea-tion und des Wachstums der Nanosphä-ren wider.
Lösung Zeit partielle Int. [kHz] rh [nm]
10 µM BF, 50 mM Tris pH7.40
51.0 (46.4%) 55.4 (Aggregat)58.9 (53.6%) 4.2 (Monomer)
+ 5 mM CaCl2 097.2 61.0
pH7.4 58.8 4.5
+5 mM CaCl2+3 mM NaHPO4pH 7.4
25 min482 45.285 5.4
35 min571 43.178 5.1
50 min761 45.094 5.3
120 min993 42.177 4.3
20 h2098 5365 9.7
Tabelle 3.4.: Dynamische Lichtstreuung Fetuin-haltiger Lösungen. Alle Lösungen wurden filtriert(0.22 µM), 10 min bei 8000 g zentrifugiert und vor Versuchsbeginn 10 min auf 20°C temperiert.
Das inhibitorische Prinzip der Bildung von Nanosphären, das zunächst elektronenmikroskopisch un-
tersucht wurde, konnte somit unabhängig durch DLS bestätigt werden. Die zeitabhängige starke Zu-
nahme der Streuintensität spiegelt zweifellos die Kinetik der transienten Inhibition wieder. Allerdings
liegen die mittels Lichtstreuung ermittelten Radien ca. 30–50% unter den aus TEM-Bildern ermittel-
ten Werten.
7Obwohl danach eine weitere Erhöhung von rh zu verzeichnen war, begann die Streuintensität als Folge der einsetzendenSedimentation zu fallen.
4. Diskussion
4.1. Fetuin als systemischer Inhibitor ektopischer Calciumphosphat
Calcifizierungen
Die Knochenmineralisierung beruht vereinfacht auf einem Gleichgewicht von Osteoblasten-kontrollierter
aktiver (d.h. zellgesteuerter) Mineralablagerung in kollagener Matrix und der passiven Inhibition der
Präzipitation im (unmittelbar knochenumgebenden) Weichgewebe durch inhibitorische Proteine.
Fetuin wurde in vitro [42] und in vivo [43] als Inhibitor der Calciumphosphat Präzipitation identifi-
ziert. Durch Rückkreuzung der Fetuin-defizienten Mäuse auf den genetischen Hintergrund des Stam-
mes DBA/21 und durch die Untersuchung dieser Seren, sowie der Seren von Calciphylaxie-Patienten,
konnte die große physiologische Relevanz von Fetuin als Inhibitor unerwünschter Calcifizierung ein-
drucksvoll bestätigt werden [125, 134]:
Dialyse-Patienten sind durch den extrakorporalen Kontakt des Blutes mit den Schläuchen und Mem-
branen der Dialyse-Apparatur einer permanenten Entzündungs-Situation ausgesetzt. Deren Ausmaß
kann durch Bestimmung der Konzentration des Akut-Phase Proteins C-reaktives Protein (CRP) im
Blut beurteilt werden. Ältere Untersuchungen belegten eine Korrelation zwischen der Konzentration
des CRPs und dem Risiko cardiovaskulärer Krankheiten, die bei Dialyse-Patienten die häufigste To-
desursache darstellen [142, 143, 144, 145]. Andere Studien fanden eine inverse Korrelation zwischen
dem Albumin-Spiegel und der Mortalität. Hypoalbuminämie hingegen resultiert ebenfalls aus der
Akutphase-Antwort, kombiniert mit einem schlechten Ernährungszustand des Patienten [146]. Dar-
über hinaus wurden Herzklappen-Calcifizierungen als unmittelbare Folge von Entzündungen, auch
hier verbunden mit schlechter Ernährung, diskutiert [147]. Es blieb aber bisher unklar, ob CRP an
vaskulären Schädigungen direkt beteiligt ist oder ob diese durch andere Prozesse im Rahmen der
Entzündung hervor gerufen werden, also CRP lediglich einen Marker darstellt.
Fetuin ist ein negatives Akut-Phase Protein, das bei Dialyse-Patienten folglich entzündungsbedingt
herabreguliert ist. Gleichzeitig bedingt die Hyperphosphatämie ein generell erhöhtes Calciumphosphat-
Produkt. Offensichtlich besteht eine direkte Korrelation zwischen der Fetuin/AHSG-Serum Konzen-
tration und dem Ausmaß ektopischer Calcifizierungen [125, 134]. Es handelt sich dabei um sphärische
1Teil der Dissertation von C. Schäfer.
4.2 Transiente Inhibition der Präzipitation durch Bildung löslicher Nanosphären in vitro.Mögliche Bedeutung für die Biomineralisation. 53
ACP-Präzipitate im Weichgewebe, die sich somit klar von der BMP induzierten Knochenbildung in
der Muskulatur von FOP-Patienten [66] unterscheiden (vgl. Kap. 1.1.2.3).
Aufgrund der Übersättigung der extrazellulären Flüssigkeiten hinsichtlich der Calcium- und Phosphat-
Konzentration muß ohnehin davon ausgegangen werden, daß potentiell jedes Organ calcifizieren kann,
ohne daß es verschiedener Initiatoren, wie Kollagen oder BSP bedarf. Vielmehr ist der Organismus
zwingend auf Inhibitoren angewiesen, um dies zu verhindern.
4.2. Transiente Inhibition der Präzipitation durch Bildung löslicher
Nanosphären in vitro. Mögliche Bedeutung für die
Biomineralisation.
Folgende einfache Abschätzung macht deutlich, daß die Inhibition der Calciumphosphat/Apatit Prä-
zipitation durch AHSG D1 nicht auf reiner Bindung von Calcium-Ionen beruhen kann, denn sie ist
nicht über eine Verminderung des Ionenproduktes durch eine Konzentrationsabsenkung freier Calci-
um Ionen zu erklären:
2 µM AHSG inhibiert die Präzipitation nach Schema A (vgl. Kap. 2.2.10) vollkommen (ebenso
5 µM nach Schema B). Eine Gleichgewichtsdialyse von Fetuin gegen Calcium bei einer Ionenstär-
ke von 0.16 und pH 7.4 ergab eine Calcium-Bindungstelle pro Molekül [148]. Nach neueren Un-
tersuchungen von Suzuki et.al. [149] vermag Fetuin über eine Bindungsstelle mit höherer Affinität
(KD1 = 0.95 10 4) und fünf schwächere Bindestellen (KD2 = 1.05 10
3) Calcium-Ionen zu binden.
Selbst unter Annahme einer maximalen Bindung von 6 Ca-Ionen pro AHSG Molekül, d.h. eine Ver-
ringerung der freien Ca-Ionen um (2 6=) 12 µmol/l, würde sich das Ionenprodukt nur geringfügig än-
dern: I = [Ca2 ]5[PO3 4 ]3[OH] = [4.8 10
3 - 12 10 6]5[1.16 10
8]3[10 6 6] 10
42M9 KLP(HAp)
= 3.7 10 58M9
Deshalb muß die Inhibition der Präzipitation über die Bindung von weitaus mehr Calcium- und
Phosphat- Ionen erfolgen, offenbar durch Adsorption von Fetuin/AHSG an die Oberfläche des ACP-
Nucleus. Die Stadien dieser transienten Inhibition der ACP/HAp Präzipitation in Lösung (d.h. vor
Einsetzen der Präzipitation!) sind zuvor nicht untersucht worden. Die Kombination mehrerer Metho-
den (Inhibitions-Assay, SEM, TEM und DLS) ermöglichte es, ein schlüssiges und anschauliches Mo-
dell der Inhibition der Calciumphosphat Präzipitation durch Bildung von Nanosphären zu erstellen,
das über bisherige Untersuchungen hinausgeht. Die Versuchsbedingungen wurden wie folgt gewählt:
10 µM bovines Fetuin entspricht der Konzentration im Serum. Die Calcium- und Phosphat-Konzen-
trationen überschritten mit 5 mM bzw. 3 mM die physiologischen Konzentrationen um etwa das Dop-
pelte. Durch Pufferung mit 50 mM Tris/HCl pH7.4 wird eine Absenkung des pHs im Verlauf der
Ionen-Aggregation und Kristallisation vermieden. Die Seren hypercalcämischer Mäuse erwiesen sich
aufgrund ihrer hohen Proteinkonzentration und Komplexität als ungeeignet für hochauflösende TEM-
Analyse. Trotz mehrfacher, unterschiedlicher Ansätze war bisher die Isolierung bzw. der Nachweis
54 Diskussion
von Nanosphären im Blut nicht möglich. Allerdings konnten neuerdings Price et. al. aus dem Blut
junger Etidronat-behandelter Ratten hochmolekulare Aggregate isolieren, die eventuell mit den Na-
nosphären identisch sind [150].
Wichtige Aspekte der Nanosphären sind nachfolgend zusammengefasst:
• Fetuin bindet mit hoher Affinität an HAp/OCP-Microkristallite, bzw. es induziert sogar teil-
weise deren Bildung. Diese nukleierende Wirkung von Fetuin in geringen Konzentrationen um
0.1 µM im Inhibitions-Assay äußert sich in einer leicht erhöhten Präzipitatmenge gegenüber der
Protein-freien Kontrolle (vgl. Kap. 4.3.1).
• Das offenbar an der Oberfläche der Nanosphären adsorbierte Fetuin beeinträchtigt die Diffusi-
on der Calcium- und der Phosphat-Ionen und somit das weitere Wachstum der Sphären. Auf
der Oberfläche der Nanosphären werden bereits nach 4h bei 37°C kristalline Nadeln sichtbar.
Zeitabhängig nehmen Anzahl und Länge der Nadeln zu. Währenddessen löst sich scheinbar der
ursprüngliche amorphe Kern zunehmend auf2 und würde somit als Ionenreservoir für die un-
mittelbar benachbarte Kristallisation dienen. Die Kristallisation in Lösung schreitet weiter fort
bis nach spätestens 30h bei 37°C eine bestimmte Größe und Dichte der Aggregate überschritten
ist und nun ein sedimentierbares Präzipitat nachweisbar ist.
Umgekehrt schützt das umhüllende AHSG bei Dialyse gegen bidest. Wasser nach der Inkuba-
tion im Rahmen der Aufbereitung für die TEM die Nanosphären, da die Diffusionsrate der Ionen
von der Oberfläche in die Lösung ebenfalls herabgesetzt ist. Über die Verteilung des AHSGs in
bzw. auf den Nanosphären kann momentan noch keine Aussage getroffen werden.
Ein ähnlicher Vorgang wurde bei der bereits erwähnten Transformation von präzipitiertem ACP
in HAp beobachtet. Hierbei stellt die Solubilisierung von ACP einen geschwindigkeitsbestim-
menden Schritt dar. Durch Zugabe von Serum(-proteinen) wird dieser Schritt deutlich ver-
langsamt. Darüber hinaus war zu beobachten, daß mit Proteinen ummanteltes ACP wesentlich
schlechter zu lösen ist. Dies führte zu der Annahme, daß die Proteine durch Adsorption an der
Oberfläche des ACP-Präzipitats einen abschirmenden Effekt zeigen [136]. Fetuin zeigt offen-
sichtlich einen analogen Effekt auf der Oberfläche der löslichen und zu Beginn der Inkubation
amorphen Nanosphären.
• AHSG inhibiert die Präzipitation durch Bildung löslicher amorpher Calciumphosphat-Sphären
transient, d.h. die Präzipitation tritt zeitlich verzögert ein.
Die elektronenmikroskopische Untersuchung der Inhibition in vitro und der starke Calcifizier-
ungs-Phänotyp von Ahsg
DBA/2 Mäusen legen die Vermutung nahe, daß Fetuin als Inhibitor
der extrazellulären ACP/HAp Präzipitation in vivo die wahrscheinlich ständig auftretende Bil-
dung von Calciumphosphat Nuclei zwar nicht verhindert, jedoch ihr Wachstum durch Adsorp-
tion an deren Oberfläche drastisch verlangsamt. Diese Verzögerung würde ein Zeitfenster öff-
nen, das den Transport dieser noch löslichen Sphären im Blutkreislauf zum Knochen gestattet,
2Mit zunehmender Inkubationsdauer nimmt die Anzahl der Aggregate mit einem erkennbaren sphärischen Kern ab.
4.3 Struktur-Funktionsbeziehung 55
wo diese metabolisiert oder abgelagert werden können. Auch das Reticulo-Endotheliale System
(RET), welches aus einer Vielzahl von Zellen besteht (retikuläre Zellen, Endothel-Zellen, Fibro-
blasten und Monozyten), könnte bei Entfernung (clearance) der Nanosphären aus dem Blut eine
wichtige Rolle spielen. Die phagozytotischen Zellen des RET, vor allem Macrophagen, bilden
das Mononukleäre Phagozytotische System (MPS). Eine wichtige Funktion der Kupfer-Zellen
(Macrophagen) im Endothel der Leber besteht darin, durch Endozytose potentiell schädigende
Stoffe aus dem Blut zu entfernen. Es ist durchaus denkbar, daß auf diese Weise auch ACP-
Fetuin Aggregate in der Größenordnung von etwa 100 nm Durchmesser aus dem Blutstrom
entfernt werden können.
Bisherige elektronenmikroskopische Untersuchungen beschränkten sich auf das unter verschie-
denen Bedingungen gebildete Präzipitat. In diesen ACP/HAp-Präzipitaten konnten bereits zu-
vor sphärische Aggregate beobachtet werden. Dabei überschneidet sich der untere Größenbe-
reich der in der Literatur beschriebenen sphärischen Präzipitate mit dem der in Abbildung 3.14
gezeigten Vorläufer-Sphären: bei geringer Übersättigung wurden im Präzipitat unter anderem
auch amorphe sphärische Aggregate mit einem Durchmesser von 200–1200 Å [27] bzw. 80–
1700 Å [151] gefunden. Suvurova und Buffat erhielten durch sehr schnelles Mischen von
Calcium- und Phosphat-Lösungen ein Präzipitat, das Sphären mit 100–500 Å Durchmesser
enthielt [152]. Die jetzt in Gegenwart von Fetuin nachgewiesenen löslichen Nanosphären sind
zunächst amorph. Sie ähneln den von Suvurova und Buffat detailliert untersuchten Sphären
im Präzipitat. Obwohl diese Sphären zunächst ebenfalls ein amorphes Beugungsbild zeigten,
konnten diese Autoren durch genauere Untersuchungen mit Mikrodiffraktion beweisen, daß die
Sphären kristalline Domänen enthalten.
Knochen enthält calcifizierte Sphären unterschiedlichen (zellulären) Ursprungs mit Durchmes-
sern zwischen 10 nm und 10 µm. Knorpel im Bereich der Epiphysen-Wachstumsfuge enthält
sogenannte Matrix-Vesikel (10–110 nm). Durch daran assoziierte alkalische Phosphatase und
Calcium-Kanal bildende Annexine könnte darin die de novo Mineralbildung begünstigt sein
[153, 154, 155]. Weiterhin wurden calcifizierte Microsphären mit Durchmessern > 100 nm in
der kollagenen Knochenmatrix beschrieben. Sie bestehen aus mehreren Untereinheiten und ent-
halten insbesondere die Phosphoproteine BSP und OPN [156]. Calcifizierte Sphären, deren Ur-
sprung nicht in den Knochenzellen liegt, konnten bisher nicht nachgewiesen werden.
4.3. Struktur-Funktionsbeziehung
4.3.1. Rekombinant exprimierte Domänen
Fetuin/AHSG ist der einzige bekannte physiologisch relevante Inhibitor der Calciumphosphat-Präzi-
pitation aus der Cystatin-Superfamilie im Plasma. Denaturiertes Fetuin bzw. Fetuin, dessen saure
Reste mit Iodacetamid blockiert wurden, zeigt einen stark verminderten inhibitorischen Effekt [42],
d.h. zur Inhibition ist eine intakte 3D-Struktur nötig.
56 Diskussion
Durch Vergleich der modellierten Struktur Cystatin-ähnlicher Domänen mit ihrem inhibitorischen Po-
tenzial konnte das inhibitorische Strukturmotiv genauer innerhalb der ersten Domäne lokalisiert wer-
den. Keine weitere der rekombinant exprimierten und im Präzipitations-Assay getesteten Domänen
der Cystatin-Superfamilie zeigte ein der AHSG-Domäne D1 vergleichbares inhibitorisches Potenzi-
al. Ein Vergleich der Protein-Sequenzen und der modellierten Domänen ergab, daß der ausgedehnte
negative Ladungsbereich auf dem β-Faltblatt die AHSG-Domäne D1 im Vergleich zu allen ande-
ren Cystatin-Domänen auszeichnet. Bei den modellierten Cystatin-ähnlichen Domänen von FETUB,
HRG und KNG war die vergleichsweise geringere Ladungsdichte unregelmäßig verteilt. Auch Ober-
flächenbereiche außerhalb des β-Faltblattes wiesen keine vergleichbare Ladungsdichte auf. Das ge-
ringere Inhibitionspotenzial dieser Domänen äußerte sich in einer deutlichen Verschiebung ihrer Inhi-
bitionskurven zu höheren Konzentrationen.
Abbildung 4.1.: AHSG D1 über der (001) Flä-che von HAp (3x3 Elementarzellen). Die positiveLadung der Calcium-Ionen ist blau markiert, dienegativ geladenen Sauerstoffatome der Phosphatesind rot markiert.
AHSG wirkt auf die Präzipitation im Konzentrationsbereich unterhalb des inhibitorischen Effekts nu-
kleierend. Dieser konzentrationsabhängige Effekt ist Folge der hohen Bindungsaffinität von AHSG
an HAp. Bei niedrigen Konzentrationen um 0.1 µmol/l induziert AHSG aufgrund einer gewissen
Grenzflächen-Komplementarität die Keimbildung. Oberhalb einer bestimmten Belegungsdichte des
Keims mit AHSG ist dessen Wachstum jedoch durch die erniedrigte Diffusionsrate der Calcium- und
Phosphat-Ionen stark verlangsamt. Eine Beschreibung der Adsorption auf atomarer Ebene ist momen-
tan noch nicht möglich. Es existieren allerdings zwei Modelle. Die Adsorption an HAp-Flächen über
die exponierten sauren As-Reste des β-Faltblattes kann entweder durch Besetzung der unbelegten
Phosphat-Positionen an der Mineral-Oberfläche im Sinne von Epitaxie (bzw. lattice matching) oder
über eine allgemeinere elektrostatische Komplementarität erfolgen (vgl. Abb. 4.1).
Eine weitere funktionelle Eingrenzung gelang mit Hilfe von (Deletions-) Mutanten. In den vorlie-
gendenen Experimenten zeigte sich, daß die aminoterminale α-Helix und die ersten zwei Stränge
des β-Faltblatt der ersten Domäne von AHSG ausreichend sind, eine unverändert starke Adsorption
4.3 Struktur-Funktionsbeziehung 57
an Calciumphosphat/HAp zu vermitteln, sodaß das inhibitorische Potenzial komplett erhalten bleibt
(GST-mAHSG 15–70). Die Deletionsmutante, die nur die aminoterminale α-Helix enthält (MBP-
mAHSG 1–52), ist im Assay inaktiv [42]. Die Deletionsmutante indessen, die sich nur über die bei-
den ersten Stränge des β-Faltblattes erstreckt (GST-mAHSG 42–81), weist ein deutlich vermindertes
inhibitorisches Potenzial auf. Auch die Substitution von vier außerhalb der ersten Domäne lokali-
sierten Serinen durch Glutamat, wodurch Phosphorylierungen imitiert werden sollten, veränderte das
inhibitorische Potenzial von AHSG nicht.
Dynamische Simulationen an einem Modell von humanem Cystatin des Speichels, das ebenfalls von
der 1CEW-Struktur abgeleitet wurde, hatten Bell et. al. zu der Vermutung veranlaßt, daß sich die
Apatit-Binderegion möglicherweise am N-Terminus vor der ersten α-Helix bzw. in einem Bereich
nach der zweiten α-Helix zwischen dem dritten Strang des β-Faltblattes befindet [157]. Dieses Modell
muß nun im Hinblick auf die Sonderstellung von AHSG D1 innerhalb der Cystatin-Superfamilie über-
dacht werden. Das mAHSG D1 Fragment 1–52 enthält zwar Sequenzabschnitt (1)3 (vgl. Abb. 4.2),
zeigt aber keinen inhibitorischen Effekt [42]. mAHSG D1 Fragment 15–70 enthält ebenfalls nur Se-
quenzabschnitt (1), inhibiert aber genauso gut wie das gesamte mAHSG (vgl. Abb. 3.3.1). Allgemein
ist zu beachten, daß bei Teildomänen leicht eine nicht-native Faltung vorliegen kann, da möglicher-
weise hydrophobe Aminosäuren des Kerns nun exponiert an der Oberfläche liegen. Da der Sequenzab-
schnitt (1) im N-Terminus der mAHSG D1 vermutlich annähernd in der Ebene des β-Faltblattes liegt,
ist es durchaus denkbar, daß dieser ebenfalls β-Faltblatt Konformation einnimmt. Zusammenfassend
kann gesagt werden, daß Abschnitt (1) an der Apatit-Bindung beteiligt sein kann, aber sicherlich nicht
ausreichend ist. Abschnitt (2) spielt im Hinblick auf das inhibitorische Potenzial von AHSG sicherlich
keine Rolle. Dies gilt ebenfalls für FETUB, das im Sequenzbereich (2) keine sauren As besitzt.
(1) (2)
salivary Cystatin S ...DADLNDE...EQPE...chicken egg white Cystatin ...PVDENDE...DEPE...
murine AHSG D1 ...DDPEAEQ...QLTE...murine FETUB D1 ...PLGNDSE...RMFY...
Abbildung 4.2.: Sequenzvergleich der putativen Apatit-Binderegion von Speichel-Cystatin S nachBell et. al. [157] mit Cystatin aus Hühnereiweiß sowie der ersten Domäne von mAHSG-Domäne D1bzw. mFETUB-Domäne D1. Die Sequenzmotive in Region (1) und (2) der ersten drei oben aufge-führten Domänen sind hinsichtlich der Anzahl saurer (hervorgehoben) und polarer As-Reste und ihrerPosition ähnlich. FETUB ist in diesen Sequenzbereichen etwas unpolarer.
Die Rückfaltung der Cystatin-ähnlichen Domänen erwies sich als unerwartet schwierig. Auch konnte
die IC50 aus Serum isolierter muriner und boviner Fetuine nicht mit rekombinant exprimiertem Fetuin
3Zuordnung der Sequenzabschnitte (1) und (2) für mAHSG Domäne D1:(1) entspricht den Aminosäuren 15–21(2) entspricht den Aminosäuren 86–89
58 Diskussion
reproduziert werden. Grund hierfür ist sicherlich das starke Aggregationsverhalten. Als Faktoren, die
diese Aggregation induzieren bzw. verhindern, sind hier anzuführen:
1. Wie bereits in Kapitel 1.3 der Einleitung beschrieben, neigt Cystatin C im partiell gefalteten
Übergangszustand zur Dimersierung mit nachfolgender Aggregation zu Amyloid-Fibrillen. Die
Dimerisierung erfolgt über ein sogenanntes Domain Swapping, bei dem ein Austausch von
zwei Strängen des β-Faltblattes zwischen den beiden Partnern nachgewiesen werden konnte
[95, 96, 97, 98]. Transthyretin, ein Protein mit ebenfalls hohem β-Faltblatt Anteil und entfernt
verwandter Struktur, bildet ebenso Dimere als Startpunkt einer fortlaufenden Aggregation zu
Amyloid-Fibrillen [158].
2. Die Deglycosylierung von Fetuin führt zur Bildung von Aggregaten. Weiterhin zeigte sich, daß
die Aggregationstendenz umso stärker ist, je kleiner der Fusionsanteil ist (MBP < GST < T7-
Tag). Die Abspaltung des MBP- bzw. GST- Fusionsanteils verstärkt wiederum die Aggregation.
3. Eine Aufkonzentrierung von MBP-mAHSG bzw. mFETUB auf c 10 mg/ml, ebenso die La-
gerung bei 4°C über mehrere Tage, führt zu einer starken Zunahme des hochmolekularen
Aggregat-Anteils.
4.3.2. Vergleich Apatit-bindender Motive
Das lösliche Plasmaprotein Fetuin/AHSG und das unlösliche Zellwand-gebundene Matrix GLA Pro-
tein (MGP) gelten beide als wichtige extrazelluläre Inhibitoren der Calciumphosphat-Präzipitation in
Säugetieren. Das HAp-bindende Strukturmotiv von Fetuin wurde im vorherigen Kapitel diskutiert.
Ähnlich wie es für AHSG der Fall ist, sind für MGP keine Strukturdaten verfügbar, aber es kön-
nen auch hier über Homologien strukturelle Vorhersagen getroffen werden, aus denen ein möglicher
Inhibitionsmechanismus abgeleitet werden kann.
MGP ist zum löslichen Osteocalcin/BGP homolog, das bereits CD-spektroskopisch untersucht wurde.
Beide Proteine besitzen mehrere γ-carboxylierte Glu-Reste. In Calcium-freier Lösung ist Osteocalcin
unstrukturiert (random coil), zeigt aber in Gegenwart physiologischer Calcium Konzentrationen zu
38% eine α-helicale Struktur. MGP besitzt also sicherlich kein mit sauren As-Resten belegtes β-
Faltblatt.
Welches Prinzip könnte der Inhibition der Präzipitation durch MGP zugrunde liegen? Hauschka et. al.
erkannten, daß beim BGP aufgrund des Sequenz-Abstandes der GLA-Reste von etwa einer Ganghöhe
auf einer α-Helix die Reste auf einer Seite zu liegen kämen und somit eventuell Calcium-Ionen oder
Apatit binden könnten. Interessanterweise entspricht die Ganghöhe einer α-Helix mit 5.4 Å dem
Abstand der Ca(I)-Ionen in der (001) Ebene von Apatit (vgl. Kap. 1.1.1.4) [159]. Gleiches gilt offenbar
auch für MGP (Abb. 4.3a). Sekundärstruktur-Vorhersagen mit PSIPRED [160] und PHD [161] ergaben
4.3 Struktur-Funktionsbeziehung 59
für diese Bereiche in MGP mit hoher Wahrscheinlichkeit jeweils eine α-helicale Struktur. Hier sind
jedoch statt einer Dreier-Anordnung zwei GLA-Reste Paare zu finden.
Von Prothrombin ist bekannt, daß es tatsächlich nach dem beschriebenen Prinzip Calcium-Ionen zu
komplexieren vermag. Es enthält eine GLA-reiche Domäne mit ebenfalls zu einer Seite einer α-Helix
ausgerichteten GLA-Resten. Abbildung 4.3b zeigt den entsprechenden Ausschnitt aus der Röntgen-
struktur [2PF2, 162].
(a) Alignment: hMGP-hBGP (b) Ca-GLA-Komplexierung
Abbildung 4.3.: (a) Alignment der Proteinsequenzen von hMGP und hBGP. Beide Proteine besitzenSignalpeptide unterschiedlicher Länge (grau unterlegt), die während der Prozessierung zum reifenProtein abgespalten werden. hMGP besitzt drei phosphorylierte Serine an den Positionen 1–3. Dar-über hinaus sind vier Glutamate von hMGP γ-carboxyliert. Sie bilden zwei Paare (4/5 und 7/9) imAbstand von jeweils vier Aminosäuren. Ein vergleichbares Paar befindet sich auch in hBGP (7/9),sowie eine weiterer GLA-Rest (11) in einem verkürzten Abstand von 3 Aminosäuren. Die beidenGLA-Paare liegen wahrscheinlich jeweils auf α-Helices, die im Bereich der Proline (6/8) unterbro-chen sind. Beide Proteine besitzen eine Disulfid-verbrückte (10/12) Schleife gleicher Länge, aberohne Homologie (b) Ein Calcium-Ion wird von zwei GLA-Resten komplexiert, die zu einer Seite derα-Helix ausgerichtet sind.
Aber welchen Einfluß hat nun die γ-Carboxylierung auf die Präzipitations-Inhibition? Durch den Vit-
amin K Antagonisten und γ-Carboxylase Inhibitor Warfarin wird die postranslationale Carboxylierung
der Glu-Reste unterbunden. In vivo führt die Gabe dieses Inhibitors zur Calcifizierung der Arterien
[163]4 und der Herzmuskulatur. Die Fähigkeit Calcium-Ionen zu binden und die Bildung von Apatit
zu inhibieren erfolgt also über strukturell benachbarte carboxylierte Glutamat-Reste.
Statherin, ein Präzipitations-Inhibitor des Speichels, bindet an HAp vermutlich über ein ähnliches
Strukturmotiv. Hier liegen zwei phosphorylierte Serin-Reste im Abstand einer Ganghöhe überein-
ander. Festkörper-NMR Untersuchungen zeigten, daß bei Adsorption an HAp diese Phosphoserine
nahezu immobilisiert werden. Long et. al. vermuteten daher, daß die Bindung über diese beiden Reste
an die Ca(I)-Ionen der (001) Ebene erfolgt [164].
4Vergleichbar dem MGP-Knockout in der Media der Arterien [46]
60 Diskussion
4.4. Ausblick
• Die herausragende Bedeutung von Fetuin als effektiver Inhibitor der spontanen Calciumphosphat-
Präzipitation im Serum konnte durch Bestimmung des inhibitorischen Potenzials verschiedener
Fetuin-defizienter Seren zweifelsfrei belegt werden. Fetuin-KO Mäuse vom Stamm DBA/2 aber
auch Calciphylaxie-Patienten zeigen massive ektopische Calcifizierung. Daher bieten sich diese
Mäuse zum Test verschiedener Therapie-Modelle an. Zunächst gilt es die Bedeutung des er-
niedrigten Magnesium-Spiegels in DBA/2 Tieren als möglicher Auslöser von Calcifizierung
genauer zu untersuchen. Vielleicht ist ein Rescue des beschriebenen Phänotyps bereits durch
Gabe von Magnesium-haltigen Verbindungen möglich. Darüber hinaus sind weitere Therapie-
Ansätze denkbar. Einerseits könnte ein Fetuin-Mangel durch Fetuin-Injektionen ausgeglichen
werden. Das dazu benötigte Fetuin könnte entweder aus Serum isoliert oder rekombinant expri-
miert werden. Andererseits wäre es denkbar, ein synthetisches Fetuin-Analogon zu entwickeln.
Ziel wäre demnach, eine planare Struktur mit darauf funktionalisierten Carboxyl-Endgruppen
zu schaffen.
• Eine große Bedeutung muß der weiteren Strukturaufklärung mittels Röntgenbeugung an Kri-
stallen oder NMR-Spektroskopie an gelöstem Fetuin beigemessen werden. Exakte Strukturda-
ten würden einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Bindung auf atomarer Ebene darstel-
len. Aufgrund der starken Aggregationstendenz konnten diese Arbeiten bisher nicht in Angriff
genommen werden.
• Weitere Erkenntnisse über den Inhibitionsmechanismus Cystatin-ähnlicher Domänen könnten
sogenannte Gain and Loss Of Funktion Effekte ermöglichen. Hierbei wird versucht, durch ge-
zielte Mutationen einzelner Aminosäuren das inhibitorische Potenzial positiv oder negativ zu
beeinflussen.
Wesentliche Grundlagen hierzu wurden in der vorliegenden Arbeit gelegt.
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A. Lebenslauf
Persönliche Daten
Name Wolf-Alexander Heiß
Geburtsdatum 17. September 1970
Geburtsort Göttingen (Niedersachsen)
Eltern Dr. med. Hermann Wolfgang Heiß
Monica Heiß
Staatsangehörigkeit deutsch
Schulbildung
1977–80 Besuch der Alemannen-Grundschule in Schallstadt-Mengen.
1980–5/90 Besuch des Martin-Schongauer-Gymnasiums in Breisach am Rhein (Baden-Württemberg).
Studium
10/1990 Chemiestudium an der Universität Konstanz (Baden-Württemberg).
7/1996 Anfertigung der Diplomarbeit am Institut für Festkörperchemie bei Prof. Dr. Felsche:
Syntaktische Kristallisation von Apatit in Kollagen- und Gelatine-Gelen
2/1997 Studium mit dem Diplom in Chemie abgeschlossen.
7/1997 Beginn der Promotion bei Prof. Dr. Müller-Esterl / Priv.-Doz. Jahnen-Dechent am Institut
für Physiologische Chemie und Pathobiochemie der Universität Mainz (Rheinland-Pfalz).
75
4/1999 Umzug der Arbeitsgruppe aufgrund der Berufung von Priv. Doz. Jahnen-Dechent auf den
Lehrstuhl Zell- und Molekularbiologie an Grenzflächen am IZKF BIOMAT im Universi-
tätsklinikum Aachen (Nordrhein-Westfalen).
B. Danksagung
Im Verlauf der Promotion habe ich von vielen Seiten Unterstützung erfahren, wofür ich mich nun ganz
herzlich bedanken möchte.
Mein besonderer Dank gilt Prof. Willi Jahnen-Dechent. Er hat die Verantwortung und
Mühe nicht gescheut, mich als Chemiker in seine molekularbiologisch-biochemisch ori-
entierte Arbeitsgruppe aufzunehmen und wissenschaflich-kritisch wie menschlich zu be-
gleiten.
Für die freundliche Aufnahme in seine Arbeitsgruppe in Mainz möchte ich Prof. Müller-
Esterl (jetzt Universität Frankfurt) danken.
Herrn Prof. Höcker danke ich für die Übernahme des Koreferats.
Der außerordentliche Einsatz von Dr. DuChesne bereitete den Weg zu einer überaus er-
folgreichen Kooperation auf dem Gebiet der TEM. Dr. Gapinski half mit DLS-Messungen.
(Beide MPI für Polymerforschung Mainz)
In Kooperation mit Priv. Doz. Grötzinger wurde ein Modell der drei Domänen von AHSG
erstellt (jetzt Universität Kiel). Er und Dr. Kernebeck gaben darüber hinaus viele wertvol-
le Ratschläge zur Proteinaufreinigung, der Renaturierung von Proteinen und der Struk-
turmodellierung.
Meine langjährige Laborkollegin C. Schäfer begleitete diese Arbeit auf vielfältige Weise.
Einerseits stellte sie die verschiedenen Maus-Seren bereit und andererseits war sie bei
den vielen größeren und kleineren Problemen des Laboralltags eine verlässliche Hilfe.
Mit cDNA-Konstrukten wurde ich von Dr. Denecke (MBP/GST-FETUB), Dr. Renné
(MBP-hKNG Domäne D1–3) und Dr. Yamamoto (GST-mAHSG/4SE) unterstützt.
Dr. Schinke (jetzt Universität Hamburg) gab sich zu Beginn meiner praktischen Laborar-
beit große Mühe, mir fundiert die grundlegenden molekularbiologischen und proteinche-
mischen Methoden zu vermitteln.
Initiale SEM Untersuchungen der Calciumphosphat-Präzipitate in Gegenwart von AHSG
wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. Duschner (Universiät Mainz) durchgeführt.
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Den Mitgliedern der damaligen Pathobiochemie der Universiät Mainz und der Zentralen
Laborfläche des IZKF BIOMAT im Universitätsklinikum Aachen möchte ich für die gute
Zusammenarbeit danken.
Zusammen mit Dr. Mailänder bewältigte ich nicht nur den Mainzer Laboralltag, sondern
ich erinnere mich auch gern an die gemeinsamen Unternehmungen in der Freizeit.
Meinem Aachener BIOMAT-Labor danke ich für die angenehme Arbeitsatmosphäre:
B. Tschöke, L. Leclaire, C. Schäfer, N. Tsuschida und Dr. Wöltje