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Aus dem PharmakologischenInstitut der Universität Berlin und dem Laboratorium für Übermikroskopie der Siemens & Halske AG., Bel]in-Spandau. Zur Pathologie der roten Blutliörperehen. II. Mitteilung * Wirkungen einiger Metallsalze. Von FRITZ JUNG. Mit 19 Textabbildungen. (Eingegangen am 1. Juli 1944.) 1. Fragestellung. In der vorhergehenden Mitteilung 1 wurde über morphologische und funktionelle Ver~nderungen an Erythrozyten berichtet, die sieh als Folge einfacher physikalischer Schädigungen, wie Hitze und K~lte, Strahlung und Ultraschall einstellen. Das Ziel der gesamten Untersuchung ist die Deutung der mannigfaltigen, an Erythrozyten zu beobachtenden, patho- logischen :Erscheinungen, die sich in vivo bei verschiedenen Vergiftungen zeigen. Dazu werden zunächst in vitro gut definierte Einwirkungen ge- setzt : Im folgenden wird die Wirkung einiger Metallsalze behandelt. Die verwandten Salze besitzen noch spezielles pharmakologisches Interesse, doch kann in dem abgegrenzten Rahmen nicht jede auftauchende Teil- frage besprochen werden. Die Verwendung des Übermikroskops hat sich für unser Vorhaben, wie in verwandten Gebieten, äußerst fruchtbar er- wiesen (vgl. auch die Arbeiten von H. RVSKA und C. WOLP~RS2). Metallsalze können an Geweben und 0rganen die verschiedensten Er- scheinungen herbeiführen: klinisch Adstriktion und Ätzung, histologisch Fixierung, physikalisch Koagulation. Die bisher üblichen Beobachtungs- methoden ergaben allerdings an den unserer Untersuchung zugrunde liegenden roten Blutzellen eine eintSnige Reaktionsweise: ]~s war entweder H~molyse oder Fixation beobachtet worden (MENEGHETTI3). Feinere Ver- ~nderungen der Zelloberfläche lassen sich mit Hilfe der Senkungsreaktion, der Agglutination, kataphoretischer Messungen und verv¢andter Methoden feststellen, ohne daI3 ein anschauliches Bild der vorliegenden Verhältnisse erhalten wird. Die liehtoptische Untersuchung ergibt nur wenig, die Zelle ist meist deformiert, manchmal mit feinsten Körnchen besetzt. Neben den Stromaten findet sich unter Umständen koaguliertes Hämoglobin im Präpa- rat. An Hand dieser Erscheinungen ist es möglich, die Metallsalze zu • I. Mitteilung: F. JuN(~, Klin. Wschr. 1942, 917.

Zur Pathologie der roten Blutkörperchen

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Page 1: Zur Pathologie der roten Blutkörperchen

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Berlin und dem Laboratorium für Übermikroskopie der Siemens & Halske AG., Bel]in-Spandau.

Zur Pathologie der roten Blutliörperehen. II. Mitteilung *

Wirkungen einiger Metallsalze.

Von FRITZ JUNG.

Mit 19 Textabbildungen.

(Eingegangen am 1. Juli 1944.)

1. Fragestellung. In der vorhergehenden Mitteilung 1 wurde über morphologische und

funktionelle Ver~nderungen an Erythrozyten berichtet, die sieh als Folge einfacher physikalischer Schädigungen, wie Hitze und K~lte, Strahlung und Ultraschall einstellen. Das Ziel der gesamten Untersuchung ist die Deutung der mannigfaltigen, an Erythrozyten zu beobachtenden, patho- logischen :Erscheinungen, die sich in vivo bei verschiedenen Vergiftungen zeigen. Dazu werden zunächst in vitro gut definierte Einwirkungen ge- setzt : Im folgenden wird die Wirkung einiger Metallsalze behandelt. Die verwandten Salze besitzen noch spezielles pharmakologisches Interesse, doch kann in dem abgegrenzten Rahmen nicht jede auftauchende Teil- frage besprochen werden. Die Verwendung des Übermikroskops hat sich für unser Vorhaben, wie in verwandten Gebieten, äußerst fruchtbar er- wiesen (vgl. auch die Arbeiten von H. RVSKA und C. WOLP~RS 2).

Metallsalze können an Geweben und 0rganen die verschiedensten Er- scheinungen herbeiführen: klinisch Adstriktion und Ätzung, histologisch Fixierung, physikalisch Koagulation. Die bisher üblichen Beobachtungs- methoden ergaben allerdings an den unserer Untersuchung zugrunde liegenden roten Blutzellen eine eintSnige Reaktionsweise: ]~s war entweder H~molyse oder Fixation beobachtet worden (MENEGHETTI3). Feinere Ver- ~nderungen der Zelloberfläche lassen sich mit Hilfe der Senkungsreaktion, der Agglutination, kataphoretischer Messungen und verv¢andter Methoden feststellen, ohne daI3 ein anschauliches Bild der vorliegenden Verhältnisse erhalten wird. Die liehtoptische Untersuchung ergibt nur wenig, die Zelle ist meist deformiert, manchmal mit feinsten Körnchen besetzt. Neben den Stromaten findet sich unter Umständen koaguliertes Hämoglobin im Präpa- rat. An Hand dieser Erscheinungen ist es möglich, die Metallsalze zu

• I. Mitteilung: F. JuN(~, Klin. Wschr. 1942, 917.

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klassifizieren (HooK]:R ~). Man wird ihre Wirkungen auf die Fähigkeit zurückführen, mit Eiweißkörpern oder Lipoiden der Zellmembran sowie mit den Zellinhaltsstoffen Verbindungen einzugehen.

Für die vorliegende Untersuchung wurde das Subllmat als Beispiel eines ätzenden, das Zinksul/at und das Bleinitrat als Beispiel eines adstringierenden Stoffes gewählt.

Die wesentlichsten Unte~suchungsmethoden sind bereits in der I. Mitteilung geschildert worden. Die übermikroskopisehen Untersuchungen erfolgten mit dem Übermikroskop nach E. RusxA und B. v. Bom~~s 5. Messungen der Wasserstoff- ionenkonzentration wurden mit einem Potentiometer der Fhma Siemens mittels der Chinhydronelektrode vorgenommen. S~mtliche Versuche betreffen menschliche Blut- körperchen. (Bei Tieren werden in Einzelfällen etwas andere Ergebnisse erhalten.) Die Resistenzreihen wurden in Verdünnungen einer Tyrodelösung angesetzt, bei den Versuchen mit Zink- und Bleisalzen jedoch meist in physiologischer Kochsalzlösung, um ein Ausfallen des Zink- oder Bleiphosphate zu vermeiden.

2. Versuche mit Sublimat.

Über die ]~inwirkung von Sublimat auf rote Blutkörperchen liegen Befunde von DETRE und SELLEI 6, ferner von BECI-IttOLD und KaAvs 7 vor: Hohe Sublimatkonzentrationen festigen die Zelle und färben sie braun, geringe führen zu Hämolyse. Da die Dichte der verwandten Zellsuspen- sionen nicht angegeben wird, lassen sich die Konzentrationsangaben dieser Autoren nur ungefähr verwerten. BECmtOT.1) und KRAUS beobachteten ferner, daß im Dunkelfeld w~hrend der Sublimathämolyse eigentümliche schlauchartige und blasenförmige Gebilde von der Zelloberfläche aus- gehen. Wahrscheinlich handelt es sich um ein beim Zusammentreffen des austretenden H~moglobins mit der eiweißfällenden Sublimatlösung auf- tretendes Phänomen, etwa ähnlich den Erscheinungen, die beim Zusammen- treffen einer sauren Metallsalzlösung mit einer alkalisehen Silikatlösung beobachtet werden. MENEGH]~TTI a fand bei systematischen Untersuchungen mit steigender Sublimatkonzentration erst Hämolyse, dann reversible Koagulation (d. h. die Zellen verlieren ihr Hämoglobin noch nach Aus- waschen des Sublimats), schließlich irreversible Koagulation oder Fixierung. Beginnende ttämolyse sah er bei 5" 10 -17 Äquivalenten Sublimat/Zelle. WILBRANDT 8 stellte fest, daß 10 -~ molares Sublimat vorübergehend die Glyzerinpermeabilität der Zelle herabsetzt. Doch soll dieser Effekt nur s61ange vorhanden sein, als Hg durch die Membran wandert. Beseitigung des Hg" als komplexes Zyanid läßt ihn verschwinden. Auch LWPESCn~r~9 weist wie MEN~GH~TTI darauf hin, daß Sublimat die Zellen unter Um- ständen in der Weise schädigt, daß nach Entfernung des Sublimats' noch nach vielen Stunden Hämolyse eintritt. Die Überlegungen und Befunde WILBRANDTS machen diesen Effekt verständlich: Sublimat in geringen Mengen macht die Zellen kationenpermeabel, womit diese notwendig auch in isotonem Medium der kolloidosmotischen H~molyse verfallen.

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a) Einwirkung von Sublimat au I isolierte Erythrozytenmembranen.

Die Zellen wurden nfit dest. Wasser hämolysiert, die Stromaten hämo- globinfrei gewaschen und dann in Tyrodelösung aufgeschwemmt, der wechselnde Mengen Su- blimat (bis zu 1%) zu- gesetzt waren. Dort ver- blieben sie bei Zimmer- temperatur oder bei 40 o . Die Einwirkungsdauer war ohne merkbaren Einfluß auf die auftre- tenden Veränderungen. Nach Auswaschen des Sublimats und der Ty- rodelösung mit destil- Abb. 1. 4960/42.unfixiert.Normale E1.-opt.:mensehliehe4000Erythr°zytenstr°mata: 1.

liertem Wasser wurden die Membranen sofort oder nach zusätzlicher Fixation mit Osmiumsäure betrachtet. Unter der Behandlung ging das feine glasig gelbliche Aussehen einer Suspension unbehandelter Erythrozytenmembranen verloren, s tat t dessen wurde ein weißer grob- floekiger Niederschlag erhalten, der sich allerdings beim Schüt- teln wieder fein verteilte. Er bestand nur aus Stromaten, die liehtoptisch zum Teil deformiert erschienen.

Die normale Erythrozyten- membran ist nach C. WOLPERS 2 im unfixierten Zustand ein sehr dünnes und zartes Gebilde, an dem kaum eine Struktur zu bemerken ist; erst nach Be- Abb. 2. 4958/42. Dasselbe nach Einwirkung einer

l%igen Sublimatlösung. El.-opt.: 4000:1. handlung mit Lipoidlösungs- lnitteln und Osmiumsä'nre t r i t t ein feines Netz von Eiweißmizellen hervor (WOLI'V, RS). Gegen Deformation ist es ziemlich nachgiebig; obwohl es ein Baumgebilde darstellt, legt es sich bei der Auftroeknung meist ohne Falten- bildung auf den Objektträgerfilm (Abb. 1). Hohe Sublimatkonzentrationen (0,5 oder 1%), die über mehrere Stunden einwirken, führten zu einer erheb- lichen Dichtezunahme der Membran (Abb. 2). Ferner zeigte sie dann, ebenso wie die osmierte Membran, ausgesprochen scharf geschnittene Falten. Es müssen sieh also die mechanischen Eigenschaften, speziell die Dehnbarkeit, verändert haben, ohne daß die Feinstruktur erheblich gelitten hätte. De man auch bei stärkerer Vergrößerung keine stark absorbierenden Partikel

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erkennen kann, die Membranen aber erheblich dichter geworden sind, muß sich das Hg diffus in sehr feiner Verteilung in die Membran eingelagert haben. Geringere Sublimatkonzentrationen (0,01%) ergaben ein anderes Bild (Abb. 3). Die Zellen waren sehr verletzlich geworden, so daß eine :Nachfixation mit Osmiumsäure (nach Auswaschen des Sublimats) not- wendig wurde. Bei schwacher elektronenoptischer Vergrößerung fiel wiederum die Dichteänderung als Zeichen der Sublimataufnahme auf. Bei stärkerer Vergrößerung wurde zusätzlich eine weitgehende Zerstörung

der Feinstrukturen erkennbar. Während die normale osmium- fixierte Membran ein homo- genes Gebilde darstellt, zeigte sich nun ein :Netzwerk mit größeren und kleineren Löchern (Abb. 3). Besonders deutlich war dies an den Umschlagstellen der Membran. Eine Fixierung im Sinne der Histologen kann man diese Einwirkung nicht mehr nennen, denn das Eiweiß der Membran ist so koaguliert worden, daß das ursprüngliche

Abb. 3. 3491/42. E ry th rozy tens t roma mi t 0,01% Gefüge der Eiweißmizellen ver- Subl imat behandel t , mi t Osmiumsäure naehfixiert . m.-opt.: 15000 :l. lorenging. Mit wenig Sublimat

behandelte Membranen waren ferner gegen Schütteln viel empfindlicher als unbehandelte. (At~B, REZ- ~IKOF]~ und SMITH 1° haben dasselbe für Pb-Salze festgestellt; auch bei Tannin ist ein derartiger Effekt vorhanden, Bom~MANNla.)

b) Einwirkung /ixierender Sublimatkonzentrationen au/ Erythrozyten. Durch sehr hohe Sublimatkonzentrationen wird die Zelle augenblick-

lich und durchgehend fixiert. Das elektronenoptische Bild zeigt dann keine Besonderheiten gegenüber osmiumfixierten Zeilen, denn das elektronen- optisch dichte Hämoglobin verdeckt feinere Struktureigeutümlichkeiten.

Geringere Sublimatkonzentrationen führen dagegen zu einem sehr eigentümlichen Phänomen, das allerdings nicht in gleicher Weise bei Blut- zellen aller Tiere auftritt. Menschliche Erythrozyten wurden in isotonischer Tyrode mit 0,05 % Sublimat mehrere Stunden aufgeschwemmt. Beim Ein- bringen in destilliertem Wasser hämolysierten sie dann nicht mehr. Licht- optisch hatte danach jede Zelle, die übrigens ihre :Napf- oder Glockenform völlig beibehalten hatte, einen feinen Hof (Abb. 4). Beim Erschüttern des Präparats zeigte sich, daß es sich um eine feine Membran handelt, die sieh allseitig von der Zelle losgelöst hat. Damit ist ein weiterer Hinweis auf die

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Existenz einer echten Erythrozytenmembran gegeben, d. h. einer Außen- schicht, die ihrem Wesen nach vom Zellinhalt verschieden ist.

Die elektronenoptische Darstellung zeigt innerhalb der Zelle die dichte Masse des sublimatfixierten Hämoglobins (Abb. 5). Auch die zentrale Aufhellung, die der Eindellung der unbehandelten ~ ~ \ roten Blutzelle entspricht (allerdings durch Re- traktion des koagulierten Farbstoffs noch deut- • lieher wird), t r i t t gut hervor: Das Hämoglobin ist innerhalb der Hülle in ,Ringform" denaturiert. Um diesen Ring von denaturiertem :Eiweiß legt sich die Membran, welche nach Osmiumfixation /~~~.,1 eine sehr ausgeprägte Faltenbildung besitzt (Abb. 6). (Wird nicht naehfixiert, so macht sie Xbb. 4. Lichtoptisches Bild

von ]~rythrozyten nach Be- einen ziemlich homogenen Eindruck und erinnert handlung mit 0,05 % Sublimat. etwas an die Membranen von Abb. 2 und 3.) Bei noch geringeren Sublimatkonzentrationen muß nachfixiert werden, da sonst die Zellen bei der Herstellung des übermikroskopisehen Präparats zugrunde gehen. Wie sich vor allem aus Abb. 7 ergibt, besteht die Membran dann aus einer ziemlich dichten ù Masse von Eiweißkoagula, in

Abb. 5. Abb. 6.

Abb. 5. 2972/42. Menschlicher Ery t luozyt nach Behandlung mi t 0,05%iger Sublimatlösung und anschließender Übertragung in destilliertem Wasser. El.-opt.: 12 000 : 1.

Abb. 6. 3001/42; eI.-opt.: 12000 : 1. Wie Abb. 5, jedoch 0,02% Sublimat und anschließende Osmiumfixatioa.

weicher sich zahlreiche Löcher von 0,05 bis 0,2/~ Durchmesser befinden. Daß es sich wenigstens zum Teil um echte Löcher handelt und nicht um optisch dünnere Stellen, läßt sich am Umsehlagsrand der Membran nach- weisen. Das klumpige und schwammige Aussehen erinnert sehr an koagu- liertes HämogIobin.

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Die angewand.ten Sublimatkonzentrationen härten also die Zellen nicht so intensiv und schnell, daß das koagulierende Eiweiß seine ursprüng- liche ,übermikroskopische" Struktur behalten würde. Es kommt zu Sehrumpfungs- und Verklumpungsprozessen, wobei sich verschiedenartig zusammengesetzte Teile der Zelle voneinander lösen können. Ein zentrales Koagulat wird vom H~moglobin gebildet ; die Außenschicht, welche weniger ans Hämoglobin denn aus Stromatin besteht, schrumpft weniger und hebt sieh infolgedessen ab. Wie jedoch ihre unregelmi~ßige Oberfläche, die

Abb. 7. 3004]42; el. opt . : 16000 : 1 (lichtol)t. nachvergr .) .

Löcher wie die Brüehigkeit zeigen, ist sie dabei selbst auch unvollständig fixiert. Genau dieselben Membranveränderungen waren unter anderem an der hämoglobinfreien Zelle aufgetreten. ~qur ist nunmehr die Membran durch anhaftendes und koaguliertes t tämoglobin wesentlich dichter und durch das Schrumpfen dieses Hämoglobins zusätzlich deformiert und zer- stört (vgl. auch weiter unten).

c) Die Sublimathämolyse. Für die beginnende Hämolyse gibt M~NEOHETTI a an, daß 5 . 1 0 -1T

Äquivalente Sublimat je Zelle vorhanden sein müssen. Das w£ren 1,5 • 107 Moleküle je Zelloberfl~che, eine außerordentlich kleine Zahl im Verhältnis zu der Ladung an der Erythrozytenoberfläehe 1~. Aus methodischen Gründen sind aber MENEGH]~TTIS a Werte zu niedrig. Das Sublimat wird n~mlich sehr schnell und sehr fest au die Zellen gebunden. Wird eine ]~rythrozytensuspension mit Sublimat geschüttelt und dann wieder abzentrifugiert, so ist im Überstehenden kein Sublimat mehr nachzuweisen. Erfolgt beim Zusammenbringen der Zellen mit dem Sublimat die Durch- mischung nicht sehr schnell und gleichmäßig, so haben einzelne Zellen

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die Möglichkeit, mohr Sublimat aufzunehmen als die anderen. Damit tritt in Sublimatlösungen bereits dann partielle H~molyse auf, wenn die Sublimatmenge pro Zelle noch weit unter der h/~molytischen Grenze liegt. :Bei quantitativen Messungen kann dieser Effekt sehr störend sein und ich finde bei MENEGHET~ keine Angaben darüber, wie er ihn vezmiedeu hat.

Zur Bestimmung der eben h/~molytisch wirkenden Sublimatmenge wurden Zellsuspensionen steigender Dichte hergestellt und zu jeder jeweils dieselbe Sublimatmenge gegeben; dabei war das Sublimat von vornherein in einem viel größeren Flüssigkeitsvolumen gelöst. Außerdem wurde es

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[rB'~~,ocBen irn ,~n«u~ Abb. 8. Abszisse: ccm Erythrozytensuspension bzw. Erythrozyten insgesamt. Ordinate: % Hämo°

lyse und hämolysierte Erythrozyten in 107 Zeilen je Ansatz. Sublimat 0,1 mg pro Ansatz. Lösungsvolumen 10 ccm. Einwirkungsdauer 7 Stunden. Temperatur 40%

unter gleichzeitigem heßigem Schütteln über den Erythrozytenbrei ge- gossen. Dann kamen die Suspensionen für 6---7 Stunden in den Thermo- staten bei 40 °. Zur l~estste]lung des tt/~molysegrades wurden die Zellen zu Versuchsende abzentrifugiert und das überstehende H/~moglobin kolori- metrisch bestimmt. In Abb. 8 ist ein derartiger Versuch wiedergegeben. Bei geringer ]~rythroeytenzahl war die H/~molyse vollständig, mit zu- nehmender Zellzahl nahm zun/ichst die absolute Menge h~molysierter Zellen zu, der prozentuale Anteil nahm dagegen stetig ab. Schließlich verminderte sich auch die Gesamth/~molyse, doch wurde sie nie Null (Durchmischungseffekt). Durch graphische Extrapolation 1/~I3t sich die Zellenzahl ermitteln, bei der die Hi~molyse eben verschwinden würde. Einzelheiten hierzu lassen sich aus Abb. 8 entnehmen.

Der Grenzwert der H/~molyse wurde bei 2,4.10 -16 Mol HgCI~ je Zelle erreicht. Das waren 1,4.108 Moleküle, also etwa 10mal so viel als MEN~,- GHETTI fand. Vollstiindig war die It/~molyse etwa bei der zehnfachen

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Sublimatmenge je Zelle. Eine geringe weitere Steigerung des Sublimat- anteils führte bereits zu Trübung durch H~moglobinausf~llungen. In einem zweiten Versuch wurden als Grenzwert 1,2--1,4.10 s Moleküle erhalten.

Diese Werte sind größenordnungsm~ßig ganz interessant, da B~GEN- BERG DE JO•G n auf Grund ganz andersartiger Versuche 2,(N--2,9. l0 s negative Ladungen auf der Erythrozytenoberfl~che annimmt, die von einer monomolekularen Schicht von Phospholipoiden herrühren sollen.

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Abb. 9. Abszisse: Konzentration der Tyrodelösung, angegeben als log der Verdttnnung elner isotonisehen T, ösung (1 ~ log J). Ordinate: % H&mo]yse.

1. Ohne Sub]imat 2. 2 ,5 ' 10-~% Sub]imat Lösungsvolumen: 2 cem 3. 5 • 10- '% , 4. 1 • 10-3% , ( ~ 5,0 • 10-18Äquiv./Zelle) Einwirkungsdauer: 6 Stunden 5. 2 ,5 .10-a% , Tempera tur : 40 °

"6. 5 • 10-a% , 7. 1 .10_1% , im Ansatz sind jeweils

[8. 2 • 10-3% besonders angesetzter Versuch, 1,45. l0 g Zellen/ccm ' vgl. hierzu Tëxt]

Obwohl sich, nach den Beobachtungen von WOLPERS, manches gegen diese Ansicht einwenden l~ßt, verblüfft doch die gute Übereinstimmung. Man könnte sich z. B. vorstellen, daß das Hg, solange noch Reaktiouen an diesen Phospholipoiden möglich sind, nicht an Stellen (Eiweiß) gebunden wird, die für den Permeabilit~tszustand der Membran wesentlich sind.

Um die Abhängigkeit der osmotischen Resistenz von einer Behand- lung mit verschiedenen Sublimatkonzentrationeu festzulegen, wurden Erythrozytensuspensionen 4---6 Stunden bei 400 mit Sublimat zusammen- gebracht und dann Resistenzreihen angesetzt. Es ist wohl Verständlich, daß dabei die Bedingung eines schnellen und ungestörten Vermischens nicht eingehalten werden konnte. Deshalb lag auch in diesen Versuchen die h~molytische GrenzkonzentratioP erheblich tiefer, etwa den Angaben von 1V[ENEGHETTI entsprechend. Der flache Verlauf der Kurven demonstriert unmittelbar die ungleichmäßige Beeinflussung der einzelnen Zellen des Versuehsansatzes (Abb. 9).

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Sehr geringe Sublimatkonzentrationen führen zu einer nicht un- beträchtlichen Steigerung der osmotisehen Resistenz. Zwar hämolysieren in destilliertem Wasser die Zellen immer noch spontan, aber Einzel- lösungen aus unserer Verdünnungsreihe, die normale Zellen zu 93% zerstören, bringen vorbehandelte Zellen nur zu 50% zum Zerfall (Kurve 4). Je sorgfältiger die Durchmischung vorgenommen wird, desto deutlicher tritt die Erscheinung hervor. Kurve 8 stellt einen Einzelversuch dar, in welchem besonders darauf geachtet wurde; dabei tritt auch die Hämo- lyse in den höheren Tyrodekonzentrationen entsprechend zurück. ]~s liegt nahe, eine oberflächliche Bindung des Sublimats an die Zelle für jene Resistenzsteigerung verantwortlich zu machen, insonderheit da wir wissen, daß bereits ziemlich viel Sublimat an die ZeHe gebunden wird, bevor hämo- lytische Wirkungen auftreten. BUNGENBERG DE JONG 11 sagt in seiner Arbeit dieses Verhalten der Sehwermetalle voraus, ohne daß ihm selbst der Nach- weis des Effektes bei Silbernitrat gelungen wäre: Die Zellmembran werde durch geringe Mengen Quecksilber verfestigt, durch gröl~ere dagegen in ihrer Struktur so ,¢erzerrt und verändert, daß ttämolyse eintrete. Man kann aber im Anschluß an die oben zitierten Versuche von WILBR~DT die Erscheinung auch als Folge einer Pemeabilitätsabnahme der Zellmem- bran auffassen.

Höhere Sub]imatkonzentrationen führen verhältnismäßig schnell zur Hämolyse. Wenn auch die Kurven nicht die typische Form einer kolloid- osmotischen Hämolyse zeigen, so könnte doch die Abweichung wenigstens zum Teil auf Durchmischungseffekte zurückgeführt werden. Es müssen aber tiefergreifende Vorgänge vorhanden sein, wie die übermikrosko- pischen Bilder eindeutig zeigen.

Die Stromata sublimathämolytischer Erythrozyten machen lichtoptiseh einen etwas zerfalteten, zerknitterten Eindruck. An der Oberfläche er- scheinen sie ringsum mit feinsten Körnchen besetzt. Im durchfallenden Licht sind im Präparat fast regelmäßig Eiweißkoagula zu finden, im Dunkelfeld beeindrucken die von BECHHOLD und KRAVS beschriebenen Strukturen. Bei der Präparation für die elektronenoptische Darstellung gehen diese Verunreinigungen zum größten Teil verloren, die Eiweiß- gerinnsel, die sich im Präparat noch finden, zeigen Beziehungen zu den- jenigen, die im lichtoptischen Hellfeld beobachtet werden, dagegen nicht zu den bizarren Gebilden des Dunkelfeldes.

Die Stromata aus dem Versuch von Kurve 7 wurden abzentrifugiert und mit destilliertem Wasser gewaschen. Sie werden dabei nicht hämo- globinfrei erhalten, sondern bleiben stets kräftig rotbraun. Außerdem sind sie sehr verletzlich geworden und neigen zur Verklumpung. Wie Abb. 10 und 11 ergibt, machte die Membran den Eindruck eines schwamm- artigen Eiweißgerinnsels, d.h. sie entsprach dem Bild, das für die ab- gehobenen Erythrozytenmembranen (vgl. oben Abb. 5--7) erhalten wurde.

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Jenes war bei einer Sublimatkonzentration von 0,05--0,02% aufgetreten, bei der nun verwandten geringeren Sublimatmenge ist der H~moglobinkern

Abb. 20. 3289]42; el.-opt.: 18000 : 1. ~[ensehlieher E ry th rozy t nach Behandlung mi t e twa 0,01% Subl imat und anschließender Über t ragung in destilliertes Wasser.

nicht mehr durchfixiert worden und konnte in Lösung gehen. Der ungewöhnlich hohe H/~moglobingehalt des Stromaniederschlags zeigte,

dal~ ein Teil des Zellinhalts mit- denaturiert wurde, vermutlich die Oberfl~chenschichten. Eigentüm- lich ist, daß wir hier ebensowenig wie oben Reste der ursprünglichen ]~rythrozytenmembran vorfinden. Wie aus Abschnitt 1 hervorgeht, bringt das Sublimat diese keines- wegs zum Vcrseh~4nden. Hier hilft ein Zufallsbefund weiter (Abb. 12). Mehrere Zellen dieses Präparats besaßen auf der einen Seite noch die fast normale Mem- bran, in der anderen H~lfte waren dagegen nur noch dicke Eiweiß- koagula zu sehen. In den Lücken

Abb. 11. 3286]42; el.-opt.: 16000 : 1. Menschllcher dieses Koagulums ist die M e n l - Erythrozy~ nach Behandlung mi t e twa 0,01% bran verschwunden. Man hat hier 8ubl imat und anschl ießender Über t r agung in

destilliertes Wasser. den Beleg, daß das koagulierende und deshalb auch sehrumpfende

H5moglobin der obersten Zellsehiehten die anliegende feine Membran mit- gerissen und dabei zerstört hat. (Wahrscheinlich hat in diesem Versuch

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das Sublimat nur einseitig auf die Zelle eingewirkt, wodurch die Mem- bran auf der anderen Seite erhalten blieb.)

In weiteren Versuchen wurde nicht abgewartet , bis das Sublimat zur Hämolyse führte, sondern die scheinbar unverän- derten Zellen wurden schnell abzentrifugiert und mit einem großen Überschuß von destillier- tern Wasser h~molysiert. Auch hier waren die

Stromaniederschl~tge wesentlich hi~moglobin- reicher als sonst. Abb. 13 gibt den übermikrosko- pischen Befund. Die Abb. 12. 3140/42. F . ry throzytenmembran mi t partieller

Einlagerung von Hämoglobinkoagula ten . El . -opt . : 8000:1. Membran war der Form nach erhalten, allerdings ziemlich geschrumpft und gerissen. Da eine noch hämoglobinhaltige Zelle präpariert wurde, muß die zunächst intakte Membran im Verlauf der weiteren • Präparat ion auf diese Weise zer- stört worden sein. (Im Parallel- versuch h/~molysierten dieselben Zeilen spontan innerhalb einer halben Stunde.) Eine /~hnliche Schrumpfung und Löcherbildung war übrigens oben für isolierte Stromata auch besehrieben worden.

Die Sublimathämolyse ist so- mi t keine reine kolloidosmotische H~molyse, da eine solche eine unzerstörte Membran voraussetzt, die zwar ihre selektive Ionenper- meabi l i tä t verloren hat, jedoch noch größere Moleküle, wie etwa das t tämoglobin zurückzuhalten Abb. 13. 4983]42. E r y t h r o z y t e n m e m b r a n nach vermag. Mach WILBRANDT würde kurzfr is t iger Subl imate inwirkung 0,01% und

nachfolgender osmotischer Hämolyse . man den hämolytischen Prozeß :El.-opt.: 4000 : 1. als ,nichtosmotische I-Iämolyse" bezeichnen müssen. Wahrscheinlich handelt es sich aber um einen Über- gang zwischen beiden Formen, in dem am Verlauf eines P r o z e s s e s - der

Archiv für experiment. Pa th . u. Ptmrmakol . Bd. 204. 10b

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150 Fa~Tz Jvs~:

fortschreitenden Eiweißdenaturierung - - erst eine geringe Struktur- vergröberung zur kolloidosmotischen Schwellung führt, dann tiefer- greifende Membranzerstörungen das H~moglobin durch die ,Löcher" so entweichen lassen.

Neben der Membranver~nderung kann man dichte unregelm~LBig geformte Verschattungen innerhalb der Zelle sehen, zweifellos örtliche Ausf~llungen von H~moglobin. Es beginnt somit hier bereits jener Vor- gang, der bei größeren Sublim~tkonzentrationen die schwammartigen Eiweißkoagula unter der Membran verursacht.

Werden Sublimatkonzentrationen ver- ...... : ........... " wandt, die nicht mehr direkt h~Lmolytiseh

wirken, sondern zunächst Resistenzsteige- rungen herbeiführen, so zeigen die Mem- branen keine Veränderungen. Vgl. hierzu Abb. 1 und 14. Dafür sind aber innerhalb der Zelle lokale Ausf~llungen des H~mo- globins aufgetreten. Nun ist uns das Bild einer di]]usen H~moglobinausf~tllung inner- halb der Zelle bekannt. (WOLP]Sl~S hat es als partielle H~molyse besehrieben; bei der Kaliunlchloratvergiftung der Katze habe ich e~ ~ ebenfalls beobachten können.) Hier

Abbb.~4. 4987/42. Erythrozytenmem- h a t zweifellos ein ganz anderer Vorgang branen nach Behandlung mit kleinsten, nichthi~molytischwirksamcnSublimat- stattgefunden. Es ist nicht zu erklSren, mengen(etwa 1xlO-«l~IoltIgCloJZelle) warum das Hb von dem Hg-Salz nicht

und nachfolgender osmotischer Hänlolyse. El.-opt.: 4000:I. gleichnl~tl~ig über die ganze Zelle hinweg

ausgefüllt wird, wenn man nicht die un- wahrscheinliche Annahme lokaler Membrandefekte, durch welche dann das Hg bevorzugt eindringt, machen will. Ebenso muß offen bleiben, ob die' vermehrte Resistenz mit diesen Ph~tnomen in irgend einem Zu- sammenhang steht.

Bei Versuchen zur W~rmeh~molyse waren als Folge st'~rkerer Tem- peratureinwirkungen ähnliche Ver~nderungen beschrieben worden, wie wir sie nun hier bei der Sublimath~molyse kennengelernt haben (vgl. Abb. 10, 11, 12 mit Abb. 9 und l0 der I. Mitteilung). Auch die damals erwähnte ,feine Grundmembran" ist wieder in Erscheinung getreten; es ist die eigentliche Erythrozytenmerabran, die bei schwachen Ein- wirkungen noch erhalten bleibt, bei stärkeren Denaturierungsvorg~ngen der unterliegenden Schichten miterfal]t und zerrissen wird. Zerfalls- gebilde, wie sie Abb. l0 und 11 zeigen, und wie sie in Abb. 10 der I. Mitteilung bescbrieben worden sind, werden aber auch in vivo erhalten.

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In seiner Arbeit über die elektronenoptische Darstellung des Malaria- parasiten findet WOLPERS 1~ ein ganz entsprechendes Bild einer zerstörten Zelle. Er deutet es allerdings als Eiweißskelet einer Erythrozytenmem- bran; als Endstadium eines Koagulations- und t{ämolyseprozesses an der Erythrozytenzelle ist es versti~ndlieher. Ganz ~hnliche Bilder sind auch als Endstadien der Blutkörperchenzerstörung bei Vergiftungen mit Phe- nylendiamin und Phenylhydrazin zu beobachten (JUNG unveröffentlicht). Bei Vitalfi~rbung sehen alle diese absterbenden Zellen Retikulozyten sehr ä.hnlich.

Die lokalen Ausfäl]ungen im Zellinnern würde man bei Beobachtung ùin vivo" ohne weiteres als Innenkörperchen ansprechen. Es sind Aus- fällungen von H~moglobin im Z~llinnern, die auch im Zusammenhang mit der Zsllmembran stehen können (vgl. Abb. 14 mittlere Zelle, unterer Rand; Pfeil!). H]~l~z-Körper in derartig verzweigten Formen konnten allerdings beim Menschen niemals beobachtet werden, doch waren bei der Ratte nach Dinitrobenzolvergiftung .~hnliche Gebilde aufzufinden (nnveröffentlichte Versuche). Obwohl die echten HE~Nz-Körperchen im allgemeinen wenig oder fast kein H~moglobin enthalten, wä.hrend es sich hier um eindeutige Farbstoffausfällungen handelt, halte ich eine nahe Verwandtschaft für gegeben.

In welcher Form sich das Sublimat an die Zelle bindet, ist unklar. Bei Bakterien hat H. RVSKA ~ gefunden, daß sich unter der Membran eigentümliche runde Kugeln von großer optischer Dichte bilden. Durch starke Elektronenbestrahlung gelangen diese Gebilde zur Verdampfung. Ich habe bei meinen sämtlichen Pr/~parateu vergeblich versucht, Nieder- schl~ge oder Ausfällungen abzusublimieren; es ist nie gelungen, so daß man annehmen darf, daß in ihnen weder Sablimat noch sonst ein Quec k- silbersalz, noch etwa Hg in freier Form vorhanden war.

3. Versuche mit Zinksalzen.

Im Gegensatz zu dem nicht (kaum) dissoziierten und daher auch nicht hydrolysierenden Sublimat hydrolysieren Zinksalze bereits bei neu- traler Reaktion. Außerdem f~llt Zn beim Zusammenbringen mit Tyrodelösung als Phosphat aus. Aus diesem Grunde wurden die Resistenz- bestimmungen usw. in physiologischer Kochsalzlösung durchgeführt. Damit muß man aber eine erhebliche Verschiebung des p~ in Kauf nehnlen, die sicherlich nicht ohne Einfluß auf das Verhalten der Erythrozyten ist.

Spontane H~molyse tritt in isotonischen Zinksulfatlösungen nicht auf, ebensowenig in Mischungen von Zinksulfat- und Koehsalzlösungen. Werden Besistenzreihen angesetzt, so läßt sich stets eine deutliche Verminde- rung der Resistenz beobachten; die H~molysekurven sind parallel der Ausgangskurve verschoben, so daß es sich um einen reinen osmotisehen Effekt (kolloidosmotische Hiimolyse) handeln muß. Eine Steigerung der

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152 FmTz JUNG:

Resistenz, die als Folge einer Adstriktionswirkung erwartet wurde, war nicht zu beobachten. Jedoch geh t die Auswaschbarkeit des H~moglobins

ans den Zellen nach viel- F : . . . . . . . . . 1

stündigem Aufenthalt in einer isotonischen Zink. sulfatlösung erheblich zu- rück. Um die hellroten

Zellen einigermaßen h~moglobinfrei zu be- kommen, muß man sehr lange und wiederholt mit

destilliertem Wasser waschen. Elektronen- optisch zeigen die Zn-be- handelten Stromata keine auffallenden Veränderun- Abb. 15. 6298/42. Mit ZnS04 behandel te Ery th rozy tenmembran .

El.-opt.: 120o0 : 1. gen. Sie sind kaum merk- lich dichter geworden,

allerdings bilden sie in unfixiertem Zustand ausgesprochene Falten und erscheinen daher nicht mehr so weich und nachgiebig wie normale Mem-

branen (Adstriktionseffekt ?). Wurde nicht sehr lange gewaschen, so bleibt ein Rest H~moglobin in der Zelle zu- rück, der dem Präparat eine etwas flockig wolkige Struktur gibt. Abb. 15 zeigt eine mit ZnSO 4 behandelte iso- lierte Membran mit ausgesprochener Faltenbildung, Abb. 16 einen 1/~ngere Zeit in ZnSO 4 aufgesehwemmten Erythrozyten, der anschließend h/~mo- globinfrei gewaschen wurde.

4. Versuche mit Bleisalzen.

Die Wirkung von Bleisalzen auf Abb. 16. 6350/42. 2~Iit ZnSO4 behandel ter , Erythrozyteu ist von AVB und Mit-

dann hämolysier ter Ery th rozy t . arbeiternl° eingehend untersucht wor- E l . - o p t . : 1 1 0 0 0 : 1 .

den. Durch eine Bleikonzentration von 0,01 mg/tern wird eine deutliche Rcsistenzsteigerung herbeigeführt. Größere Konzentrationen führen unter Umst/~nden zu langsamer Hämo- lyse, doch ist auch dabei anft~nglich die Resistenz vermehrt. Verminderte Agglutinationsf/~higkeit, Herabsetzung des Haftvermögens an Glastl~ehen, schließlich eine sehr besehr/~nkte Wasserpermeabilit~t zeichnen die behan- delten Zellen aus und sie quellen und schrumpfen erheblich schlechter.

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Ihre Oberfläche ist steif und unnachgiebig, denn die mechanische Emp- findlichkeit ist sehr viel größer geworden. Vermutlich wird das Blei als anorganisches Phosphat in die Membran eingelagert. Während dieses Vor- gangs kann es zu lokalen Verschiebungen des PH kommen, die an den Veränderungen der :Eigenschaften der Membran beteiligt sein können. Meine eigenen Versuche geben eine Ergänzung zu dem schon ziemlich klaren Bild.

Auch Blei fällt in neutralen Lö- sungen als Hydroxyd, in Tyrode- lösungen als Phosphat aus. Dabei ließ sich eine :Erscheinung nachweisen, die für die essigsaure Tonerde bereits beschrieben worden ist. Wird eine saure Bleisalzlösung mit Kalilauge neutralisiert, so erhält man vorüber- gehend eine neutrale Reaktion, dann Abb. 17. 6293/42. Erythrozytenmembran mit

Bleihydroxydniederschlägcn. aber wird die Lösung wieder langsam El.-opt.: 8000 : 1. sauer, da durch die Ausfällung des Bleihydroxyds nämlich OH-Ionen aus der Lösung verschwinden. Diese Bleihydroxyd- oder Bleiphosphatniederschläge (Abb. 17 und 18) werden sehr stark an die Erythrozytenoberfläche adsorbiert (die große Massendichte des Bleies erleichtert die Beobachtung sehr). Eigentüm- licherweise adsorbieren die einzelnen Zellen einer Aufschwemmung verschieden stark: einige Zellen tragen nur vereinzelte Körnchen an der Oberfläche, andere wieder sind unter dem absorbierten Kolloid kaum mehr zu sehen. Die Art der Verteilung des iNieder- schlags an der Zelloberfläche, Aussehen und Größe der Partikelchen ändern sich von Ver-

Abb. 18. 6295/42. Erythrozytenmem- such zu Versuch ganz beträchtlich. Soweit bran mit Bleiphosphatnieder- die Membranen nicht von solchen -Nieder- schlägen. El.-opt.: 8000:1. schlägen bedeckt werden, erscheinen sie völlig normal und unverändert. Von gewöhnlichen fixierten Membranen sind sie nicht zu unterscheiden.

Wird nun dafür gesorgt, daß die Ausfällung des Bleies in der :Erythro- zytensuspension nicht zustande kommen kann, indem man die Zellen einfach in physiologischer Kochsalzlösung ohne PuHerung mit dem sauren Bleisalz zusammenbringt, so ergibt sich ein anderes Bild (Abb. 19). Die Membran wird erheblich dichter und erhält eine eigentümliche feinkörnige

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154 FmTz JuNo:

Struktur. Offenbar ist Blei eingelagert worden, wie es auch die Ver- suche von AVB erwarten ließen. Dieser hatte nämlich festgestellt, daß bleibehaadelte Zellen ein erheblich gröl~eres spezifisches Gewicht besitzen. Bei Betrachtung einer stark vergrößerten Aufnahme läßt sich eben ein Niederschlag von allerfeinsten Körnchen in der Membran erkennen. (In der Reproduktion sind diese feinsten Körnchen nicht zu erkennen, da ihre Größe fast dem Rasterkorn entspricht.) Eigentümlich ist auch die feine Felderung der Membran, die nun deutlich hervortri t t und die man vielleicht

den Vorstellungen WOL- PERS' folgend durch eine Mehraufnahme von Blei an stark lipoidhaltigen Stellen erklären könnte. Das Blei fällt dabei innerhalb der Zellgrenz- fläche aus. Die ,Mem- bran" ist, wie Analysen

ergaben, phosphat- haltig, so daß es sich um einen feinen Blei-

phosphatniederschlag handeln könnte. Wahr-

Abb. 19. 6312/42. E r y t h r o z y t e n m e m b r a n m i t saure re Bleisalz scheinlicher aber ist, behande l t . E1.-opt. : 18000 : 1.

daß es sich um Hydr- oxyd handelt, da die Menlbran auch gleichzeitig die Grenzfläche zwischen der sauren Suspensionslösung und dem neutralen Zellinnern darstellt. Möglicherweise ist diese Bleieinlagerung für die adstringierende Wirkung der Bleisalze von Bedeutung. Die abgebildeten, nicht nachfixierten Membranen zeigen nämlich die typischen Falten einer mechanisch ver- festigten Membran. Allerdings kann dies auch eine Folge der pH-Ver- schiebung sein. Bei den Zellen, die lediglich Oberflächenadsorptionen von Bleiteilchen aufwiesen, war eine derartige Beeinflussung nicht nach- weisbar. Neben dieser Einlagerung von Blei in die Membranen war in denselben Präparaten, oft an denselben Zellen, auch eine Oberflächen- adsorption feiner Bleipartikelchen aufgetreten.

5. Sehlußbetrachtung.

Obwohl jedes der drei untersuchten Metallsalze zu besonderen Er- scheinungen an der Erythrozytenmembran führt, lassen sich die einzelnen Befunde ohne Schwierigkeit in die Vorstellunger. eingliedern, die wir an sich von der Wirkungsweise adstringierender und ätzender Stoffe kaben. Bei der Ätzung wird die Struktur einer Oberfläche zerstört und dafür eine Oberflächensehicht anderer Form geschaffen (das gilt ebenso

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für Metalloberflächen wie für Schleimhüute). Klassische Ätzmittel sind starke Alkalien, die zur Kolliquation sowie die Säuren, die zur Säure- koagulation führen. Auch das Sublimat reagiert mit dem Eiweiß unter Entfaltung sehr starker Bindungskräfte, wobei sich dessen Struktur grund- sätzlieh ändern kann. Unser Modell, die Erythrozytenmembran wird da- durch in ihrem Feinbau gestört, sie wird durchlässig und die Zelle schließ- lich ,abgetötet". Dieselbe Wirkung, nicht an der Einzelzelle, sondern an einem Zellverband als Oberflächenwirkung, nennen wir somit mit Recht Ätzung. Anders verhält sich die Adstriktion : Hier kommt es anscheinend überhaupt nicht zu großen, d. h. übermikroskopiseh sichtbaren Struktur- Bnderungen der Zelle, sondern zu einer sich mehr in der Funktion äußernden Änderung der mechanischen und Permeabilitätseigenschaften. Die Zelle bleibt am Leben, d.h. die Adstriktion ist eine Erscheinung am lebenden Plasma, die nicht au] eine einheitliche chemische Umsetzung bei allen ,Adstringentien" bezogen werden kann.

Auch die Eigenschaften des Sublimats als Fixationsmittel in der Histologie erfahren von diesen Beobachtungen aus Beleuchtung: Bei der Sublimateinwirkung bleibt die äußere Form der Zelle in großen Zügen erhalten, d.h. in den Größenordnungen, die lichtoptisch zug~ng- lich sind. Für eine überlichtoptische Präparation ist es dagegen un- geeignet. Je größer die Sublimatkonzentration ist, je schneller und voll- st~tndiger die einzelnen Zellbestandteile reagieren, desto geringer sind die Strukturänderungen (optisch gedacht). Bei nicht ausreiehenden Konzentrationen treten die Formveränderungen infolge der Koagulie- rung an den einzelnen Zellbestandteilen nicht gleichzeitig oder konform auf, so daß Erscheinungen entstehen, wie das Abheben der oberfläeh- lichsten Zellschichten oder gar verschiedenartige Reaktion der einzelnen Zellbestandteile.

Zusammen/assung.

Die Einwirkung von HgC12 auf isolierte Blutkörperchen wird unter den verschiedensten Bedingungen verfolgt. Hohe Sublimatkonzentra- tionen fixieren Erythrozyten, wie Erythrozytenstromata ohne wesent- liche optische Strukturänderung. Bei geringeren Konzentrationen lassen sich iibermikroskopisch alle Stufen einer von außen nach innen fort- schreitenden Fixation des Zelleiweißes festhalten. Kleinste Mengen führen zu einer Ausfällung von Hb im Zellinnern unter gleichzeitiger Zunahme der osmotischen Resistenz, größere Mengen zu einer allmghlich einsetzenden Hämolyse, die auf einer Denaturierung der Membran be- ruht. Dann folgt eine Fixation (Koagulation) der oberfl/~ehlichsten Zell- schichten unter Freiwerden des zentralen Hgmoglobinrestes, doch kann diese auch innerhalb der fixierten Membran als ringförmiges Koagulat liegen bleiben. Die Mindestmenge von Sublimat je Zelle, die gerade noch hämolysiert, ist etwa 1,2-10 -s Moleküle.

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156 FRITZ JUNG: Zur Pathologie der roten BlutkSrperchen. II .

I m G e g e n s a t z zu HgC12 f i i h r t Z n S O 4 u n d Pb (N O a) ~ l e d i g l i c h zu e i n e r

V e r f e s t i g u n g d e r M e m b r a n . B l e i h y d r o x y d u n d B l e i p h o s p h a t w i r d an

E r y t h r o z y t e n m e m b r a n e n a d s o r b i e r t . D ie E i n l a g e r u n g y o n Ble i in d ie

M e m b r a n w u r d e i i b e r m i k r o s k o p i s c h f e s t g e h ~ l t e n .

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