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x SEPTEMBER 1923 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. J A H R G A N G . Nr. 36 I695 Wahrscheinlichkeitswert darstellt, f/ilK aber durchaus nicht aus dem Rahmen der physiologischen Verh~iltnisse heraus, rechnet man doch z. B. mit derAbsonderung von etwa 15oo ccm Magensaft bei der Verdauung einer Mahlzeit, ein Wert, der natfir!ich auch nur gesch/itzt ist und sich sehr /indern kann. 1Rechnet man nun- die Menge der Purinbasen zUsammen, die in Magensaft, DUrra- und Pankreassaft enthalten sind, so erh/ilt man eine geniigend hohe Zahl, die nicht nur die Menge der endogenen Harns/iure decken kann, sondern darfiber hinans kann noch eine betr/ichtliche Menge der Zerst6rung anheim gefallen sein. War somit die Vermutung /ilterer Autoren, dab die endo- gene Harns/iure irgendwie mit der T/itigkeit der Verdauungs- drfisen zusammenhinge, dutch eine Mare 13eweisfiihrung sicher gestellt, so trat auf der anderen Seite nun die Frage auf, welche Rolle die Purinbasen des Hams bei diesen Verh/ilt- nissen spieten. Uns standen noch rund 28 1 Harn zur Unter- suchung zur Verffigung, eine sehr kleine Menge, wenn man bedenkt, cla13 die einzig bisher ausgefiihrte qualitative Unter- suchung yon Purinbasen im Harn an einer Menge yon IO ooo 1 Ham ausgeffihrt worden ist. Nun sind aber in den letzten Jahren die Methoden der Mikroanalyse so gut ausgebildet worden, dab eine Untersuchung auch einer solchen kteinen Menge nicht aussichtslos erschien. In der Tat liegen sich denn auch aus dem Harn folgende Mengen yon Basen isolieren und dutch Analyse genau bestimmen: 7I,z3 mg Heteroxan- thin, 43,48 mg Paraxanthin, :56,12 mg i-Methylxanthin. Diese Basen slammen sgmtlich aus dem getrunkenen Kaffee. Von Basen, die zu den Kernsubstanzen in Beziehung stehen, lieBen sich nicht die geringstenSpuren aus dem Harn gewinnen. Man ruuB daraus schlieBen, dab die sog. Purinbasenfraktion des Harns mit der Harns/iure des Harns nicht den geringsten Zasammenhang hat. Alle Beziehungen, die man hier konstru- iert hat, entbehren einer exakten Grundlage. Die sog. Purin- basenfraktion des Harns ist nach der fiblichen Nomenklatur v611ig exogen, sie stammt aus den GenuBmi• KMfee, Tee und Kakao und hat mit dem Harns/iurestoHwechsel nicht das mindeste zu tun. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liefern nun neue Gesichtspunldce ffir die Anschauungen fiber das Wesen der Gicht und ihre rationelle Therapie. Angeregt durch die Er- folge, die der Chemie des Zellkerns und im besonderen der Chemie der Nucleins/iuren und ihrer Spaltungsprodukte im Laufe der letzten Jahrzehnte beschieden gewesen sind, hat man eifrig einen Zusammenhang zwischen Zellkernstoff- wechsel und Harns/iureausscheidung zu finden gesucht. So interessant die Einzelergebnisse gewesen sind, so wenig I~B~ sich aus ihnen ein allgemeineres Bild fiber die Ursache und das Wesen der Gicht gewinnen. Nach unserer Ansicht liegt der Schltissel zu der ganzen Frage wo anders. Nach dem Ausfall unserer Harnanalysen wird man nicht umhin k6nnen, dem Darm und seiner Flora eine maBgebende Rolle bei der Entstehnng der Gicht zuzu- weisen. In den Darm k6nnen die Nncleinbasen entweder durch eine an ihnen reiche Nahrung gelangen oder dadurch, dab eine an und fiir sich purinarme Kost zn reichlicher Sekre- tion yon Verdauungss/iften Iiihrt. Werden die Nudein- basen nun nicht dutch die Bakterienflora des Darmes genfigend zerst6rt, so werden sie resorbiert und k6nnen zu einer Uber- schwemmung des K6rpers mit diesen Vorstufen der Harns/iure ffihren. Dauert die vermehrte Resorption 1/ingere Zeit an, so wird sich allm~hlich der Zustand einer Gicht entwickeln k6nnen aus gewissermaBen aliment/iren Grfinden, wie sich ja auch durch vermehrten ZuckergenuB eine aliment/ire Glykosurie erzeugen l~gt. Das endliche Resultat ist eine Junktionelle Arthritis mit ihren sekund/iren Folgeerscheinnngen. Macht man sich die eben entwiekelten Anschauungen zu eigen, so lassen sich vide bisher unerklSxliche 13eobachtungen leicht versteheu. ]~s ist nun nicht weiter auffNlig, dab yon personen, die die gleiche Kost genieBen, nur die eine oder andere an Gicht erkrankt -- die Darmflora ist eben bei den verschiedenen Personen sehr ungleich auf Nucleinbasen- zerst6rung eingestellt. Man versteht ferner, warum manch- real sehon ganz kurze Zeit dauernde Di/itfehler zu einem Gicht- at/fall AnlaB geben k6nnen: hier hat eine intensive Resorption yon Basen stattgefunden. Man kann jetzt ferner begreifen, warum manche B/ider, wie z. t3. Karlsbad, so groBe Erfolge in der Gichtbehandlung, auizuweisen haben. Der Gebrauch seines Wassers zusammen mit einer die ganzen Vorg/inge im Darm umstimmenden Kost bewirken, dab fiberhaupt nur sehr wenig Nucleinbasen zur Resorption gelangen. Die merkwfirdige Erscheinung, dab w/il~rend des Krieges die Gicht so gut wie verschwunden war, erkl/irt sich nicht nur dadurch, dal3 eine an Nuclein* basen arme Kost verzehrt werden mut3te, sondern auch da- durch, dab das Kriegsbrot mit seiner starke Ggrung er- zeugenden "vVirkung im Darm die Nucleinbasen aufgespalten hat. Fleischkost pfiegt ja die Vorg/inge im Darm fiberhaupt in ganz anderer Weise zu beeinflussen wie Pflanzenkost. Aus. alledem ergibt sich, dab eine rationelle Therapie der Gicht und der harnsauren Diathese mit einer sorgf/iltigen Behandlung der Vorggnge im Darm zu beginnen hat. Nicht die Verordnung yon immer neuen ,,harnsgurel6senden"Mitteln mul3 die Aufgabe der Gichtbehandlung sein, sondern die Ver- h/itung der Resorption gr613erer Mengen yon Nucleinbasen. Und das scheint am leichtesten durch Beeinflussung der Darm- g/irung zu erreichen zu sein. Natfirlich s011 mit diesen Ausffihrungen nicht das ganze Wesen der Gicht restlos erMgrt sein, es bleiben noch vide Fragen ungel6st, wie z. t3. die Rolle, die die Pyrimidinkbrper bei der Harns&urebildung spielen. Vielleicht versuchen abet doch die Kliniker einmal nach den hier entwickelten Gesichts- punkten die Gichtkranken zu behandeln. Es mfissen aber solche Gichti/ille herausgesucht werden, die noch ziemlich frisch sind; alte Gichtiker mit groBen Harns/inreablagerungen wird man nach anderen Grunds&tzen behandeln mfissen. ZUR UNTERSCHEIDUNG VON EIN-UND AUSSCHUSS. vo~ Dr. GEORG STRASSMANN, Pfivatdozent an der Universitiit Wien. Aus dem Institut itir gerichtliche Medizin der Universit~it Berlin (Direktor: Geheimrat Prof. F. STRASSMANN). Zur Unterscheidung -con Hautein- und -ausschuB, die an der Leiche sehr schwierig sein kann, habe ich vorgeschlagenl), die HautschuBwunden bei allen Schfissen, bei denen die Kugel die Kleidung durchbohrt hatte, ehe sie in den K6rper eindrang, mikroskopisch auf das Vorhandenseiu mitgerissener Kleidungsfasern zu untersuchen. Die Kugel, die Kleidungs- ~asern mit sich reiflt, streift diese als Tuchfasergewirr bereits mehr oder weniger vollst/indig am HauteinschuB ab, so dab diese Fasern auf gr6Bere Strecken durch den K6rper bis zum AusschuB nur sp/irlich oder gar nicht mitgeschleppt werden. Die 13edeutung dieses Befundes ~fir die Erkennung des Einschusses ist seither mehrfach best/itigt worden [M~IXNER~), HULST3)]. Der Nachweis der Fasern geschieht durch einfaehes Zerznpfen eines Stfickchens Gewebe aus der HautschnBwunde bzw. dem Anfangsteil des SchuBkanals und mikroskopische Betrachtung dieses Gewebes oder am einge- bet~eten Hautstfick. -- Auch die Untersuehung der Klei- dung erm6glicht in vielen F/illen, selbst wenn es sich um Fernschfisse handelt, die Erkennung des Einsehusses. Wie wichtig ffir die Entfernungsbestimmung des Schusses die Untersuehung der getroffenen Kleidung ist, haben die Ar- beiten yon LOCI{TE*), JANSCI~ und MmXN~R 5) ergeben; aui die Notwendigkeit dieser Untersuchung habe ich vor kurzem erneut hingewieseng). Ein anderer Befund an der Kleidung und, wenn die unbedeckte Haut getroffen wurde, auch an der Hantwunde, 1/iBt den EinschuB erkennen, ohne dab er bisher genfigend gewfirdigt nnd bekannt er- scheint. Aus Gr6Be, Form und Aussehen der KleiderschnB- wunden aui Ein- und AusschuB zu schlieBen, ist oft nicht m6glieh, jedoch kann die Kleidung ein Merkmal zeigen, dessen Wichtigkeit am SchuBkanal des K6rpers zuerst KOLISKO betont hat. Er wies darauf hin, dab das zweite aus einer I IO*

Zur Unterscheidung von ein-und Ausschuss

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x SEPTEMBER 1923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 36 I695

Wahrscheinlichkeitswert darstellt, f/ilK aber durchaus nicht aus dem Rahmen der physiologischen Verh~iltnisse heraus, rechnet man doch z. B. mit derAbsonderung von etwa 15oo ccm Magensaft bei der Verdauung einer Mahlzeit, ein Wert, der natfir!ich auch nur gesch/itzt ist und sich sehr /indern kann. 1Rechnet man nun- die Menge der Purinbasen zUsammen, die in Magensaft, DUrra- und Pankreassaft enthalten sind, so erh/ilt man eine geniigend hohe Zahl, die nicht nur die Menge der endogenen Harns/iure decken kann, sondern darfiber hinans kann noch eine betr/ichtliche Menge der Zerst6rung anheim gefallen sein.

War somit die Vermutung /ilterer Autoren, dab die endo- gene Harns/iure irgendwie mit der T/itigkeit der Verdauungs- drfisen zusammenhinge, dutch eine Mare 13eweisfiihrung sicher gestellt, so t ra t auf der anderen Seite nun die Frage auf, welche Rolle die Purinbasen des Hams bei diesen Verh/ilt- nissen spieten. Uns standen noch rund 28 1 Harn zur Unter- suchung zur Verffigung, eine sehr kleine Menge, wenn man bedenkt, cla13 die einzig bisher ausgefiihrte qualitative Unter- suchung yon Purinbasen im Harn an einer Menge yon IO ooo 1 H a m ausgeffihrt worden ist. Nun sind aber in den letzten Jahren die Methoden der Mikroanalyse so gut ausgebildet worden, dab eine Untersuchung auch einer solchen kteinen Menge nicht aussichtslos erschien. In der Tat liegen sich denn auch aus dem Harn folgende Mengen yon Basen isolieren und dutch Analyse genau bestimmen: 7I,z3 mg Heteroxan- thin, 43,48 mg Paraxanthin, :56,12 mg i-Methylxanthin. Diese Basen slammen sgmtlich aus dem getrunkenen Kaffee. Von Basen, die zu den Kernsubstanzen in Beziehung stehen, lieBen sich nicht die geringstenSpuren aus dem Harn gewinnen. Man ruuB daraus schlieBen, dab die sog. Purinbasenfraktion des Harns mit der Harns/iure des Harns nicht den geringsten Zasammenhang hat. Alle Beziehungen, die man hier konstru- iert hat, entbehren einer exakten Grundlage. Die sog. Purin- basenfraktion des Harns ist nach der fiblichen Nomenklatur v611ig exogen, sie s tammt aus den GenuBmi• KMfee, Tee und Kakao und hat mit dem Harns/iurestoHwechsel nicht das mindeste zu tun.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liefern nun neue Gesichtspunldce ffir die Anschauungen fiber das Wesen der Gicht und ihre rationelle Therapie. Angeregt durch die Er- folge, die der Chemie des Zellkerns und im besonderen der Chemie der Nucleins/iuren und ihrer Spaltungsprodukte im Laufe der letzten Jahrzehnte beschieden gewesen sind, hat man eifrig einen Zusammenhang zwischen Zellkernstoff- wechsel und Harns/iureausscheidung zu finden gesucht. So interessant die Einzelergebnisse gewesen sind, so wenig I~B~ sich aus ihnen ein allgemeineres Bild fiber die Ursache und das Wesen der Gicht gewinnen.

Nach unserer Ansicht liegt der Schltissel zu der ganzen Frage wo anders. Nach dem Ausfall unserer Harnanalysen wird man nicht umhin k6nnen, dem Darm und seiner Flora eine maBgebende Rolle bei der Entstehnng der Gicht zuzu- weisen. In den Darm k6nnen die Nncleinbasen entweder durch eine an ihnen reiche Nahrung gelangen oder dadurch, dab eine an und fiir sich purinarme Kost zn reichlicher Sekre- tion yon Verdauungss/iften Iiihrt. Werden die Nudein- basen nun nicht dutch die Bakterienflora des Darmes genfigend zerst6rt, so werden sie resorbiert und k6nnen zu einer Uber- schwemmung des K6rpers mit diesen Vorstufen der Harns/iure ffihren. Dauert die vermehrte Resorption 1/ingere Zeit an, so wird sich allm~hlich der Zustand einer Gicht entwickeln k6nnen aus gewissermaBen aliment/iren Grfinden, wie sich ja auch durch vermehrten ZuckergenuB eine aliment/ire Glykosurie erzeugen l~gt. Das endliche Resultat ist eine Junktionelle Arthritis mit ihren sekund/iren Folgeerscheinnngen.

Macht man sich die eben entwiekelten Anschauungen zu eigen, so lassen sich vide bisher unerklSxliche 13eobachtungen leicht versteheu. ]~s ist nun nicht weiter auffNlig, dab yon personen, die die gleiche Kost genieBen, nur die eine oder andere an Gicht erkrankt -- die Darmflora ist eben bei den verschiedenen Personen sehr ungleich auf Nucleinbasen- zerst6rung eingestellt. Man versteht ferner, warum manch- real sehon ganz kurze Zeit dauernde Di/itfehler zu einem Gicht-

at/fall AnlaB geben k6nnen: hier hat eine intensive Resorption yon Basen stattgefunden.

Man kann jetzt ferner begreifen, warum manche B/ider, wie z. t3. Karlsbad, so groBe Erfolge in der Gichtbehandlung, auizuweisen haben. Der Gebrauch seines Wassers zusammen mit einer die ganzen Vorg/inge im Darm umstimmenden Kost bewirken, dab fiberhaupt nur sehr wenig Nucleinbasen zur Resorption gelangen. Die merkwfirdige Erscheinung, dab w/il~rend des Krieges die Gicht so gut wie verschwunden war, erkl/irt sich nicht nur dadurch, dal3 eine an Nuclein* basen arme Kost verzehrt werden mut3te, sondern auch da- durch, dab das Kriegsbrot mit seiner starke Ggrung er- zeugenden "vVirkung im Darm die Nucleinbasen aufgespalten hat. Fleischkost pfiegt ja die Vorg/inge im Darm fiberhaupt in ganz anderer Weise zu beeinflussen wie Pflanzenkost.

Aus. alledem ergibt sich, dab eine rationelle Therapie der Gicht und der harnsauren Diathese mit einer sorgf/iltigen Behandlung der Vorggnge im Darm zu beginnen hat . Nicht die Verordnung yon immer neuen , ,harnsgurel6senden"Mitteln mul3 die Aufgabe der Gichtbehandlung sein, sondern die Ver- h/itung der Resorption gr613erer Mengen yon Nucleinbasen. Und das scheint am leichtesten durch Beeinflussung der Darm- g/irung zu erreichen zu sein.

Natfirlich s011 mit diesen Ausffihrungen nicht das ganze Wesen der Gicht restlos erMgrt sein, e s bleiben noch vide Fragen ungel6st, wie z. t3. die Rolle, die die Pyrimidinkbrper bei der Harns&urebildung spielen. Vielleicht versuchen abet doch die Kliniker einmal nach den hier entwickelten Gesichts- punkten d i e Gichtkranken zu behandeln. Es mfissen aber solche Gichti/ille herausgesucht werden, die noch ziemlich frisch sind; alte Gichtiker mit groBen Harns/inreablagerungen wird man nach anderen Grunds&tzen behandeln mfissen.

ZUR UNTERSCHEIDUNG VON EIN-UND AUSSCHUSS. vo~

Dr. GEORG STRASSMANN, Pfivatdozent an der Universitiit Wien.

Aus dem Institut itir g erichtliche Medizin der Universit~it Berlin (Direktor: Geheimrat Prof. F. STRASSMANN).

Zur Unterscheidung -con Hautein- und -ausschuB, die an der Leiche sehr schwierig sein kann, habe ich vorgeschlagenl), die HautschuBwunden bei allen Schfissen, bei denen die Kugel die Kleidung durchbohrt hatte, ehe sie in den K6rper eindrang, mikroskopisch auf das Vorhandenseiu mitgerissener Kleidungsfasern zu untersuchen. Die Kugel, die Kleidungs- ~asern mit sich reiflt, streift diese als Tuchfasergewirr bereits mehr oder weniger vollst/indig am HauteinschuB ab, so dab diese Fasern auf gr6Bere Strecken durch den K6rper bis zum AusschuB nur sp/irlich oder gar nicht mitgeschleppt werden. Die 13edeutung dieses Befundes ~fir die Erkennung des Einschusses ist seither mehrfach best/itigt worden [M~IXNER~), HULST3)]. Der Nachweis der Fasern geschieht durch einfaehes Zerznpfen eines Stfickchens Gewebe aus der HautschnBwunde bzw. dem Anfangsteil des SchuBkanals und mikroskopische Betrachtung dieses Gewebes oder am einge- bet~eten Hautstfick. -- Auch die Untersuehung der Klei- dung erm6glicht in vielen F/illen, selbst wenn es sich um Fernschfisse handelt, die Erkennung des Einsehusses. Wie wichtig ffir die Entfernungsbest immung des Schusses die Untersuehung der getroffenen Kleidung ist, haben die Ar- beiten yon LOCI{TE*), JANSCI~ und MmXN~R 5) ergeben; aui die Notwendigkei t dieser Untersuchung habe ich vor kurzem erneut hingewieseng). Ein anderer Befund an der Kleidung und, wenn die unbedeckte Haut getroffen wurde, auch an der Hantwunde, 1/iBt den EinschuB erkennen, ohne dab er bisher genfigend gewfirdigt nnd bekannt er- scheint. Aus Gr6Be, Form und Aussehen der KleiderschnB- wunden aui Ein- und AusschuB zu schlieBen, ist oft nicht m6glieh, jedoch kann die Kleidung ein Merkmal zeigen, dessen Wichtigkeit am SchuBkanal des K6rpers zuerst KOLISKO betont hat. Er wies darauf hin, dab das zweite aus einer

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I696 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T , 2. J A H R G A N G . Nr . 36 3. SEPTEMBER ~923

%~affe abge feue r t e GeschoB den S c h u B k a n a l s t g r ke r schw/irze als das e r s te GeschoB, weil das zwei te die Rf icks t / inde des e r s t e n Schusses aus d e m Lau f f6rml ich auswische n n d d a n n i m SchuBkana l abs t re i fe . Dieser U n t e r s c h i e d zwischen e r s t e m und zwe i t em Schug set a m Schgde l knochen u n d de r h a r t e n H i r n h a u t b e s o n d e r s deu t l i ch u n d lasse die R e i h e n i o l g e de r Schfisse e rkennen . JANSCH n n d MEIX~ER sahen bet Schfissen aus e inem J a g d g e w e h r an t d e m Papie r , das sie de n yon i h n e n beschossenen Tuchs t f i cken un t e r l eg t en , eine d u n k e l g r a u e F g r b u n g des SchuBrandes , a n w e l chem sie B le i spu ren n a c h - weisen k o n n t e n . Bet Schiissen m i t r a u c h s c h w a c b e m P u l v e r aus ger inger l gn t f e rnung b e o b a c h t e t e MEIX>,ER a n der Klei- d u n g in de r U m g e b u n g de r E inschuBl i i cke e inen Hot , in dessert Bere ich tier Stoff wie a b g e s c h a b t aussah, e ine Er - sche inung, die er d a r a u f zurf ickff ihr t , d a b die v o r s t e h e n d e n S to f fa se renden d o r t a b g e b r o c h e n wgren, was g e r a d e be t d u n M e n Stoffen, wo eine ger inge Schw/ i rzung de r B e o b a c h t u n g le ich t en tgehe; an t e inen N a h s c h u g hinweise . I m Bere i ch dieses Holes s&hen die d u n k l e n Stoffe e twas m a t t e r aus u n d ze ig ten e inen g rau l i chen Sch immer . Dieser H o t i s t n a c h me ine r E r f a h r u n g eine a l lgemeine E r s c h e i n u n g bet Schfissen u n d auf a n d e r e Weise zu er ldgren.

E igene B e o b a c h t u n g e n u n d SchieBversnche mi t Ni t ro - pu lve rwaf fen -- i ch b e n u t z t e e inen 7 ,65 -mm-Br0wning , doch i s t das E r g e b n i s a u c h bet 6,35- u n d 9 - m m - W a f f e n das g l e i che - - h a b e n ergeben, d a b in den m e i s t e n Fg l len a u c h bei F e r n - sChfissen die K l e i d n n g oder die z u e r s t gef rof fene u n b e d e c k t e H a u t den E inschuB e r k e n n e n 1/iBt. D e n n es f i n d e t sich a n de r zun'~ichst ge t ro f fenen Bedeckung , K le idung oder H a u t bet Schfissen (abgesehen yon solchen aus v o l l k o m m e n ge 7 r e i n i g t e n oder u n b e n u t z t e n n e u e n Waf fen ) s t e t s ein b r a u n - schw/irzl icher , o f t n u t m i t der Lupe s i e h t b a r e r R ing u m den E inschuB yon 1 - - 2 m m A n s d e h n u n g oder noch schm~ler , gleicbgfilt ig, aus welcher E n t f e r n u n g der Schug abgegeben wurde . Dieser R i n g is t be t d e m zwei t en u n d den fo lgenden Schiissen s t e t s deut l icher , d u n k l e r u n d stRrker ausgeb i lde t . als be t d e m e r s t en Schug, ja er feh l t bet d e m e r s t e n SchuB fas t vo l l kommen , w e n n m a n die Waffe v o r h e r so grf indi lhh ge re in ig t ha t , d a b f i b e r h a u p t kein P u l v e r sich m e h r aus- wischen 1/iBt. Es wird dies in p r a x i k a u m v o r k o m m e n , Dieser R ing f inder sich a n de r H a u t dann , w e n n dlgse zue r s t yon de r Kugel ge• wurde , als ein schwgrz t icher r ing f6 rmige r San to in d e m Abschf i r fungshof a m Einschul3 oder d e m ]3eginn des SchuBkana l s u n d i s t be sonde r s d e u t l i c h , . w e n n auf i rgende ine Weise, z. B. wel l die W u n d e m i t e inem V e r b a n d b e d e c k t w a r , die V e r t r o c k n u n g de r O b e r h a u t n i c h t e in t r a t , Be t s t a r k a u s g e b i l d e t e m V e r t r o c k n u n g s h o f i s t er schwier ig oder gar n i c h t zu sehen. E r f inde r sich sowohl bet F e r n - wie bet N ahscb i i s sen u n d b e s t e h t aus den Lauf - r / i cks t~nden , welche die Kugel mi t r e iB t n n d a m E inschuB abs t re i f t , haup t s f i ch l i ch aus zu Kohle v e r b r a n n t e m Pul - ver,= das m a n a u c h mik roskop i sch n a c h w e i s e n k a n n . Der ve r sch i eden s t a r k ausgeb i lde te schmale Schwgrzungshof a n den S c h u B w u n d e n der ge t ro f fenen K le idung lgBt e rkennen , welches der e r s te u n d welches der zwei te SchuB war , u n d zeigt den Einschul3 an, da er a m AusschuB fehlt . Ffir die S c h u g e n t f e r n u n g dagegen lassen sich aus d iesem B e f u n d ke ine Schlfisse ziehen, da er s ich a u c h be i s i cheren F e r n - schfissen (bis zn 4 ~ m E n t f e r n u n g ) f inde t .

Die U n t e r s u c h u n g der K l e i d u n g k a n n somi t n i c h t n u r fiber die S c h u g e n t f e r n u n g , sonde rn auch fiber die Re ihenfo lge de r Schfisse u n d fiber die SchuBr i ch tung A n s k u n f t geben n n d i s t d a h e r bei ke ine r O b d u k t i o n eines Erschossenen , bet d e m die K l e i d u n g yon der Kugel ge t r0f fen wurde , zu u n t e r - lassen.

L i t e r a t u r : 1) Arch. f. K{ciminol. 7 I, 4. 1919, u. Berlin. klin. ~vVoehenschr. 192o , 29. - - ~) Arch. f. Kriminol. 1923, 2. - - a) Nederlandsch tijdschr, v. geneesk. 1922 , Nr. 6. - - 4) Viertel- iahrsschr. I. gerichtl. Med. i912, Suppl , u. i913, 45- - - s) Beitr. z.. gerichtl. Med. 3- I919. - - ~ ) Dtsch. Zeitschr. I. d. ges. gerichtl. Med. 1923, H. 5.

ZUR FRAGE DER TETANIEBEHANDLUNG. Von

Dr . W, RAAB, Assistent der Prop~ideutischen Kiinik der deutschen Universit~it in Prag

(Vorstand; Prof. Dr. A. BIEDL):

Da die Aussp rache fiber die F rage der T e t a n i e b e h a n d l u n g mi t t e l s der Ac idose the rap ie n a c h FR~JD>NBERG u n d GYORGY resp. PORCES u n d ADEERSB~Ra, de ren S c h a u p l a t z schon m e h r m a l s diese W o c h e n s c h r i f t gewesen is t u n d in welcher ki i rz l ich (Nr. 26, S. I2O6) ELIAS und KORNFgLD wieder das W o r t ergr i f fen h a b e n , sich z u m Tell m e h r m i t den t h e o r e t i s c h e n V o r a u s s e t z u n g e n dieser T h e r a p i e r i c h t n n g als m i t ih ren p rak- t i s chen E f f e k t e n befaBt, wgre es begr f igenswer t , w e n n yon der D e b a t t e f e r n s t e h e n d e r Seite A n g a b e n fiber die k l in i sehen Erfolge m i t den in F rage s t e h e n d e n The rapeu t i c i s in re ich- l i che rem U m f a n g e b e k a n n t g e m a c h t wfirden, als dies b i she r d e r Fa l l war. I m fo lgenden soll ein k le iner Be i i r ag in d iesem Sinne gegeben werden .

I6jghr. Mfidchen. Als Kind framer gesund, keine spasmo- philen Zustgnde. Vor 4 Jahren Beginn yon Atembeschwerden inf61ge snbsternaler Struma. Im April I92I Strmnaoperation. Drei Tage nach der Operation setzten Kr/impfe in alien Extremitfiten, Augenlidern, Zunge und Bauchdecken ein und hielten 9 Tage hm- dnrch angeblich fast nnunterbrochen an. Sp~iter durchschnit t l ich 4 - - s m a l tgglich je mehrere Minuten bis 1/2 Stunde. Von August bis ~vVeihnachten I922 fast anfallsfreie Pause, yon da an neuerlich Anf/ille in gesteigertem MaBe, t/~glich lO--2o, und zwar nun unter hauptsgchlicher Beteiligung der Stimmritze. Seit April I922 all- m&hliche, fast vollstgndige Einschr~inkung des Sehverm6gens. Seit I Jahr regelm~iBig menstruiert . Appeti t mgBig. Verdauung in Ordnung. Pat. ist grazil gebaut, sehr mager, Nag, Gesicht etwas gedunsen, Haare schfltter, grob, Haut sehr trocken, Fingern~igel brfichig und riffig. An beiden Augen Cataracta corticalis. Finger- zghlen in io cm Entfernung. Schmelzdefekte der Z/ihne nahe am Zahnfieisch. lgtwas eingezogene Narbe am Hals nach Kocherschem Kragenschnit t . In terner Befund negativ. Keine pathologischen Reflexe. Pf6tchen- resp. Geburtshelferhandstellung der H/inde mit Tonussteigerung. Chvostek an alien drei Asten auBerordent- lich lebhaft, Trousseau leicbt ausl6sbar. Elektrische Erregbarkeit : am N. ulnaris KSZ. o,2, ASZ. o,2, AOZ. o,8; N. medianus: KSZ. o,2, ASZ. 2,3, AOZ. 1,I, N. facialis: KSZ. o,9, ASZ. 1,3, AOZ. 1,2. KOZ. wurde absichtlich nicht geprfift. Tfiglich i o - - I 5 Ani/ille (auch nachts), in deren Vordergrund der Laryngospasmus stand: Stridor6ses Inspirium, zeitweise explosiv bellende Hustenst613e. Augenlider spastisch halb geschlossen, Lippen gespitzt, Bauch- decken hart , Ext remi tg ten verhgltnismgBig weniger s tark beteiligt. Bet Verabreichung yon Parathyreoidinpast i l len yon Vassale (Milano, Is t i tu to sieroterapico) Abnahme de rZah lund Intensi t~t der Anfglle bis auf 4; nach 4tggiger Verabreichung yon je 2 Tablet ten 5 Tage lang anfallsfrei. I-Iierauf neuerhch reichliche Anfglle. Para- thyreoidin weiterhin ohne Effekt. Chloralhydrat (o ,5-- i ,o g als Klysma) machte die N/iehte ertriiglicher, d0ch blieb der schwere Zustand im allgemeinen nnveMnder t . Da die fortwghrenden Laryngospasmen mit ihren Hustenat tacken an eine Operation der Igatarakt nicht denken lieBen, wurde am i i .V. der Versuch einer Ausschaltung des Atmungshindernisses durch Anlegung einer Gummitrachealkanflle unternommen, doch wurde der Zweck da- du tch nicht erreicht, im Gegenteil, w~ihrend des 15 Tage langen Liegens der Kan/ille nahmen die AnfMle, noch zu und zwar mit unverminder ter Behinderung der Respiration, was fflr E. FRANKS Ansicht spricht, es handle sich dabei weniger um den Laryngo- spasmus, als um ein krampflaaftes Stillstehen der Atmungsmusku- latur. Starker Reizhusten und ein allerdings bald erledigter broncho- pneumonischer Herd lieBen die Entfernung der Kanflle geboten erscheinen. Am 2.VI., nach einem Tage mit 13Anfiillen, wurden nach den Angaben von PORGES nnd ADLERSBt~RG 12 g Monoammonium- phosphat (NHaH2POa) in Oblaten gegeben. Am folgenden Tage 4 schw~chere Anfglle, seither bis zum 30. VII. (also 58 Tage) unter dauernder Zufuhr der gleichen Dosis vollkommen anfallsfrei. All- m~hlich fast v611iges Verschwinden des Chvostekschen und Trous- seauschen Ph~nomens. Am 29. VI. : N. ulnaris: IKSZ. o,8, ASZ. 1,7, AOZ. 3,2; N. medianus: KSZ. LS, ASZ. 219 I, AOZ. 2,8; N. facialis : KSZ. 1,8, ASZ. 2,4, AOZ. 2,o. Subjekt iv vollkommenes Wohlbefin- den. Einmaliger leichter Durchfall wurde durch Io Tropfen Opium coupiert. Am 12. VII. wurde mit Lokalangsthesie die Linsenextrak- tion an beiden Augen yon Dozent ASCHtgR an der Klinik ELSCHNIG ohne St6rung ausgeffihrt.

Der Fa l l wfirde a n sich k a u m i rgende inen A n s p r u c h au f Publ iz i t / i t e r h e b e n k6nnen , w e n n n i c h t eben j e t z t das T h e m a