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XXIII. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Prof. Quincke in Kiel. 1. Zur Aetiologie des Petechialfiebers. rhagiea febrilis). Von Dr. H. Reher, I. Assistent der medicin. Klinik. (Purpura haemor- Die Aetiologie des Morbus maculosus ist nach Immermann 1) so gut wie ganz dunkel. Wegen dieses Mangels einer priicisen Aetio- !ogie musste man yon vornherein an der MSglichkeit festhalten, ttass die ihrem Symptomenbilde nach anniihernd gleichartiffen Falle yon Purpura im Einzelnen vielleicht eine ganz verschiedene Entstehungs- geschichte haben mi3gen. M a c k e n z i e :) sieht Purpura nicht als eine selbstiindige Krank- heir an, sondern als ein Symptom, das bei den verschiedensten Krankheiten vorkommen k(inne. Er unterscheidet demnach 1. vascu- liire, 2. toxische, 3. mechanische und 4. nerv(~se Purpura. Auch I m m e r m a n n vermuthet zuweilen bei bestehendem Fieber ,,die Einwirkung eines specifischen (miasmatischen) Agens", ohne jedoeh andere Grtinde als eben das Fieber anf(ihren zu k~nnen. -- E p pin g e r 3) berichtet einen Fall yon ,,Haemophilia neonatorum", woein 9 Tage altes Kind unter Diarrhi~en an profusen Blutungen aus der Zunge, dem Gaumen und tier Nabelfalte zu Grunde geht. Es hatten Blutungen stattgefunden in die Haut, Schieimhaut des harten und weichen Ganmens, der Zunge, in die Pleura, ins vordere Media- stinum und in das rechte Kniegelenk; sonst keine makroskopischen Blu- tungen in die inneren Organe. Die Milz bedeutend vergrSssert. Im Blute, den versehiedenen Gewebsfltissigkeitenund in den Geweben~ tiberall dort, wo Blntungen sieh vorfanden, wurden reiehliche ,,Monadinen" ge- funden. 1) Ziemssen's Handbuch. 1879. S. 759. 2) On the nature of Purpura. Brit. reed, Journ. Sept. 1883. 3) Beitrhge zur path. Anatomie. 1878. Heft I: Beitrhge za den mykotischen Erkrankungen.

Zut Aetiologie des Petechialfiebers. (Purpura haemorrhagica febrilis)

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Page 1: Zut Aetiologie des Petechialfiebers. (Purpura haemorrhagica febrilis)

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Aus der medicinischen Klinik des Herrn Prof. Quincke in Kiel.

1. Zur Aetiologie des Petechialf iebers. rhagiea febri l is) .

Von

Dr. H. R e h e r , I. Assistent der medicin. Klinik.

(Purpura haemor-

Die Aetiologie des Morbus maculosus ist nach I m m e r m a n n 1) so gut wie ganz dunkel. Wegen dieses Mangels einer priicisen Aetio- !ogie musste man yon vornherein an der MSglichkeit festhalten, ttass die ihrem Symptomenbilde nach anniihernd gleichartiffen Falle yon Purpura im Einzelnen vielleicht eine ganz verschiedene Entstehungs- geschichte haben mi3gen.

M a c k e n z i e :) sieht Purpura nicht als eine selbstiindige Krank- heir an, sondern als ein Symptom, das bei den verschiedensten Krankheiten vorkommen k(inne. Er unterscheidet demnach 1. vascu- liire, 2. toxische, 3. mechanische und 4. nerv(~se Purpura.

Auch I m m e r m a n n vermuthet zuweilen bei bestehendem Fieber ,,die Einwirkung eines specifischen (miasmatischen) Agens", ohne jedoeh andere Grtinde als eben das Fieber anf(ihren zu k~nnen. - - E p pin g e r 3) berichtet einen Fall yon ,,Haemophilia neonatorum", w o e i n 9 Tage altes Kind unter Diarrhi~en an profusen Blutungen aus der Zunge, dem Gaumen und tier Nabelfalte zu Grunde geht.

Es hatten Blutungen stattgefunden in die Haut, Sch ie imhau t des harten und weichen Ganmens, der Zunge, in die Pleura, ins vordere Media- stinum und in das rechte Kniegelenk; sonst keine makroskopischen Blu- tungen in die inneren Organe. Die Milz bedeutend vergrSssert. Im Blute, den versehiedenen Gewebsfltissigkeiten und in den Geweben~ tiberall dort, wo Blntungen sieh vorfanden, wurden reiehliche ,,Monadinen" ge- funden.

1) Ziemssen's Handbuch. 1879. S. 759. 2) On the nature of Purpura. Brit. reed, Journ. Sept. 1883. 3) Beitrhge zur path. Anatomie. 1878. Heft I: Beitrhge za den mykotischen

Erkrankungen.

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416 XXHI. REFER

,,Es ist somit diese Erkrankung, die den Namcn Haemophilia neonatorum tr~igt, eine Infectionskrankheit~ wie dies bereits K I e b s 1) auf auatomisehem Wege und Ritter v. R i t t e r s h a i n 2) in klinischcr Beziehung festgestellt haben." Die Infeetionspforte vermathet Ep- p in g er mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Mundsehleimhaut,

K l e b s , der 9 ahnliche F~tlle sehon 1874 untersuchte uud in allen Mikroorganismen fand, glaubt, dass das Eindringen der letz- teren wahrscheinlieh vom Darm her stattfiinde.

Cantani3) berichtet einen Fall yon infeetiiiser Purpura (allerdings wohl zweifelhaft) bei einem 48j~hrigen Korallenarbeiter, der pltitzlieh Mitte 1881 linsengrosse Blutfleeke an den Unterextremitltten bemerkte. Mit tier Ausbreitung derselben fiber den fibrigen KSrper traten Fieber (zeitweise gegen 40 0), Sehwitehegeffihl, Husten, Nasenbluten, Oedeme und ttiimoglobinurie auf. Von November 1882 bis April 1883, wo Pa- tient kliniseh beobaehtet wurde, hatte sein Zustand sieh mehr und mehr verschleehtert, jede angewandte Therapie zeigte sieh machtlos. Der mikro- skopisehe Naehweis yon Mikroorganismen des Blutes gelang nicht.

P e t r o n e 4), der schon im blarz 1882 dureh Einspritzung weniger Tropfen Blutes yon einem an Purpura simpl, leidenden Kranken unter die Rtiekenhaut eines Thieres ein positives Rcsultat erzielt hatte, setzte in 2 anderen Fallen (Juli 1882 und Mai 1883) seine Versuehe fort. In beiden Fallen, yon denen der eine geheilt wurde, der andere letal endete, batten sieh ganz pl~tzlich, ohne nachweisbare Veran- tassung Peteehien an tier Haut des ganzen Ktirpers und am Zahn- fleisehe, Hamaturie, blutige Sttlhle und Nasenbluten gezeigt. Dabei fehlte jede seorbutisehe Affection des Zahnfleisehes. Mikroskopisch fand man im Blute kleine Mikrokokken und theils isolirte, theils zu Gruppen vereinigte Bacillen. Naeh subcutanen Impfungen mit dem Blute beider Kranken bei Kaninchen erfolgten bei diesen mul- tiple Blutungen (an der Dura, Serosae, subcutanem Bindegewebe, Muskeln u. s. w.), und im Blute der geimpften Thiere fandeu sieh dieselben Mikrokokken, zum Theil aueh Baeterien. Impfang yon diesem Kaninchenblute auf ein anderes Kaninehen gab dasselbe R e - sultat. Es stimmen diese Resultate mit einigen friiheren ahnliehen Angaben yon B a r t h ~ l e m y and Ceei.

1) Dieses Archly. IV. Bd. S. 473. 2) Oesterr. aahrbuch zur Pgdiatrik, 1873. I. Bd. S. 127. a) La purpura infettiva, Bolletino de Cliniche. 1884. No. 4. 4) L'infezione nel morbo maculoso di Werlhof. Gazz, degli Ospitali. 1884.

No, 7, 14 und 1"/.

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Endlieh maehte H r y n t s e h a k ~ ) in Wien nach dem Vorgange yon P e t r o n e mit dem Blute eines seit mehreren Jahren in der allgemeinen Poliklinik wegen wahren Morb. mac. Werlh. behandelten 12j~ihrigen Knaben Impfversuche an 4 Kaninchen, doeh mit nega- tivem E r f o l g e . -

Auf der medicinischen Klinik zu Kiel kam Mitte 1884 ein tSdt- lich verlaufender Fall yon infecti~ser Purpura haemorrhagica zur Beobachtung:

Der 8j~thrige Arbeiterssohn Air erkrankte am 25. Juni 1884 mit Kopf- sehmerzen 7 Appetitlosigkeit~ Erbrechen. Am 27. traten Halssehmerzen und Schlingbeschwerden hinzu. - - Bei seiner Aufnahme am 1. JuU 1884 bestehen die Hauptklagen des etwas mageren Knaben in Halssehmerzen, Sehlingbesehwerden, Athemnoth und Sehw~tchegeftihl. Auf den ersten Blick springt besonders in die Augen eine ~lber den ganzen K~rper ver- breitete h~tmorrhagisehe Purpura. Es sind dies zahlreiche steeknadelkopf- his linsengrosse, zuna Theil blausehwarze (meist die grOsseren), zum Theil blutrothe Hamorrhagien in der. Haut. Am geringsten ist Kopf und Rtlcken, am meisten Hals und Extremit~tten befallen. Bei der Inspection des Halses

'finden wir beide Tonsillen, besonders die reehte, enorm entzUndlieh ge- schwollen bis zur festen Ber~ihrung, an den Bertihrungsfl~iehen mit einem dtinnen schwarzgrauen~ nekrotisehen Belag versehen. Aueh die zwisehen den Tonsillen eingeklemmte Uvula zeigt sich, wenn sie bei W~irgbewegungen deutlieher hervortritt~ sehr geschwollen und mlt grauem Belag versehen. Der hintere Rachenraum ist ftir die Inspection und Palpation nieht zu- g~ingig. Submaxillar- und vordere CervicaldrUsen vorzfiglieh reehts sehr stark geschwollen nnd schmerzhaft. Keine seorbutisehe Erkrankung des Zahnfleisches. - - Die Untersuchung der Brust- und Abdominalorgane er- gibt ausser rhachitischer Thoraxform~ geringer Bronehitis~ frequenter und schwacher Herzaction (keine Herzger~tusche) und einer betr~ehtlichen Milzvergr6sserung nichts Abnormes. Der Urin ist sp~trlich~ doch eiweiss- frei. Der Stuhl angehalten~ Zunge belegt, Appctit schlecht~ Temperatur 39--400. - - In den folgenden Tagen zeigen die Tonsillen grosse Neigung zu Blutungen. Dazu werden zu wiederholten Malen grosse~ theils aus ciner gallertartigen, wohl yon den Tonsillen producirten Substanz~ theils aus nekrotischem Gewebe bestehende Fetzen, meist nach einem vorher- gehenden, durch Rachenstenose bedingten Erstickungsanfalle durch Wfirgen nnd unter Zuhtilfenahme der Finger entleert. Unter continuirlich hohem Fieber (siehe Tabelle) zeigen sich frische Blutflecken; in den serOsen

Juli 1. 2. 3. 4. 5. M. A. M. A. M. A. M. A. M. A.

Temp. (After) 39~5 39 39,4 39~4 39 39,2 40 40~4 Pals 144 136 128 130 140 142 140 142

1 g 1 g 1 g (Antipyrin) H6hlen bildet sich freier Fl~issigkeitserguss, Schw~che und Cyanose neh- men rapide zu und so erfolgt am 5. Juli 1884 Nachmittags schon der Tod.

1) Archly ftir Kil~derheilkunde. u Bd. Heft 11. 7. 12. 1584.

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Aus iiusseren Grtinden konnte die S o c t ion erst am niichsten Morgen (etwa 12--16 Stunden p. m.) vollftihrt werden. Sic ergab: Ausgedehnte gangri~nose Zerst(/rung der Tonsillen und der Sehleimhaut des Raehens~ beginnende des Zahnfleisches. Zahlreiehe Blutungen in der Haut, Pleura~ Lungen, Endoeard~ Herzbeutel, Herzfleiseh~ Oesophagusschleimhaut und -Wand, Zwerehfell~ Leber, l~iere~ l~ierenkapsel~ Blasensehleimhaut~ Hoden~ Magensehleimhaut, Diekdarm. Sparliche Blutungen in den Meningen. Hydrocephalus internu,s. Frische Pachymeningitis. Sehwielige Verdickung der Mitralis. Parenehymat6se Triibung der Leber und Nieren. Enorme Milzsehweltung (131/2 cm lang, 6t/2 em breit). Miissige Schweilung des Darmfotiikeiapparates~ Schweliung der Tracheal-~ Bronchial-~ Mesenterial- und Retroperitonealdrttsen. Fliissigkeitserguss in den ser~sen HShlen.

ErSffnung der Gelenke unterblieb. Kliniseher Verlauf nnd Seetionsbefund spreehen durchaus fUr die

infecti(ise l~atur dieses Falles yon Purpura haemorrhagica. Leider wurde intm vitam die mikroskopisehe Untersuchung, resp. Impihng des Blutes verabsiiumt. Doch wurde die Annahme einer Infection sowohl dutch mikroskopische Untersuch,ang als auch dutch Rein- zUehtung der Infeetionserreger aus der Leiehe entscheidend best~tigt. Im Leiehenblute fanden sieh mikroskopisch kleine, rund% racist zu kleineren oder griJsseren Ketten angeordnete Kokken. Ihre GrSsse erreiehte nicht die der Osteomyelitiskokken; die Kettenbildung war i~hnlich derjenigen, wie sic die in Diphtheritismembranen somassen- haft vorhandenen Kokken auf l~tihrgelatine zeigen.

Dieselben Kokken traf man in Organschnitten an, racist in dichter Masse die Capillaren und kleinen Geffisse ausstopfend, so vor Allem in der Niere, den ttalslymphdrtisen, der Milz; besonders massenhaft waren die Lebercapillaren mit denselben angeftillt. Andere Mikro- organismen traf ieh im Blute und den Organschnitten nieht an. In Hautsehnitten gelang der ~achweis der Kokken nieht mit gentigender Sieherheit, da die im Bindegewebe so reiehlich vorhandenen Mast- zellen leieht zu Tiiusehungen Veranlassung geben ktinnen, und da andererseits kein gentigendes Material conservirt war. Die mikro- skopische Untersuehung der Tonsillen unterblieb, da man sich yon derselben wegen der putriden Versetzungsvorgi~nge, welehe schon intra vitam im nekrotischen Gewebe statthatten, keinen Erfolg ver- spraeh.

Zur Reinztichtung der Kokken wurde von Milzsaft mittelst Platin- nadel auf bTithrgelatine in Reagensgliisern geimpft. Zum Zwecke dieser Impfung war die Milz schon einige Stunden vor der eigentliehen Section der Leiehe entnommen. In allen 6 geimpften Gltisern zeigten sich schon nach 1--2 Tagen sehr reichliche~ dem Impfstich entspreehende~ kugel- f6rmig% weisslich% die Gelatine nicht verfliissigende Colonien. Wie schon jetzt und auch sparer die makroskopische Betrachtung~ so ergab aueh die

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mikroskopische Untersuchung, dass alle Colonien yon den gleichen Mikro- organismen gebildet wurden~ nirgends eine Verunreinigung; und zwar bestanden alle Colonien nur aus Kokken, die wiederum denen im Blute und in den Geweben durchaus an GrSsse und Form entsprachen. Wie sO hiiufig bei Deckglaspr~tparaten yon Kokkenculturen~ zeigten sich auch bier unter der dutch Methylenblau ziemlich gut sieh f/irbenden Masse der Kokken immer einzelne~ die den Farbstoff intensiver angenommen batten und infolge dessert deutlicher hervorsprangen und grSsser er- sehienen.

Eine subeutane Impfung an der Schwanzwurzel einer weissen und einer grauen Maus mit jener Reincultur ergab ein negatives" Resultat. Weitere Versuche wurden leider damals nlcht gemacht. Als ieh nun Januar 1885 die Versuche wieder anfnehmen wollte, zeigten sieh die etwa 6 Monate alten, allerdings etwas eingetrockneten Reinculturen als abgestorben; jeder Versuch der Weiterztichtung misslang.

Die weite Verbreitung der Kokken beweist, dass sic mit der Krankheit im Zusammenhang standen. Die enorme Anhaufung in den kleinen Gcfassen ist zum Theil wohl eine postmortale gewesen; doeh haben hier jedenfalls auch intra vitam schon Kokkenanhiiufungen stattgehabt, denn dieselben fehlen in den grossen Gefassen. Ausser- dem aber tasst sich doeh mit grosset Wahrscheinliehkeit behaupten, dass die Hamorrhagien dutch Embolien kleinster GeF~isse mittelst Kokken entstanden sind, vielleieht well sie wegen ihrer Kettenform die Capillaren nicht passiren konnten.

In wie welt allein das mechanisehe Moment zur Hamorrhagie beigetragen hat, oder ob aueh das Wachsthum der Kokken oder ehemische Veranderungen, welche sie in ihrer Umgebung verursach- ten, eine grosse Rolle gespielt haben, das entzieht sich ganz unserem Urtheile, zumal die Impfversuehe auf Thiere negativ ausfielen.

Der Znsammenhang zwischen der Allgemeininfection und der Tonsillitis kann ein zweifacher sein. Entweder die Tonsillitis war das Primiire und yon der erkrankten Mandel aus erfolgte die In- fection: oder die Infection mit den Mikrokokken geschah schon eher auf einem anderen Wege, etwa yore Darme aus~ und dazu gesellte sieh dann -- vielleicht aus anderer U r s a c h e - eine Tonsillitis; hier fanden die importirten Kokken in dem~weniger widerstandsfahigen Gewebe einen gtinstigen Nahrboden und so kam es zur Nekrose.

Ziehen wit einen Vergleieh mit den oben erwahnten Fallen, so entspricht unser Fall in der Acuitat des Verlaufes am meisten den Klebs ' sehen Fallen, wenn auch im tibrigen klinischen Verlaufe grosse Unterschiede bestehen. Von den tibrigen aus der Literatur angeftihrten Fallen unterscheidet er sich dutch die Aeuitat des Ver- taufes und die grSssere Sicherheit des Nachweises der infeetiiiseu

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Natur. Die griisste Aehnliehkeit zeigte er mit den beiden letztge- nanntcn Fiillen von P e t r o n e.

Der Gedanke, es kiinnte sich bei unseren Beobaehtungen um Verunreinigungen oder um postmortale F~ulnisserreger handeln, ist nach meiner Ueberzeugung ausgeschlossen, denn, abgesehen davon, dass einerseits die Vertheilung der Kokken in den Geweben durch- aus gcgen diese Annahme spricht, so babe ich andererseits bei zahl- reichen, aus anderer Veranlassung angestellten Impfversuchen mit hlilz-, Leber- und anderen Gewebssliften, selbst bei schon eingc- tretencr F~tulniss die oben erwiihnten Kokken niemals beobachtet. 1Nur in einem ebenfalls mit Purpura haemorrhagiea, Fieber und aueh Hypopyon einhergehenden Falle yon Endocarditis uleerosa bei einer 26jahrigen Frau, der am 26. Mai 1883, 8 Stunden p. m. zur Section kam, fanden sieh Kokken, die nieht bur makroskopiseh und mikro- skopisch bei der Impfung auf l~iihrgelatine, sondern auch in Gewebs- schnitten, wenigstens in Herz- und Nierensehnitten, ein tiiuschend ~ihnliches Bild wie im obigen Falle lieferten. Doch es fehlte bier, wenigstens im Hypopyoneiter, die Neigung der Kokken zur Ketten- bildung. Der griisste Unterschied aber ist der, dass die Kokken der uleer(isen Endocarditis naeh 22monatlicher Eintrocknung in der 5Iiihr- gelatine bei Uebertragung auf fl'ischen 5I~hrboden sich noeh ent- wicklungsfithig zeigten, w'ahrend die in unserem Falle yon Purpura gewonnenen Kokken schon nach 6 Monaten abgestorben waren.

Was die Bezeiehnang unseres Falles anlangt, so ist derselb~ wohl ans dem so mannigfaltigen Sammelbilde der Purpura haemor- rhagica ganzlich auszuscheiden~ da die H•morrhagien ein, wenn auch in die Augen springendes, so doeh im Ganzen nieht sehr wiehtiges Symptom der Krankheit darstellen. Passender wUrde man den Fall mit dem sonst nichts prlijudieirenden Namen ,,infectiiises Petechial- fieber" bezeichnen kSnnen.

2. Zur Aetiologie des Abdominaltyphus. Von

Dr. H . ~ e h e r , I. A~sistent der mediciu. K|inik.

I. Die Anschauungen tiber die Aetiologie des Ileotyphus haben

bekanntlich in den letzten beidcn Dccennien gar manche Wandlung erfahren. Erst naeh E b e r t h ' s und Koch ' s Forsehungcn gewanu