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Übersicht | Der Internist 1•2001 64 Zum Thema Zytokine stehen im Zentrum des pathophy- siologischen Geschehens obstruktiver Atem- wegserkrankungen. Dabei werden Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lun- generkrankung (COPD) heute aufgrund ihrer zellulären und humoralen Veränderungen als verschiedene Erkrankungen angesehen, die sich in Prognose, Diagnostik und Therapie deutlich unterscheiden. Beim Asthma steht eine lymphozytär-eosinophile Infiltration im Vordergrund,die Inflammation wird durch Zytokine wie Interleukin-4, -5 und -13 unter- halten. Fehlende Expression entzündungs- hemmender Substanzen wie IL-10, -12 oder -18 trägt jedoch gleichermaßen zur Krank- heitsentwicklung bei. Pathologische Repara- tionsvorgänge als Folge überschießender Freisetzung von Wachstumsfaktoren führen zu irreversiblen Schäden an Bronchus und Epithel und damit zur schweren Erkrankung. In weiten Bereichen lassen sich die asthmatypischen Zytokine durch Steroidthe- rapie modulieren. Bei der COPD steht eine Aktivierung von Granulozyten und Makro- phagen im Vordergrund, IL-8 ist als Schaltzy- tokin mit der Krankheitsentwicklung ver- bunden, weder Zellen noch Zytokine lassen sich steroidbeinflussen. Der Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Zytokine und Wachstumsfakto- ren, die heute bei obstruktiven Atemwegser- krankungen bekannt sind, zeigt die Interak- tionen zwischen diesen, Mediatoren und zel- lulären Bestandteilen auf und diskutiert the- rapeutische Beeinflussungsmöglichkeiten. Schlüsselwörter Asthma bronchiale · Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung · Inflammation · Zytokine · COPD Chronisch obstruktive Atemwegser- krankungen gehören heute zu den welt- weit bedeutendsten und gesundheitsö- komisch wichtigsten Krankheitsbildern. In den nächsten Jahren ist mit einer Stei- gerung der Prävalenz dieser Erkrankun- gen zu rechnen, so dass sie eine den ar- teriosklerotisch bedingten Krankheiten vergleichbare Bedeutung erlangen wird. Der Begriff chronisch obstruktive Atemwegserkrankung beschreibt eine heterogene Krankheitsgruppe, die ein- zelnen Entitäten unterscheiden sich pa- thophysiologisch deutlich voneinander, was Konsequenzen für Diagnostik und Therapie hat. Unterscheiden muss man dabei das Asthma bronchiale von der chronisch obstruktiven Lungenerkran- kung (COPD). Ersteres ist durch anfallsartige Hu- sten- und Dyspnoeanfälle (häufig nachts und in den frühen Morgenstunden) und eine gute Symptomreversibilität gekenn- zeichnet. Eine Atopieneigung (Rhinitis oder Konjunktivitis allergica, Neuroder- mitis) ist anamnestisch häufig zu eruie- ren, eine allergische Diathese meist fest- stellbar. Die COPD ist pathomorphologisch inhomogener als das Asthma. Das Spek- trum reicht von der chronisch obstruk- tiven Bronchitis mit einem überwiegend inflammatorischen Korrelat bis zum ausgeprägten Lungenemphysem. Bei COPD dominiert auf zellulärer Ebene ei- ne Aktivierung von Makrophagen, die aufgrund gestörter Apoptoseprozesse, zu einer Anlockung von Granulozyten in den Bronchialbaum führt. Bei der Ak- tivierung unterschiedlicher Zellpopula- tionen und der Aufrechterhaltung der chronischen Inflammation durch spezi- fische aus diesen Zellen freigesetzte Sub- stanzen spielen Zytokine unterschied- lichster Grundstruktur eine zentrale Rolle, die Gegenstand der weiteren Aus- führungen sein soll. Die komplizierten Mechanismen der Aktivierung dieser Substanzen und ihre vielfältigen Wir- kungsweisen können dabei nur beispiel- haft dargestellt werden, ohne dass auch nur annähernd eine vollständige Be- schreibung erzielt werden kann. Asthma bronchiale Über Jahrzehnte wurden Bronchospas- mus, Schleimhautödem und Hypersekre- tion eines zähen, glasigen Schleims als Hauptfaktoren in der Pathophysiologie des Asthma bronchiale angesehen [2]. Später kam die Erkenntnis hinzu, dass ei- ne Hyperreaktivität des Bronchialsy- stems asthmatypisch ist und vor allem einen Kernfaktor bei der Auslösung von Exazerbationen darstellt. Dass diesen Symptomen inflammatorische Vorgänge zugrunde lagen wurde zunächst aus Post-mortem-Untersuchungen (Abb. 1), später durch Studien an Bronchialbiopsi- en und mittels bronchoalveolärer Lava- ge (BAL; [4]) oder induziertem Sputum gewonnenen Proben deutlich. Asthma wird heute als eine 3 Kom- ponenten umfassende Erkrankung an- gesehen (Abb. 2): akute Symptome, die durch Broncho- dilatatoren beseitigt werden können; Exazerbationen als Folge einer chro- nischen Entzündung, der durch anti- Übersicht Internist 2001 · 42:64–74 © Springer-Verlag 2001 T. Welte Pneumologie und internistische Intensivmedizin,Otto von Guericke Universität Magdeburg Zytokine und obstruktive Atemwegserkrankungen Priv.-Doz. Dr.Tobias Welte Bereich Pneumologie und internistische Intensivmedizin, Otto von Guericke Universität, Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

Zytokine und obstruktive Atemwegserkrankungen

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Übersicht

| Der Internist 1•200164

Zum Thema

Zytokine stehen im Zentrum des pathophy-

siologischen Geschehens obstruktiver Atem-

wegserkrankungen.Dabei werden Asthma

bronchiale und chronisch obstruktive Lun-

generkrankung (COPD) heute aufgrund ihrer

zellulären und humoralen Veränderungen als

verschiedene Erkrankungen angesehen, die

sich in Prognose, Diagnostik und Therapie

deutlich unterscheiden.Beim Asthma steht

eine lymphozytär-eosinophile Infiltration im

Vordergrund, die Inflammation wird durch

Zytokine wie Interleukin-4, -5 und -13 unter-

halten.Fehlende Expression entzündungs-

hemmender Substanzen wie IL-10, -12 oder

-18 trägt jedoch gleichermaßen zur Krank-

heitsentwicklung bei.Pathologische Repara-

tionsvorgänge als Folge überschießender

Freisetzung von Wachstumsfaktoren führen

zu irreversiblen Schäden an Bronchus und

Epithel und damit zur schweren Erkrankung.

In weiten Bereichen lassen sich die

asthmatypischen Zytokine durch Steroidthe-

rapie modulieren. Bei der COPD steht eine

Aktivierung von Granulozyten und Makro-

phagen im Vordergrund, IL-8 ist als Schaltzy-

tokin mit der Krankheitsentwicklung ver-

bunden, weder Zellen noch Zytokine lassen

sich steroidbeinflussen.

Der Artikel gibt einen Überblick über die

wichtigsten Zytokine und Wachstumsfakto-

ren, die heute bei obstruktiven Atemwegser-

krankungen bekannt sind, zeigt die Interak-

tionen zwischen diesen, Mediatoren und zel-

lulären Bestandteilen auf und diskutiert the-

rapeutische Beeinflussungsmöglichkeiten.

Schlüsselwörter

Asthma bronchiale · Chronisch obstruktive

Atemwegserkrankung · Inflammation ·

Zytokine · COPD

Chronisch obstruktive Atemwegser-krankungen gehören heute zu den welt-weit bedeutendsten und gesundheitsö-komisch wichtigsten Krankheitsbildern.In den nächsten Jahren ist mit einer Stei-gerung der Prävalenz dieser Erkrankun-gen zu rechnen, so dass sie eine den ar-teriosklerotisch bedingten Krankheitenvergleichbare Bedeutung erlangen wird.

Der Begriff chronisch obstruktiveAtemwegserkrankung beschreibt eineheterogene Krankheitsgruppe, die ein-zelnen Entitäten unterscheiden sich pa-thophysiologisch deutlich voneinander,was Konsequenzen für Diagnostik undTherapie hat. Unterscheiden muss mandabei das Asthma bronchiale von derchronisch obstruktiven Lungenerkran-kung (COPD).

Ersteres ist durch anfallsartige Hu-sten- und Dyspnoeanfälle (häufig nachtsund in den frühen Morgenstunden) undeine gute Symptomreversibilität gekenn-zeichnet. Eine Atopieneigung (Rhinitisoder Konjunktivitis allergica, Neuroder-mitis) ist anamnestisch häufig zu eruie-ren, eine allergische Diathese meist fest-stellbar.

Die COPD ist pathomorphologischinhomogener als das Asthma. Das Spek-trum reicht von der chronisch obstruk-tiven Bronchitis mit einem überwiegendinflammatorischen Korrelat bis zumausgeprägten Lungenemphysem. BeiCOPD dominiert auf zellulärer Ebene ei-ne Aktivierung von Makrophagen, dieaufgrund gestörter Apoptoseprozesse,zu einer Anlockung von Granulozytenin den Bronchialbaum führt. Bei der Ak-tivierung unterschiedlicher Zellpopula-tionen und der Aufrechterhaltung derchronischen Inflammation durch spezi-fische aus diesen Zellen freigesetzte Sub-

stanzen spielen Zytokine unterschied-lichster Grundstruktur eine zentraleRolle, die Gegenstand der weiteren Aus-führungen sein soll. Die kompliziertenMechanismen der Aktivierung dieserSubstanzen und ihre vielfältigen Wir-kungsweisen können dabei nur beispiel-haft dargestellt werden, ohne dass auchnur annähernd eine vollständige Be-schreibung erzielt werden kann.

Asthma bronchiale

Über Jahrzehnte wurden Bronchospas-mus,Schleimhautödem und Hypersekre-tion eines zähen, glasigen Schleims alsHauptfaktoren in der Pathophysiologiedes Asthma bronchiale angesehen [2].Später kam die Erkenntnis hinzu,dass ei-ne Hyperreaktivität des Bronchialsy-stems asthmatypisch ist und vor allemeinen Kernfaktor bei der Auslösung vonExazerbationen darstellt. Dass diesenSymptomen inflammatorische Vorgängezugrunde lagen wurde zunächst ausPost-mortem-Untersuchungen (Abb. 1),später durch Studien an Bronchialbiopsi-en und mittels bronchoalveolärer Lava-ge (BAL; [4]) oder induziertem Sputumgewonnenen Proben deutlich.

Asthma wird heute als eine 3 Kom-ponenten umfassende Erkrankung an-gesehen (Abb. 2):

◗ akute Symptome, die durch Broncho-dilatatoren beseitigt werden können;

◗ Exazerbationen als Folge einer chro-nischen Entzündung, der durch anti-

ÜbersichtInternist2001 · 42:64–74 © Springer-Verlag 2001

T.WeltePneumologie und internistische Intensivmedizin, Otto von Guericke Universität Magdeburg

Zytokine und obstruktiveAtemwegserkrankungen

Priv.-Doz. Dr.Tobias WelteBereich Pneumologie und internistische

Intensivmedizin, Otto von Guericke Universität,

Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

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inflammatorische Therapie vorge-beugt werden kann;

◗ der Prozess des Atemwegsremode-lings, dessen Bedeutung für die Ent-wicklung der chronischen Obstrukti-on erst seit kurzem bekannt ist undfür den bisher keine therapeutischenInterventionen entwickelt wordensind [5].

Die akute Inflammation

Verschiedene spezifische und unspezifi-sche Trigger wie der Kontakt zu Allerge-nen,Viren,Stäuben oder Substanzen wieOzon können eine akute Entzündung er-

zeugen [5].Klassischerweise wird bei derBetrachtung der Erkrankung auf die al-lergisch induzierte Komponente fokus-siert, wie es auch im Weiteren in diesemArtikel geschehen wird.Dies liegt daran,dass die Pathogenese des allergischenProzesses in weiten Teilen erschlossenist. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass es– gerade im späteren Erwachsenenalter– immer mehr Asthmakranke ohne Hin-weis auf eine allergische Erkrankunggibt. Wahrscheinlich führt eine Schädi-gung des Epithels durch andere als aller-gische Mechanismen dazu,dass ähnlichezelluläre Aktivierungen stattfinden, wiesie im weiteren beschrieben werden [6].

Wir unterscheiden eine frühe Phaseder allergischen Reaktion, die innerhalbvon Minuten einsetzen kann, von dernach 6–9 h auftretenden Spätphase. DieFrühphase wird durch die Aktivierungvon Zellen (in erster Linie Mastzellenund Makrophagen) mit einem allergen-spezifischen IgE-Rezeptor initiiert [7].Diese setzen in kurzer Zeit große Men-gen an Mediatoren (Histamin und Eico-sanoide) frei und aktivieren reaktiveSauerstoffmetaboliten.

Als Folge kommt es zu einer Kon-traktion der glatten Atemwegsmuskula-tur, einem Reiz auf die Mukus produzie-renden Drüsen und einer Vasodilatati-on im Bereich der Mikrozirkulation.Dem mediatorinduzierten Kapillarscha-den kommt dabei eine besondere Be-deutung zu. Austretendes Protein führtzur Verdickung der Bronchialwand unddamit zur Verringerung des Bronchial-lumens. Gleichzeitig wird die Epithelin-tegrität beeinträchtigt und damit dieMukusclearance vermindert. Dadurchentstehen Schleimpfröpfe (Abb.3) beste-hend aus Mukus, Plasmaproteinen, Ent-zündungszellen und abgeschilfertenAtemwegsepithelien, die erheblich zurObstruktion beitragen [5].

Die Spätphase der allergischen Ant-wort ist durch eine Aktivierung von T-Zellen gekennzeichnet. Mossmann undCoffmann beschrieben 1989 erstmalsSubpopulationen von T-Helfer(TH)-Zel-len, die die Fähigkeit zu spezifischer Zy-tokinproduktion besitzen [8]. TH-1-Zel-len-typische Zytokine wie IL-2 und IFN-γ waren dabei wesentlich für die Infekt-abwehr (besonders gegen Virus- undPilzinfektionen), die Fremdgewebeer-kennung (Transplantation) und be-stimmte andere Komponenten der Im-munabwehr (Tumorzellvernichtung). ImGegensatz dazu produzierten TH-2-Zel-len Zytokine, die essentiell für die Aus-bildung der allergischen Antwort waren,insbesondere sind hier IL-4 (im Zusam-menspiel mit IL-13) und IL-5 zu nennen.

Die Bildung von TH-2-Zellen wirdüber einen durch Adhäsionsmolekülevermittelten Kontakt zwischen Antigenpräsentierender Zelle und T-Zelle initi-iert [7]. Dazu sind in erster Linie Zytoki-ne nötig, die in der frühen Phase der all-ergischen Reaktion aus Mastzellen frei-gesetzt werden (IL-1 und IL-2).Diese füh-ren über eine Aktivierung des zellulärenTranskriptionsfaktors NF-κB dazu, dassweitere proinflammatorische Zytokine

Abb. 1 � a Atemwegsepi-thel eines Lungengesun-den mit normalem Flim-merepithel, erhaltenerBasalmembran, wenig Ent-zündungszellen und intak-ten glatten Muskelzellen(B). b Atemwegsepithelbei schwerem Asthma bron-chiale. Verlust an Oberflä-chenepithel (E), Verdickungvon Basalmembran (Pfeil)und Muskulatur (B), massi-ves entzündliches Infiltrat

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gebildet werden und beschleunigen so-mit die T-Zell-Differenzierung [9].

Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13(IL-13)

Das IL-4 wurde ursprünglich als Wachs-tumsfaktor für B-Lymphozyten ent-deckt. Obwohl es, wie oben beschrieben,überwiegend von TH-2-Zellen herge-stellt wird, wird es in kleinen Mengenauch von Mastzellen und eosinophilenund basophilen Granulozyten produ-ziert, was eine Bedeutung in der Initiie-rung der Spätphase der allergischen Re-aktion haben kann.Seine primäre Funk-tion besteht darin,einen Wechsel des Im-munglobulin Isotyps von IgM zu IgE zuinduzieren, indem die Transkription be-stimmter Cε-Gentranskripte gefördertwird [6]. Dazu ist gleichzeitig ein zwei-tes Signal notwendig,das T-Zellen direktmit B-Zellen interagieren lässt und überden CD40-Liganden auf T-Zellen undCD40 auf B-Zellen vermittelt wird [10].

Daneben induziert Il-4 die Produk-tion bestimmter Adhäsionsmoleküle wieVCAM-1 („vascular cell adhesion mole-cule“) und ICAM-1 („intercellular adhe-sion molecule“) auf Endothel- und Epi-thelzellen [6]. Eosinophile, Basophileund T-Zellen (nicht aber Granulozyten)können über den OberflächenrezeptorVLA-4 an VCAM-1 binden und damit dasEndothel durchdringen und ins Gewebegelangen [10].Die Selektivität dieses Mo-leküls für bestimmte Zellpopulationenerklärt, warum im Rahmen der allergi-schen Inflammation nur ausgewählteZellen in die Atemwege gelangen.

ICAM-1 konnte bei Asthmatikernauf dem vaskulären Endothel und Epi-thel nachgewiesen werden, die Expres-sion korreliert mit dem Ausmaß der In-flammation und scheint im Zusammen-hang zur Hyperreaktivität zu stehen [11].Im Tiermodell konnte mit monoklona-len Antikörpern gegen ICAM-1 eine Rück-gang der Eosinophileninfiltration undgleichzeitig der Hyperreaktivität erreichtwerden [6]. Studien am Menschen ste-hen noch aus.

IL-13 benutzt denselben Rezeptorwie IL-4 und ähnelt in seinem Potentialdem IL-4. Es sind allerdings spezifischeIL-4-Rezeptoren auf T-Zellen bekannt,die nicht auf IL-13 antworten, ohne dassdie genaue Funktion bekannt wäre [10].

Neben IL-4 und IL-13 spielen soge-nannte Chemokine („chemoattractant

Abb. 2 � Pathologische Mechanismen bei Asthma bronchiale

cytokine“) für die Wanderung von Eosi-nophilen in den Bronchialbaum eine un-terstützende Rolle.Chemokine sind klei-ne (8–10 kDa) Substanzen, die nur we-nig Ähnlichkeit in Struktur und Funkti-on mit klassischen Zytokinen haben[12]. Sie dürften eine entscheidende Rol-le in der Aktivierung migrierender Ent-zündungszellen spielen.Wir unterschei-den heute nach strukturellen Kriterienzwei Klassen dieser Zytokine, die CXC-Chemokine mit den Hauptvertreter IL-8(siehe unten) und die CC-Chemokine.RANTES und Eotaxin sind 2 Vertreterder letzten Gruppe, die spezifisch aufEosinophile wirken. Bei Asthmapatien-ten wurden deutlich erhöhte Spiegel inder BAL und in Biopsien nachgewiesen,die beweisen,dass hier eine zentrale Rol-le gegeben ist [13, 14].

Interleukin-5 (IL-5)

IL-5 ist einer der entscheidenden Fakto-ren für die Ausreifung, Wanderung unddas Überleben eosinophiler Granulozy-ten.Während IL-3 und GM-CSF im Kno-chenmark für das Wachstum der Stamm-zellpopulation verantwortlich sind, be-einflusst IL-5 schwergewichtig die Diffe-renzierung der Stammzelle zum eosino-philen Granulozyten [15]. Zusammenmit GM-CSF scheint es für das sogenann-te Priming von Eosinophilen verant-wortlich.Unter Priming versteht man ei-nen Prozess, bei dem Zellen sensitiverfür einen sekundären Stimulus gemachtwerden,beim Asthma also eine verstärk-te Antwort der Eosinophilen auf chemo-taktische Reize (RANTES) und adhäsi-

ve Faktoren (VCAM-1). IL-5 wirkt dabeieinerseits über eine Aufregulation spe-zifischer Membranrezeptoren wie VLA-4, andererseits über eine verbesserteGlukoseaufnahme und damit gesteiger-te Stoffwechselleistung des Eosinophi-len [16].

Im Bronchialgewebe selbst scheintIL-5 über eine Maskierung bestimmterOberflächenrezeptoren apoptoseverzö-gernd zu wirken. IL-5-Antikörper be-schleunigen den Abbau Eosinophiler er-heblich und vermindern damit deren se-kretorische Potenz [12].

Diese essentielle Bedeutung von IL-5 für alle wichtigen Funktionen des Eo-sinophilen, einer der Kernzellen derAsthmaerkrankung,hat große Hoffnungin die Entwicklung von IL-5-Antikör-pern geweckt. Im Tiermodell (auch beiPrimaten) konnte gezeigt werden, dasseine einzige Injektion eines monoklona-len Antikörpers zu einer Reduktion derEosinophilenzahl und der Hyperreakti-vität über bis zu 12 Wochen führt [17].Rekombinante Antikörper stehen jetztauch zum Einsatz am Menschen zu Ver-fügung. Erste, bisher nur als Abstraktvorliegende Ergebnisse zeigen allerdings,dass trotz der Veränderung der Eosino-phileninfiltration kurzfristig wenig Ef-fekte auf die Symptomatik des Asthmaserzielt werden können.

Die oben genannten, für den Pati-enten im Mittelpunkt der Erkrankungstehenden akuten Symptome, könnenzuverlässig durch die Gabe von Bron-chodilatatoren (kurz oder lang wirksa-me β2-Sympathikomimetika) beeinflusstwerden [5]. Wie wir im Weiteren sehen

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werden, geht die Verbesserung der klini-schen Symptomatik jedoch nicht mit ei-ner Reduktion der Inflammation einher.Der Übergang vom akuten zum chroni-schen Stadium der Entzündung ist pa-thognomonisch für die Entstehung eineschronischen Asthmas.

Die chronische Inflammation

Osler beschrieb 1912 Asthma als eine eo-sinophile Bronchitis. Trotz der unum-strittenen Bedeutung der Eosinophilenfür die Persistenz der Inflammationbeim Asthma erscheint diese Betrach-tungsweise heute zu einfach. Praktischalle Zellen der Atemwege sind in dieAsthmaerkrankung involviert und wer-

den aktiviert. Dazu gehören neben denbereits genannten T-Zellen, Mastzellen,Eosinophilen und Makrophagen auchEpithelzellen, Fibroblasten und die glat-te Muskulatur. Vor allem das Epithel,dem über Jahre eine reine Barrierefunk-tion zugeschrieben wurde, ist in der La-ge, spezifische Sekretionsleistungen zuerbringen [5].

Neben der Freisetzung verschiede-ner Zytokine (IL-8, TGF-β) werden Me-diatoren (Eicosanoide), Peptidasen (Ela-stase,Proteinase III,Kathepsine) und ge-fäßaktive Substanzen wie Stickstoffmon-oxid (NO) sezerniert, die krankheitsmo-difizierend wirken. Dazu kommt eineimmunologische Funktion des Epithels,die über die Expression des humanen

Leukozytenantigens DR (HLA-DR) ver-mittelt wird. Dieses – unabhängig von-einander auch in menschlichen Mono-zyten und Makrophagen exprimiert – isteines der Antigene der Histokompatibi-litätskomplexklasse II und verantwort-lich für die Antigenpräsentation für CD4-positive T-Zellen. Die Expression vonHLA-DR reguliert die zellvermittelteImmunität in der Lunge [18].

Während in der Vergangenheit dasHauptaugenmerk auf die oben beschrie-benen proinflammatorischen Mecha-nismen der Asthmas gerichtet waren,schenkt man jetzt endogenen inhibito-rische Mechanismen mehr Aufmerk-samkeit. Proinflammatorische und im-munsuppressive Mechanismen stehen inder Regel in einem gewissen Gleichge-wicht, dass im Rahmen der Asthmaer-krankung zur proinflammatorischen Sei-te verschoben ist. Nichtsdestotrotz stehteine ganze Reihe endogener Mechanis-men zur Verfügung, um die inflamma-torische Antwort zu inhibieren oder zuregulieren [19].Hierzu gehören Cortisol,Prostaglandin E2 (PGE2), das vasoaktiveintestinale Peptid (VIP), Adrenomedul-lin und verschiedene Zytokine.

Interleukin 10 (IL-10)

IL-10 ist ein 36-kD-Homodimer, das ur-sprünglich als ein von TH2-Zellen pro-duziertes Zytokin mit inhibitorischerAktivität auf TH1-Zellen identifiziertwurde. In der Lunge wird IL-10 jedochhauptsächlich von Makrophagen produ-ziert und hat eine breite Palette antiin-flammatorischer und immunsuppressi-ver Effekte.

Die Proliferation von TH2-Zellenwird durch die Inhibierung der IL-2-Freisetzung gehemmt. In antigenpräsen-tierenden Zellen wird die Expressionvon MHC-Klasse-II-Molekülen, die co-stimulatorischen Moleküle B7-1 und B7-2 und der niedrig affine IgE-Rezeptor(CD23) reduziert [20]. Dies führt zu ei-ner ausgeprägten Blockade der Aller-genpräsentation von mononukleärenund dendritischen Zellen gegenüber T-Zellen und damit zu einer Modulationder allergischen Antwort. Daneben wer-den proinflammatorische Zytokine wieIL-1β, TNF-α und IL-6, Chemokine wieMIP-1a, RANTES oder IL-8, -4 und -5herunterreguliert [20]. Die Induktioninflammatorischer Enzyme (iNOS,COX 2)wird gehemmt [21].

Abb. 3a, b � Histologischer Schnitt der Lunge, der einen Schleimpropf (P) zeigt. Dieser bestehtaus sekretorischen, inflammatorischen und Epithelzellen. Die Basalmembran ist verdickt (Pfeil),darunter findet sich eine Zone mit Entzündungszellen, hypertrophierter glatter Muskulatur (M)und dilatierten Gefäßen (V). Das untere Bild zeigt in Vergrößerung aktivierte Eosinophile (Pfeil)

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Als Beispiel für die Wirkungsweisesei hier die Beeinflussung des IL-1β ge-nannt. Hier kommt es zu einer Hochre-gulation des IL-1-Rezeptorantagonistenbei gleichzeitiger Hemmung des IL-1-Rezeptors [22]. Dies wird durch eine in-trazelluläre Hemmung von NF-κB er-reicht. Ein Teil der immunsuppessivenEffekte von IL-10 ist jedoch nicht überNF-κB-Modulation zu erklären. IL-5 istbeispielsweise von diesem Transkrip-tionsfaktor unabhängig, trotzdem wirdes inhibiert,sodass unter IL-10 eine deut-liche Reduktion des Eosinophileneffluxin die Bronchialschleimhaut zu beob-achten ist [19].

Höchstwahrscheinlich spielt hierein Signaltransduktionsweg über Janus-kinasen (JAK) und Transkriptionsfakto-ren vom STAT-Typ („signal transducersand activators of transcription“) eineRolle (Abb. 4). Die Spezifität verschiede-ner Zytokine für diesen Transduktions-weg erklärt sich dadurch, dass derenverwandte Rezeptoren Dimere bilden,die aus einer gewöhnlichen γ-Unterein-heit und einer zytokinspezifischen Un-tereinheit bestehen [9].

IL-10 wirkt physiologisch als endo-gener Feedback-Mechanismus, um eineüberschiessende proinflammatorischeAntwort zu inhibieren [19]. IL-10-Anti-körper bewirken eine vermehrte Pro-duktion proinflammatorischer Zytoki-ne aus Monozyten und Makrophagen,eine allergische Antwort ist unter IL-10Blockade verstärkt [24]. Die Kinetik derIL-10-Produktion zeigt eine späte Sekre-tion, die 24 h nach Stimulation nochkein Maximum erreicht hat. Dies sprichtdafür, dass es physiologisch dazu dient,die chronische Inflammation zu vermei-den [19].

Beim Asthma finden sich reduzier-te IL-10-Spiegel in der BAL und eine ver-minderte IL-10-Produktion von Alveo-larmakrophagen verglichen mit gesun-den Kontrollpersonen. Dies geht mit ei-ner gesteigerten Produktion von TNF-α,GM-CSF und dem Chemokin MIP-1αeinher. Gleichzeitig ist eine gesteigerteT-Zell-Proliferation zu beobachten, dadie IL-10 vermittelte Inhibition der An-tigenpräsentation unterbleibt [25].

Das IL-10-Gen ist auf dem Chromo-som 1 identifiziert worden,Polymorphis-

men in der 5’Promotor-Region gehen mitreduzierter IL-10-Synthese einher.Es gibtkeine direkte Korrelation dieses Poly-morphismus zur Asthmaerkrankung, je-doch findet er sich überzufällig bei Pati-enten mit schwerem Asthma, was daraufschließen lässt,dass IL-10 eine Schlüssel-rolle im Hinblick auf die Progredienz derErkrankung spielt [19].

IL-1-Rezeptorantagonist (IL-1ra)

IL-1ra wird als Antwort auf inflammato-rische Stimuli von Makrophagen, Mon-zyten und Epithelzellen produziert. Esbindet an den IL-1-Rezeptor und inhi-biert dadurch die Effekte von IL-1α und-β [26]. Dadurch wird die Synthese vonIgE blockiert. Im Tiermodell ließ sichdurch Gabe von aerosolisiertem IL-1raeine Reduktion der Eosinophileninfil-tration und ein Rückgang der Hyperre-aktivität erreichen [19]. In ersten huma-nen Untersuchungen ließ sich dies je-doch nicht bestätigen.

Interferon γ (IFN-γ)

IFN-γwird ausschließlich von TH-1-Zel-len und natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) gebildet. Es hemmt die Differen-zierung von TH-2-Zellen und reduziertdamit die IL-4- und 5-Produktion. Dem-entsprechend führt die Gabe von aero-solisiertem IFN-γ im Tiermodell zu ei-nem Rückgang der eosinophilen Infil-

Abb. 4 � Allgemein akzeptierte Theorie für die zytokininduzierte STAT(„signal transducers and acti-vators of transcription“)-Aktivierung. Die Bindung von Zytokinen (a, b) an den Rezeptor führt dazu,dass dieser so verändert wird, dass Januskinasen (JAK) sich gegenseitig phosphorylisieren können(b). Dadurch wird die Bindung von STAT ermöglicht (c), die – ebenfalls durch Phosphorylisierung – soverändert werden, dass sie den Zellkern translozieren (d) und dort die Transkription, d. h. die Bildunginflammationsbedeutsamer Substanzen, beeinflussen können. ([23]; Mod. nach [9])

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tration nach Allergenprovokation, wäh-rend eine negative Beeinflussung desIFN-Promotorgenes zu einer Verlänge-rung der Eosinophilenakkumulationbeiträgt [27].

Ein Teil der IFN-γ-Wirkung dürftedabei durch die Induktion der IL-10-Produktion zu erklären sein.Auf der an-deren Seite scheint IFN-γ eine Rolle beider Prozessierung von MHC-Klasse-II-Molekülen auf Makrophagen und den-dritischen Zellen zu spielen und kanndie Bildung von Adhäsionsmolekülenauf Endothel- und Epithelzellen einlei-ten, sodass auch negative Einflüsse die-ses Zytokins für die Entwicklung derchronischen Inflammation möglich er-scheinen.

In einer Reihe von Studien konnteeine Reduktion der IL-10-Produktionbei Asthmatikern nachgewiesen werden,ohne dass sich eine direkte Korrelationzur Schwere der Erkrankung finden ließ[28]. Ein Polymorphismus des IFN-γ-Gens konnte bis jetzt nicht nachgewie-sen werden. Rekombinantes IFN-γ hatbei Asthmapatienten keine nennenswer-te Effekte gezeigt. Grund hierfür könnte

jedoch sein, dass das inhalierte Proteinnicht in ausreichender Menge in die Zel-len des Atemwegsepithels gelangt.Aller-dings konnte auch durch eine Allergen-hyposensibilisierung, die sehr effektivIFN-γ stimulieren kann, kein wesentli-cher Effekt auf den Asthmaverlauf er-reicht werden [20].

Interleukin-12 (IL-12)

IL-12 (Abb. 5) ist ein Heterodimer, dassaus 2 kovalenten Proteinen (p35 undp40) zusammengesetzt ist. Es wird vonantigenpräsentierenden Zellen wie Ma-krophagen und dendritischen Zellenproduziert und bindet an spezifische Re-zeptoren auf T- und NK-Zellen. IFN-γund GM-CSF stimulieren die IL-12-Pro-duktion.

Physiologischerweise spielt IL-12 ei-ne Schlüsselrolle für das Gleichgewichtvon TH-1- und TH-2-Zellen, die Produk-tion ersterer wird durch IL-12 erheblichgefördert [29]. TH-2-Zellen werden –teilweise mediiert über IFN-γ – suppri-miert. Dadurch kommt es zu einer Re-duktion der IgE-Synthese und damit ei-

ner Verringerung der allergischen Ant-wort. Im Tiermodell ließ sich eine deut-liche Reduktion von Hyperreaktivitätund zellulärer Inflammation zeigen,wenn IL-12 vor der Allergenprovokationappliziert wurde. Spätere Gaben führtennur noch zu geringen Erfolgen [19].

Bei Asthmatikern findet sich einedeutliche Reduktion der IL-12-Produkti-on, die jedoch durch Steroide stimuliertwerden kann. β2-Agonisten hemmendemgegenüber die Fähigkeit von Makro-phagen und Monozyten zur IL-12-Pro-duktion und verstärken damit die aller-gische Reaktion [30]. Dies könnte mög-licherweise die Verschlechterung derAsthmaerkrankung unter einer Mono-therapie mit β2-Mimetika erklären.

Interleukin-18 (IL-18]

IL-18 – früher IFN-γ induzierender Fak-tor – ist ein 18-kD-Zytokin,dass die Frei-setzung von IFN-γ aus T-Zellen fördertund damit das TH-1/TH-2-Zellgleichge-wicht beeinflusst. Obwohl es strukturelldem IL-1 gleicht (und auch durch das IL-1-converting-enzyme in die aktive Formüberführt wird) hat es ähnliche Funktio-nen wie IL-12. Im Gegensatz zu diesemwirkt es jedoch ausschließlich suppri-mierend auf TH-2-Zellen, ohne die TH-1-Zellbildung zu beeinflussen [19].

Ein therapeutisches Potential istdem IL-18 von daher nur im Zusammen-hang mit IL-12 zuzuschreiben, theore-tisch könnte es überschießende Effektevon IL-12 auf T-Zellen regulieren, ohnedass dies bisher in Studien belegt wer-den konnte [31].

Kortikosteroide beeinflussen, vorallem über ihre Wirkung auf NF-κB vie-le der proinflammatorischen Mechanis-men und können auch inhibitorischeZytokine stimulieren.Voraussetzung fürdie Steroidwirkung ist dabei die Bin-dung an den Kortikoidrezeptor und dieWanderung dieses Komplexes in denZellkern. Dieser Prozess braucht Zeit, sodass eine Akutwirkung von Steroidennicht zu erwarten ist.Allerdings regulie-ren sie zusätzlich auch β-Rezeptorenhoch und erhöhen damit die Wirkungvon Bronchodilatatoren auf die Sympto-matik der Patienten [32]. Die Dauerap-plikation inhalativer Steroide hat zu ei-ner deutlichen Reduktion schwererKrankheitsverläufe und akuter Exazer-bationen geführt. Wie anhand der Si-gnaltransduktion über JAK und STAT

Abb. 5 � Allergene werden durch antigenpräsentierende Zellen prozessiert und mittelsMHC-II-Molekülen T-Zellrezeptoren präsentiert. Akzessorische Moleküle wie B7-2 und CD28 dienenzur Amplifikation. Ungeprägte T-Zellen differenzieren unter IL-12- und -18-Einfluss zu TH1-Zellen,unter IL-4 Einfluss zu TH2-Zellen, beide mit spezifischer Zytokinfreisetzung. (Mod. nach [19])

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gezeigt, gibt es jedoch eine Reihe vonAktivierungswegen, die nicht steroid-beinflussbar sind. Die Suche nach spezi-fischen Regulatoren der Zytokinantwortverspricht deshalb für die Zukunft einebessere Kontrolle chronischer Inflam-mationsprozesse.

Der Remodelingprozess

Traditionell wurde Asthma als ein voll-ständig reversibler Prozess angesehen.Größere Studien [33] haben jedoch be-wiesen, dass Asthmapatienten über dieJahre einen größeren Verlust an Einse-kundenkapazität aufweisen als dies beiGesunden beobachtet wird (38 ml vs.22 ml/Jahr). Eine Reihe von Patientenentwickeln trotz Steroiddauertherapieeine persistierende Atemwegshyperre-aktivität, die Atemwegsobstruktion istnur noch partiell reversibel oder gar ir-reversibel. Pathologische und morpho-metrische Studien haben Veränderun-gen gezeigt, die als Atemwegsremode-ling bezeichnet werden und Ausdruckeines gestörten Reparationsprozessesam Atemweg sein können.

Dazu gehört die Verdickung der ge-samten Bronchialwand, eine subepithe-liale Fibrosierung, eine Vermehrung derMuskelmasse glatter Muskelzellen, dieHyperplasie der Myofibroblasten und dieMetaplasie der mukusproduzierendenDrüsen [34].Wachstumsfaktoren aus derFamilie des „transforming growth fac-tors“ (TGF-β) spielen eine zentrale Rollefür diese Umbauprozesse. Daneben wer-den jedoch auch andere Wachstumsfak-toren und verschiedene Zytokine imHinblick auf Remodeling interessant.

Transforming Growth Factor-β

TGF-βgehört zu einer Superfamilie struk-turell verwandter Proteine, die 5 Isofor-men einschließt.Beim Menschen werdenTGF-β1, -2 und -3 nachgewiesen. TGF-βwird in latenter Form von fast allen in-flammatorischen Zellen sekretiert unddann durch Proteinasen wie Plasmin undKathepsin aktiviert (Abb.6).Es kann sei-ne eigene Produktion durch autokrineKontrolle regulieren und somit als auto-krines Hormon wirken.Viele Studien,dieTGF-β in diversen Krankheitszuständennachweisen, haben den Nachteil, nur la-tentes Zytokin gemessen zu haben, so-dass keine Aussage über die Aktivität desMoleküls gemacht werden kann.

TGF-β ist ein multifunktionelles Zy-tokin mit zahlreichen, sich teilweise wi-dersprechenden Funktionen. So wirkt esals immunregulierender Faktor, teilwei-se gar immunsuppressiv [35].Beim Asth-ma spielt hier die Hemmung verschiede-ner Adhäsionsmoleküle wie ICAM-1und VCAM-1 und diverser proinflam-matorischer Zytokine wie IL-1 und TNF-α eine zentrale Rolle. Entscheidend fürdiesen Effekt ist die reduzierte Prolife-ration inflammatorischer Zellen ein-schließlich Epithelzellen, die durch eineInhibierung der G1-Phase (Abb. 7) wäh-rend des Zellzyklus erreicht wird. Dabeispielt – wie schon beim IL-10 beschrie-ben – ein über STAT vermittelter Signal-transduktionsweg eine zentrale Rolle.

Andererseits kann TGF-β chemo-taktisch für verschiedene Entzündungs-zellen (neutrophile Granulozyten,T-Zel-len und Monozyten) wirken. Unsere ei-genen Untersuchungen zeigen jedoch,dass dieser proinflammatorische Effektverglichen mit dem des IL-8 bei akutenEntzündungsprozessen vernachlässig-bar ist [18].

Physiologischerweise scheint TGF-β zentral für Wundheilungsprozesse zusein. Neben der Aktivierung und Wachs-tumsförderung von Fibroblasten stimu-liert es die Angiogenese (möglicherwei-se über Beeinflussung des „vascular en-dothelial growth factors“ VEGF) und be-einflusst die Akkumulation extrazellulä-rer Matrixkomponenten wie Fibronek-tin, Proteoglykan und Kollagen. Der ge-naue Mechanismus ist unklar, die Akti-vierung katheptischer Zysteinproteina-

sen, die eine hohe elastinolytische undkollagenolytische Aktivität aufweisen,scheint jedoch von Bedeutung [36].

Verschiedene Studien konnten denengen Zusammenhang zwischen demVorhandensein TGF-β-positiver Zellenin Bronchialbiopsien,dem Auftreten vonFibroblasten und der Verdickung derBasalmembran belegen [5]. Eine Persi-stenz dieser Zellen scheint zudem einHinweis auf eine schwerere Form derErkrankung. Kortikosteroide beeinflus-sen die TGF-β-Produktion, ohne sievollständig hemmen zu können.

Endothelial Growth Factor

EGF wird in erster Linie von Epithelzel-len produziert, kleinere Mengen kom-men aus Makrophagen und Endothel-zellen. Eine Schädigung des Epithelsführt zu einer vermehrten EGF-Freiset-zung, was seine Rolle im Prozess derWundheilung unterstreicht. EGF stimu-liert in stärkerem Maße als TGF-β dieAngiogenese durch Steigerung derDNA-Synthese von Endothelzellen undfördert gleichzeitig die Migration dieserZellen [35]. Daneben wirkt es chemotak-tisch auf Epithelzellen und fördert derenProliferation und Migration direkt imGebiet der Epithelschädigung [37].

Dementsprechend ist es bei Asth-matikern vor allem auf Flimmerepithe-lien und Basalzellen nachweisbar. So-wohl für TGF-β als auch für EGF findensich gegenüber Kontrollpersonen er-höhte Konzentrationen bei Asthma undbei COPD [35], insgesamt ist die Zahl der

Abb. 6 � Das latent TGF-β bindende Protein wird durch Proteinasen aufgespalten. Damit wird das ak-tive Zentrum des Zytokins zugänglich

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Untersuchungen so klein, dass nicht ge-klärt werden konnte, ob unterschiedli-che Muster der Sekretion für verschie-dene Erkrankungen bestehen.

Granulozyten/Monozyten-ColonyStimulating Factor

Die Bedeutung von GM-CSF für die Eo-sinophilenentwicklung im Knochen-mark ist oben beschrieben worden. Fürdie Asthmaerkrankung ist jedoch zu-sätzlich die Rolle im Rahmen von Zella-poptose von Bedeutung. Der Abbau in-flammatorischer Zellen in der Bronchi-almukosa limitiert in der Regel die Pro-gredienz der Entzündung. Das Überle-ben von Eosinophilen und Makropha-gen ist deutlich mit dem Nachweis vonGM-CSF korreliert [38].

Dies könnte einer der Gründe dafürsein, dass die Applikation von GM-CSFbei Patienten mit akuter Pneumonie kei-ne verbesserten Ergebnisse gebracht hat,obwohl man eine gesteigerte mikrobiel-le Clearancefunktion von Phagozytose-zellen nachweisen konnte [39]. Geradeam Beispiel des GM-CSF kann man se-hen, wie eng wünschenswerte Effekteder Infektionsabwehr und unerwünsch-te der Inflammationspersistenz beiein-ander liegen.

Interleukin-6 (IL-6)

IL-6 konnte sowohl in der BAL als auchin Biopsien von Asthmatikern in erhöh-ten Konzentrationen gefunden werden[34]. Primär wurde es aufgrund seinerT- und B-zellstimulierenden Aktivitätim Rahmen der akuten Inflammationbetrachtet. Über die zusätzlich bekann-

ten antiinflammatorischen und zyto-protektiven Effekte hinaus scheint es je-doch als Mitogen für glatte Muskelzel-len zu fungieren, indem es zur Akku-mulation aktinproduzierender Zellenbeiträgt [40]. Zusätzlich induziert IL-6die Deposition von Kollagen und för-dert damit die subepitheliale Fibrosie-rung bei Asthmapatienten. Dies scheintjedoch nur unter dem Einfluss von TGF-β in Assosiation mit MBP („major basicproteine“) möglich [34]. Eigene unver-öffentlichte Ergebnisse legen nahe, dassdabei die IL-6 induzierte Freisetzungkatheptischer Zysteinproteinasen ausEpithelzellen verantwortlich sein könn-te, die zu einer massiven Proliferationvon Fibroblasten führt.

Interleukin-11

IL-11 wurde ursprünglich als ein plasma-zellproliferierendes Molekül beschrieben.Heute ist es als multifunktionales Mole-kül bekannt,dass eine Rolle im Knochen-und Adipozytenstoffwechsel spielt, dieThrombopoese stimuliert und in die Pro-duktion von Antiproteinasen (TIMP) in-volviert ist [34].IL-11 wird unter dem Ein-fluss von TGF-β aus Epithelzellen und Fi-broblasten freigesetzt und kann auchdurch atemwegstypische Viren (RS- undRhinovirus) aktiviert werden.

Im Tiermodell (Überexpression inder transgenen Maus) kommt es zu einersubepithelialen Fibrose,die durch Depo-sition von Kollagen I und III bedingt ist[41]. Interessanterweise entwickeln die-se Mäuse eine chronische Atemwegsob-struktion mit gesteigerter Hyperreakti-vität, ohne dass ein Eosinophileninfluxin die Lunge zu beobachten ist.

Asthmapatienten zeigen erhöhteSpiegel von IL-11, auch hier besteht eineenge Korrelation zum Ausmaß der Atem-wegsobstruktion. IL-11 scheint demnachdie Eosinophilenwanderung in die Lungezu blockieren und gleichzeitig die Fibro-blastenproduktion zu stimulieren.Ob dieWirkung von IL-11 auch unabhängig vonTGF-βnachgewiesen werden kann,ist Ge-genstand aktueller Untersuchungen.

Chronisch obstruktiveLungenerkrankung (COPD)

Während also beim Asthma eine media-torinduzierte Lymphozytenaktivierungmit nachfolgender B-Zell- und Eosino-philenproliferation im Mittelpunkt derErkrankung steht, zeigen sich bei COPDvollkommen andere Aktivierungsmu-ster (Abb. 8).

Infolge eines toxischen Reizes, beiuns in der Regel Zigarettenrauch,kommtes zur Einwanderung von Granulozytenin das bronchopulmonale Kompartment[42]. Hauptfaktor hierfür ist eine massi-ve Freisetzung von IL-8 aus Epithelzellenund anderen Entzündungszellen.

Interleukin-8 (IL-8)

IL-8 gehört zur Gruppe der CXC Chemo-kine. Seine Produktion wird nach Sti-mulation durch TNF-α (Frühphase) undIL-1 (Spätphase) über NF-κB, aber auchandere Transkriptionsfaktoren reguliert[12]. Hauptproduzent sind dabei Gra-nulozyten, Makrophagen und Epithel-zellen. IL-8 wirkt dabei über die Ex-pression von Adhäsionsmolekülen wieCD11b/CD18 durch Exozytose verschie-dener Granula [18]. Gleichzeitig wird die5-Lipoxygenase in Neutrophilen akti-viert, was zu einer vermehrten Produk-tion von Eicosanoiden führt. Dabei istvor allem die Produktion von Leukotri-en B4 von Bedeutung, dass selbst wiederGranulozyten anlockende Qualitätenbesitzt [42].

Die klassische chemotaktische Wir-kung des IL-8 ist Folge einer Konfirma-tionsänderung der Zellen nach IL-8-Bindung, die durch einen Anstieg intra-zellulärer Calciumkonzentrationen, derExozytose von Enzymen und Proteinenaus intrazellulären Zellorganellen undder Freisetzung von freien Sauerstoffra-dikalen zustande kommt [43].

Bei COPD werden sowohl hohe IL-8-Konzentrationen in der BAL als auch

Abb. 7 � TGF-βwirkt über Hemmung von Cyclinkinasen auf den Zellzyklus. In der G1-Phase wirddie Proliferation von Zellen gehemmt und die Zelle in der Ruhephase konserviert (Abbildungmit freundlicher Genehmigung von Priv.-Doz. Dr. Reinold, Institut für Immunologie, UniversitätMagdeburg)

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eine erhöhte Freisetzung aus stimulier-ten Makrophagen beobachtet [44]. DieIL-8-Konzentration liegt dabei fast imBereich der bei akuter Pneumonie ge-messenen, was die Intensität der In-flammation bei COPD belegt. Kortiko-steroide sind nicht in der Lage, die IL-8-Produktion zu beeinflussen und damitdie Granulozytenaktivierung zu stop-pen. Dies erklärt, warum alle Studienzur inhalativen Steroiddauertherapie beiCOPD ohne wesentliches Ergebnis blie-ben. Eine kausale Beeinflussung der In-flammation bei COPD steht zum jetzi-gen Zeitpunkt leider nicht zur Verfü-gung.

Diese vermehrte IL-8-Produktionwird jedoch nicht bei allen Rauchern,sondern nur in ca. 1/3 aller Fälle gefun-den. Was den unempfindlichen vomempfindlichen Raucher unterscheidet,ist zur Zeit weitgehend unklar.Einerseitskönnen Infektionen, vor allem viralerGenese,die IL-8-Produktion in gleichemMaße stimulieren und damit ein Ent-zündungsbild erzeugen wie es typischfür COPD ist [45]. Andererseits gibt esjedoch erste Hinweise für genetischeFaktoren, die sich gehäuft bei obstruk-tiven Patienten finden, ohne dass die Si-gnifikanz dieser mit neuen Technikenerhaltenen Ergebnisse vollständig auf-geklärt wäre.

Granulozyten besitzen keinen IL-2-Rezeptor auf der Oberfläche und lassensich daher nicht über einen klassischen

proinflammatorischen Weg stimulieren.Möglicherweise wird diese Funktion je-doch von dem strukturell ähnlichen In-terleukin-15 übernommen,das erst kürz-lich identifiziert werden konnte unddessen Funktion für die Entzündungs-persistenz bei COPD nicht abschließendgeklärt ist.

Interleukin-15 (IL-15)

Das IL-15-Protein besitzt eine Molekül-masse von ca. 14–18 kDa und wird über2 Disulfidbrücken zu einer „four-helixbundle-like structure“ verbunden. DasVorläuferprotein besteht aus einer 162AS-Sequenz und zeigt keine signifikantestrukturelle Homologie zu IL-2, obwohlIL-15 an der β-Kette des IL-2R ansetzt.

Im direkten Gegensatz zu IL-2 wirdIL-15 in einer Vielzahl von Geweben undZellen (Monozyten/Makrophagen, Epi-thelzellen, Fibroblasten, Plazenta undSkelettmuskulatur) exprimiert.

Erstaunlicherweise ist in aktiviertenperipheren T-Lymphozyten, die physio-logisch hohe IL-2- und IFN-γ-mRNA-Konzentrationen exprimieren, keine IL-15-mRNA nachweisbar. Die unterschied-liche Expression von IL-15 in vorwie-gend nicht-lymphoiden Geweben scheintdie gesonderte funktionelle Rolle in vivozu unterstreichen. Die Anwesenheit vonIL-15-mRNA in vielen normalen Gewe-ben und die gesteigerte Produktion nachStimulus deuten auf eine eigenständige

Funktion bei der Pathogenese von Auto-immunerkrankungen hin.

Ähnlich dem IL-2, stimuliert IL-15die Proliferation von aktivierten (nichtvon ruhenden) B-Zellen mit entspre-chend gesteigerter Synthese von IgM,IgG und IgA in Kombination mit CD40-Liganden [46].

Da an der Zelloberfläche von neu-trophilen Granulozyten keine IL-2Ravorkommen, lässt sich auch keine IL-2vermittelte Reaktion nachweisen. Im Ge-gensatz dazu agiert IL-15 als signifikan-ter Agonist bezüglich neutrophilerFunktionen [47]. IL-15 stimuliert die Mi-gration humaner T-Lymphozyten undderen Proliferation und impliziert einstärkeres chemotaktisches Potential alsIL-8 oder MIP-1α. In der Induktion derTNF-α-Synthese ist IL-2 weit weniger ef-fektiv als IL-15.

In der Frühphase von Infektionenwird IL-15 von antigenpräsentierendenZellen zur Rekrutierung von Neutrophi-len und/oder Aktivierung von NK undCD8+-T-Zellen in erhöhten Konzentra-tionen synthetisiert [48]. Durch Hoch-regulation der Bcl-2- und Bcl-xl-Expres-sion lässt sich eine vorzeitige Apoptoseaktivierter T-Zellen in vitro verhindern.

Eigene Untersuchungen zeigen,dassIL-15 bei der COPD in hohen Konzentra-tionen in die BAL sezerniert wird. DieKonzentrationen liegen dabei deutlichüber denen, die bei entzündlichen Lun-generkrankungen wie Pneumonie oder

Abb. 8 � Zellaktivierung als Folgevon Tabakrauch unter dem Einflussvon Zytokinen und Mediatoren. Die

Freisetzung von Proteinasen ausEntzündungszellen induziert Verän-

derungen, die zur Entwicklung ei-ner COPD führen. (Mod. nach [42])

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interstitiellen Alveolitiden gefunden wer-den. Kortikosteroide hemmen diese IL-15-Freisetzung fast vollständig, was eineTranskription über NF-κB wahrschein-lich macht.

Die in den Bronchus eingewander-ten Granulozyten werden dann nicht inder Weise abgebaut, wie es bei anderenentzündlichen Erkrankungen der Fallist. Obwohl es bei COPD zu einer Akti-vierung von Makrophagen kommt, diewesentlich ausgeprägter ist als die, diewir beim Asthma finden, scheinen diesein ihrer Fähigkeit, Granulozyten abzu-bauen, gestört.

Normalerweise können Makropha-gen große Mengen von Granulozytenphagozytieren, ohne dass es zur Freiset-zung proinflammatorischer Zytokinekommt [49]. Makrophagen von Rau-chern zeigen jedoch eine Reduktion in-trazellulären Glutathions und sind da-mit in ihrer physiologischen Funktionbeeinträchtigt [50]. Dadurch kommt eszu einem nekrotischen Abbau von Gra-nulozyten, was mit der Freisetzung pro-inflammatorischer Zytokine und einerweiteren Anlockung von Entzündungs-zellen zusammenhängt [49].Obwohl dieProduktion immunsuppressorischer Zy-tokine wie IL-10 – anders als beim Asth-ma – nicht beeinträchtigt ist, persistiertdie Entzündung. Interessanterweise lässtsich, anders als beim Asthma, die IL-10-Produktion durch Kortikosteroide mas-siv steigern, was den positiven Effektdieser Substanz in der Exazerbationsbe-handlung erklären könnte.

Welche Rolle der kürzlich entdeck-ten Akkumulation von T-Suppressor-Zellen in der Bronchialschleimhaut zu-kommt, ist unklar. Normalerweise wer-den T-Suppressor-Zellen durch hohe Zy-tokinaktivitäten in ihrer Funktion be-einträchtigt und verlieren ihr zelltoxi-sches Potential. Wie aktiv diese Zellenim Rahmen der chronischen Bronchitissind, bleibt unklar.

Entscheidend für den chronischenMatrixabbau, der zur Entwicklung einesEmphysems als Spätfolge der COPD

führt, scheint eine massive Proteinasen-freisetzung aus Makrophagen und Gra-nulozyten zu sein. Neue Untersuchun-gen bestätigen, dass Proteinasen durchZytokineinfluss aktiviert werden, gera-de dem IL-8 kommt hier eine zentraleRolle zu. Ob bestimmte Proteinasen imRahmen autokriner Regulationsmecha-nismen auf die Regulation von Zytoki-nen und ihre Rezeptoren rückwirkenkönnen, ist Gegenstand aktueller For-schung, ohne dass im Hinblick auf dieCOPD sichere Erkenntnisse vorliegen.Gerade die Tatsache,dass für viele prote-inolytische Substanzen natürliche Inhi-bitoren bekannt sind, könnte jedochneue therapeutische Ansätze liefern.

Fazit für die Praxis

Zytokine sind Moleküle, die im Zentrumder Pathogenese obstruktiver Atemwegs-erkrankungen stehen. Asthma und COPDcharakterisieren sich dabei als verschiede-ne Erkrankungen, da die Aktivierung ver-schiedener Zellpopulationen zur Freiset-zung erkrankungsspezifischer Zytokineführt.Verschiedene Moleküle können da-bei gleiche, ein und dasselbe Zytokin inverschiedenen Situationen jedoch diffe-rente Funktionen ausüben.Wir haben ler-nen müssen, dass eine Fokussierung aufAktivierung oder Inhibierung von Zytoki-nen der Komplexität der Interaktion zwi-schen diesen Substanzen, zellulärenKompartimenten und Mediatoren nichtgerecht wird. Eine sinnvolle Beeinflussungvon Zytokinfunktionen wird nur über eineRegulation der unter Krankheitsbedingun-gen überschießenden oder gehemmtenFunktion möglich sein. Dazu müssen wirjedoch weiterhin mehr über Aktivierung,Regulation und Metabolismus dieser Mo-leküle erfahren.Die Fortschritte der letzten 10 Jahre sind al-lein im Bereich der obstruktiven Atem-wegserkrankungen erstaunlich, verbesser-tes pathophysiologisches Verständnis hatzu einer weitgehend befriedigenden The-rapie des Asthmas geführt. Der Weg voruns ist jedoch länger als der zurückgelegte,Lösungen für kausal nicht beeinflussbareErkrankungen wie die COPD scheinen je-doch möglich. Auf jeden Fall ist die moleku-larbiologische Forschung nicht mehr als Er-kenntnisgewinn im Elfenbeinturm anzuse-hen, sie hat in allen Bereichen der Medizinlängst praktische Bedeutung gewonnen.

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