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Probleme bei Messung und Erhebung von Luftschadstoffen
Seminar: „Statistische Analysen zur Wirkung von Luftschadstoffen“
Dozenten: Dr. Peters, Prof. Dr. Küchenhoff
Frank Sagerer
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Gliederung
Bildungsmechanismen und Unterteilung von Schwebstoffen
Partikelmessmethoden Entwicklung von Emission und Immission
von Partikeln
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Grundlegende Definitionen
Aerosol: Dispersion fester oder flüssiger Teilchen in Gasen; Ein polydisperses Aerosol besteht aus ungleichen Teilchen
Koagulation: Zusammenballung kolloidaler Teilchen (setzen sich aus 1000 bis 1 Mrd. Atomen zusammen) zu Aggregaten
Aerodynamischer Durchmesser: Entspricht dem Durchmesser einer Kugel mit Dichte 1g/cm³, welche in ruhender oder laminar strömender Luft gleiche Sinkgeschwindigkeit wie Partikel besitzt.
Gas-zu-Partikel-Umwandlungsprozesse: chemische Reaktionen und Kondensationen (z.B. Reaktionen zu Säuren und Salzen)
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Größenklassen
• Drei Größenklassen erkennbar• Unterscheidbar durch Bildungsprozesse
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Nukleationsklasse
Durchmesser bis 0.1 µm (medianer Partikeldurchmesser 0.018 µm)
Entstehung durch Gas-zu-Partikel Umwandlungsprozesse
können aufgrund hoher diffuser Eigenbeweglichkeit miteinander koagulieren und größere Teilchen bilden
Lebensdauer von Bruchteilen von Sekunden bis zu Stunden
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Akkumulationsmode relativ stabile Partikel Durchmesser von 0.1 bis 1 µm (medianer Durchmesser
0.21 µm) Entstehung:
- Koagulation von Partikeln der Nukleationsklasse- Gas-zu-Partikel Umwandlungsprozesse
wachsen durch Kondensation trockene oder nasse Deposition Durch geringe Diffusionsgeschwindigkeit Lebensdauer in
luftgetragenen Zustand bis zu mehrere Wochen
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Grobstaubklasse
relativ große Partikel Durchmesser von mehr als 1 µm (medianer
Durchmesser 4.9 µm) Entstehung:
durch Verwitterung von terrogenem Material Zerkleinerung von Material in der industriellen Fertigung Zersprühen von Flüssigkeiten
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Wichtigste Kenngrößen
PM10 (inhalierbarer Schwebstaub) Partikel mit einem Durchmesser < 10 µm
PM2.5 (lungengängiger Schwebstaub) Partikel mit einem Durchmesser < 2.5 µm; wird auch als Feinstaub bezeichnet
ultrafeine Partikel (UP) Partikel mit einem Durchmesser < 0.1 µm
Gesamtstaub (Total suspended particulates, TSP) grobe Fraktion der Partikel
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Partikelkonzentrationen
Konzentration des Schwebstaubes wird hauptsächlich beeinflusst von:
Vorkommen lokaler Quellen ultrafeiner Partikel (vorwiegend Verbrennungsprozesse)
Thermodynamische Bedingungen (begünstigen Koagulation oder Ferntransport von feinen Partikeln)
Oberflächendispersionsprozessen, die zur Freisetzung von groben Partikeln führen
Messung von Partikelkonzentrationen über: Partikelmasse (in µg/m³) (charakterisiert Belastung durch FP) Partikelanzahl (1/cm³) (charakterisiert Belastung durch UP)
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Partikelkonzentrationen
1995 bis 1998: Anzahlkonzentration: 58% im Bereich 0.01-0.03µm, 88% UP (0.01-0.10µm)Massenkonzentration: 3% unter 0.10µm, 78% 0.10-0.50µm, 95% unter 1.0 µm
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Chemische Zusammensetzung
Etwa zwei Drittel des urbanen Aerosols sind anorganische, etwa ein Drittel organische Substanz
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Chemische Zusammensetzung Partikelzusammensetzung maßgeblich bei der
Entstehung festgelegt Modifikation durch:
Reaktionen innerhalb der Partikel Partikel-Partikel Reaktionen Partikel-Gas Reaktionen
Anlagern von Substanzen (z.B. toxisch oder kanzerogen) Anorganische (z.B. Salze, schwerlösliche Oxide) und
organische (vor Allem aus Verbrennungsprozessen; auch Viren, Pollen oder Pflanzenabrieb) Bestandteile
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Chemische Zusammensetzung
Exemplarische chemische Aufteilung des Aerosols in München
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Partikelmessmethoden
Außenluft sehr heterogenes Gemisch Messung von TSP, PM10, PM2.5 und UP
Gesamtschwebstaub (TSP):
Messung mit Beta-Staubmetern Massenabhängige Absorption von Beta-Strahlung durch
auf Filter abgeschiedenen Staub
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Messung von PM10 und PM2.5
Diskontinuierliche, größenfraktionierte Messung: Konventionelle Filterabscheider Verschiedene Probenahmeköpfe Partikelmasse gravimetrisch bestimmt
Kontinuierliche Messung: TEOM (Tapered Element Oscilating Microbalance) Filter ist Bestandteil einer oszillierenden Einheit Umrechnung der Frequenzänderung in Massenänderung pro Zeit Berücksichtigung des Volumenstroms atmosphärische
Partikelmassekonzentration Messungen durch TEOM in Studien niedriger
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Messung Ultrafeiner Partikel mobiles Aerosolspektrometer (MAS)
Differenzielles Mobilitätspartikelinstrument (DMPS) Misst Partikel zwischen 0.01 und 0.5 µm Differentielles Mobilitätsanalysegerät (DMA) trennt
Partikelfraktionen in 13 unterschiedliche Größenklassen Kondensationspartikelzähler (CPC) zählt dann Partikel
Optisches Laseraerosolspektrometer (LAS-X) Misst Partikel zwischen 0.1 und 2.5 µm Klassifikation anhand von Lichtstreuung in 45 Kanäle
Liefert differenzielle Partikelanzahlkonzentration Berechnung der differenziellen Massenverteilung über mittlere
Partikeldichte in der Atmosphäre
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Emissionen
Viele unterschiedliche QuellenHauptverursacher Industrieprozesse und SchüttgutumschlagEmissionsanteil aus Verkehrssektor beträgt 21%
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Emissionen
Werte in den einzelnen Bundesländern oft deutlich unterschiedlichAufteilung von TSP-Masse und PM10 sehr ähnlich
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Immission Luftschadstoffdichten verschiedener Ballungszentren
unterscheiden sich vom Niveau her deutlich: Niedrige PM10-Werte in Skandinavien (Ø 20 µg/m³) Höhere Werte in Ballungsgebieten Amsterdam, Berlin, Pisa (Ø 34-
62µg/m³) und mittel- und osteuropäischen Studienzentren Spitzenwerte in Athen (Ø 99 µg/m³)
Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Messstationen oft zu vernachlässigen
Ultrafeine Partikel (UP) aufgrund des geringen Beitrages zu PM10 hier nicht betrachtet
Neuere Studien: hohe Gesundheitsgefahr durch UP
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Immission
Konzentrationen für UP an den drei Lokalisationen vergleichbarKonzentrationen für FP deutlich unterschiedlich
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Entwicklung am Beispiel Erfurt Kontinuierliche Schwebstoffmessungen in sieben Wintern
in Erfurt mit MAS Wandlung der Schadstoffbelastung in Ostdeutschland
nach Wiedervereinigung Umstellung von unkontrollierter Verbrennung von schwefelreicher
Kohle auf Verwendung von Erdgas und Öl Einsatz von Katalysator- und Partikelfiltertechnologie (besonders
in Kraftfahrzeugen) Deutlicher Rückgang der Schadstoffmassekonzentration Untersuchung zu Auswirkungen auf Partikelcharakteristik Vergleichbare Ergebnisse in Sachsen-Anhalt
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Entwicklung in Erfurt
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Entwicklung in Erfurt Mittlere PM2.5-Massenkonzentration fiel von Winter 1991/92
zu Winter 2000/2001 um etwa 75% Reduktion von MC0.1-0.5 von 52 auf 11 µg/m³
Anteil an PM2.5 von 82 % auf 67 % gefallen Anzahlkonzentration UP nach starkem Anstieg 1995/96
trotz fallender Tendenz signifikant über Wert von 1991/92 Hohe Werte 1995/96 aufgrund unüblich kaltem Winter Winter 1991/92 repräsentativ für Ende der 80`er und Beginn
der 90`er Jahre (meteorologische Verhältnisse, TSP, Gase)
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Test auf Unterschiede zu 91/92
• Logarithmierte geometrische Mittel als normalverteilt angesehen• H0: Werte gleich denen des Winters 1991/92 (t-test auf 5%-Niveau)
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Betrachtung des Zeittrends
• Smoothing-Splines mit einem Freiheitsgrad für jeden Winter• Berücksichtigung von Wochentag, Temp. und rel. Luftfeuchtigkeit
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Koagulationsdynamik Stationäre PM2.5-Messungen repräsentativ für ein Gebiet Koagulationsgeschwindigkeit von UP hängt von
Konzentration und Größenverteilung des Außenaerosols und thermodynamischen Parametern ab
UP mit einem Durchmesser von 0.01 µm koagulieren z.B. 10-100-mal schneller mit FP (polydisperse K.) als mit Partikeln ihrer Größe (monodisperse K.)
UP werden in Gegenwart von FP weggefangen (scavenging effect) (gilt nur, wenn in selber Konzentration vorhanden)
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Koagulationsdynamik
• (CMD, GSD)-Werte: 1991/92 (45nm, 3.5), 1995/96 (25nm, 2.7), 1998/99 (14nm,2.1) Halbwertszeiten von 28, über knapp 85 auf etwa 105 min gestiegen
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Entwicklung der Partikelanteile
Die relative Anzahlkonzentration von UP steigt kontinuierlich
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Ergebnisse in Bezug auf UP Gründe für höheren UP-Anteil
Aufenthaltszeit von UP (auch nach Koagulation) ca. 5 Stunden Koagulationsdynamik:
Steigt mit Anzahlkonzentration Fällt mit mittlerem Anzahldurchmesser Steigt mit Breite der Aerosolverteilung
Durch Reduktion größerer Partikel fällt scavenging effect weg Zusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen von
Partikeln <0.03 µm und negativen Gesundheitseffekten Gemessene Luftverbesserung verstärkt eventuell sogar
manche Gesundheitsrisiken
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Koagulation
Selbst bei gleichbleibender UP-Emission kann 2000 die UP-Konzentration zunehmen
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Größenverteilung im Aerosol
Die Anzahl größerer Partikel nimmt ab, die kleiner eher zu
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Persönliche Exposition Bisher Belastung der Außenluft dargestellt Menschen verbringen größten Teil ihrer Zeit in
Innenräumen Beiträge zur individuellen Exposition
Außenluft Innenraumquellen Persönliche Aktivitäten
Einige Studien zur persönlichen Exposition:THEES-Studie , PTEAM-Studie , EXPOLIS-Studie NMMAPS-Studie
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Ergebnisse der Studien Penetration und Zerfallsraten Funktion der Partikelgröße
Größerer Anteil PM2.5 oder PM1 als PM10 gelangt nach innen Persönliche Exposition im Allgemeinen größer als mittlere
Exposition über alle Quellen (Persönliche Wolke) Auch in Wohnungen mit starken Innenquellen Außenluftpartikel
nicht vernachlässigbar Niedrige Korrelationen zwischen Außenluft- und
Innenraumkonzentrationen bzw. pers. Monitoring große Schwankungen des Beitrags von Nicht-Außenluftquellen
Korrelation bei Menschen ohne Innenraumquellen deutlich höher Pers. Aktivitäten und Microenvironment wichtige Variationsquelle
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Ergebnisse der Studien Außenluft-Schwebstaubkonzentrationen wohl als Surrogat
für persönliche Exposition geeignet;Kernaussagen bisheriger epidemiologischer Studien nicht verfälscht
Statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen Gesundheitseffekten und Außenluftkonzentrationen obwohl: Menschen sich überwiegend in Innenräumen aufhalten Korrelationen zwischen Außenluft- und Innenraumquellen gering
Außenluft- und Innenraumquellen praktisch nicht korreliert Partikel unabhängige Schadstoffe Auswirkungen getrennt schätzbar
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Quellen[1] Cyris J, Heinrich J, Peters A, Kreyling W, Wichmann H (2002). Emission, Immission und
Messung feiner und ultrafeiner Partikel. Umweltmed Forsch Prax 7 (2) 67-77
[2] BUWAL. (2001). PM 10: Fragen und Antworten zu Eigenschaften, Emissionen, Immissionen, Auswirkungen und Massnahmen. Bern
[3] Jakubke, H.-D. und Jeschkeit, H. (1987). Fachlexikon abc Chemie: Band 1 A-K (3. Auflage). Thun und Frankfurt/Main : Verlag Harri Deutsch
[4] Jakubke, H.-D. und Jeschkeit, H. (1987). Fachlexikon abc Chemie: Band 1 L-Z (3. Auflage). Thun und Frankfurt/Main : Verlag Harri Deutsch
[5] Kreyling W, Tuch T, Peters A, Pitz M, Heinrich J, Stölzel M, Cyrys J, Heyder J, Wichmann H (2003). Diverging long-term trends in ambient urban particle mass and number concentrations associated with emission changes caused by the German unification. Atmospheric Environment International - Europe 37 (2003) 3841-3848