Transcript
Page 1: Encephalitis Lethargica mit Initialem Exanthem

I 5 6 4

K A S U I S T I S C H E

ENCEPHALITIS LETHARGICA MIT INITIALEM EXANTHEM*.

Von

P r i v a t d o z e n t Dr. ?r HO~LF~LD, Leipzig.

Vor 5 Jahren habe ich (vgI. Dtsch. med. Wochellschr. I922, Nr. 4) schon einmal fiber einen Tall yon Encephalitis lethargica berichtet. Damals handelte es sich wohl um den jiingsten der bislang beschriebenen F~tlle, ein 4 YVochen altes Brustkind, dies- mal um einen Tall, dessen Beginn sich in bisher nicht beschrie- bener Weise auszeichnete.

Der 8j~ihr. Junge erkrankte am 9. IV. 1927 mit Erbrechen, ~(op~schmerzen, Fieber und einem Ausschlag im Gesicht. Als ich ihn am 14. IV. zum erstemnal sah, erreichte das Fieber noch 39~ und fiber das Gesicht, besonders die Nasengegend, waren lose aus- gestreut dunkelrote, ins Schiefrige spielende, scharfrandige, nicht erhabene Flecke, die dem Fingerdruck wichen und etwa die GrSge roll Masernflecken batten. Ich wuBte mit diesem Befunde nichts Rechtes anzufangen; denn sonst war an dem t(inde nichts nachzu- weisen. Medikamente waren nicht gegeben worden.

Am n~chstell Tage war das Fieber zur Norm abgesunken und die Flecke im Verschwinden, die Stimmung des Kindes aber denk- bar unfreundlich. Es warf sich ungeb~rdig im Bette umher, an eine regelrechte Untersuchung war nicht zu denken. 4 Tage sp&ter war es wie umgewandelt, lieB sich wilIig untersuchen, lach~e dabei bestXndig. Es iiel jetzt ein grobschl~igiger Tremor der Arme auf.

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R i F T . 6. j A H R G A N G . N r . 33 ~3. AUGUSt ~927

M I T T E I L U N G .

Nackenstarre angedeutet, Sehnenreflexe gesteigert, Zunge zit terad herausgestreekt. Puls 6o. Flecke nicht mehr zu sehen.

Am folgenden Morgen kein Tremor mehr, Puls noeh 6o, Be- schwerde'n beim V~asserlassen, auffallende Schlafsucht, die sieh im Laufe des Tages noch steigert und yon nun an das Biid beherrscht, w~ihrend der Puls zur Norm zurfiekkehrt. Das t(ind reagiert dabei auf Anruf, nennt zun~ichst noch leise seinen Namen, kann bald abet nicht mehr sprechen, antwortet immer mit demselben, etwas bI6den L~che!n, dann rollen die Lider wieder herab. Aufriehten unm6gIich. Druck der Hand krafttos. Abends Kop~schweige. Nahrungsaufnahme nur in flfissiger Form, Mund dabei im Gegen- satz zu dem h~iufigen G/ihnen nut eben geSffnet. StuhI auf Einlauf, Urin ins Bert. Lumbalpunktion vom Vater abgelehnt.

Am 23. IV. t(ollsil mit einem Neurologen (Prof. QU~NSEL), der sich der Diagnose Encephalitis lethargica anschliel3t. Am 24., 26. und 28. IV. I, 2 und 5 ccm Trypaflavin intravell6s. Schon nach der ersten Injektioll freier, schnelles Schwinden der Schlafsucht, keine SchweiBe mehr. Gelegelltlich SpeichelfluB, nachts mitunter groge Unruhe, Drehbewegungen des Nopfes. Wiederkehren der Sprache, groBer Appetit. Steht seit dem 8. V. auf, Druck der Hand krMtig, Schlaf noch etwas unruhig. Als ieh am 9. V. komme, sitzt er am Tisch, mit einem Spiel besch~ftigt. Am 16. V. sucht er reich in der Sprechstunde auf.

Alles in allem also das Bild einer uicht eben schweren, abet doch ausgesprochenell Encephalitis letbargica, eingeleitet u. a. durch ein Exan~hem, das ffir sich betrachtet unverst~ndlich w~ire, aber ge- wissermaBen in die Zukunft weist und uns bedeutet, es wird noch etwas kommen, was die Erkl~rung bringt.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE. ~IBER TACHYKARDIE UND IHRE BEHANDLUNG.

Von

Prof . Dr . m e d . E. B o D ~ , Leiter der l~Iedizinischen Poliklinik der Medizlnischen Akademie in Dfisseldorf.

Die K e n n t n i s fiber die E n t s t e h u n g der verschiedenen Tachyka rd i en is t in gemeinsamer kl inischer und exper imente l - ler Fo r schung der le tz ten Jahre, insbesondere durch die elektro- ka rd iograph i sche Regis t r ie rung des Herzschlages we i tgehend gef6rder t worden. Auch die ]3ehandlung einzelner Tachy- ka rd i en h a t d u t c h die Einf f ihrung yon herzl~ihmenden Mit- te ln eine W a n d l u n g erfahren.

Ich k o m m e daher der Anregung der Schr i f t le i tung gerne nach, fiber das T h e m a der Tachyka rd i en und ihre Behand- lung z u s a m m e n f a s s e n d zu referieren.

Phy~iologisehe Vorbemerkung. Die normale laIerzschlagzahl des Erwachsenen in der ttShe yon

72--8o Schl~gen in der Minute ist best immt durch die Frequenz der automatischen Reizbildung im Sinusklloten. Nach ANDRUS und CARTER 1 entstehen die Herzreize dutch Aufladen und Entladen ether Potentialdifferenz durch semipermeable Membranen hindurch. Die Bildungsgeschwindigkeit der Reize sowie das Gef~lle der Ent- ladung ist gegeben dutch die verschiedene H-Ionenkonzentration der reizgebenden Zelle und der sie umgebenden Flfissigkeit. Der Gehalt an Caleium-Kalium und Natriumsalzen zu beiden Seiten der Membran best immt die Durchl~issigkeit der Membran und damit die Potentiatdifferenz, ullter der die Entladung ers Steigerung der Alkalescellz auBerhalb der Reizbildungsstelle ffihrt zu erh6hter Potentialdifferenz und zur Beschleunigung der Automatie, erhShte SXuerung zu Verlangsamung. Die Sauerstoii- bzw. B2ohlensXure- wirkung auf die Herzfrequenz ist auf Anderung des Elektrolyten- milieus im Zellinllern zurt~ckzuffihren. Naeh neueren Untersuchungen roll HAB~RLAND 2 und yon D~MOOR ~ soll eill spezifisches Herz- hormon die automatische Steuerung des Herzens bedingen.

Die im Sinusknotell entstandenen Ursprungsreize werden als Leitullgsreize an die VorhSfe und Kammern - - die Tr~ger llie- drigerer Automatie - - wetter geffihrt; dabei ist die Geschwindigkeit der RMzt~bertragullg innerhalb der Vorh6fe und Kammern ruek-

* Vortrag, gehalten in der Sitzung der Verelnigung Siehsisch-Thfiringischer Kinder- ~rzte in Magdeburg am 22. V. ~927.

arfig schnell, wlihrend der I3bergang yon Vorhof zur Kammer deutlich verlangsamt ist, ebenso der IJbergang vom Sinus auf die Vorh6fe (wenigstens beim Frosch).

ISHIAR• und NOMURA 4 haben gezeigt, dab die Reizfibertragung vom Vorhof zur l<ammer durch rhythmische I(ontraktion der Purkinjeschen Fasern bedingt isL Durch die IKontraktion dieser Fasern erfolgt erst sekund~ir die l<ontraktion der I<ammerwand.

ANDRUS und CARTEI~ (I. C.) betonen die Bedeutung der Wasser- stoff-lonenkonzentration auch ffir die Reizleitung im Herzen: geringe H-Ionenkonzentration auI3erhalb der Zelle fiihrt zur Stei- gerung der Potentialdifferenz, zur Verst~irkung des Aktionsstromes und zur Beschleunigung der Leitung.

Nach SCHI~LLONG 5 stellt die bet Erregung ether l~uskelzelle entstehende Konzentrations~inderung den physiologischen Reiz ffir die Erregung der benaehbarten Muskelfasern dar. Die ,,Reiz- fibertragung" ist danach nichs mehr als eine besondere Partiar- funktion des Herzmuskels llach ENGELiViANN yon der ,,Reizbarkeit" zu trennen.

Aul3er dem so bedeutsamen Faktor des elektrolytischen Milieus iss auch das Geftill der das Herz ern~ihrenden L6sung sowie deren W~irme fiir die Frequenz der HIerzreize und ihre Weiterleitung yon Bedeutullg. St6rungen des elektrolytischen Milieus sowie der DurchstrSmung, der Warme und des Sauerstoffgehaltes der N~hr- 15sung werden also Frequenz~nderungen des IKerzschlages bedingen k6nnen.

Weitere fi~nderullgen der Herzfrequenz k6nnen durch Extra- reize entstehen, die den Herzmuskel direkt oder auf dem ~rege fiber die langeu Herznerven treffen. Solche Extrareize entstehen entweder im Sillusknoten (nach WXNCKEBACH) oder im Vorhof, oder all der Vorhofskamlnergrenze oder in den l<ammern selbst. Sie habell ffir die Frequenz des Herzschlages erst eine 13edeutung, wenn sie gehAuft als Paroxysmen auftreten, wobei dann tiefer gelegene automas Zentren des Herzens durch pathologische Aufladung yon IZeizen die Fflhrung an sich reiBen und zu hoch- frequenter regelm~Biger oder unregelm~Biger Herzt~tigkeit fflhren. Die klinische Betrachtung wird sich besonders mit diesen Taehy- l~ardien zu besch~ftigen haben.

Als weiterer wichtiger Fakfor ffir das Tempo der llormalen sowie der pas Reizbildung und Reizleitung ist der Tonus der extrakardialen Herznerven zu betrachten. Der Tonus dieser Nerven paBt normaliter die Herzfrequenz dem Bedfirfnis des Organismus an. 2inf dem Wege fiber Vagus und Accelerans erh~lt das Herz dauernd iReize aus dem Gesamtorganismus. So wird es verst~indlich, dab die verschiedensten extrakardialell Reize - -

Recommended