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Internationaler Kongreß für Geschichte der Pharmazie vom 29. September bis 5. Oktober 1981 in Budapest
Der in zweijährigem Turnus abgehaltene Kongreß der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (IGGP) fand 1981 in Budapest und damit erstmals in Ungarn statt, wo sich vom 29. September bis 5. Oktober ca. 300 Teilnehmer: Pharmazie- und sonstige Fachhistoriker sowie an ihrer Berufsgeschichte interessierte Apotheker aus 24 Ländern, trafen. Tagungsort war die Ungarische Akademie der Wissenschaften, in deren Prunksaal am Vormittag des 29. September der unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Dr. Emil Schultheisz stehende Kongreß feierlich eröffnet wurde. Dabei stellte der scheidende Präsident der IGGP, Prof. Dr. Wolfgang Schneider (Braunschweig), als seinen Nachfolger Doz. Dr. Karoly Zalai (Budapest) vor (der sein Amt am 1. Januar 1982 angetreten hat), dessen Wahl am Vorabend durch die Generalversammlung der IGGP-Mitglieder bestätigt worden war. Während des Festaktes wurde ferner die - zum Andenken an Hermann Sehelenz (1848-1922), den Altmeister der deutschen Pharmaziegeschichtsschreibung, gestiftete - Schelenz-Plakette an Doz. Dr. Wojciech Roeske (Krakau) verliehen, der sich vor allem auf museologischem Gebiet große Verdienste erworben hat. - Ebenfalls im Prunksaal der Akademie konnte zwei Tage später im Rahmen der traditionellen Sitzung der Academie Internationale d'Histoire de la Pharmacie Pierre Julien (Paris) die Urdang-Medaille entgegennehmen, die ihm Prof. Dr. G. Sonnedecker (Madison/Wisconsin) im Namen des - von dem deutschen Pharmaziehistoriker Georg Urdang (1882-1960) mitbegründeten- American Institute of the History of Pharmacy überreichte.
Das Vortragsprogramm umfaßte insgesamt 114 Kurzreferate, die sich auf vier parallel tagende Sektionen verteilten. Entsprechend den vorgesehenen Themenkomplexen wurden in Sektion A die Entwicklung der pharmazeutischen Wissenschaften und deren Beziehungen zum Fortschritt der Naturwissenschaften und der Medizin sowie allgemeine Fragen aus der Geschichte des Gesundheitswesens behandelt, in Sektion B die pharmazeutische Praxis aus historischer Sicht und in Sektion C die Sozialgeschichte der Pharmazie erörtert, wohingegen die Beiträge in Sektion D der medizinisch-pharmazeutischen Museologie und Kunstgeschichte, ferner der Ethnomedizin im Zusammenhang mit Problemen der Pharmazie gewidmet waren. Wenn auch die Kürze der Redezeit meist nur punktuelle Anmerkungen zu dem jeweils gewählten Thema gestattete und die Diskussionen bisweilen unter den üblichen sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten litten, darf andererseits als Gewinn gerade das breite Angebot an speziellen Informationen verbucht werden, die eine Fülle interessanter Details beispielsweise aus der Botanik- und Chemiegeschichte, der pharmazeutischen Literatur-, der Arzneimittel- oder der Apotheken- und Standesgeschichte einzelner Länder, insbesondere natürlich Ungarns, vermittelten.
Trotz des umfänglichen Vortrags- und Rahmenprogramms (darunter eine ganztägige kulturhistorische Exkursion nach Esztergom, Visegräd und Szentendre) ließ sich darüber hinaus wohl kaum jemand die Gelegenheit entgehen, von den zahlreichen Museen und Bibliotheken der ungarischen Hauptstadt zumindest das nach dem großen Gynäkologen Igmic Philipp Semmelweis (1818-1865), dem "Retter der Mütter", benannte Institut zu besuchen. Zu dessen verschiedenen Einrichtungen gehört einmal das in Semmelweis' Geburtshaus befindliche Museum für Geschichte der Medizin, dessen Leiter Dr. Jozsef Antall im übrigen maßgeblich an der Organisation des Kongresses beteiligt war; zum anderen die pharmaziehistorische Abteilung, die in der ehemaligen Apotheke "Goldener Adler" im Budaer Burgviertel unweit der Matthias-Kirche untergebracht ist und in reizvoll gestalteten Räumen ebenfalls höchst sehenswerte Exponate aufzuweisen hat; schließ-
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lieh Archiv und Bibliothek (in der Török utca 12), deren vornehmlich aus aufgelösten Ordens-, Instituts- und Privatbibliotheken stammende Bestände an Büchern, Zeitschriften und Manuskripten mittlerweile auf über 100 000 Bände angewachsen sind.
Wie fast stets bei derartigen internationalen Zusammenkünften ist indes der wesentliche Ertrag auch dieses Kongresses sicherlich in den vielen erstmals geknüpften Kontakten beziehungsweise erneuerten und vertieften Begegnungen, namentlich mit Kollegen aus den Ostblock-Ländern, zu sehen - im nicht zuletzt durch die ungezwungene Atmosphäre geförderten persönlichen Gespräch also, zu dem die im Anschluß an die Vortragsveranstaltung vom 3. bis 5. Oktober durchgeführte dreitägige Rundreise nochmals reichlich Gelegenheit bot und das in dieser Form erst wieder allläßlich des nächsten IGGPKongresses, 1983 in Washington, möglich sein wird.
Prof. Dr. Peter Dilg Institut ftir Geschichte der Pharmazie Roter Graben 10 D-3550 Marburg/Lahn
Tagungsbericht über die Lelluerfortbildungsveranstaltung ,Geschichte der Physik' vom 5.10.81 bis 7.10.81 in Kaiserslautem
Die diesjährige Fortbildungsveranstaltung an der Universität Kaiserslautern (Fachbereich Physik) vom Staatlichen Institut für Lehrerfort- und -Weiterbildung des Landes Rheinland-Pfalz war der Thematik ,Geschichte der Physik' gewidmet. Die örtliche Tagungsleitung lag in den Händen von Prof. Dr. Hansjörg Jodl und StD Karl Heinz Munzinger. Die Tagung wurde von etwa 60 Physiklehrern der Sekundarstufe n besucht und umfaßte täglich vier anderthalbstündige Vorträge mit anschließender Diskussion. Ein ausführlicher Tagungsbericht wird in der Zeitschrift Der Physikunterricht (Heft 2/1982) abgedruckt werden.
Den ersten Fachvortrag hielt Prof. Dr. F. Hund (Universität Göttingen) über ,,Zugänge zur Quantentheorie in historischer Sicht". Dabei wurde referiert, wie es aus historischer Sicht drei Hinweise auf die Quantentheorie gibt, die in drei sich ablösenden Hauptphasen der Entwicklung der Quantentheorie einmündeten. Das Studium der Tieftemperatureigenschaften zeigte den Physikern die Fundamentalwirkung h auf. Diese erste Phase der Quantentheorie im Zeitraum von 1900 bis 1913läßt sich mit dem Stichwort ,Quantenstatistik' umreißen. Der zweite experimentelle Hinweis kam von den Linienspektren der Atome. Die zweite Phase der Quantentheorie, 1913 beginnend, ftihrte zu einer Atomdynamik auf der Grundlage des Korrespondenzprinzips und darüber hinaus durch mehrfache Berücksichtigung des Kombinationsprinzips der Spektren zur Quantenmechanik. Die Ubertragung des Dualismus auf die Materie durch L. de Broglie leitete 1926 die dritte Phase ein.