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Page 1: Über die Veränderungen im Blut und Harn nach intravenösen Zuckerinfusionen beim Menschen

XIV.

Aus der Medizinischen Klinik WUrzburg.

Uber die Ver~tnderungen im Blut und Harn nach intraveniisen Zuckerinfusionen beim ]~Ienschen.

Von

Priv.-Doz. Dr. W. :N'onnenbruch und Dr. W. Szyszka.

Schon die ersten Versuehe 1), die sich mit den Folgen yon in- travenSsen Zuckerinfusionen beschi~ftigten~ zeigten~ dab nut ein ganz kleiner Teil des injizierten Zuckers im t tarn erscheint~ der grSBere Teil dagegen im K(irper zurUckbleibt. Es wurde weiterhin gefunden, dab ein Teil dieses Zuckers in der Leber in Glykogen umgesetzt wird, dab abet die Menge des neugebildeten Glykogens in keinem Verbiiltnis zu dem zurUckgehaltenen Zucker steht. Eingehend be- arbeitet wurden die ganzen Fragen zuerst durch v. Brasol 2) im Ludwigschen Laboratorium, und seine Arbeit bildet noch heute die Grundlage fiir alle einschl~igigen Untersuchungen. v. Brasol in- jizierte bei Hunden Zuekerliisungen in ,verschiedener Konzentration and Menge und fand~ dab kein direkter Zusammenhang zw~schen dem Quantum des einffespritzen Zuckers und dem Blut- und Harnzucker bestand, und dab die Menffe des letzteren nur gering war. Die Unter- suchungen des Bhtes auf seinen Zucl~ergehalt vo rund nach der In- jektion zeigten 7 dab der Zucker die Blutbahn sehr rasch verlieB und dab 1--2 Stunden nach der Injektion der Blutzuckerwert ziemlich am Ausgangspunkt angelangt und einige Male sogar darunter war. v. Brasol injizierte 0~9--5 g pro Kilo in 20--84 o/oiger Li~sung. Uber die Schnelligkeit der Injektion machte er keine Angaben.

1) Falk-Limpert und Forster, zitiert v. Brasol~ Du Bois Reymond Arch. 1884.

2) v. Brasol, Ebenda.

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9.82 XIV. W. I~ON~EN~rtUCH und W. SZrSZKA.

Diesos rasche Vorschwindon des injizierten Zuckers aus dem Blur wurde best~tigt dutch Buttci)~ Lgpine2), P a v y 3) u. a. Chris toffe l4) , der Mengen yon tiber 1 g pro Kilo in 1 0 - - 2 0 0/0iger L~sung bei Kaninchen intraven~s injizierte, land nach dem Absinken der ersten Hyperglykamie ein zweites Ansteigen und Absinken der Blutzuckerku~'ve~ wobei auch auf der HSho dieser zweiten Schwankung meist hyper- glyk~tmische Werte erreicht wurden. C h r i s t o f f e l hat zuerst auf diese zweite Hyperglyk~mie, die auch schon in /ten Versu~hen v. B ra so l s deut- lich war m aber nicht besonders erw~thnt wurde~ aufmerksam gemaeht und s~hloB daraus~ dab der ilberschiissige Zucker nieht sofort verbrannt wurde. Bang 5) land bei langsamer Injektion nur unbetr~chtlich niedrigere Blut- zuekerwerte als bei um das Mehrfache schnellerer Injektion. Bei ken- tinuierlicher Injektion einer 10o/0igen w~sserigen Zuckerl~sung fand er, dab der Blutzuckerwert nur im Anfang anst'ieg, bei tier fortgesetzten In- jektion, die doch die gr~Bte Menge des Zuckers umfaBte~ aber so gut wie unver~tndert blieb~ der eingeftihrte Zueker also sofort aus dem Blut ver- schwand. Dieser Befund bildete mit eine Hauptstiitze fiir unsere in einer friiheren Arbeit6) dargelegte Ansicht, dab ftir den {~bertritt yon Zucker in die Gewebe das Zuekergef~tlle maBgebend sei. Bei einem iiberschtissigen Angebot von Zucker ans Blut steigt der Blutzueker an. Das zeigt, dab die Zuckerabgabe an die Gewebe der vermehrten Zufuhr nicht stand h~tlt und ist zunachst ein Ausdruck der Zuckeriiberstauung im Blur. Dutch den Blutzuekeranstieg wird aber aueh das Zuekergef~lle gegen die Gewebe vergrSBert nnd dadurch eine raschere Abgabe des tiberschiissigen Zuckers erm5glieht und das Blut vor einer weiteren Zuckertiberstauung behiitet. Insofern liegt in dem Anstieg des Blutzuckers aueh, etwas Zweekmafiiges~ well dadurch das Bht vor einer weiteren l~berstauung mit Zucker behiitet werden kann.

T h a n n h a u s e r und Pfi tzer~) in]izierten beim Mensehen 500 ccm einer 7 o/oigen ZuckerlSsung innerhalb 15 Minuten. Der Blutzueker stieg dabei beim blormalen maximal bis zu 0,2 6/6 an und erreiehte naeh 1/4 Stunde wieder den Ausgangswert. Ebenso land L 5 wy s) nach Injektion yon 200 ccm 20 6/6 iger LSsung beim Menschen nach 1/4 8tunde ~vieder normale Werte.

Die Frage, wie sieh das Blut yon einem Uberschufl an Trauben- zucker entledigt, bildete schon den Hauptgegenstand der Unter- suehungen v. B r a s o l s . Er fand ebenso wie alle sp~teren Forscher, dal~ mit dem Urin nut ein klei~ier Prozentsatz des Zuekers den K~rper

1) But te , C. r. soc. biol. 1895, S. 274; zitiert Bang, S. 73. 2) L~pine, Le Diab~te~ Ebenda. 3) Pavy~ Journ. of Physiology Bd. 24. 4) Chr is tof fe l , Z. f. d. ges. exp. Med. Bd. III, Hft. 2. 51 Bang, Der Blutzucker. Wiesbaden 1913, S. 78. 6) Nonnenbruch , Uber die innere Hyperglyk~mie. Arch. f. exp. Path.

u. Pharm. 1920, Bd.'86, Hft. 5/6. 7) Thannhause r uud Pf i tzer , MUnchen. reed. Wochenschr. 1913, Nr. 39. 8) L~wy~ D. Arch. f. kl. Med. Bd. 120, S. 181.

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verlieB. Dabei fiel ihm bereits die sehr merkwttrdige Tatsaehe auf~ dal~ die Zuekerausseheidung im Ham noch fortdauerte, naehdem der Bhtzucker bereits unter den Ausgangswert gesunken war.

Gerade hiervon ist in den sp~teren Arbeiten nur wenig die Rede. Aus Versuehen Christoffels 1) ist zwar auch diese Glykosurie bei Hypo- glykRmie herauszulesen~ wird aber nicht besonders betont. Erst in aller- j/ingster Zeit bes~h~ftlgte sich Lipschltz21~ der Versuche an Kaninchen mit intravenSser Injektion yon 25~ TraubenzuekerlSsung machte, wieder eingehend mit dieser Glykosm~e. Beim nieht diabetisehen Menschen~ bei dem man immer nur viel geringere Zuekermengen pro Kilo injizierte, wurde dlese Art Glykosurio, soviel wir ersehen~ bisher nieht erwahnt.

DaB die Glykosurie nicht verantwortlieh far das Versehwinden des Zuekers aus dem Blue ist~ ging weiterhln aus Versuchen yon WeyertS 1 und L~pine 4) hervor~ die nach Unterbindung der Ureteren den Zueker un- geaehtet aus dem Blut versehwinden sahen. J. S. Kleiner 5) sah dies aueh noeh, nachdem die Tiere nephrektomiert waren und durch ~eiue Anastomose zwisehen Vena cava und Aorta die hintere KSrperhiilfte zum grS~ten Tell ausgesehaltet war.

V. B r a s o l suehte welter in den Geweben naeh dem verschwuno denen Zucker und land hier einen erh~hten Zuekergehalt, es blieb aber noeh ein Rest yon etwa 30 o/o , den die Analyse nicht wieder ~ntdeeken konnte und tiber dessen Verbleib sieh v. B raso l auBer- stande erkl~irte aueh nur Vermutungen auszuspreehen. Auf Grund der neueren Untersuchungen, namentlich der Gaswechseluntersuehungen yon B e r n s t e i n und Falta6), kann man sieh heute den Vorgang ~wohl so vorstellen, dab ein UbersehuB an Zueker rasch in die Gewebs- fltissigkeit tibergeht und deft allmiihlieh yon den zuekeraviden Zellen aufgenommen und verarbeitet wird. Dabei bedient sieh der Organismus ebensosehr der Zuckerverbrennung; wie der Speieherung yon Gly- kogen oder tier Umwandhng yon Zueker in Fett. 1~ur bei ganz brUsker Ubersehwemmung kommt es zu Glykosurie.

Die Frage der Zusammensetzung des Bhtes naeh dem pl~tzliehen Hereinbreehen des Traubenzuekers wurde aueh schon dutch v. B ras el geprUft. Er bestimmte den EinfluB, den die Zuekerinjekti0nen auf den HKmoglobingehalt hatten und schloB daraus auf die Bhtver-

1) Chrlstoffel, Z. f. d. ges. exp. Med. Bd. HI, Hft. 2, u 7 und 10. 2/Lipschitz, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1920, Bd. 86, Hft. 1/2. 3) Weycrt, Du Bois Reymond Arch. 1891, S, 187; zitiert Bang, S. 77. 4) L6plne, Le Diab~te, Ebenda S. 199. 5) J. S. Kleiner, Journ. of experim, reed. Bd. 23. Ref. Jahrb. Tierchemie

1916, S, 124. 6) Bernstein und Falta, D. Arch. f. kl. Med. Bd. 125.

Archiv f. erperlmen~. Path . u. PharmakoL Bd. 86. 19

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284 xIv . W. NONNEtWBRUCH uud W. SZYSZKA.

diinnung. Er fand~ dal] bei Injektion yon etwa 3 g pro Kilo in hochprozentiger L~sung (bis zu 84 o/o ) der H~moglobingehalt betr~cht- l i c h - - in einem Fall his auf 31 o/o des Ausgangswertes - - sank. Die Verdiinnung muBte auf Grund eines Einstromes yon FlUssigke~t aus den Geweben ins Blur erfolgen~ geniigte aber nicht~ um die oben erw~thnten niederen Blutzuekerwerte nach der Injektlon zu erkliiren. 1--2 Stunden naeh der Injektion fand v. Braso l den H~tmoglobin- gehalt wieder normal oder dariiber, v. Brasol maehte auch EiweiB- bestimmungen im Serum vor und nach der Injektion und land regel- m~tl~ig eine starke Yerminderung.

Die Verminderung des Serumelwei~gehaltes nach der intr~ven~sen Zuekerinfusion stellte neuerdings auch L~wy l) dureh refraktometrisehe Eiweigbestimmungen fest.

Bes onders eingehend hat L i p s e h it z 2) die Frage der Blutveranderungen naeh der Injektion yon 250/oiger Traubenzueker-Ringerl~sung kiirzlich an Kaninehen untersueht. Er hat H~moglobin, Blutzueker~ Gesam~stiek- stoff~ Gesamtehloride und Gesamttroekengehalt bestimmt. Bei Rlibenkaninehen fand er als unmittelbare Folge der Infusion eine momentane briiske Blut- verdfinnung dutch salz- und N-armes Gewebswasser. Innerhalb der ersten lI/2 Stunden glieh sieh diese Verdllnnung dutch Abstrom yon Wasser durch die Nieren und Naehriieken yon NaC1 aus den Geweben ins Blut iiber- sehieBend aus~ w~hrend dis Hyperglyk~mie noeh hoeh blieb. Dann be- gann eine zweite Phase der Hydr~mie~ die 4--6 Stunden naeh der In- jektion kulminierte und jenseits der 24-Stundengrenze neuerdings die Norm erreiehte. Es war also in allen einsehl~gigen Versuehen als erste Folge einer intravenSsen Traubenzuekerinfusion eine erhebliche Verdiinnung des Blutes gefunden worden~ die bei weitem nieht dureh die injizierte Fliissig- keitsmenge erld~'t war, sondern einen Einstrom yon Wasser aus den Ge- weben ins Blur verlangte. An der Verd~innung beteiligten sich sowohl die Chloride und das H~moglobin wle das SerumeiweiB und das Gesamt- eiweiiL Im weiteren gingen Chloride elnerseits, H~moglobin und Gesamt-- eiweil3 andererseits auseinander, indem die letzteren naeh einem Ansteigen ein zweites Stadium der Senkung durehmaehten, wahrend die Chloride etwas langsamer anstiegen, dann aber keinen Sturz erlitten.

Dutch die Arbeiten BUdingens 3) iiber die Ern~hrungsbehand- lung des Herzmuskels mit intravenSsen Zuekerinfusionen haben die behandelten Fragen neuerdings ein besonderes Interesse far die Klinik gewonnen. Bl td ingen nennt den Traubenzueker den Hauptbetriebs- und l~ihrstoff fur das arbeitende Herz und steUt eine Beziehung auf

1) L~wy, D. Arch. f. klin. Med. Bd. 120. 2) Lipsehitz, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1920, Bd. 86, Hft. 1/2. 3) Biidingen, D. Arch. f. klin. Med. Bd. 114 bud Ern]ihrungsst~rungen

des Herzmuskels. Leipzig 1917.

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zwischen Herzleistung und Traubenzucker im Blur. Dnrch intravenSse Injektion yon rraubenzueker will er einen Niihrreiz auf das tterz ausiiben und eine Ablagerung yon Glykogen bewirken~ das dann einen Kraftstoff im Falle der Not abgibt.

Da der wesentliohe Anreiz zu der vermehrten Zuekm'ausnutznng des Herzens in der hohen Konzentration des Zuekers im Blur und in dem plStzUehen Angebot liegt~ wie sic bei intravenSsen Zuekerinfnsionen be- stehen, kann eine Zuekergabe per os wegen der regulierenden Tiitigkcit der Leber die intravenSse Zuekergabc hier nieht ersetzenf dcnn es kommt beim Mensehen 7 wie Frank~) zeigt% aueh naeh peroraler Zufuhr yon 100 g Glukose nur zu eincr ganz unbetr~tehfliehen Steigerung des Blut- zuekers. Dabei ist vorausgesetzt, dab der Blutzueker in dem zur Unter- suehung ge!angten peripheren Blur dem Blutzueker im Herzblut entspricht. B e r n s t e i n und F a l t a haben neuerdings die Lehre yon der ,inneren Hyperglykitmie( aufgestellt, die besagt, dall der Blutzuekergehalt im hepato- pnlmonalen Gefliggebiet starken Sehwankungen unterworfen ist, nnd dag bier besonders naeh kohlehydratreieher Nahrung eine Hyperglyk~imie be- stehen kann, ohne dag diese im peripheren Blut nachweisbar zu sein braueht. Bt idingen erbliek~e hierin einen Angriff auf seine Lehre, dab es not- wendig sei~ den Zucker zur Erzeugung einer Hyperglyk~tmie in dem das Herz ernahrenden Blut intraven0s zuzufiihren. Wie uns seheint~ ist aber dieser Angrlff in der Lehre Berns t e in und Fa l t a s gar nieht enthalten, denn die das Herz vorwiegend crnahrenden KoronargefitBe nehmen an der ~inneren IIyperglykitmie~ gar nieht teil~ da sic dem vierten Kapillar- system, das der Zueker naeh seiner Resorption im Darm zu passieren hat, angehSren~ in dem naeh den Vorstellungen Berns te in nnd F a l t a s der die ~innere Hyperglykamie~ ausmaehende liberschlissige Blutzueker bereits abgegeben ist: Augerdem glanben wir~) dureh Zuekerbestimmungen in gleiehzeitig aus Ohr nnd Herz yon Kaninehen unter versehiedenen Ver- snehsbedingnngen entnommenen Blutstropfen gezeigt zu haben~ dag die Lehre yon der ,inneren Hyperglykamie, nieht die Bedeutung hat, die ihr Be rns t e in nnd Yal~a zuspreehen, so daft die im peripheren Blur ge- fundenen Zuekerwcrte far das ganze Gefagsystem angenommen werden kSnnen.

Wir haben in den letzten Monaten einc Reihe yon intraven~sen Zucker- infusionen bei Herzkranken gemaeht. Die Zahl der F~lle ist aber noeh zu goring, um ein definitive~ Urteil tiber die Wirksamkeit abzugeben. Die objekfivc Behebung crier Besserung einer Kreislanfinsufflzienz konnten wir bisher in keinem Fall einwandfrei als Folge der Zuekerinfnsionen sehen. Dagegen empfanden die Patienten fast dnrehweg subjektiv naeh den Zueker- infuslonen eine erhebliehc Erleichterung.

Besonders eklatant war dies bei einem ~ilteren Mann mit fehlenden Patellarreflexen 7 abet negativem Wassermann~ der Fall 7 der seit vielen

11 Frank, Hoppe Seyler Bd. 70, S. 291. 2) N o n n e n b r u e h , Obcr die inhere Hyperglykiimie. Arch. f. exp. Path.

u. Pharm. 1920, Bd. 86, Hft, 5/6.

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Wo~hen tiglich ~u~erst heftigc h-isenartige, veto Epigastrium zum Herzen ziehende Schmerzen hatte, die wlr als tabische Gef~Bkrisen oder Angina peetoris auffa~ten. Er litt sehr~ und das Leben war ihm zur Qual. Naeh der ersten Zuckerlnfusion blieben die Schmerzen aus und der Mann war iibergltickli~h und dankbar. W~hrend der weiteren 14 Tage wurde die Injektion noeh 2mal wiederholt~ und jetzt noch naeh 8 Woehen arbeitet der Mann, der monatelang arbeitsunf~hig und eine Plage seiner Familie geworden war, besehwerdefrei, gl/ieklich und arbeitsfroh in seinem Beruf als Schutunaeher.

Das klinisehe Material sell naeh Sammlung weiterer Erfahrungen sp~ter mitgeteilt werden.

Bei den Zuekerinfusionen interessierte es uns, zun~chst genau zu verfolgen, wie rasch nach der Injektion der yon BUdingen benutzten L~sungen der Zucker aus dem Blut verschwindet, welehe Ver- ~nderungen das Blut dabei durchmacht und welehe Zuckermengen im Harn auftreten. Wit injizierten 30--60 g Traubenzucker in 15 bis 20 o/o iger L~sung und bestimmten Blutk~rperchenzahl~ Blutzueker, Serumeiwei~ und Serumchloride vo rund nach der Injektion. Au~er- dem wurde der Urin in Einzelportionen aufgefangen und Menge, spezifisches Gewieht und Zuckergehalt bestimmt.

Die Z~hlung der roten Blutk~.rperchen glbt AufschluB/iber die Fl~issig- keltsmengen, welche die Blutbahn verlassen haben oder dazu gekommen slnd, und sic ist vielfach verwendet worden, um daraus Schliisse auf Ver- ~nderung der Blutkonzentratlon zu zlehen. Die Methode ist durch die Einfiihrung der Biirkerschen Z~hlkammer bedeutend erleichtert und ge- nauer geworden, und wlr haben nach elniger ~bung in zahllosen Doppel- bestlmmungen bei Verwendung yon zwei verschiedenen Mischplpetten stets genUgend liberelnsfimmende Werte bekommen. Da uns die Blutk~rperehen- z~hlung nut AufschluB geben kann Uber Wasserverschiebungen zwlschen Geweben und Blut, nicht aber ilber solche zwisehen Plasma und Blut- kSrperchen, so erschlen es uns wertvoU, wic dies schon v. Brasol getan hat, gleichzeitig Serumelweifibesthnmungen vorzunehmen, die wlr refrakto- metrisch nach Rei~ maqhte n. Man erh~lt dadurch cinch brauchbaren An- haltspunkt ilbcr Sehwankungen des Wassergehalts im Serum, denn Trocken- substanzbestimmungen und Serumeiweigbestimmungen geben nach Ashcr 1) zlemlieh ~ibercinstimmende Resultate. Die Bintzuekerbestimmung maehten wit im Gesamtblut und h~ufig anch glelchzeitig im Serum. Den Zueker im Urln bestlmmten wlr nach Maquenn% zuweiien auch zur Kontrolle nach Lohnstein. Die TraubenzuekerlOsungen und das frisch destUlierte Wasser dazu mufiten wit uns jedesmal selbst bereiten. Den Trauben- zueker bezogen wlr in Tabletten zu 5,0 g yon Merck.

1) Asher, Bioeh. Zeitschr. Bd. 14.

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Die Betrachtung der Tabellen zeigt, dab erhebliche Schwankungen in den einzelnen Blutwerten naeh der Zuekerinjektion eintreten. Diese verlaufen nieht gesetzm~Big. Im Gegensatz zu allen friiheren Unter- suchungen fanden wir nicht immer, dab die erste Folge der Injektion eine BlutverdUnnung~ gemessen naeh Biutk~rperehenzahl bzw. H~mo- globin und SerumeiweiB war, sondern wir sahen wiederholt, dab die Blutk~rperehenzahl oder der SerumeiweiBwert nach der Injektion. an- stiegen. Eine feste Beziehung zwisehen BlutkSrperehenzahl und Serum- eiweiB bestand nicht. Es konnte die Blutk~rperchenzahl steigen und das SerumeiweiB gleichzeitig sinken und umgekehrt. Ebenso war es mit den Serumehloriden. H~ufig waren hier betr~ehtliche Schwan- kungen naeh unten da, einige Male blieben die Werte abet ziemlich gleieh oder stiegen sogar an.

Das Verhalten der Blutk~rperchenzahl, das uns einen der besten An- haltspunkte dafih" gibt~ ob der Fliissigkeitsstrom aus den Geweben ins Blut oder umgekehrt iiberwiegt~ zeigte naeh der int:ravenSsen Zuekerinfusion Aussehl~ge in beiden Riehtungen. Besonders stark war einige Male der Sturz der Blutk6rperehenzahl. Er betrug in einem Fall (3) 27 ~ Das wtirde bedeuten~ dal~ ein Plus yon etwa 2 1 Fllissigkeit aus den.Oeweben in die Bhtbahn eingestr6mt ist. Es handelte sieh in diesem Fall um einen 5dematSsen Herzkranken, der viel Wasser disponibel hatte. Abet aueh bei nieht 5demat6sen Kranken konnte die Verdiinnung~ gemessen an der BlutkSrperehenzahl~ eine sehr erhebliehe sein. In anderen F$11en stieg die Zahl der Blutk~irperehen nach der Injektion an (Versuch 2 undS) oder ver~nderte sich nut unbedeutend (Versueh 7 und 9). Hier ~iberwog also dis Fl(issigkeitsabgabe oder hielt zum mindesten dem Fliissigkeitseinstrom die Wage.

Es kann also der g l e i ehe E i n g r i f f e inmal zu e ine r Ver - dUnnung, e inmal zu e iner E i n d i c k u n g des B lu te s fUhren, ebenso wie wit es naeh dora Wasserversueh bei Nierenkranken be- obaehteten. Man kann im Einzelfall nieht voraussagen, wie die Re- aktion verlaufen wird.

Dis Sehwankungen des Serumeiwei/~wertes waren viel geringer~ wie die der Blutk6rperchenzahlen und gingen aueh nieht immer in der gleichen Riehtung. In der Regel tl'at naeh der Injektion eine geringe Verd~innung des Serumeiweil]es ein~ die sieh bald wieder herstellte; einige Male stieg aber das Serumeiweil~ naeh der Injektion aueh an. Die fort- laufenden Bestimmungen der SerumeiweiBwerte k6nnen uns keinen Auf- sehlul~ dar~iber geben 7 welehe Flfissigkeitsmengen aus den Geweben in die Blutbahn eingetreten sind oder diese verlassen haben~ denn die absolute EiweiBmenge im Serum ist night konstant, wie v. Brasol anzunehmen sehien, sondern wird dutch die gleiehzeitig mit dem Fltissigkeitsstrom zwisehen Geweben und Blur passierenden Eiweil~mengen st~ndig ver~ndert. Aul~erdem kSnnen Ver~uderungen tier 8erumeiweil~werte zustande kommen~

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wenn die BlutkSrperchen ihren Wassergohalt auf Kosten dos Plasmas andern, wenn also bei gleichem Gesamtwassergehalt des Blutes der Wassergehalt der KSrperehen zu- odor abnimmt. Allerdings dfirften die so zu erkli~- renden Veranderungen nur goring sein.

Die Sehwankungen der Serumeiwei•werte waren in unseren Ver- suehen kaum gr~i~er als man sie aueh ohne besondere Eingriffe im Laufe des Tages beim Normalen beobachtet und deuteten bei de~ gleiehzeitig oft starken Sehwankungen der Blutkiirperchenzahi darauf hin, dab der EiweiBgehalt des die Gef~tl~w~inde in beiden Riehtungen passierenden FlUssigkeitsstromes ungef'ahr dem des Blutserums ent- sprach.

In Versuch 13 stieg das Eiweia von 7,8 O/o vor der Injektion bis auf 8,728 O/o 4 Stunden naeh der Injektion an~ wahrend gleichzeitig die Blut- k(irperehen um ungefahr 1 Million gesunken waren. Der besonders starke Eiweil]anstieg ist als Folge der vorhergegangenen Euphyllininjektion an- zusehen (Veil und Spirol)).

Das ganz ungesetzmal]ige Verhalten de r /qaC1-Wer te im Serum, die ohne eine erkennbare Beziehung zu dem Verhalten der Blut- kiirperehenzahl und des Serumeiweii~wertes bald stark sanken und bald anstiegen 7 zeigt, wie die einzelnen Bes~ndteile des Blutes ihre eigenen Wege gehen und wie wenig man aus einem vermehrten odor verminderten Wassergehalt des Gesamtblutes, wie er sieh in den Ver- i~nderungen der Bhtkiirperehenzahl ausdrUekt, Rticksehltisse auf das Verhalten der versehie'tenen im Serum geltisten Substanzen machen kann.

In Yorsueh i ist das 8erum-lqaCl 20 Minuten naeh der Injektion yon 0,664 auf 0,471 ~ und die BlutkSrper~henzahl yon 4,7 auf 3,6 MiUionen gesunken, wi~hrend das Serumeiwei$ gleir blieb. Es mug danach ein eiweii~reieher, aber NaCl-armer Fliissigkoitsstrom aus den Ooweben zum Blur gegangen sein. In Versueh 2 muB man umgekehrt einen l~aCl-reiehen Fliissigkeitsstrom aus den Geweben ins Blut annehmen, dessen EiweiBgehalt anfangs etwas unter~ dann etwas tiber dem des Plasmas lag. In Versueh 3 sind die Verhltltnisse wieder anders. Hier hat ein starker Fltissigkeits- strom aus den GeWoben ins Blur stattgefunden, der I~aCl-reieher und an- fangs eiweiBarmer~ dann oiweiBreicher als das Blutplasma war.

So ergeben sich aus unseren Versuchen alle miiglichen Kombi- nationen. Man sieht im wesenfliehen, dab die intraveni~sen Infusionen yon 30--60 g Zueker in 15--20 o/o iger Liisung einen ganz erheblichen Austauseh yon Wasser, Kolloiden und Salzen zwischen Geweben und Blut ausliisen, wobei die einzelnen Bestandteile weitgehend unabh~ingig

1) Veil und Spire, 2Kiinch. reed. Wochenschr. 1918. 20*

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302 XIV. W. NOS~EI~rBRUCH 1111(:I W. SZYSZKA..

voneinander sind und bald eine Uberwiegende StrSmungsrichtung aus den Geweben ins Blut, bald nmgekehrt haben. In dieser Mobili- sierung kann vielleieht auch ein Tell der guten Wirkungen tier Zneker- infusionen BUdingens begrUndet sein.

Die Blutzuekerwerte verhielten sich in unseren Versuchen im we- sentlichen so wie in allen iihnlichen frUheren Versuehen. Der Blutzueker ~tieg nur wenig an im Yergleieh zu der in die Blutbahn injizierten Zuckermenge und sank raseh wieder ab, wobei moist hypoglyklimisehe Werte erreieht wurden.

Gewiihnlieh war der Blutzneker naeh der Injektion auf etwa 0,2 o/o gestlegen und naeh 1/2--1 Stunde wieder zur Norm gesunken. In einem Fall yon Leberkarzinom betrug der Zuekerwert naeh der Injektion 0~37 O/o ~ war aber naeh 40 Minuten wieder normal. Aueh in den Versuehen yon T h a n n h a u s e r und Pf i t ze r stieg bei Leberkranken der Blutzueker be- senders hoeh an, es dauerte hier aber stundenlang, bis die Hyporglyki~mie wieder abgeklungen war. Dies wurde als Ausdruek einer Leberinsuffizienz gedentet. Es sei aber auf die Vorsuehe Kle iners hingewiesen.

Eine litnger anhaltendo Erhehung des Blutzuekers sahen wir nur in dem oben erwiihnten Fall mit tabisehen Gefi~Bkrisen sive Angina peotoris. Der Ausgangswert war hier mit 0,07 ~ auffallend nieder, der I-Ieehstwert naeh der ersten Injektion war 0,202 O/o , und erst nach 4 Stunden war der Blutzueker wieder zu den niederen Ausgangswert abgesnnken. Bei einer zweiten Injektion stieg der Blutzueker nurmehr auf 0,167 ~ an trotz raseherer Injektionszeit. Dies stimmt mit der Erfahrung Chr i s to f f e l s ~iberein, dal~ bei wiederholten Zuekerinjektionen tier Blutzuekerwert weniger hoeh ansteigt. Eine Woehe sparer, wahrend der der Patient sieh immer wohler fiihlte, erfolgte die dritte Injektlon. Der Ansgangswert war jetzt mit 0,104~ wesentlieh hSher als die beiden ersten Male. Wenn man mit Bitdingen in den niederen Blutzuckerwerten bei Herzkranken etwas Unglinstiges erbliekt, so kiinnte dieses Ansteigen des Blutzuekers als Aus- druek tier erfolgten Besserung g~lten. Das hiihere Ansteigen naeh der Injektion in diesem Versueh ist auf die gloichz~itig erfolgte Euphyllin- injektion zu beziehen.

In Versueh 3~ 4 und 5 fiel der h(iehste Blutzuekerwert nieht mit dem Ende der Injektion zusammen, sondern wurde erst spliter erreieht. Diese aueh yon Bang beobaehtete Erseheinung deutet ebenso wie die oben er- wi~hnte zweite Hyperglyktimie Chr is toffe ls darauf hin, dab tier Zueker, der aus dem Blur versehwindet~ nieht gleieh zerstert wird.

Etwas sehr Auffallendes war das Abfallen des Blutzuekers unter den Ausgangswert naeh den Infusionen. Bei peroraler Zuekerzufuhr wurde diese Hypoglykiimie yon F r a n k beobachtet und mit einer iibersehieflenden Leberfunktion erkl~rt. Wir mSehten die Ursaehe mehr in einer allgemein gesteigerten Znekergier der Gewebe sehen, da die Leber nach den Versuehen K l e i n e r s nieht die bevorzugte Stelle einnimmt bei tier Entfernung des tibersehUssigen Zuekers aus

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Uber die VerRnderungen im Blut und Ham usw. 303

dem Bht, die man ihr friiher einrRumte. Der Zuckerverlust durch den l~tarn konnte in unseren Versuehen diese HypoglykRmie nieht er- klRren. L ipsch i tz , der diese HypoglykRmie aueh beobaehtete, sieht ihre Ursaehe in einer Ubersehiegenden Sekretion der Niere neben einer vermehrten Glykogenbildung und der Verbrennnng in den Geweben.

Von besonderem Interesse war uns die Yerfolgung der Z u e k e r - a u s s e h e i d u n g im H a r n nach den intraven~sen Zuekerinfusionen. Wie alle frUheren Untersueher fanden wir, dab der Zuekerverlust dureh den Harn nur goring war. Er betrug nur selten mehr wie ein Prozent. Schon beim ersten Versuch fiel uns auf, dal] im Harn noeh Zucker war, als der Blutzueker sehon unter dem Ausgangswert go'- sunken war. Diese Glykosurie bei ttypoglykRmie ist~ wJ~e eingangs erwRhnt, yon v. Brasol und neuerdings yon L ipseh i t z in Tierver- suehen bereits beobaehtet worden. Bei den einsehlRgigen Versuehen am Mensehen wurde unseres Wissens bisher nieht darauf geaehtet. Der hSehste solehe postglykRmisehe Zuekerwert im ttarn, den wir beobaehteten~ betrug 0~387 0]o (Versueh 3) und war h~her als in den vorher entleerten "Harnen, we der Bhtzueker hoeh war. Es ist dies aueh ein Beispiel fur das bekannte Auseinandergehen yon GlykRmie und Glykosurie. DaB es sieh beider reduzierenden Substanz in diesen postglyk~misehen Itarnen wirklich um Zueker handelte, bewiesen die gut iibereinstimmenden, dureh GRrung gewonnenen Werte mit dem Lohns te insehen Apparat. Die Glykosurie tiberdauerte die GlykRmie oft um viele Stunden. Wir versuehten dicse Glykosurie deutlieher zu maehen, indem wir gleiehzeitig Euphyllin injizierten odor reiehlieh Wasser trinken liel~en.

Die glykosurlsehe Wirkung der Diuretika der Purinreihe wurde dureh Jakobj 1) an der Coffeinsulfosaure nachgewiesen und auf eine gesteigerto Nierensekretion bezogen. Richter und U.' Rose2) fanden~ dag aueh der Blutzucker dabei erh~ht ist.

In Versuch 13 wurden 0~48 g Euphyllin intramusknl~r und 200 ecru 20 ~ ige Traubenzuekerl~sung intraven~is injiziert. Dcr Blutzncker stieg nieht hSher als eeteris parlbus ohne Euphyllin bei dem gleichen Patienten (Versueh 11 and. 12) und hatte sogar rascher sein Ausgangsni~eau wieder erreieht. Abet die Glykosurie hielt viol l~nger an als in allen friiheren Versuehen. Noeh am anderen Tag waren Spuren yon Zneker im Ham. Dieser Einflug war aueh in cinem zweiten Fall (u 9) dentlieh.

W~hrend so bei der Euphyllindiurese die Glykosurie bei l~ypo- glyk~imie noeh deutlicher wurde, hatte die einfaehe Wasserdiurese keinen solehen EinfluB.

1) Jacobj, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 35, S. 213. 2) Zitiert Sehmiedeberg, GrundriB d. Pharmakologic 1913.

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Den Einflug der Diurese auf die Glykosurie haben Versuche yon Jakobj 1) gezeigt und besonders deutlich aueh die Versuche yon Pollak~) tiber ~[en Adrenalindiabetes, we naeh intraven~ser Adrenalininjektion nut bei gleiehzeitiger Erzeugung einer Diurese Zucker im Harn auftrat.

Der cliuretische Effekt der Zuckerinfusionen war in unseren Versuchen versehieden. In der Regel blieben die Harnmengen goring (Tabelle). Ein Zusammenhang zwischen Blutverd,~innung und Diurese bestand nicht. • bei hoehgradiger Verdannnng des BIutes konnte die Diurese gering bleiben (u 3). Eine gesteigerte Diurese ging immer mit einer etwas vermehrten Glykosurie einher.

Auf die postglyk~mische Glykosurie hatte die einfache Wasserdlurese keinen Einflug (u 8 und 12).

Die Ursaehe der Glykosurie bei Hypoglykamie hat der Erkl~rung grol~e Sehwierigkeiten gemaeht, v. B r a s o l glaubte, dab die Nieren durch die vorhergegangene Einwirkung eines zuekerhalfigen Blutes eine erh~hte BeF~higung fur die Ausseheidung des Zuekers bekommen haben. Man konnte sieh dies mit F r a n k so vorstellen, dab die Niere bei einem gewissen Zuekerniveau des Blutes einsehnappt und dann ihre Arbeit tiber das Mal~ hinaus besorgt. Es k~nnte sieh abet aueh um einen Reiz handeln, den die Nieren nieht veto Blut, sondern aus den Geweben bekommen, wie es VeilS) fur die NaC1-Ausseheidung naeh reiehlieher NaCI-Zufuhr angenommen hat, w e aueh das NaCI aus dem Blur versehwindet und in die Gewebe gelangt und yon dort aus ohne eine erneute Hyperehloramie ausgesehieden wird. DafUr wtirde aueh der Versueh yon Sehwarz und Pulay4) spreehen, die naeh intraven~ser Milehzuekerinjektion diesen naeh 2 Smnden aus dem Blur, aber erst naeh 6 Stunden aus dem Ham versehwinden sahen. DaB vielleieht aueh eine Ablagerung yon Zueker in der Niere selbst yon Belang ist, darauf weist KrehlS) hin, wenn er sagt: ~Wenn die Nierenzellen Zueker aufnehmen, speiehern und sezernieren, also nieht einfaeh durehlassen oder nieht durehlassen, so ist viel Raum far St~rungen gegeben.~ Die Niere k~nnte also vielleieht ebenso wie es die andern Gewebe tun, Zueker aus dem hyperglyk~misehen Blur aufnehmen und dann sparer in den Ham abgeben. Zuekerbe- stimmungen im Nierengewebe naeh intraven~ser Zuekerinfusion sind unseres Wissens nieht gemaeht. Da sic kaum getrennt yon dem in den Kan~lehen befindliehen Ham auszuft~hren sein dtirften, w~ren ihre Resultate aueh nut mit u zu verwerten.

1) Jaeobj, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 61, S. 157. 2) Pollak, Ebdnda S. 419. 3) Veil, Bioch. Zeitschr. Bd. 91. 4) Schwarz und Pulay~ Z. fi exp. Path. u. Ther. Bd. 17, S. 383. 5) Krehl, Path. Physiologic S. 195.

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Uber die Veriinderungen im Blut und Harn usw. 305

Noch auf eine andere M~glichkeit der Erkliirung dieser eigen- artigen Glykosuri% die so viel Ahnliehkeit hat mi.t jenen seltenen Fiillen yon renalem Diabetes bei Hypoglyk~imie (Lttthjel)), sei hin- gewiesen. H a m b u r g e r und B r i n k m a n n 2) wiesen 'auf Grund yon ausgedehnten DurehstrSmungsversuehen an Uberlebenden Froschnieren darauf bin, dab die Permeabilitiit der Niere flir Zueker im hohen Grade abhiingig ist yon dem Ionengehalt und der Alkaleszenz der Durehstr~mungsflUssigkeit. Dutch Zugabe yon Natrium bicarbonicum zur Durehstr~mungsflUssigkeit konnten sie die Durchliissigkeit der Niere fur Zucker betriichtlieh herabsetzen. Experimentell iKBt sich der Zustand yon Glykosurie bei Hypoglykttmie durch intraven~se CaCI2- Infusion erzengen (Underhi l l und ClossonS)). Es mug also sein~ dab nach intravenSser Zuekerinjekti0n der Ionengehalt des Blutes

�9 die Permeabilit~t der Niere fur Zucker begtinstigt.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Bei intraven~sen Infusionen yon 30--60 g Traubenzueker in 15--20~ L~sung, die wir nach BUdingen im Sinne einer Er- niihrungsbehandlung des Herzens maehten, prUften wir, wie raseh nach der Injektion der tiberschUssige Zueker aus dem Blur ver- sehwindet und welche VerRnderungen die Zahl der roten Blut- k~rperchen, sowie SorumeiweiB und Serum-NaC1 naeh den Injektionen durchmaehen und welehe Zuekermengen im Ham auftreten. Die wesentlichen Resultate dieser intraven~sen TraubenzUekerinfusionen waren folgende:

1. Es traten erhebliche Sehwankungen in den einzelnen Blut- worten nach der Zuekerinfusion auf. Diese waren am ausgesprochen- sten bei den r0ten Blutk~rperehen und dem Serum-NaCl, weniger beim SerumeiweiB. Die Sehwankungen der einzelnen Werte erfolgten unabh~ngig voneinander und konnten bald i n der Richtung einer Konzentration, bald in der einer VerdUnnung verlaufen. Daraus wurde auf einen ganz erhebliehen Austauseh yon Wasser~ KoUoiden nnd Salzen zwisohen Goweben und Blur gesehlossen, bei dora fur die einzelnen Bestandteile bald eine Str~mungsriehtung aus den Geweben ins Blut, bald umgekehrt Uberwog.

2. Dot Blutzucker stieg nur wenig an - - maximal 0,370 in einem Fall yon Leberkarzinom - - im Vergleieh zu der injiziorten Zueker-

1) Liithje, MUnch. med. Wochensehr. 1901, Hft. 38. 2) Hamburger und Brinkmann, Bioeh. Zeitschr. Bd. 88, S. 102. 3) Underhill und Closson, The amerie. Journal of Physiol., zitiert

Bang S. 113.

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menge und war naeh 30~60 Minuten in der Regel wieder abgesunken, wobei haufig hypoglyk~misehe Werte erreicht wurden.

3. Der Zuekerverlust dureh den Ham betrug nur etwa 1--2 o/o und war etwas h~her bei reiehlieher Diurese.

4. Die Glykosurie bestand haufig noeh, wenn tier Blutzueker bereits unter den Ausgangswert gesunken war. Diese postglyk~mische Glykosurie wurde deutlicher bei Euphyllindiurese, abet nicht bei ge- wiJhnlieher Wasserdiurese.

5. Ein Zusammenhang zwisehen Blu~verdUnnung und Diurese bestand nicht.