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INHALT

Thomas Elsmann, Maria Elisabeth Müller, Uwe Staroske Vorwort der Herausgeber

Hans Koschnick Geleitwort

Wilfried Müller Staats- und Univer.sitätsbibliothek Bremen: Interne und exferne Kooperation als Voraussetzung einer

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erfolgreichen Entwicklung 14

Josef Stockemer und Helga Schiwek Die Teilbibliothek an der Hochschule Bremerhaven - die Bibliothek als Teil der Hochschule Bremerhaven 30

Karin Luckey Erfolg durch Kooperation: Die Hoch-schule Bremen und die Teilbibliotheken 40

Ralf Schneider lngenuarum artium studiis sacrum. Die TB-Musik in der Dechanatstraße 46

Ralf Schneider Speicher der Künste. Die TB-Kunst in der Überseestadt 50

KAPITEL 2 HISTORISCHE GRUNDLAGEN

Thomas Eismann Die Bib/iotheca Bremensis bis zum Ende des 18. Jahrhunderts: Sammlung, Nutzung und der Weg zum Gestaltwandel

Alexander Klugkist Akademischer Unterricht und wissen­schaftliche Informationsvermittlung in Bremen und Groningen

KAPITEL 3 FUNKTiONS- UND GESTALTWANDEL

Jürgen Babendreier Gründerjahre. Das Herz der Universität Bremen und ihr Bibliothekar

Detlev Ehrig und Uwe Staroske Wissensgesellschaften oder: Wozu brauchen wir Bibliotheken? Ein kleiner ökonomischer Streifzug

Frieder Nake Freie Hand und freier Blick. Nachdenken über die alte und neue Bibliothek

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Gabriele Beger Eine Schwester gratuliert - Harnburg grüßt Bremen. Rechtspolitische Betrachtungen zum Projekt einer Elektronischen Bibliothek

Anke Offerbaus Zur Bedeutung der digitalen Bibliothek der SuUB Bremen -Anforderung einer neuen Wissenschaftlergeneration

Sabine Wefers Wissensvernetzung - die Rolle der Bibliotheken

Maria Elisabeth Müller Tradition, Entwicklung und Innovation: 350 Jahre bewegte Bibliothekgeschichte -Überlegungen zur Zukunft der Staa~s-und Universitätsbibliothek Bremen

KAPITEL 6 GEBÄUDE-GESCHICHTE

Die Autoren

Auswahlbibliographie

14 2 Impressum

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EINLEITUNG

Mit ihrem 350-jährigen Bestehen und ihrem gegenwär­tigen Profil beweist die Staats- und Universitätsbiblio­thek Bremen (SuUB) eine erfreuliche Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit an die gesellschaftlichen Ent­wicklungen und an die Bedürfnisse und Interessen ih­rer Nutzerinnen und Nutzer. Wenn Studierende, Leh­rende und Forschende ebenso wie interessierte Teile der Bevölkerung sich heute ohne weiteres Nachdenken vor ihren heimischen Computer setzen, von ihrem Büro auf dem Universitätscampus aus oder im mit Compu­tern ausgestatteten Foyer der Bibliothek in den Kata­logen und Datenbanken der SuUB recherchieren und ihr vielfältiges Angebot an Dienstleistungen in An­spruch nehmen, dann stehen dahinter Prozesse weit­reichender Veränderungen der Funktion sowie der Kommunikations- und Organisationsstrukturen von

. Bibliotheken. So bilden moderne Bibliotheken durch den lokalen Bestand ihrer Sammlungen nicht mehr nur zentrale Orte des kulturellen Gedächtnisses einer Ge­sellschaft, sondern durch ihre kommunikativ-mediale Infrastruktur auch transkulturelle Netzwerke der Er­schließung und Verbreitung vorhandener Wissens­bestände.

Innerhalb nur einer Wissenschaftlergeneration hat sich somit die Welt der Bibliotheken fundamental ver­ändert. Durch digitale Informations- und Kommuni­kationstechnologien ist eine Vielzahl neuer Möglich­keiten entstanden, um die in Bibliotheken gesammel­ten und archivierten Wissensbestände effektiver und bequemer zu nutzen. Für die Bibliotheken selbst sind damit im Rahmen ihrer Weiterentwicklung eine Reihe von technischen, bibliothekarischen und juristischen Herausforderungen verbunden. Auf Seiten der Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler als dominanten Nutzern dieser Bestände werfen die Entwicklungen neben zahlreichen Vorteilen im wissenschaftlichen Arbeitsalltag auch kritische Fragen hinsichtlich einer wissenschaftlichen Qualitätssicherung in Forschung und Lehre auf.

Zum Inbegriff der neuen, veränderten Form von Bibliotheken ist die sogenannte digitale Bibliothek ge­worden. Was aber kennzeichnet eine digitale Biblio­thek im Unterschied zu oder als Teil einer traditionel­len Bibliothek? Der Erläuterung der Bedeutung der

digitalen Bibliothek für ihre Nutzerinnen und Nutzer vor dem Hintergrund aktueller Wissenschaftsentwick­lungen und damit verbundener Anforderungen von Seiten der Wissenschaft möchte ich daher zunächst einige Begriffsklärungen voranstellen.

Eine Bibliothek lässt sich ganz allgemein als Ein­richtung beschreiben, die unter archivarischen, ökono­mischen und synoptischen Gesichtspunkten publizier­te Informationen für ihre Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar macht (vgl. Ewert/Umstätter 1997: 10). So sind Bibliotheken zentrale Einrichtungen unserer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft und haben insbesondere als wissenschaftliche Bibliothe­ken die Aufgabe der Organisation und Verwaltung publizierten Wissens. Der Begriff der digitalen Biblio­thek wird vielfach synonym mit den Begriffen elektro­nische Bibliothek und virtuelle Bibliothek verwendet. Während digital ebenso wie elektronisch auf die tech­nische Grundlage und somft auf den Computer als zentrales Instrument der Organisation und Nutzung von realen Bibliotheken verweist, ist die Abgrenzung der Begriffe digital und virtuell im Unterschied zu realen Bibliotheken schwieriger.

Thomas Hilberer, ehemals Koordinator der Düs­seldorfer Virtuellen Bibliothek, definiert digitale Bib­liotheken als »Sammlungen elektronischer (= digita­ler) Informationen, die sich im Besitz und damit unter Kontrolle der betreffenden realen Bibliothek befin­den<<. Davon zu unterscheiden sind hingegen virtuelle Bibliotheken als »Sammlungen von Verweisen (Link­Sammlungen) auf Informationen, die sich aber als sol­che nicht im Besitz der betreffenden realen Bibliothek befinden bzw. befinden müssen<<.1 Dabei ist zu berück­sichtigen, dass alle virtuellen Bibliotheken immer auch digital, aber digitale Bibliotheken keineswegs immer auch virtuell sind. Zu nicht-virtuellen digitalen Bib­liotheken gehören z.B. CD-ROM-Sammlungen oder elektronische Kartensammlungen wie die der SuUB. An dieser Stelle verweist seine Definition von >>vir­tuell<<- zusätzlich zum technischen Aspekt des Digi­talen bzw. Elektronischen der Bibliotheksbestände -auf die Ortsungebundenheit durch Vernetzung von Informationsbeständen via Internet.

Insgesamt ist es also sinnvoll, digitale Bibliotheken als solche zu begreifen, die, wie im Fall der Staats­und Universitätsbibliothek Bremen, Bestandteil einer

166 K~\PITEL 5 BIBLIOTHEKE!i UfiO IHRE PERSPEOIVEN

realen Bibliothek sind und virtuelle sowie nicht-vir­tuelle Elemente der digitalen Informationsverarbeitung und -bereitstellung verbinden. Das heißt, dass reale Bibliotheken über elektronisch vernetzte Kommuni­kationswege Informationen in unterschiedlichen -nämlich eigenen und fremden- Informationssystemen recherchierbar und zugänglich machen. So werden im Rahmen digitaler Bibliotheken neben elektronisch er­schlossenen klassischen Buchbeständen auch elektro­nische Datenbestände wie Abstractdatenbanken oder elektronische Zeitschriftendatenbanken zusammen­geführt. In all diesen Fällen ist die Bibliothek nicht im Besitz der jeweiligen Sammlung elektronischer In­formationen, sondern erwirbt lediglich die Rechte an ihrer Nutzung.ll11 Rahmen einerdigitalen Bibliothek ist es daher möglich, Informationen zu einem Thema

zu bündeln, die in traditionellen Bibliotheken vorher nur lokal einsehbar waren. Die digitale Bibliothek kann so als eine vierfach gegliederte Bibliothek mit herkömmlicher Benutzung, Verwaltung, Magazinie­rung und Nutzbarmachung digitaler Angebote be­trachtet werden. Damit löst sie die klassische dreige­gliederte Bibliothek, wie man sie seit der 1737 erfolg­ten Gründung der Universitätsbibliothek Göttingen kennt, nicht ab, sondern erweitert sie lediglich um ein zunehmend wichtiger werdendes Element, die virtuelle, vernetzte Bibliothek (vgl. Umstätter 2000: 297).

Um die Bedeutung der digitalen Bibliothek der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen als kommu­nikativ-mediale Infrastruktur des Wissens- und In­formationszugangs für gegenwärtige und zukünftige Wissenschaftlergenerationen zu illustrieren, möchte

ich im Folgenden einige charakteristische Entwicklun­gen in der Wissenschaft darstellen. Sie begründen die Anforderungen, die Forschende und Lehrende als Nut­zer an Bibliotheken stellen. Des Weiteren zeige ich, in­wieweit die SuUB durch ihr Organisations- und Diensr­leistungsprofil bereits heute schon eine Vielzahl dieser Anforderungen erfüllt. Abschließend werde ich auf Herausforderungen und Problemfelder hinweisen, de­nen sich Bibliothekare und Bibliothekarinnen ebenso wie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Zu­kunft stellen müssen.

EXPANSION, ENTGRENZUNG UND TRANSNATIONALISIERUNG­TENDENZEN MODERNER WISSENSCHAFT

Wissenschaft kann als der gesellschaftliche, histori­sche und institutionelle Rahmen aufgefasst werden, in dem die ständige Erweiterung des Wissens durch Forschung und seine Weitergabe durch Lehre organi­siert und in professioneller Form betrieben wird. For­schung ist dabei die methodisch fundierte Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren systematische Do­kumentation und Veröffentlichung in Form von wis­senschaftlichen Arbeiten. Als Lehre wird die Weiter­gabe der Grundlagen wissenschaftlichen Forschens und die Vermittlung eines Überblicks·über das Wissen eines ganzen Forschungsfelds, der sogenannte aktu­elle Forschungsstand, bezeichnet. Betrachtet man die historische Entwicklung der Wissenschaft und die Stellung von Wissen in unserer Gesellschaft, so kann man gegenwärtig drei zentrale Merkmale feststellen, die ihren Verlauf kennzeichnen: 1. die Expansion, 2. die Entgrenzung sowie 3. die Transnationalisierung von Wissen und Wi-ssenschaft. Im Zuge der Verbrei­tung neuer Informations- und Kommunikationstech­nologien sind damit zugleich die Informatisierung von Wissen und eine zunehmende Generierung von Wissen in Netzwerken verbunden, wie im Folgenden gezeigt werden soll. 1. Der britische Wissenschaftshistoriker Derek J. de Solla Price (1963) beschrieb die Expansion des Wissens und der Wissenschaft, die er als den Übergang von Small bzw. Little Science zu Big Science bezeichnete, anhand

statistischer Kennzahlen. Der Begriff Big Science steht dabei symbolisch für eine Reihe von Veränderungen in der Wissenschaft, die besonders während und nach dem Zweiten Weltkrieg in den Industrienationen sicht­bar wurden. Wissenschaftlicher Fortschritt wurde durch von Regierungsseite großzügig geförderte Groß­projekte maßgeblich vorangetrieben. Big Science be­zieht sich also weniger auf die Qualität der Wissen­schaft als auf ihre Ausstattung durch >>big budgets<<, >>big staffs<<, >>big machines<< und >>big laboratories<<. Small Science impliziert dagegen die ursprüngliche Forschung, die in kleinem Umfang, also von einzelnen Wissenschaftlern oder in kleinen Forschungsgruppen mit geringer Ressourcenausstattung durchgeführt wurde. Die von de Solla Price postulierte Verände­rung von >>Little<< zu >>Big Science<< verweist somit im Kern auf zwei zentrale Entwicklungen, nämlich den exponentiellen Zuwachs an Wissen in immer kürze­ren Zeiträumen durch eine beschleunigte Wissens­produktion und eine kontinuierliche Vermehrung des wissenschaftlichen Personals. 2. Ein weiteres Merkmal ist die Entwicklung einer Frag­mentierung und Entgrenzung des Wissens. Mit der Vermehrung des gesamten Wissens erfolgte gleich­zeitig eine immer weitergehende Spezialisierung der wissenschaftlichen Disziplinen. Während ein Univer­salgelehrter vor 200 Jahren noch einen Gesamtüber­blick über den Stand nahezu aller wissenschaftlichen Forschungsgebiete gewinnen konnte, kann es heute bereits innerhalb einer Disziplin mitunter zu beacht­lichen Kommunikationsproblemen zwischen den Ver­tretern verschiedener spezialisierter Forschungsberei­che kommen. Umgekehrt diskutiert der soziologische Systemtheoretiker Rudolf Stichweh (2004) in seinem Aufsatz über das Verhältnis von Wissensgesellschaft und Wissenschaftssystem die zunehmende Entgren­zung des Wissenschaftssystems. Er verweist auf den Aufstieg neuer Wissenssysteme wie Wetterprognosen, technische Analysen von Wertpapieren oder Manage­mentlehren, die zwar nicht wissenschaftsfern, aber auch nicht Teil der klassischen Wissenschaftsdiszip­linen sind. Des Weiteren betont er die wachsende Be­deutung neuer, inkorporierter Wissensformen, die sich quasi unsichtbar in ihrer Wirkungsweise in System­und Handlungszusammenhängen moderner Gesell-

schaften befinden. Dem genau entgegengesetzt, aber ebenfalls von zunehmendem Interesse ist schließlich ein Wissen zweiter Ordnung. Hier wird Wissen dadurch dupliziert, dass die als Wissen gesicherten Zusammen­hänge noch einmal einer kontrollierenden Beobachtung und Evaluation unterworfen werden. Wenngleich er nicht davon ausgeht, dass die akademische Wissen­schaft durch diese Entgrenzung einen Bedeutungsver­lust erlebt, so betont er jedoch, dass ihr Stellenwert relativiert wird und sie ihren Status als einzigen Ort einer anspruchsvollen Wissensproduktion verliert. 3. Ein dritter Aspekt ist die Transnationalisierung von Wissenschaft. Obwohl sich Wissenschaft ihrem Selbst-

. - verständnis nach jenseits von nationalen Grenzen de­finiert, diese für Erkenntnisgewinn also prinzipiell keine Rolle spielen bzw. spielen sollten, ist ihre Orga­nisation und ihr Denken vielfach national bestimmt. 2

Die beiden Soziologen Jürgen Gerhards und Jörg Rös­sel haben Transnationalisierungsgrad und -entwick­lung des Wissenschaftssystems in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts anhand der Autorenherkunft wissenschaftlicher Publikationen und Zitationen un­tersucht. Sie betrachten Transnationalisierung als die Veränderung des >>Verhältnis[ses] zwischen Binnen­interaktion und Außeninteraktion eines Teilsystems der Gesellschaft<< (Gerhards/Rössel 1999: 325). Ihre Analyse ergab, dass die Geistes- und Sozialwissen­schaften gegenüber den Naturwissenschaften unter­schiedlich stark transnationalisiert sind und dass sich im Unterschied zur Soziologie sowohl für die Philo­sophie als auch in einem deutlich stärkeren Maße für die Chemie tatsächlich Transnationalisierungsprozesse zeigen. Als Ursache für den starken Transnationali­sierungsgrad der Naturwissenschaften vermuten die Autoren ausgeprägtere Infrastrukturen der wissen­schaftsinternen Kommunikation und einen höheren Grad der Standardisierbarkeit der Sprache. Mit poli­tischen Regulierungen und Rahmenbedingungen, die Kommunikationsflüsse behindern oder befördern, benennen sie eine weitere allgemeine Ursache für Transnationalisierungsprozesse.

Auf die Wissenschaft bezogen, ist demnach davon auszugehen, dass der seit 1999 forcierte Bologna­Prozess als politisches Vorhaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens nicht nur

Folgen für die Ausbildung der Studierenden, sondern auch verstärkenden Einfluss auf eine europabezogene Transnationalisierung der Forschung hat. Seit diesem Zeitpunkt besteht in der Internationalisierung ein zen­trales Paradigma der Hochschulentwicklung. 3 Zudem begünstigt die finanzielle Förderung transnationaler Forschungsprojekte durch die EU-Forschungsrahmen­programme länderübergreifende Kooperationen. Wie weit gie Transnationalisierung der Wissenschaft, ge­messen an Mobilität und Hochschul-Kooperationen, vorangeschritten ist und welche Folgen damit verbun­den sind, zeigen die Forschungsergebnisse von Carola Bauschke-Urban (2010) und Carola Hahn (2004).

Parallel zu den beschriebenen Strukturveränderun­gen innerhalb der Wissenschaft haben sich die Bedeu­tung des Wissensbegriffs und die Orte der Wissens­produktion verändert. So sind die genannten Entwick­lungen mit einer Informatisierung des Wissens und einer zunehmenden Generierung von Wissen in Netz­werken verbunden. Hierbei handelt es sich um zwei weitere Phänomene, die sich nun nicht mehr aus­schließlich auf Wissenschaft als Ort von Wissenspro­duktion beziehen, sondern auch auf andere Orte un­serer modernen, sich gegenwärtig als Informations­und Wissensgesellschaften (Wersig 1996; Stehr 1994) oder Netzwerkgesellschaft (Castells 2004) beschrei­benden Gesellschaft.

An dieser Stelle sei kurz auf die unterschiedlichen Wissensverständnisse eingegangen. Während die Wis­senschaft auf Wissen als Erkenntnis zielt und dabei sowohl den Prozess des Erkennens als auch das Er­kannte umfasst, betrachtet die Wissensökonomie Wis­sen in erster Linie als Voraussetzung von Handeln. Wenn wissenschaftliche Erkenntnis artikuliert und unabhängig vom Forscher als gültig betrachtet wird, wird e~ zu Wissen, das folgenden Kriterien genügt: Es muss wahr, erklär- und verstehbar, begründbar und intersubjektiv nachvollziehbar sein. Dagegen stellt die Wissensökonomie die Frage der Alimentierung in den Mittelpunkt. Es geht um die effiziente Nutzung von Daten und Informationen als Rohstoffe für eine er­folgreiche im Sinne einer handlungsbefähigenden Wis­sensproduktion. In der Literatur zum Wissensmanage­ment wird daher eine begriffliche Unterscheidung von Daten, Information und Wissen vorgenommen (vgl. z. B. Basler Roumois 2007).

K.l4PiTEL 5 8i6LJOTHEKEN Uf~O H-!!~E iTJ!:H

Eine Information kann nach Gregory Bateson (1994: 453) als Unterschied, der einen Unterschied macht, beschrieben werden- eine Definition, die darauf ver-

. weist, dass bei Prozessen der Verarbeitung von Da­ten zu Informationen immer von einer Systemreferenz ausgegangen werden muss. Informationen liegen dem­nach als strukturierte Daten vor, während Daten als empirisches Rohmaterial wahrgenommen werden können, aber nicht wahrgenommen werden müssen. Wissen ist eine mit reflektierter Erfahrung getränkte Information. Hierbei handelt es sich um einen Prozess der Bewertung, in dem ein Mensch unterscheidet, wel­che Daten für ihn Informationsqualität haben, die er infolge solcher Abwägung weiter verarbeitet, d. h. mit seinem schori vorhandenen Wissen verknüpft. Die Definitionen verweisen in zusammenfassender Weise auf die Vorstellung einer hierarchischen Wissenspyra­mide, die einen linearen Wertschöpfungsprozess von Daten über Informationen bis hin zu Wissen in auf­steigender Form beschreibt.

In ähnlicher Weise, hier aber nicht mehr als linea­rer Prozess, sondern im Sinne eines Netzwerkes, be­trachten kognitionswissenschaftliche Disziplinen wie die Psychologie, die künstliche Intelligenz, die Linguis­tik und die kognitiven Neurowissenschaften die Ent­stehung von Wissen. So definiert der Psychologe Robert L. Solso (2005: 242) Wissen als »Speicherung, Integ­ration und Organisation von Information im Gedächt­nis. [ ... ] Wissen ist organisierte Information, es ist Teil eines Systems oder Netzes aus strukturierten In­formationen<<. Ein so verstandener Wissensbegriff ist unabhängig von einer zugeschriebenen Wahrheit wie auch vom Bewusstsein des zuschreibenden Systems. Im Sinne dieser Definition kann ein Computer genau­so über Wissen verfügen wie ein Mensch, da sich Wis­sen von einfacher Information lediglich durch seine Systematisierung und Vernetzung mit weiterem Wis­sen abhebt.

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Wissenskonzepte kann das Phänomen der Informati­sierung des Wissens in einem doppelten Sinn verstan­den werden: zum einen als ein im Zuge der Entgren­zung von Wissenschaft stattfindender Bedeutungsge­winn von Wissen als nützlich bewerteter und in Netz­werken generierter Information. Zum anderen ist da­mit die fortschreitende Durchdringung unserer Wis-

sensweiten mit Informationsmedien aller Art gemeint (vgl. Frühwald 1996) oder anders formuliert: die Um­wandlung von Wissensbeständen in digitale Informa­tionen. Mit der Informatisierung des Wissens, die nicht mehr primär auf die wissenschaftliche Begründung, sondern lediglich auf die Strukturierung von Infor­mationen im Rahmen eines beliebigen Wissenssystems zielt, hat ein weitreichender Prozess der Formalisie­rung, d.h.-der Erzeugung von formalen Informations­beständen und deren Vernetzung zu Wissen einge­setzt. Dabei wird dieser Prozess vor allem von digita­len Informations- und Kommunikationstechnologien wie Computer und Internet gestützt, die als techni­sche Infrastruktur die Strukturierung und Vernetzung von Informationen ohne Weiteres ermöglichen. Die Vorstellung von Wissen als von Wissenschaft unab­hängige, nützlich bewertete und in Netzwerken gene­rierte Informationen liegt dem hohen Stellenwert von Wissen und Wissenserschließung in der heutigen Ge­sellschaft zugrunde. Umgekehrt wirkt dieser Prozess dahingehend auf die akademische Wissenschaft zu­rück, als dass diese ebenfalls immer häufiger wissen­schaftsexterne Daten und Informationen zu Kenntnis nehmen muss und auf ihre Nützlichkeit hin prüft. Zu­dem zeichnet sich auch hier die Entwicklung ab, dass akademisches Wissen zunehmend im Rahmen von Forschungsnetzen wie Exzellenzclustern, Forscher­gruppen, Sonderforschungsbereichen und anderen For­schungsverbünden generiert wird.

AKTUALITÄT, BEWÄLTIGUNG VON KOMPLEXITÄT, INTERNATIONALITÄT UND MOBILITÄT- ARBEITS~ BEDINGUNGEN EINER NEUEN WISSENSCHAFTLERGENERATION

Die dargestellten Entwicklungen von Expansion, Ent­grenzung und Transnationalisierung der Wissenschaft sowie die Informatisierung von Wissen und seine Ge­nerierung in Netzwerken korrespondieren auf indivi­dueller Ebene mit verschiedenen Handlungsorientie­rungen, die den Arbeitsalltag von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kennzeichnen. Zugleich erschlie­ßen sich daraus die Anforderungen, die sie an Biblio­theken in ihrer Funktion der Verwaltung und Bereit-

stellungwissenschaftlicher Wissens- und Informations­bestände richten. Inwieweit die Handlungsorientie­rungen und Erwartungen dabei als Ursache oder als Folge der genannten Entwicklungen zu betrachten sind, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Vielmehr kann von komplexen Wechselwirkungen ausgegangen werden, im Rahmen derer sich neue Wissenschaftler­generationen einerseits dominanten Entwicklungen in der Wissenschaft und Gesellschaft anpassen und die sie andererseits durch ihr Handeln in der weiteren Ent­wicklung wiederum forcieren.

Aufgrund der Expansion und Beschleunigung der Wissensproduktion ist die Aktualität wissenschaftli­cher Publikationen von zentraler Bedeutung. Der Slo­gan »publish or perish<< verdeutlicht den starken in­formellen Druck auf Forscher, ihre Ergebnisse mög­lichst aktuell, zahlreich und in angesehenen Verlagen oder Fachzeitschriften zu veröffentlichen, um ihr wis­senschaftliches Renommee zu steigern. Umgekehrt ist auch für ihre wissenschaftliche Recherche und somit für die Wahrnehmung neuer Entwicklungen in ihrem jeweiligen Forschungsfeld maßgeblich, was gerade aktuell veröffentlicht wurde. Der möglichst zeitnahe Zugriff auf alle Arten wissenschaftlicher Veröffentli­chungen ist daher eine grundlegende Erwartung an moderne Bibliotheken. Während Distributionswege und die Einarbeitung von Beständen in traditionellen Bibliotheken meist ein halbes Jahr dauern, ermögli­chen E-Books im Bestand von digitalen Bibliotheken sowie der Zugang zu elektronischen Zeitschriften da­tenbanken die sofortige Kenntnisnahme von kürzlich erschienenen wissenschaftlichen Publikationen.

Eine Bewegung, die ebenfalls in enger Verbindung mit der Beschleunigung und Expansion von Wissen, aber auch mit Entgrenzung von Wissensbereichen steht, ist die seit einigen Jahren stärker werdende Forderung von Open Access. Als Open Access wird der freie und kostenlose Zugang zu wissenschaftlicher Litera­tur und anderen Materialien im Internet bezeichnet. Eine wissenschaftliche Arbeit unter Open Access­Bedingungen zu publizieren, bedeutet für jeden Men­schen mit Internetzugang die Erlaubnis, diese Arbeit lesen, herunterladen, speichern, verlinken, drucken und damit entgeltfrei nutzen zu können.4 Neben dem Vor­teil einer schnellen und maximal verbreitbaren elekt­ronischen Veröffentlichungsmöglichkeit steht hinter

dieser Initiative als politische Idee vor allem der Wille, Wissen zu demokratisieren und als Ergebnis von öf­fentlich geförderter Forschung dieser Öffentlichkeit wiederum frei zugänglich zu machen. Open Access schließt auch den freien Zugang zu wissenschaftlichen Primär- und Metadaten, Quellentexten und digitalen Reproduktionen ein. Da Bibliotheken als zentrale Mittler wissenschaftlicher Literatur- und Informa­tionsversorgung an Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen professionell mit der Be­schaffung und Bereitstellung von gedruckten ebenso wie elektronischen Medien befasst sind, kommt ihnen bei der Integration von Open Access-Inhalten in das Gesamtkonzept der Literatur- und Informationsver­sorgung eine entscheidende Rolle zu. Infolgedessen übernehmen viele Bibliotheken einen großen Teil der praktischen Umsetzung von Open-Access-Angeboten, indem sie z. B. als Betreib er von Hochschulschriften­servern und Repositorien auftreten. 5

Die Expansion von Wissenschaft wie auch ihre Ent­grenzung in neue Wissenssysteme spiegelt sich im An­spruch einer breiten Kenntnisnahme und eines mög­lichst umfassenden Zugriffs auf alle im Rahmen wis­senschaftlicher Recherche relevanten Informations­quellen wider. Das heißt aber auch, dass sich zur Be­wältigung der Fülle und Komplexität an Daten, Infor­mationen und gesellschaftlich vorhandenen Wissens­beständen die Anforderungen an die Strukturierungs­leistungen erhöhen. Dies gilt für Wissenschaftler im

172 KAPITEL 5 ·BIBLIOTHEKEN UND IHRE PERSPEKTIVEN

Forschungsprozess ebenso wie für Bibliotheken als Verwalter und Bereitsteller der kontinuierlich wach­senden Informations- und Wissensbestände. Da im Zuge der Informatisierung des Wissens Nutzer aus Wissenschaft und Öffentlichkeit erwarten, dass Bib­liotheken nicht nur den Zugang zu (durch wissenschaft­liche Verlagsveröffentlichungen) gesichertem Wissen, sondern auch zu den mittlerweile zahlreich verfüg­baren elektronischen Datenbanken und anderweitigen Informationsbeständen bereitstellen, sind diese eine entscheidende Instanz zur Sicherung von Qualität. Aufgrund der vielfältigen Wissens- und Informations­bestände unterschiedlicher Quellen und der häufig nicht mehr eindeutigen Zurechnungsmöglichkeit von (strukturierter) Information und (wissenschaftlich ge­sichertem) Wissen ist es insbesondere Aufgabe der Bibliotheken, nicht nur Zugangsmöglichkeiten zu schaffen und zu systematisieren, sondern diese insbe­sondere auch zu prüfen und zu kontextualisieren. Nur so können Quellen transparent gemacht und ihre In­halte angemessen bewertet werden.

Eine dritte, im Zuge hochschulpolitisch motivierter Internationalisierungsaktivitäten an Wissenschaftler und Bibliotheken gerichtete Erwartung ist die Inter­nationalität der Wissens- und Informations bestände. Das heißt für Wissenschaftler, dass zur wissenschaft­lichen Recherche zwingend auch die Wahrnehmung internationaler Forschungsergebnisse gehört, wenn nicht gar der Rückgriff auf Daten und Informationen anderer Länder für die eigene Forschung. Daher sind Veröffentlichungen internationaler Verlage ebenso wie Bibliotheksbestände und Datenbanken in anderen Län­dern relevante Informationsquellen. Zugleich sind die Internationalisierung der eigenen Forschung, also die internationale Verbreitung von erzielten Forschungs­ergebnissen, und die internationale Kooperation zu Forschungszwecken von zentraler Bedeutung. Auch hier ermöglichen die digitale Bereitstellung von wis­senschaftlichen Dokumenten und die virtuelle Vernet­zung dieser Ressourcen im Rahmen digitaler Bibliothe­ken einen zunehmend größeren Verbreitungs- und Ver­arbeitungshorizont wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Schließlich gehört im Zuge von Aktualitätsorien­tierung und wachsenden Mobilitätsanforderungen innerhalb der Wissenschaft auch die Flexibilität und Mobilität des Informationszugangs zu den an moder-

ne Bibliotheken gerichteten Erwartungen. Eine vom realen Bibliotheksstandort unabhängige Zugriffsmög­lichkeit auf deren Kataloge und digitalen Bestände wie auch die Zugangsmöglichkeit mittels eigenem Laptop innerhalb der Bibliothek sind, wie eingangs geschil­dert, nicht nur Wunsch vieler Wissenschaftler und Studierender, sondern im Fall der Staats- und Univer­sitätsbibliothek Bremen bereits Realität.

Vor dem Hintergrund der sich verändernden aka­demischen Wissenschaft und ihrer Durchdringung mit modernen Informations- und Kommunikations­technologien wirken digitale Bibliotheken zentral am Zugang zu Informationen, an ihrer Strukturierung zu Wissen und an der Herstellung von Konnektivitäten (Hepp et al. 2006) zu Informations- und Wissensbe­ständen internationaler Wissenschaftskontexte mit. Der folgende Abschnitt illustriert, welchen Nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von den Angeboten einer digitalen Bibliothek haben und in­wieweit die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen diesen Entwicklungen Rechnung trägt.

DIE DIGITALE BIBLIOTHEK AUS DER SICHT VON WISSENSCHAFTLERINNEN UND WISSENSCHAFTLERN

Die Bedeutung digitaler Bibliotheken wird ganz ent­scheidend dadurch bestimmt, dass sie in der Lage sind, eine Reihe von Problemen zu kompensieren, die für die Nutzung traditioneller Bibliotheken charakteristisch sind. Stellt man ihre jeweiligen Eigenschaften gegen­über, beziehen sich wesentliche Vorteile von digitalen Bibliotheken auf die Möglichkeit einer asynchronen Nutzung im Unterschied zur vorher ausschließlich synchronen Nutzungsmöglichkeit und auf universel­len Zugang und universelle Verfügbarkeit im Unter­schied zur früher notwendigen lokalen Präsenz von Nutzern und Beständen. Während man früher von den Öffnungszeiten der Bibliothek abhängig war, können die Bestände und Dienstleistungen digitaler Bibliothe­ken rund um die Uhr in Anspruch genommen werden. Noch bedeutsamer für die wissenschaftliche Recher­che ist jedoch, dass Bibliotheksbestände in Form von digitalen Dokumenten zu jeder Zeit verfügbar sind und ortsunabhängig von vielen Nutzern gleichzeitig

verwendet werden können. Bibliotheksbesucher tra­ditioneller Bibliotheken können deren Bestand nur vor Ort nutzen bzw. sich dort Bücher ausleihen- eine Möglichkeit, bei der die Motivation mit wachsender Entfernung vom Standort rapide abnimmt. Zudem schränkt die in der Regel auf ein Exemplar begrenzte Anzahl eines Buchs die Ausleihmöglichkeiten für den einzelnen Nutzer erheblich ein. So besteht aus der Sicht der Bibliotheken ein ständiger Konflikt zwischen der Breite des Bestands und dem akuten Bedarf, der sich besonders in Universitätsbibliotheken niederschlägt, wenn zahlreiche Studierende die gleichen Grundlagen­werke oder Bücher zu aktuellen Forschungsthemen benötigen.

Demgegenüber haben digitale Bibliotheken den Vorteil, dass sie durch die Erstellung, Verwaltung, Si­cherung und Verteilung von digitalen Ressourcen so­wie die Ablösung konventioneller Geschäftsgänge und Dienstleistungen durch computerunterstützte Verfah­ren diese Probleme systematisch lösen. Als virtuell ver­netzte Bibliotheken können sie zudem ihre eigenen Bestände um die digitalen Ressourcen anderer Biblio­theken und Institutionen erweitern. Irrfolge zunehmen­der Digitalisierung analoger Medien und Verbreitung neuer digitaler Medien treten also neben die klassi­schen Bestände digitale Dokumente und Ressourcen als primäre Bestände einer digitalen Bibliothek (vgl. Endres/Feliner 2000: 15 -19). Diese sind durch die Digitalisierung analoger Bibliotheks bestände, wie z. B. alter Zeitungen oder historischer Kartensammlungen, und durch die Bereitstellung digitaler Informationen und Medien wie Datenbanken oder E-Books vorhan­den. Aus der Sicht der Nutzer zeich.qen sich digitale Dokumente vor allem hinsichtlich ihrer individuellen Sammlungs- und Bearbeitungsmöglichkeit aus.

Abhängig vom jeweiligen Aufzeichnungsformat kann Information auf wesentlich kleinerem Raum ge­speichert werden, als dies bei analogen Medien der Fall ist. So erfordert ein E-Book, verglichen mit dem Platz seines Pendants als Prilltausgabe im Bücherregal, le­diglich einige Megabites auf einem Computer, was eine deutlich geringere Platz- und Speicherkapazität dar­stellt, wenn man einen ganzen Bibliotheksbestand be­trachtet. Hat man ein Dokument ausgewählt, lässt es sich innerhalb kürzester Zeit auf den eigenen lokalen Rechner übertragen, und dies nicht nur in der Biblio-

LLEH

thek vor Ort, sondern von jedem beliebigen Ort der Welt aus, wenn ein virtueller Zugang zur jeweiligen Bibliothek gegeben ist. Für Bibliotheken entfallen da­her Instandhaltungs- und Ersatzprobleme, und für Nutzer entfällt die Notwendigkeit, Originale zu ko­pieren oder anderweitig zu reproduzieren. 6

Ein besonders wichtiger Aspekt für Wissenschaft­ler als Experten in ihren jeweiligen Forschungsfeldern ist die gegenüber konventionellen Dokumenten leich­tere inhaltliche Erschließbarkeit von digitalen Doku­menten. Durch automatische Suchfunktionen kann in diesen Dokumenten schnell und zielgerrau nach bestimmten, für die eigene Forschung relevanten In­formationen gesucht werden. Hierbei handelt es sich um einen Vorteil, der auf die Eigenschaft vieler analo­ger Medien verweist, nämlich darauf, dass Informa­tionen mitunter auf relativ große Einheiten verteilt sein können. Zwar enthalten auch Bücher seit jeher Inhalts­verzeichnisse und in vielen Fällen Indizes, die eine ge­naue Suche ermöglichen. Dennoch kann digitale Infor­mation in beliebig kleine Einheiten unterteilt und selektiv durchdrungen werden. Falls Codierung und Format bekannt sind, können digitale Dokumente auf dem eigenen Rechner sehr leicht be- und weiterverar­beitet werden. 7

Ein weiterer Vorteil digitaler Dokumente, der vor allem für die Lehre von Bedeutung ist, ist der der Zu­sammenführung verschiedener Medientypen. Texte und Grafiken lassen sich beliebig mit Foto-, Video­und Audiodateien verknüpfen oder verschiedene Me­dienformate wie Text- und Videoausschnitte zusam­men in einer Datei speichern und so auf dem eigenen Rechner gemeinsam ablegen.

Durch digitale Bibliotheken haben sich nicht nur die Bestände um digitale Ressourcen jeglicher Art er­weitert, sondern auch das Spektrum an elektronischen Dienstleistungen von Bibliotheken. So gehöreil neben der Elektronisierung des Bibliothekskatalogs auch der Zugang zum Internet, der Anschluss an Bibliotheks­verbünde und Metakataloge, Datenbanken und In­formationsportale, Linksammlungen und ein elektro­nischer und vernetzter Auskunftsservice zu den Dienst­leistungen digitaler Bibliotheken. Aus der Sicht von Wissenschaftlern ist das Spektrum umso eher von Vor­teil, je mehr sie diese Erweiterungen für ihre Recherche systematisch nutzen und auf ihre spezifischen Interes-

sen fokussieren können. Zwar gehört die Erstellung von Thesauren und Klassifikationssystemen als Hilfs­mittel für die Beschreibung und das Suchen von In­formationsbeständen zu den klassischen Dienstleistun­gen von Bibliotheken. Aber ein bedeutender Vorteil von digitalen Bibliotheken besteht in der anwendungs­freundlichen Vereinheitlichung des Zugriffs auf hete­rogene Bestände; so müssen Nutzer nicht mehr me­dienabhängig verschiedene Kataloge durchforsten, sondern können in einem einzigen Katalog nach un­terschiedlichen Medien recherchieren.

Der Erweiterung der Bestände stehen in digitalen Bibliotheken wiederum zahlreiche Möglichkeiten der individuellen Eingrenzung der Suche gegenüber. So ge­hören Profil- und Benachrichtigungsdienste (wie z. B. RSS-Feeds) zu modernen Formen elektronischer und individualisierbarer Dienstleistungen. Diese auch als Web 2.0-Technologien bezeichneten interaktiven Tech­niken und Dienste sind auch für Bibliotheken adap­tierbar und ermöglichen hier beispielsweise, dass sich Nutzer sofort benachrichtigen lassen können, wenn bei hochaktuellen Themen ein Titel oder ein Daten­bankeintrag neu erscheint, der ihrem spezifischen Inte­ressenprofil entspricht. So müssen neue Forschungsent­wicklungen nicht mehr recherchiert werden, sondern landen kontinuierlich auf dem virtuellen Schreibtisch des Benutzers.

Schließlich ist aus der Perspektive vieler Wissen­schaftler von Vorteil, wenn Bibliotheken bei der Ge­staltung ihres digitalen Angebots auch technische Möglichkeiten berücksichtigen, mit denen sie Infor­mationen für individuelle Datenverarbeitungssysteme konvertieren oder direkt dorthin exportieren können. So ist insbesondere der Transfer bibliographischer Da­ten in das eigene Literaturverwaltungsprogramm eine enorme Arbeitserleichterung.

Die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen hat die zukunftsweisende Bedeutung digitaler Ressourcen und Anwendungen sowohl für ihre Nutzer als auch im Rahmen ihrer eigenen Bibliotheksorganisation sehr früh erkannt. Eine zentrale Aktivität der SuUB ist ne­ben der herkömmlichen Verwaltung, Magazinierung und Bereitstellung der Bibliotheksbestände8 daher auch der Auf- und kontinuierliche Ausbau der Elektroni­schen Bibliothek der Staats- und Universitätsbiblio­thek Bremen (E-LIB).9 Die E-LIB ist eine seit 1999 be-

stehende digitale Bibliothek, die sowohl den physisch vorhandenen Bibliotheksbestand der SuUB Bremen als auch freie oder über Lizenzen verfügbare elektro­nische Medien unter einem Retrievalsystem, also einer einzigen Suchoberfläche, zugänglich macht (Blenkle/ Ellis/Haake 2009: 619). So sind neben den im Biblio­thekskatalog der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen nachgewiesenen Medien über die Suchma­schine der E-LIB vor Ort oder von jedem beliebigen externen Ort auch folgende Medien und Typen von Informationen recherchierbar:10

- alle gedruckten und elektronischen Zeitschriften­titel, die die Bibliothek besitzt oder für die sie den Zugang bereitstellt (ca. 31.000)

- eine Sammlung von derzeit rund 15.000 E-Books - die Einstiegsseiten aller bibliografischen Fachdaten-

banken, für die die Bibliothek den Zugang bereit­stellt (ca. 200)

- elektronische Zeitschriftenartikel wichtiger inter­nationaler Verlage (ca. 19 Millionen)

- wissenschaftlich relevante freie Internetquellen und frei zugängliche Dokumente auf den universitären Dokumentenservern weltweit (Open Access/Open Archive Initiative) (ca. drei Millionen Dokumente)

Im Dezember 2009 wurde das über die E-LIB verfüg­bare Medienangebot auf rund 24 Millionen Stücke beziffert, von denen sich der Anteil digitaler Dokumen­te in Form elektronischer Volltexte, der rund 85% der recherchierbaren Inhalte ausmacht, ernorm erhöht hat. Deutlich wird zudem, dass sich die Inhalte der E-LIB als digitaler Bibliothek nicht mehr nur aus elek­tronisierten Bibliotheksbeständen zusammensetzen, sondern weitere internetbasierte Informationsquellen und fachwissenschaftliche Datenbanken wie WISO, Web of Science oder JURIS als virtuelle Elemente hinzugekommen sind.11 Insbesondere die Funktion von E-LIB als Dokumentenserver ist darüber hinaus von Bedeutung, 9a sie der Entwicklung hin zu Open Access-Strategien im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens Rechnung trägt. Der Dokumentenserver »Bremer Open Access Publikationen<< steht allen An­gehörigen und Absolventen der Universität und der Hochschulen in Bremen als Publikationsplattform offen. Neben der Veröffentlichung von Dissertationen können auch Abschlussarbeiten wie Diplom- oder Masterarbeiten sowie andere wissenschaftliche Do-

176 KAPITEL 5 BIBLIOTHEKEN UNO 11-IRE PERSPEKTIVE!~

kumente wie Monografien, Paper etc. dort veröffent­licht werden. Alle auf dem seit dem Jahr 2005 durch die Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI) zertifizierten Dokumentenserver publizierten Dokumente erhalten einen sogenannten Uniform Res­source Name (URN) zur eindeutigen, dauerhaften und ortsunabhängigen Kennzeichnung.12

Grundsätzlich wollen Wissenschaftler wie Studie­rende in digitalen Bibliotheken all das tun, was sie in realen Bibliotheken auch tun oder getan haben, jetzt allerdings komfortabler, d. h. schneller und von jedem Standort aus, und mit digitalen Mitteln, also möglichst ohne Medienbruch am eigenen Computer. Sie wollen Informationen recherchieren und finden, die relevan­ten Informationen lesen, hören oder sehen, speichern und drucken, analysieren und bearbeiten, kritisieren und kommentieren, zitieren und in ihre Datenbank aufnehmen und anderen Personen weitervennitteln. Bei der Recherche wollen sie Hinweisen auf neue In­formationen folgen und bei Irrwegen schnell wieder zum Gefundenen zurückspringen. Nicht zuletzt grei­fen Nutzer und Nutzerinnen zur Wiedereingrenzung des bereits genannten umfangreichen Medien- und Informationsangebots gerne auf individuelle und nach Forschungsinteressen organisierte Filterungsmöglich­keiten und Selektionshilfen zurück. Der Funktions­umfang der E-LIB trägt diesen Anforderungen Rech­nung, indem er >>alte« und »neue« Nutzungsmöglich­keiten von Bibliotheken kombiniert. So stellt die E-LIB der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen ein In­formationssystem dar, das mit ihren Inhalten und Funktionen den digitalen Informationsverarbeitungs­und -verbreitungsmöglichkeiten ebenso wie den aktuel­len Bedürfnissen einer mediatisierten Wissenschaftler­und Nutzergeneration Rechnung trägt.

FAZIT

Bibliotheken wie die Staats- und Universitätsbiblio­thek Bremen, die als digitale Bibliotheken moderne Informations- und Kommunikationstechnologien für ihre Arbeitsprozesse zu nutzen wissen und durch vir­tuelle Vernetzung mit anderen Informations- und Wis­sensbeständen ihre eigenen Bestände erweitern, neh­men eine Schlüsselrolle in einer sich globalisierenden

Wissensgesellschaft ein. So sammeln sie nicht mehr nur publiziertes und wissenschaftlich gesichertes Wis­sen in Form von Büchern und Fachzeitschriften, son­dern tragen unter einer wissensökonomischen Perspek­tive durch den strukturierten Zugang zu weiteren, virtuell erreichbaren und vor allem heterogenen Infor­mations- und Datenquellen zur Wissensbildung in diesen Netzwerken bei. Die virtuelle Vernetzung von Bibliotheken stellt infolgedessen eine Erweiterung der klassischen Funktion von Bibliotheken dar. Von Bedeutung ist dies für Wissenschaft und Öffentlich­keit deshalb, weil Bibliotheken im Unterschied zu Google und anderen Suchmaschinen im World Wide Web »professionelle Strukturierer« von Wissens- und Informationsbeständen sind. Die Ergebnisse ihrer Suchfunktionen basieren nicht auf Schlagwort- und Nutzungsalgorithmen, sondern auf ausgewählten Be­ständen, seien sie lokal oder virtuell verfügbar, und ihrer systematischen Erschließung. Im Zuge der rasan­ten Wissensexpansion und ihrer potenziell weltweiten Verfügbarkeit erweitert sich aus der Perspektive der Nutzer zwar einerseits das Angebot zu einer unüber­schaubaren Informationsfülle. Andererseits bilden von Bibliotheken geschaffene Selektionen und Strukturie­rungshilfen eine nach transparenten Kriterien biblio­thekarisch fundierte Form der Komplexitätsreduktion im Umgang mit der Informationsflut.

Auch aus der Perspektive der Wissenschaft sind di­gitale Bibliotheken von zentraler Bedeutung, da Digi­talisierung und virtuelle Vernetzung den Struktur­veränderungen und Entwicklungen von Wissenschaft und wissenschaftlichen Arbeitsweisen Rechnung trägt. Mit ihren digitalen und digitalisierteil Bibliotheksbe­ständen ermöglichen sie einen vereinfachten Zugriff, eine umfassende Verfügbarkeit und eine Beschleuni­gung der Weiterverarbeitung dieser Ressourcen. Zu­dem sind Bibliotheken durch ihre Vernetzung die kom­munikativ-mediale Infrastruktur für die transnatio­nale Verbreitung und Wahrnehmung von Forschungs­ergebnissen. Mit anderen Worten: Es ist die digitale Bibliothek, die neben Forschungskooperationen und Wissenschaftlermobilität die Internationalisierung von Wissen und Wissenschaft als hochschulpolitisches Modell der Zukunft institutionell absichert.

Nichtsdestotrotz bergen die Entwicklungen eine Reihe von Herausforderungen, denen sich sowohl Bi-

bliotheken als auch künftige Wissenschaftlergeneratio­nen stellen müssen, die als >>digital natives<< von den bibliothekarischen Veränderungen in ihrem Wissen­schaftsalltag profitieren.

Wie bereits erwähnt, stellt eine an bestimmten Ge­sichtspunkten orientierte Sammlung, Ordnung und Bereitstellung von Informations- und Wissensbestän­den die grundlegende Funktion der Bibliothek dar. Im Zuge der Erweiterung ihrer zu organisierenden Me­dien und Ressourcen auf Datenbanken und struktu­rierten Sammlungen von Internetquellen besteht im Sinne einer Qualitätssicherung eine zentrale bibliothe­karische Herausforderung in der regelmäßigen Kont­rolle ihrer virtuellen Bestände. So ist auf die Transpa­renz und Zurechenbarkeit der jeweiligen Quellen eben­so zu achten wie auf die Seriosität und Qualität ihrer Inhalte.13 Um sie als wissenschaftlich relevant einzu­stufen, sollten sie als Referenzen im Wissenschafts­kontext allgemeine Anerkennung finden - eine Bewer­tung, die nur im engen und regelmäßigen Austausch mit Vertretern der Wissenschaft auf ihre Aktualität hin überprüft werden kann. Daneben ist unter der Berücksichtigung der aktuellen technologischen Ent­wicklungen auf einen nutzerorientierten und anwen­dungsfreundlichen Zugang zu den jeweiligen Quellen zu achten.

Die Inhalte von Büchern und anderen Informati­onsressourcen, die Bibliotheken sammeln, erschließen und zur Verfügung stellen, sind, soweit es sich nicht um sehr alte Werke handelt, durch ein Urheberrecht geschützt. Die Rechtsmaterie des Urheberrechts be­findet sich in Bewegung, da sich der Umgang mit ur­heberrechtlich geschützten Materialien insbesondere im digitalen Bereich rasend schnell verändert. Eine juristische Herausforderung für Bibliotheken besteht vor dem Hintergrund der sich ständig weiterentwi­ckelnden technischen Möglichkeiten von digitaler Vervielfältigung und Bearbeitung nun darin, immer wieder Regelungen zu treffen, die Nutzungsbedingun­gen von Ressourcen klären und Werke vor unerlaubter Kopie und vor Missbrauch schützen.

Eine bedeutende technische Herausforderung ist die langfristige Archivierung digitaler Dokumente. Um digitale Objekte unter Bewahrung ihrer Integrität, Authentizität und Funktionalität dauerhaft archivie­ren und zugänglich machen zu können, bedarf es im-

mer wieder neuer technischer und organisatorischer Lösungen. So muss garantiert sein, dass das Doku­ment auch nach zehn und mehr Jahren noch das Ori­ginal ist und weder durch Einlagern ins Archiv »un­brauchbar<< geworden noch durch Nutzung manipu­liert worden ist.

Auf Seiten der Wissenschaft können ebenfalls He­rausforderungen definiert werden, die eng mit den tech­nologischen Möglichkeiten und den Strukturverän­derungen der Wissenschaft verbunden sind. Auch hier ist Qualitätssicherung von zentraler Bedeutung. Durch die Arbeit an und mit digitalen Dokumenten als Grundlage jeglicher Form von Informationsverarbei­tung und -verbreitung gewinnt die Einhaltung von Ur­heberrechten besonders an Gewicht. Was einerseits durch die einfache und schnelle Verarbeitungsmög­lichkeit digitaler Daten in Form von »copy & paste<< von Vorteil ist, führt andererseits leicht in Versuchung, sich fremde Datenelemente zu eigen zu machen. Doch sollten Wissenschaftler auch unter Aktualitätsdruck und technischer Reproduzierbarkeit nicht dem ver­fallen, wogegen sie sich selbst durch eindeutige und frühzeitige Anzeige von Autorenschaft immer wieder zu schützen versuchen. Ein zentraler Aspekt der Qua­litätssicherung auf wissenschaftlicher Handlungsebe­ne ist daher die Orientierung an einer wissenschaft­lichen Ethik, die insbesondere im gewissenhaften Um­gang mit veröffentlichtem und unveröffentlichtem Ma­terial sowie heterogenen Informationsquellen wichtige Verhaltensmaßstäbe setzt.14

Des Weiteren ist vor dem Hintergrund der Ökono­misierung von Wissen in der Wissens- und Informa­tionsgesellschaft das Festhalten am wissenschaftlichen Wissensbegriff elementarer Teil wissenschaftlicher Qualitätssicherung. Wissenschaftler sollten in ihrer Tätigkeit des Forschens wissenschaftliche Integrität und Objektivität anstreben. Das heißt, dass sie fach­spezifische Urteile auf der Basis bestmöglicher wissen­schaftlicher Standards, also unter eindeutiger und an­gemessener Darlegung ihres aktuellen Wissensstands, ihrer Fachkenntnis, ihrer Methodenkenntnis und ih­rer Erfahrung abgeben. Zudem sollten Forschungser­gebnisse ohne verfälschende Auslassungen und un­ter Angabe von für die Gültigkeit der Ergebnisse relevanter Informationen nach bestem Wissen präsen­tiert werden.

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Beide Aspekte wissenschaftlicher Qualitätssicherung sind nicht neu und in den Kodizes zahlreicher Diszipli­nen ausformuliert. Sie gewinnen jedoch an Tragweite, je stärker Wissenschaft als Ort der Wissensproduktion unter Konkurrenzdruck zu anderen Wissenssystemen gerät und je leichter der Zugang- beispielsweise durch digitale Bibliotheken- zu vielfältigen Ressourcen wird, die mit einem zunehmend geringeren Aufwand ge­sammelt und verarbeitet werden können. Zudem gilt es, diese insbesondere auch wissenschaftlichem Nach­wuchs und Studierenden zu vermitteln und sie zu einer entsprechenden Praxis anzuhalten.

Insgesamt heißt das, dass die Nutzung und Integ­ration moderner Informations- und Kommunikations­technologien auch für Bibliotheken zukunftsweisend ist. So werden im Zuge digitaler und digitalisierter Bibliotheksbestände und -dienstleistungen traditio-

ANMERKUNGEN

1 Vgl. <http:/lweb.archive.org/web/20010405083224/http:!/

www. uni- duess eldorf. de/W WW /ul b/virtdef. h tml>

[15.1.2010].

2 So strukturieren beispielsweise die methodischen Standards

in den Geistes- und Sozialwissenschaften die Analyse bereits

dadurch vor, dass sie zumeist den Nationalstaat als grundle­

gende Untersuchungseinheit voraussetzen. Hierbei handelt es

sich um eine Perspektive, die als »methodischer Nationalismus«

bezeichnet und kritisiert wird.

3 Während der Begriff >>Transnationalisierung« zusätzlich zur

obigen Definition den Prozess der Verlagerung von wissen­

schaftlicher Organisation, Interaktion und Kommunikation

über nationale Grenzen hinweg impliziert, bezeichnet der Be­

griff >>Internationalisierung« die hochschulpolitisch forcierte

Vernetzung von Wissenschaft in verschiedenen Ländern, die

(noch) national organisiert sind. Perspektivisch kann eine In­

ternationalisierung Transnationalisierungsprozesse nach sich

ziehen, die wiederum dann als »Giobalisierungsprozesse« be­

zeichnet werden können, sofern die Wissenschaft dann durch

eine weltweite Vernetzung tatsächlich jenseits von Nationa­

litäten und Raumbezügen operiert, also akademisches Wissen

global generiert und wahrgenommen wird.

nelle Bestände wie Bücher und Zeitschriften nicht ab­geschafft, sondern lediglich um weitere Medien und Dienstleistungen erweitert. Die Bibliothek selbst ist und bleibt immer noch die wichtigste Institution, die für die Organisation und Verwaltung publizierten Wis­sens und für die Sicherung gesellschaftlicher Wissens­und Wissenschaftsbestände verantwortlich ist. Dar­über hinaus ist sie ein Ort, an dem auch in Zukunft verschiedenste Medien gesammelt und archiviert wer­den, so dass sie von Nutzerinnen und Nutzern auch dort gelesen, gehört und angeschaut werden können. Um aber dazu nicht nur die Möglichkeit zu bieten, sondern von diesen auch genutzt zu werden, ist es zur Sicherung ihrer Existenz von Bedeutung, sich an die Bedürfnisse und Handlungsorientierung ihrer Nutzer anzupassen.

4 Zur Definition vgl. <http://de.wikipedia.org/wiki/Open_

Access>, für weitere Informationen der Open-Access-Initiative

vgl. <http://open-access.net/de/startseite/> [15 .1. 2010].

5 Zur Rolle von Bibliotheken vgl. <http://open-access.net/de/

wissenswertes_fuer/bibliotheken/> [15. 1. 2010].

6 Ein von. vielen Nutzern als Nachteil empfundenes Merkmal

digitaler Dokumente ist, dass das Lesen elektronischer Texte

am Bildschirm im Vergleich zu gedruckten Texten als weniger

angenehm empfunden wird.

7 Ein hiermit verbundener Nachteil ist allerdings, dass diese In­

formationen nicht mehr in einem Kontext stehen.

8 Das gedruckte und elektronische Informationsangebot der

SuUB besteht zur Zeit aus 3.252.772 Bänden (Bücher, Zeit­

schriften und Zeitungen), 242.142 Dissertationen, 6446 Kar­

ten, 13.603 Raritäten, 184 Inkunabeln, 68.071 Noten, 97.125

AV-Materialien, 8090 laufend bezogenen gedruckten Zeit­

schriften und 21.248 laufend bezogenen elektronischen Zeit­

schriften (Stand 2008). Vgl. Bibliothek in Zahlen 2008 unter

<http://www.suub.uni-bremen.de/> [15.1.2010].

9 Vgl. Einstiegsseite der E-LIB unter <http://elib.suub. uni-bremen.

del> [15.1.2010].

10 Vgl. E-LIB-Suchmaschine- Häufig gestellte Fragen- FAQ. Was

kann ich in der E-LIB Suchmaschine finden? Projektinforma­

tionen E-LIB (Stand: 01.12.2009) unter <http:/!dib.suub.uni­

bremen.de/frs_projekt_elib.html> [15.1.2010].

11 Vgl. Zugriffsmöglichkeiten auf die von der SuUB lizenzierten

Medien (Stand: 11.1.2010) unter <http://www.suub.uni­

bremen.de/index.html?suchelzugriff.html> [15. 1. 2010].

12 Damit gehört die E-LIB zu den 19 Dokumentenservern deut­

schlandweit, bei denen die Einhaltung internationaler Standards

und die Anwendung von genormten Best-Practice-Verfahren

durch externe Gutachter im Rahmen einer Qualitätskontrolle

geprüft und bescheinigt wurde; vgl. <http://elib.suub.uni­

bremen.de/frs_projekt_elib.html> [15.1.2010].

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13 Ein anschauliches Beispiel stellt der Projektbericht der Nie­

dersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

dar, vgl. Bargheer (2002).

14 So heißt es beispielsweise im Ethik-Kodex der Deutschen

Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes

Deutscher Soziologen (BDS): »Daten und Materialien, die

wörtlich oder sinngemäß von einer veröffentlichten oder un­

veröffentlichten Arbeit anderer übernommen wurden, müssen

kenntlich gemacht und ihren Urheberlinnen zugeschrieben

werden. Verweise auf Gedanken, die in Arbeiten anderer ent­

wickelt wurden, dürfen nicht wissentlich unterlassen werden.«

Vgl. <http://www.soziologie.de/index.php?id=19> [15. 1. 2010].

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