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Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
Wissenstransfer oder Wissenstransformation?
Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf Wissenschaftskommunikation
Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
Gliederung
1. Wissenschaftskommunikation in der Linguistik
2. Ling. Untersuchungen von Wissenschaftskommunikation
3. Kulturwissenschaftliche Perspektiven
Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
1. Wissenschaftskommunikation
in der Linguistik
Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
Fachkommunikationsforschung
Fachsprache und Fachkommunikation dienen zur
● Erfassung und Darstellung der Sachverhalte/Gegenstände eines Faches
● Kommunikation über die Sachverhalte/Gegenstände eines Faches
Fachsprache und Fachkommunikation entsprechen den
● kommunikativen Bedürfnissen eines fachlich begrenzten
Kommunikationsbereichs
Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
Genese der Fachkommunikationsforschung
Von der Fachsprache zur Fachkommunikation
● 1960er Jahre: Etablierung der Fachsprachenforschung
● 1970er Jahre: Untersuchungen zum Fachwortschatz
● 1980er Jahre: Untersuchungen zu Fachtexten
● 1990er Jahre: Untersuchungen zur Fachkommunikation
siehe dazu u.a. Kalverkämper (1998)
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Fach- und Wissenschaftskommunikation
Fachkommunikation ≠ Wissenschaftskommunikation
Fachkommunikation > Wissenschaftskommunikation
vgl. dazu Hoffmann (1985), Kalverkämper et al. (1998), (1999)
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Einordnung der Wissenschaftskommunikation
● Wissenschaftskommunikation
● Wissenschaftstheorie
● Wissenschaftsgeschichte
● Wissenschaftssoziologie
→ verschiedene Ursprünge der Auseinandersetzung mit Wissenschafts-kommunikation in Linguistik und Kommunikationswissenschaft
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Einordnung der Wissenschaftskommunikation
● Kommunikation
● Fachkommunikation
● Wissenschaftskommunikation
● externe Wissenschaftskommunikation
→ Schwerpunktthema seit den 1990er Jahren, u.a. Transferwissenschaftvgl. Antos/Wichter (2005), Antos/Weber (2005), (2010), Wichter/Busch (2006)
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2. Einblicke in die linguistische Erforschung
von Wissenschaftskommunikation
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Untersuchungen zur Wissenschaftskommunikation
1. Niederhauser, Jürg (1999): Wissenschaftssprache und populär-wissenschaftliche Vermittlung. Tübingen: Narr.
2. Liebert, Wolf-Andreas (2002): Wissenstransformationen. Handlungs-semantische Analysen von Wissenschafts- und Vermittlungstexten. Berlin/New York: de Gruyter.
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Niederhauser (1999)
Ziel der Untersuchung
● der Wegs des wissenschaftlichen Wissens wird entlang der verschiedenen
Stationen von der Wissenschaft in die Öffentlichkeit untersucht
● Längsschnitt-Untersuchung
● Untersuchungsfeld → Hochtemperatur-Supraleiter
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Niederhauser (1999)
Textkorpus
● Georg Bednorz/Karl A. Müller (1986): Possible High Tc Superconductivity
in the Ba-La-Cu-O System. In: Zeitschrift für Physik. Band 64, S. 189-193.
● Hochschullehrbücher, Fachwörterbücher (wissenschaftsintern)
● populärwissenschaftliche Zeitschriften, Zeitungen (wissenschaftsextern)
Spektrum der Wissenschaft, Bild der Wissenschaft, Die Zeit, Spiegel,
Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine, Neue Zürcher Zeitung,
Basler-Zeitung, Tages-Anzeiger
● Zeitraum 1986-1994
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Niederhauser (1999)
Sprachliche Strategien der Popularisierung
● Personalisierung wissenschaftlichen Wissens
● Rückgriff auf Forschungsgeschichte
● Betonung des potentiellen Nutzens
● Rhetorik der Wichtigkeit
● Erklärung durch Vergleiche
● Veranschaulichung durch Metaphern
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Niederhauser (1999)
„Populärwissenschaftliche Wissenschaftsvermittlung bedeutet Transformation, Transfer, Umsetzung oder Übersetzung wissen-schaftlicher Inhalte in fachexterne Darstellungen unter Anwendung bestimmter Methoden und Strategien der Popularisierung.“ (1999: 117)
„Sind Darstellungsformen und Gegenstände nicht derart eng mitein-ander verzahnt, daß es sich bei den verschiedenen Stufen fachlicher Kommunikation nicht um unterschiedliche Berichterstattung über ein wissenschaftliches Phänomen, sondern jeweils auch um Berichterstattung über unterschiedliche Phänomene handelt?“ (1999: 226)
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Liebert (2002)
„Welche Veränderungen erfährt naturwissenschaftliches Wissen, wenn es über Medien an die Öffentlichkeit vermittelt wird? [...] Sind die Unter-schiede so stark, dass noch davon gesprochen werden kann, dass von den gleichen Gegenständen die Rede ist?“ (2002: 1)
Konsequenz, „dass nun überprüft werden müsse, ob es populär-wissenschaftlichen Texten überhaupt gelingen kann, die Erkenntnis-objekte naturwissenschaftlicher Forschung klar zu bestimmen.“ (2002: 3)
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Liebert (2002)
Textkorpus
● Ewe, Th./Crutzen, P.J. (1986): „Das Ozon-Drama“. In: Bild der Wissenschaft, 23 (6), S. 38–57.
● Farman, J.C./Gardiner, B.G./Shanklin, J.D. (1985): Large losses of total ozone in Antarctica
reveal seasonal ClOx/NOx interaction. In: Nature 315, pp. 207-210.
● Stolarski, R. S./Douglass, A. R. (1985): Parameterization of the photochemistry of stratospheric
ozone including catalytic loss processes. In: Journal of Geophysical Research, 10, pp. 709-718.
● Stoarski, R.S./Krueger, A. J./Schroeberl, M. R./McPeters, R. D./Newman, P. A./Alpert, J.C. (1986):
Nimbus 7 satellite measurements of the springtime antarctic ozone decrease.
In: Nature, 322, pp. 808-811.
● Bild der Wissenschaft (1985-1998)
● Die Zeit (1985-1988)
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Liebert (2002)
Wissenstransformationen
● Transformation des Fachterminus „Ozonloch“
● Transformation der fachlichen Argumentationslinien (!)
● Transformation fachlicher Quellen
● Transformation der Gegenstandskonstitution (!)
● Transformation des Geltungsanspruchs von Wissen
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Liebert (2002)
Transformation der fachlichen Argumentationslinien
→ Entstehung eines nicht-diskursiven Bildes der Wissenschaft
Transformation der Gegenstandskonstitution
→ Entdifferenzierung der wissenschaftlichen Darstellung
Resultat: chronische Glaubwürdigkeitskrise der Wissenschaft
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Themen im Fachdiskurs 2002-2015
Schwerpunkt „Diskursanalyse“ → Warnke (2007), Spitzmüller/Warnke (2008), Spitzmüller/Warnke (2011)
Schwerpunkt „Nichtwissen“→ Janich/Nordmann/Schebeck (2012), Janich/Simmerling (2013)
Schwerpunkt „Sprache und Wissen“→ Felder (2013), Felder/Gardt (2015)
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3. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf
Wissenschaftskommunikation
Dr. Thomas Metten • Email: [email protected] für Germanistik • Karlsruher Institut für Technologie
Frage nach den Prämissen der Konzeptionen
Relation von Wissenschaft und Öffentlichkeit
● Wilke (1986): zwei ganz unterschiedliche Aussagesysteme
● Niederhauser (1999): unterschiedliche kommunikative Welten
● Liebert (2002): unterschiedliche Kommunikationsgemeinschaften
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Dualistische Modelle
Zwei-Welten-Modell der Wissenschaftskommunikation
● dualistische Konzeption (innen/außen, Experte/Laie)
● Identität der Gemeinschaften, klare Innen- und Außenperspektive
● Differenz als Sonderproblem der Verständigung
→ Frage nach der Angemessenheit dualistischer Modelle
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Non-dualistische Konzeption
Differenztheoretisches Modell
● Metten (2014): Kulturwissenschaftliche Linguistik
● Bezug zum Post-Strukturalismus bzw. zur Post-Phänomenologie
● Bezug auf Philosophie Jacques Derridas
● Differenz in der inter-individuellen Verständigung
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Kommunikation in der Kulturwissenschaft
Kommunikationsbegriff
● Kommunikation = Wahrnehmbar-Machen
● Berücksichtigung der Materialität der Kommunikation
● Kommunikation ist immer mittelbar (medial)
● Kommunikation ist immer Trans-Formation
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Kulturwissenschaftliche Perspektiven
➔ Erfassen der tatsächlichen Komplexität und Dynamik der Diskurse
➔ Erfassen der vielfachen Grenzverläufe und Überlagerungen von
Wissenschaft und Öffentlichkeit
➔ Untersuchungen zur kommunikativen und diskursiven Verfassung
von Wissen
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Vielen Dank!