Der Einfluß des pH-Wertes auf den Sauerstoffdruck des coronarvenösen und des femoralvenösen...

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15. Jg., Heft 23, 1967 E. DOLL und J. K~UL: Einflug des pH-Wertes auf den Sauerstoffdruck des Blutes 1201

Der Einflull des pII-Wertes auf den Sauerstoffdruck des coronarvenSsen und des femoralven6sen Blutes wiihrend Belastung*

E. DOLL und J, KEUL Medizinische Universitgtsklinik Freiburg i.Br. (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c.L. I-IEILMEYEt~)

I m coronarvenSsen Btut sowie im Venenblut der Skeletmuskulatur sinkt p H w£hrend Belastung ab [3--6]. Untrainierte und Trainierte unterscheiden sieh insofern, als bei Ersteren die p t I -Abnahme weniger rasch und ausgiebig und erst bei h6heren Bel~stungs- stufen erfolgt [3--6].

I m venSsen Blut der arbeitenden Muskulatur finder man bei beiden Gruppen eine rasche O~-Druekver- minderung, wobei Sportler ihre Tiefstwerte erst suf einer hSheren Belastungsstufe erreichen als Normal- personen, deren Leistungsmaximum frfiher erreicht wird [5, 6]. Xhn]ieh sind die Verh/~ltnisse im Coronar- venenblut [3, 4].

Eine ffir die Os-Versorgung der Gewebe entschei- dende Gr6Be ist der jeweflige kritische ven5se O,- Druck [1, 9]. Dieser wird unter normMen Bedingungen im Venenb]ut des gesunden menschlichen Herz- und Skeletmuskels such unter sehwerster Arbeitsbelastung nicht erreieht [3--6]. Hieran hat, wie gezeigt werden sell, such die Ans£uerung des Blutes einen gewissen Anteil, da die Lage der O~-Dissoziationskurve und da- mit der Oe-Druek des Blutes pH-abh&ngig sind.

Untersuehungsgut Der O~-Druek und der pH-Wer t wurden gemessen : 1. I m femora]venSsen Blur bei 31 Normalpersonen

im Alter von 20--30 Jahren und bei 12 Hochleistungs- sportlern im Alger yon 20---25 Jshren.

2. I m Coronsrsinusblut bei 29 Normslpersonen im Alter yon 20 30 Jahren und bei 6 Hoehleistungs- sportlern im Alter yon 19--27 Jahren.

Untersuchungsgang und Methodik Die ergometrisehe Belastung wurde im Liegen mit

dem Fshrradergometer der F i rms Elema-Schoenander, Stockholm, durchgeffihrt naeh dem relstiven steady state-Prinzip. Es wurde mit 50 Wat t beginnend bis zur jeweiligen Belastungsgrenze belsstet. Jede Belastungs- stufe wurde 6 rain eingehalten.

])as femoralven6se Blur wurde fiber einen tier in die V. femorMis vorgesehobenen Katheter , das Coronsr- sinusblut nach IIerzkatheterung fiber einen Cournand- Katheter , dessen Lage im Sinus coronarius rSntgeno- logisch und durch Q-Druckmessungen kontrolliert wurde, gewonnen. Das Blur wurde w£hrend der 6. rain der jeweiligen Belastungsstufe und in der 3., 15. und 30. rain nsch Arbeit, sende entnommen.

Der O2-Druck im jewefis anacrob entnommenen Blur wurde mat der Plstinelektrode yon GL~IClt~ANN und LOBB~:~S [7] (Firms L. Eschweiler, KieI) gemes- sen, wobei tells die Mskro-, feLts die Mikroelektrode zur Verwendung kam.

Die pI-I-Bestimmung im heparinisierten Vollblut erfolgte mit der Capillar-Olaselektrode der Astrup- Mikro-Ausr/istung AME 1 der Fi rms t~adiometer,

* Mit Unterstiitznng dureh die Deutsche t~orsehungs- gemeinsehaf~ und das Kuratorium fiir Sportmedizinisehe Forschung.

84 KILn. Wschr., 4:5. Jab_rg.

Kopenhagen, oder mit der Capillar-Glaselektrode der Fi rms L. Eschweiler, Kiet.

U m den EinfluB des belastungsbedingten pt t - Abfalls auf den Oe-Druek zu erfassen, wnrden die w~hrend Arbeit gemessenen 02-Druckwerte naeh DILL u. Mitarb. [2] auf den pH-gnhewer t umgerechnet.

Ergebnisse Das Verhalten yon Po~ und p H wghrend Belastung

ist aus Abb. 1 und 2 zu entnehmen. Die Einzeldaten

Unfrainiert8 pa 7f

°__0__.0_,_o__.£7,450 \ / 7~4oo \ / 7,350

% /7,300 \ . 7,250 k / 7'200

• ~,~50

qb ~ c,-

6O

40 30

20 10

Irainierte

c:5 ¢.

60

• 40

%. / / :30

10

IOOW 200W 3'nach 30'nach IooW ~OOW 300W 3'hath 30'nach Ruhe Betastung [rh0lung Ruhe Behsfung Erholung

a b Abb. I s u. b. Q-Druek und pH im femoralvenSsen Blur un- trainierter und trainierter Personen in Ruhe, wghrend Be- lastung und in der ErhoIungsphase. Die durehgezogenen Linien entspreehen den aktuellen MeBwerten; die unter- brochenen Linien stellen den R.uhe-pH-Wert dar bzw. das Verh~lten des iemoralvenSsen O2-Druekes, welches zu erwarten w~re, wenn sieh pH w~hrend Belastung nieht andern wiirde

warden an anderer Stelle verbffentlicht [3, 4]. I m folgenden ~Srd speziell fiber die Zusammenh/inge yon p i t und Oe-Druck berichtet.

1. Femoralvenbser O2-Druek (Po~]). Das Verhalten des 02-Druckes im Venenbtut der

arbeitenden Muskulatur sowie des pILWertes ist in Abb. 1 s (Untrainierte) und in Abb. 1 b (Trsinierte) dargestellt.

Beim Untrainierten betrggt der Gewinn an Po 2 infolge der pH-Versehiebung bei 100 Wat t im Mittel 2,8 Torr, bei 200 Wat t 4,6 Torr und 3 rain nsch Be- tastung 11,5 Tort. Beim Trainierten betragen die ent- sprechenden Werte nut 1,5 Torr bei 100 Watt , 1,9 Torr bei 200 Watt , 3,8 Torr bei 300 Wat t und 8,1 Torr in der 3. Erholungsminute.

Bliebe eine pH-bedingte Verschiebung der 02- Dissoziationsknrve bus, SO wfirde Po2~ ! w&hrend maximaler Belastung bei Untrainierten im Mittel auf 14,5 Torr, bei Sportlern auf 15,7 Torr absinken. In Einzelf&llen wfirde sogar eine Verrninderung suf 10,0 Torr bei Untrainierten, atg 10,6 Torr bei Trsi- nierten erfolgen. In der 3. Erholungsminute wgre, wie

1202 E. DOLL und J . K ~ m : Einflu6 des pH-Wertes auf den Sauerstoffdruck des Blutes Kiln. Wschr.

Abb. 1 a und b zeigen, bei beiden Probanden-Gruppen nur noeh ein geringer Anstieg fiber den Ruhewert hin- aus gegeben.

2. CoronarvenSser O~-Druck (Po~zc). Abb. 2a und b geben die Ver/~nderungen des

coronarven6sen O~-Druekes und des pH-Wertes w/~h- rend Belastung wieder.

Der P%-Zuwachs dureh die pH-Ver&nderung be- tr/~gt ffir den Untrainierten bei 100 Wat t im Mittel 1,1 TorT, bei 200 Wat t 2,5 Torr und in der 3. Erholungs- minute 4,0 Torr. Ffir den Sportler errechnete sich 1,1 Torr bei 100 Watt, 1,9 Torr bei 200 Watt, 2,7 Torr bei 300 Watt und 2,5 Torr 3 rain nach Belastung.

Un+rainierfe Pu~c

. . . . -o.._.7,~0

"-.~ / 7300 '~ " 7,250

~ Z200

3O

25- •

20 I

100~' ~)OW 3'~h 3O'nach Ruhe Belastung Erholung

&

Trainisrfs

qb% c~_ 35

~,. ~,, 25

20

15 i - I T i [ ~

100~ 200?~ 30OV~ ~ 3'nach 30'n~ ~uh8 £elasfung [rhoun~

b Abb. 2a u. b. O~-Druck und p H im coronarven6sen Blur un- t rainier ter und t ra inier ter Personen in Ruhe, w~hrend Be- lastung und in der Erholungsphase. Durehgezogene Linien = aktuelle MeBdaten; unterbrochene Linien=Ruhe-pH-Vc~er~ und VerhMten des auf des Ruhe-pH umgerechneten O~-Druekes

Besprechung der Ergebnisse Wie wir an anderer Stelle zeigen konnten [3, 4],

wild auch w/~hrend maximaler Belastung unter unseren Normalbedingungen (Luftatmung, 260m ii.M.) im Venenblut der Skeletmuskulatur der kritische 0 2- Druck nieht erreicht, tIierzu trggt teilweise auch die pH-bedingte O~-Druekerh6hung bei. Denn bei unver- /~ndertem Ruhe-ptLWert wfirde P o ~ / u n t e r Maximal- belastung bei Untrainierten im Mittel auf 14,5 Torr, bei Trainierten auf 15,7 Torr abfallen und in Einzelf~llen wfirden sugar ~¥erte um 10 Torr erreicht. Itypoxie- Untersuehungen bei einem O~-Gehalg yon 12 % in tier Inspirationsluft zeigten jedoch, de6 ffir den Skelet- muskel w/~hrend Belastung bereits bei 12 Torr der kritisehe venSse 02-Druck erreicht ist (unver5ffent- licht). Der in der 3. Iron nach Arbeitsende noeh meg- bare 02-Druckanstieg, der den guhewert beim Un- trainierten um 17,5, beim Trainierten um 12,0 Torr /ibersteigt, ist nur zum kleineren Tell mSglicherweise Ausdruck einer noch bestehenden Luxusdurchblutung. l l , 5 T o r r sind beim UntrMnierten, 8 ,1Tort beim Sportler die Folge der zu diesem Zeitpunkt aus- geprfigtesten pH-Verminderung.

Der eoronarven6se O~-Druek sinkt bei maximaler BeIastung weniger tier aba ls P% im ven6sen Blur der arbeitenden Skeletmuskulatur. Da au6erdem pH+~ die entspreehenden tiefen Werte yon pHr~ nieht ganz erreicht, hat die pH-bedingte O~-Druekerh6hung fiir die Vermeidung des ffir den Herzmuskel kritisehen ven6sen O~-Druekes eine untergeordnete Bedeutung. Dagegen ist der Zuwaehs an Pop fiir die druckabh~n- gige O~-Diffusion aus dem Blur in das Muskelgewebe

yon groBer Bedeutung. In einer frfiheren Mitteilung [3] hatten wit den 02-Druckanstieg in der 3. Erholnngs- minute ira Sinne einer iiberschfissigen Durchblutung gedeutet; dies trifft jedoch nur fiir den ans Abb. 2a und b zu ersehenden pH-unabhiingigen Antefl zu.

Zusammen/assung. Fiir trainierte und untrainierte gesunde Pcrsonen wurde die Auswirkung des bei kSr- perlicher Arbeit auftretenden pII-Abfalls auf des Ver- halten des 02-Druckes im coronarven6sen und im venSsen Btut der arbeitendenSkeletmuskulatur be- rechnet.

Bei maximalcr Belastung tr&gt die Ans&uerung des Blutes entscheidend mit dazu bei, dab im venSsen Blur der Skeletmuskutatur der kritische 02-Druek nicht erreicht wird. Dies trifft in geringerem Ma6e auch ffir des Coronarvenenblut zu.

Die in der 3. rain nach Belastungsende im coronar- venSsen und im femoralvenSsen Blur meBbare, den Ruhewert fibersteigende 02-Druckzunahme kommt weitgehend durch die pIt-Ver~nderungen zustande.

Summary. In trained and untrained healthy per- sons, the effect of the pH-reduetion during physical work on the behavior of the Up-pressure was calculated in coronaryvenous blood and in venous blood from the working muscles.

During maximal work, the acidosis of the blood plays a decisive role in preventing the venous blood of the working muscles from reaching critical Up-pressure. This is also true to a lesser extent of the coronary- venous blood.

The O~-pressure increase during the third minute of recovery, which measurably exceeds the rest value, is largely a consequence of the pit-changes.

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Dozent Dr. reed. E. :Delta Dozent Dr. reed. J. K~cL Medizinische Universiti~tsklinik 78 Freiburg i.Br, ttugstetterstrage 55

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