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I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ....................................................................... I
1 Einleitung .............................................................................. 1
2 Historischer Hintergrund ....................................................... 2
2.1 Reichsschule Feldafing ............................................................................. 2 2.2 Vergleich mit Napola ................................................................................. 3 2.3 Historie des Geländes .............................................................................. 4
3 Aktuelle Nutzung und Diskussion über das Gelände ............ 6
3.1 Aktuelle Nutzung ....................................................................................... 6 3.2 Denkmalschutz ......................................................................................... 6
3.2.1 Begründung des Denkmalschutzamtes ............................................. 6 3.2.2 Stellungnahme der Betroffenen ......................................................... 7
3.2.2.1 Die Gemeinde ............................................................................. 7 3.2.2.2 Die Fernmeldeschule .................................................................. 7
3.3 Zukunftspläne der Gemeinde mit dem Areal der Fernmeldeschule ......... 8 3.4 Umgang mit der Geschichte von Feldafing ............................................... 9
4 Persönliches Fazit ................................................................ 9
5 Schluss ............................................................................... 10
6 Anhang ............................................................................... 12
6.1 Quellenverzeichnis ................................................................................. 12 6.2 Baupläne & Bilder zu dem Gelände ........................................................ 13
1
1 Einleitung Das Thema meiner Facharbeit wurde bereits in einem Zeitungsartikel behandelt,
und habe ich übernommen.1
Die Spuren, die das Hitler-Regime (1933 - 1945) vor allem in Deutschland hinter-
ließ, sind auch heute noch in allen möglichen Gesellschaftsbereichen zu sehen.
Diese ständig wiederkehrende Konfrontation zwischen der Bevölkerung und den
Schattenseiten der deutschen Geschichte zeigt, dass die Problematik „Drittes
Reich“ auch heute, 65 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, noch immer
aktuell ist.
Das mag zum einem daran liegen, dass vieles wie z. B. der Holocaust noch nicht
vollständig verarbeitet wurde, zum anderen aber auch daran, sich immer wieder
zu verdeutlichen, welche Notwendigkeit darin besteht, vergangene Fehler
aufzuarbeiten, um sie in Zukunft verhindern zu können. Deshalb werden öfters
ehemalige „Täterorte“ zu Gedenkstätten umfunktioniert, an denen aktive
Aufklärung betrieben wird. So bietet man z. B. in dem ehemaligen KZ Dachau –
neben einer Ausstellung, die unter anderem einen Einblick in den Alltag der
Insassen schafft - Führungen an, die den Menschen vor Augen führen, was
tatsächlich an diesem Ort passiert ist.
Deshalb ist es häufiger ein Streitpunkt, wie mit Orten, an denen Relikte des Dritten
Reiches zu finden sind, umgegangen werden soll.
Einer dieser Orte befindet sich in einer kleinen Gemeinde am Starnberger See
namens Feldafing. Hier sind in der Nähe des Sees Gebäude, die einst der
„Reichsschule der NSDAP Feldafing“ angehörten, einer Eliteschule mit
Sonderstellung. Differenzen gibt es hier, da der Wert des Geländes für die
Gemeinde2 im Gegensatz zu einem vermeindlichen „Täterort“ des NS-Regimes
steht. Deshalb stellt sich die Frage, welche zugleich auch Thema meiner
Facharbeit ist:
„Die Reichsschule Feldafing – Ein Mahnmal oder Entwicklungshindernis?“
1 Stephanie Geiger, Feldafings Reichsschule – Mahnmal oder Entwicklungshindernis?, in: Züricher
Zeitung, vom 19.01.2009 2 Interessen bezüglich der Verwertung des Geländes
2
2 Historischer Hintergrund
2.1 Reichsschule Feldafing „Die Schule wurde 1933 am 1. April von Ernst Röhm3 als 9-klassige
nationalsozialistische Oberschule’ gegründet und sollte für die Heranbildung des
Führernachwuchses sorgen“4. Um eine provisorische Unterkunft für die
„Jungmannen“ zu schaffen, bis die Gebäude auf dem erworbenen Gelände in
Feldafing fertig gestellt sind, erwarben die Nazis vier Villen und andere Gebäude
in Feldafing, von denen viele einst Juden gehörten.5 Zu der Erbauung der Anlage,
die 1938 unter dem Architekten Alois Degano (1887 - 1960) noch erweitert und
ausgebaut wurde, hatte man einheimische Firmen zu Hilfe gezogen, sowie die
Baufirma „Hoch-Tief AG. Nach Ursula Ludz6 befand sich ab 1942 ein Arbeitslager
des KZ Dachaus auf dem Gelände der Schule, in dem die Häftlinge für die
Fertigstellung des Komplexes arbeiteten.7
Eröffnet wurde die Schule im Jahr 1934 unter dem Namen „NS-Deutsche
Oberschule in Feldafing“ und geriet im selben Jahr durch die Ermordung Röhms in
eine Krise. Um die staatliche Unterstützung weiterhin zu gewährleisten, schaffte
es die Schulleitung unter Julius Görlitz den Reichsschatzmeister Schwarz für die
Schule zu gewinnen. Im späteren Verlauf beteiligten sich auch der Leiter der
Parteikanzlei, Martin Bormann, und der Stellvertreter Hitlers, Rudolf Heß, der die
Schule 1936 in die „Reichsschule der NSDAP Feldafing“ umbenannte. Der
Einfluss dieser starken politischen Persönlichkeiten zeigte sich neben der
staatlichen Finanzierung auch in der Autonomie der Lehranstalt.8 So unterstand
die Schule nicht wie üblich der Aufsicht der Hitler-Jugend, sondern hob sich
sowohl durch die privilegierte Sonderstellung, als auch durch den erzieherischen
Grundgedanken von anderen Eliteschulen ab. „Feldafing diente dazu, Eliteschüler
zu erziehen, die dem NS-Regime, wenn nicht schon treu ergeben, so doch gut
3 Stabschef der SA, der angeblich 1934 einen Putsch gegen Hitler geplant haben soll, welcher aber
von Hitler inszeniert worden war, um Röhm und weitere führende Mitglieder der SA, die Hitler im Weg standen, zu beseitigen.
4 http://geschi.de/artikel/feldafing.shtml , Stand 30.10.2010 5Mayer, Christian, Begabte Pädagogen und fanatische Nazis, in: Süddeutsche Zeitung vom
8.12.1998 6 Leiterin des Archivs Feldafing 7 Benz Wolfgang, Barbara Distel: Der Ort des Terrors Band 2, S. 318-320 8 Gelhaus Dirk, Jörn-Peter Hülter: Die Ausleseschulen als Grundpfeiler des NS-Regimes, 2.3.1
Gründungsgeschichte der „Reichsschule der NSDAP Feldafing“
3
gesinnt gegenüberstanden. [Sie] sollten in allen Berufen wichtige Positionen
besetzen.“9 Dieser Grundsatz spiegelte sich in den Lehrmethoden wieder. Der
Lehrplan war stärker als in anderen Schulen an Hitlers Buch „Mein Kampf“
orientiert, aber setzte besondere Schwerpunkte im Sport, kultureller und
ideologischer Weiterbildung und einer vormilitärischen Ausbildung, welche nach
1943 zunehmende Züge einer tatsächlichen Kampfausbildung bekam.10 „Ganz
nach Hitlers Ideen sollte in der Erziehung die Einheit von Körper, Seele und Geist
im Vordergrund stehen.“11 Das sollte zu einem erhöhten Selbstwertgefühl der
Schüler und somit zu einer stärkeren, individuellen Persönlichkeit führen, die
außerhalb des Parteilebens die NS-Ideologie in gesellschaftliche Bereiche trägt,
die noch nicht von Nazi-Strukturen durchwachsen sind.
Diesem Vorsatz konnte die Schule allerdings nicht wirklich gerecht werden, da sie
nicht lange genug existierte, um Wirkung zu zeigen. Die Schule wurde am 23.
April 1945 aufgelöst, nachdem man die restlichen Schüler zum Schanzen12 in der
Umgebung verteilt hatte.13
2.2 Vergleich mit Napola Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden verschiedene Schulen, die
eine unterschiedliche Prägung in der Erziehung der Schüler hatten, erbaut. Die
Abgänger dieser Erziehungsanstalten sollten in verschiedenen Bereichen des
deutschen Reiches eingesetzt werden. So war z. B. die Hauptaufgabe der
„N.P.E.A.“ (Nationalpolitischen Erziehungsanstalten) oder umgangssprachlich
auch Napola, die Erziehung zu körperlich und charakterlich starken
Nationalsozialisten14, die meist eine politische oder militärische Laufbahn
einschlugen. In der Reichsschule Feldafing hingegen zielte man nicht darauf ab,
einen vollblütigen Nationalsozialisten zu schaffen, der dem System treu ergeben
war. Vielmehr war das Ziel, eine wohlgesinnte intellektuelle Führungsebene zu
schaffen, die gesellschaftliche Bereiche erschließen sollte, die von den Nazis noch
nicht durchdrungen waren.15
9 Otto Schuster, in: Leebs „Wir waren Hitlers Eliteschüler“ , S.104 10 http://geschi.de/artikel/feldafing.shtml , Stand 30.10.2010 11 Gelhaus Dirk, Jörn-Peter Hülter: 2.3.4. Lehrplan 12 bezeichnet das Ausheben von Panzergräben und Schützenlöchern 13 http://geschi.de/artikel/feldafing.shtml , Stand 30.10.2010 14 http://www.pausenhof.de/referat/geschichte/napola-schulen/9178, Stand 30.10.2010 15http://www.institut-dr-greite.de/phorum5/read.php?1,1004,1374, Stand 30.10.2010, und Greti
Beulecke, Die Rolle des Sports in der RSF
4
Die Schüler sollten die Vorteile des Nazi-Regimes schätzen lernen und nicht, wie
in den Napolas, einer ideologischen Gehirnwäsche unterzogen und somit zu
einem „Nationalsozialisten in allen Lebensbereichen“16 werden. Zwar war Hitler´s
Buch „Mein Kampf“ der Grundstein des Lehrplans in Feldafing, aber das
„Wohlwollen“ der Schüler gegenüber den Nazis wurde durch einen ungekannten
Lebensstandart erweckt, um zu zeigen, was durch dieses System alles erreicht
werden könne. So beschreibt Hans Fischach, ein ehemaliger Schüler in Feldafing:
„Die 7. Klasse machte einen Tanzkurs, der Golfsport wurde gelehrt, die 8. Klasse
erhielt Fahrkurse, mit dem Erwerb der Führerscheine 3 und 4, jedes Jahr gab es
eine Woche Skiaufenthalt und vielerlei mehr. Alles in allem: Kaum einem jungen
Menschen meiner Altersklasse ist zu damaliger Zeit eine solche Erlebnisfülle zuteil
geworden.“17 Das belegt auch der Eindruck, den Napola- Schüler von den
Feldafingern hatten. So schreibt Rüdiger Freiherr von Wechmar: „Feldafing – das
waren für uns die Goldfasane [...], mit denen wir nichts zu tun haben wollten.“18
Diese Aussage zeigt deutlich, dass es eine Differenzierung zwischen Feldafing
und anderen Eliteschulen gab, nicht nur deswegen, weil Feldafing unter der
Schirmherrschaft der politischen Ebene und die Napolas unter der Aufsicht der HJ
und der SS dozierten. Freilich wurde sowohl in Napolas als auch in der
Reichsschule Feldafing großer Wert auf die sportliche Ertüchtigung,
Gemeinschaftsgeist, ideologische Grundsätze und eine militärische Ausbildung
gelegt19. Doch wurden die Schwerpunkte in Feldafing anders verteilt als in
anderen Schulen. Deshalb sticht Feldafing mit einer Sonderstellung aus den
gesamten Eliteschulen hervor.
2.3 Historie des Geländes Auf dem Areal, welches später von den Nationalsozialisten erworben wurde,
wohnten diverse Bürger, unter anderem auch Thomas Mann20.
Nachdem das Gelände der RSF (Reichsschule Feldafing) 1933 angekauft und mit
den ersten Baumaßnahmen begonnen wurde, begann ab 1937/38 die NSDAP
umfangreichere Bauprojekte auf dem Gelände hinzuzufügen.
16 Gelhaus Dirk, Jörn-Peter Hülter: Die Ausleseschulen als Grundpfeiler des NS-Regimes, 2.1.4.1.
Die englischen Public Schools und ihre Vorbildfunktion für die Napolas 17 Hans Fischach, in: Leebs „Wir waren Hitlers Eliteschüler“ 18 Rüdiger Freiherr von Wechmar, in: Leebs „Wir waren Hitlers Eliteschüler“ , S.31 19 Gelhaus Dirk, Jörn-Peter Hülter: Die Ausleseschulen als Grundpfeiler des NS-Regimes, 2.1.4.1.
Die englischen Public Schools und ihre Vorbildfunktion für die Napolas, und Greti Beulecke, Die Rolle des Sports in der RSF
20 Einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20J.h.
5
Abbildung 1: Villino (Thomas Mann Haus)
Um diese Bauprojekte zu verwirklichen wurden Arbeitskräfte aus dem KZ Dachau
hinzugezogen. 1942 schließlich gründete man ein Arbeitslager im Nord-Westen
des Geländes. Die Bauarbeiten konnten bis zum Kriegsende im Jahr 1945 nicht
vollendet werden. Nach der Besetzung Feldafings durch die amerikanische
Armee, requirierte die Besatzungsmacht das Gelände der RSF und die Baracken
des Außenlagers und schaffte ein Lager für Displaced Persons, welches auch als
DP-Lager Feldafing bekannt ist21. Anfangs eine Zufluchtsstätte für Überlebende
der Konzentrationslager, wurde es im Juli 1945, nachdem immer mehr jüdische
Flüchtlinge hinzukamen, zum „Jewish Displaced Person Center“ erklärt. „Zeitweise
lebten bis zu 4000 Personen unter schwierigsten Bedingungen im DP-Lager
Feldafing“22. Im Dezember 1951 wurde das Lager der deutschen Verwaltung
unterstellt und zum „Regierungslager für heimatlose Ausländer“ erklärt und kurze
Zeit danach aufgelöst.23 Seit 1956 gehört der größte Teil des Geländes wieder der
Bundesrepublik Deutschland, die im Juni 1956 das Areal der Bundeswehr zuwies.
Seitdem befindet sich auf dem größten Teil des Geländes die Fernmeldeschule
Feldafing24. Kleinere Bereiche des Komplexes wurden auch wieder privatisiert. So
auch der Standort des Außenlagers, auf dem sich heute Wohnhäuser befinden.25
Nach einem Staatssekretärentscheid vom 27. Mai 2003 soll der Standort der
Bundeswehr in Feldafing bis 2011 aufgegeben werden26, aber der endgültige
Auszug der Bundeswehr ist bis dato noch nicht genau bekannt.
21 Benz Wolfgang, Barbara Distel: Der Ort des Terrors Band 2, S. 318-320 22 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Bericht: Denkmalschutz der Geb. der ehem. RHS, S.8 23 http://de.wikipedia.org/wiki/DP-Lager_Feldafing, Stand 30.10.2010 24 http://www.fuehrungsunterstuetzungsschule.bundeswehr.de, Stand 30.10.2010 25 Benz Wolfgang, Barbara Distel: Der Ort des Terrors Band 2, S. 318-320 26 http://www.fuehrungsunterstuetzungsschule.bundeswehr.de, Stand 30.10.2010
6
3 Aktuelle Nutzung und Diskussion über das Gelände
3.1 Aktuelle Nutzung Das Gelände befindet sich derzeit immer noch im Besitz der Bundeswehr. Von der
ehemaligen RSF sind bis heute noch diverse Gebäude erhalten, die auch aktiv
von der Bundeswehr genützt werden. In dem ehemaligen Haus von Thomas
Mann, welches sich auch auf dem Areal der Bundeswehr befindet (dem „Thomas
Mann Haus“ oder auch „Villino“), wurde eine kleine Ausstellung mit diversen
Werken des Schriftstellers eingerichtet, die auch einem Einblick in das Leben von
Thomas Mann gewährt.
3.2 Denkmalschutz
3.2.1 Begründung des Denkmalschutzamtes Im Dezember 2007 untersuchte das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz die
verbliebenen Gebäude der RSF (8 Sturmblockhäuser), das so genannte
„Wirtschaftsgebäude“27 und einen Brunnen28, welche beide nach 1950 erbaut
worden waren, auf ihren Erhaltungswert für die Nachwelt.
Abbildung 2: Sturmblockhaus
Nach ausführlichen Untersuchungen wurde der Beschluss des
Denkmalschutzamtes am 27. Dezember 2007 in einem Bericht veröffentlicht. All
die genannten Gebäude stellte man mit folgender Begründung unter die Aufsicht
der Denkmalpflege: „Auf Grund ihrer geschichtlichen, orts- und
sozialgeschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung erfüllen die
aufgeführten neun Gebäude sowie die Brunnenanlage die Kriterien nach Art. 1
27 Entworfen vom Finanzbauamt München gilt es aufgrund des Erhaltungszustands der
künstlerischen und architektonischen Qualität als seltenes Beispiel für Gebäude der späten 1950er Jahre
28 im Jahr 1961 erbaut und kann laut Denkmalschutz als ein Kontrapunkt zur Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus an diesem Ort verstanden werden
7
DSchG“29. Das hatte Auswirkungen auf die fortwährende Nutzung der Gebäude
und zukünftige Pläne mit dem Areal der Bundeswehr.
3.2.2 Stellungnahme der Betroffenen 3.2.2.1 Die Gemeinde
Nachdem die Planungshoheit des Geländes nach dem Auszug der Bundeswehr
wieder an die Gemeinde geht, beeinflusst die Entscheidung des
Denkmalschutzamtes auch eventuelle Vorhaben zur zukünftigen Nutzung des
Geländes. Aus einem Interview mit Bernhard Sontheim, dem Bürgermeister der
Gemeinde Feldafing, wurde der Standpunkt der Gemeindeleitung deutlich. So
befürchtete Sontheim auf die Frage, inwiefern eine Ausstellung in den Gebäuden
der ehemaligen RSF30 zur Aufklärung über das, was an diesem Ort passierte,
sinnvoll und angemessen wäre, dass Feldafing zu einer „braunen Gedenkstätte“
werden könnte. Er gab aber auch zu bedenken, dass sich bereits eine kleine
Ausstellung im „Villino“ befinde. Weiterhin empfand er es als schrecklich, was
unter dem NS-Regime verbrochen wurde. Aber dies sei in Feldafing nicht der Fall
gewesen. Zwar gab es hier eine Schule der Nazis mit Sonderstellung, aber es sei
kein Ort des Verbrechens gewesen. Durch eine größer angelegte Ausstellung
würde Feldafing in das Licht eines „Ortes der Naziverbrechen“ gerückt werden. Es
wäre zwar wichtig, das Bewusstsein der Bevölkerung zu wecken und offen damit
umzugehen, was in Feldafing passiert war. Man dürfe aber nicht mit der
Gewichtung dieser Schule übertreiben. Insofern sei der Denkmalschutz
unangebracht, da es sich bei den Gebäuden nicht um ein erhaltenswertes Gut der
Vergangenheit handle.31
3.2.2.2 Die Fernmeldeschule
Bei einer Besichtigung der „Sturmblockhäuser“ in der Fernmeldeschule Feldafing
wurde die Wahrnehmung der Bundeswehr in Bezug auf den Denkmalschutz und
die Vergangenheit dieses Ortes klar. So besteht keine Besonderheit in den
Gebäuden der RSF, welche den Denkmalschutz rechtfertigen würde. Sie sind
zwar durchaus praktisch gebaut, allerdings schränkt der Denkmalschutz die
Handhabung der Gebäude und somit auch die aktivere Nutzung der
Räumlichkeiten ein, da sie sich nicht alle auf dem neusten Stand befinden.32 Die
Wahrnehmung der Bundeswehr zu der Vergangenheit der Gebäude hält sich eher
29 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Bericht: Denkmalschutz der Geb. der ehem. RFS,
S.10 30 Da diese jetzt unter Denkmalschutz stehen 31 Folgende Aussagen gingen in abgewandelter Form aus dem Interview hervor 32 Zum Beispiel Wärmedämmung oder renovierungsbedürftige Räumlichkeiten
8
in Grenzen. Man ist sich zwar durchaus bewusst, dass hier einst
Nationalsozialisten ihren Machenschaften nachgingen, aber als einen
nennenswerten Ort dieser Zeit wird es hier nicht empfunden.33
3.3 Zukunftspläne der Gemeinde mit dem Areal der Fernmeldeschule Da die denkmalgeschützten Gebäude in die weitere Planung für das Areal mit
berücksichtigt werden müssen, werden größer angelegte Bebauungspläne
vorzeitig erstmal auf Eis gelegt. Über die Bedeutung des Geländes für Feldafing
ist man sich im Ort schon seit längerem im Klaren. Da Feldafing nunmehr wenig
freie Bebauungsflächen besitzt und nach außen von den umliegenden Gemeinden
eingegrenzt ist, würde sich der seenahe Bereich mit einem Umfang von ungefähr
36 Hektar34 durchaus für eine weitere Bebauung anbieten. Dies wäre für die
zukünftige Ortsentwicklung von Feldafing von entscheidender Bedeutung. So ist
„die Konversion Fernmeldeschule [...] zweifellos das mit Abstand wichtigste
gemeindliche Projekt in dieser und in den kommenden Amtsperioden“35. Die
Bebauungspläne werden allerdings von den Naturschutzgebieten36 in manchen
Bereichen des Grundstückes und den Bauten unter Denkmalschutz erheblich
eingeschränkt. Deshalb gibt es nach Aussagen des Feldafinger Bürgermeisters
folgende Überlegungen zur Gestaltung und Nutzung der Gebäude. Zum einen
könnten die Gebäude teilweise Künstlern für ihre Ausstellungen zur Verfügung
gestellt werden. Zum anderen wird es von der Gemeinde angedacht, für
Selbständige, kostenfrei über einen gewissen Zeitraum, die Nutzung von
Räumlichkeiten zu ermöglichen37.38 Doch ausschlaggebend für eine konkrete
Planung ist der endgültige Termin des Auszuges der Bundeswehr. Dieser wurde,
obwohl er 2008 das erste Mal feststand, mehrfach verlegt und ist bis heute
ungewiss. Deshalb sind heutige Planungen größtenteils relativ. Fakt ist allerdings,
dass die Bebauung und Nutzung des Geländes in Zukunft für Feldafing eine
tragende Rolle spielen wird.
33 Aus einer Führung mit Hauptfeldwebel Kändler 34SBS Planungsgemeinschaft, Vorbereitende Untersuchungen mit integrierten
Entwicklungskonzepten für die Gemeinde Feldafing, S.34 35 Antrag, Gemeinderat Schuierer, vom 4. Oktober 2005 36SBS Planungsgemeinschaft, Vorbereitende Untersuchungen mit integrierten
Entwicklungskonzepten für die Gemeinde Feldafing, S.46/47 37 Ein Projekt um die Selbständigkeit der Bürger zu fördern, oder um Erfahrung für einen eigenen
Betrieb zu sammeln 38 Bezug auf Interview mit Bürgermeister
9
3.4 Umgang mit der Geschichte von Feldafing Im Gegensatz dazu stellt sich der historische Verlauf in Feldafing, der mit als
Begründung des Denkmalschutzes angeführt wurde. Tatsächlich sind sich die
meisten Einheimischen nicht wirklich bewusst, was sich in Feldafing zugetragen
hat. Es werden zwar laut Bürgermeister Sontheim in unregelmäßigen Abständen
Abende zu der Geschichte Feldafings veranstaltet, die auch gut besucht sein
sollen, aber von einem wirklichen Bewusstsein zu der Vergangenheit Feldafings
kann man nicht sprechen. Das zeigt sich allein schon daran, dass nicht einmal auf
der Homepage von Feldafing ein Wort über die RSF verloren wird. Man wird in
Feldafing grundsätzlich eher seltener mit dem Thema der RSF konfrontiert. Das
liegt nicht daran, dass es kein Interesse seitens der Bürger gibt, sondern vielmehr
daran, dass zu wenig Informationen, auf die jedermann leichten Zugang hat,
gegeben sind. So ist es nicht verwunderlich, dass für viele die Fragestellung offen
bleibt, was in Feldafing tatsächlich passiert ist und ob es eine Gedenkstätte
rechtfertigt.
4 Persönliches Fazit Während meiner Recherchen war es sehr auffallend, wie wenig
Hintergrundinformationen sich zur RSF finden lassen und dass sich die wenigen,
die ich gefunden habe, teilweise auch noch widersprachen. Das ließ für mich die
Frage offen, woran das liegen könnte. Zumal doch sonst auch versucht wird, so
genau wie möglich aufzuzeigen, was unter dem NS-Regime passierte. So
bekommt man bei Nachforschungen den Eindruck, dass die Personen, die wirklich
was zu diesem Thema wissen, kein Interesse daran haben, es mit ihren
Mitmenschen zu teilen. Wodurch man zur nächsten Frage kommt, ob nicht doch
irgendetwas in Feldafing vorgefallen ist, was man jetzt versucht totzuschweigen.
Als Beispiel gäbe es dafür, dass die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen
zur Aufklärung von NS-Verbrechen in einem Mordfall ermittelte, der das
Arbeitslager auf dem Gelände der RSF betraf. Das Verfahren wurde 1978
eingestellt39. Seither wird ein „angeblicher Mord“ als Gerücht abgetan. Wie nicht
anders zu erwarten liegen keine genaueren Informationen vor.
Aber selbst wenn nichts in Feldafing vorgefallen sein sollte, zeigt die Geschichte
der RSF einen durchaus erwähnenswerten Charakter. Die Besonderheit, die ihr
zukam und die Hintergedanken der Schule bilden für mich Grundlage genug, eine
39 Benz Wolfgang, Barbara Distel: Der Ort des Terrors Band 2, S. 320
10
Gedenkstätte einzurichten. Da würde sich eines der alten „Sturmblockhäuser“ als
nahezu ideal anbieten. Allerdings sollte dies besser geregelt sein, als die
Besuchszeiten für die Ausstellung im „Villino“. Da es weitgehend sinnfrei ist, eine
Ausstellung oder eine Gedenkstätte zu schaffen ohne diese auch
dementsprechend der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Wichtiger ist noch,
die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, was sich tatsächlich in Feldafing
zugetragen hat. Dafür ist natürlich eine umfassende Recherche erforderlich. In
diesem Punkt wäre es ratsam, wenn die Gemeinde Feldafing die Recherche und
die Aufarbeitung der gewonnenen Erkenntnisse selbst in die Hand nehmen würde.
Damit könnte man den Wahrheitsgehalt der „Geschichtsschreibung“ sicherlich
maximieren. Meiner Meinung nach haben große Teile der Öffentlichkeit Interesse
an diesem Thema, was eine umfangreichere Ausstellung durchaus rechtfertigt.
Dass dies im Gegensatz zu eventuellen Vorhaben mit den Gebäuden steht, ist
klar. Aber so einen entscheidenden Teil der Geschichte Feldafings unter den
Tisch fallen zu lassen, ist mehr als ungerechtfertigt. Es sollte unbedingt auf
irgendeine Art und Weise dieser Teil für die Nachwelt erhalten werden.
5 Schluss Festzuhalten bleibt, dass die RSF eine Sonderstellung unter allen Eliteschulen
einnahm und Feldafing mit geprägt hat. Dass sich darüber heute fast niemand
mehr so wirklich im Klaren ist, zeigt, dass es in irgendeiner Weise einer
Gedenkstätte bedarf. Insofern gilt es auch einen momentanen Nutzen des
Geländes zu vernachlässigen und auf den geschichtlichen Hintergrund
aufmerksam zu machen. Man kann, so wie ich herausgefunden habe, weder von
einem „Entwicklungshindernis“ noch von einem „Mahnmal“ sprechen. Da nicht nur
die Gebäude der RSF, sondern auch diverse Bauten - die unabhängig davon unter
Denkmalschutz stehen - und der Naturschutz, Baumaßnahmen auf dem Gelände
determinieren. Diese Aussage kann man höchstens eingeschränkt stehen lassen.
Fragwürdig bleibt dennoch, ob es notwendig ist, alle acht Sturmblockhäuser unter
Denkmalschutz zu stellen oder ob nicht doch ein oder zwei ausgereicht hätten. Ein
wirkliches Mahnmal stellt das Erbe der RSF auch nicht dar, da es kein Ort des
Verbrechens war. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, was sich auf dem Gelände
zugetragen hat.
Eine Eliteschule der Nazis, ein Arbeitslager des KZ Dachau, eines der größten
jüdischen DP-Lager - die Geschichte der RSF unterlag Wandlungen. Deshalb
sollte meiner Meinung nach noch einmal ernsthaft darüber nachgedacht werden,
11
inwiefern eine Gedenkstätte und/oder eine Ausstellung auf dem Gelände
tatsächlich gerechtfertigt ist.
Schließlich möchte ich mich noch ganz herzlich für die Unterstützung seitens der
Gemeinde und diverser Privatleute bedanken, und in diesem Zuge auch meine
Facharbeit gerne dem Gemeindearchiv Feldafing zur Verfügung stellen.
12
6 Anhang
6.1 Quellenverzeichnis - Antrag des Gemeinderats Schuierer vom 4. Oktober 2005
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Bericht: Denkmalschutz der Geb.
der ehem. RHS
- Benz Wolfgang und Barbara Distel: Der Ort des Terrors, Band 2, Geschichte der
nationalsozialistischen Konzentrationslager / Verlag C.H. Beck, München 2005
- Beulecke Greti: Die Rolle des Sports in der Reichsschule Feldafing in der Zeit
von 1934 – 1945, Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien
- Führung durch das Gelände mit Hauptfeldwebel Kändler
- Gelhaus Dirk / Jörn-Peter Hülter: Die Ausleseschulen als Grundpfeiler des NS-
Regimes / Verlag Könighausen und Neumann, Würzburg 2003
- http://de.wikipedia.org/wiki/DP-Lager_Feldafing
- http://geschi.de/artikel/feldafing.shtml
- http://www.fuehrungsunterstuetzungsschule.bundeswehr.de
- http://www.institut-dr-greite.de/phorum5/read.php?1,1004,1374
- http://www.pausenhof.de/referat/geschichte/napola-schulen/9178
- Interview mit dem Bürgermeister Feldafings
- Mayer, Christian, Begabte Pädagogen und fanatische Nazis, in: Süddeutsche
Zeitung vom 8.12.1998
- SBS Planungsgemeinschaft, Vorbereitende Untersuchungen mit integrierten
Entwicklungskonzepten für die Gemeinde Feldafing
- Stephanie Geiger, Feldafings Reichsschule – Mahnmal oder
Entwicklungshindernis? in: Züricher Zeitung, vom 19.01.2009
13
6.2 Baupläne & Bilder zu dem Gelände
Abbildung 3: Geländeplan der Fernmeldeschule Feldafing
Abbildung 4: Tagesplan der RSF
14
Abbildung 5: Zeichnung der Fernmeldeschule mit Grundrissplan
15
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich, dass ich die Facharbeit eigenständig und ohne fremde Hilfe
angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis aufgeführten Quellen verwendet
habe.
Feldafing, 8. November 2010 ...........................................................................
Gregor Klug
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