Logische Propädeutik Einführung in die Methoden der Psychologie Tutorium 1.4 Prof. Dr. Wilhelm...

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Logische Propädeutik

Einführung in die Methoden der Psychologie Tutorium 1.4

Prof. Dr. Wilhelm KempfUniversität Konstanz

Literatur: Kempf, Wilhelm (im Druck): Forschungsmethoden der Psychologie: zwischen naturwissenschaftlichem Experiment und sozialwissenschaftlicher Hermeneutik. Berlin: regener. Kapitel 1.4.3 / 2.5

Definition: „Logik“

Logik ist ein Überbegriff für eine ganze Reihe

von Untersuchungsmethoden um

a) die Wahrheit von Aussagen und

b) die Gültigkeit von Schlüssen zu beurteilen

Wozu?

Logik wird in der Wissenschaft benötigt, um:

a) eine widerspruchsfreie Terminologie zu entwickeln;

b) zu widerspruchsfreien Hypothesen zu kommen;

c) zu entscheiden, wann es sich um empirische und wann um log. wahre Aussagen handelt.

Übersicht

Wiederholung:• Aussagenlogik• Elementaraussagen und Junktoren• Schlussformen

Aussagenlogik

• wenn man die Wahrheitswerte der einzelnen Teilaussagen kennt, die verknüpft werden sollen, kann daraus bestimmt werden, ob die Gesamtaussage wahr ist

• und zwar UNABHÄNGIG von der Bedeutung der einzelnen Teilaussagen.

Beispiele

Alle Studenten sind Menschen

Alle Menschen sind schlafbedürftig

Alle Studenten sind schlafbedürftig

Aussagenlogik

Alle Tomaten sind Pfirsiche

Alle Pfirsiche sind gelb

Alle Tomaten sind gelb

Übersicht

Wiederholung• Aussagenlogik• Elementaraussagen und Junktoren• Schlussformen

Elementaraussagen

Elementaraussagen schreiben bestimmten Gegenständen (als Nominatoren) bestimmte Eigenschaften (die Prädikatoren) zu

Junktoren

• alleinige Betrachtung einzelner Elementaraussagen ist nicht besonders hilfreich;

• Wichtig: Verbindungen einzelner Elementaraussagen;

• vier Junktoren:„nicht“„und“„oder“ „wenn... dann...“

= Negation= Konjunktion= Adjunktion= Subjunktion

• Elementaraussagen beschreiben Zustände der Welt

• Mengentheoretisch: die Welt besteht aus einer großen Menge von Sachverhalten, die sich durch Elementaraussagen darstellen lassen (W)

Elementaraussagen

W

W

„Es regnet“

Der Junktor „nicht“/¬

• eine mit „¬”versehene Aussage ist dann wahr, wenn die einfache Aussage falsch ist und umgekehrt;

• bildet das Gegenteil/Komplement einer Aussage ab

• d.h. ¬(“Es regnet”) bezeichnet alle Zustände, die nicht “Es regnet” erfüllen

W

„Es regnet“

¬(“Es regnet”)=W\”Es regnet”

W

A

¬A=W\A

Beziehungsweise, wenn wir definieren „Es regnet“=A

Wahrheitstafeln 1

andere Darstellung für Junktoren :

„Wahrheitstafeln“

Wahrheitstafeln 2

• alle Zustände, die eine Aussage annehmen kann

• jew. Konsequenzen, die sich aus der Anwendung von Junktoren ergeben

• alle möglichen Kombinationen von Wahrheitswerten der Teilaussagen

Wahrheitstafeln 3: Beispiel „nicht“

A („Es regnet“) ¬A (nicht „Es regnet“)

w f

f w

• in der Regel wollen wir jedoch nicht Aussagen über eine Elementaraussage treffen, sondern über ihre Kombinationen; z.B. aus der Vorlesung die Sätze

„Es regnet“

„Die Straße ist nass“

W

„Es regnet“ „Die Straße ist nass“

Der Junktor „und“

• Junktor „und“: all jene Zustände der Welt, in denen beide Aussagen gelten;

• Zusammengesetzte Aussage: nur dann wahr, wenn beide Elementaraussagen gleichzeitig wahr sind

W

„Es regnet“ „Die Straße ist nass“

Wahrheitstafel „und“

A B AB

w w w

w f f

f w f

f f f

Der Junktor „oder“

• Der Junktor „oder“:all jene Zustände der Welt, in denen beide Aussagen oder eine von beiden Aussagen gelten (einschließendes oder);

• zusammengesetzten Aussage:nur dann wahr, wenn beide Elementaraussagen gleichzeitig wahr sind oder eine von beiden

W

„Es regnet“ „Die Straße ist nass“

Wahrheitstafel „oder“

A B AB

w w w

w f w

f w w

f f f

Der Junktor „wenn..., dann...“: „“

Beispiel aus „Formale Logik“ (1998):

„Wenn ich am Ende dieses Buches die Logik beherrsche, dann verschenke ich dieses Buch.“

P. Hoyningen-Huene

P. Hoyningen-Huene - 1

• wenn nach dem Lesen des Buches die Logik beherrscht wird und das Buch dann verschenkt wird, ist die Gesamtaussage aufgrund ihrer Teilaussagen wahr.

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

P. Hoyningen-Huene - 2

• wenn nach dem Lesen des Buches die Logik beherrscht wird und das Buch dann nicht verschenkt wird, ist die Gesamtaussage aufgrund ihrer Teilaussagen falsch.

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

w f f

P. Hoyningen-Huene - 3

• was passiert aber, wenn am Ende des Buches die Logik nicht beherrscht wird?

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

w f f

f w

f f

P. Hoyningen-Huene - 4

wenn die Voraussetzung nicht eintritt, ist der Wahrheitswert der Gesamtaussage nicht aufgrund der Teilaussagen bestimmt, da ohne die Voraussetzung niemand zur Verteidigung / Einlösung verpflichtet ist.

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

w f f

f w unbestimmt

f f unbestimmt

P. Hoyningen-Huene - 4

wenn die Voraussetzung nicht eintritt, ist der Wahrheitswert der Gesamtaussage nicht aufgrund der Teilaussagen bestimmt, da ohne die Voraussetzung niemand zur Verteidigung/Einlösung verpflichtet ist.

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

w f f

f w unbestimmt

f f unbestimmt

Konzept des

Junktors „wenn...,

dann...“ gescheitert?

P. Hoyningen-Huene - 5

Kempf:da der Grundsatz „tertium non datur“ erfüllt sein muss, gilt die Subjunktion in den beiden letzten Fällen als wahr: nur weil die Prämisse nicht erfüllt ist, heißt es nicht, dass der Satz unwahr sein muss.

„Am Ende dieses Buches beherrsche

ich die Logik“

(A)

„Ich verschenke

dieses Buch“

(B)

AB

w w w

w f f

f w w

f f w

P. Hoyningen-Huene - 6

• Es wird behauptet: wenn A, dann B (AB)• im allgemeinen bedeutet dies, dass

– wenn A wahr ist, auch B wahr sein sollte, d.h.

– wir wollen nicht, dass A wahr ist und B falsch

• also: ¬(A ¬B)

“” wird als Verkürzung für ¬(A ¬B) benutzt

P. Hoyningen-Huene - 8

A B ¬B A ¬B ¬(A ¬B)

w w f f w

w f w w f

f w f f w

f f w f w

Wenn..., dann...

• Erinnerung: es muss keine kausale oder inhaltliche Beziehung zwischen den verknüpften Sätzen geben!

Wenn..., dann...: Beispiele

Wenn London in England liegt, ist das Meer salzig

Wenn 2x2=5 ist, dann liegt Berlin an der Elbe

Wenn 7 eine gerade Zahl ist, ist sie durch 2 teilbar

Wenn x≥5, dann auch x≥2

Tautologie

• Tautologien sind Sätze, die unabhängig

a) von der Bedeutung ihrer Teilsätze

b) von den Wahrheitswerten ihrer Teilsätze immer wahr sind

• diese Aussagen bezeichnet man auch als (formal-/aussagen-)logisch wahr

Bedeutung von Tautologien

unverzichtbar:

(1) Terminologien müssen sich auf tautologische Sätze reduzieren lassen;

unbrauchbar:

(2) Da Tautologien nicht empirisch überprüfbar sind

Übersicht

Wiederholung• Aussagenlogik• Elementaraussagen und Junktoren• Schlussformen

Der modus ponens: (A[AB]) B

A B AB A[AB] A[AB] B

w w w w w

w f f f w

f w w f w

f f w f w

W

„Die Straße ist nass“

Beispiel: „Wenn es regnet, dann wird die Straße nass.“

„Es regnet“

A[AB] B

Beispiel „modus ponens“

A[AB] B

Der Hund sondert beim Glockenton Speichel ab.

Wenn der Hund beim Glockenton Speichel absondert, dann ist der Glockenton ein KS.

Dann ist der Glockenton ein konditionierter Stimulus.

Der modus tollens: ([AB]B) A

A B A B AB [AB]B ([AB]B) A

w w f f w f w

w f f w f f w

f w w f w f w

f f w w w w w

W

„Die Straße ist nass“

Beispiel: „Wenn es regnet, dann wird die Straße nass.“

„Es regnet“

([AB]B) A

Beispiel „modus tollens“

([AB]B) A

Wenn ein Konflikt „win-lose“ konzeptualisiert wird, dann sieht man die Rechte der Gegenpartei nicht mehr.

Man nimmt die Rechte der Gegenpartei wahr.

Der Konflikt ist nicht „win-lose“ konzeptualisiert.

Verifikationsschluss: (AB) (A B)

A B A B AB (AB) (A B)

w w w w w

w f f f w

f w f w w

f f f w w

Falsifikationsschluss: (AB) (A B)

A B B A B [AB] [AB] (AB) (A B)

w w f f w f w

w f w w f w w

f w f f w f w

f f w f w f w

Literaturhinweise

• Tugendhat, E. & Wolf, U. (1983). Logisch-semantische Propädeutik. Stuttgart: Reclam. [insbes. Kap 1-3; 5-7]

• Hoyningen-Huene, P. (1998). Formale Logik: Eine philosophische Einführung. Stuttgart: Reclam. [insbes. S. 13-74]

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