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Inhaltsverzeichnis 1. Konstruktionsbereiche von Männlichkeit. Zum Stand der Männerforschung ......................................................................... 7 Nina Baur und Jens Luedtke Mann(sein) und Männlichkeiten als soziale Konstruktionen ............................... 31 2. Ernste Spiele. Zur Konstruktion von Männlichkeit im Wettbewerb der Männer ... 33 Michael Meuser 3. Männlichkeit und geschlechtshomogene Praxis bei Jungen ............................... 45 Sabine Jösting 4. Ethnizität und Männlichkeitskonstruktion.......................................................... 61 Katrin Huxel „Erwachsene“ Männlichkeiten im Wandel: Männer zwischen Beruf und Familie .. 79 5. Männlichkeit und Erwerbsarbeit bei westdeutschen Männern ........................... 81 Nina Baur und Jens Luedtke 6. Männlichkeit und Erwerbsarbeit bei ostdeutschen Männern............................ 105 Sylka Scholz 7. Männlichkeitskonstruktionen Teilzeit arbeitender Väter ................................. 123 Anna Buschmeyer 8. Männlichkeitskonstruktionen von „neuen Vätern“........................................... 141 Karsten Kassner „Abweichende“ Männlichkeiten in Subgruppen? ............................................... 165 9. Gewalt und männliches Dominanzverhalten bei Schülern ............................... 167 Jens Luedtke 10. Ehre und Männlichkeit bei jungen türkischen Migranten ................................ 183 Paul Scheibelhofer 11. Gewalt und Männlichkeit bei inhaftierten Jugendlichen .................................. 201 Anke Neuber 12. Körperpraxis und Männlichkeit bei Skinheads................................................. 223 Kurt Möller 13. Männer(bilder) im Rahmen von Prostitution.................................................... 239 Christiane Howe 14. Das Männerbild von Lesben und Schwulen ..................................................... 265 Claudia Krell Autorinnen und Autoren .......................................................................................... 287 Auszug aus: Nina Baur / Jens Luedtke (Hg.) (2008): Die soziale Konstruktion von Männlich- keit. Hegemoniale und marginalisierte Männlichkeiten in Deutschland. Opladen / Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich

Die soziale Konstruktion von Männlichkeit. Hegemoniale und marginalisierte Männlichkeiten in Deutschland

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Inhaltsverzeichnis

1. Konstruktionsbereiche von Männlichkeit. Zum Stand der Männerforschung......................................................................... 7 Nina Baur und Jens Luedtke

Mann(sein) und Männlichkeiten als soziale Konstruktionen ............................... 31 2. Ernste Spiele. Zur Konstruktion von Männlichkeit im Wettbewerb der Männer... 33

Michael Meuser 3. Männlichkeit und geschlechtshomogene Praxis bei Jungen............................... 45

Sabine Jösting 4. Ethnizität und Männlichkeitskonstruktion.......................................................... 61

Katrin Huxel

„Erwachsene“ Männlichkeiten im Wandel: Männer zwischen Beruf und Familie .. 795. Männlichkeit und Erwerbsarbeit bei westdeutschen Männern ........................... 81

Nina Baur und Jens Luedtke 6. Männlichkeit und Erwerbsarbeit bei ostdeutschen Männern............................ 105

Sylka Scholz 7. Männlichkeitskonstruktionen Teilzeit arbeitender Väter ................................. 123

Anna Buschmeyer 8. Männlichkeitskonstruktionen von „neuen Vätern“........................................... 141

Karsten Kassner

„Abweichende“ Männlichkeiten in Subgruppen? ............................................... 165 9. Gewalt und männliches Dominanzverhalten bei Schülern ............................... 167

Jens Luedtke 10. Ehre und Männlichkeit bei jungen türkischen Migranten ................................ 183

Paul Scheibelhofer 11. Gewalt und Männlichkeit bei inhaftierten Jugendlichen .................................. 201

Anke Neuber 12. Körperpraxis und Männlichkeit bei Skinheads................................................. 223

Kurt Möller 13. Männer(bilder) im Rahmen von Prostitution.................................................... 239

Christiane Howe 14. Das Männerbild von Lesben und Schwulen ..................................................... 265

Claudia Krell

Autorinnen und Autoren .......................................................................................... 287

Auszug aus: Nina Baur / Jens Luedtke (Hg.) (2008): Die soziale Konstruktion von Männlich-keit. Hegemoniale und marginalisierte Männlichkeiten in Deutschland. Opladen / Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich

1. Konstruktionsbereiche von Männlichkeit. Zum Stand der Männerforschung

Nina Baur und Jens Luedtke

1.1 Männer – ein vernachlässigtes Thema der Soziologie

Die Soziologie verfügt mittlerweile über ein recht klares theoretisches und empirisches Bild über die soziale Konstruktion von Weiblichkeit sowie typi-sche Probleme und Formen der Diskriminierung von Frauen in den verschie-densten Lebensbereichen. Das Wissen über Männer ist dagegen erstaunlich karg, da sie systematisch aus der Analyse ausgeblendet werden:

Die meisten klassischen soziologischen Theorien gehen implizit vom Mann als dem „Normalen“ aus und der Frau als dem „Abweichenden“, wo-bei sie sich i. d. R. nicht die Mühe machen, dieses „Normale“ zu definieren. So wird etwa in der Arbeits-, Industrie- und Berufssoziologie von einer un-befristeten Vollzeitstelle als dem „Normalarbeitsverhältnis“ gesprochen und dabei übersehen, dass es sich hierbei um ein männliches „Normalarbeitsver-hältnis“ handelt und weibliche „Normalarbeitsverhältnisse“ schon immer durch Erwerbsunterbrechungen, schlechter bezahlte und unsichere Stellen sowie flexiblere Arbeitszeiten gekennzeichnet waren. Ebenso wurde in der Sozialstrukturanalyse lange Zeit selbstverständlich die soziale Schicht einer Familie über Bildung, Einkommen und Berufsprestige des Mannes bestimmt. Dem entspricht, dass Frauen in der Sicht der Gesellschaft über Jahrzehnte nur ein „entlehnter Status“ (Bolte/Hradil 1988) zugestanden wurde, der über den Status des (Ehe-)Mannes definiert wurde. Diese Definition konnte nur so lange greifen, wie Frauen aus den Möglichkeiten der Erwerbsarbeit ausge-grenzt wurden, d. h., sie musste mit den verbesserten Bildungs-, Berufs- und Karrieremöglichkeiten von Frauen erodieren.

Das „moderne“ Subjekt ist also „männlich“, wobei als zentrales Kriteri-um für die gesellschaftliche Integration und den Erwerb von sozialer Identität die Erwerbsarbeit gesetzt wird. Auch heute wird noch postuliert, dass sich Männer vor allem über Erwerbsarbeit definieren. Das setzt sich fort in der Grundkonstitution des Sozialstaats: Die Ansprüche auf Leistungen bei Ein-tritt des Versicherungsfalls erwirbt der üblicherweise männliche Vollzeiter-werbstätige (vgl. dazu: Gronbach/Riedmüller 2004, Baur 2007). Die gleich-sam „nachholende“ Modernisierung und Individualisierung der Frauen in westlichen Gesellschaften seit den 1960er-Jahren war vielfältig Thema u. a. auch der familien- und bildungssoziologischen Forschung und selbstredend

der Geschlechterforschung als Frauenforschung. Die Modernität und Indivi-dualität „des“ Mannes war dagegen unhinterfragte Selbstverständlichkeit – ohne dass es allerdings klare Vorstellungen vom Bild und sozialen Sein die-ses modernen Mannes gegeben hat. Solange die Gesellschaft eine Industriege-sellschaft blieb, musste das Bild auch nicht hinterfragt bzw. erfragt werden, denn die dato gültigen Männerbilder – Arbeitsmann (Döge 2000) oder heroi-sches männliches Subjekt (Keupp 1990) – waren letztlich Produkte dieser industriegesellschaftlichen Epoche. Erst mit dem Wandel hin zu einer „in-dustrialisierten Dienstleistungsgesellschaft“ (Geißler 2002) oder einer in Teilen „postindustriellen“ Gesellschaft (Hradil 1990) geriet diese Koppelung ins Wanken; nunmehr erst konnte deutlich werden, dass das „Mannsein“ keine scheinbar passgenaue Anschlussfähigkeit an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mehr garantierte; nun erst konnte „Mann“ zum Gegens-tand der Forschung werden.

Allerdings gibt es zu wenig empirische Untersuchungen, die Männlich-keit aus der Perspektive der Akteure, also der Männer (und Frauen), behan-deln. Die Geschlechtersoziologie befasst sich dagegen hauptsächlich mit Frauen – „der Mann“ wird i. d. R. negativ definiert als Referenzkategorie, als das Nicht-Weibliche, Nicht-Homosexuelle, als der Deviante oder als der gesellschaftlich Herrschende, dem gegenüber die Gleichberechtigung aktiv eingefordert wird. Eine „positive“ Abgrenzung erfolgte allenfalls durch die Genitalien (Wetterer 2004, Gildemeister 2004). Die Veränderungen von Lage und Mentalität von Frauen durch den sozialen Wandel wurde relativ eingehend analysiert; vergleichbare Analysen für Männer sind dagegen sel-ten. Dieses Informationsdefizit gilt insbesondere für Deutschland: Während sich in den letzten Jahren international mit „Men’s Studies“ ein neuer For-schungszweig etabliert hat, der sich bemüht, diese Lücken zu schließen, steckt die deutsche Männerforschung noch in den Kinderschuhen. Ziel dieses Bandes ist es deshalb, aktuelle Forschungsergebnisse aus verschiedenen soziologischen Perspektiven zu diesem Themenbereich für Deutschland bzw. den deutschsprachigen Raum zu bündeln, um der Frage näher zu kommen: Was macht den Mann zum Mann?

1.2 „Männlichkeit“ als soziale Konstruktion

Seit Begründung der Soziologie als eigenständige Disziplin wurde immer wieder die Frage des Verhältnisses von „Natürlichem“ und „Sozialen“, zwi-schen „nature“ und „nurture“ gestellt, und nirgendwo kommt diese Bezie-hung zwischen Natur und Kultur mit mehr Wucht für den Alltag zum Tragen als bei der Frage: Was bzw. wie sind Männer und Frauen? In verschiedenen historischen Phasen dominierte einmal die eine, einmal die andere Sichtwei-

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se. Nachdem man in den 1970ern geneigt war, dem Sozialen das Primat über dem Biologischen zu geben, haben die naturwissenschaftliche Erklärungen spätestens seit den 1990ern wieder einen Aufschwung erlebt, vorangetrieben durch neuere Entwicklungen der Biologie, der Soziobiologie, der Neurobio-logie und der Genetik. Gerade askriptive Merkmalen wie Geschlecht, Alter oder – im amerikanischen Raum – „race“ eignen sich für den Versuch einer Rückbindung des Verhaltens an das „Natürliche“ und die „objektive“ Zu-schreibung von unverrückbaren, nicht zur Disposition zu stellenden Qualitä-ten: Sie sind alle an den Körper gebunden (Meuser 2004, Pelak 2007) – und Körper eignen sich, wie Foucault (1994) dargelegt hat, besonders gut für Machtspiele (Trapp 2003).

Dabei wird oft übersehen, dass wir das „Natürliche an sich“ mit unseren Instrumenten und Erkenntnismöglichkeiten nicht (er)kennen können. Was wir wahrnehmen können, sind die kulturell überformten Bilder, Diskurse, Stereotype, die auf uns im Sinne von Durkheims „fait social“ wirken: als überpersönliche, bereits bestehende und von daher objektive Wirklichkeit (vgl. Durkheim 1961). Auch die in den Naturwissenschaften verwendeten bildgebenden Verfahren, mit denen die Gehirne von Männern und Frauen in vivo betrachtet werden, bewegen sich auf dieser Ebene – sie sind ebenfalls das Ergebnis kulturellen Prozesse und Ideen. Die „Natur des Mannes“ (wie auch der Frau) ist „Natur durch Gesellschaft“.

Ungeachtet dessen, wie stark man den biologischen Anteil an den Ge-schlechterdifferenzen im Unterschied zum sozialen gewichtet, so sind sich doch alle sozialwissenschaftlichen Theorien einig, dass das biologische Geschlecht sozial überformt ist. Deshalb geht auch dieser Band davon aus, dass Männ-lichkeit nicht primär biologisch bedingt ist, sondern sozial konstruiert wird.

1.3 Hegemoniale vs. bedrohte Männlichkeiten

Auffällig an dieser sozialen Konstruktion ist, dass in Europa mindestens seit dem Mittelalter die Grenze zwischen „Natur“ und „Kultur“ an der Ge-schlechtergrenze gezogen wurde: Mittelalterliche Mönche (ebenso wie die Vertreter der Aufklärung) assoziierten die Ebene des Natürlichen mit dem Weiblichen, die Ebene des Geistig-Kulturellen mit dem Männlichen (Walter 1998: 1-61, Mehrtens 1996). Sie reduzierten die Frau damit nicht nur auf die ihr zugeschriebene biologische Reproduktionsfunktion, sondern sahen Frau-en als ständige Gefahr für zivilisierte Selbstkontrolle. Frauen bedurften aus der damaligen Perspektive deshalb der Führung des Mannes, um ihre Triebe überwinden zu können (Duby 1985, 1999). Hier wird ein Element deutlich, das ein Kernprinzip des Männlichen zu sein scheint: Kontrolle, symbolisiert

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im „Machtmann“ und „Arbeitsmann“. Kontrolle beinhaltet dabei einerseits Kontrolle über den eigenen und andere Körper durch Körpergestaltung und Körperpraxis (Doane 2007, Wachs 2007), andererseits die Beherrschung der natürlichen, aber auch der sozialen Umwelt (Collmer 1997) und damit ver-bunden der legitime sowie illegitime Zwang gegen sich und andere. Dabei überlagern sich Körperbeherrschung und Kontrolle der sozialen Umwelt insoweit, als erstere das Mittel zu letzterer bildet (z. B. Günther 1999). Die Kontrolle und damit Ausübung von Macht erfolgt(e) aber sowohl gegenüber weiblichen, wie auch männlichen Körpern. Bei letzteren ist es die Kontrolle und Disziplinierung des gelehrigen männlichen Körpers in Raum und beson-ders: in der Zeit, seiner Dressur durch Tätigkeiten, die zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten vorgeschrieben wurden (dazu: Foucault 1994). Dies um-fasst(e) den „soldatischen“ Körper im Militär, den verwahrten Körper im Gefängnis als auch die für die industrielle Arbeit in den Fabriken gesammelten bzw. „kasernierten“ Körper (männlicher) Arbeiter (dazu: Durkheim 1988).

Das von Raewyn Connell (2006) geprägte Leitbild der internationalen Männerforschung definiert unter dem Begriff der „hegemonialen Männlich-keiten“ neben Kontrolle über sich und andere ein zweites zentrales Element von Männlichkeit: den Wettbewerb bzw. Kampf: Männer versuchen nicht nur, über Frauen zu herrschen, verschiedene Gruppen von Männern verfechten zudem verschiedene Männlichkeitsideale. Die hegemoniale Gruppe hat die Definitionsmacht, welche Männlichkeiten als bevorzugt gelten und damit mit hohem sozialen Status, Gütern und Frauen ausgestattet werden. Entsprechend fechten Männer untereinander zwei Arten von Kämpfe aus: welche Männlich-keitsvorstellungen hegemonial sind und wer in diesem System der Über- und Unterordnung welchen Rang einnimmt (Connell 2006, Meuser/Scholz 2005).

Michael Meuser verknüpft (2006 und in diesem Band) diesen Gedanken mit Bourdieus (1997) Überlegungen, dass der männliche Habitus unter Män-nern in einem exklusiv Männern vorbehaltenen (sozialen) Raum entsteht. Männlichkeit wird in den „ernsten Spielen“ des ewigen Wettbewerbs von Männern untereinander konstruiert. Frauen haben die Funktion von Zuschau-ern und einem begehrten „Preisgeld“. Kernprinzipien des Wettbewerbs sind, dass jeder (Mann) auch einmal verlieren kann und dass ein Mann, der in einem Bereich nicht der hegemonialen Form der Männlichkeit entsprechen kann oder will, dies durch besonders männliches Verhalten in anderen Berei-chen kompensieren kann. Sabine Jösting verdeutlicht in ihrem Beitrag, dass Jungen diese Spielregeln während der Sozialisation erlernen. Wie Meuser argumentiert, führt dies zu einer doppelten Benachteiligung von Frauen: Sie kennen oft nicht die Spielregeln des Wettbewerbs. Selbst wenn sie die Re-geln begreifen, so wird ihnen doch immer eines Fehlen: die Freude am Spiel selbst, die Männer im Lauf der Jahre entwickeln.

Daneben lässt sich auch zeigen, dass Männlichkeitsvorstellungen histo-risch, regional, schicht- und milieuspezifisch sehr stark variieren (Behnke

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2000, 1997, Koppetsch/Maier 2001, Brandes 2002: 111-133, 161-190, Boatcă 2004, Morgan 2005). Unter globaler Perspektive müssen demnach kulturty-pische Variationen beachtet werden – es gibt keinen einheitlichen Hegemo-nialtyp (dazu: Wedgewood/Connell 2004).

Zudem hatten zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Gruppen die so-ziale Macht, ihre Männlichkeitsvorstellungen als hegemonial zu definieren und im institutionellen und politischen Rahmen festzuschreiben. Die hege-moniale Gruppe war in Europa bis zur Aufklärung der Adel (Serna 1996, Montroni 1999). Bis zum 2. Weltkrieg dominierte in Deutschland einerseits das Militär (Frevert 1996, Janshen 2001, Brandes 2002: 138-144, Martschu-kat/Stieglitz 2005: 141-172, Seifert 2000, Hämmerle 2005), andererseits wurden Ideale militärischer Disziplin und Naturbeherrschung in die Fabriken hineingetragen und im Ideal des bürgerlichen Fabrikanten oder Ingenieurs versinnbildlicht (Hagemann 2002, Schweitzer 1999, Stichweh 1999, Orland 1996, Osietzki 1996, Jansen 1996, Gundler 1996). Spätestens seit dem 2. Weltkrieg können für Westdeutschland v. a. Führungskräfte und Ingenieure als hegemonial gelten (Stichweh 1999, Cassis 1999, Brandes 2002, 144, Baur 2007). Daneben gab und gibt es immer die marginalisierten Männlichkeiten:

1) Junge Männer stehen unter dem besonderen Druck, ihre Männlichkeit und ihr Mannsein erst entwickeln zu müssen (dazu: Meuser 2004a, 1999, Kind 2000) – und das in Abgrenzung zur Männlichkeit ihrer Väter (da-zu: Matt 1999). Nicht erst in der Gegenwart wird jungen Männern von ‚der‘ Erwachsenengesellschaft der Charakter des Bedrohlichen und Ge-fährlichen zugeschrieben. Bereits im Mittelalter standen die ‚Jungen‘ im ständigen Konflikt mit den ‚Alten‘. Gesellschaftlicher Aufstieg war in allen sozialen Schichten an den Tod oder zumindest die Entmachtung der Älteren gebunden – der größte Feind des Vaters war sein eigener Sohn (Duby 1981a: 94-97). Das galt und gilt vor allem, wenn der soziale Status über die Weitergabe von (Land-)Besitz geregelt wird; damit stan-den (und stehen) den ‚Alten‘ Macht- und Disziplinierungsmöglichkeiten gegenüber den ‚Jungen‘ zur Verfügung. „Solange Tradition und Her-kommen herrschen, ist die Generation der Väter der Jugend eindeutig überlegen“ (Hornstein 1966: 157). Die Hausherren verschleierten diesen Konflikt, indem sie junge Männer gegeneinander ausspielten (Duby 1985: 91-92). In leichter Variation lässt sich dieses Muster auch heute noch beobachten, wenn man etwa die Privilegierung älterer Männer auf dem Arbeitsmarkt betrachtet (Allmendinger et al. 2005, Bonß/Ludwig-Mayerhofer 2000). Eine andere Strategie, mit der junge Männer nicht zuletzt aus der eigenen Familie als Konkurrenten ferngehalten werden sollten, ist die formale Regelung des Erwachsenenstatus z. B. über die Variation von Altersgrenzen. Ein Beispiel ist das Heraufsetzung des Mündigkeitsalters im 14. Jahrhundert auf 18 Jahre oder in der Auswei-tung des Vormundschaftszwangs bis auf 25 Jahre. Das Motiv war kein

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Minderjährigenschutz, sondern das Ansinnen, „unsichere Elemente“ län-ger aus dem Geschäftsleben fernzuhalten. Längere Erziehungsfristen galten fortan auf Gesellschaftsebene als notwendig, um die normativ ver-langte individuelle Stabilität zu erreichen (vgl. Winter 1984: 170ff.).

2) Untere Schichten: Ebenfalls seit dem Mittelalter lässt sich beobachten, dass Hegemonialität eng mit sozialem Stand bzw. sozialer Schicht ver-bunden war und diese wiederum weitgehend von sozialer Herkunft ab-hingen. Während im Mittelalter Adel und Klerus den „Dritten Stand“ durch militärische Macht und ein Weltbild kontrollierten, das jedem sei-nen Platz zuwies (Duby 1981b: 11-23), suggeriert die moderne Gesell-schaft Chancengleichheit: Bildung und individuelle Leistung sollen Haupteinflussfaktoren für soziales Prestige sein, insbesondere vermittelt über gut bezahlte und einflussreiche Positionen auf dem Arbeitsmarkt (Esping-Andersen, 1990, Schulte 2000, Klemm 2000, Bonß/Ludwig-Mayerhofer 2000). Abgesehen davon, dass dieses Ideal – wie die Sozial-strukturanalyse immer wieder gezeigt hat – nicht eingehalten werden kann, bedeutet dies, dass Männer, die aus verschiedenen Gründen keinen oder nur beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben (Arbeitslose, Behinderte usw.) oder aufgrund niederer Bildung nur geringe Aufstiegs-chancen haben, auch marginalisiert bleiben.

3) Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit: Der „fremde Mann“ galt schon immer als verdächtig, war und ist zum einen Gegenstand der Zu-schreibung stereotyp negativer Eigenschaften (Boatcă 2003, Kersten 1997) sowie auch nicht selten Opfer von Verfolgung und Vertreibung. Katrin Huxel (in diesem Band) zeigt, dass die Männlichkeitskonstruktion bei Migranten analog zu den Männern der Mehrheitsgesellschaft zwar auch über den Verweis auf Beruf und Familie erfolgt, Brüche und Ver-stärkungen von Männlichkeitsidealen aber oftmals durch die Hinter-gründe und Bedingungen der Migration, der ethnischen Differenz und der Ausgrenzung entstehen. Wie problematisch die Männlichkeitsdefini-tion unter Migrationsbedingungen ist und wie sehr dies auch zum Leiden der Migranten führen kann, zeigen u. a. auch Spohn (2002) für ältere und Bohnsack (2001) für jüngere türkische Migranten.

4) Abweichende Sexualität: Connell (2006) identifiziert „Zwangshetero-sexualität“ (Anderson 2007) als ein zentrales Merkmal moderner Männ-lichkeiten, wodurch abweichende Sexualitäten ebenfalls als bedroht gel-ten (Adam 2007, Dean 2007).

Da sich im Wettbewerb der Männlichkeiten sowohl die hegemonialen Vor-stellungen als auch unterdrückte Männlichkeitsbilder wandeln können, stel-len sich zwei empirische Fragen, denen die Beiträge im zweiten und dritten Teil des Bandes nachgehen:

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1) Wie definieren verschiedene soziale Milieus Männlichkeit? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Männlichkeitsdefinitionen be-stehen zwischen Deutschland und anderen Ländern bzw. zwischen ver-schiedenen sozialen Milieus innerhalb Deutschlands? Wodurch grenzen sich unterschiedliche Männlichkeiten voneinander ab? Wie wirkt ein Migrationshintergrund auf die Männlichkeit?

2) Definiert sich der Mann nur negativ als das Nicht-Weibliche oder positiv über bestimmte Tätigkeiten, Einstellungen usw.? Wie wichtig sind ver-schiedene Lebensbereiche für die soziale Konstruktion von Männlich-keit, wie z. B. Erwerbsarbeit, Freizeit, Konsumverhalten, Sport, Ernäh-rung, Vaterschaft, Partnerschaft, Gewaltbereitschaft usw. Wie genau wird in diesen Bereichen Männlichkeit geformt?

1.4 Beruf vs. Familie – Spannungen im Feld der Hegemonialität

Die Beiträge zeigen, dass das historische Erbe der Männlichkeitskonstruktio-nen fortwirkt: In Sabine Jöstings Beitrag wird deutlich, dass sich das militäri-sche Ideal der Körperbeherrschung und das fortschrittsgläubige Ideal der Naturbeherrschung auch heute noch bei Jungen dahingehend niederschlagen, dass Sport und Technik in homosozialen Beziehungen Hauptaspekte der Männlichkeitskonstruktion sind (vgl. auch Kosack 1994, Milhoffer 2000). Im Erwachsenenalter setzt sich dies so fort, dass Männer nicht nur insgesamt mehr Sport treiben (Messner 2005, Raithel 2005), sondern dass es „Männer-“ und „Frauensportarten“ gibt, wobei erstere auf einen athletisch getrimmten, leistungsfähigen und starken Körper abzielen (Liesenhoff 1983, Trapp 2003, Messner 2005, Skille 2005, Pelak 2007, Mansfield 2007). Betrachtet man Zuschauerzahlen und Werbeeinnahmen des Leistungs- und Spitzensports, so wird deutlich, dass der moderne Sport ein männliches Phänomen ist (Eisen-berg 1999, Messner 2005, Fischer 2000, Sülzle 2005, Mansfield 2007).

Wissenschaft und Technik sind ebenso stark männlich dominiert (Ko-sack 1994, Walter 1998: 1-61, Collmer 1999, Kerr 2007). So sind in Deutschland zwei von drei Studierenden der Naturwissenschaften und mehr als vier von fünf Studierenden der Ingenieurswissenschaften Männer (Stürzer 2005: 26, 27). Bei den Ausbildungsberufen wählen Männer eher technisch orientierte und handwerkliche Berufe wie Mechatroniker, Elektroniker, Me-chaniker oder Tischler, Frauen dagegen eher Berufe wie Kauffrau oder Arzt-helferin (Stürzer 2005: 55, Statistisches Bundesamt 2007) – und das trotz jahrzehntelanger Bemühungen, den Frauenanteil in diesen Bereichen zu steigern. Dabei war dies nicht immer so: Wie historische Studien zeigen, war und ist „Making Technology Masculine“ (Oldenziel 1999) ein politischer

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Prozess (Döge 1999), in dessen Rahmen Artefakte „in den Rahmen bestehen-der, ,großer technischer Systeme‘ mit all ihren institutionellen, organisatori-schen und wirtschaftlichen Zementierungen“ (Schmidt 1999: 29) eingebun-den werden und wiederum künftige Handlungsoptionen von Männern und Frauen beeinflussen. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil in Deutschland gerade die bestbezahlten Berufe aus diesen Bereichen stammen (Alda 2005).

Nicht nur in den technischen Berufen stellen erwachsene Männer ihre Männlichkeit durch Durchsetzungsfähigkeit, Leistungs- und Erfolgsorientie-rung unter Beweis. Es geht hierbei aber nicht nur um Wettbewerb unterein-ander, sondern auch um die Erwerbstätigkeit als soziale Aufgabe des Man-nes: Das sogenannte „Ernährer-Hausfrau-Modell“ wurde nach dem 2. Welt-krieg institutionalisiert (Bonß/Ludwig-Mayerhofer 2000, Kolbe 2002, Pfau-Effinger 2004, Hofmeister et al. 2006, Baur/Hofmeister 2008). Seitdem geht der Arbeitsmarkt davon aus, dass der typische Arbeitnehmer ein Vollzeit berufstätiger Familienvater (d. h. Mann!) ist. Der Sozialstaat schließt sich dem insoweit an, als der Erwerb von Versicherungsansprüchen ebenfalls an das Konzept des (männlichen) Vollzeiterwerbstätigen, des „männlichen Ernährers“, gebunden ist. Andererseits geht er damit von einer nicht erwerbstätigen Hausfrau und Mutter aus, die sich voll auf Pflege- und Erziehungsarbeit konzentriert und ihrem Mann den Rücken frei hält (Baur 2007); die als legi-tim erachtete männliche Sorge ist ökonomischer, die weibliche emotionaler Art. Entsprechend zeigen wir für Westdeutschland und Sylka Scholz für Ostdeutschland, dass nahezu alle Männer bezahlte Berufsarbeit als zentrales Element von Männlichkeit und ihre soziale Aufgabe sehen (beide Beiträge in diesem Band). Wie Sylka Scholz zeigt, wird die Dominanz der Erwerbsori-entierung bereits an der Art deutlich, wie Männer ihre Lebensgeschichten erzählen. Dies gilt auch für Männer, die nicht dem hegemonialen Bild des Vollzeit erwerbstätigen Familienernährers entsprechen können oder wollen, etwa Teilzeit arbeitende Väter (Anna Buschmeyer, in diesem Band). Selbst die so genannten „neuen Väter“, die sich nicht primär über Erwerbsarbeit definieren (wollen), sondern sich gleichberechtigt an Kindererziehung und Hausarbeit beteiligen (wollen), können sich, wie Karsten Kassner in seinem Beitrag zeigt, der fast automatischen Gleichsetzung von Männlichkeit und Erwerbsorientierung kaum entziehen, da ihr soziales Umfeld Druck auf sie ausübt, dem Ideal des männlichen Ernährers zu entsprechen.

Dies ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Wenn man am Ideal der Gleichberechtigung von Männern und Frauen festhält, müssten erstens Män-ner in dem Maße, in dem Frauen arbeiten, verstärkt Erziehungsarbeit, emoti-onale Arbeit und Hausarbeit übernehmen. Zahlreiche Studien zeigen, dass nicht nur Männer, sondern auch Frauen sich heute verstärkt eine Gleichver-teilung der Rollen und aktive Vaterschaft wünschen (Fthenakis et al. 1999, Veil 2003, Matzner 2004, Zulehner 2004, Oberndorfer/Rost 2002, 2005,

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Cyprian 2005, Baur 2007, Grunow 2007). Diese veränderten Rollenvorstel-lungen schlagen sich aber nicht auf der Handlungsebene nieder: Frauen erle-digen nach wie vor den Löwenanteil der Hausarbeit (Künzler et al. 2001, Fthenakis et al. 2002, Pinl 2004, Buchebner-Ferstl 2004, Döge/Volz 2004, Döge 2006). Bei der Kindererziehung beteiligen sich Männer zwar mittler-weile stärker, aber nicht in gleichem Maße wie Frauen (Grunow 2007, Schulz/Blossfeld 2006, Tazi-Preve 2004, BMFSFJ/Statistisches Bundesamt 2003). Es gibt aber, wie Karsten Kassner (in diesem Band) zeigt, (noch) zögerliche Versuche, sich von traditionellen Männlichkeitsvorstellungen zu lösen, z. B. über paritätische(re) Modelle bei Arbeits- und Kinderbetreuung mit mehr ‚Geschlechterdemokratie‘ (Grottian et al. 2003). In dem Zusam-menhang wird es interessant sein, die Wirkung der neuen Regelungen zur Elternzeit auch mit Blick auf ihre möglichen längerfristigen Auswirkungen auf die Vorstellungen vom Mannsein zu beobachten.

Zweitens ist die Ernährerfähigkeit des Mannes selbst gefährdet (Baur 2007): Frauen machen Männern zunehmend auf dem Arbeitsmarkt Konkur-renz. Gleichzeitig löst sich das männliche Normalarbeitsverhältnis auf, so dass eine lebenslange Vollzeitbeschäftigung mit Familieneinkommen künftig die Ausnahme bleiben wird. Stichworte sind steigende Arbeitslosigkeit, abneh-mende Beschäftigungssicherheit (Auflösung des Normalarbeitsverhältnisses, befristete Verträge, Generation Praktikum) und Reallohnsenkungen bei höhe-ren Ausgaben vor allem für die jüngere Generation (z. B. durch Berufsunfä-higkeitsversicherung, zusätzliche private Altersvorsorge, Inflation seit der Euro-Umstellung). Dies hat wiederum Auswirkungen für zwei andere Berei-che:

Zum einen sind – wie zahlreiche qualitative und quantitative Studien zei-gen – bei Männern Arbeitsmarktentwicklung und Familienplanung eng verwo-ben, da männliche Lebensläufe eine typische Sequenzialität aufweisen: In der Studien- und Ausbildungsphase kann ein Mann seine Freiheit ausleben und Erfahrungen (v. a. auch mit Frauen) sammeln, legt aber auch die Grundsteine für sein späteres (Familien)Leben. In der nächsten Phase konzentrieren sich Männer zunächst komplett auf den Berufseinstieg, d. h. auf die Einmündung in eine unbefristete Vollzeitstelle, die ein genügend hohes Einkommen ab-wirft, um eine Familie zu ernähren. Erst danach wird die bisherige Bezie-hung zu einer Partnerin dauerhaft formalisiert (z. B. durch Zusammenziehen oder Heiraten) bzw. die „Partnerin fürs Leben“ gesucht. Als allerletztes folgen Kinder (Helfferich et al. 2005, Schmitt 2005, Kühn 2005, Kurz 2005). Ange-sichts der aktuellen Arbeitsmarktentwicklungen scheinen damit auch Männer ein Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu haben, was wieder-um mit eine Ursache für den demografischen Wandel sein könnte (Baur 2007) Das Kernproblem scheint dabei zu sein, dass – im Gegensatz zum Verhältnis von Mütterlichkeit und Weiblichkeit – Väterlichkeit (im Sinne von Fürsorge, Zugewandtheit, Emotionalität und Verbundenheit) kein Be-

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standteil von Männlichkeit (im Sinne von Größe, Stärke, Unabhängigkeit und Macht) ist, sondern im Widerspruch mit ihr steht (Baader 2006: 127): Der Vater, „der sich um das kleine Kind kümmern muss (...) ist abhängig, kann nicht weg, macht sich Sorgen und macht zudem die Erfahrung von Hilf- und Ratlosigkeit“, ist also genau das Gegenteil vom starken, durchsetzungsfähi-gen Mann.

Neben den Auswirkungen des hegemonialen Männlichkeitsbildes vom (idealerweise in einer Führungsposition oder in einem technischen Beruf) Vollzeit erwerbstätigen Familienvater (und damit heterosexuellen Mann) auf das Fertilitätsverhalten stellt sich zum anderen die Frage, welche alternativen Männlichkeitsbilder Männer verfolgen, die diesem Ideal nicht (mehr) ent-sprechen wollen oder (mangels Ressourcen, insbesondere Bildung) entspre-chen können. Damit befasst sich der dritte Teil des Bandes.

1.5 „Abweichende“ Männlichkeiten in Subgruppen?

Ebenso wie Männer ihre Kontrolle über sich und die natürliche Umwelt mit-tels Sport, Technikkompetenz und beruflichen Erfolg positiv ausdrücken können, gibt es zahlreiche Bereiche, in denen Männer sich negativ abgrenzen können bzw. Gruppen, die sich negativ abgrenzen müssen.

1.5.1 Männlichkeit und Gewalt

Zu nennen ist zunächst der Bereich von männlicher Gewalt, der Macht über und Kontrolle der sozialen Umwelt mit Körperdisziplin verknüpft (Kersten 1999, Hagemann-White 2002, Meuser 2003, Boatcă 2004). Dies betrifft sowohl Krieg und Terror (Kühne 1996, 1999a, 1999b, Hämmerle 2000, Hi-gate/Hopton 2005, Gerami/Melodye 2007), als auch Gewalt im Alltag von der Schulhofprügelei (Jungnitz et al. 2007, Fuchs et al. 2005, DeKesere-dy/Schwartz 2005) über häusliche Gewalt (BMFSFJ 2004, Heiliger et al. 2005, DeKeseredy/Schwartz 2005, Lamnek et al. 2006, Luedtke 2008) bis hin zur Gewaltverbrechen (Kersten 1999, Messerschmidt 2005, 2007) und Gewalt in Jugendgangs (Thrasher 1927, Fuchs 1995, Fuchs/Luedtke 2008). Wie Bereswill (2004, 2006) und Neuber (in diesem Band) aufweisen, kann dies auch geschehen, um damit eine Opferwerdung zu verhindern. Dies ver-deutlicht, dass ein Grundproblem für Männer und männliche Jugendliche anscheinend darin besteht, Handlungen zu verhindern, die von der sozialen Umwelt als Geste der Schwäche interpretiert werden können. (Körperliche) Gewalttäterschaft und Männlichkeit sind deshalb so eng verknüpft, dass Ludger et al. (2007) mit ihrem Studienziel, das Ausmaß männlicher Opfererfahrun-

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gen zu erfassen, sowohl bei Experten, als auch bei Befragten weitgehend auf Unverständnis stießen (vgl. auch Heinrich-Böll-Stiftung 2002). Selbst bei „neuen Männern“ ist die Handlungsoption, Gewalt auszuüben, ständig präsent. Sie nicht zu ergreifen, ist eine bewusste Entscheidung (Pech 2002). Anke Neuber (in diesem Band) zeigt, wie sich dieses Verhältnis von Männ-lichkeit und Gewalt zuspitzt, wenn man eine besonders marginalisierte Rand-gruppe betrachtet: straffällig gewordene Jugendliche. Es geht um die Herstel-lung und Aushandlung von Männlichkeit im hypermaskulinen und gewaltbe-setzten Milieu des Gefängnisses, es geht um die Bewältigung der Täter-Opfer-Ambivalenz in diesem Milieu. Neuber sieht dabei die Gewaltanwen-dung weniger als Darstellung von Männlichkeit, sondern analysiert sie mit Blick auf ihren „biografischen Eigensinn“: Der Sinn der Gewalt als Hand-lungsressource lässt sich erst aus den biografischen Erfahrungen der Inhaf-tierten herleiten.

Erschwert wird die Situation, wenn neben Männlichkeit zusätzlich die Ethnizität bewältigt werden muss, wie Paul Scheibelhofer und Katrin Huxel aufzeigen. In der öffentlichen Debatte wird v. a. immer wieder behauptet, ethnische Türken bzw. Muslime hätten ein besonderes Ehrkonzept, das sie besonders gewaltaffin mache. Vergessen wird dabei, dass es auch in der deutschen Kultur eine Tradition der männlichen Ehre gibt (Frevert 1995: 166-222, Vogt/Zingerle (Hg.) 1994, Vogt 1997, Findeisen/Kersten 1999), deren Ausdruck etwa das Duell (Schultz 1996) und die soldatische Ehre (Kühne 1999a, Martschukat/Stieglitz 2005: 141-172, Frevert 2003) sind. Das Christentum ist – wie der Islam – eine eher patriarchalische Religion (Heller 2004).

Auch bei Muslimen lassen sich verschiedene konkurrierende Männlich-keitsvorstellungen ausmachen (Gerami 2005), so dass die Gleichsetzung „Tür-kisch“ = „archaisches männliches Ehrkonzept“ zu stark pauschalisiert und deshalb die Komplexität sozialer Wirklichkeit verfehlt, wie Scheibelhofer in seinem Beitrag zur Bedeutung des Ehrkonzepts für türkischstämmige Migrantenjugendliche in Österreich aufzeigt. In den Interviews zeigt sich, dass die jungen Männer weder traditionelle Männlichkeiten noch ein traditi-onales Konzept männlicher Ehre unreflektiert übernehmen, sondern die he-gemoniale Position des Mannes in Familie und Partnerschaft durchaus heterogen wahrnehmen und umsetzen. Nicht unwichtig ist dabei, inwieweit die Ehre über ihre kulturelle Funktion und die daraus abgeleiteten Rollenerwartungen gesehen wird. Dies muss zudem im Kontext der widersprüchlichen Lebenswelten gesehen werden, in denen die jungen Migranten stehen.

1.5.2 Männlichkeit und Körperpraxis

Eng verwoben mit den Konstruktionsmechanismen von Männlichkeit und Gewalt ist die Körperpraxis, in der sich die Geschlechterdifferenz sozial

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verfestigt hat (Villa 2006). Bei der Kontrolle über die Körper wären „positi-ve“ Momente z. B. die Disziplin – Foucault (1994) spricht vom „soldatischen Körper“ –, der Selbstzwang, der Sport (Meuser 2004, Messner 2005, Turner 2007, Alkemeyer 2007) oder die Ernährung (Villa 2007). Nicht nur die Medien propagieren das Bild des muskelbepackten, gestählten und sportlichen Mannes (Becker 2000, Zurstiege 1998), auch in der Alltags-praxis zeigt sich, dass Jungen und Männer deutlich mehr Sport und andere Sportarten betreiben als Frauen (wobei es im Erwachsenenalter eine Tendenz zum Ausgleich der Quantität gibt) (Stürzer/Cornelißen 2005: 500-501): Män-nersportarten führen eher zu Muskelaufbau, Frauensportarten zu Gelenkig-keit und Ausdauer (Klein 1983, Liesenhoff 1983, Martschukat/Stieglitz 2007, Trapp 2007, Wildmann 1999). In gewisser Hinsicht kann hier der Wettbe-werb, der im Bereich des Erwerbslebens, des Krieges und der Gewalt bitterer Ernst ist, in geregelter und pazifizierter Reinform ausgeübt wird (Eli-as/Dunning 1983, Alkemeyer 2007).

Neben Sport beeinflusst die Ernährung den Körper (Stürzer/Cornelißen 2005: 501ff.), und so ist es nicht verwunderlich, dass die Ermährungspraxis ab der Pubertät eines der zentralen Medien ist, über die Geschlecht(sidentität) aktiv hergestellt wird (Barlösius 1999, Setzwein 2004): Jungen und Männer essen nicht nur i. d. R. mehr als Frauen (und können verunsichert werden, wenn eine Frau mehr isst als sie), sie greifen auch zu anderen Speisen: (Di-ät-) Joghurt und Salat sind typisch weiblich, Fleisch ist typisch männlich (Popkin et al. 1989, Setzwein 2004, Prahl/Setzwein 1999: 77-80).

Die Kombination aus Bewegungs- und Essverhalten verstärkt und ver-festigt biologisch gegebene körperliche Differenzen zwischen Männer und Frauen: Wer während der Wachstumsfrage permanent hungert (= Diät macht) und sich nur wenig bewegt – also typisch weibliches Verhalten an den Tag legt –, der bleibt tendenziell eher kleiner, schwächer und zerbrechlicher als jemand, der muskelaufbauende Sportarten betreibt und viel eiweißhaltige und fette Speisen zu sich nimmt – also typisch männliche Verhaltensweisen zeigt (Pudel/ Westenhöfer 2003; vgl. auch Barlösius 1999, Setzwein 2004, Prahl/Setzwein 1999: 77-80, Mansfield 2007).

Nicht nur der Körper selbst, auch der Körperschmuck, also Kosmetik, Kleidung und Schmuck, sind identitätsrelevant, denn sie ermöglichen seinem Besitzer ein „erweitertes Ich“, eine „ausgedehntere Sphäre (…), die wir mit unserer Persönlichkeit füllen“ (Simmel 1992: 421). „Männlichkeit“ schien lange Zeit das Gegenteil von „Mode“ (Kessemeier 1999, Trapp 2003, Doane 2007), und das Verhältnis der beiden ist noch weitgehend unerforscht, doch scheint sich auch hier ein Wandel abzuzeichnen, was sich darin ausdrückt, dass Kosmetik- und Bekleidungsindustrie in den vergangenen Jahren ver-stärkt auch Männer bewerben (Becker 2000, Zurstiege 1998).

Neben diesen eher positiven Seiten männlicher Identitätskonstruktion mittels des Einsatzes des Körpers sind auch gesamtkulturell (eher) negativ

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bewertete Körperpraktiken zu beobachten, die riskant und potenziell schädi-gend sind und die sich gerade bei jungen Männern finden (Raithel 2001). Zu nennen sind u. a. Vernachlässigung des eigenen Körpers und Gefährdung der eigenen Gesundheit (Messner 2005), auch in Kombination mit ausgedehntem Substanzgebrauch (Stürzer/Cornelißen 2005); riskante, ungeschützte Sexual-praktiken; Körperinszenierungen durch Rituale der Verstümmelung („Rit-zen“), des Körperschmucks (Piercing, Tätowierungen, dazu: Breyvogel 2005) oder auch das provokative Darbieten des verletzlichen Körpers in einer potenziell gewaltbelasteten Situation.

Akteure, welche die sozial bzw. kulturell negativ bewerteten Praktiken einsetzen, weisen, wie Kurt Möller (2001) aus diskrepanztheoretischer Per-spektive hervorhebt, ähnliche Ziele auf wie die, die positiv bewertete Kör-perpraktiken einsetzen. Sie sind aber mangels Ressourcen auf illegitime Mit-tel zurückgeworfen, nämlich Gewalt bzw. eine hypermännliche Inszenierung. Beispiele dafür bietet der Beitrag von Möller (in diesem Band) über die Kör-perpraktiken von Skinheads. Möller thematisiert die öffentliche, sichtbare Körperlichkeit von Skinheads als Mittel für die Inszenierung von politisch-sozialen Haltungen sowie als Auflehnen gegen Körpernormen bzw. akzeptierte Umgangsformen mit dem eigenen Körper: Skins richten sich gegen die „Verbravung“ der Männlichkeit, betreiben Vereindeutigung statt Optione-nausweitung (durch plurale alternative Männlichkeit). Sie betreiben Ver- statt Entkörperlichung und weisen mit ihrem Wunsch nach Kohäsion und durch ihre „antikapitalistisch-proletarischen, körperbezogene Mystifizierungen“ ande-rerseits darauf hin, dass die Fortschrittsgewinne mit Verdrängungskosten verbunden sind.

Seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte ist eine andere Variante, gleichzeitig männliche Virilität, Körperbeherrschung und Dominanz über Frauen zu demonstrieren (Plante/Kimmel 2007), der Besuch von Prostituier-ten (Kral 2004; siehe auch: Löw 2006, 2005). Christiane Howe geht in ihrem Beitrag der Frage nach, welches Männerbild Prostituierte und ihre Freier haben; dies bedeutet einen Perspektivwechsel in der Forschung, weil die Freier bislang nur rudimentär Gegenstand waren. Howe arbeitet heraus, dass Männer auch dadurch motiviert werden, Freier zu sein, weil sie damit in gesellschaftlich akzeptierter Form einem Bedürfnis nach sexueller Passivität nachgehen können; sie können Männlichkeit damit so leben, wie sie eigent-lich gesellschaftlich tabuisiert ist. Angstfreie Sexualität scheint ein wesentli-ches Motiv zu sein.

Von der sexuellen Norm im Sinne der Heterosexualität weichen dagegen Homosexuelle ab (Martschukat/Stieglitz 2005: 173-201). Das Besondere an dieser Subgruppe ist, dass hier Männlichkeit homosozial definiert wird, also nicht als das „Nicht-Weibliche“ gelten kann. Claudia Krell untersucht ab-schließend das Männerbild dieser Gruppe. Sich mit dieser Frage zu befassen, bedeutet, die Variabilität von Männlichkeitskonstruktionen ernst zu nehmen

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und den Rahmen heterosexueller Männlichkeiten zu überschreiten. Schwule Männer stehen vor der Schwierigkeit, ihr Männlichkeitsbild gegenüber einer Gesellschaft zu entwerfen und durchzusetzen, die ihnen das Mannsein per se abspricht. Die Möglichkeit für lesbische Frauen, Männlichkeit zu entwickeln, ist nur denkbar, wenn Geschlechtsidentität und biologisches Geschlecht voneinander unabhängig gedacht werden. Claudia Krell geht der Fragestel-lung auf Basis von 46 qualitativen Interviews mit Lesben und Schwulen nach und zeigt auf, dass einer Vervielfältigung von Männlichkeitsmustern sich gerade bei jüngeren Lesben und Schwulen findet.

1.6 Offene Fragen

Die Männerforschung steht erst am Anfang, und so bleiben zahlreiche Fra-gen offen. Hierzu gehört u. a. die Frage der kulturellen Unterschiede von Männlichkeitsbildern, aber auch, wie Männlichkeiten tradiert werden. Mit welchen Problemen sehen sich (junge) Männer konfrontiert, die sich ihre Geschlechtsidentität erarbeiten (bzw. erhalten) müssen? Welchen Beitrag leisten Väter für die (Re)Produktion von Männlichkeit(en)? Wie variieren Männlichkeiten in der Generationenfolge? Wandeln sich Männerbilder, und wenn ja, wie? Was z. B. unterscheidet „neue Männer“ oder „neue Väter“ von älteren Männlichkeitskonstruktionen? Gab es eine Emanzipation „des“ Man-nes durch den sozialen Wandel? Wenn ja: wie sieht sie aus? Entsprechend hoffen wir, dass dieser Band Anstoß und Anregungen für künftige Forschung bieten kann.

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2. Männlichkeit und Erwerbsarbeit bei westdeutschen Männern

Nina Baur und Jens Luedtke

2.1 Erwerbsarbeit als Kernbereich männlicher Identitätsstiftung

2.1.1 Der heroische Mann und der Arbeitsmann

„Mann“ und „Arbeit“ werden in der Moderne stereotyp zusammengedacht. Der Erwerbsarbeit wird eine zentrale Bedeutung für die Konstruktion von Männlichkeit zugeschrieben: Das normative Ideal des 19. Jahrhunderts war das „heroische männliche Subjekt“, das seine Selbstverwirklichung in Konkurrenz zur (sozialen und natürlichen) Umwelt und der Durchsetzung gegenüber der Umwelt betreibt. Seine Gestaltungsmacht beruhte auf harter Arbeit, berufli-chem Erfolg, Selbstverleugnung; dazu kommen technische Kompetenz, Ver-nunft, Sportlichkeit (als Form des Körpereinsatzes im Wettbewerb) (Baur 2007, Baur/Hofmeister 2008, Baur/Luedtke in diesem Band). Dieser Typus findet sich im hegemonialen Muster des „Karrieremannes“ oder des „Mana-gers“ (Connell 1999, Wedgwood/Connell 2004).

Die zweite, dominierende Vorstellung vom männlichen Subjekt ist die des „Arbeits-Subjekts“ bzw. „Arbeitsmannes“ (Döge 2000). Kennzeichnend für ihn ist die Selbst-Produktion und Selbst-Behauptung in und durch die Erwerbsarbeit. Sie dient auch dem Arbeitsmann als Mittel zur Hierarchiebil-dung unter Männern und zwischen den Geschlechtern. Die moderne Männ-lichkeit ist also kulturell an Individualität gebunden. Individualität in der Arbeitsgesellschaft erfolgt über die Berufs- bzw. Erwerbsarbeit (Connell 1998), und Männer werden über Berufsarbeit vergeschlechtlicht (Gildemeis-ter 2004).

Das normative Idealbild beim Arbeitsmann ist der leistungsbereite Voll-zeiterwerbstätige. Abweichungen von diesem Modell gelten als leistungs-schwach oder illoyal (wie der „Teilzeitmann“) oder als „unmännlich“ (wie der „Erziehungsurlauber“). Arbeitszeitreduzierung bewirken Ängste vor negativen Sanktionen, Stigmatisierungen, dem möglichen Ende der Karriere (Buschmeyer und Kassner, beide in diesem Band). Arbeitslosigkeit wird für den Arbeits-mann zum Problem, weil ihm damit die zentrale Rolle und zentrale Möglich-keit zur Identitätsbildung abhanden kommt. Außerdem entstehen daraus in Partnerschaften bzw. Familien Probleme mit der innerfamilialen oder inner-

partnerschaftlichen Rollenstruktur.

2.1.2 Ernährer-Hausfrau-Modell

Die männliche Arbeitsbezogenheit ist jedoch rückgebunden an seine private Lebenswelt und wird darüber legitimiert, da sie eng an die Trennung von Leben und (Berufs-)Arbeit (Habermas 1990) und die Entwicklung des Mo-dells der bürgerlichen Kleinfamilie gebunden ist: Es war stereotyp die Auf-gabe des Mannes, aus den häuslichen Bezügen herauszutreten, sich zu indi-vidualisieren, „für sich“ zu sein und darüber Identität zu erlangen (Hegel 1989, Kocka 1990, Schütze 1988, 1991). Das Legitimationsmuster lautet: Die Erwerbsarbeit für die Familie ist die „gesellschaftliche Form männlicher Fürsorge“ (Döge 2000: 6); der Arbeitsmann ist der typische Familienernährer (Baur 2007, Baur/Hofmeister 2008).

Das paternalistische Komplement sowohl zum Macht- als auch zum Ar-beitsmann ist die „Hausfrau“, der präskriptiv wenig Kompetenz und ein nied-riger Status zugeschrieben wird (Niehuss 1999). Daher wird (stereotyp) die „Karrierefrau“, der (ebenfalls stereotyp) hohe fachliche Kompetenz, hoher Status, aber eine reduzierte Expressivität zugeschrieben werden, abgelehnt: Sie widerspricht dem Globalstereotyp der traditionalen Frauenrolle und wird darüber als bedrohlich für die Geschlechterhierarchie wahrgenommen (Eckes 2004). Diese Abwehrbewegung soll die Geschlechterhierarchie stärken.

2.1.3 Die Ambivalenz: Auflösungserscheinungen und Persistenzen

Der ökonomische und soziale Wandel, der in den 1960ern einsetzte, stellte die materialen und ideologischen Grundlagen des „Arbeitsmannes“ deutlich in Frage. Im Beruf ist er kein „Mann unter Männern“ mehr, sondern muss sich aufgrund der Bildungsexpansion und der damit einhergehenden Zunahme der Frauenerwerbsarbeit der Kooperation und Konkurrenz mit (jungen) Frauen stellen (Meuser 2004).

Gleichzeitig entzog die ökonomische Krise ab Mitte der 1970er der Kon-struktion der männlichen Normalerwerbsbiografie die Basis. Arbeitslosigkeit als Massenphänomen ließ die Vorstellung des durchgängig vollzeiterwerbstä-tigen (Ehe-)Mannes (und Familienvaters) zunehmend obsolet werden (Baur 2007). Arbeitslosigkeit musste (nicht nur, aber besonders) von Männern so in die eigene Biografie integriert werden, dass zum einen für die Betroffenen in der Wahrnehmung keine biografischen Brüche entstanden und dass dies auch gegenüber der Umwelt entsprechend vertreten werden konnte (Scholz in diesem Band). Mit den 1990er-Jahren ist vor allem in Westdeutschland das Risiko für Männer, arbeitslos zu werden, durch den Abbau des sekundären Sektors gestiegen, das Risiko von Frauen dagegen durch den Aufbau des

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tertiären Sektors gesunken. Die Arbeitslosenquoten von Männern lagen (in Westdeutschland) bis 2005 über denen der Frauen, 2006 waren sie weitge-hend angeglichen (IDW 2007: 14), wobei diese Zahlen allerdings durch die Nichtberücksichtigung der „Stillen Reserve“ verzerrt sind, die zu 70% „weiblich“ ist (Weber/Schaeffer-Hegel 2000, Baur 2001).

Doch auch die über fast hundert Jahr nicht infrage gestellte familiale Rollenaufteilung hinsichtlich der Triade Erwerbsarbeit – Hausarbeit – Kin-dererziehung zeigt Auflösungserscheinungen: Die sozialen Bewegungen der 1970er, insbesondere die Frauenbewegung, verändern die Vorstellungen vom männlichen und weiblichen Subjekt sowie den Männern und Frauen zuge-schriebenen Möglichkeiten und Kompetenzen (Baur 2007, Baur/Hofmeister 2008): Sie stellen in Frage, wie legitim es sei, dass der Mann sich (aus-schließlich und auf Kosten der Frau) über Erwerbsarbeit individualisiert und dass Männer ein Quasi-Monopol auf Karriere- und Einkommenschancen besitzen.

Allerdings bilden Kinder für Frauen immer noch den „Karriereknick“ (Grunow 2006). So sind z. B. bei abhängig beschäftigten Männern unabhängig von Kindern 2004 knapp ein Viertel höhere Angestellte und Beamte; bei kinderlosen Frauen ist der Anteil mit gut einem Fünftel nur leicht darunter – dagegen liegt der Vergleichsanteil unter Müttern mit einem Zehntel um mehr als die Hälfte niedriger (vgl. Statistisches Bundesamt 2005). Anders ausge-drückt: Frauen sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt mittlerweile gleichberech-tigt, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie Kinder bekommen. Kinder sind für Frauen i. d. R. entweder der Anfang einer beruflichen Abstiegskarriere oder der Anfang vom Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt (Grunow 2006).

Während im neuen Jahrtausend deutsche Frauen bei Männern mehrheitlich auf Attraktivität und Partnerschaftsorientierung, weniger dagegen auf Erfolg im Berufsleben Wert legen (Baur/Hofmeister 2008), glauben die meisten Männer nach wie vor an die Wichtigkeit des beruflichen Erfolgs (Baur/Lamnek 2006). In Österreich sehen etwa zwei von drei traditionell eingestellten Män-nern die Sicherung der materiellen Existenz in einer Partnerschaft bzw. Ehe als ihre Aufgabe. Dagegen teilt nur einer von drei „modernen“ oder „neuen“ Männern diese Ansicht (Zulehner 2004). Umgekehrt lässt sich beobachten, dass Frauen nach wie vor die Hauptlast der Hausarbeit tragen. Selbst in Part-nerschaften mit relativ gleicher Rollenverteilung kommt es spätestens nach der Geburt des ersten Kindes zu einer Retraditionalisierung der Rollenvertei-lung (Fthenakis et al. 2002, Tazi-Preve 2004) – unabhängig von Bildungsni-veau, sozialem Status oder Alter (Cyprian 1996).

Allerdings sind Zeitstrukturen nicht einfach Verwendungen von Zeit, sondern verbunden mit dem Aufenthalt an bestimmten Orten bzw. in be-stimmten Räumen. Die Zuweisung von Zeiten, Orten und darüber Rollen drückt jedoch Machtasymmetrien aus: Erwerbsarbeit, Hausarbeit und Kinder-erziehung sowie Pflegearbeit werden dabei unabhängig vom ökonomischen

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Kapital der Partner ungleich zwischen Mann und Frau aufgeteilt, d. h. selbst wenn Einkommen und Berufsprestige einer Frau höher sind als die ihres Partners, erledigt sie wahrscheinlich einen Großteil der Hausarbeit und er-zieht die Kinder (Grunow 2007, Schulz/Blossfeld 2006, Buchebener-Ferstl 2004). So belegt die Erfassung der Zeitverwendung von Männern und Frauen (Statistisches Bundesamt 2003), dass unabhängig vom Erwerbsstatus beider Partner und unabhängig davon, ob es sich um Familien handelt der nicht, Frauen deutlich mehr Zeit für die Zubereitung von Mahlzeiten und die Reini-gung der Wohnung aufbringen als ihre Partner – selbst bei kinderlosen Haushalten mit zwei Verdienern; auch bei ihnen gehen Frauen täglich etwa eine Stunde länger als Männer unbezahlter Arbeit nach (Statistisches Bundesamt 2003: 15). Ähnliche Ergebnisse bestehen auch für Österreich (Buchebener-Ferstl 2004): Auch unter kinderlosen Doppelverdienern liegt die Haushaltsführung bei gut zwei Fünfteln überwiegend alleine in der Hand der Frau (Buchebe-ner-Ferstl 2004: 132).

Diese praktizierte Aufteilung entspricht nicht dem Wunsch gerade von Frauen, abgeschwächt aber auch von Teilen der Männer: Ende der 1990er wünschte sich ein Drittel der Mütter mit Kinder unter sechs Jahren die Voll-zeiterwerbstätigkeit beider Partner (realisiert war dies bei halb so vielen), über zwei Fünftel wünschten sich einen vollzeiterwerbstätigen Partner und für sich selbst Teilzeitbeschäftigung (realisiert war dies bei gut halb so vie-len). Das in der Realität dominierende Modell des männlichen Familiener-nährers (52,3%) wollte aber nur ein Bruchteil (5,7%) (Veil 2003: 14, siehe auch Bothfeld et al. 2005). Immerhin gut ein Drittel der Väter sieht aber die (eigene) Beteiligung an der Hausarbeit als zu gering an, gleichzeitig meinen gut zwei Fünftel, zu viel Zeit in den Beruf zu investieren (Statistisches Bundes-amt 2003). Zwar unterscheiden sich „traditionale“ und „moderne“ Männer bzw. Väter deutlich voneinander, doch Zulehner (2004) stellt auch bei den „modernen Männern“ eine „Schieflage“ fest; sie nehmen sich zwar mehr Zeit für Kinder, investieren diese aber in Spiel, Sport und Unternehmung. Sie sind also zwar mehr in die Hausarbeit eingebunden als „traditionelle Männer“, praktizieren aber innerhalb dieses Bereichs mehr männerspezifische Tätig-keiten. Für ihre Kinder ist dies dennoch positiv, da es bedeutet, dass sich auch dieser Elternteil aktiv mit ihnen beschäftigt. Für ihre Partnerinnen blei-ben dagegen diejenigen Tätigkeiten im Haushalt, bei denen man sich am wenigsten selbst entfalten kann, wie etwa Bügeln oder Putzen.

2.1.4 Gründe für die Persistenz des Ernährer-Hausfrau-Modells

Eine Ursache dieser Persistenz der traditionalen Rollenaufteilung könnte darin liegen, dass politische Institutionen, insbesondere Gesetzgebung und Sozialstaat, vom männlichen Ernährer ausgehen (Kolbe 2000, 2001, 2002, Baur 2007) und ihn damit institutionell zementieren – der männliche Famili-

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enernährer erweist sich damit als „uralt, aber noch rüstig“ (Pinl 2003). Das setzt sich fort in den begrenzten Möglichkeiten außerhäuslicher und außer-familialer Kinderbetreuung (Baur 2007). Komplementär dazu wirkt die immer noch vertretene geschlechtstypische Vorstellung vom männlichen Subjekt als „Arbeitsmann“ (Döge 2000: 6, Buschmeyer und Kassner, beide in diesem Band): Der „vollwertige“ Mann ist vollzeiterwerbstätig, der „Teilzeitmann“ gilt als leistungsschwach und seinem Geschlecht gegenüber illoyal. Wer die Arbeitszeit reduziert oder zugunsten von Kinderzeiten mit der Arbeit vorübergehend aussetzt, sieht sich immer noch Sanktionen durch Vorgesetzte und/oder Kollegen ausgesetzt. Kindererziehung gilt nicht als „Arbeit“, was die gesetzlich kodierten und legitimierten Begriffe des „Erziehungsurlaubs“ (Mitte/Ende der 1980er bis 2004) bzw. der „Erziehungszeit“ (seit 2004) deutlich machen. Tazi-Preve (2004) vermutet hinter dem geringeren Engagement der Väter für die Erzie-hungsarbeit (Zeit, Aktivität, persönlicher Einsatz) die fehlende Entlohnung und das dadurch fehlende Prestige dieser Tätigkeiten.

Die Vergeschlechtlichung der Berufsarbeit zeigt sich aber auch in ande-ren Ausprägungen. So werden Männer in so genannten „Frauenberufen“ von Männern als Aufwertung dieser Berufe wahrgenommen, wogegen Frauen in „Männerberufen“ die Wertigkeit dieser Berufe reduzieren (können): Diese Berufe lassen sich dann nicht mehr als exklusives Distinktionsmerkmal he-ranziehen. Die Attribute, die stereotyp mit ihnen verbundenen sind, können nicht mehr exklusiv Männern zugeschrieben werden. Naturrechtliche Kon-struktionen der Geschlechter werden damit erschwert.

Damit bildet der auf die männliche Subjektivität bezogene Ansatz eine alternative oder auch ergänzende Erklärung zum institutionsbezogenen An-satz: Männer selbst sehen nach wie vor Erwerbsarbeit als ihre zentrale Auf-gabe. Das Erreichen, Bewerkstelligen und Bewahren von männlicher Ge-schlechtlichkeit erfolgt daher nach wie vor über die Erwerbsarbeit als zentra-lem, manchmal auch einzigem Mittel. Gemäß dem Konzept der Hegemonia-lität (Connell 1999) bedeutet dies umgekehrt: Denen, welchen dieses Mittel nicht oder nur unzureichend zur Verfügung steht, bleibt dann oft kein ande-rer Weg als über den Körper und seine Inszenierung – durch Risikoprakti-ken, aber auch durch Gewalt. Kombinieren mit beiden lassen sich Vorstel-lungen von männlicher Ehre (Baur und Luedtke in diesem Band).

Deshalb gehen wir im Folgenden der Frage nach, wie wichtig Männern Erwerbsarbeit im Vergleich zu anderen Lebensbereichen ist, warum Männer arbeiten und wie sich verschiedene Männer hinsichtlich ihrer Einschätzung der Funktion der Erwerbsarbeit unterscheiden. Da Sylka Scholz (in diesem Band) sich mit ostdeutschen Männern befasst und da frühere Studien ergeben haben, dass sich Ost- und Westdeutschland hinsichtlich der Geschlechterord-nung nach wie vor deutlich unterscheiden (Pfau-Effinger 1999, Hofäcker/Lück 2004), konzentrieren wir uns im Folgenden auf Westdeutschland.

85

2.2 Datenbasis

Die Ergebnisse, die in diesem Beitrag präsentiert werden, basieren auf einer CATI-Umfrage zum Thema „Das Bild des Mannes in der Gesellschaft“, die vom Lehrstuhl für Soziologie und empirische Sozialforschung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt unter Leitung von Siegfried Lamnek und Nina Baur in zwei Wellen zwischen dem 22.03. und 05.04. und dem 09.05. und 16. 05.2006 durchgeführt wurde. Der Fragebogen umfasst in voller Länge etwa 120 Fragen und zielt auf die Frage ab: „Was macht den Mann zum Mann?“ U. a. wurden Fragen dazu gestellt, wie wichtig Erwerbsarbeit für Männer ist, und warum Männer arbeiten. Diese Items bilden die Basis für diesen Artikel.

Befragt wurden volljährige deutsche Staatsbürger aus 16 nach theoreti-schen Gesichtspunkten ausgewählten (Behnke et al. 2006: 189-200) Gemein-den aus Bremen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Die Ge-meinden wurden so ausgewählt, dass die regionale Streuung hinsichtlich Urbanität, Arbeitsmarktlage und politischer Lage maximiert wurde. In jeder Gemeinde wurde mit Hilfe der Einwohnermeldeämter (Herzog 2001) eine nach Alter und Geschlecht disproportional geschichtete Zufallsstichprobe gezogen. Genauere Informationen zu den Gemeinden und zur Verallgemei-nerbarkeit der Stichprobe finden sich in Otte und Baur (2008).

Das Forscherteam bereinigte im nächsten Schritt die Adressen und ermit-telte mit Hilfe des Telefonbuchs (www.telefonbuch.de) die Telefonnummern der Zielpersonen. Nicht alle Teilnehmer waren im Telefonbuch registriert, weil Sie keinen Telefonanschluss, eine Geheimnummer oder ausschließlich einen Mobilfunkanschluss besitzen. Im nächsten Schritt wurde ein Anschrei-ben verschickt, das die Untersuchung ankündigte. In der ersten Welle wur-den alle Personen angeschrieben, wobei zwei Typen von Anschreiben ver-sendet wurden: Im Telefonbuch registrierte Zielpersonen wurden darüber informiert, dass und wann sie angerufen wurden. Nicht im Telefonbuch re-gistrierte Zielpersonen wurden gebeten, auf einer beigelegten Rückantwort-karte dem Forscherteam ihre Telefonnummer mitzuteilen. Da sich von allen Personen mit unbekannten Telefonnummern nur 8 % per Antwortkarte, tele-fonisch oder per Mail meldeten, wurden in der zweiten Welle nur noch Per-sonen angeschrieben, deren Nummer im Telefonbuch verzeichnet war.

Im angekündigten Zeitraum wurden alle ausgewählten Personen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht um die Adresslöschung gebeten hatten und für die eine Telefonnummer vorlag, telefonisch durch einen Interviewer kontaktiert. Um die Kontaktwahrscheinlichkeit zu erhöhen, wurden die In-terviewzeiten von Montag bis Freitag 14.00 bis 21.00 Uhr und am Wochen-ende 10.00 bis 21.00 Uhr variiert. Auf Anfrage der Zielpersonen wurden einzelne Interviews auch auf den Vormittag verschoben. Alle Personen, die nicht erreicht wurden, wurden mehrfach kontaktiert.

86

Im Folgenden werden wir nur Meinungsmuster unter westdeutschen männli-chen Befragten untersuchen. Hierbei handelt es sich um insgesamt 270 reali-sierte Interviews, von denen für zwischen 266 und 270 Informationen für die im Rahmen dieser Analysen verwendeten Variablen vorliegen.

2.3 Wie wichtig ist die Erwerbsarbeit für Männer?

Eine zentrale These der Debatten um die gesellschaftspolitische Relevanz der Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt ebenso wie um die Konstruktion von Männ-lichkeit ist, dass bezahlte Erwerbsarbeit zentral für die Herausbildung von männ-licher Geschlechtsidentität ist. Unsere Daten bestätigen diese These: Wie Abb. 1 zeigt, ist es 96 % der befragten Männer (also fast allen) wichtig, eine bezahlte Arbeit zu haben, vier von fünf Männer finden dies sogar sehr wichtig.

Dass praktisch alle westdeutschen Männer arbeiten wollen, sagt aber noch nichts darüber aus, ob die Erwerbsarbeit für Männer wichtiger als andere Lebensbereiche ist oder warum Männer arbeiten, also ob dies ein Mittel ist, um andere Lebensziele zu erreichen, etwa sich selbst zu verwirklichen oder einen hohen materiellen Wohlstand zu erreichen. Im Fragebogen erfassen acht Items solche innenorientierten Ziele. Mit Hilfe einer Faktorenanalyse (Überla 1977, Kim/Mueller 1978a, 1978b) haben wir diese zu zwei Dimensi-onen verdichtet:1 dem Lebensziel der Selbstverwirklichung und dem Lebens-ziel eines hohen Ausstattungsniveaus. Tab. 1 und 2 zeigen, welche Items zur Skalenbildung herangezogen wurden.

Wie Abb. 1 zu entnehmen ist, ist es etwa einem von fünf westdeutschen Männern sehr wichtig und zwei von drei eher wichtig, viel Zeit für sich zu ha-ben; ihre Fähigkeiten so gut zu entfalten, wie es geht; viel Freizeit zu haben;

1 Die Faktoren- und die anschließende Reliabilitätsanalyse untersuchen, wie gut die Variab-

len die theoretisch gedachte Dimension (=Einflussgröße) empirisch tatsächlich erfassen. Ein Indikator hierfür ist Cronbachs α, das zwischen 0 und 1 schwanken kann. Je höher α ist, desto besser wird die Dimension durch die Variablen repräsentiert (Fromm 2004b; Baur 2003). Als Faustregel gilt, dass α nicht kleiner als 0,6 sein sollte und dass eine Dimension sehr gut erfasst ist, wenn α mindestens 0,8 ist. Wir geben an den entsprechenden Textstellen an, mit Hilfe welcher Variablen wir welche Dimensionen gebildet haben und wie hoch α ist. Konstruiert wurden die Dimensionen, indem die Punktwerte addiert und dann der Wertebe-reich standardisiert werde. Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass reale Unschärfe erhalten bleibt (Baur 2003). Kritisieren kann man es, weil wir bei der Faktorenanalyse ordinalska-lierte Variablen wie metrische behandeln. Dies ist aber vertretbar, sofern die Variablen the-oretisch intervallskaliert sind und die Ergebnisse nicht zu exakt interpretiert werden (Baur 2004). Wir können also die Bedeutung der Einflussfaktoren nur grob gegeneinander abwä-gen. Aus diesem Grund runden wir im Folgenden alle Maße.

87

viel zu reisen. Offensichtlich gibt es aber verschiedene Wege, seinen eigenen Weg zu gehen, denn in unserer Umfrage zeigen sich keine erkennbaren Zu-sammenhänge zwischen der Bedeutung, die ein Mann der Erwerbsarbeit zumisst und der Wichtigkeit, die er seiner persönlichen Entfaltung beimisst.

Abb. 1: Wichtigkeit verschiedener Lebensbereiche

20

2

42

17

2

30

64

13

8

19

83

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

hohesAusstattungsniveau

Selbstverwirklichung

bezahlte Arbeit

Sehr unwichtig Eher unwichtig Eher wichtig Sehr wichtig

Tab. 1: Skala „Selbstverwirklichung“ Ausprägungen Bedeutung

1 2 3 4

Sehr starke Orientierung an sozialer Gemeinschaft Eher Orientierung an sozialer Gemeinschaft Eher Orientierung am eigenen Weg Sehr starke Orientierung am eigenen Weg

Zur Skalenbildung verwendete Variablen Ich brauche viel Zeit für mich. Ich gehe meinen eigenen Weg im Leben. Wie wichtig ist es Ihnen, Ihre Fähigkeiten zu entfalten so gut, wie es geht? Wie wichtig ist es Ihnen, viel Freizeit zu haben? Wie wichtig ist es Ihnen, viel zu reisen? Cronbachs α 0,44

Tab. 2: Skala „Hohes Ausstattungsniveau“ Ausprägungen Bedeutung

1 2 3 4

Sehr unwichtig Eher unwichtig Eher wichtig Sehr wichtig

Zur Skalenbildung verwendete Variablen Wie wichtig ist es Ihnen, ein eigenes Haus zu haben? Wie wichtig ist es Ihnen, ein neues Auto zu fahren? Wie wichtig ist es Ihnen, bei technischen Geräten auf dem neusten Stand zu sein? Gemeint sind Computer, Handys, Fernseher, DVD, Stereoanlagen usw. Cronbachs α 0,54

88

Anders verhält es sich mit dem Wunsch nach einem hohen Ausstattungsniveau, also nach materiellem Wohlstand und dem Besitz von Statussymbolen. Abb. 1 zeigt, dass es etwa vier von fünf westdeutschen Männern wichtig ist, ein eigenes Haus zu haben, ein neues Auto zu fahren und bei technischen Gerä-ten auf dem neusten Stand zu sein. Ein solches hohes Ausstattungsniveau kostet Geld, und dieses wird i. d. R. über Erwerbsarbeit erlangt. Entspre-chend ist es mit 99 % nahezu allen Männern, die ein hohes Ausstattungsni-veau anstreben, wichtig, auch eine bezahlte Arbeit zu haben, während „nur“ 95 % der Männer, denen materieller Wohlstand eher unwichtig ist, unbedingt berufstätig sein sollen (α = 0,1 bei χ2-Test).2

Während Selbstverwirklichung und hoher materieller Wohlstand innen-orientierte Ziele sind, könnten Männer sich auch nach außen, an anderen orientieren, namentlich am Partner und an ihren Kindern (Baur 2007). Mit diesen kann Erwerbsarbeit sowohl in Konflikt treten – da sie i. d. R. Abwe-senheit von Partner und Kindern bedeutet –, als auch Mittel zum Zweck der Gründung und des Erhalts der Familie bedeuten, denn im Sinne des Modells des Familienernährers ist der Beitrag des Mannes zur Familie die Erwerbsar-beit, der der Frau Hausarbeit und Kindererziehung. Auch in diesem Fall wäre Erwerbsarbeit nicht ein Wert an sich, sondern wäre Mittel zum Zweck. Hier-für spricht, dass frühere Studien zeigen (z. B. Vaskovics/Mühling 2003), dass Familie, Partnerschaft und Kinder für westdeutsche Männer einen ähnlich großen Stellenwert haben wie der Beruf, wenn man danach fragt, wie wichtig Männern dieser Lebensbereich ist. Um besser einschätzen zu können, wel-chem dieser Lebensbereiche Männer den Vorrang geben würden, wurden sie in unserer Befragung aufgefordert, Beruf und Kinder bzw. Beruf und Partner-schaft direkt zu vergleichen (vgl. Tab. 3).

Tab. 3: Wichtigkeit des Berufs im Vergleich zu Partnerschaft und Familie

Ist es Ihnen wichtiger, ... ... beruflich erfolgreich zu sein oder ... 3% ... Kinder zu bekommen oder ... 30% ... eine glückliche Ehe bzw. Partnerschaft

zu führen ... 39% ... beruflich erfolgreich zu sein ... 11% ... oder ist Ihnen beides gleich wichtig? 58% ... oder ist Ihnen beides gleich wichtig? 59% n 266 270

2 Die Signifikanzniveaus hier und bei späteren Analysen sind teilweise sehr hoch, was vor

allem auf die geringen Fallzahlen im Datensatz zurückzuführen ist. Wir berichten dennoch substanzielle Ergebnisse – diese müssten mit Hilfe eines größeren Datensatzes auf eine bes-sere Basis gestellt werden.

89

Nur 3 % der befragten Männer gab an, dass Ihnen beruflicher Erfolg wichtiger sei als eine glückliche Ehe bzw. Partnerschaft. Auf Kinder würde dagegen immerhin jeder Zehnte zugunsten des Berufs verzichten. Dagegen sind drei von fünf Männern Beruf und Familie gleich wichtig. Vier von zehn Männern ist die Partnerschaft, für drei von zehn sind Kinder wichtiger als der Beruf. Die Daten deuten also darauf hin, dass Erwerbsarbeit für Männer zwar zent-ral ist, aber nicht so sehr, dass sie bereit sind, auf Familie zu verzichten. Stattdessen wird Erwerbsarbeit möglicherweise als zentrale soziale Aufgabe des Mannes gesehen, also in den Dienst des Projekts „Familie“ gestellt. Die-sen Gedanken wollen wir im Folgenden vertiefen.

2.4 Warum arbeiten Männer?

Wie wichtig westdeutschen Männern die Erwerbsarbeit ist, sagt noch nichts darüber aus, warum sie arbeiten. In einem weiteren Fragebogenteil wurde Männer eine Reihe von Gründen vorgelegt, warum Männer arbeiten.

Abb. 2: Gründe, warum Männer arbeiten

37

32

15

17

15

14

4

48

42

42

39

39

34

26

9

21

29

32

32

31

48

42

25

5

5

14

11

14

21

22

33

74

3 22

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Vorrang vor Familie

Anerkennung von anderen

das Wichtigste im Leben

unter Leute kommen

Hobbys finanzieren

gehört zum Mannsein

Spaß

gebraucht werden

Familie ernähren

Stimme überhaupt nicht zu Stimme eher nicht zu Stimme eher zu Stimme voll zu

Wie Abb. 2 zeigt, sind sich nahezu alle Männer einig, dass Männer arbeiten, um eine Familie zu ernähren. Dieser Aspekt des Arbeitsmannes, seine soziale Funktion für die Kleingruppe Familie, wird also (immer noch) als konstitutiv für „Mann“ gesehen. Anders gesagt: (Familien-)Einkommen durch (Erwerbs-

90

)Arbeit gilt immer noch als „männliche Form der Fürsorge“ (Döge 2000). Dagegen wird eine egoistische Selbstentfaltung des Mannes über die Arbeit auf Kosten der Familie abgelehnt, eine Karriere soll für die meisten keinen Vorrang vor der Familie haben – eine Karriere soll vielmehr familienfreund-lich sein. Dies lässt sich als Absage an individuelle, „egoistische“ Selbstent-würfe interpretieren. Erwerbsarbeit ist nicht wegen ihrer persönlichen Bedeu-tung – als Möglichkeit der Selbstverwirklichung –, sondern in ihrer sozialen Bedeutung – dem Aspekt der „männlichen Fürsorge“ – so relevant für die Konstruktion von Männlichkeit in Westdeutschland.

Die Variablen zur Einstellung dazu, warum Männer arbeiten, wurden mit Hilfe einer Faktorenanalyse verdichtet, die ergab, dass die meisten Items auf einer Skala laden: Diese scheint zu messen, wie sehr Erwerbsarbeit als zent-rale soziale Aufgabe des Mannes gesehen wird. Tab. 4 gibt eine Übersicht über die zur Skalenbildung verwendeten Variablen.3 Wie der Tabelle zu ent-nehmen ist, nimmt Cronbachs α mit 0,7 einen recht hohen Wert ein. Aus diesem Grund wurde eine neue Dimensionsvariable konstruiert, indem die Punktwerte addiert und dann der Wertebereich auf das Intervall [0; 100] standardisiert wurden, so dass sich Werte von über 50 als Zustimmung, Wer-te unter 50 als Ablehnung der Ansicht interpretieren lassen, dass Erwerbsar-beit eine soziale Aufgabe des Mannes sei. Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass reale Unschärfe erhalten bleibt (Baur 2003).

Tab. 4: Skala „Erwerbsarbeit als zentrale soziale Aufgabe des Mannes“ Ausprägungen Bedeutung

0 100

Starke Ablehnung Starke Zustimmung

Zur Skalenbildung verwendete Variablen Männer gehen zur Arbeit, weil Arbeiten gehen zum Mannsein dazugehört. Männer gehen zur Arbeit, weil der Beruf für Männer das Wichtigste im Leben ist. Männer gehen zur Arbeit, weil es Männern Spaß macht zu arbeiten. Männer gehen zur Arbeit, weil Männer damit das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Männer gehen zur Arbeit, weil Männer damit ihre Familie ernähren können. Männer gehen zur Arbeit, weil Männer sich nur darüber Anerkennung von Anderen holen können. Die berufliche Karriere eines Mannes hat Vorrang vor der Familie. Cronbachs α 0,71

3 Wie Tab. 4 zu entnehmen ist, wurden folgende Items nicht zur Skalenbildung herangezogen:

„Männer gehen zur Arbeit, damit Männer ihre Hobbys finanzieren können.“ und „Männer gehen zur Arbeit, um unter Leute zu kommen.“ Diese Items werden im Folgenden nicht weiter berücksichtigt, da sie erstens die persönliche Motivation zur Erwerbsarbeit messen (und nicht die soziale) und zweitens in der Faktorenanalyse nicht mit den anderen Variablen eine Dimension bilden. Vielmehr soll untersucht werden, wovon es abhängt, dass Männer Erwerbsarbeit als ihre zentrale soziale Aufgabe sehen.

91

2.5 Welche Männer sehen die Erwerbsarbeit als soziale Aufgabe des Mannes?

2.5.1 Bivariate Zusammenhänge

Welche westdeutschen Männer betonen nun stark die soziale Funktion der Erwerbsarbeit, welche sehen diese weniger? Es sind eine Reihe von Ein-flussgrößen denkbar, die die Einstellung zum Verhältnis von Erwerbsarbeit und Männlichkeit beeinflussen können. Diese Variablen wurden teils durch mehrere Fragen im Fragebogen erfasst und in einem ersten Schritt aufberei-tet.

Tab. 5: Bivariate Zusammenhänge zwischen möglichen Erklärungsfakto-ren und der Einstellung zur Erwerbsarbeit als soziale Funktion des Mannes

Variabl e Ausprägungen Pearson's r Mittelwert Si g. N Alter in Jahren 0,34 ** * 265 Schulabschluss -0,19 ** 263 Berufliche Ausbildung 0,04 264

Arbeitende Singles 46 *** 20 Männlicher Ernährer/Hausfrau 51 51 Doppelverdiener (Frau arbeitet Teilzeit) 54 59 Doppelverdiener (Frau arbeitet Vollzeit) 52 48 Schüler/Azubi/Student (Mann oder beide Partner) 55 26 Rentner (Mann oder beide Partner) 66 43

Erwerbs-konstellationen

Prekäre Arbeitsmarktlage des Mannes 51 15 Treiman-Prestige (Befragter) -0,01 249 Äquivalenz-Nettoeinkommen 0,00 246

Ja 56 * 171 Hat Partner und lebt mit ihm zusammen Nein 51 94

Kinderlos 50 *** 94 Eigene Kinder leben im Haushalt 50 55 Eigene Kinder leben nicht im Haushalt 61 101

Kinder

Nur sonstige Kinder leben im Haushalt 5 2

15 Zahl der eigenen Kinder 0,23 *** 265 Moderner Lebensstil -0,13 * 263 Erreichtes Ausstattungsniveau im Lebensstil -0,06 257 Hohes Ausstattungsniveau als Lebensziel 0,30 ** * 264

römisch-katholisch 54 ** 120 evangelisch-luth./calv. 58 92

Religions-zugehörigkeit

kein Kirchenmitglied 47 43 Signifikanzniveaus: * α = 0,05; ** α = 0,01; *** α < 0,001

92

In einem zweiten Schritt wird für jede mögliche Einflussgröße berechnet, wie stark sie die Einstellung zu männlicher Erwerbsarbeit determiniert, wenn man die anderen unabhängigen Variablen nicht berücksichtigt.

Wie Tab. 5 zu entnehmen ist, sehen Männer Erwerbsarbeit umso mehr als ihre soziale Aufgabe, je älter sie sind und je geringer ihr Bildungsgrad ist. Keine Rolle spielt dagegen, ob Männer einen Gesellen- oder Meisterbrief erworben haben, wie hoch ihr Berufsprestige und das Nettoäquivalenzeinkom-men4 oder das tatsächlich erreichte Ausstattungsniveau5 ist. Deutliche Einstel-lungsunterschiede sind dagegen hinsichtlich der tatsächlich praktizierten Form der häuslichen Arbeitsteilung zu vermerken: Rentner erzielen auf der Skala von 0 bis 100 mit durchschnittlich 66 den mit Abstand höchsten Skalenwert, ge-folgt von Männern, die noch zur Schule gehen, studieren oder sich in Aus-bildung befinden (∅ 55) und Männer in Partnerschaften, bei denen beide verdienen, die Frau allerdings nur halbtags arbeitet (∅ 54). Doppelverdiener, bei denen auch die Frau Vollzeit arbeitet; Männer, die das klassische Ernäh-rer-Hausfrau-Modell praktizieren; sowie Männer, deren Arbeitsmarktsituati-on prekär ist (Arbeitslose, Ein-Euro-Jobber, Mini- und Midi-Jobber, unre-gelmäßig Beschäftigte usw.) folgen. Die einzige Gruppe von Männern, die von der Tendenz her Erwerbsarbeit nicht als ihre soziale Aufgabe sehen, sind berufstätige Singles (∅ 46), was insofern auch der sozialen Realität ent-spricht, weil diese Gruppe Männer (zumindest zum Befragungszeitpunkt) auch für niemanden sorgen muss.

Die Einstellung dazu, wie sehr Erwerbarbeit soziale Aufgabe des Man-nes ist, hängt davon ab, wie sehr ein Mann familiär eingebunden ist. Dafür spricht auch, dass Männer, die eine feste Partnerin haben und mit dieser zusammenleben, die soziale Funktion der Erwerbsarbeit stärker betonen als diejenigen ohne feste Partnerin. Ebenso stimmen Männer umso stärker zu, je mehr Kinder sie haben. Die Einstellung zur sozialen Bedeutung der Erwerbs-arbeit für Männlichkeit hängt auch davon ab, um wessen Kinder es sich han-delt und wo diese wohnen: Männer mit eigenen Kindern, die aber nicht bei ihnen wohnen, betonen die soziale Bedeutung der Erwerbsarbeit deutlich stärker (∅ 61) als Kinderlose (∅ 50), als Männer, deren Kinder bei ihnen wohnen (∅ 50) oder als Männer, bei denen Kinder wohnen, die aber nicht die eigenen Kinder sind (∅ 52). Bei Ersteren könnte es sich um drei sehr unterschiedliche Gruppen handeln: erstens um Berufstätige, der Kinder in

4 Das Äquivalenzeinkommen wurde als dem Netto-Hauhaltseinkommen als bedarfsgewichtetes

Pro-Kopf-Haushaltsnettoeinkommen berechnet mit folgenden Gewichtungen: 1 = Haus-haltsvorstand, 0,8 = jedes weitere Haushaltsmitglied.

5 Verwendet wurde die Lebensstiltypologie nach Otte (2004). Männer, die eine hohe Ausprä-gung auf dieser Skala aufweisen, sagen also von sich, dass sie einen gehobenen Lebens-standard führen. Sie besuchen häufig Kunstausstellungen oder Galerien, lesen Bücher und überregionale Tageszeitungen und geben sehr viel im Restaurant aus, wenn sie essen gehen.

93

Ausbildung sind oder studieren, die also möglicherweise erheblich höher finanziell belastet sind, weil sie die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren müssen; zweitens um Geschiedene, die durch den Zwang zu Unterhaltszahlun-gen möglicherweise ebenfalls stark belastet sind; drittens könnte sich bei dieser Gruppe um Rentner handeln, deren Kinder schon längst aus dem Haus sind. In letzterem Fall wäre also die Einstellung zur Erwerbsarbeit eher auf einen Alters- oder Generationeneffekt zurückzuführen, der möglicherweise auch mit dem Lebensstil zusammenhängt.

Dafür spricht, dass ein westdeutscher Mann die Erwerbsarbeit umso eher als seine soziale Aufgabe ablehnt, je moderner sein Lebensstil6 ist. Ebenso existiert ein Zusammenhang zwischen Konfession und Einstellung zur Er-werbsarbeit: Evangelische Männer betonen die soziale Funktion der Er-werbsarbeit am stärksten, gefolgt von katholischen Männern, Konfessionslo-se lehnen sie tendenziell ab. Während – wie bereits erwähnt – das tatsächlich erreichte Einkommen und das Ausstattungsniveau des Lebensstils die Ein-stellung zur sozialen Funktion der Erwerbsarbeit nicht beeinflussen, ist es sehr wohl von Bedeutung, wie wichtig einem Mann ein hohes Ausstattungs-niveau ist: Je wichtiger es ihm ist, ein eigenes Haus zu haben, ein neues Auto zu fahren und bei technischen Geräten wie Computer, Handys, Fernseher, DVD, Stereoanlagen usw. auf dem neusten Stand zu sein, desto eher betont er auch, dass die Erwerbsarbeit seine soziale Aufgabe sei.

Wie die Diskussion der bivariaten Zusammenhänge zeigt, sind viele der möglichen Einflussfaktoren auf die Einstellung zu sozialen Funktion der Erwerbsarbeit eng miteinander verwoben. So hängt etwa das Alter sowohl mit der beruflichen Stellung, als auch mit der familiären Lage zusammen. Starke bivariate Zusammenhänge sind also nur bedingt aussagekräftig, da sich verschiedene Einflussgrößen überlagern können. Die bivariate Analyse verdeutlicht aber, welche Determinanten nicht relevant sind. Es handelt sich hierbei um Variablen, die in der theoretischen Diskussion als bedeutsam genannt werden, die aber empirisch nicht gewichtig sind, wenn man den heutigen westdeutschen sozialen Kontext betrachtet, namentlich berufliche Ausbildung, Berufsprestige, Einkommen und das tatsächlich erreichte Ausstat-tungsniveau eines Mannes. Diese Variablen werden im Folgenden nicht weiter berücksichtigt. Wie wichtig sind aber die verbleibenden neun Variablen, wenn man sie gegeneinander abwägt?

6 Verwendet wurde die Lebensstiltypologie nach Otte (2004). Männer, die eine hohe Ausprä-

gung auf dieser Skala aufweisen, sagen also von sich, dass sie das Leben in vollen Zügen genießen; dass sie viel ausgehen; dass ihnen ihr Leben dann besonders gut gefällt, wenn ständig etwas los ist. Sie lehnen dagegen die Aussagen ab, dass sie an alten Traditionen meiner Familie festhalten und dass sie nach religiösen Prinzipien leben.

94

2.5.2 Gesamtmodell

Von den in der theoretischen Literatur genannten möglichen Einflussgrößen bleiben neun übrig, die empirisch tatsächlich stark mit der Einstellung zu männlicher Erwerbsarbeit zusammenhängen. Um aus ihnen diejenigen her-auszufiltern, die besonders erklärungskräftig sind, gehen wir in mehreren Schritten vor: 1) Durchführen einer multiplen linearen Regressionsanalyse für die metri-

schen Einflussgrößen: Fünf mögliche Einflussgrößen sind metrisch bzw. ordinalskaliert: Alter und Schulabschluss des Befragten, Zahl der eige-nen Kinder; die Modernität des Lebensstils sowie die Bedeutung, die ein Befragter einem hohen Ausstattungsniveau zumisst. Um klären zu kön-nen, wie stark diese Faktoren jeweils die Einstellung zur Männlichkeit beeinflussen, wurde eine schrittweise multiple lineare Regressionsanaly-se durchgeführt.7 Das minimale und maximale Varianzaufklärungspo-tenzial der Einflussgrößen wird in Tab. 6 dargestellt.

Tab. 6: Relative Bedeutung möglicher metrischer Einflussgrößen Variable Varianzaufklärungspotenzial

minim l a maxim l aAlter des Befragten in Jahren 5% 12% Wichtigkeit eines hohen Ausst ttungsniveaus für den Befragten aSchulabschluss des Befragten

7% 9% 1% 3%

Modernität des eigenen Lebensstil (nach Otte 2004) 0% 1% Zahl der eigenen Kinder 0 %

5%

Gesamtvarianzaufklärungspotenzial 20%

7 Maßgeblich ist hier das multiple Bestimmtheitsmaß r2 (Fromm 2004a). Dieses misst, welcher

Anteil der Gesamtvarianz bei der Einstellung zur Wichtigkeit der Erwerbsarbeit für Männ-lichkeit durch die jeweilige unabhängige Variablen erklärt wird, also wie stark sich die Ein-stellungsunterschiede auf Differenzierungen hinsichtlich der jeweiligen unabhängigen Va-riablen zurückführen lassen. Gleichzeitig liefert das Analyseverfahren Anhaltspunkte, wie wichtig die verschiedenen De-terminanten innerhalb eines Bereiches in Relation zu den anderen sind. Exakt lässt sich die Stärke der Einflussgrößen allerdings aufgrund von Interaktionseffekten nicht bestimmen, d. h. die unabhängigen Variablen hängen häufig selbst untereinander zusammen. Mit Hilfe der schrittweisen linearen Regressionsanalyse kann das minimale und das maximale Varianzaufklärungspotenzial ermittelt werden: Die maximale Varianzaufklärung wird be-stimmt, indem man berechnet, wie bedeutsam eine Einflussgröße für die Zustimmungswahr-scheinlichkeit ist, wenn keine einzige andere unabhängige Variable in das Modell einbezo-gen wird. Die minimale Varianzerklärung ergibt sich dagegen dadurch, dass man den Ein-fluss einer unabhängigen Variablen berechnet, nachdem das Varianzaufklärungspotenzial aller anderen unabhängigen Variablen eines Bereiches berücksichtigt wurde (Fromm 2004a).

95

Wie die Tabelle zeigt, erklären alle fünf Variablen zusammen 20 % der Unterschiede im Antwortverhalten der Befragten. Allerdings ist die Er-klärungskraft der einzelnen Variablen sehr unterschiedlich: Die beiden wichtigsten Einflussfaktoren sind Alter und Wichtigkeit eines hohen Aus-stattungsniveaus für den Befragten. Zusammen erklären sie 19 % der Va-rianz, weshalb die Schulbildung, die Modernität des Lebensstils und die Zahl der eigenen Kinder aus dem Modell ausgeschlossen werden können.

2) Durchführen einer Varianzanalyse im experimentellen Design für die nominalskalierten Einflussgrößen: Drei mögliche Einflussgrößen sind nominalskaliert: − Religionszugehörigkeit des Befragten, ob er katholisch, evangelisch-

lutherisch oder ohne Glaubensbekenntnis ist;8 − Partnerschaftsstatus, also ob der Befragte einen Partner hat und mit

diesem zusammenlebt oder nicht. − Elternschaftsstatus des Befragten, also ob er kinderlos ist; ob er eigene

Kinder hat und diese bei ihm im Haushalt leben; ob er eigene Kinder hat und diese nicht im Haushalt des Befragten leben; oder ob im Haus-halt Kinder leben, die aber nicht die Kinder des Befragten sind;

− Erwerbskonstellation in der Partnerschaft. Unterschieden wird zwi-schen folgenden Formen praktizierter häuslicher Arbeitsteilung: der Mann ist ein arbeitender Single; Hausfrau-Ernährer-Modell; Doppel-verdiener (Frau arbeitet Vollzeit); Doppelverdiener (Frau arbeitet Teil-zeit); der Mann befindet sich in einer prekären Arbeitsmarktlage (z. B. arbeitslos, Mini-Job, 1-Euro-Job, unabhängig davon, welchen Er-werbsstatus die Partnerin hat); der Mann (oder beide Partner) sind in Ausbildung (Schüler, Azubi, Student); der Mann (oder beide Partner) sind Rentner.

Mit Hilfe einer Varianzanalyse sollte die relative Bedeutung dieser ein-zelnen Variablen geklärt werden.9 Das minimale und maximale Varianz-aufklärungspotenzial der Einflussgrößen wird in Tab. 7 dargestellt. Zu-sammen erfassen die Variablen 22 % der Einstellungsunterschiede hin-sichtlich der Bedeutung von Erwerbsarbeit für Männlichkeit. Eliminiert

8 Da nur neun Befragte einer anderen als den genannten Religionen angehören, wurden diese

in der weiteren Analyse nicht berücksichtigt. 9 Auch hier kann das multiple Bestimmtheitsmaß r2 als Indikator für die Erklärungskraft der

Gesamtvarianz herangezogen werden (Baur 2008). Ähnlich wie bei der schrittweisen linea-ren Regressionsanalyse wurde jede Variable einmal ausschließlich in das Modell einge-führt, um das maximale Varianzaufklärungspotenzial zu ermitteln. Einmal wurde das Mo-dell ohne die jeweilige Variable berechnet, um aus der Differenz zum Gesamtmodell das minimale Varianzaufklärungspotenzial zu berechnen.

96

man den Partnerschaftsstatus, erklären die übrigen Variablen immer noch 22 % der Streuung.

Tab. 7: Relative Bedeutung möglicher nominalskalierter Einflussgrößen Variable Varianzaufklärungspotenzial

minim l a maxim l aKinder im Haushalt 6% 12% Erwerbskonstellation 4% 11% Religion 4% 5% Partnerschaftsstatus 1 %

2%

Gesamtvarianzaufklärungspotenzial 22%

3) Überprüfen des Gesamtmodells: Zuletzt analysieren wir das Gesamtmo-dell, also die Gesamterklärungskraft und die relative Bedeutsamkeit der verschiedenen Einflussfaktoren mit Hilfe einer Varianzanalyse. Wie ver-gleichen dabei drei Modelle: Das Gesamtmodell mit allen ursprüngli-chen neun Variablen; das Modell, das nur die als besonders relevant i-dentifizierten zwei metrischen und drei nominalskalierten Variablen ent-hält; sowie ein Modell, aus dem weitere Variablen eliminiert wurden.

97

Tab. 8: Varianzanalyse (experimentelles Design) Modell 1 Modell 2 Modell 3

Mittel der Quadrate

Freiheits-grade

Mittel der Quadrate

Freiheits-grade

Mittel der Quadrate

Freiheits-grade

Haupteffekte 1.267 *** 17 1.548 *** 13 1.909*** 10 Religions-zugehörigkeit 1.235 ** 2 1.186 ** 2 1.269** 2 Partnerschafts-status 183 1 Erwerbs-konstellationen 303 6 332 6 399+ 6 Elternschaftsstatus 253 3 344 3 Kovariate Kinderzahl 105 1 Modernität des Lebensstils 297 1 Wunsch nach einem hohen Ausstattungsni-veau 3.361 *** 1 3.669 *** 1 4.007*** 1 Schulabschluss 1.124 * 1 Alter 983 * 1 1.153 * 1 4.117*** 1 Gesamtmodell 1.267 *** 17 1.548 *** 13 1.909*** 10 R-Quadrat 31% 29% 27% Signifikanzniveaus: + α = 0,1; * α = 0,05; ** α = 0,01; *** α < 0,001

Wie Modell 1 in Tab. 8 zu entnehmen ist, erklären alle neun ursprünglichen Variablen zusammen 31 % der Einstellungsunterschiede der befragten west-deutschen Männer hinsichtlich der Erwerbsarbeit als sozialer Aufgabe des Mannes. Modell 3 verdeutlicht dagegen, dass nur vier Einflussgrößen maß-geblich für die Bedeutung sind, die der Erwerbsarbeit für die Männlichkeit zugeschrieben wird: das Lebensalter eines Mannes; die Wichtigkeit, die er einem hohen Ausstattungsniveau zuschreibt; die Erwerbskonstellation (auf Haushaltsebene); sowie seine Religionszugehörigkeit. Diese vier Einfluss-größen erklären insgesamt 27 % der Gesamtvarianz.

Dass die Erwerbsarbeit eine größere Bedeutung als Männlichkeitskriteri-um aufweist, wenn die Befragten älter sind, kann als Generationeneffekt interpretiert werden: Der soziale Wandel, verbunden mit dem Wertewandel, zentriert (oder reduziert sogar) in der Sicht der Jüngeren das Mannsein weni-ger auf die Erwerbsarbeit.

Daneben gibt es mehrere generationsübergreifende Effekte: Interessan-terweise bleibt der Effekt der Erwerbskonstellation – wenn auch schwach – bestehen, wenn man das Lebensalter berücksichtigt. So lassen sich die hohen Zustimmungsraten von Rentnern und in Ausbildung befindlichen Männern

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nicht nur auf ihr hohes bzw. niedriges Lebensalter zurückführen, sondern auch auf ihre spezifische Lebenslage hinsichtlich des Arbeitsmarktes. Män-ner im mittleren Lebensalter gewichten das Verhältnis von Beruf und Part-nerschaft unterschiedlich: Arbeitende, allein lebende Männer sehen häufiger als andere „beides als gleichwertig“, Männer in Partnerschaftshaushalten (mit unterschiedlicher Beteiligung der Frau am Erwerbsprozess) können sich dafür sichtlich häufiger als andere eine Entscheidung für die Partnerin vor-stellen. D. h.: Männer in Partnerschaften weisen auf der einen Seite eine „mittlere“ Männlichkeitsbildung über die Erwerbsarbeit auf, äußern aber zumindest auf der Einstellungsebene auch eine durchaus hohe Bereitschaft, von diesem Modell wegzugehen. Dies entspricht Keddis (2003) These, dass es unterschiedliche Lebensentwürfe gibt, die unterschiedliche Formen der familiären Arbeitsteilung implizieren.

Für Personen, die ihr Leben wohlstandsorientiert leben und denen eine (sichtbare) Ausstattung mit Wohlstandsgütern wichtig ist, hat – nur schwach beeinflusst vom Lebensalter – die Erwerbsarbeit eine starke Bedeutung für die Konstruktion von Männlichkeit. Angelehnt an Mertons Diskrepanztheo-rie (vgl. Merton 1968) lässt sich folgern: Wer sein Leben am „Wohlstand“ als gesellschaftlich anerkanntem Ziel in einer modernen, industrialisierten Gesellschaft ausrichtet, vertritt eine dem entsprechende „industriegesell-schaftliche“ Männlichkeit, die sich auf das gesellschaftlich legitime Mittel zum Erreichen dieser Ziele bezieht: die Erwerbsarbeit.

Überraschend ist schließlich der nach wie vor hohe Einfluss der Religi-onszugehörigkeit: Noch immer scheint bei protestantischen Männern der Geist es Kapitalismus zu leben.

2.6 Schlussfolgerung

Seit der industriellen Revolution definieren (west)deutsche Männer Männ-lichkeit nicht nur, aber zum großen Teil über die Erwerbsarbeit. Die zentrale Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Konstruktion von Männlichkeit ist un-gebrochen, auch wenn unsere Daten auf einen möglichen Generationenwech-sel hindeuten. Dennoch ist es fast ausnahmslos allen Männern, die hierzu in der Lage sind, wichtig, eine bezahlte Arbeit zu haben: Die etwa in den Hartz-Reformen erhobene Forderung ist unnötig – Männer wollen arbeiten.

Ein Motiv hierfür kann die Wohlstandsorientierung sein, die, wie unsere Daten zeigen, bei Männern häufiger stark ausgeprägt ist als bei Frauen: Wer ein Haus, ein Auto, technische Geräte und viel reisen will, muss entspre-chend viel verdienen. Männern, die diese Ziele verfolgen, ist die Erwerbsar-beit (noch) wichtiger als denen, die dies nicht für wichtig halten. Dennoch scheint das zentrale Motiv der bezahlten Berufsarbeit weder Wohlstandsori-

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entierung noch Egoismus oder der Wunsch nach Selbstverwirklichung zu sein – im Gegenteil: Die Erwerbsarbeit wird von der Mehrheit der westdeut-schen Männer (und Frauen) als die soziale Aufgabe des Mannes gesehen.

Während es über die Rolle der Frau sehr unterschiedliche Auffassungen hierzu gibt, herrscht damit hinsichtlich der Rolle des Mannes weitaus größere Einigkeit: Der Mann soll Familienernährer sein, auch wenn er nicht unbe-dingt der Alleinernährer sein muss. So sehr auch innerhalb des Arbeitsmark-tes Konkurrenz und Wettbewerb dominierende Prinzipien der Männlich-keitskonstruktion sein mögen, so sehr ist das Motiv der Teilnahme am Ar-beitsmarkt und damit der Eintritt in diese Wettbewerbssituation ein zutiefst soziales und verantwortungsvolles: Man(n) setzt sich zugespitzt dem Wett-bewerb aus, um andere vor ihm zu schützen.

Dies hat aber wiederum Implikationen für die Geschlechterbeziehungen und für den Arbeitsmarkt:

Erstens bedroht damit faktische oder drohende Arbeitslosigkeit ganz di-rekt den Kern des männlichen Selbstbildes (vgl. Luedtke 1998: 237) und darüber der männlichen (Geschlechtsrollen-)Identität. Der für den Erwerbs-prozess disziplinierte und trainierte männliche Körper (vgl. dazu Foucault 1994) wird nutzlos, der strukturierte (Normal-)Tagesablauf erodiert. Der arbeitslose Mann ist kein Arbeits-Subjekt mehr und kann durch den Wegfall der Erwerbsarbeit nicht mehr der von beiden Geschlechtern immer noch so empfundenen, gesellschaftlich akzeptieren und geforderten Form männlicher Fürsorge (Döge 2000: 6) genügen. Er verliert damit (s)eine zentrale Rolle und sieht sich auch mit diversen Problemen konfrontiert, was die innerfami-liale Rollenstruktur angeht; für „Mann“ gibt es bei Arbeitslosigkeit keine gesellschaftlich anerkannte Alternativrolle – die „Rigidität der Ansichten bezüglich der männlichen Ernährerrolle und der weiblichen Abhängigkeit“ bleibt unberührt (McKee/Bell 1985: 394). Wie bereits Jahoda et al. (1975) an der „müden Gemeinschaft“ von Marien-thal gezeigt haben, ist eine mögliche Folge Lethargie und Depression. „Es beginnt der ärmer gewordenen Ereignis- und Anforderungswelt allmählich eine ärmere Zeitordnung zu entsprechen“ (Jahoda et al. 1975: 92), wobei diese Desorganisation bei Männern besonders ausgeprägt ist.

Die anderen möglichen Reaktionen sind Gewalt und abweichendes Ver-halten, sowohl öffentlich-sichtbar als auch „behind closed doors“ (Straus et al. 1980). Arbeitslosigkeit gerade des Mannes kann mit zunehmender Dauer aufgrund der sozialen und ökonomischen Folgen zum Stressor werden, der die Wahrscheinlichkeit für Gewalt (auch) in der Partnerschaft deutlich erhöht (vgl. u. a. Gelles 2002).

Vor allem bei jungen Männern, die aktuell wieder einmal ins Gerede ge-kommen sind, erfolgt dagegen eher die öffentlich-sichtbare Inszenierung eines dennoch männlichen Selbst durch einen risikoreichen, regelüberschrei-tenden Körpereinsatz und den Verweis auf legitimierende Konzepte männli-

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cher „Ehre“. Bei einer Konzentration von Chancenlosigkeit auf der lokalen Ebene von Quartieren kann dies auch zu Gangbildungen führen (vgl. Fuchs/Luedtke 2008). Eine andere deviante Bewältigungsform für das be-schädigte männliche Selbst ist der Rechtsextremismus. Arbeitslose vertreten in der deutschen Bevölkerung (neben den Ruheständlern) häufiger und intensiver als andere Positionen des Rechtsradikalismus wie Antisemitismus, Ausländer-feindlichkeit, Sozialdarwinismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus (vgl. Decker/Brähler 2005: 15). Resignation und Rückzug bzw. Kriminalität, Ju-gendgangs und Rechtsradikalismus sind damit letztlich zwei Seiten derselben Medaille: der objektiven und/oder subjektiv empfundenen Chancenlosigkeit, eine stabile männliche Identität über die Erwerbsarbeit herstellen zu können.

Zweitens erschwert die Alternativlosigkeit dieses Männlichkeitsmodells auch den Wandel der Geschlechterbeziehungen: Beruflicher Erfolg ist eines der wenigen positiven Männerbilder, an denen sich Jungen orientieren kön-nen. Das Eindringen von Frauen in diesen Bereich stellt damit einerseits eine Bedrohung dar. Andererseits können Frauen aus Zeitgründen nur in den (noch eher männlichen) Bereich der Erwerbsarbeit eindringen, wenn Männer Arbeiten aus dem (noch weiblichen) Bereich der Hausarbeit und Kinderer-ziehung übernehmen. Dies geht aber nur, insofern dies nicht die Männlich-keitskonstruktion der betreffenden Männer bedroht. Wie Kassner und Buschmeyer (beide in diesem Band) zeigen, gibt es durchaus Versuche, al-ternative Männlichkeiten zu leben, aber dies ist für die Betroffenen sehr schwer – statt Unterstützung zu erhalten, werden ihnen von ihrem Umfeld und den entsprechenden sozialen Institutionen eher Steine in den Weg gelegt.

Aus beiden Gründen – der zunehmenden Unsicherheit des Arbeitsmarktes und dem Wunsch nach Geschlechtergerechtigkeit – erscheint es deshalb dringend geboten, in der Geschlechterforschung den Blick verstärkt auf Män-ner zu richten und nach positiven Männlichkeitsbildern zu suchen, die Alter-nativen zur einseitigen Erwerbsfixierung bieten und gleichzeitig die Mög-lichkeit zulassen, soziale Verantwortung zu tragen, denn Männer fliehen nicht vor der Verantwortung in den Beruf, sondern suchen aus Verantwor-tung den Beruf.

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