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6 PRAXiS 2/2014 Deutsches Ärzteblatt N eue Techniken und digitale Medien, die es Menschen er- möglichen, sich untereinander auszutauschen, zu vernetzen und me- diale Inhalte einzeln oder in Gemein- schaft zu generieren, werden als Soci- al Media (soziale Medien) bezeich- net. Sie zeichnen sich durch relativ geringe Eintrittsbarrieren aus und vereinfachen die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten jegli- cher Art im Vergleich zu traditionel- len Massenmedien erheblich. Exper- ten unterscheiden zehn Kategorien von Social Media (1) (Tabelle). Inwischen nutzen zunehmend auch Ärzte, Pflegekräfte und andere Ver- sorger soziale Medien. Viele Kliniken und Arztpraxen verwenden sie bei- spielsweise zur Bekanntheitssteige- rung, Imagebildung und Patienten- bindung. Neben einem offiziellen In- ternetauftritt pflegen sie auch eine Facebook-Seite oder einen Twitter- Account, um gezielt aktuelle Themen aufzugreifen und sich zu präsentie- ren. Richtig eingesetzt, lässt sich da- mit eine große Reichweite erzielen und zielgruppenspezifisch informie- ren, um etwa Therapieadhärenz und Prävention zu verbessern. Niederge- lassene Ärzte können über diese Me- dien ihre Patienten zum Beispiel an Social Media in der ärztlichen Praxis Chancen, Risiken, Trends Weil soziale Medien zunehmend auch im Gesundheitswesen zur Information und Kommunikation genutzt werden, ist es wichtig für die Ärzte, sich damit aktiv, aber auch risikobewusst zu befassen.

Social Media in der ärztlichen Praxis- Chancen, Risiken, Trends

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6 PRAXiS 2/2014 Deutsches Ärzteblatt

N eue Techniken und digitale Medien, die es Menschen er-möglichen, sich untereinander

auszutauschen, zu vernetzen und me-diale Inhalte einzeln oder in Gemein-schaft zu generieren, werden als Soci-al Media (soziale Medien) bezeich-net. Sie zeichnen sich durch relativ geringe Eintrittsbarrieren aus und vereinfachen die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten jegli-

cher Art im Vergleich zu traditionel-len Massenmedien erheblich. Exper-ten unterscheiden zehn Kategorien von Social Media (1) (Tabelle).

Inwischen nutzen zunehmend auch Ärzte, Pflegekräfte und andere Ver-sorger soziale Medien. Viele Kliniken und Arztpraxen verwenden sie bei-spielsweise zur Bekanntheitssteige-rung, Imagebildung und Patienten-bindung. Neben einem offiziellen In-

ternetauftritt pflegen sie auch eine Facebook-Seite oder einen Twitter-Account, um gezielt aktuelle Themen aufzugreifen und sich zu präsentie-ren. Richtig eingesetzt, lässt sich da-mit eine große Reichweite erzielen und zielgruppenspezifisch informie-ren, um etwa Therapieadhärenz und Prävention zu verbessern. Niederge-lassene Ärzte können über diese Me-dien ihre Patienten zum Beispiel an

Social Media in der ärztlichen Praxis

Chancen, Risiken, TrendsWeil soziale Medien zunehmend auch im Gesundheitswesen zur Information

und Kommunikation genutzt werden, ist es wichtig für die Ärzte, sich damit aktiv, aber auch risikobewusst zu befassen.

7Deutsches Ärzteblatt PRAXiS 2/2014

Impfungen erinnern, über Therapien informieren und Neuigkeiten aus ih-rer Praxis (wie die Einstellung neuer Mitarbeiter) mitteilen.

Social Media sind in ihren ver-schiedenen Ausprägungen als ein weiterer Kanal zu verstehen, der für die Informationsvermittlung und für die Kommunikation zwischen Versor-gern und Patienten genutzt werden kann. Das Besondere dabei ist, dass auch die Patienten selbst Inhalte schaffen können. Die Idee des „Em-powerment of the Patient“ im Sinne der Steigerung der Patientenautono-mie durch Übertragung von Verant-wortung wird durch Social Media erst richtig gelebt. Zwar gibt es auch Risi-ken in dieser offenen Kommunikati-on und dem damit einhergehenden Umgang mit Informationsverantwor-tung – so sind die Qualität und Rich-tigkeit der Gesundheitsinformationen nicht gesichert –, doch belegen Ange-bote wie Wikipedia, dass die „Weis-heit der Masse“ in der Regel funktio-niert. Wenn Ärzte und andere Exper-ten aus dem Gesundheitssektor „mit-mischen“ und andere Einträge kom-mentieren und bewerten, so die Er-wartung, werden die Falscheinträge schnell entlarvt und gute Informatio-nen noch wertvoller gemacht.

Im Bereich seltener Erkrankungen sind die Vorteile sozialer Netzwerke schnell ersichtlich: Die Betroffenen haben darüber die Möglichkeit, an-dere Betroffene und Experten zu fin-den, mit ihnen Gruppen zu gründen und sich wie in einer Selbsthilfe-gruppe auszutauschen. Diese Mög-lichkeiten werden schon vielfach ge-nutzt. Experten berichten, dass sie über Gruppen in sozialen Netzwer-ken schneller über neue Entwicklun-gen informiert werden als über Fach-zeitschriften oder andere bisherige Informationswege. Durch diese Gruppen, die häufig von Patienten-vereinigungen, Elternvereinen oder anderen engagierten Menschen ge-gründet und gepflegt werden, lassen sich auch leichter Patienten für Stu-dien rekrutieren.

Gerade an diesem Beispiel lassen sich aber auch mögliche Risiken dar-stellen, die in der virtuellen Welt lau-ern. Neben falschen Informationen oder sogar Formen des Identitätsdieb-stahls ist kaum sicherzustellen, dass sich Patienten in jedem Fall wohlinfor-miert für Studien begeistern lassen. Therapeutische Missverständnisse (wie der Gedanke, die Teilnahme an ei-ner „Phase I“-Studie könne das Leiden eines Patienten lindern) lassen sich an-hand kurzer oder fehlender persönli-cher Kommunikation ebensowenig er-kennen und ausräumen, wie in anony-men Befragungen etwa Altersgrenzen sicher gewahrt werden können. Wenn also die Deklaration von Helsinki (2) in Ziffer 30 das Einverständnis von rechtlichen Vertretern fordert, wenn Nichteinwilligungsfähige, zum Bei-spiel Minderjährige, an Studien teil-nehmen sollen, so kann in sozialen Medien nicht sicher festgestellt wer-den, ob ein Teilnehmer volljährig ist. Hier scheinen Spezifikationen gelten-der Regeln oder neue Normen notwen-dig zu sein.

Hinzu kommt, dass die Menschen in sozialen Netzwerken viele persön-liche Informationen veröffentlichen, und sei es nur für die Personen, mit denen sie „befreundet“ sind. Es be-steht die Gefahr, dass Nutzer unge-wollt so viele Informationen über sich preisgeben, dass ihre Identität er-mittelt werden kann oder dass sie In-formationen weitergeben, die eventu-ell im Versicherungsfall, bei der Ar-beitssuche oder stigmatisierend im privaten Kontext gegen sie verwendet werden können.

Preisgabe von PrivatemViele teilen auch bereitwillig mit, dass sie selbst oder einer ihrer Ange-hörigen von einer bestimmten Er-krankung betroffen sind. Wenn man von einem schweren Schicksals-schlag betroffen ist, spielt die Privat-sphäre häufig eine untergeordnete Rolle. Da die Technik es ermöglicht, systematisch und automatisiert „offe-ne Daten“ abzugreifen und Profile zu bilden, erscheint diese offene Infor-

TABELLE

Kleines Social Media Glossar

Nr

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Art

Forum/Blog

Microblog

Soziales Netzwerk

Professionelles Netzwerk

Themenspezifisches Netzwerk

Wiki

Mashup

Kollaborative Filter-seiten

Media Sharing

Andere

Beispiel

WordPress

Twitter

Facebook

Xing

PatientsLikeMe

Wikipedia

HealthMap

Digg

YouTube

SecondLife

Erklärung

Schriftlicher Austausch mehrerer Personen zu einem Thema mit chronologischer Auflistung der Kommunikation auf einer Webseite.

Wie 1, nur mit stark begrenzter Zeichenzahl.

Anlegen von persönlichen Profilen zum Zwecke der einfacheren Vernetzung mit anderen, um Informationen auszutauschen.

Wie 3, nur mit einem starken beruflichen Aspekt zur Netzwerkbildung.

Wie 3, nur erfolgt die Vernetzung nicht über allgemeine private oder berufliche, sondern über themengebundene Aspekte.

Gemeinsames Erarbeiten von Inhalten zu einem Thema, dessen Ergebnis dann im Sinne eines Eintrags einer Enzyklopädie veröffentlicht wird.

Verknüpfung unterschiedlicher Quellen zu einem Thema mit gemeinsamer Darstellung auf einer Internetseite.

Zusammenfügung und Bewertung von Informationen aus dem Netz durch die Nutzer.

Austausch und Verbreitung von Medien (Filme, Audios, Grafiken etc.) in Netzwerken.

Andere Entwicklungen, die unter soziale Medien einzuordnen sind, wie zum Beispiel virtuelle Welten.

Foto:

Fotol

ia/jes

ussa

nzInformationstechnologie

8 PRAXiS 2/2014 Deutsches Ärzteblatt

mation aus mehreren Gründen pro-blematisch: Ihre Konsequenzen wer-den häufig nicht erkannt und sind auch nicht überschaubar, und der Da-tenschutz ist kaum gewährleistet. Zu-dem wird Forschung mit diesen Da-ten ermöglicht, ohne dass ein „Daten-spender” je sein Einverständnis zur Datennutzung erteilt hat. Es kann also passieren, dass ein Betroffener an ei-ner Forschung teilnimmt und zu For-schungszielen beiträgt, ohne dass er das eigentlich will, ja vielleicht sogar gegen die eigenen Interessen (3).

Für Ärzte hingegen können sich Rollenkonflikte ergeben. Sie leisten in sozialen Medien im besten Sinne eine „telemedizinische“ Arbeit, de-ren Effekte sie nicht kontrollieren können. Ihre allgemein gültigen In-formationen werden von Patienten in individuellen Situationen genutzt, ihre individuellen Ratschläge verall-gemeinert. Dadurch verlieren Ärzte die Kontrolle über ihre Informatio-nen. Auch kann ihr Expertenwissen schaden statt nutzen. Im Austausch von Ärzten untereinander über Pa-tienten ist besonders zu beachten, dass die Vernetzung unterschiedli-cher Informationen aus sozialen Me-dien eventuell die Identifizierung von Individuen ermöglicht. Damit rücken die Schweigepflicht bezie-hungsweise eine nur fragliche Ent-bindung von der Schweigepflicht in den Fokus. Auch kollegiale Kritik am Handeln anderer Ärzte, wenn sie in diesen Medien öffentlich ausge-tragen wird, stellt eine besondere professionelle Herausforderung dar. Zuletzt stellt sich die Frage, welche Form und welcher Grad von Wer-bung für die eigene Expertise in so-zialen Medien noch statthaft ist.

All diese Probleme scheinen lös-bar, sie müssen jedoch transparent und unter Beachtung geltender pro-fessionsethischer Regelungen disku-tiert werden. Dies betrifft auch die Anwendung des Berufrechts auf den Bereich der sozialen Medien, denn gerade die telemedizinischen Aspek-te, das Problem der Schweigepflicht

und die Kollegialität stellen berufs-rechtliche Herausforderungen dar.

Die Kommunikation über soziale Netzwerke berührt immer auch Fra-gen des Datenschutzes. Das betrifft vor allem die ärztliche Schweige-pflicht als eine der grundlegenden Pflichten des Arztes. § 9 MBO-Ä be-stimmt, dass Ärzte über das, was ih-nen in ihrer Eigenschaft als Arzt an-vertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus – zu schweigen haben. Nicht zuletzt ist auch die Tat-sache von der Schweigepflicht um-fasst, dass der individuelle Patient überhaupt Patient des Arztes ist. Die Möglichkeit zur Offenbarung kann sich nur aus der gesetzlichen Bestim-mung oder aus der ausdrücklichen oder mutmaßlichen Einwilligung des Patienten ergeben.

Rechtliche Implikationen Beim Einsatz von sozialen Netzwer-ken ist daher besondere Vorsicht ge-boten. Bei aktiver Kontaktaufnahme mit den Patienten sollte sichergestellt sein, dass Dritte keinen Einblick in die Kommunikation haben. Wenn der Patient selbst einverstanden ist und die Reichweite überblicken kann, sollte eine Kommunikation möglich sein. Die weltweite Datenübermitt-lung und häufig unklare Verortung der Speicherung solcher Daten in Ländern mit unterschiedlichen Da-tenschutzniveaus macht das Vorge-hen jedoch problematisch. Auch die Einwilligung des Patienten in die Of-fenbarung erscheint schwierig. Der Arzt müsste deutlich darauf hinwei-sen und die Einwilligung auch sorg-fältig dokumentieren. Die Einwilli-gung dürfte auch nicht mutmaßlich gegeben sein, wie bei der Nutzung von spezieller Arztsoftware, die stets besondere datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt und entspre-chend zertifiziert ist.

Im Rahmen der Kommunikation könnte der Wunsch der Patienten an die Ärzte herangetragen werden, klei-

nere Anfragen zu beantworten. Unab-hängig davon, dass in der Regel die persönliche Untersuchung und Bera-tung als fachgerechte Behandlung zi-vilrechtlich aus dem Behandlungs-vertrag geschuldet sein wird, ist auch die rechtliche Problematik der Fern-behandlung von Bedeutung. Die aus-schließliche individuelle ärztliche Behandlung und Beratung über Print- und Kommunikationsmedien ist ver-boten. Selbst bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass ein Arzt den Patienten unmittelbar behandelt. Übertragen auf Social Me-dia bedeutet dies, dass die Kommuni-kation zwischen Arzt und Patient dann problematisch werden kann, wenn sie den rein administrativen Rahmen verlässt und konkret dem Zweck der Behandlung dient.

Grundsätzlich bieten sich soziale Medien auch für Werbezwecke an. Für Ärzte gilt jedoch auch hier das spezielle Werberecht, das im Gesund-heitsbereich zum Zweck des Patien-tenschutzes besonders streng regle-mentiert ist. Im Ergebnis sind Werbe-maßnahmen über den Weg der sozia-len Netzwerke nicht untersagt, wenn sie sich im – sonst auch – vorgegebe-nen Rahmen bewegen. Dem Arzt sind grundsätzlich sachliche und berufsbe-zogene Informationen erlaubt; nicht gestattet sind irreführende, anpreisen-de oder vergleichende Werbung.

10 Regeln für Ärzte in sozialen Medien

nach der gleichnamigen Handreichung der Bundesärztekammer vom 20. Febru-ar 2014 (3) Ärztliche Schweigepflicht beachten Keine Kollegen diffamieren – Neti-

quette beachten Berufliches und privates Profil vonei-

nander trennen Grenzen des Arzt-Patient-Verhältnisses

nicht überschreiten Fernbehandlungsverbot beachten Keine berufswidrige Werbung über

soziale Medien Datenschutz und Datensicherheit be-

achten Selbstoffenbarung von Patienten ver-

hindern Zurückhaltung bei produktbezogenen

Aussagen Haftpflichtversicherung checken

Informationstechnologie

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EmpfehlungenDie Bundesärztekammer (BÄK) hat jüngst eine Handreichung für Ärzte zum Umgang mit Social Medial he-rausgegeben (4). Diese basiert auf den Empfehlungen des 115. Deut-schen Ärztetags (5) und des Weltärz-tebundes (6) und richtet sich ebenso an Neulinge wie an erfahrene Nutzer. Sie erläutert, worauf Ärzte beim Um-gang mit diesem Werkzeug achten sollen, und stellt zehn Regeln zur si-cheren und berufsrechtlich konfor-men Nutzung auf (Kasten „10 Re-geln“).

Ärztliche Schweigepflicht beach-ten: Patientenbezogene Information sollte nicht und wenn, dann nur mit dem Einverständnis des Patienten, veröffentlicht werden. Auch dann

muss die Vertraulichkeit gegenüber dem Patienten gewahrt bleiben. Auch aus der Summe der online zur Verfü-gung stehenden Information darf kein Rückschluss auf die Patientenidenti-tät möglich sein.

Keine Kollegen diffamieren – Ne-tiquette beachten: Entsprechend dem Berufsrecht sind die Regeln für die kollegiale Zusammenarbeit auch in sozialen Netzen gültig. Unsachliche Kritik an der Behandlungsweise oder dem beruflichen Wissen eines Arztes sowie herabsetzende Äußerungen sind berufswidrig. Auch Patienten dürfen nicht diffamiert werden.

Grenzen des Arzt-Patient-Verhält-nisses nicht uberschreiten: Das Ver-hältnis zwischen Patient und Arzt muss professionell und von rein per-sönlichen Beziehungen getrennt blei-

ben. Freundschaftsanfragen von Pa-tienten sollten höflich mit der Begrün-dung abgelehnt werden, dass regelmä-ßig keine Online-Freundschaften mit Patienten eingegangen werden.

Berufliches und privates Profil voneinander trennen: Berufliche Seiten und Profile sollten nach Mög-lichkeit eingerichtet werden, um eine Vermischung von beruflichen und privaten Interessen im Vorfeld zu ver-meiden.

Fernbehandlungsverbot beach-ten: Ärzten ist es nach Berufsrecht untersagt, ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien thera-peutische individuelle Empfehlungen zu geben. Erlaubt sind die Beantwor-tung allgemeiner Gesundheitsfragen. Grundsätzlich sollte darauf verwiesen werden, dass ein Online-Angebot ei-ne Vorstellung beim Arzt nicht erset-zen kann.

Keine berufswidrige Werbung u ber soziale Medien: Die anpreisen-de, irreführende und vergleichende Werbung ist als berufswidrig unter-sagt. Die Stellungnahme „Werbung und Informationstechnologie: Aus-wirkungen auf das Berufsbild des Arztes“ der Zentralen Ethikkommis-sion bei der BÄK gibt Orientierung.

Datenschutz und Datensicherheit beachten: Nicht nur im Sinne des Pa-tientenschutzes, sondern auch im ei-genen Interesse sind die gesetzlichen Vorgaben nach dem Bundesdaten-schutzgesetz/Landesdatenschutzge-setz und Empfehlungen, zum Beispiel vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, zu berücksichti-gen. Die Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Anbieter sind vor Nutzung auf die Aspekte von Datenverarbeitung, Da-tenschutz und Copyright zu prüfen.

Selbstoffenbarung von Patienten verhindern: Im Kontakt mit Patienten sollten diese nicht verleitet werden, per-sönliche Information und speziell Ge-sundheitsinformation preis zu geben, um einen Missbrauch zu verhindern.

Zuruckhaltung bei produktbezoge-nen Aussagen: Getätigte Aussagen

Sicherheitsvorkehrungen in Social-Media-Anwendungen treffen

Privatsphäre: Prüfen Sie die eigenen Privatsphäre-Einstellungen regelmäßig. Be-schränken Sie dabei die Sichtbarkeit von persönlichen Einträgen auf spezifische Per-sonengruppen. Dies gilt auch für den Zu-gang zu selbstgegründeten Gruppen. Überprüfen Sie Ihre eigene Internetprä-senz, indem Sie den eigenen Namen „googeln”. Recherchieren Sie, welche Ih-rer Inhalte für andere in sozialen Netzwer-ken sichtbar sind. Vermischung von Beruflichem und Pri-vatem: Sie sollten auch im Netz Privates und Berufliches strikt trennen. Legen Sie gegebenenfalls separate Profile an, und schöpfen Sie die Möglichkeiten der Privat-sphäre-Einstellungen voll aus. Bedenken Sie, dass Sie bei einem rein beruflichen Account bei Verbindungen mit Patienten allein durch Ihren beruflichen Schwerpunkt Dritten, die diese Verbindung einsehen können, im Zweifel indirekt Auskunft über Ihren Patienten geben. Mitteilungbedürfnis: Seien Sie beim Veröffentlichen privater Informationen ge-nerell zurückhaltend. Entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, dass unangemessene Beiträge den gesamten Berufsstand der Ärzte beeinträchtigen können. Eigenverantwortung: Bedenken Sie stets die Folgen von veröffentlichten Inhal-ten, und tragen Sie gegebenenfalls die Konsequenzen dafür. Freundschaftsanfragen: Finden Sie mit den Kollegen Ihrer Klinik eine einheitli-

che Lösung, wie mit Freundschaftsanfra-gen von Patienten umgegangen werden soll. Prinzipiell ist es ratsamer, Anfragen von Patienten auf das private Profil abzu-lehnen. Klären Sie den Patienten in einer freundlichen Nachricht darüber auf, dass man grundsätzlich keine Online-Freund-schaften mit Patienten eingeht. Verweisen Sie gegebenenfalls auf Ihr berufliches Profil. Sollte die Annahme einer Freund-schaftsanfrage unvermeidbar sein (etwa bei Kollegen oder Vorgesetzten), passen Sie die Privatsphäre-Einstellungen entspre-chend an. Kommunikation mit Patienten: Beach-ten Sie, dass laut (Muster-)Berufsordnung eine Beratung durch den Arzt nicht aus-schließlich über Kommunikationsmedien erfolgen darf. Allerdings kann die Nut-zung von Social Media als Türöffner ge-nutzt werden, um ein Gespräch zu eröff-nen. Das eigentliche Gespräch muss aber persönlich stattfinden. Diskretion: Veröffentlichen Sie keine persönlichen Informationen zu einem Pa-tienten. Beachten Sie, dass bei seltenen Erkrankungen häufig schon wenige Details ausreichen, um einen Patienten identifizier-bar zu machen. Die Summe aller Informa-tionen online (auch jene aus älteren Beiträ-gen) darf keine Rückschlüsse auf den Pa-tienten zulassen. Aufrichtigkeit: Äußern Sie Ihre Beden-ken gegenüber Kollegen, wenn Sie unan-gemessenes Verhalten beobachten.

Informationstechnologie

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müssen entsprechend einer Tatsachen-behauptung wahr sein. Meinungsäuße-rungen sind möglich, doch dürfen sie nicht diffamierend sein, da Schmäh-kritik nicht mehr von der grundgesetz-lich geschützen Meinungsfreiheit um-fasst ist. Da die Grenzen hier mitunter verwischen, sollte der Verfasser bei produktbezogenen Äußerungen zu-rückhaltend sein, um nicht Ziel von Unterlassungklagen zu werden.

Haftpflichtversicherung checken: Aufgrund der geschilderten Haf-tungsrisiken sollte vom Social Media nutzenden Arzt geprüft werden, ob seine abgeschlossene Haftpflichtver-sicherung diese abdeckt.

SicherheitsvorkehrungenDie meisten Social-Media-Angebote bieten die Möglichkeit, Einstellungen zur Privatsphäre vorzunehmen. Gleich ob bei privater oder berufli-cher Nutzung – die Nutzer sollten sich mit den Einstellungsmöglichkei-ten vertraut machen und einen Über-blick haben, wer was wie lesen kann. Facebook bietet etwa die Möglich-keit, sich seinen Account aus anderer Nutzerperspektive anzuschauen. Vie-le meinen, dass sie sich in sozialen Netzwerken mit einem Pseudonym schützen können und so nicht von Dritten gefunden werden. Die Vernet-zung untereinander, die Freundesliste lassen aber dennoch in vielen Fällen Rückschlüsse zu, wer sich hinter ei-nem Account verbirgt. Es ist daher wichtig, sich möglichst professionell und authentisch zu geben (Kasten „Sicherheitsvorkehrungen“).

Viele Akteure im Gesundheitswesen kennen vielleicht die Möglichkeiten von Social Media aus ihrem privaten Umfeld, aber sie wissen nicht, wie und wofür sie diese Medien einsetzen können und dürfen. Aus Verunsiche-rung und um keine Fehler zu bege-hen, meiden sie die neuen Techniken. Dies ist aber ein Fehler, denn es ist wichtig, dass Ärzte und andere Heil-berufler sich beteiligen und die Ent-wicklungen zum Wohle der Patienten

lenken. Dazu müssen sie die Techni-ken kennen und beherrschen. Neben Guidelines und Empfehlen sind daher praktische Schulungen wichtig.

Am Universitätsklinikum Mainz hat die AG eHealth des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiolo-gie und Informatik verschiedene Kurs-angebote im Rahmen einer internen universitären Förderung zur innovati-ven Lehre entwickelt. Im Oktober 2013 wurde erstmalig für Medizinstu-dierende bundesweit ein Tageswork-shop zu „Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten – wie neue Me-dien uns vor neue Herausforderungen stellen“ erfolgreich angeboten (7). Die Lehrkonzepte, die auch im Rahmen ei-ner Promotionsarbeit am dortigen In-stitut entwickelt werden, wurden für andere Zielgruppen ausgeweitet. An-fang 2014 wurden über das Fort- und Weiterbildungsprogramm der Univer-sitätsmedizin Mainz zwei Pflegeschu-lungen angeboten. Die Angebote sol-len weiter ausgebaut und auch an an-deren Standorten, wie an der Medizi-nischen Hochschule Hannover, ange-boten werden.

Ausblick und FazitSoziale Medien werden die Interaktion und Kommunikation zwischen allen Beteiligten ändern und potenziell ver-bessern. Eine größere Reichweite mit einfachen Mitteln (dabei auch eine ge-zielte Weitergabe von Informationen) wird möglich. Das Wissen von Patien-ten wird einfacher nutzbar und sichtbar gemacht. Social Media werden nicht nur helfen, neue Informationen zu ge-nerieren, sondern auch dafür sorgen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Vernetzung unter allen Akteuren wird dabei zunehmend wichtiger. Die per-sönlichen Empfehlungen aus dem ei-genen Netzwerk werden an Bedeutung gewinnen, etwa bei der Suche nach ei-nem neuen Hausarzt. Wichtig ist, dass der Gesundheitssektor bei dieser fort-schreitenden Vernetzung die potenziel-len Gefahren berücksichtigt und gege-benenfalls für erkannte Probleme auch

geeignete Lösungen entwickelt oder dafür sorgt, entsprechende Alternati-ven zu fördern.

Im Vergleich zu Kliniken oder Ärzten sind andere Institutionen im Gesundheitsbereich schon deutlich weiter. Ein Beispiel ist die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS): Um neue Zielgruppen zu erreichen, hat das DKMS schon lange einen Fa-cebook-Auftritt. Sogenannte Kom-munikationsteams halten über Face-book Kontakt zu potenziellen Spen-dern und solchen, die sich haben typi-sieren lassen. Die „Follower“ werden über Aktionen informiert, erhalten Buchtipps und erfahren aus erster Hand, wie es Transplantationsemp-fängern ergangen ist. Das Thema Knochenmarkspende wird persönlich und „bekommt ein Gesicht“ (8).

Die Gesellschaft bewegt sich in weiter in Richtung des bevorzugten Austausches digitaler Information über soziale Medien. Ärzte und andere Mitglieder der Heilberufe dürfen sich diesem Trend nicht verschließen, um den Anschluss nicht zu verpassen und ein „Kommunikationsdefizit“ zu er-fahren. Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist wichtig, da sie neue Möglichkeiten des Informationsaus-tausches mit Potenzial für das Gesund-heitswesen bildet. Bei Einhaltung ein-facher Regeln steht der Nutzung nichts im Wege. Hilfe bei Fragen kann auch bei den zuständigen Landesärztekam-mer eingeholt werden.

Tobias HartzUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität

Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)

Prof. Dr. med. Heiner Fangerau Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin,

Universität Ulm

Dr. med. Urs-Vito Albrecht, MPH* PLRI MedAppLab, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische

Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover,

[email protected]

Unter Mitarbeit von RA Dr. iur. Oliver Pramann, Kanzlei34 – Rechtsanwälte und Notare, Hannover.

@ Literatur im Internet: www.aerzteblatt.de/lit1714

Informationstechnologie

6Deutsches Ärzteblatt PRAXiS 2/2014

Social Media in der ärztlichen Praxis

Chancen, Risiken, TrendsWeil soziale Medien zunehmend auch im Gesundheitswesen zur Information und Kommunikation genutzt werden, ist es wichtig für die Ärzte, sich damit aktiv, aber auch risikobewusst zu befassen.

LITERATUR1. Grajales III FJ, Sheps S, Ho K, Novak-Lau-

scher H, Eysenbach G Social Media: A Review and Tutorial of Applications in Me-dicine and Health Care J Med Internet Res 2014; 16(2): e13.

2. WMA Declaration of Helsinki – Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects, Brazil 2013. www.wma.net/en/30publications/10poli cies/b3.

3. Fangerau H. Ethik medizinischer For-schung. Schulz S, Steigleder K, Fangerau H, Paul N (Hg.). Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Suhrkamp, Frankfurt 2006, 283–300.

4. Bundesärztekammer. Handreichung der Bundesärztekammer „Ärzte in sozialen Medien“ vom 20.02.2014. www.bundesaerztekammer.de/specialdownloads/Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf.

5. Empfehlungen der Bundesärztekammer für Ärzte und Medizinstudenten zur Nutzung sozialer Medien“, ausgesprochen (Stand 25. 5. 2012) beim 115. Ärztetag in Nürnberg. www.bundesaerztekammer.de/downloads/Empfehlungen_Aerzte_in_so zialen_Medien.pdf.

6. WMA Statement on the Professional and Ethical use of Social Media. Adopted by the 62nd WMA General Assembly, Montevideo, Urugay, October 2011. www.wma.net/en/30publications/10policies/s11.

7. www.unimedizin-mainz.de/de/imbei/informatik/projekte/aktuell/kommunikation-im-netz.html.

8. http://sozialmarketing.de/nonprofits- in-sozialen-medien-die-top-20-im-frueh ling-2014.

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