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+ B ERLINER M ORGENPOST S ONNABEND , 21. J UNI 2008 A6 Boot Sardinia Cup: Team Germany legt einen Blitzstart hin Bei der inoffiziellen Mannschafts- Weltmeisterschaft im Hochsee- segeln hat das deutsche Team nach den ersten beiden Wettfahrten knapp Rang eins verpasst. Die Hamburger TP52 „Platoon“ mit Steuermann Jochen Schümann siegte in ihrer Klasse ebenso wie die Farr 40 „Struntje Light“ von Wolfgang Schäfer (Lüneburg). Die Swan 45 „Early Bird“ holte Platz drei. Steuermann Karol Jablonski (Polen) und seine Crew waren für eine Regelverletzung in der Vor- startphase bestraft worden – darum liegt Deutschland derzeit noch hinter Spanien. bm Kieler Woche öffnet heute mit Rekordbeteiligung Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet heute gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Minister- präsident Peter Harry Carstensen und Kiels Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz die Kieler Wo- che. 4500 Segler und Seglerinnen aus mehr als 50 Nationen sind nach Kiel gekommen, um bis zum kom- menden Sonntag spannende Re- gatten zu segeln. Ob in den Nach- wuchsklassen 420er und 29er oder in der olympischen Einhandklasse Laser – manche Starterfelder sind überreich gefüllt. Die Kieler Woche ist die größte und wichtigste Segel- sportveranstaltung der Welt, 1400 Booten im olympischen und inter- nationalen Teil treten gegeneinan- der an, außerdem sind rund 250 Hochseeyachten und Klassiker am Start. bm Guter Start für die Qualitätsoffensive Wenige Tage nach der Informati- onsveranstaltung zur „Qualitäts- offensive im Segeltourismus“ im Yachtzentrum Baltic Bay in Laboe hat mit dem Sportboothafen der Stadtwerke Neustadt der erste Hafen seine Beteiligung am Projekt zugesagt. Die Hafenbetreiber ha- ben eine Vereinbarung mit der Entwicklungsgesellschaft Osthol- stein und dem Ostsee-Holstein- Tourismus e.V. als Projektträger unterzeichnet. Darin ver- pflichten sie sich, den Sportboothafen nach dem System der „Blauen Sterne“ zu klassifizieren. bm Wassersport News DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE ------------------------------------------------------ Ein Dreivierteljahr hat seine Reise gedauert – am heutigen Samstag en- det sie, wo sie begann: Jörg Leh- mann, Kommodore des Köpenicker WSV 1921 e.V., kehrt mit seiner „Kreuz As“, einem Boot vom Typ Carat 34, zurück nach Hause. Auf seinem mehrmonatigen Törn über den Atlantik wurde er dabei etappenweise von Vereinskamera- den begleitet. Hier die einzelnen Stationen: Am 22. November des vergangenen Jahres ging es Ein- hand von Las Palmas bis Fort de France über den Atlantik. Die Wo- chen bis zum Jahreswechsel vergin- gen mit karibischem Insel-Hop- ping. Am 17. März dieses Jahres lief Lehmann Miami Beach in Florida an und begab sich danach Richtung New York. Nach einigen erlebnis- reichen Tagen in der US-Metropole und weiter nordwärts nach Halifax hieß es am 1. Mai 2008 „Leinen los!“ in Richtung Europa. Nach einer ab- wechslungsreichen Querung des Atlantiks mit heftigen Stürmen und Flauten läuft die „Kreuz As“ am 245. Reisetag am 31. Mai 2008 in Scrabster in Schottland ein. Am 16. Juni 2008 erreicht Lehmann über die Ostsee schließlich das Oderhaff. Jörg Lehmann wird heute gegen 14 Uhr an der Köpenicker Brücke erwartet, wo ihn ein Bootskorso von Vereinskameraden empfängt. Eine Reisebeschreibung ist unter www.wsv1921.de im Ordner „Blau- wasser“ zu finden. bm Empfang für Berliner Atlantiksegler T Von Matthias J. Müncheberg Die Gemeinde der Zeesboot-Lieb- haber wächst stetig – auch wenn die klar lackierten, ehemaligen Ar- beitsboote längst nicht mehr dazu benutzt werden, Stint, Aal und Zan- der aus den vorpommerschen Ge- wässern zu holen. Denn wie keine andere Klasse im Nordosten Deutschlands durchpflügen die massiven Gaffelketschen regelmä- ßig bei Wettfahrten den Saaler Bod- den oder stechen mit Touristen zu Stunden- oder Tagesfahrten in See. Doch es gibt eine Ausnahme: Der Althagener Fischer Andreas Schönthier widmet sich der Bewah- rung des traditionellen Fischerei- handwerks mit den plattbödigen Holzyachten. „Driftfischen unter Segeln“, nennt der anpackende Fi- scher das. Wir steigen zu ihm an Bord, als er mit seinem Zeesboot zum Fischzug auf den Saaler Bod- den startet, und schauen uns das Boot einmal genauer an: Auf dem Wasser ohne Schwert mehr querab treibend als voraus segelnd, muss schon eine steife Brise wehen, da- mit der schwere Rumpf aus Eiche in Schwung kommt; selbst bei gefier- ten Schwertern könnten am Wind nur Winkel um die sechzig Grad ge- steuert werden, sagt Schönthier. Trotzdem erfreuen sich die höl- zernen „Dorfschönheiten“ einer wachsenden Beliebtheit. Davon zeugt nicht zuletzt ein gut gefüllter Regattakalender, der die Saison zu einem rauschenden Fest für viele Holzbootliebhaber macht: Nächste Wettfahrtstationen sind am 5.Juli in Wustrow, eine Woche später trifft sich die Szene in Dierhagen, am 26. Juli in Barth und am 6. September vor Bodstedt. Die Althäger Fischer- regatta am 20. September be- schließt den diesjährigen Zeesboot- Regattakalender. Doch Vorsicht: Eine Regatta auf einem Zeesenboot ist nichts für zar- te Hände. „Wer weiß, dass die Fi- scher-Zeesen bei Wind und Wetter lediglich mit zwei Mann Besatzung auskommen mussten, kann sich leicht ein Bild vom rauen Arbeits- alltag machen, der früher an Bord herrschte“, sagt Schönthier, nach- dem alle Segel gesetzt sind und der Bootskörper durch den Saaler Bod- den rauscht. Grund: Heute wie da- mals müssen alle Fallen und Scho- ten von Hand bedient werden; Elektrowinschen oder ähnliche mo- derne Ausrüstung gibt es nicht. Was beim Lustsegeln auf Zeesen als störende Abdrift in Erscheinung tritt, macht beim Netzfischen an Bord unserer Gaffelketsch durch- aus Sinn: Mit aufgeholtem Schwert treibt das Boot quer zum Wind. Das seitlich ausgeworfene, an soge- nannten Drift- oder Zeesbäumen befestigte Netz für den Fischfang, die eigentliche „Zeese“, wird über den Grund gezogen. Mit an Bord des 1990 und 2005 aufwendig sanierten, 96 Jahre alten Arbeitsbootes ist Kollege Bernhard Seitz. Der Althagener ist, wie Schönthier auch, Binnenfischer. Gemeinsam fahren sie die schwar- zen, nur grob behauenen Driftbäu- me aus – die Ketsch mit dem gera- den Vorsteven bringt es auf eine im- posante Länge von 26 Metern über alles, bei einer Rumpflänge von ge- rade mal 10,75 Metern – dann lassen die beiden segelnden Fischer das bräunlich-schwarze Netz, einem stark in die Länge gezogenen Kar- toffelsack gleich, Hand über Hand ins grünliche Bodden-Nass hinab. Anschließend befestigt Schönt- hier den Sack mit zwei Hanfseilen an den äußersten Enden der Bäu- me, holt die Schwertfallen dicht, lascht das Ruder fest und passt die Segelstellung den Windverhältnis- sen an – nun beginnt die Drift. Doch zunächst heißt es für uns: warten. Nach einer Stunde fiert Schönthier die achterliche Netzlei- ne, geht mit dem Boot in den Wind, und gemeinsam mit Freund Seitz holt er das grobmaschige Netz ein. Fischer Bernhard Seitz löst das blaue Ende, mit dem der äußerste Netzzipfel zusammengebunden ist, und heraus zappeln drei Zander. „Nicht gerade viel“, sagt Schönt- hier; trotzdem ist er stolz auf das Ergebnis, zeigt es doch, dass die Fi- scherei mit der Zeese immer noch funktioniert Zeesboot unter Segeln auf dem Saaler Bodden: Das Netz wird seitlich ausgebracht und fischt so den Grund ab. Früher wurden die Boote von zwei Männern bedient Die Rückkehr der alten Arbeitssegler T Von Sandra-Valeska Bruhns Zum siebten Mal fährt Hans Sen- des in diesem Jahr zu den Regatta- bahnen der Olympischen Sommer- spiele. Ohne eigenes Boot, ohne Trainer, ohne eigene Medaillen- hoffnungen. 1984 in Los Angeles war er zum ersten Mal in seiner Funktion als Sportdirektor des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) vor Ort, in diesem Jahr, im chinesi- schen Tsingtau, werden die Segler des deutschen olympischen Teams zum letzten Mal auf seine Erfah- rung mit Formularen, Sicherheits- schleusen und Wettkampfstress vertrauen müssen. „Als ich anfing, hatten wir sechs statt elf olympi- sche Bootsklassen und trainierten mit zwei Motorbooten und einem Bundestrainer“, sagt Sendes. Die Ära Sendes im DSV geht nach über 30 Jahren zu Ende, im Oktober nächsten Jahres verlässt der fast 60-Jährige endgültig sein Hamburger Büro. „Humoristisch betrachtet, kann ich über meinen Job sagen, dass ich segeln lasse, den König von Norwegen als Ehrenvi- zepräsidenten des Internationalen Segler-Verbandes protokollgerecht vom Flughafen abhole und mich um die BH-Größen der Seglerinnen kümmern muss, wenn diese auf dem Bekleidungsbogen für die Olympischen Spiele diese Angaben vergessen haben“, versucht Sendes seinen Job zu beschreiben. Doch damit hat er nur einen klei- nen Teil seiner Aufgaben charakte- risiert. Der Hauptpart liegt in der Verwaltung und der Koordination von Segeltalenten und Kaderseg- lern. „Viele Segler denken, es sei meine Willkür, ob sie in den Kader kommen und in welcher Höhe sie finanziell gefördert werden“, er- klärt Sendes. „Doch ich bin das Bindeglied zwischen dem Deut- schen Segler-Verband, dem Deut- schen Olympischen Sportbund und der Stiftung Deutsche Sporthilfe.“ Bei ihm laufen die organisatori- schen Fäden des Segelsports zu- sammen. So wie er nach innen um Förderung wirbt, muss er nach au- ßen bei der International Sailing Federation (Isaf) die Koordination der deutschen Vertreter wahrneh- men. „Ich soll der beste Freund der Sportler sein, muss aber auch die Weisungen vieler ehrenamtlicher Gremien berücksichtigen und bei der Vergabe der öffentlichen Mittel auf den Einsatz achten.“ Bei den Olympischen Spielen wird Sendes versuchen, seine Schützlinge zu entlasten, damit sie sich ganz auf die Wettfahrten kon- zentrieren können. Anders als bei Welt- und Europameisterschaften heißt Mitglied des olympischen Teams zu sein vor allem Disziplin zu bewahren und sich anzupassen. „Allein durch die strengen Sicher- heitskontrollen und das abge- schirmte Leben im olympischen Dorf entsteht eine andere Form der Nervosität“, berichtet Sendes. Sein Tag in Tsingtau wird mor- gens um sechs Uhr mit einer Tele- fonkonferenz mit allen Teilmann- schaftsleitern in Peking beginnen, danach folgt die Teambesprechung. Viel Zeit wird Sendes in Tsingtau mit Warten verbringen. Nicht nur auf Wind in dem als Flautenrevier berüchtigten Seegebiet, sondern auch auf einen Anruf der Doping- kontrolleure, die sich jederzeit mel- den können. Sendes selbst ist über Hobbysegelei nie hinausgekom- men, kam vom Regattasegeln recht unbeleckt in seine Tätigkeit. „Diese Distanz hilft mir oft, Dinge einfa- cher zu sehen. Wenn ich mit dem Motorboot über die Bahn fahre und Laien den Kurs erkläre, finde ich die richtigen Worte.“ Vorfreude auf die Olympi- schen Spiele: der Sport- direktor des Deutschen Segler- Verbandes (DSV) Hans Sendes Seele des Wassersports Nach 30 Jahren als Sportdirektor des Segler-Verbandes geht Hans Sendes in den Ruhestand. Nur eine Herausforderung wartet noch: Olympia F O T O : D S V „Früher herrschte an Bord ein rauer Arbeitsalltag.“ Andreas Schönthier Der Althagener Andreas Schönthier lässt auf dem Saaler Bodden die Tradition des Driftfischens wieder aufleben F O T O S : M Ü N C H E B E R G Zeesboote Die Schiffe sind durch ihre plattbödige Bauform an flache Küstengewässer angepass- te, hölzerne Arbeitssegler. Die älteste Überlieferung des Wortes „Seyse“ stammt aus dem Jahr 1315 in Buggenhagen. Etwa um 1850 entwickelte sich vom Fischland Darß ausgehend ein kleiner, effek- tiver Bootstyp: das noch heute anzutreffende Zeesboot. Lange, ausfahrbare Driftbäume sorgten für das zum Offenhalten des Net- zes erforderliche Maß über die Baumspitzen von 17 Metern. Nach dem Krieg lebt die Zeesenfische- rei noch einmal auf, doch schon Ende der 70er-Jahre stirbt das Gewerbe endgültig aus. Mitsegeln Ab Hafen Dierhagen- Dorf sticht die „Hanne Nüte“ in See. Das Boot legt zu neunzigmi- nütigen Boddenrundfahrten ab, Infos unter Telefon 0170/451 26 71. Erwachsene zahlen zehn, Kinder fünf Euro. Wer in Althagen Urlaub macht, kann an Bord der „Blondi- ne“ mit Skipper Achim Radke den Saaler Bodden erkunden. Eigner beider Boote ist Andreas Schönt- hier, Telefon 038220/69 46. Inte- ressant ist auch Zeesbootsegeln auf dem Stettiner Haff: Mit der „Romantik“ geht es ab Usedom aufs Wasser, Infos unter Telefon 0173/607 97 68 . Geschichte des Zeesbootfischens Auf einem Zeesboot wird mit der Hand das Netz eingeholt Frischer Fisch – gefangen nach jahrhundertealter Tradition

2008 die rückkehr der alten arbeitssegler

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die tradition des driftfischens lebt wieder auf

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B E R L I N E R M O R G E N P O S T

S O N N A B E N D , 2 1 . J U N I 2 0 0 8A 6 Boot

Sardinia Cup: Team Germanylegt einen Blitzstart hinBei der inoffiziellen Mannschafts-Weltmeisterschaft im Hochsee-segeln hat das deutsche Team nachden ersten beiden Wettfahrtenknapp Rang eins verpasst. DieHamburger TP52 „Platoon“ mitSteuermann Jochen Schümannsiegte in ihrer Klasse ebenso wiedie Farr 40 „Struntje Light“ vonWolfgang Schäfer (Lüneburg). DieSwan 45 „Early Bird“ holte Platzdrei. Steuermann Karol Jablonski(Polen) und seine Crew waren füreine Regelverletzung in der Vor-startphase bestraft worden – darumliegt Deutschland derzeit nochhinter Spanien. bm

Kieler Woche öffnet heutemit RekordbeteiligungBundeskanzlerin Angela Merkeleröffnet heute gemeinsam mitSchleswig-Holsteins Minister-präsident Peter Harry Carstensenund Kiels OberbürgermeisterinAngelika Volquartz die Kieler Wo-che. 4500 Segler und Seglerinnenaus mehr als 50 Nationen sind nachKiel gekommen, um bis zum kom-menden Sonntag spannende Re-gatten zu segeln. Ob in den Nach-wuchsklassen 420er und 29er oderin der olympischen EinhandklasseLaser – manche Starterfelder sindüberreich gefüllt. Die Kieler Wocheist die größte und wichtigste Segel-sportveranstaltung der Welt, 1400Booten im olympischen und inter-nationalen Teil treten gegeneinan-der an, außerdem sind rund 250Hochseeyachten und Klassiker amStart. bm

Guter Start für dieQualitätsoffensiveWenige Tage nach der Informati-onsveranstaltung zur „Qualitäts-offensive im Segeltourismus“ imYachtzentrum Baltic Bay in Laboehat mit dem Sportboothafen derStadtwerke Neustadt der ersteHafen seine Beteiligung am Projektzugesagt. Die Hafenbetreiber ha-ben eine Vereinbarung mit derEntwicklungsgesellschaft Osthol-stein und dem Ostsee-Holstein-Tourismus e.V. als Projektträgerunterzeichnet. Darin ver-pflichten sie sich, denSportboothafen nachdem System der „Blauen Sterne“ zuklassifizieren. bm

WassersportNewsDAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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Ein Dreivierteljahr hat seine Reisegedauert – am heutigen Samstag en-det sie, wo sie begann: Jörg Leh-mann, Kommodore des KöpenickerWSV 1921 e.V., kehrt mit seiner„Kreuz As“, einem Boot vom TypCarat 34, zurück nach Hause.

Auf seinem mehrmonatigen Törnüber den Atlantik wurde er dabeietappenweise von Vereinskamera-den begleitet. Hier die einzelnenStationen: Am 22. November desvergangenen Jahres ging es Ein-hand von Las Palmas bis Fort deFrance über den Atlantik. Die Wo-chen bis zum Jahreswechsel vergin-gen mit karibischem Insel-Hop-ping. Am 17. März dieses Jahres liefLehmann Miami Beach in Floridaan und begab sich danach RichtungNew York. Nach einigen erlebnis-reichen Tagen in der US-Metropoleund weiter nordwärts nach Halifaxhieß es am 1. Mai 2008 „Leinen los!“in Richtung Europa. Nach einer ab-wechslungsreichen Querung desAtlantiks mit heftigen Stürmen undFlauten läuft die „Kreuz As“ am245. Reisetag am 31. Mai 2008 inScrabster in Schottland ein. Am 16.Juni 2008 erreicht Lehmann überdie Ostsee schließlich das Oderhaff.

Jörg Lehmann wird heute gegen14 Uhr an der Köpenicker Brückeerwartet, wo ihn ein Bootskorsovon Vereinskameraden empfängt.Eine Reisebeschreibung ist unterwww.wsv1921.de im Ordner „Blau-wasser“ zu finden. bm

Empfang fürBerliner

Atlantiksegler

T Von Matthias J. Müncheberg

Die Gemeinde der Zeesboot-Lieb-haber wächst stetig – auch wenn dieklar lackierten, ehemaligen Ar-beitsboote längst nicht mehr dazubenutzt werden, Stint, Aal und Zan-der aus den vorpommerschen Ge-wässern zu holen. Denn wie keineandere Klasse im NordostenDeutschlands durchpflügen diemassiven Gaffelketschen regelmä-ßig bei Wettfahrten den Saaler Bod-den oder stechen mit Touristen zuStunden- oder Tagesfahrten in See.

Doch es gibt eine Ausnahme: DerAlthagener Fischer AndreasSchönthier widmet sich der Bewah-rung des traditionellen Fischerei-handwerks mit den plattbödigenHolzyachten. „Driftfischen unterSegeln“, nennt der anpackende Fi-scher das. Wir steigen zu ihm anBord, als er mit seinem Zeesbootzum Fischzug auf den Saaler Bod-den startet, und schauen uns dasBoot einmal genauer an: Auf demWasser ohne Schwert mehr querabtreibend als voraus segelnd, mussschon eine steife Brise wehen, da-mit der schwere Rumpf aus Eiche inSchwung kommt; selbst bei gefier-ten Schwertern könnten am Windnur Winkel um die sechzig Grad ge-steuert werden, sagt Schönthier.

Trotzdem erfreuen sich die höl-zernen „Dorfschönheiten“ einerwachsenden Beliebtheit. Davonzeugt nicht zuletzt ein gut gefüllterRegattakalender, der die Saison zueinem rauschenden Fest für viele

Holzbootliebhaber macht: NächsteWettfahrtstationen sind am 5.Juli inWustrow, eine Woche später trifftsich die Szene in Dierhagen, am 26.Juli in Barth und am 6. Septembervor Bodstedt. Die Althäger Fischer-regatta am 20. September be-schließt den diesjährigen Zeesboot-Regattakalender.

Doch Vorsicht: Eine Regatta aufeinem Zeesenboot ist nichts für zar-te Hände. „Wer weiß, dass die Fi-scher-Zeesen bei Wind und Wetterlediglich mit zwei Mann Besatzungauskommen mussten, kann sich

leicht ein Bild vom rauen Arbeits-alltag machen, der früher an Bordherrschte“, sagt Schönthier, nach-dem alle Segel gesetzt sind und derBootskörper durch den Saaler Bod-den rauscht. Grund: Heute wie da-mals müssen alle Fallen und Scho-ten von Hand bedient werden;Elektrowinschen oder ähnliche mo-derne Ausrüstung gibt es nicht.

Was beim Lustsegeln auf Zeesenals störende Abdrift in Erscheinungtritt, macht beim Netzfischen anBord unserer Gaffelketsch durch-aus Sinn: Mit aufgeholtem Schwerttreibt das Boot quer zum Wind. Dasseitlich ausgeworfene, an soge-nannten Drift- oder Zeesbäumenbefestigte Netz für den Fischfang,

die eigentliche „Zeese“, wird überden Grund gezogen.

Mit an Bord des 1990 und 2005aufwendig sanierten, 96 Jahre altenArbeitsbootes ist Kollege BernhardSeitz. Der Althagener ist, wieSchönthier auch, Binnenfischer.Gemeinsam fahren sie die schwar-zen, nur grob behauenen Driftbäu-me aus – die Ketsch mit dem gera-den Vorsteven bringt es auf eine im-posante Länge von 26 Metern überalles, bei einer Rumpflänge von ge-rade mal 10,75 Metern – dann lassendie beiden segelnden Fischer dasbräunlich-schwarze Netz, einemstark in die Länge gezogenen Kar-toffelsack gleich, Hand über Handins grünliche Bodden-Nass hinab.

Anschließend befestigt Schönt-hier den Sack mit zwei Hanfseilenan den äußersten Enden der Bäu-me, holt die Schwertfallen dicht,lascht das Ruder fest und passt dieSegelstellung den Windverhältnis-sen an – nun beginnt die Drift.

Doch zunächst heißt es für uns:warten. Nach einer Stunde fiertSchönthier die achterliche Netzlei-ne, geht mit dem Boot in den Wind,und gemeinsam mit Freund Seitzholt er das grobmaschige Netz ein.Fischer Bernhard Seitz löst dasblaue Ende, mit dem der äußersteNetzzipfel zusammengebunden ist,und heraus zappeln drei Zander.„Nicht gerade viel“, sagt Schönt-hier; trotzdem ist er stolz auf dasErgebnis, zeigt es doch, dass die Fi-scherei mit der Zeese immer nochfunktioniert

Zeesboot unter Segeln auf dem Saaler Bodden: Das Netz wird seitlich ausgebracht und fischt so den Grund ab. Früher wurden die Boote von zwei Männern bedient

Die Rückkehrder alten

Arbeitssegler

T Von Sandra-Valeska Bruhns

Zum siebten Mal fährt Hans Sen-des in diesem Jahr zu den Regatta-bahnen der Olympischen Sommer-spiele. Ohne eigenes Boot, ohneTrainer, ohne eigene Medaillen-hoffnungen. 1984 in Los Angeleswar er zum ersten Mal in seinerFunktion als Sportdirektor desDeutschen Segler-Verbandes (DSV)vor Ort, in diesem Jahr, im chinesi-schen Tsingtau, werden die Seglerdes deutschen olympischen Teamszum letzten Mal auf seine Erfah-rung mit Formularen, Sicherheits-schleusen und Wettkampfstressvertrauen müssen. „Als ich anfing,hatten wir sechs statt elf olympi-sche Bootsklassen und trainiertenmit zwei Motorbooten und einemBundestrainer“, sagt Sendes.

Die Ära Sendes im DSV gehtnach über 30 Jahren zu Ende, imOktober nächsten Jahres verlässtder fast 60-Jährige endgültig seinHamburger Büro. „Humoristischbetrachtet, kann ich über meinenJob sagen, dass ich segeln lasse, denKönig von Norwegen als Ehrenvi-zepräsidenten des InternationalenSegler-Verbandes protokollgerechtvom Flughafen abhole und mich umdie BH-Größen der Seglerinnenkümmern muss, wenn diese aufdem Bekleidungsbogen für dieOlympischen Spiele diese Angaben

vergessen haben“, versucht Sendesseinen Job zu beschreiben.

Doch damit hat er nur einen klei-nen Teil seiner Aufgaben charakte-risiert. Der Hauptpart liegt in derVerwaltung und der Koordinationvon Segeltalenten und Kaderseg-lern. „Viele Segler denken, es seimeine Willkür, ob sie in den Kaderkommen und in welcher Höhe siefinanziell gefördert werden“, er-klärt Sendes. „Doch ich bin dasBindeglied zwischen dem Deut-schen Segler-Verband, dem Deut-schen Olympischen Sportbund undder Stiftung Deutsche Sporthilfe.“Bei ihm laufen die organisatori-schen Fäden des Segelsports zu-sammen. So wie er nach innen umFörderung wirbt, muss er nach au-ßen bei der International SailingFederation (Isaf ) die Koordinationder deutschen Vertreter wahrneh-men. „Ich soll der beste Freund derSportler sein, muss aber auch dieWeisungen vieler ehrenamtlicher

Gremien berücksichtigen und beider Vergabe der öffentlichen Mittelauf den Einsatz achten.“

Bei den Olympischen Spielenwird Sendes versuchen, seineSchützlinge zu entlasten, damit siesich ganz auf die Wettfahrten kon-zentrieren können. Anders als beiWelt- und Europameisterschaftenheißt Mitglied des olympischenTeams zu sein vor allem Disziplinzu bewahren und sich anzupassen.„Allein durch die strengen Sicher-heitskontrollen und das abge-schirmte Leben im olympischenDorf entsteht eine andere Form derNervosität“, berichtet Sendes.

Sein Tag in Tsingtau wird mor-gens um sechs Uhr mit einer Tele-fonkonferenz mit allen Teilmann-schaftsleitern in Peking beginnen,danach folgt die Teambesprechung.

Viel Zeit wird Sendes in Tsingtaumit Warten verbringen. Nicht nurauf Wind in dem als Flautenrevierberüchtigten Seegebiet, sondernauch auf einen Anruf der Doping-kontrolleure, die sich jederzeit mel-den können. Sendes selbst ist überHobbysegelei nie hinausgekom-men, kam vom Regattasegeln rechtunbeleckt in seine Tätigkeit. „DieseDistanz hilft mir oft, Dinge einfa-cher zu sehen. Wenn ich mit demMotorboot über die Bahn fahre undLaien den Kurs erkläre, finde ichdie richtigen Worte.“

Vorfreude aufdie Olympi-schen Spiele:der Sport-direktor desDeutschenSegler-Verbandes(DSV) HansSendes

Seele des WassersportsNach 30 Jahren als Sportdirektor des Segler-Verbandes geht Hans Sendes

in den Ruhestand. Nur eine Herausforderung wartet noch: Olympia

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„Früher herrschte an Bord einrauer Arbeitsalltag.“Andreas Schönthier

Der Althagener AndreasSchönthier lässt auf

dem Saaler Bodden dieTradition des

Driftfischens wiederaufleben

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Zeesboote Die Schiffe sind durchihre plattbödige Bauform anflache Küstengewässer angepass-te, hölzerne Arbeitssegler. Dieälteste Überlieferung des Wortes„Seyse“ stammt aus dem Jahr 1315in Buggenhagen. Etwa um 1850entwickelte sich vom FischlandDarß ausgehend ein kleiner, effek-tiver Bootstyp: das noch heuteanzutreffende Zeesboot. Lange,ausfahrbare Driftbäume sorgtenfür das zum Offenhalten des Net-zes erforderliche Maß über dieBaumspitzen von 17 Metern. Nachdem Krieg lebt die Zeesenfische-rei noch einmal auf, doch schonEnde der 70er-Jahre stirbt dasGewerbe endgültig aus.

Mitsegeln Ab Hafen Dierhagen-Dorf sticht die „Hanne Nüte“ inSee. Das Boot legt zu neunzigmi-nütigen Boddenrundfahrten ab,Infos unter Telefon 0170/451 26 71.Erwachsene zahlen zehn, Kinderfünf Euro. Wer in Althagen Urlaubmacht, kann an Bord der „Blondi-ne“ mit Skipper Achim Radke denSaaler Bodden erkunden. Eignerbeider Boote ist Andreas Schönt-hier, Telefon 038220/69 46. Inte-ressant ist auch Zeesbootsegelnauf dem Stettiner Haff: Mit der„Romantik“ geht es ab Usedomaufs Wasser, Infos unter Telefon0173/607 97 68 .

Geschichte desZeesbootfischens

Auf einem Zeesboot wird mit derHand das Netz eingeholt

Frischer Fisch – gefangen nachjahrhundertealter Tradition