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4.1.1 Einleitung Bei Sepsis und septischem Schock kommt es bereits bei noch relativ normalen Blutdruckwerten zu Störungen der Organdurchblutung, die wahrscheinlich auf eine primäre Schädigung der Mikrozirkulation zurückzuführen sind. Mit Ausnahme der Hirnstrom- bahn zeigen alle anderen Strombahngebiete eine star- ke Abnahme des Gefäßwiderstandes, welche sowohl durch eine aktive Vasodilatation als auch durch einen Verlust der extrinsischen Vasomotorenkontrolle bedingt ist. Nierenversagen und gastrointestinale Störungen sind häufige Komplikationen im Rahmen der Sepsis. Besondere Bedeutung kommt der adäquaten Oxygenierung des Splanchnikusgebietes zu. Es wird diskutiert, daß ein gastrointestinales Versagen über den Mechanismus einer Keim-Translokation eine bestehende Sepsis unterhalten bzw. neue septische Episoden induzieren kann (2, 5, 15, 30). Unter- suchungen von Nelson et al. (19) haben gezeigt, daß das kritische Sauerstoffangebot (DO2) für den Dünndarm bei septischen Tieren deutlich höher als das globale kritische DO2 liegen kann. Das Über- schreiten des globalen kritischen DO2 schließt also einen angebotsabhängigen Sauerstoffverbrauch in ein- zelnen Regionen nicht sicher aus. Die Aussage einiger Autoren, daß es im Rahmen der Sepsis zu einer Verringerung der Splanchnikusdurch- blutung kommt, scheint sich in neueren klinischen Untersuchungen nicht zu bestätigen. Ein Grund für diese Diskrepanz ist möglicherweise die bislang ange- wandte Methode zur Bestimmung der Splanchnikus- durchblutung. Es konnte gezeigt werden, daß es bei septischen Patienten einerseits zu einer Mehrdurch- blutung des Splanchnikusgebietes kommt, die propor- tional zum gestiegenen Herzzeitvolumen (HZV) ist, andererseits der Sauerstoffverbrauch (VO2) in Relation zum Globalverbrauch überproportional ansteigt. Tierexperimentelle Untersuchungen haben gezeigt (2, 3, 24), daß es im Rahmen einer Sepsis zu einer Umverteilung des zirkulierenden Blutvolumens und sogar zu einer relativen Verbesserung der Durchblutung von Leber und Dünndarm kommt. Bei gesunden Probanden führte eine Endotoxininfusion zu einer Verdoppelung des Splanchnikusblutflusses (6). Der Anteil des Splanchnikusblutflusses am HZV bei septischen Patienten kann bis zu 60% betragen (16), wobei ein Normwert von 15-25% angegeben wird (10). Es ist jedoch nicht sicher, ob es im Rahmen der Sepsis bei erhöhtem VO2 im Splanchnikusgebiet und weniger stark erhöhtem Blutfluß grundsätzlich zu einer relativen Minderperfusion mit regionaler Hypoxie kommt. So konnte gezeigt werden, daß der VO2 im Splanchnikusgebiet linear zur hepatischen Glukoneogenese steigt und somit nicht auf eine zel- luläre Hypoxie in Splanchnikusgebiet geschlossen werden kann. Eine weitere Untersuchung (24) konnte zwar eine geringfügige Abhängigkeit des VO2 im Splanchnikusgebiet bei septischen Patienten zeigen; eine Erhöhung des DO2 im Splanchnikusgebiet führte jedoch zu keiner verbesserten Laktataufnahme der Leber. So muß davon ausgegangen werden, daß eine Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und Multi Organ Dysfunction Syndrome (MODS) The use of haemodynamically active substances in sepsis and multi-organ dysfunction syndrome (MODS) © Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 585-592 Blackwell Wissenschafts-Verlag GmbH. 585 INTENSIVMEDIZIN 4 4.1.1 Einleitung 4.1.2 Pathophysiologie der systemischen und regiona- len Blutdruckveränderungen bei septischem Schock 4.1.2.1 Biosynthese von NO beim septischen Schock 4.1.2.2 Bedeutung von NO in der Pathophysiologie der globalen und regionalen Zirkulationsstörungen bei Sepsis 4.1.2.3 Bedeutung von NO für das MODS im Endotoxin- oder septischen Schock 4.1.3 Bedeutung von Endothelin-1 (ET-1) für die glo- balen und regionalen Zirkulationsstörungen bei Sepsis 4.1.3.1 Biosynthese von ET-1 beim septischen Schock 4.1.3.2 Bedeutung von ET-1 für die Zirkulations- störungen in der Sepsis 4.1.3.3 Bedeutung von ET-1 für das MODS im septi- schen Schock 4.1.4 Die Rolle von Prostaglandinen in der Pathophysiologie des septischen Schocks 4.1.4.1 Bedeutung von Cyclooxygenase-2 (COX-2) für die vermehrte Biosynthese von Prostaglandinen im Endotoxin- und septischen Schock 4.1.4.2 Bedeutung von COX-2 in der Pathophysiologie des septischen Schocks 4.1.5 Abschließende Bemerkungen Literatur 4.1 Globale und regionale Zirkulationsstörungen bei Sepsis Global and regional circulatory disturbance Seite 585-626 29.10.2003 8:09 Uhr Seite 1

4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

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4.1.1 Einleitung

Bei Sepsis und septischem Schock kommt es bereitsbei noch relativ normalen Blutdruckwerten zuStörungen der Organdurchblutung, die wahrscheinlichauf eine primäre Schädigung der Mikrozirkulationzurückzuführen sind. Mit Ausnahme der Hirnstrom-bahn zeigen alle anderen Strombahngebiete eine star-ke Abnahme des Gefäßwiderstandes, welche sowohldurch eine aktive Vasodilatation als auch durch einenVerlust der extrinsischen Vasomotorenkontrollebedingt ist.Nierenversagen und gastrointestinale Störungen sindhäufige Komplikationen im Rahmen der Sepsis.Besondere Bedeutung kommt der adäquatenOxygenierung des Splanchnikusgebietes zu. Es wirddiskutiert, daß ein gastrointestinales Versagen überden Mechanismus einer Keim-Translokation eine

bestehende Sepsis unterhalten bzw. neue septischeEpisoden induzieren kann (2, 5, 15, 30). Unter-suchungen von Nelson et al. (19) haben gezeigt, daßdas kritische Sauerstoffangebot (DO2) für denDünndarm bei septischen Tieren deutlich höher alsdas globale kritische DO2 liegen kann. Das Über-schreiten des globalen kritischen DO2 schließt alsoeinen angebotsabhängigen Sauerstoffverbrauch in ein-zelnen Regionen nicht sicher aus.Die Aussage einiger Autoren, daß es im Rahmen derSepsis zu einer Verringerung der Splanchnikusdurch-blutung kommt, scheint sich in neueren klinischenUntersuchungen nicht zu bestätigen. Ein Grund fürdiese Diskrepanz ist möglicherweise die bislang ange-wandte Methode zur Bestimmung der Splanchnikus-durchblutung. Es konnte gezeigt werden, daß es beiseptischen Patienten einerseits zu einer Mehrdurch-blutung des Splanchnikusgebietes kommt, die propor-tional zum gestiegenen Herzzeitvolumen (HZV) ist,andererseits der Sauerstoffverbrauch (VO2) inRelation zum Globalverbrauch überproportionalansteigt. Tierexperimentelle Untersuchungen habengezeigt (2, 3, 24), daß es im Rahmen einer Sepsis zueiner Umverteilung des zirkulierenden Blutvolumensund sogar zu einer relativen Verbesserung derDurchblutung von Leber und Dünndarm kommt. Beigesunden Probanden führte eine Endotoxininfusionzu einer Verdoppelung des Splanchnikusblutflusses(6). Der Anteil des Splanchnikusblutflusses am HZVbei septischen Patienten kann bis zu 60% betragen(16), wobei ein Normwert von 15-25% angegeben wird(10). Es ist jedoch nicht sicher, ob es im Rahmen derSepsis bei erhöhtem VO2 im Splanchnikusgebiet undweniger stark erhöhtem Blutfluß grundsätzlich zueiner relativen Minderperfusion mit regionalerHypoxie kommt. So konnte gezeigt werden, daß derVO2 im Splanchnikusgebiet linear zur hepatischenGlukoneogenese steigt und somit nicht auf eine zel-luläre Hypoxie in Splanchnikusgebiet geschlossenwerden kann. Eine weitere Untersuchung (24) konntezwar eine geringfügige Abhängigkeit des VO2 imSplanchnikusgebiet bei septischen Patienten zeigen;eine Erhöhung des DO2 im Splanchnikusgebiet führtejedoch zu keiner verbesserten Laktataufnahme derLeber. So muß davon ausgegangen werden, daß eine

Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und Multi Organ Dysfunction Syndrome (MODS)The use of haemodynamically active substances in sepsis and multi-organdysfunction syndrome (MODS)

© Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 585-592Blackwell Wissenschafts-Verlag GmbH. 585

INTENSIVMEDIZIN

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4.1.1 Einleitung4.1.2 Pathophysiologie der systemischen und regiona-

len Blutdruckveränderungen bei septischemSchock

4.1.2.1 Biosynthese von NO beim septischen Schock4.1.2.2 Bedeutung von NO in der Pathophysiologie der

globalen und regionalen Zirkulationsstörungenbei Sepsis

4.1.2.3 Bedeutung von NO für das MODS imEndotoxin- oder septischen Schock

4.1.3 Bedeutung von Endothelin-1 (ET-1) für die glo-balen und regionalen Zirkulationsstörungen beiSepsis

4.1.3.1 Biosynthese von ET-1 beim septischen Schock4.1.3.2 Bedeutung von ET-1 für die Zirkulations-

störungen in der Sepsis4.1.3.3 Bedeutung von ET-1 für das MODS im septi-

schen Schock4.1.4 Die Rolle von Prostaglandinen in der

Pathophysiologie des septischen Schocks4.1.4.1 Bedeutung von Cyclooxygenase-2 (COX-2) für

die vermehrte Biosynthese von Prostaglandinenim Endotoxin- und septischen Schock

4.1.4.2 Bedeutung von COX-2 in der Pathophysiologiedes septischen Schocks

4.1.5 Abschließende BemerkungenLiteratur

4.1 Globale und regionale Zirkulationsstörungen bei SepsisGlobal and regional circulatory disturbance

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möglicherweise vorhandene Einschränkung der meta-bolischen Funktion nicht auf ein zu geringesSubstratangebot zurückzuführen ist. Bei Patienten mitschweren Verbrennungen, die im weiteren Verlauf eineschwere Infektion entwickeln, sind die hepatischeGlucoseproduktion und die hepatische Alaninauf-nahme drastisch eingeschränkt, ohne daß wesentlicheÄnderungen des hepatischen Blutflusses zu beobach-ten sind (30). Dies zeigt, daß sich unter denBedingungen einer schweren Infektion wesentlichemetabolische Veränderungen nicht in Parametern deshepatischen Blutflusses und der hepatischenSauerstoffaufnahme widerspiegeln und somit mitgroßer Wahrscheinlichkeit auch nicht von diesenabhängig sind.Die im Tierversuch am Hund untersuchten, organspe-zifischen Durchblutungsveränderungen nach lokaler,durch Blutung oder durch Endotoxininfusion ausge-löster Hypotonie, sind in der folgenden Tabelle zusam-mengefaßt.

4.1.2 Pathophysiologie der systemi-schen und regionalen Blutdruck-veränderungen bei septischem Schock

Das vaskuläre Endothel reguliert den Tonus desGefäßmuskels sowie die Funktion von Thrombozytenund Granulozyten durch die Biosynthese undFreisetzung vasoaktiver Mediatoren wie Stickoxid(NO), Prostacyclin und Endothelin-1 (ET-1). NO undProstacyclin sind potente Vasodilatoren, die sowohldie Aggregation als auch die Adhäsion vonThrombozyten und neutrophilen Granulozyten hem-men. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei ET-1 umeinen potenten Vasokonstriktor. Während NO eineentscheidende Bedeutung für die Regulation desGefäßtones zukommt (aktive Vasodilatation), spielenProstacyclin und ET-1 unter physiologischenBedingungen für die Regulation des Gefäßtonus eineuntergeordnete Rolle (siehe Kapitel 1). In den folgen-den Abschnitten wird die Bedeutung der vasoaktivenMediatoren NO, Prostacyclin und ET-1 in derPathophysiologie der globalen und regionalen

Durchblutungsstörungen bei primär experimentellinduziertem septischem Schock erläutert. Es soll andieser Stelle noch angemerkt werden, daß dieBiosynthese dieser Mediatoren im septischen Schockdurch proinflammatorische Zytokine stimuliert wirdund, daß unter diesen pathophysiologischenBedingungen nicht nur Endothelzellen, sondern auchEpithelzellen und parenchymale Zellen für dieBiosynthese dieser Mediatoren verantwortlichgemacht werden müssen. Im folgenden wird spezifischauf präklinische Studien eingegangen, welche dieRolle dieser vasoaktiven Mediatoren bei den durchEndotoxin (oder Sepsis) induzierten Veränderungender globalen Zirkulationsstörungen, der regionalenDurchblutungsstörungen sowie bei der Entwicklungdes Multi-Organversagens ("multi organ dysfunctionsyndrome”, MODS) untersuchen.

4.1.2.1 Biosynthese von NO beim septischen SchockNO wird von der essentiellen Aminosäure L-Arginindurch eine Familie von Enzymen gebildet, die kollek-tiv als NO-Synthetasen (NOS) bezeichnet werden. DieBiosynthese von NO aus L-Arginin und molekularemSauerstoff erfordert die Bildung von NG-Hydroxy-L-Arginin und Wasser sowie die anschließendeOxydation von NG-Hydroxy-L-Arginin in derGegenwart von molekularem Sauerstoff zu NO, L-Citrullin und Wasser. Das gebildete NO diffundiert zubenachbarten Zellen, wo es die löslicheGuanylatzyklase aktiviert, was zur Bildung von cGMPführt. Über die Bildung von cGMP werden viele (phy-siologische), aber nicht alle (pathophysiologischen)Effekte von NO vermittelt. Die Biosynthese von NOwird durch drei verschiedene Isoenzyme der NOSreguliert: Die NO-Synthasen in Endothelzellen(ecNOS oder NOS III) und neuronalen Zellen (nNOSoder NOS I) sind konstitutive Enzyme, die zurAktivierung einen Anstieg im intrazellulären Kalziumbenötigen (siehe Kapitel 1). Die Aktivierung vonMakrophagen und anderen Zellen durch proinflam-matorische Zytokine oder Endotoxin führt zurExpression eines weiteren Isoenzyms der NOS, näm-lich der sogenannten "induzierbaren NOS" (iNOSoder NOS II). Die Aktivität der iNOS ist funktionell

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 585-592586

Intensivmedizin

Tabelle 1: Organspezifische Durchblutung bei Normotonie und bei lokaler, durch Exsanguination oder durch Endotoxin-infusion ausgelöste, Hypotonie bei Hunden

Organ HZV Autoregulation Kontrolle Haemorrhagie Endotoxin(mmHg) (100 mmHg)

Gehirn 3.6% 30-200 1,08 (100%) 1,46 (135%) 0,59 (55%)Herz 4.7% 40-100 1,41 (100%) 1,99 (141%) 2,12 (150%)Mesenterium 25,1% > 60 7,53 (100%) 4,52 (60%) 15,01 (199%)Nieren 25,4% > 60 7,62 (100%) 3,05 (40%) 14,48 (190%)Skelettmuskel 28,2% 50-100 8,46 (100%) 5,25 (62%) 11,67 (138%)Haut 12,9% n.b. 3,87 (100%) 1,43 (37%) 4,64 (120%)Gesamt 99,9% n.b. 29,97 (100%) 17,70 (59%) 48,51 (162%)

Die Angaben zur Autoregulation beziehen sich auf die Messungen mit lokaler Blutdrucksenkung im entsprechendenOrgangefäßbett. N. b.: nicht bestimmt (modifiziert nach Bond).

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unabhängig von einer Änderung der intrazellulärenKalzium-Konzentration. Angemerkt sei, daß dieMengen von NO, die durch ecNOS unter physiologi-schen Bedingungen gebildet werden, sich deutlich vondenen unterscheiden, die durch iNOS (besondersunter pathophysiologischen Bedingungen) gebildet werden. So führt z.B. die Aktivierung von ecNOS durch Scherkräfte zu einer kontinuierlichen

Freisetzung von NO in picomolaren Mengen; diesetragen in bedeutender Weise zur Regulation desBlutdruckes und der Organdurchblutung bei. ImGegensatz dazu werden nach Induktion von iNOS -z.B. in aktivierten Makrophagen - nanomolareMengen von NO gebildet, die die bakteriziden undtumoriziden Effekte dieser Zellen mit erklären. DieBildung dieser relativ großen Mengen von NO nach

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Zirkulationsstörungen bei Sepsis

Abbildung 1: NO-Synthese.

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Induktion von iNOS in anderen Zellen, die unter phy-siologischen Bedingungen kein oder relativ wenig NObilden (Gefäßmuskel, Kardiomyozyt, Hepatozyt,usw.), spielen nach heutigen Erkenntnissen in derPathophysiologie sowohl des Endotoxins als auchdes septischen Schocks eine entscheidende Rolle (18,26).

4.1.2.2 Bedeutung von NO in der Pathophysiologieder globalen und regionalen Zirkulationsstörungenbei SepsisHypotension:Zu den pathophysiologischen Veränderungen desKreislaufsystems, die charakteristisch für verschiedeneFormen des Herz-Kreislaufschocks sind, zählen dieHypotension (periphere Vasodilatation), die Hypo-reaktivität der Gefäßmuskulatur auf Katecholamine,die myokardiale Dysfunktion, die Fehlverteilung desOrganblutflusses und die reduzierte Sauerstoff-extraktion der Gewebe. Es gibt eine ganze Reihe vonHinweisen, daß einer vermehrten Bildung von NOzumindest in der Pathophysiologie der o.g.Zirkulationsstörungen eine entscheidende Rollezukommt. So wird z.B. eine vermehrte Bildung vonNO durch ecNOS (z.B. in der frühen oder akutenPhase des Schockes) und insbesondere nach derInduktion von iNOS (in der späten Phase desSchockes) sowohl in Versuchstieren (Nager, Schweine,Schafe, Paviane) als auch beim Menschen mit septi-schem Schock eine bedeutende Rolle in derEntwicklung der therapierefraktären Hypotensionzugesprochen. Die bereits im Jahre 1990 vorgeschla-gene Hypothese (10, 29), daß eine vermehrte Bildungvon NO durch iNOS zumindest zum Teil für dieHypotension bei septischem Schock verantwortlichgemacht werden muß, findet heute Unterstützung inverschiedensten pharmakologischen (z.B. Präventionder iNOS-Expression, Hemmung der iNOS-Aktivität,NO-scavengers) oder molekular-biologischen Unter-suchungen (z.B. Untersuchungen mit iNOS-"knock-out"-Mäusen). Es gibt außerdem deutliche Hinweisedafür, daß eine vermehrte Bildung von NO durchiNOS auch bei den Zirkulationsstörungen, die beianderen Schockformen auftreten, verantwortlich ge-macht werden kann. Zu diesen pathophysiologischenZuständen zählen der gram-positive Schock, die vas-kuläre Dekompensation im hämorrhagischen Schock,die Hypotension bei Patienten, die sich einer Immun-therapie mit Interleukin-2 unterziehen sowie diehyperdynamische Zirkulation bei Leberzirrhose (26,27).

Vaskuläre Hyporeaktivität auf Vasopressoren(Katecholamine):Die peripheren Gefäßstörungen im septischen Schockgehen auch mit einer progressiven Abschwächung dervasokonstriktorischen Effekte von Katecholaminenund anderen Vasokonstriktoren (z.B. Angiotensin II,Vasopressin, Serotonin, Histamin, Kalzium undKalium) einher. Dieses Phänomen, das auch als

"Vasoplegie" oder "vaskuläre Hyporeaktivität"bezeichnet wird, trägt auch in bedeutender Weise zurtherapierefraktären Hypotension im septischenSchock bei (27). Die Hyporeaktivität der Gefäße, z.B.von Ratten, die mit Endotoxin vorbehandelt wurden,wird im wesentlichen durch eine vermehrte Bildungvon NO nach Induktion von iNOS in der glattenGefäßmuskulatur verursacht. Diese NO-vermitteltevaskuläre Hyporeaktivität ist für Kapazitäts-,Widerstands- und venöse Gefäße beschrieben (9,27).

4.1.2.3 Bedeutung von NO für das MODS imEndotoxin- oder septischen SchockDer septische Schock geht oft mit einem deutlichenDefekt in der Gewebe-Sauerstoff-Extraktion einher,der zur Gewebehypoxie und einem Anstieg der venö-sen Sauerstoffkonzentration führt. Da die lokaleBildung von großen Mengen von NO zur Abtötungvon Bakterien beiträgt (s.o.), ist es nicht überraschend,daß die Bildung großer Mengen von NO durch iNOSin anderen Zellen zu zytotoxischen Effekten führt.Nanomolare Mengen von NO führen z.B. zu einerAutoinhibition von Schlüsselenzymen in der mito-chondrialen Atmungskette (z.B. NADH-UbiquinonReduktase, Succinat-Ubiquinon-Oxidoreduktase)oder im Krebs-Zyklus (z.B. cis-Acconitase). Es wirddaher angenommen, daß die exzessive Bildung vonNO (durch iNOS) durch folgende Mechanismen zueinem Defekt der Gewebe-Sauerstoff-Extraktion undletztendlich zur Zellhypoxie führen könnte:� Fehlverteilung des regionalen Blutflusses mit redu-

ziertem Sauerstoffangebot� Hemmung der Bildung von ATP� Exzessiver Verbrauch von ATPEs ist wahrscheinlich, daß diese drei Effekte einer ver-mehrten NO-Biosynthese zusammen mit der massivenHypotension, die zumindest zum Teil durch NObedingt wird, zu der Entwicklung des multiplenOrganversagens beim septischen Schock beitragen(28). Obwohl in einigen tierexperimentellen Studienüber eine Reduzierung des MODS mit einigen NOS-Hemmern (wie z.B. dem Aminoäthylisothioharnstoffoder Aminoguanidin) berichtet wurde (23, 25), istanzumerken, daß diese NOS-Hemmer auch eineReihe von nichtspezifischen Effekten aufweisen, dieebenfalls eine Verbesserung des MODS erklärenkönnten. So sind z.B. für Aminoäthylisothioharnstoffradikalfangende Eigenschaften beschrieben worden,die nicht nur bei Sepsis, sondern auch bei andernKrankheitsbildern mit Ischämie und Reperfusion vonGeweben zu günstigen Effekten führen können.Selektive Hemmer der iNOS-Aktivität, wie z.B.1400W oder L-NIL, verringern das Ausmaß des multi-plen Organversagens (Niere, Leber, Pankreas) imTierversuch nicht (Endotoxin-Schock bei der Ratte)(31). Der Leberschaden, der durch Endotoxin in iNOS"knock out"-Mäusen induziert wird, unterscheidetsich ebenfalls nicht von dem Ausmaß des Leber-schadens in den entsprechenden Wildtyp-Mäusen(13).

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Intensivmedizin

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4.1.3 Bedeutung von Endothelin-1für die globalen und regionalenZirkulationsstörungen bei Sepsis

4.1.3.1 Biosynthese von ET-1 beim septischen SchockET-1 ist ein potentes vasokonstriktorisches Peptid, dasin Endothelzellen durch ein Endothelin-converting-enzyme-1 (ECE-1) von seinem Vorläufermolekül "big-Endothelin-1" abgespalten wird (siehe Kapitel 1). BeiPatienten mit Sepsis und septischem Schock sind diePlasmaspiegel von ET-1 deutlich erhöht. Es ist anzu-merken, daß die Plasmaspiegel von ET-1 mit denPlasmaspiegeln von Endotoxin positiv korrelieren,und daß die Plasmaspiegel von ET-1 bei Patienten, dieeinen septischen Schock überleben (survivors), signifi-kant niedriger sind als bei Patienten, die am septischenSchock versterben (non-survivors). Die erhöhtenPlasmaspiegel von ET-1 bei Patienten mit Sepsis kor-relieren außerdem positiv mit dem Ausmaß desMODS und dem Sauerstoffverbrauch sowie negativmit dem Oxygenierungsindex (PaO2:FiO2 ratio) (1, 20,22).

4.1.3.2 Bedeutung von ET-1 für die Zirkulations-störungen in der SepsisBei Patienten mit Sepsis und septischem Schocknimmt die vasokonstriktorische Antwort auf eineganze Reihe von unterschiedlichen Vasokonstriktorendeutlich ab (vaskuläre Hyporeaktivität, s.o.). DieVasokonstriktion, die durch ET-1 in der Aorta oder

den Mesenterialgefäßen von Ratten mit Endotoxin-schock hervorgerufen wird, ist jedoch nicht signifikantvermindert (1). Im Gegensatz dazu findet man einesignifikante Verminderung der durch ET-1 hervorge-rufenen Vasokonstriktion im Bereich der Gefäße desMusculus cremaster bei Ratten mit septischemSchock. Es ist daher möglich, daß eine vermehrteBildung von NO durch iNOS im Gefäßmuskel zu einerReduktion der durch ET-1 hervorgerufenen Vasokon-striktion in einigen Gefäßbetten (Mikrozirkulation?)führt, während dies in anderen Gefäßbetten(Kapazitätsgefäße) nicht der Fall ist (1).

ET-1 und globale Zirkulationsstörungen beim septi-schen Schock:Es gibt heute zahlreiche Hinweise, dass dieVasokonstriktion, die durch eine erhöhte Biosynthesevon ET-1 in der Endotoxinämie oder beim septischenSchock bedingt wird, der massiven Hypotension ent-gegenwirkt, die mit diesem Krankheitsbild einhergeht.So führt z.B. die Infusion von ET-1 zu einerVerminderung der Abnahme des mittleren arteriellenBlutdrucks und des Herzzeitvolumens bei Hunden mitEndotoxinschock. Werden wache Ratten mit demnicht-selektiven ETA/ETB-Rezeptorantagonisten SB209670 behandelt, so verstärkt sich der durchEndotoxin hervorgerufene Blutdruckabfall deutlich.In anästhesierten Ratten mit Endotoxinschock verur-sacht SB 209670 ebenfalls eine massive Zunahme derHypotension, die die Organperfusion weiter reduziert,das Multiorganversagen weiter verstärkt und dieLetalität erhöht (8, 21).

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Zirkulationsstörungen bei Sepsis

Abbildung 2: ET-1 Synthese und Freisetzung.

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Page 6: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

Bedeutung von ET-1 für die regionalen Zirkulations-störungen bei Sepsis:Obwohl die akute Freisetzung von ET-1, z.B. nachGabe von Endotoxin, dazu beiträgt, den Blutdruckund die Organperfusion aufrecht zu erhalten (günstigeEffekte von ET-1), führen exzessive Anstiege der ET-1-Plasmaspiegel für längere Zeit ebenfalls zu einerexzessiven Vasokonstriktion in einigen Gefäß-abschnitten (schädliche Effekte von ET-1). Es gibtHinweise (z.B. in Schweinen und Schafen), daß derdurch Endotoxin bedingte Anstieg des Gefäßwider-stands im pulmonalen, splenalen, portalen und renalenGefäßbett signifikant mit einer Zunahme der ET-1-Plasmaspiegel korreliert. Bei wachen Ratten führt dieInjektion von Endotoxin ebenfalls zu einer raschenFreisetzung von ET-1, die für die exzessive Vaso-konstriktion im Bereich des mesenterial-arteriellenGefäßbettes verantwortlich gemacht wird. DerAnstieg im pulmonal-vaskulären Widerstand und desdamit assoziierten Abfalls des Herzzeitvolumens, derdurch Endotoxin in narkotisierten Schweinen hervor-gerufen wird, wird ebenfalls durch eine Überprodukti-on von ET-1 erklärt (1).

4.1.3.3 Bedeutung von ET-1 für das MODS imseptischen SchockEs gibt zahlreiche tierexperimentelle Studien, diebelegen, daß die vermehrte Biosynthese von ET-1 zurexzessiven Vasokonstriktion regionaler Gefäß-strombahnen führt und damit letztendlich zurEntwicklung des MODS beim septischen Schockbeiträgt. Die vasokonstriktorischen Effekte von ET-1sind nicht in allen regionalen Gefäßstrombahnengleich. So findet man z.B. in der Ratte nach Injektionvon ET-1 einen etwa 10fach höheren Anstieg desrenalen sowie pulmonalen Gefäßwiderstandes. In derNiere wird ET-1 neben vaskulären Endothelzellenauch von glomerulären Endothelzellen, renalenEpithelzellen und proximalen Tubuluszellen gebildet.Wenn ET-1 vermehrt gebildet wird, kommt es zu einerAbnahme der glomerulären Filtrationsrate und zueinem massiven Anstieg des renalen Gefäß-widerstandes. Das Ausmaß der durch ET-1 verursach-ten Vasokonstriktion in afferenten und efferentenArteriolen ist vergleichbar, so daß der glomerulärehydrostatische Druck, der die glomeruläre Filtrationbedingt, unverändert ist. Man glaubt daher heute, daßdie Reduktion in der glomerulären Filtrationsrate, diedurch ET-1 bedingt ist, auf eine Kontraktion derMesangiumzellen zurückzuführen ist (11).

4.1.4 Rolle von Prostaglandinenin der Pathophysiologie des septischenSchocks

4.1.4.1 Bedeutung von Cyclooxygenase-2 (COX-2) fürdie vermehrte Biosynthese von Prostaglandinen unterEndotoxin im septischen SchockEs ist seit mehreren Jahrzehnten bekannt, daßEndotoxin zu einem massiven Anstieg derArachidonsäure-Metabolite sowohl im Blut als auch in

Geweben führt (4). Im Jahre 1990 haben Needleman etal. zum ersten Mal beschrieben, dass Endotoxin die denovo Biosynthese eines neuen Cyclooxygenase-proteins stimuliert. Dieses induzierbare Enzym ist vonder konstitutiven Cyclooxygenase (COX-1) zu unter-scheiden. Die Bildung von Arachidonsäure-Metaboliten unter physiologischen Bedingungen wirdin erster Linie durch COX-1 (nach vorherigerAktivierung von Phospholipasen) vermittelt, währendunter pathophysiologischen Bedingungen die ver-mehrte Bildung von Arachidonsäure-Metaboliten derExpression von COX-2 zugeschrieben werden muß.Bei Ratten im Endotoxinschock läßt sich sowohl dieExpression des COX-2-Proteins als auch der massiveAnstieg der Plasmaspiegel bestimmter Arachidon-säure-Metabolite durch Vorbehandlung der Versuchs-tiere mit Dexamethason verhindern (7, 14).

4.1.4.2 Bedeutung von COX-2 in derPathophysiologie des septischen SchocksDie pathophysiologische Bedeutung der vermehrtenBildung von Arachidonsäure-Metaboliten durchCOX-2 beim Endotoxinschock ist nicht genau geklärt,da viele bisher bekannte nichtsteroidale Anti-phlogistika (NSAIDs), wie z.B. Ibuprofen, nichtselek-tive Hemmer von COX-1 und COX-2 sind (17). Zumgegenwärtigen Zeitpunkt gibt es nur eine experimen-telle Studie, in der die Effekte von selektivenHemmern der COX-2-Aktivität beim Endotoxin-schock untersucht wurden. In dieser Studie wurdenzwei selektive Hemmer der COX-2-Aktivität verwen-det, nämlich SC-58635 und NS-398. Bei narkotisiertenRatten führte die Injektion von Endotoxin im Laufevon sechs Stunden zu einem massiven Blutdruckabfall,einer renalen Dysfunktion, einem hepatozellulärenund pankreatischen Schaden sowie einem deutlichenAnstieg der Plasmaspiegel von 6-keto-PGF1α (Prosta-zyklinmetabolit und Indikator für eine Expression vonCOX-2). Vorbehandelte Ratten waren weniger hypo-tensiv, zeigten geringere renale Dysfunktion oderhepatozelluläre und pankreatische Schäden sowie eineweniger ausgeprägte Induktion von COX-2. ImGegensatz dazu führte die vollständige Hemmung derCOX-2-Aktivität mit SC-58635 oder NS-398 weder zueiner Verringerung des Blutdruckabfalls noch des vonEndotoxin verursachten MODS. Diese Ergebnissebelegen eindeutig, daß den von COX-2 gebildetenArachidonsäure-Metaboliten keine entscheidendeBedeutung für die Zirkulationsstörungen und/oderdas MODS beim Endotoxinschock zukommt (12). Essoll an dieser Stelle erwähnt werden, daß der Bildungvon Arachidonsäure-Metaboliten durch COX-2 (zu-mindest im Magen) nicht nur für die Protektion derMukosa gegen schädliche Stimuli, sondern auch beider Angiogenese und bei der Wundheilung einebedeutende Rolle zukommt.

4.1.5 Abschließende Bemerkungen

Es gilt heute als gesichert, daß Sepsis und septischerSchock mit einer vermehrten Bildung der vasoaktiven

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Mediatoren NO, ET-1 und Prostazyklin (und andererArachidonsäure-Metabolite) einhergehen. Die ver-mehrte Bildung von NO (in erster Linie durch iNOS)scheint verantwortlich für die Abnahme des periphe-ren Gefäßwiderstandes und die vaskuläre Hypo-reaktivität auf Katecholamine zu sein. Die ent-scheidende Frage, ob die vermehrte Bildung von NOdie Entwicklung des multiplen Organversagens undder damit verbundenen Mortalität unterstützt, ist nochnicht hinreichend geklärt. ProinflammatorischeZytokine wie TNF und Interleukin-1 bedingen auchdie Expression von COX-2, die für eine vermehrteBiosynthese von Arachidonsäure-Metaboliten beimseptischen Schock verantwortlich gemacht werden.Zur Zeit ist noch wenig über die Bedeutung der vonCOX-2 gebildeten Arachidonsäure-Metabolite in derPathophysiologie des septischen Schocks bekannt.Hochselektive Hemmer dieses Enzyms sind vorkurzem entwickelt worden, und es ist anzunehmen,daß diese Substanzen dazu genutzt werden, dieBedeutung von COX-2 und der von diesem Enzymgebildeten Arachidonsäure-Metabolite in derPathophysiologie der globalen und regionalenZirkulationsstörungen bei Sepsis zu untersuchen. Dermassive Anstieg der Plasmaspiegel von ET-1 beiPatienten mit septischem Schock wird auch durch pro-inflammatorische Zytokine wie TNF und IL-1 vermit-telt. Es ist wahrscheinlich, daß diese vermehrteBildung von ET-1 dem massiven Abfall des peripherenGefäßwiderstandes, der mit dem septischen Schockeinhergeht, entgegenwirkt (günstige Effekte von ET-1). In einigen Gefäßstrombahnen (Mesenterium,Leber, Lunge) führt die Zunahme der ET-1-Bio-synthese allerdings zur exzessiven Vasokonstriktionund wird damit für die in diesen Gefäßregionen beider Sepsis dokumentierten regionalen Zirkulations-störungen zum Teil mit verantwortlich gemacht.

Literatur

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Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 585-592591

Zirkulationsstörungen bei Sepsis

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synthase prevents the circulatory failure, but not the organinjury/dysfunction caused by endotoxin. Shock 1998; in press.

* Zum vertiefenden Literaturstudium besonders empfohlen.

Key-words:Shock, septic;Multiple organ failure;Nitric oxide;Endothelins;Prostaglandins.

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. C. ThiemermannThe William Harvey Research InstituteCharterhouse SquareGB-London EC1M 6 BQ.

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Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 594-599594

Intensivmedizin

4.2.1 Die septische Kardiomyopathie

Häufig unterschätzt und zu wenig beachtet!

Die Schädigung und Funktionsbeeinträchtigung desOrgans "Herz" im Rahmen der Systemerkrankung"Sepsis" wird als "septische Kardiomyopathie" klassi-fiziert. Unterschiedliche Krankheitserreger undVirulenzfaktoren induzieren eine Herzfunktions-einschränkung, charakterisiert einerseits durch einallen Sepsisformen gemeinsames Schädigungsmuster,andererseits durch Erreger- und ToxinspezifischeKomponenten (6, 9, 15).Der SIRS-Kardiomyopathie - der bisher noch wesent-lich weniger präzise formulierten Herzfunktions-einschränkung beim schweren systemischen Inflam-mations-Reaktionssyndrom (SIRS) - dürften ähnlicheSchädigungsmuster wie die der septischen Kardiomyo-pathie zugrunde liegen (6).

4.2.1.1 Die akute septische Kardiomyopathie

Mehr als nur Myokarddepression durch eineneinzelnen kardiodepressiven Faktor!

Bei Sepsis zirkulieren zahlreiche Toxine undMediatoren mit kardiodepressorischen Eigenschaftenim Kreislauf des Patienten: Endotoxin, PseudomonasExotoxin A, Tumornekrosefaktor-α, Interleukin-1,Stickoxid, reaktive Sauerstoffverbindungen und ande-re mehr gehören dazu (Abb. 1) (6, 7, 15). Sie alterierennicht nur das ß-Adrenozeptor-Adenylatzyklase-System, sondern nahezu alle inotropen Signaltrans-duktionskaskaden der Herzmuskelzelle. Demzufolgemuß mit einer Abschwächung der positiv inotropenWirkung nicht nur der ß-Adrenozeptor-Agonisten(16), sondern auch anderer Inotropika gerechnet wer-den (Abb. 1).Die Pumpfunktionseinschränkung des Herzens istnach derzeitigem Kenntnisstand die pathogenetischbedeutsamste Komponente der septischen Kardio-myopathie (9), aber nicht die einzige (Tab. 1): die

gestörte rechtsventrikuläre Pumpfunktion (18), derEinfluß einer superponierten hypoxischen Herz-schädigung, die autonome Dysfunktion, möglicheRhythmusstörungen und der gestörte Herzstoff-wechsel (6, 7) sind weitere zu beachtende und hoffent-lich auch bald besser behandelbare Komponenten derseptischen Kardiomyopathie.Sauerstoffmangel scheint für die septische Kardio-myopathie nicht im Vordergrund zu stehen, wohl abereine Sauerstoffverwertungsstörung des Kardiomyo-zyten. Dafür sprechen der keinesfalls erniedrigte, son-dern auf den Blutdruck bezogen sogar erhöhte koro-nare Blutfluß, die dramatische Einschränkung dermyokardialen Substratverwertung von Glukose undFettsäuren bei Patienten mit septischem Schock (1),die Einschränkung der Mitochondrienfunktion inKardiomyozyten durch Tumornekrosefaktor undInterleukin-1 und die erhöht und nicht erniedrigtgefundenen Sauerstoff-Partialdrücke im Skelett-muskel von Sepsispatienten (15).

4.2.1.2 Die Herzfunktionswerte des Septikers

Die Herzfunktions-Normalwerte des Gesunden sindnicht die Herzfunktions-Normalwerte des Septikers!

Der Schädigung des Herzens wird im Rahmen des sep-tischen MODS häufig keine allzu große Bedeutungbeigemessen, ist doch die Pumpleistung des septischenPatienten im Vergleich zu der des Gesunden scheinbarnicht wesentlich eingeschränkt oder sogar erhöht. Daseigentliche Ausmaß der Schädigung der Herzfunktionwird aber rasch evident, wenn das Herzzeitvolumen inRelation zur in der Sepsis und im septischen Schockstark erniedrigten Nachlast gesetzt wird (Abb. 2): Beieinem im Verhältnis zur Norm (1100 ± 200 dyn x cm-5

x s) auf ein Drittel erniedrigten systemischen Gefäß-widerstand (400 dyn x cm-5 x s) in der Sepsis würde eingesundes Herz Herzindices von 6 - 9 l/min/m2,Schlagvolumenindices von 70-100 ml/m2 und linksven-trikuläre Schlagarbeitsindices von 80-100 g x m/m2

erbringen (15).Diese für die Sepsis spezifischen NachlastbezogenenNormalwerte müssen bei der Beurteilung der Herz-funktion des Septikers zugrundegelegt werden undnicht die des Gesunden!Die Pumpfunktionseinschränkung bei verschiedenenFormen der Gram-negativen, bei der Gram-positivenund bei der Pilzsepsis hat vergleichbare Ausmaße mitmittleren Schlagarbeits-Indexwerten von 40 g x m xm-2 (10).

4.2.1.3 Akute septische Kardiomyopathie undPrognose

Der septische Schock ist in der Regel hyperdynam.Allerdings sind die Herzindexwerte häufig nicht so

4.2 Septische KardiomyopathieSeptic cardiomyopathy

4.2.1 Die septische Kardiomyopathie4.2.1.1 Die akute septische Kardiomyopathie4.2.1.2 Herzfunktionswerte des Septikers4.2.1.3 Akute septische Kardiomyopathie und Prognose4.2.2 Diagnostik und Monitoring der septischen

Kardiomyopathie4.2.3 Therapie der septischen Kardiomyopathie4.2.3.1 Symptomatische Therapie der septischen

Kardiomyopathie4.2.3.2 Toleranzentwicklung unter Katecholamin-

therapie4.2.3.3 Kausale Therapie der septischen Kardiomyo-

pathie und VaskulopathieLiteratur

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Septische Kardiomyopathie

Abbildung 1: Kardiodepression in der Sepsis – Resultate der Beeinträchtigung mehrerer inotroper Signaltransduktionswege.

Die Mechanismen der kontraktilitätsabschwächenden Wirkung der in diesem Schema aufgeführten Substanzen sind im Tier- undZellexperiment aufgeklärt:IL 1 = Interleukiin-1; IFNγ = Interferon γ; TNF-α = Tumornekrosefaktor-α; CDF = kardiodepressiver Faktor; NO = Stickoxid;cGMP = zyklisches Guanosinmonophosphat; ß-AR = ß-Adrenorezeptor; G Prot. = Guaninnukleotid-bindende Proteine;AC = Adenylatzyklase; IP3 = Inositoltriphosphat. Aus (7, 15).

Tabelle 1: Charakteristika der akuten septischen Kardiomyopathie

♥ Myokarddepression♦ Bezogen auf den erniedrigten systemischen Gefäßwiderstand:

⇒ inadäquat gesteigerter Herzindex ⇒ inadäquat gesteigerter links- und rechtsventrikulärer Schlagvolumenindex⇒ inadäquat gesteigerter links- und rechtsventrikulärer Schlagarbeitsindex⇒ inadäquat gesteigerte links- und rechtsventrikuläre Auswurffraktion

♦ Sowohl regionale als auch globale Kontraktionsstörungen♦ Sowohl Kontraktions- als auch Relaxationsstörungen

♥ Herz gegebenenfalls erheblich dilatiert

♥ Zunahme der Ventrikelcompliance

♥ Koronarien dilatiert, Blutdruck-bezogen: Koronarfluß hoch

♥ Ggf. rechtsventrikuläre Dysfunktion infolge pulmonaler Hypertonie bei ARDS; die rechtsventrikuläre Dilatation und die Abnahme der Auswurffraktion können die linksventrikuläre Pumpfunktion weiter einschränken (Abnahme des linksventri-kulären Füllungsdruckes; mechanische Beeinträchtigung des linken Ventrikels infolge eines Kammerseptumshiftsnach links)

♥ Superponierte hypoxische Herzschädigung bei manifestem Schock, insbesondere bei koronarer Herzkrankheit

♥ Störungen des Herzstoffwechsels

♥ Autonome Dysfunktion (eingeschränkte Herzfrequenzvariabilität)

♥ Rhythmusstörungen?

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hoch wie sie für diese Definition gefordert werden(Herzindex > 5,5 l x min-1 x m-2; systemischerGefäßwiderstand ≤ 600 dyn x cm-5 x s). Ein hypodyna-mer septischer Schock (Herzindex < 2,5 l x min x m-2;systemischer Gefäßwiderstand ≥ 1200 dyn x cm-5 x s)(15) ist eher selten. Er findet sich bei nicht ausreichen-der Volumensubstitution und noch vorhandenerGefäßreagibilität sowie bei sehr ausgeprägter septi-scher Kardiomyopathie, vor allem in der Spätphasedes septischen Schocks. Als günstig werden ein hoherlinksventrikulär-enddiastolischer Volumenindex undeine dementsprechend niedrige Auswurffraktion desHerzens in der Akutphase angesehen (9).Bei Progredienz der Herzinsuffizienz ist die Prognoseallerdings ungünstig: Je ausgeprägter sich dieMyokard-Depression und die Vasodilatation einesPatienten mit septischem Schock darstellt, um sogrößer ist die Gefahr des Versterbens. 10 % allerSepsis-Todesfälle sind auf ein therapierefraktäresHerzversagen zurückzuführen; bei 40 % ist es dastherapierefraktäre Kreislaufversagen und bei 50 %das irreversible Multiorganversagen (9).

4.2.2 Diagnostik und Monitoring derseptischen Kardiomyopathie

Bei jedem Patienten mit drohender oder manifesterSepsis sollte die septische Kardiomyopathie hinsicht-lich Schweregrad, funktioneller Relevanz und des

Vorliegens kardialer Begleiterkrankungen charakteri-siert werden (Tab. 2).Zur Schweregradbestimmung der Myokarddepressionsiehe Tabelle 2 (6, 15).Im Gegensatz zur gut dokumentierten Myokard-depression liegen zum Auftreten von Rhythmus-störungen bei Sepsis nur wenige Informationen vor(11). In Anbetracht der nicht geringen Inzidenz anRhythmusstörungen bei Sepsispatienten ist ein24-Stunden-Langzeit-EKG zur Objektivierung zusätz-lich zum EKG-Monitoring durchaus empfehlenswert.Eine eingeschränkte Herzfrequenzvariabilität alsAusdruck einer autonomen Dysfunktion mit Verlustder Balance von Sympathicus- und Parasympathicus-Aktivität geht bei kritisch Kranken mit einer mehrfacherhöhten Letalität einher und korreliert mit demSchweregrad der Erkrankung. Eine reversibleHerzfrequenzstarre läßt sich auch bei gesundenProbanden durch Endotoxinapplikation auslösen (3).Eine Einschränkung der Herzfrequenzvariabilität fin-det sich weiterhin auch bei MODS-Patienten mit undohne Sepsis, Abb. 3 (4, 14).Besonderes Interesse verdienen diese Befunde des-halb, weil der progrediente Verlust der nerval-humoralvermittelten Organ-Interaktion ("Entkopplung biolo-gischer Oszillatoren") ein wesentlicher, prognosebe-stimmender Risikofaktor bei der Entwicklung einesMODS sein könnte (2).Die funktionelle Relevanz der septischen Kardio-myopathie ist um so schwerwiegender, je ausgeprägter

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 594-599596

Intensivmedizin

K

Systemischer Gefäßwiderstand ( dyn x cm-5 x s )

1100 900 700 500 3000

5

10

15

20

25Septischer Schock

Sepsis

Sepsis-Kardiodepressiondurch

Katecholamine (Exzeß)ToxineMediatorenCDF

Her

zzei

tvol

umen

( l/

min

)

Abbildung 2: Myokarddepression in der Sepsis.

Zur Aufrechterhaltung eines arteriellen Mitteldrucks von 90 mm Hg (bei einem rechtsatrialen Druck von 10 mm Hg) wäre bei zuneh-mender Vasodilatation (Abfall des systemischen Gefäßwiderstandes; Normbereich 1100 ± 200 dyn x cm-5 x s) der errechneteAnstieg des Herzzeitvolumens (o-o) erforderlich, welcher von einem gesunden Herzen auch erbracht werden kann. Die tatsäch-lich in der Sepsis gemessenen Herzzeitvolumina liegen jedoch in der Regel niedriger (—); mögliche Erklärungen dafür sind kardio-depressive Effekte durch hohe Katecholaminkonzentrationen, Bakterientoxine, Sepsismediatoren und den kardiodepressivenFaktor (CDF). K = Katecholamintherapie zur Blutdruckstabilisierung. Nach (7, 15).

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die Perfusion und damit die Funktion anderer Organein der Sepsis und im MODS bereits beeinträchtigt ist:Sepsis / SIRS / CARS / MARS > sepsisinduzierteHypotonie / MODS / schwere Sepsis > septischerSchock > refraktärer septischer Schock.Kardiale Begleiterkrankungen (Tab. 2) können dieMyokarddepression der septischen Kardiomyopathieüberlagern und aggravieren: Klappen- und Shunt-vitien, dilatative und hypertrophische Kardiomyo-pathie, dekompensiertes Hochdruckherz, Endo-/

Myo-/Perikarditis im Rahmen einer infektiösenHerzerkrankung. Quantitativ die größte Rolle spieltdas Zusammentreffen von septischer Kardiomyo-pathie und koronarer Herzkrankheit (12) mit Überla-gerung der septisch bedingten Myokarddepressiondurch die Myokardischämie und möglicherweisedurch eine infarktbedingte Myokardfunktions-einschränkung. Das bei Vasodilatation gesteigerteHerzzeitvolumen erfordert einen höheren myokardia-len O2-Verbrauch, der trotz septisch bedingter

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 594-599597

Septische Kardiomyopathie

Tabelle 2: Einschätzung der septischen Kardiomyopathie

⇒ Schweregrad der septischen Kardiomyopathie?→ Myokarddepression?→ Volumenmangel?→ Rhythmusstörungen?→ autonome Dysfunktion?

⇒ Funktionelle Relevanz der septischen Kardiomyopathie?→ Sepsis/SIRS/CARS/MARS - sepsisinduzierte Hypotonie / MODS / schwere Sepsis

- septischer Schock- refraktärer septischer Schock?

⇒ Vorliegen kardialer Begleiterkrankungen?→ Koronare Herzkrankheit: Myokardischämie, Kontraktilität ⇓, "steifer Ventrikel"→ Mitralstenose: Cave Lungenstauung (PCWP > LVEDP); häufig Vorhofflimmern→ Aortenstenose: fehlende HZV-Kompensation bei Nachlastsenkung→ Mitral-, Aorteninsuffizienz: septische SVR-Abnahme senkt Regurgitationsanteil→ Kardiomyopathie, dekompensiertes Hochdruckherz: Kontraktilität ⇓→ Kardiogener Schock: SVR ⇑⇑, HI ⇓⇓→ Vorhofflimmern: teils beträchtliche Abnahme des Herzindex (vor allem bei tachykardem Vorhofflimmern)!→ Rechtsherzschädigung bei hochgradigen Lungenerkrankungen

a ) Kon t ro lle b ) n ic ht - s e p t is c he s M ODS c ) s e p t is c he s M ODS

Abbildung 3: Herzfrequenzvariabilitätsanalyse als Methode zur Beurteilung der Balance/Dysbalance des autonomen Nerven-systems.

Das Herzfrequenz (RR)-Intervall (Abszisse) aus dem 24-Stunden-EKG eines Patienten ohne MODS ist im Vergleich zu Patientenmit septischem bzw. nicht-septischem MODS aufgetragen (Ordinate: Häufigkeit des betreffenden RR-Intervalls).Das Frequenzspektrum des Patienten ohne MODS ist als Ausdruck einer erhaltenen zirkadianen Rhythmik mehrgipflig und umfaßteinen breiten Frequenzbereich. Im Gegensatz dazu sind die Frequenzspektren der Patienten mit septischem und nicht-septischemMODS schmal und eingipflig, die Frequenzvariabilität ist deutlich reduziert. Nach (4,14).

a) Kontrolle b) nicht-septisches MODS c) septisches MODS

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Koronardilatation und hohen Koronarflusses (1) beifixierten Koronarstenosen zur Verstärkung einerregionalen Myokardischämie führen kann. Eine lau-fende antianginöse Therapie mit ß-Blockern, Nitratenund Kalziumantagonisten kann wiederum die labileHerz-Kreislauf-Situation des Septikers verschlim-mern. Hinzuweisen ist auf die erhöhte Volumen-empfindlichkeit des "steifen Ventrikels" des Koronar-kranken, was bei der Volumensubstitution rascher alserwartet zu einer ausgeprägten Lungenstauung führenkann.

4.2.3 Therapie der septischenKardiomyopathie

Die Behandlung der Herzschädigung in der Sepsismuß sich in ein Gesamtkonzept einordnen, das diezusätzlichen Störungen im Bereich der Makro- undMikrozirkulation sowie auf Organebene mit berück-sichtigt. Die Therapie der septischen Kardiomyopathieist derzeit noch überwiegend symptomatisch undbesteht in der initialen Flüssigkeitszufuhr mit - fallserforderlich - nachfolgender Katecholamintherapie.Mit zunehmendem Verständnis der Ursachen der aku-ten septischen Kardiomyopathie zeichnen sich jedochbereits auch Ansätze einer kausaleren Behandlungs-weise ab.

4.2.3.1 Symptomatische Therapie der septischenKardiomyopathie

Siehe Kapitel 4.3.

4.2.3.2 Toleranzentwicklung unter Katecholamin-therapie

Hohe Plasma-Noradrenalinspiegel, wie sie bei höher-gradiger Herzinsuffizienz und auch bei Sepsis auftre-

ten, führen zur Downregulation der myokardialen ß1-Adrenozeptoren und damit zur Abschwächung derpositiv inotropen Katecholaminwirkung. DieseDesensibilisierung wird auch bei der septischenKardiomyopathie, im septischen Schock ausgeprägterals bei Sepsis (16), beobachtet. Sie gilt für alle via ß1-Adrenozeptor-Stimulation wirkenden Inotropika ingleichem Maße und sie läßt sich zumindest partielldurch eine Steigerung der Dosierung ausgleichen (13).Neben dieser Katecholamin-Toleranzentwicklung amHerzen muß bei septischer Kardiomyopathie ganzgenerell aber auch mit einer Toxin- und Mediator-induzierten Abschwächung positiv inotroperPharmaka gerechnet werden (Abb. 1).Auch die Gefäße werden in der Sepsis gegenüber denvasokonstriktorischen α-Sympathomimetika zuneh-mend refraktär, hervorgerufen durch das übermäßiggebildete Stickoxid (NO) und aufhebbar durchHemmer der Stickoxidsynthase (NOS). Möglicher-weise bewirken Endotoxin und Interleukin-1ß inGefäßmuskelzellen innerhalb von Stunden eineTachyphylaxie der Guanylatzyklase gegenüber NOund verursachen so eine partielle Selbstlimitierung derNO-vermittelten exzessiven Vasodilatation (8).

4.2.3.3 Kausale Therapie der septischen Kardio-myopathie und Vaskulopathie

Kausale Therapieansätze der septischen Kardiomyo-pathie und Vaskulopathie stecken noch in denAnfängen (15, 17). Sie haben zum Ziel, im Rahmen desGesamtkonzeptes der Sepsis-Therapie die zurHerzfunktionseinschränkung und Vasodilatationführende Schädigungskaskade zu unterbrechen, undzwar durch Neutralisierung, Antagonisierung undEliminierung der involvierten Bakterientoxine undSepsismediatoren. Eine Ergebnisauswahl und subjek-tive Wertung publizierter Daten - überwiegendFallbeobachtungsberichte und nicht-Placebo-kontrol-

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 594-599598

Intensivmedizin

Tabelle 3: Ansätze einer kausalen Therapie der septischen Kardiomyopathie und Vaskulopathie

HI LVSWI RVSWI SVR PVR

Endotoxin-AK (CentoxinR) ± ±/↓ ±TNF-a-Antikörper ± ±/↑ ±/↑Hämofiltration ± ± ± ↑ ±Plasmapherese ± ± ±Immunglobulin G ± ± ±Glukokortikoide/Hydrocortison ±/↓ ± ↑NO-Inhibitoren ±/↓ ±/↓/↑(transient) ± ↑ ↑Methylenblau ± ↑ ↑ ↑Pentoxifyllin ± ± ± ± ±C1-Inhibitor (↑) (↑)zum VergleichNoradrenalin ↑ ↑ ↑ ↑ ±

HI = Herzindex; LVSWI = linksventrikulärer Schlagarbeitsindex; SVR = systemischer Gefäßwiderstand; PVR = pulmonaler Gefäßwiderstand. Nach (6, 7, 15, 17)

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lierte Studien mit geringen Patientenzahlen - findetsich in Tabelle 3. Diese Behandlungsversuche zeigen zugegebenermaßen noch nicht die erhofftenErgebnisse und gehören deshalb derzeit noch nichtzum Repertoire der Standardtherapie der Sepsis;selbst die wegen des akuten Nierenversagens häufigpraktizierte Hämo(dia)filtration wird nicht primärwegen der Toxin- und Mediatorelimination, sondernwegen des Nierenversagens durchgeführt (5).

Literatur

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Key-words:Schock, septic;Multiple organ failure;Heart failure, congestive.

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. K. WerdanUniversitätsklinik und Poliklinik fürInnere Medizin IIIMartin-Luther-Universität Halle-WittenbergErnst-Grube-Strasse 40D-06120 Halle.

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Septische Kardiomyopathie

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4.3.1 Einleitung

Empfehlungen zum Umgang mit Katecholaminen imRahmen der Sepsis-Therapie sind nur sinnvoll, wenngleichzeitig die Zielkriterien definiert und Vorschlägezur Erfolgskontrolle gegeben werden. Das folgendeKapitel wird deshalb zunächst Monitoring-Parameter -klinisch gebräuchliche, aber auch in Erprobungbefindliche - vorstellen. Ferner sollen die Kriterienbenannt werden, anhand derer eine hämodynamischeTherapie bei Sepsis ausgerichtet sein sollte. UnterBeachtung dieser Zielkriterien lassen sich dann dieklinisch gebräuchlichen Katecholamine bewerten undTherapiekonzepte entwickeln.

4.3.2 Monitoring

Die Frage, welche Monitoringverfahren bei septischenPatienten zur Anwendung kommen sollen, wird sehrkontrovers diskutiert. Dies trifft insbesondere für daserweiterte hämodynamische Monitoring - Pulmonal-arterienkatheter, transpulmonale Indikatorverdün-nung, Echokardiographie - zu. Bis heute haben wirkeine Antwort darauf, ob der Einsatz dieser Verfahrendie Inzidenz des Auftretens von Organdysfunktionensenken oder gar die Sterblichkeit reduzieren kann undob eines dieser Verfahren den anderen überlegen ist.Im folgenden Kapitel wird aufgezeigt, mit welchenMonitoringverfahren die wesentlichen hämodynami-schen Fragestellungen in der Sepsistherapie beantwor-tet werden können.

4.3.2.1 MonitoringverfahrenWelche hämodynamischen Fragestellungen könnenmit welchen Parametern beantwortet werden? WelcheMonitoringverfahren sind hierfür notwendig?

4.3.2.2 PulmonalarterienkatheterDer Pulmonalarterienkatheter erlaubt mittels Ther-modilution eine diskontinuierliche und mit neuerenSystemen auch eine kontinuierliche Bestimmung desHZV. Ferner können die pulmonalarteriellen Druckesowie der PCWP gemessen werden. UnterVerwendung eines Fiberoptikkatheters kann darüberhinaus die SvO2 kontinuierlich überwacht werden. Einspezieller Katheter (REF-PAK) erlaubt die Messungder rechtsventrikulären enddiastolischen Füllung undEjektionsfraktion.Die viel diskutierte Studie von Connors et al. (9), dieeinen vermeintlichen ungünstigen Effekt desPulmonalarterienkatheters auf die Letalität gezeigthat, ist sicher nicht geeignet zu klären, ob bei Patientenmit Sepsis ein Pulmonalarterienkatheter zurTherapiesteuerung benutzt werden sollte. AktuelleEmpfehlungen zum Einsatz des Pulmonal-arterienkatheters sind in einer Konsensus-Konferenzerarbeitet worden (63). Eine adäquate Ausbildungeinschließlich der korrekten Interpretation der erhal-tenen Meßdaten ist eine Grundvoraussetzung zurAnwendung eines Pulmonalarterienkatheters (19).Auf einige Einschränkungen muß jedoch hingewiesenwerden: zur Abschätzung der myokardialen Vorlasteinen definitiven Wert für einen anzustrebendenPCWP anzugeben, ist nicht sinnvoll. Der Einfluß einerPEEP-Beatmung und der Einfluß von Vasopressorenist groß und individuell nicht vorhersehbar, so daß ver-sucht werden sollte, für jeden Patienten den PCWPanzustreben, der mit dem größtmöglichen HZV ein-hergeht.Weiterhin ist bei Patienten, bei denen der Verdacht aufeine pathologische Erhöhung der rechtskardialenNachlast besteht, die Messung der pulmonalarteriellenDrucke sinnvoll.

4.3.2.3 Transpulmonale IndikatordilutionEine Alternative zum erweiterten hämodynamischenMonitoring mittels Pulmonalarterienkatheters stelltdie transpulmonale Doppelindikatordilution dar.Wichtige hämodynamische Größen wie Herzzeit-volumen, systemischer Gefäßwiderstand und Sauer-stoffverfügbarkeit sind auch mit dieser Technik erfaß-bar. Ein Vorteil ist jedoch in der geringeren Invasivitätdieser Technik zu sehen, da lediglich ein arteriellerKatheter (3F oder 4F) erforderlich ist.Mit der Messung des intrathorakalen Blutvolumens(ITBV) ist es definitionsgemäß möglich, direkt dasVolumen des kleinen Kreislaufs und des gesamtenHerzens zu erfassen. Durch das gleichzeitige Erfassendes extravaskulären Lungenwassers (EVLW) kanndem Auftreten eines pulmonalen Oedems mit einerzurückhaltenden Volumentherapie rechtzeitig begeg-net werden (90).Auch diese Methode setzt eine adäquate Ausbildungder Anwender voraus! Prognose-korrelierte Studien

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Hämodynamische Stabilisierung

4.3 Hämodynamische Stabilisierung in der SepsisHaemodynamic stabilisation in sepsis

4.3.1 Einleitung4.3.2 Monitoring4.3.2.1 Monitoringverfahren4.3.2.2 Pulmonalarterienkatheter4.3.2.3 Transpulmonale Indikatordilution4.3.2.4 Echokardiographie4.3.2.5 Herzfrequenzvariabilität4.3.2.6 Lebervenenkathetertechnik4.3.2.7 Gastrale Tonometrie4.3.2.8 MEGX-Test4.3.3 Hämodynamische Zielkriterien4.3.4 Hämodynamische Differentialtherapie4.3.4.1 Katecholamine4.3.4.1.1 Dobutamin4.3.4.1.2 Noradrenalin4.3.4.1.3 Adrenalin4.3.4.1.4 Dopamin4.3.4.1.5 Dopexamin4.3.4.2 Phosphodiesterasehemmer4.3.5 Konzept zur hämodynamischen Therapie

Literatur

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exisiteren für dieses Verfahren genausowenig wie fürden Einsatz des Pulmonalarterienkatheters!

4.3.2.4 EchokardiographieDie transthorakale und transösophageale Echokardio-graphie (TTE und TEE) erlauben die Bestimmung derenddiastolischen und endsystolischen Durchmesserund damit der Herzvolumina und Pumpfunktions-parameter. Darüber hinaus erhält man mit dieserMethode wertvolle Informationen über kardialeBegleiterkrankungen.

Die Methode ist nur diskontinuierlich einsetzbar; siesetzt ein hohes Maß an Ausbildung beim Untersuchervoraus.

4.3.2.5 HerzfrequenzvariabilitätEine eingeschränkte Herzfrequenzvariabilität alsAusdruck einer autonomen Dysfunktion mit Verlustder Balance der Sympathicus- und Parasympathicus-Aktivität geht bei kritisch Kranken mit einer erhöhtenLetalität einher und korreliert mit dem Schweregradder Erkrankung. Eine reversible Herzfrequenzstarre läßt sich auch bei gesunden Probanden durch

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Intensivmedizin

Tabelle 1: Hämodynamische Parameter und Monitoringverfahren

Fragestellung Parameter Monitoringverfahren

Volumenstatus ZVD ZVKPCWP PAKITBV / EVLW TPIDEDA (ED-Fläche) TEE / TTEEDV (linker/rechter Ventr.) REF-PAK, TEE / TTE, TPID

Herzzeitvolumen HZV PAK (kontinuierlich und diskontinuierlich)TPID (diskontinuierlich) Pulskontur (kontinuierlich) (1)

Myokardiale Funktion HI / SVR PAK, TPIDLV-Wandbewegung (regional u. TEE / TTEglobal), Klappenfunktion D SD, DA, EF TEE / TTESVI, LVSWI, RVSWI TEE / TTECFI TPID

Rechtskardiale Nachlast PVR, PAP PAK, TEE / TTE

Linkskardiale Nachlast SVR, MAP PAK, TPID, art. Druckmessung

Rhythmus SVES, VES, VF, HF EKG-Monitoring (Langzeitregistrierung)

Autonome Funktion Herzfrequenzvariabilität (2) EKG-Monitoring (Langzeitregistrierung)

Sauerstoffangebot DO2 PAK, TPID

Sauerstoffverbrauch VO2 PAK, indirekte Kalorimetrie

Verhältnis von O2-Angebot zu SvO2 (3) Fiberoptik-PAK (kontinuierlich), PAK ohneVerbrauch (DO2 / VO2) Fiberoptik (diskontinuierlich)

Lebervenenblutfluß HBF Lebervenenkathetertechnik

Lebervenöse O2-Sättigung SvO2 hep Lebervenenkathetertechnik

Magenmukosaperfusion rCO2 (pHi) Tonometrie (kontinuierlich, diskont.)

Leberfunktionstests MEGX / ICG t1/2 Blutentnahme

1. Die HZV-Messung mittels Puls-Konturanalyse ist bisher überwiegend im perioperativen Bereich validiert worden, Daten fürden Intensivbereich fehlen weitestgehend

2. Eine deutliche Einschränkung der Herzfrequenzvariabilität bei kritisch Kranken geht mit einer erhöhten Letalität einher.Die praktische Relevanz dieses Parameters wird derzeit evaluiert (28, 71)

3. Relative Veränderungen der SvO2 gehen in der Regel mit entsprechenden Veränderungen der ScO2 einher

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Endotoxinapplikation auslösen. Eine Einschränkungder Herzfrequenzvariabilität findet sich auch beiMODS-Patienten mit und ohne Sepsis. Besonderes Interesse verdienen diese Befunde deshalb, weil derprogrediente Verlust der nerval-humoral vermitteltenOrgan-Interaktion ("Entkopplung biologischer Oszil-latoren") ein wesentlicher, prognosebestimmenderRisikofaktor bei der Entwicklung eines MODS seinkönnte (28, 71) (vgl. Kapitel 4.2).

4.3.2.6 LebervenenkathetertechnikZur Messung der lebervenösen Sauerstoff-Sättigungund des "Splanchnikusblutflusses" wurde in einerReihe von klinischen Untersuchungen ein Katheter ineine Lebervene eingelegt.Ein klinischer Stellenwert der SvO2hep im Sinne einerprognostischen Aussagekraft konnte bislang lediglichim Rahmen leberchirurgischer Eingriffe demonstriertwerden, bei denen Patienten mit einem länger beste-henden (> 50 Min.) Abfall der SvO2hep eine höhereInzidenz eines postoperativen Leberversagens undeine höhere Letalität hatten (32).In der klinischen Routine hat sich diese Methode bis-lang nicht durchsetzen können. Die Bezeichnungen"Leberblutfluß" oder "Splanchnikusblutfluß" sindirreführend, denn ein Monitoring lebervenösen Bluteskann immer nur eine globale Information über alle viaLebervenen drainierten Organe liefern. Änderungender Verteilung des Blutflusses auf verschiedeneOrgane des Splanchnikusgebietes, auf der Ebene derMikrozirkulation und des Verhältnisses des arteriellenzum portalvenösen Zufluß zur Leber können nichterkannt werden.Der Farbstoff Indozyaningrün (ICG) wird ausschließ-lich hepatisch eliminiert und kann deshalb zurBestimmung des lebervenösen Blutflusses anhand derFormel:

lebervenöser Blutfluß= ICG-Extraktion / ICG-Clearance

genutzt werden. Während die ICG-Clearance aus demVerlauf der ICG-Konzentration im periphervenösenBlut berechnet werden kann, ist die ICG-Extraktionnur mit Kenntnis der lebervenösen ICG-Konzen-tration zu bestimmen, d.h., daß die Anlage einesLebervenenkatheters zwingend notwendig ist. Auf dieMessung der ICG-Extraktion zu verzichten und einenvon gesunden Probanden bekannten Normalwert fürdie ICG-Extraktion zu verwenden, ist bei kritischKranken nicht zulässig, da hier mit einer erheblich ver-änderten ICG-Extraktion gerechnet werden muß (85).Im Rahmen des Monitorings der Organfunktion beikritisch kranken Patienten hat sich die ICG-Clearanceals zuverlässiger Parameter zur frühen Erkennungeiner eingeschränkten Leberfunktion erwiesen (7). Sokonnte gezeigt werden, daß eine eingeschränkteLeberfunktion bei Patienten nach schwerem Traumaanhand einer verringerten ICG-Clearance sichererkannt wird, wobei bei diesen Patienten ursächlicheine Verringerung der ICG-Extraktion und nicht eineMinderperfusion der Leber vorlag (20). Darüber hin-

aus ist bekannt, daß die ICG-Clearance mit der Über-lebensrate kritisch kranker Patienten einer operativenIntensivstation korreliert (35). Bereits zwei Tage vorVerlegung bzw. Versterben von Patienten mit SIRSwar die ICG-Clearance bei überlebenden Patientenstatistisch signifikant höher als in der Gruppe derPatienten, die im weiteren Verlauf verstarben, wobeisich die Serum-Bilirubinwerte hingegen zu keinemZeitpunkt unterschieden (40).

4.3.2.7 Gastrale Tonometrie (rCO2 / pHi)In einer Reihe von Untersuchungen konnte gezeigtwerden, daß die Methode der gastralen Tonometriebzw. der mit dieser Methode bestimmte pHi mit derLetalität von kritisch Kranken korreliert (13, 21, 25)und daß der pHi zur Prognoseabschätzung Parameternder globalen Hämodynamik überlegen ist (16, 48, 51).Bei Patienten, die bei Aufnahme auf dieIntensivstation einen pHi im Normbereich aufwiesen,zeigte die Post-hoc-Analyse einer Multicenterstudiesogar, daß eine Therapie, die zum Ziel hat, den pHi

nicht abfallen zu lassen, und die auf einen gesunkenenpHi sofort reagiert, im Vergleich zu herkömmlichenTherapiestandards mit einer geringeren Letalität ein-hergeht (23).Dennoch wurden in den letzten Jahren an dieserMethode Einwände geäußert. Diese beziehen sich imwesentlichen auf die zum Äquilibrieren verwandtenPufferlösungen, auf die zur Bestimmung des pCO2 ver-wandten Blutgasanalysegeräte, auf die Bedeutung derarteriellen Bikarbonatkonzentration zur Berechnungdes pHi und auf die Notwendigkeit der Gabe von H2-Blockern.

Obwohl die Methode der gastralen Tonometrie primärmit physiologischer Kochsalzlösung gearbeitet hat, istNaCl 0,9% aufgrund der relativ geringen Bindungs-kapazität für CO2 ein eher ungünstiges Lösungs-medium. In verschiedenen Untersuchungen konntegezeigt werden, daß durch Verwendung einesPhosphat-Puffers die Genauigkeit der Methode ver-bessert werden kann (37, 79). Ferner konnte gezeigtwerden, daß verschiedene Blutgasanalysegeräte denpCO2 in NaCl mit unterschiedlicher Genauigkeitbestimmen (38, 79). Eine primäre Kritik an derBerechnung des pHi war, daß durch die Einbeziehungder arteriellen Bikarbonatkonzentration auch eineVariable des systemischen Säure-Basen-Statusbestimmt wird (5, 70) und nicht zwingend davon aus-gegangen werden kann, daß die mukosaleBikarbonatkonzentration auch tatsächlich der arteriellgemessenen Bikarbonatkonzentration entspricht.Diese Kritik hat heute dazu geführt, daß die eigent-liche Berechnung des pHi zunehmend verlassen wirdund der pCO2 bzw. die Differenz zwischen paCO2 undregionalem pCO2 betrachtet wird (24, 39). In den letz-ten Jahren konnte gezeigt werden, daß davon ausge-gangen werden muß, das ein erniedrigter pHi bzw. einerhöhter pCO2 der Magenmukosa im Sinne einer loka-len Azidose aufgrund einer eingeschränkten CO2-Auswaschung interpretiert werden muß und somit in

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Hämodynamische Stabilisierung

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erster Linie ein Indikator für eine mukosaleMinderperfusion ist (35, 69, 82).

4.3.2.8 MEGX-TestMEGX (Monoethylglycinexylidid) entsteht beim oxy-dativen Abbau von Lidocain durch das hepatischeCytochrom p-450 System. Nach Injektion vonLidocainhydrochlorid in einer Dosis von 1mg/kgKGwerden zu genau definierten Zeitpunkten (in derRegel nach 15 und 30 Minuten) Blutproben entnom-men und unter Anwendung eines Immunfluoreszenz-Polarisations-Tests die MEGX-Konzentration be-stimmt. Der MEGX-Test ist ein etablierter Test imRahmen der Transplantationschirurgie zur Ein-schätzung des Lebertransplantates (60, 61), aber auchbei nicht lebertransplantierten Patienten ist derMEGX-Test ein zuverlässiges Verfahren zurEinschätzung der Leberfunktion; er ist anderenLaborparametern, wie z.B. dem Serumbilirubin, in derFähigkeit, eine eingeschränkte Leberfunktion zuerkennen, überlegen (42, 53). Dennoch darf nichtübersehen werden, daß der MEGX-Test kein Maß fürden Leberblutfluß ist (6, 65).

4.3.3 Hämodynamische Zielkriterien

Das früher geltende Konzept, im Rahmen derSepsistherapie ein möglichst hohes globales Sauer-stoffangebot anzustreben, und die Entwicklung diesesKonzeptes in den letzten Jahren zeigen eindrucksvollauf, wie schnell therapeutische Konzepte durch neueEinblicke in die pathophysiologischen Zusam-menhänge und durch Studien zur Überprüfung dieserKonzepte die Wertigkeit therapeutischer Zielkriterienverändern können. Insbesondere die Erkenntnis, daßdie Sepsis nicht nur eine Erkrankung derMakrohämodynamik, sondern auch mit erheblichenVeränderungen auf der Ebene der regionalenZirkulation einhergeht, führt konsequenterweise dazu,daß die Perfusion und Oxygenierung verschiedenerOrgane bzw. Organsysteme in den Mittelpunkt thera-peutischer Strategien rückt.Grundsätzlich muß auch betont werden, daß bereitseinfache klinische Kriterien bzw. einfache Parameterwie arterieller Blutdruck, Herzfrequenz und Urin-ausscheidung, die in der Regel bei jedem Patientenauf der Intensivstation erhoben werden, wichtigeInformationen für die Steuerung der Therapie beiSepsis geben können. Zeichen der Kreislauf-zentralisation - ein erniedrigter arterieller Blutdruck,eine erhöhte Herzfrequenz und eine verringerteUrinausscheidung - sind häufig Zeichen einesVolumenmangels. Eine deutlich erniedrigte zentral-venöse O2-Sättigung (< 60% bei Abnahme aus deroberen Hohlvene) kann ein Zeichen für eine massiveErniedrigung des Herzzeitvolumens sein. Insbe-sondere wenn sich die genannten Parameter nachVolumengabe normalisieren, darf davon ausgegangenwerden, daß ein Volumenmangel vorlag und die

Volumengabe eine sinnvolle therapeutische Maß-nahme war.Im folgenden sollen deshalb sowohl sinnvolleZielkriterien im Rahmen eines Basismonitoringssowie Zielkriterien, die ein erweitertes hämodynami-sches Monitoring erfordern, vorgestellt werden.Aufgrund der pathophysiologischen Veränderungenbei Sepsis, die durch eine periphere Vasodilatation zueinem relativen und durch ein "capillary leak" zueinem absoluten Volumenmangel führen, liegt beiPatienten mit Sepsis in aller Regel ein ausgeprägterVolumenbedarf vor. Die Flüssigkeitsmengen, die inder Akutphase infundiert werden müssen, könnenmehrere Liter betragen. Eine Unterschätzung diesesVolumenbedarfs und damit eine nicht ausreichendeVolumensubstitution ist vermutlich einer der häufig-sten Fehler in der primären hämodynamischenStabilisierung von Patienten mit Sepsis.Grundlegendes Prinzip der Volumentherapie muß dieOptimierung der myokardialen Vorlast sein, das heißt,es sollte solange Volumen appliziert werden, bis diesnicht mehr mit einer weiteren Steigerung desHerzzeitvolumens einhergeht bzw. eine Verschlech-terung des pulmonalen Gasaustausches eintritt.Die Frage, ob kolloidale oder kristalloide Flüssig-keiten verabreicht werden sollten, ist nach wie vornicht geklärt. Große prospektive Studien zu diesemThema fehlen, drei Metaanalysen konnten keine ein-deutigen Unterschiede (2, 88) zwischen beidenSubstanzklassen bzw. einen leichten Vorteil vonKristalloiden aufzeigen (68). Der sehr kostenintensiveEinsatz von Humanalbumin als Volumenersatzmittelist sicherlich nicht gerechtfertigt, zumal in einer kürz-lich erschienenen Metaanalyse verschiedener rando-misierter und kontrollierter Studien gezeigt wurde,daß der Einsatz von Humanalbumin mit einer erhöh-ten Letalität assoziiert ist (66). Letztendlich scheinteine adäquate Volumensubstitution, d.h. die Mengedes zugeführten Volumens, wichtiger als die Frage,welches Volumenersatzmittel zugeführt wird (15).Das Konzept, das globale O2-Angebot primär alsZielparameter in der Kreislauftherapie der Sepsisanzusehen und ein möglichst hohes O2-Angebot zuerzielen, muß kritisch hinterfragt werden.Als gesichertdarf gelten, daß Patienten, die im Rahmen einer Sepsisin der Lage sind, einen sogenannten "hyperdynamenKreislauf" mit erhöhtem O2-Angebot zu entwickeln,eine bessere Prognose haben als Patienten, die - in derRegel aufgrund einer kardialen Vorerkrankung - hier-zu nicht in der Lage sind (74, 83, 84). Einen hyperdy-namen Kreislauf im Rahmen der Volumentherapieanzustreben - im Sinne einer Optimierung der kardia-len Vorlast - ist sicherlich sinnvoll, ihn aber durch denhochdosierten Einsatz von Katecholaminen erzwingenzu wollen, scheint nicht nur ohne Effekt (17, 30), son-dern unter Umständen auch kontraproduktiv (27).Bei der Frage, welcher arterielle Perfusionsdruck fürverschiedene Organe als adäquat angesehen werdenkann, müssen Vorerkrankungen wie Hypertonus undarterielle Verschlußkrankheit berücksichtigt werden.Daten aus großen Multicenterstudien an septischenPatienten zeigen, daß in der Praxis der arterielle

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Intensivmedizin

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Hämodynamische Stabilisierung

Tabelle 2: Hämodynamische Zielkriterien in der Sepsistherapie

Therapeutische Strategie Therapie anhand von Therapie anhand von erweitertem Basismonitoring Monitoring

Rasche Beseitigung von Hypotonie MAP > 70 mmHg (2) HI (5)und Hypoxie durch Volumensubstitution SAP > 100 mmHg SVR (9)"Optimierung der myokardialen Vorlast" ZVD > 10 mmHg (9) PCWP (6)

HF (3) ITBV 950 ± 100 ml/m2 (7)Spontandiurese > 0,5 ml/kg/h (1) EVLW < 12 ml/kg (7)ScO2 (4) EDA, ESA, ∆A (8)Organmonitoring (10)

Bei unzureichendem Erfolg der MAP > 70 mmHg (11) Dobutamin (13): Noradrenalin(14):Volumentherapie: SAP > 100 mmHg (11) HI ↓ (z.B.< 4,0) HI > 4,0Verbesserung der myokardialen Funktion ScO2 (12) SVR > 800 SVR ↓ < 400und Wiederherstellung des peripheren Kontraktilität ↓ Kontraktilität normalGefäßtonus

Weitere Verbesserung des O2-Angebotes Organmonitoring (15)

1. Entscheidend ist das Wiedereinsetzen der Diurese! Alternativvorschlag: 0,7 ml/kg/h (83)2. Immer anhand von Kriterien der Organperfusion (Diurese, Laktat, reg. CO2) überprüfen, ob evtl. ein höherer

Perfusionsdruck erforderlich ist. Alternativvorschläge: MAP ≥ 60 –70 mmHg, SAP ≥ 90 mmHg. Bei Älteren und bei Patienten mit koronarer und/oder zere-brovaskulärer Erkrankung sollte der SAP > 100 mmHg sein. Bei niedrigem diastolischem Druck kann trotz eines systoli-schen Drucks von 90 mmHg bereits eine Organminderperfusion vorliegen.

3. Ein Rückgang der Tachykardie nach Volumengabe spricht für Volumenmangel als Ursache.4. Eine ScO2 < 60% spricht für ein niedriges HZV. Ein Anstieg der ScO2 nach Volumengabe (vorausgesetzt andere, den O2-

Verbrauch beeinflussende Faktoren – Sedierung, Temperatur usw. – sind stabil) spricht für Volumenmangel als Ursache5. Zielkriterium der initialen Volumentherapie: Maximierung des HI. Definitive Vorgabe für anzustrebenden HI fehlt. Bei einer

eventuell nachfolgenden Katecholamintherapie ist eine Maximierung des HI nicht sinnvoll, Zielkriterium ist eineVerbesserung der Organperfusion (Diurese, Laktat, reg. CO2).

6. Bei Patienten, die mit einer adäquaten Volumentherapie und einer niedrig dosierten Katecholamintherapie allein nichtzu stabilisieren sind, könnte der Einsatz eines Pulmonalarterienkatheters nützlich sein (2). Ein PCWP < 10 mmHg ist einsicheres Zeichen für einen Volumenmangel, aber ein oberer Zielwert kann nicht angegeben werden. Insgesamt ist dieAussagekraft des PCWP zur Einschätzung der myokardialen Vorlast durch folgende Faktoren eingeschränkt: intrathoraka-ler Druck, intraabdomineller Druck, myokardiale Compliance, Mitralstenose.

7. Das ITBV erscheint zur Abschätzung der myokardialen Vorlast aufgrund der direkten Messung von Volumina geeigneter.Des weiteren wird durch die Messung des EVLW ein pulmonales Ödem rechtzeitig erkannt.

8. Die echokardiographisch gemessenen Parameter EDA und ESA erlauben eine quantitative Abschätzung der myokar-dialen Vorlast und Kontraktilität. Darüber hinaus kann die Ventrikelaktion visuell beobachtet werden.

9. Ein ZVD < 10 mmHg ist ein sicheres Zeichen für einen Volumenmangel (eine korrekte Kalibrierung vorausgesetzt).10. Grundsätzlich wird die Volumentherapie an Parametern der regionalen Perfusion ausgerichtet. Ein Sinken des

Serumlaktates, eine Verbesserung der Diurese und/oder des rCO2 ist Ausdruck einer verbesserten Organperfusion/-funk-tion.

11. Bei niedrigem Blutdruck trotz adäquatem Volumenstatus: Noradrenalin (zum Einsatz anderer vasopressorischerKatecholamine siehe 4.3.4). Keinesfalls sollte "aus Angst" vor potentiellen Nebenwirkungen der Vasopressoren auf einenadäquaten Organperfusionsdruck verzichtet werden.

12. Eine ScO2 < 60% spricht für ein erniedrigtes HZV: Versuch einer Erhöhung des HZV mittels Dobutamin unter Beachtungder HF.

13. Bei ausgeprägter Einschränkung der Pumpfunktion empfiehlt sich Dobutamin (zum Einsatz anderer Katecholamine siehe4.3.4).

14. Bei ausgeprägter Vasodilation empfiehlt sich Noradrenalin (zum Einsatz anderer Katecholamine siehe 4.3.4).15. Bei normalisiertem HI und adäquatem MAP orientiert sich eine weitere Steigerung des HI an Parametern der

Organfunktionen.

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Mitteldruck durch die Kreislauftherapie bei diesenPatienten zwischen 70 und 90 mmHg liegt. Ein MAD> 75 mmHg wird heute als adäquat angesehen. So konnte in einer Reihe von Untersuchungen gezeigtwerden, daß allein die Anhebung des MAP mittelsNoradrenalin schon zu einer Wiederaufnahme derNierenfunktion führt. Keinesfalls darf die Angst vorpotentiell negativen Effekten der Vasopressoren dazuführen, einen inadäquaten Perfusionsdruck zu akzep-tieren. Insbesondere bei Patienten mit entsprechendenVorerkrankungen des vaskulären Systems sollte beieingeschränkter Organfunktion (Diurese, regionalesCO2, Serum-Laktat) immer auch überprüft werden, obnicht durch eine Erhöhung des arteriellen Blutdrucksdie Organfunktion verbessert werden kann.Das Vorliegen stabiler hämodynamischer Verhältnisseschließt eine Minderperfusion in einzelnen Organenoder Organsystemen nicht aus. Daraus folgt, daß beider Überwachung und Steuerung der Kreislauf-therapie bei septischen Patienten auch Parameter zurBeurteilung der regionalen Perfusion berücksichtigtwerden sollten; jedoch liegen zur Zeit nur wenigeParameter bzw. Verfahren vor, die unter denBedingungen der klinischen Routine anwendbar sind.Parameter wie der mukosale pCO2 des Magens oderdie ICG-Clearance sind, falls verfügbar, potentiellwertvolle Steuerungsparameter bei Patienten mit sta-bilen globalen hämodynamischen Bedingungen zurOptimierung der Therapie.

4.3.4 Hämodynamische Differential-therapie

Kenntnisse der verschiedenen Katecholaminwirkun-gen sind zumeist aus Studien nicht septischer Tiere

bzw. gesunder Probanden gewonnen worden. DieseDaten können jedoch nicht ohne weiteres auf septi-sche Patienten übertragen werden: Untersuchungenvon Bersten et al. (3) und Breslow et al. (4) habengezeigt, daß im Rahmen der Sepsis von deutlich ver-änderten regionalen Effekten der Katecholamine aus-gegangen werden muß.Nicht die Infektion, sondern der Schock und dasMultiorganversagen bestimmen die Prognose desPatienten mit Sepsis: 10 % aller Sepsis-Todesfälle sindauf ein therapierefraktäres Herzversagen zurückzu-führen, bei 40 % ist es das therapierefraktäreKreislaufversagen und bei 50 % das irreversibleMultiorganversagen (62).Demzufolge müssen die therapeutischen Strategieneine Besserung der septischen Kardiomyopathie(Kapitel 4.2), der septischen Vaskulopathie und desMultiorganversagens zum Ziel haben.

4.3.4.1 Katecholamine(Dosisrichtlinien siehe Kapitel 3.4).

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Intensivmedizin

Bei septischen Patienten können die bekanntenEffekte der verschiedenen Katecholamine imVergleich zu Gesunden quantitativ und sogar quali-tativ unterschiedlich ausfallen. Eine Empfehlungzum Einsatz von Katecholaminen bei septischenPatienten muß sich deshalb an den wenigenUntersuchungen an septischen Patienten orientie-ren.Aufgrund der Bedeutung der Herzfunktion, desGefäßstatus und der regionalen Perfusion müssendie Katecholamine bezüglich ihrer Effekte aufHerz, Kreislauf und Organperfusion bewertet wer-den.

Tabelle 3: Wirkungen der verschiedenen Katecholamine auf die globale Hämodynamik bei Sepsis

(4) HZV Kontraktilität (1) HF SVR PVR Qs/Qt PaO2/FiO2 Laktat

Dobutamin ⇑⇑⇑ ⇑ ⇑ (2) fl fl ⇔ ⇔ flNoradrenalin ⇑ ⇑ ⇔ (⇓⇑) ⇑⇑ ⇔(⇑) ⇔ (⇓) flDopamin0–3 µg/kg/min (3) ⇑ ⇑ ⇑ ⇓ ⇓ ⇑ ⇓3–8 µg/kg/min ⇑⇑ ⇑ ⇑ (2) ⇓ ⇓ ⇑> 8 µg/kg/min ⇑⇑ ⇑ ⇑ (⇓) (2) ⇑ ⇔ (⇑) ⇑Adrenalin ⇑⇑ ⇑ ⇑ ⇑ ⇑Dopexamin ⇑⇑ ⇑ ⇑ (2) ⇓ ⇓ ⇔

1. Vergleichende Untersuchungen zur Kontraktilität bei septischen Patienten fehlen.2. Die Arrhythmogenität der einzelnen Substanzen wird unterschiedlich bewertet. Für Dopamin wird eine etwas höhere

Arrhythmogenität als für Dobutamin angegeben. Dopexamin scheint vereinzelt erhebliche arrhythmogene Effekte zuhaben.

3. Low-dose Dopamin hat deutliche Effekte auf die globale Hämodynamik (Arrhythmogenität) [54,67,78].4. Phosphodiesterasehemmer werden in dieser Aufstellung nicht genannt, da sie nicht als primäre vasoaktive Substanzen zur

Therapie der Sepsis geeignet sind. Zu den Effekten von Phosphodiesterasehemmern siehe 4.3.4.2.

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4.3.4.1.1 DobutaminZur Therapie einer häufig vorliegenden septischenKardiomyopathie (vgl. Kapitel 4.2) und zurAufrechterhaltung eines hyperdynamen Kreislaufes istder Einsatz einer primär beta1-mimetischen Substanz sinnvoll. Im Vergleich zu Dopamin führt Dobutaminzu einem höheren Herzzeitvolumen (89). Dobutaminbewirkt eine Zunahme des HBF und des rCO2 (22, 45,59, 76). Der verbesserte HBF unter Dobutamin istjedoch eine passive Folge des erhöhten globalenBlutflusses (64). Eindeutige Hinweise, daß darüberhinaus mittels Dobutamin bei septischen Patientenselektiv die Perfusion des Splanchnikusgebietes ver

bessert werden kann, fehlen. Im Vergleich zu niedrigdosiertem Dopamin führte Dobutamin zwar nicht zueiner Erhöhung der Diurese, Dobutamin bewirktejedoch eine Verbesserung der glomerulären Filtra-tionsrate (14).

4.3.4.1.2 NoradrenalinDie ausgeprägte vasopressorische Wirkung vonNoradrenalin war der Grund für das häufig anzutref-fende Therapiekonzept, Noradrenalin erst im Sinneeiner "letzten therapeutischen Möglichkeit" einzuset-zen, wenn mit anderen Substanzen eine Kreislauf-stabilisierung nicht möglich war (73). Diese Vor-stellung ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten.In mehreren Untersuchungen an septischen Patientenkonnte gezeigt werden, daß die Diurese und teilweiseauch die Kreatininclearance unter einer Noradrenalin-therapie steigt (11, 12, 29, 50). Allerdings hatten diePatienten in diesen Studien ohne Noradrenalin einendeutlich erniedrigten arteriellen Blutdruck, so daß dergrundlegende Mechanismus der verbesserten Nieren-funktion hier in der Sicherstellung eines ausreichen-den Perfusionsdruckes zu sehen ist. Demzufolge solltekeinesfalls ein inadäquat niedriger Blutdruck toleriertwerden, nur um potentiell negative Effekte desVasopressors zu vermeiden.Darüber hinaus darf davon ausgegangen werden, daßdie potentiell nachteiligen vasopressorischen Wir-kungen von Noradrenalin im Sinne einer peripherenVasokonstriktion und einer Minderperfusion desSplanchnikusgebietes unter den Bedingungen derSepsis nicht oder zumindest deutlich schwächer auf-treten, was mit einer verminderten Ansprechbarkeitder α-Adrenozeptoren und mit einer sepsisbedingtendirekten Vasodilatation zu erklären ist (1, 56).Im Vergleich zu Dopamin in vasopressorischerDosierung führt Noradrenalin bei septischen

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Hämodynamische Stabilisierung

Tabelle 4: Wirkungen der verschiedenen Katecholamine auf das Splanchnikusgebiet

HBF HBF/CI pHi/CO2 Leberfunkt. EMPHO Permeabilität Metabolismus (1)MEGX/ICG

Dobutamin ⇑ ⇔ ⇑ ⇔ ⇓Noradrenalin ⇔ ⇔ ⇑ ⇑Dopamin0 – 3 µg/kg/min ⇑⇓ ⇑⇓ ⇑⇓3 – 8 µg/kg/min> 8 µg/kg/min ⇓Adrenalin ⇓ ⇓ ⇓Dopexamin ⇑ ⇔⇓ ⇑⇓ ⇑ ⇑ ⇓ ⇔

1. Die Effekte der verschiedenen Substanzen auf die metabolische Funktion der Leber sind weitestgehend ungeklärt.Einige wenige Untersuchungen haben jedoch z.B. die Effekte auf die Gluconeogenese untersucht.

Tabelle 5: Wirkung der verschiedenen Katecholamineauf die Nierenfunktion

Diurese GFR

Dobutamin ⇔ ⇑Noradrenalin ⇑ (1)Dopamin0 – 3 µg/kg/min ⇑ ⇑ (2)3 – 8 µg/kg/min ⇑> 8 µg/kg/minAdrenalinDopexamin ⇑ ⇔⇑

1. Eine Reihe von Untersuchungen hat einen Anstieg derDiurese nach Noradrenalintherapie gezeigt. Wesent-licher Mechanismus war hierbei jedoch eineWiederherstellung des renalen Perfusionsdruckes. Eindirekter Effekt von Noradrenalin auf die Nierenfunktion isteher unwahrscheinlich.

2. Ein Effekt von low-dose Dopamin auf die Diurese und dieGFR konnte bei Patienten mit schwerer Sepsis gezeigtwerden. Dieser Effekt hielt jedoch keine 48 h an. BeiPatienten im septischen Schock hatte low-dose Dopa-min keinerlei Effekte auf Parameter der Nierenfunktion(31, 46).

Dobutamin ist das Katecholamin der Wahl zurTherapie der eingeschränkten Pumpfunktion beiSepsis.

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Patienten zu einer vergleichbaren Steigerung des arte-riellen Mitteldruckes, bewirkt aber eine Verbesserungdes pHi, wohingegen Dopamin zu einer weiterenVerschlechterung des pHi beiträgt.

4.3.4.1.3 AdrenalinAdrenalin wird von einigen Autoren für die Therapiedes schweren septischen Schockes empfohlen, da esaufgrund der positiv inotropen ß1-Adrenozeptor-Wirkung das HZV steigern kann und gleichzeitig mit-tels der vasopressorischen α-Adrenozeptor-Wirkungeinen ausreichenden Perfusionsdruck bewirkt.Obwohl einige Arbeitsgruppen gezeigt haben, daß beiPatienten im septischen Schock, die sich auch mithochdosiertem Dopamin oder Noradrenalin hämody-namisch nicht stabilisieren ließen, der Einsatz vonAdrenalin häufig zu einer Stabilisierung derKreislaufverhältnisse führte (3, 58), ist Adrenalinsicher nicht ein Katecholamin der ersten Wahl beiSepsis. Der Grund hierfür ist, daß Adrenalin zu einerselektiven Verringerung des HBF und des pHi führtund darüber hinaus zu einer ausgeprägtenLaktatazidose (12, 43, 57).

4.3.4.1.4 DopaminDopamin wird häufig als adjuvante low-dose Therapie(1-3 µg/kg/min) zur Verbesserung der Nierenfunktionund zur Verbesserung der Splanchnikusoxygenierungeingesetzt. Die Effekte auf die Nierenfunktion schei-nen jedoch bei septischen Patienten, falls überhauptvorhanden, nur sehr kurzfristig zu sein (45), und diepotentiell günstigen Wirkungen von low-doseDopamin ließen sich bei Sepsispatienten nicht bestäti-gen. Darüber hinaus muß aufgrund einer Umver-teilung des nutritiven Blutflusses mit einerVerschlechterung der Oxygenierung der besondershypoxiegefährdeten Mukosa des Darmes gerechnetwerden (18).Bei septischen Patienten, die primär einen nichterhöhten fraktionellen HBF hatten, führte low-doseDopamin zwar zu einer Steigerung des HBF, jedochbewirkte low-dose Dopamin bei Patienten mit einemprimär bereits erhöhten fraktionellen HBF keine wei-tere Steigerung, und bei einigen Patienten sogar eineAbnahme des HBF (54).Neben diesen potentiell ungünstigen Effekten istbekannt, daß Dopamin die Konzentration verschiede-ner Hormone der neurohypophysären Achse zu sen-ken vermag. So kann durch Dopamin eineHypoprolaktinämie induziert werden, mit konsekuti-

ver Einschränkung der Lymphozyten- und Makro-phagenaktivität. Verschiedene Wachstumshormonesind unter Therapie mit Dopamin vermindert, mög-liche Ursachen für eine oft therapeutisch nicht zubeherrschende Katabolie. Des weiteren kannDopamin über eine Beeinflussung von Schilddrüsen-hormonen die myokardiale und vaskuläre Funktionbeeinträchtigen (87).Es muß deutlich herausgestellt werden, daß Dopaminauch in dieser niedrigen Dosierung bereits ausgepräg-te Effekte auf die globale Hämodynamik (HZV, HF,pulmonaler Shunt, Arrhythmogenität) haben kann.In höheren Dosierungen führt Dopamin bei septi-schen Patienten im Vergleich zu Noradrenalin - wieoben erwähnt - zwar zu einem Anstieg des arteriellenBlutdruckes; Noradrenalin bewirkte jedoch aucheinen Anstieg des pHi, Dopamin hingegen einen wei-teren Abfall (49).In einer großen Studie an 437 kritisch krankenPatienten mit und ohne Sepsis konnte gezeigt werden,daß es mit Dobutamin häufiger möglich war, eineDO2- und VO2-Erhöhung zu induzieren, als dies unterDopamin der Fall war (73). Im Vergleich mit einerKombination von Dobutamin und Noradrenalin führ-te Dopamin bei septischen Patienten zum stärkerenFrequenzanstieg, zu höheren kardialen Füllungs-drücken sowie zu einem größeren pulmonalen Shunt(26).Da es neben den beschriebenen, potentiell ungünsti-gen Effekten von Dopamin auf das Splanchnikus-gebiet und neben den bekannten Wirkungen auf ver-schiedene Hormone bis heute keine eindeutigenHinweise dafür gibt, daß eine Therapie mit low-doseDopamin ein Nierenversagen verhindern kann, ist derroutinemäßige Einsatz von low-dose Dopamin abzu-lehnen (50). Da davon ausgegangen werden muß, daßdiese ungünstigen Effekte auch in höherenDosierungen auftreten, und da es zu DopaminAlternativsubstanzen (Dobutamin / Noradrenalin)ohne Hinweise auf diese Nebenwirkungen gibt, sollteDopamin in der Therapie der Sepsis nicht als Mittelder ersten Wahl eingesetzt werden. Allerdings mußdarauf hingewiesen werden, daß in aktuellenKonsensus-Konferenzen low-dose-Dopamin zwarabgelehnt wird, jedoch Dopamin in höherenDosierungen nach wie vor als ein primär einzusetzen-des Katecholamin empfohlen wird.

4.3.4.1.5 DopexaminDopexamin führt bei septischen Patienten zu einerZunahme des HZV. Bezüglich der häufig postuliertenZunahme der Nieren- und Splanchnikusdurchblutungunter Dopexamin muß herausgestellt werden, daßdiese Befunde an nicht septischen Patienten erhobenwurden und daß es sich hierbei nicht um selektive Effekte auf die regionale Zirkulation, sondern um eineZunahme des regionalen Blutflusses im Rahmen derglobalen Erhöhung des HZV handelt (43). In der Tat

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Intensivmedizin

Eine adäquate Therapie mit Volumen und gegebe-nenfalls Dobutamin vorausgesetzt, darf beiPersistenz eines nicht adäquaten Perfusionsdrucksauf die Anwendung einer vasopressorischenSubstanz nicht verzichtet werden. Noradrenalin isthierzu Katecholamin der Wahl.

Auf den Einsatz von Adrenalin sollte im Rahmender Therapie der Sepsis verzichtet werden.

Dopamin ist kein Katecholamin der ersten Wahl beider Therapie der Sepsis!

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wurde bei Patienten mit noradrenalinpflichtigem septischem Schock sogar ein verminderter Anteil derregionalen Durchblutung am HZV beobachtet (35).Die glomeruläre Filtrationsrate und die Natrium-ausscheidung sind unter Dopexamin nur unwesentlichverändert.Einige Untersuchungen rechtfertigen die Spekulation,daß Dopexamin über einen ß2-Adrenozeptor-vermit-telten Effekt eine Umverteilung des Blutflusses vonder Muskularis zur Mukosa des Darmes bewirkt bzw.den Splanchnikusblutfluß insgesamt steigert (8, 80). Ineiner histologischen Untersuchung von Leberbiopsienzeigten mit Dopexamin behandelte Tiere eine geringe-re Zellschädigung und Endothelzellschwellung als mitDobutamin behandelte Tiere (81). Ebenfalls tierexpe-rimentell konnte gezeigt werden, daß Dopexamindosisabhängig den mittels Oberflächenelektrodengemessenen pO2 an verschiedenen intestinalenOrganen nach Induktion eines septischen Schockesanzuheben vermag (47). Eine weitere tierexperimen-telle Untersuchung hat gezeigt, daß der mittelsIntravitalmikroskopie gemessene intestinale Blutflußdurch 2,5 µg/kg/min Dopexamin nach Endotoxingabeaufrechterhalten werden kann, wohingegen in einerPlacebogruppe eine deutliche intestinale Minder-perfusion zu verzeichnen war (72).In zwei Untersuchungen an septischen Patientenbewirkte Dopexamin eine Verbesserung eines zuvorpathologisch erniedrigten pHi (52, 77).Andererseits konnte sowohl bei septischen als auchbei kardiochirurgischen Patienten eine Verschlech-terung des pHi unter Therapie mit Dopexamin beob-achtet werden (55, 86). Ob hierfür eine Umverteilungdes Blutflusses auf Ebene der Mikrozirkulation - wiefür Dopamin beschrieben - die Ursache ist, ist unge-klärt.Die Effekte von Dopexamin auf die regionaleZirkulation, insbesondere auf das Splanchnikusgebiet,sind somit noch relativ widersprüchlich. KlinischeUntersuchungen, die die Gabe von Dopexamin zurselektiven Verbesserung der Splanchnikusperfusionrechtfertigen, liegen nicht vor.

4.3.4.2 PhosphodiesterasehemmerAufgrund des positiv inotropen und des gefäßdilatie-renden Effektes bewirken Phosphodiesterasehemmereinen Anstieg des Herzzeitvolumens bei deutlicherReduzierung der kardialen Füllungsdrücke und derpulmonalen und systemischen Gefäßwiderstände.Grundsätzlich sind Phosphodiesterasehemmer somitzur Therapie der schweren Herzinsuffizienz geeignet,insbesondere wenn aufgrund einer vermindertenAnsprechbarkeit der Katecholaminrezeptoren eineTherapie mit Katecholaminen nicht mehr effektiv ist.

Die Phosphodiesterasehemmer Amrinon und Enoxi-mon sind bezüglich ihrer Wirkung weitestgehend iden-tisch (Initialdosis: 0.5 mg/kg, Erhaltungsdosis: 2-15µg/kg/min); Amrinon kann jedoch deutlich niedrigerdosiert werden (Initialdosis: 50 µg/kg, Erhaltungsdosis:0,2 - 1,0 µg/kg/min). Die Anwendungsdauer ist be-schränkt (Enoximon: 48 Std.; Amrinon: 14 Tage;Milrinon: Kurzzeitbehandlung).Wesentliche Nebenwirkung der Phosphodiesterase-hemmer ist eine Thrombozytopenie.Im Rahmen der Therapie septischer Patienten mitinstabilen Kreislaufverhältnissen führte Enoximon zueinem gesteigerten O2-Angebot und -verbrauch. Obdarüber hinaus auch selektive Effekte auf die regiona-le Perfusion vorliegen, kann zur Zeit nicht beantwor-tet werden. Neben einer Erhöhung des pulmonalenShuntvolumens und einer ausgeprägten Vasodilation,die häufig den zusätzlichen Einsatz von Vasopressorenerforderlich macht, sind die lange Halbwertzeit - z. B.für Milrinon 20-45 Min - und durch diese begründetdie schlechte Steuerbarkeit, die wesentlichen Nach-teile. Deshalb sollte der Einsatz von Phosphodieste-rasehemmern im Rahmen der Therapie septischerPatienten Situationen vorbehalten bleiben in denendie myokardiale Insuffizienz, z.B. bei Patienten mitentsprechender kardialer Vorerkrankung, im Vor-dergrund steht oder aber eine konventionelleBehandlung bei längerer Therapiedauer aufgrundeiner "Down-Regulation" der Katecholaminrezep-toren nicht mehr effektiv ist. Da Phosphodiesterase-hemmer erheblich den Vasotonus verändern können,sollte der Einsatz dieser Substanzen mit einem erwei-terten hämodynamischen Monitoring überwacht undfür einen adäquaten Volumenstatus (ausreichendeKreislauffüllung) gesorgt werden (33).

4.3.5 Konzept zur hämodynamischenTherapie

Vorschlag für ein rationales Konzept zur hämodyna-mischen Therapie bei Sepsis (in der Reihenfolge derPrioritäten):

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Hämodynamische Stabilisierung

Obwohl es tierexperimentelle Hinweise gibt, daßDopexamin einen die Mikrozirkulation aufrechter-haltenden Effekt hat, sind die klinischen Daten ins-gesamt noch widersprüchlich. Ungünstige Effekte,wie von Dopamin bekannt, sind auch fürDopexamin nicht auszuschließen.

Phosphodiesterasehemmer können versucht wer-den, wenn Dobutamin aufgrund einer vermindertenAnsprechbarkeit der Katecholaminrezeptoren inef-fektiv ist oder wenn - bei Patienten, bei denen diemyokardiale Insuffizienz im Vordergrund steht -der nachlastsenkende Effekt erwünscht ist.

1. Sicherstellung eines adäquaten VolumenstatusOptimierung der myokardialen Vorlast; Art desVolumenersatzmittels ist sekundär.Marker der peripheren Perfusion und Organ-funktion (z.B. Diurese, Laktat, rCO2) beachten!

2. Sicherstellung eines adäquaten Sauerstoffange-botes und Korrektur einer eingeschränkten myo-kardialen Pumpfunktion

Konzept der Maximierung des DO2 mittels hochdo-sierter Katecholamine ist abzulehnen. Zur Therapie

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zu 1.: Eine adäquate Volumentherapie ist unbedingteVoraussetzung einer rationalen Katechol-amintherapie. Die Frage, ob primär Kristalloideoder Kolloide eingesetzt werden sollten, istsekundär. Der Versuch, ein durch Hypovolämiebedingtes erniedrigtes HZV oder einen ernied-rigten MAP mit Katecholaminen zu korrigie-ren, ist strikt abzulehnen!

zu 2.: Die Wirkung der verschiedenen Katecholaminebei septischen Patienten ist individuell sehrunterschiedlich. Faktoren wie die Höhe desAnteiles des Splanchnikusblutflusses amHerzzeitvolumen oder die Therapie mit ande-ren vasoaktiven Substanzen scheinen u.a. dieWirkung der Katecholamingabe zu beeinflus-sen.

Eine weitere Erhöhung des globalen O2-Angebotes bei Patienten, die bereits durch eineVolumengabe allein ein oberhalb der Norm lie-gendes O2-Angebot aufweisen, ist nicht zwin-gend erforderlich. Eine alleinige Therapie mitNoradrenalin mit dem Ziel, einen adäquatenPerfusionsdruck zu gewährleisten, ist nichtgrundsätzlich einer Therapie mit Dobutaminzur Erhöhung des O2-Angebotes unterlegen.Die Entscheidung, ob eine weitere Steigerungder Katecholamine zur Erhöhung des DO2-Anstieges sinnvoll ist, sollte anhand vonParametern der Organfunktion bzw. derGewebeoxygenierung (Laktat, rCO2, Diurese)getroffen werden. Aufgrund der potentiellungünstigen Effekte von Dopamin undAdrenalin scheint Dobutamin das Katechol-amin der Wahl zur Verbesserung einer einge-schränkten Pumpfunktion zu sein. Ein modera-ter Einsatz von Dobutamin führt über denEffekt einer weiteren Steigerung des globalenO2-Angebotes auch zu einer Verbesserung desO2-Angebotes im Splanchnikusgebiet undscheint bei einigen Patienten zu einerVerbesserung der Perfusion der Magenmukosazu führen.

zu 3.: Aufgrund der potentiell ungünstigen Effektevon Dopamin und Adrenalin kann Noradrena-lin als Katecholamin der Wahl zur Erhöhungdes Vasotonus bezeichnet werden. Die von nichtseptischen Patienten bekannten ungünstigenEffekte von Noradrenalin scheinen bei septi-schen Patienten weniger ausgeprägt zu sein.Keinesfalls sollte, nur um Noradrenalin mög-lichst niedrig dosieren zu können, ein nichtadäquater Perfusionsdruck toleriert werden.

zu 4.: Für die routinemäßige Therapie mit Dopaminin der sogenannten Nierendosis gibt es keinegesicherte Grundlage. Dopamin steigert beiseptischen Patienten mit niedrigem fraktionel-lem Splanchnikusblutfluß selektiv und absolutden Splanchnikusblutfluß. Ob die Gewebe-oxygenierung hierdurch tatsächlich verbessertwird, ist jedoch fraglich, da es tierexperimentel-le Hinweise gibt, daß insbesondere die intesti-nale Mukosaperfusion unter Dopamin ver-schlechtert wird. Aufgrund der potentiellenNebenwirkungen (selektive Verschlechterungder Mukosaperfusion, kein oder sogar negativerEffekt auf den Splanchnikusblutfluß beiPatienten mit primär schon erhöhtem Blutfluß,endokrinologische Effekte) sollte in Anbetrachtder praktisch nicht bewiesenen theoretischenVorteile auf den Einsatz von Dopamin verzich-tet werden.Auch für Dopexamin konnte bis heute nichtgezeigt werden, daß es einen selektiven Effektauf die Splanchnikusperfusion hat. Unter-suchungen, die einen günstigen Effekt vonDopexamin auf den pHi gezeigt haben, stehenUntersuchungen entgegen, die eine Verschlech-terung des pHi unter Dopexamintherapie

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 601-613610

Intensivmedizin

der eingeschränkten Pumpfunktion ist DobutaminKatecholamin der Wahl. Zur Entscheidung, ob einweiterer DO2-Anstieg sinnvoll ist, müssen dieMarker der peripheren Perfusion undOrganfunktion (z.B. Diurese, Laktat, rCO2) beach-tet werden. Rechtzeitige Intubation und Beatmung!

3. Sicherstellung eines adäquaten Perfusions-druckes

Noradrenalin ist Katecholamin der Wahl. Markerder peripheren Perfusion und Organfunktion (z.B.Hauttemperatur, Diurese, Laktat, rCO2) beachten!

4. Verbesserung der Perfusion auf regionaler undmikrozirkulatorischer Ebene

Z. Zt. keine hinreichend gesicherte Therapieoption.Keine generelle Indikation für low-dose Dopaminoder Dopexamin. Exogene ß-Adrenorezeptor-stimulation sollte unbedingt aufrecht erhalten wer-den.

Güte des oben genannten Konzeptes:Daß ein "Erzwingen" eines hochnormalen DO2 mithochdosierten Katecholaminen nicht sinnvoll ist,darf als gut belegt bezeichnet werden (eine multi-zentrische, randomisierte, kontrollierte Studie,n=762 (17); eine randomisierte, kontrollierte Studie,n=109 (27); eine Metaanalyse; 7 Studien mit insge-samt n=1016 (30)). Die große Bedeutung eineradäquaten Volumentherapie und eines adäquatenarteriellen Blutdruckes wird durch viele kleinereStudien belegt und ist nach Einschätzung derKommission als hochgradig wahrscheinlich anzuse-hen; dies entspricht auch den Empfehlungen ande-rer Expertenkommissionen (4). Daß Adrenalinnicht als Katecholamin der ersten Wahl angesehenwerden sollte und daß keine Indikation für low-dose Dopamin besteht, wird auch von anderenExpertenkommissionen ausgeführt (75). Nichtadäquat belegt sind die Empfehlungen für Dopa-min in höherer Dosierung und die für Dopexaminsowie die daraus folgenden Empfehlungen.

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gezeigt haben. Zum jetzigen Zeitpunkt kannDopexamin für die Therapie im Rahmen derSepsis deshalb nicht empfohlen werden.

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Hämodynamische Stabilisierung

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Intensivmedizin

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*Zum vertiefenden Literatudium besonders empfohlen.

Key-words:Septicemia;Monitoring, physiologic;Hemodynamics;Vasoconstrictor agents.

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. A. Meier-HellmannKlinik für Anaesthesiologie und IntensivtherapieFriedrich-Schiller-Universität JenaBachstrasse 18D-07743 Jena.

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614

Intensivmedizin

Seit 1990 gibt es ein zunehmendes Interesse an derpathophysiologischen Bedeutung von NO beim septi-schen Schock. Eine vermehrte Bildung von endoge-nem NO wird für die Hypotension und vaskuläreHyporeaktivität verantwortlich gemacht, die durchEndotoxin verursacht wird. Die vermehrte Produktionvon NO beim Herz-/Kreislaufversagen wird durcheine frühe, transiente Aktivierung von ecNOS sowieeine verzögerte Induktion von iNOS bedingt. DieseInduktion von ecNOS resultiert in der Bildung nano-molarer Mengen von NO in Makrophagen, im Gefäßmuskel (Hypotension, vaskuläre Hyporeak-tivität; Maldistribution des regionalen Blutflusses) undin parenchymalen Zellen.

4.4.1.1 Non-selektive NOS-Inhibitoren

In niedrigen Konzentrationen ist L-NG-monome-thyl-L-arginine (L-NMMA) ein relativ selektiverHemmer der iNOS-Aktivität, während höhereKonzentrationen alle Isoformen der NO-Synthetasekompetitiv hemmen. Die Entdeckung des NOS-Inhibitors NG-Nitro-L-Arginin (L-NA) und seinesMethylesters (L-NAME), die im Gegensatz zu L-NMMA anfänglich vielen Wissenschaftlern zurVerfügung standen, initiierte zahlreiche Studien, wel-che die Rolle von NO beim Schock untersuchten. DaL-NAME ein potenterer Hemmer der ecNOS-Aktivität ist, zeigten viele dieser Studien deutlicheNebenwirkungen, die auf eine Hemmung der ecNOS-Aktivität zurückzuführen sind. Zu diesen Neben-wirkungen gehören eine exzessive Vasokonstriktionmit einer Abnahme des Herzzeitvolumens, eine pul-monale Hypertension sowie eine vermehrteEndotheladhäsion von Thrombozyten und neutrophi-len Granulozyten. Obwohl eine ganze Reihe vonpräklinischen Studien günstige hämodynamischeEffekte von L-NMMA bei verschiedenen Sepsis-modellen dokumentieren (Abschwächung derHypotension und der vaskulären Hyporeaktivität aufKatecholamine), werden die Effekte beim MODSkontrovers diskutiert. Es gibt Hinweise, daß niedrigeDosen (1-3 mg/kg/h) von L-NMMA den Schweregraddes MODS und die damit verbundene Letalität redu-zieren, während hohe Dosen (20 mg/kg/h) denSchweregrad des MODS und die Letalität erhöhen(2).

4.4.1.2 Selektive NOS-Inhibitoren

Seit 1992 sind eine ganze Reihe von Substanzenbekannt, die die iNOS-Aktivität potenter als dieecNOS-Aktivität hemmen. Alle diese Substanzen, wiez.B. Aminoguanidin oder Aminoäthylisothioharnstoff,schwächen sowohl die Hypotension als auch die vas-kuläre Hyporeaktivität auf Katecholamine in verschie-denen Sepsismodellen ab. Die Frage, ob eine selektiveHemmung der iNOS-Aktivität auch den Schweregraddes MODS bei schwerer Sepsis verringert, wird nochimmer kontrovers beantwortet. Obwohl einige derselektiven NOS-Hemmer, wie z.B.Aminoguanidin undAminoäthylisothioharnstoff, das Ausmaß des MODSverringern, sind diese Effekte schwer zu interpretie-ren, weil beide Substanzen viele nicht spezifischeEffekte aufweisen. So ist z.B. Aminoäthylisothioharn-stoff ein relativ potenter Radikalfänger und daher inder Lage, Strahlenschäden (in Abwesenheit von iNOS-Induktion) zu verhindern. Selektive Hemmer deriNOS-Aktivität wie 1400W oder L-NIL haben keinenEinfluß auf den Schweregrad des MODS (Niere,Leber, Pankreas) im Endotoxinschock der Ratte. DasAusmaß des Leberschadens, der durch Endotoxin in

4.4 Neue therapeutische AnsätzeNew therapeutic approaches

4.4.1 NOS-Inhibitoren4.4.1.1 Non-selektive NOS-Inhibitoren4.4.1.2 Selektive NOS-Inhibitoren4.4.1.3 NOS-Inhibitoren in der Sepsis

Literatur

4.4.2 N-Acetylcystein4.4.2.1 Präklinische Studien4.4.2.2 Klinische Studien4.4.2.2.1 Pro N-Acetylcystein4.4.2.2.2 Contra N-Acetylcystein4.4.2.3 Klinische Zulassung und weitere Indikationen

Literatur

4.4.3 Prostazyklin4.4.3.1 Pharmakologie4.4.3.1.1 Synthese und Metabolismus4.4.3.1.2 Physiologische Effekte4.4.3.2 Therapeutische Anwendung4.4.3.2.1 Intravenöse Anwendung4.4.3.2.2 Extrakorporale Zirkulation4.4.3.2.3 Aerosol4.4.3.3 Prostazyklin in der Intensivtherapie

Literatur

4.4.4 Substitutionstherapie mit Hydrocortison4.4.4.1 Rationale für Hydrocortison bei septischem

Schock4.4.4.1.1 Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-

rinden-Achse4.4.4.1.2 Zytoplasmatische Glucokortikoidrezeptoren4.4.4.2 Effekte der Substitutionstherapie mit

Hydrocortison4.4.4.2.1 Immunantwort4.4.4.2.2 Hämodynamik4.4.4.3 Praktische Durchführung

Literatur

4.4.5 Tabellen

4.4.1 NOS-InhibitorenNitric oxide synthase inhibitors

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iNOS "knock out" Mäusen verursacht wird, unter-scheidet sich nicht von dem im Wildtyp. Die endgülti-ge Rolle der iNOS-Hemmung beim MODS wird zurZeit in weiteren Studien geprüft (2).

4.4.1.3 NOS-Inhibitoren in der Sepis

Obwohl zahlreiche tierexperimentelle Untersuchun-gen vorliegen, gibt es nur sehr wenige klinischeStudien zur Biosynthese und Bedeutung von NO beiPatienten mit septischem Schock.Einige klinische Untersuchungen beim septischenSchock belegen eine vermehrte Biosynthese von NO.Im Gegensatz zu Tierversuchen (primär bei Nagern)ist der Anstieg der Plasmaspiegel von Nitrit/Nitrat beiPatienten im septischen Schock um den Faktor 10niedriger.Frühe Kasuistiken berichteten über günstige hämody-namische Effekte von L-NMMA bei Patienten mittherapierefraktärem septischen Schock (3). Durchdiese Fallberichte inspiriert, wurde eine Phase I Studie(offene, multizentrische Dosisfindungsstudie: 1, 2,5, 5,10 bzw. 20 mg/kg max. 8 Std.) mit L-NMMA bei 32Patienten mit septischem Schock initiiert. In dieserStudie wurde der arterielle Mitteldruck angehobenund der Bedarf an Vasopressoren erniedrigt. DerHerzindex fiel nicht unter den Normbereich, und dielinksventrikuläre Funktion blieb erhalten. Im weiterenVerlauf erhöhte L-NMMA die Sauerstoffextraktion,während der pulmonale Shunt nicht verändert wurde.In einer anschließenden Placebo-kontrollierten, multi-zentrischen Phase-II-Studie wurde die Wirkung von L-NMMA auf das Schockgeschehen (Endpunkt: arteriel-ler Mitteldruck ohne Vasopressortherapie > 70mmHg) bei 312 septischen Patienten untersucht. DerSchweregrad des Krankheitsbildes, der mittels SAPSII gemessen wurde, war in beiden Gruppen vergleich-bar. Die Infusion des NOS-Inhibitors führte zu einerZunahme des MAP und des SVR sowie einerAbnahme des CO. L-NMMA hatte keinen Effekt aufden LVSWI und damit auf die myokardialeKontraktilität. Die Thrombozytopenie oder die renaleDysfunktion ließen sich durch L-NMMA nicht beein-

flussen. Während sich 41% der mit L-NMMA behan-delten Patienten vom Schock erholten, gelang dies nurbei 21% der Placebo-behandelten Patienten (3).Im Juni 1997 wurde eine Phase-III-Studie mit 546C88(Targitin, L-NMMA) mit dem Endpunkt Letalitätbegonnen, bei der 798 Patienten eingeschlossen wur-den. Nach einer Interimsanalyse, die die Ergebnissevon 522 Patienten evaluierte, von denen 309 mit L-NMMA behandelt wurden, wurde diese Studie aufEmpfehlung des "Safety Committee" abgebrochen(1).

Zusammenfassend läßt sich nach dem jetzigen Standder Literatur feststellen, daß nicht selektive NOS-Inhibitoren die Letalität bei Patienten mit septischemSchock nicht senken konnten. Selektive NOS-Inhibitoren befinden sich in der präklinischenPrüfung.

4.4.1.4 Literatur

1. SCRIP, World Pharmaceutical News, 1998; 2330: 212. Thiemermann C: The use of selective inhibitors of indu-cible nitric oxide synthase in septic shock. Sepsis 1998; 1: 123-129.3. Petros A, Lamb G, Leone A, Moncada S, Bennett D,Vallance P: Effects of a nitric oxide synthase inhibitor inhumans with septic shock. Cardiovasc Res 1994; 28: 34-39.4. Watson D, Donaldson J, Grover R, Mottola D, GuntipalliK, Vincent JL: The cardiopulmonary effects of 546C88 inhumans with septic shock. Int Care Med 1995; 21: 117.

Key-words:Shock, septic;Nitric oxide;Enzyme inhibitors.

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. C. ThiemermannThe William Harvey Research InstituteCharterhouse SquareGB-London EC1M 6 BQ.

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Neue therapeutische Ansätze

4.4.2 N-AcetylcysteinN-acetylcysteine

Sauerstoffradikale entstehen in hohen Konzentra-tionen während verschiedener Schockformen, u.a.dem septischen (5, 12) und dem kardiogenen Schock(7, 31). Freie Radikale können zur endothelialenDysfunktion beitragen (14). N-Acetylcystein (NAC)hat antioxidative Eigenschaften und kann alsSulfhydrylgruppen-Donator zur Regeneration vonGlutathion und NO beitragen (19, 33, 36). NAC kanndie Produktion von Superoxidanionen durch einedirekte Wirkung auf die NADPH-Oxidase neutrophi-ler Granulozyten hemmen (33). Die Wirkung von

NAC ist aber nicht nur in der Absorption freierRadikale zu betrachten. Neuere Daten implizieren,daß der antioxidative Effekt durch die Induktion einesProteins vermittelt wird, das die Kaskade einen Schrittvor der Aktivierung des nukleären Faktors kappa-B(NF-kB) moduliert (9). Reduziertes Glutathion ist fürverschiedene Enzyme wichtig, z. B. für Gluthation-peroxidasen, als ein Substrat, welches Radikale oderTransferasen reduziert (33). Allerdings konnte in einerweiteren Arbeit gezeigt werden, daß die inhibito-rischen Eigenschaften von NAC nach Lipo-

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Page 32: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

polysaccharidapplikation unabhängig von der Rollevon NAC als Substrat der Glutathionsynthese waren(26). NAC kann durch die Regeneration von NO mit-tels Inaktivierung freier Sauerstoffradikale denEndothelschaden reduzieren (33). Abhängig vom NO-Gehalt können damit aber Vorteile wie Nachteile fürdas Individuum verbunden sein (38).

4.4.2.1 Präklinische Studien

Obwohl NAC selbst keine positiv inotropenEigenschaften hat (16), konnte NAC die myokardialeKontraktilität sowohl in einem Ischämie- als auchEndotoxinmodell verbessern (8, 29, 39). Regionalergeben sich im Hepatiko-Splanchnikus-GebietHinweise auf eine Verbesserung der regionalenPerfusion und Funktion durch NAC (9, 10, 20, 25).Allerdings kann NAC in hohen Konzentrationen auchzytotoxische Effekte aufweisen (2, 33). Ein dosisab-hängiger Effekt von NAC in bezug auf die Letalitätvon Endotoxin-behandelten Ratten konnte in einerkürzlich publizierten Untersuchung (35) gefundenwerden. Dabei wurden drei verschiedene Dosierungenvon NAC - beginnend 24 Stunden vor der Lipo-polysaccharidgabe - angewandt: 275 vs. 550 vs. 950mg/kg/48 h. Bei der niedrigen Dosierung war dieLetalität mit 17% im Vergleich zur mittleren undhohen Dosierung mit einer Letalität von 37% bzw.68% deutlich erniedrigt. Die Letalität in der Placebo-behandelten Gruppe betrug 47%, d.h. nur die mit derniedrigen NAC-Dosierung behandelten Tiere hatteneine höhere Überlebensrate im Vergleich zu derPlacebo-Gruppe (35).

4.4.2.2 Klinische Studien

Die relevanten Ergebnisse sind in den Tabellen 4.4.5zusammengefaßt.

4.4.2.2.1Pro N-AcetylcysteinIn klinischen Untersuchungen zeigte NAC bei kritischkranken Patienten in der Frühphase einer Sepsis (34)und beim akuten Leberversagen (6, 15) vorteilhafteWirkungen: Der systemische Sauerstofftransport (6,15, 34) und in einigen Untersuchungen auch derSauerstoffverbrauch (6, 34) stiegen unter NAC an.NAC verbesserte neben dem globalen Sauerstoff-verbrauch auch die Sauerstoffextraktion bei Patientenmit einem akuten Leberversagen (15). Bei Patientenim septischen Schock zeigte sich nach NAC bei derHälfte der Patienten ebenfalls ein signifikanterAnstieg des globalen Sauerstoffangebots und -ver-brauchs (34). Diese sogenannten NAC-Responder hat-ten im Vergleich zu den Non-Respondern eine deut-lich erhöhte Überlebensrate von 69% vs. 19% (34).Allerdings gab es keine charakteristischen Kriterien,mit Hilfe derer zu entscheiden gewesen wäre, welcheseptischen Patienten Responder sein würden (34).Der Anstieg des Sauerstofftransports war in den dreiangegebenen Studien (6, 15, 34) mit einem Anstieg des

Herzzeitvolumens, des Schlagvolumens und der links-ventrikulären Schlagarbeit sowie einer Abnahme dessystemischen Gefäßwiderstandes nach NAC assoziiert.Andererseits konnte in zwei weiteren Untersuchungenbei Patienten in der Frühphase des septischen Schockskeine Veränderung bzw. eine Abnahme des Herzzeit-volumens und der linksventrikulären Schlagarbeitnach NAC beobachtet werden (28, 32). Die differentenErgebnisse im Hinblick auf septische Patienten könn-ten durch methodische Unterschiede (Alter, unter-schiedliche Volumen- und Katecholamintherapie,unterschiedliche Laktatwerte in den Ausgangsmes-sungen) begründet sein (28, 34).Im ARDS wirkte NAC als Antikoagulans und konntedie pulmonale Fibrinaufnahme reduzieren (18). DerOxygenierungsindex ließ sich bei diesen Patientenjedoch nicht verbessern (18). In einer neuerenUntersuchung konnte bei Patienten im frühen septi-schen Schock eine Verbesserung der pulmonalenCompliance und des Oxygenierungsindex nach NACgezeigt werden (32). Durch die Reduktion proinflam-matorischer Cytokine könnte NAC auch denGewebeschaden bei septischen Patienten mit einemARDS limitieren (13, 17, 18, 22, 32). Die Endotoxin-induzierte neutrophile Alveolitis konnte signifikantvermindert werden (22), und in den radiologischenKontrollen waren die pulmonalen Ödeme schnellerrückläufig (3).Regional ergeben sich unter NAC-Therapie Hinweiseauf eine verbesserte Gewebeperfusion und –oxygenie-rung. Die Applikation von NAC (90 Min) war bei denseptischen NAC-Respondern mit einem erhöhtenintramukosalen Magen-pH und einer Abnahme desvenoarteriellen Kohlendioxidgradienten verbunden[34], die beide indirekte Indikatoren einer verbesser-ten Gewebeoxygenierung sein können (4). DieVerbesserung des Blutflusses im Hepatiko-Splanchnikus-Gebiet war in einer neueren Unter-suchung bei septischen Patienten nach NAC-Applikation (90 Min) signifikant (30). Der Anstiegberuhte allerdings auf einem Anstieg desHerzminutenvolumens, der relative Blutfluß, d.h. derAnteil des Blutflusses im Hepatiko-Splanchnikus-Gebiet in Relation zum gesamten Herzminuten-volumen, blieb unverändert. In einer Untersuchungvon Devlin et al. (6) konnte gezeigt werden, daß dieIndocyaningrün-Clearance nach der Applikation vonNAC (60 Min) bei Patienten mit einer akuten hepati-schen Dysfunktion zunahm. Die Verbesserung derIndocyanin-Clearance könnte auf einer Zunahme desLeberblutflusses und auf einer verbessertenLeberfunktion beruhen (27). In einer neuerenUntersuchung bei Patienten im septischen Schockkonnte neben dem Effekt auf die Leberperfusion eineverbesserte Leberfunktion gefunden werden (30),wobei letztere anhand des Lidocainmetabolismusdurch eine Zunahme von Monoethylglycinexylidid(MEGX) verifiziert wurde (4).

Zusammenfassend läßt sich pro NAC nach dem Standder jetzigen Literatur feststellen, daß NAC den mikro-vaskulären und nutritiven Blutfluß verbessern kann.

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Intensivmedizin

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Page 33: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

Klinische Erfahrungen liegen aber nur bei Patientenmit einem akuten Leberversagen, septischen Patientenund Patienten mit einem ARDS vor.

4.4.2.2.2Contra N-AcetylcysteinBei langzeitbeatmeten Patienten wurde nach 5tägigerGabe von 3 g NAC / d keine Veränderung der pulmo-nalen, Leber- und Nieren-Funktion beobachtet (21).Ebenso wenig fanden sich signifikante Veränderungender Glutathionspiegel im Plasma und der bronchoal-veolären Lavage (21). In einer neueren Untersuchungbei kritisch kranken Patienten konnte während einer3- bis 5tägigen Applikation von NAC keineVeränderung der totalen antioxidativen Serum-Kapazität und des Mikroalbumin-Kreatinin-Verhältnisses im Urin festgestellt werden. Allerdingswar das Patientengut in dieser Studie ebenfalls sehrinhomogen (alle beatmeten Patienten, die einen modi-fizierten Multiorgandysfunktions-Score ≥ 2 aufwie-sen), wodurch sich bestimmte Effekte möglicherweiseauch nicht mehr nachweisen ließen (23). Bei Patientenim septischen Schock zeigte sich ebenfalls keinUnterschied in der antioxidativen Kapazität zwischender antioxidativ behandelten Gruppe (NAC,Ascorbinsäure, a-Tocopherol) und der Placebogruppe(11). Die Nitritkonzentration war in der antioxidativbehandelten Gruppe erhöht (11). Erhöhte Nitritwertein der Initialphase der Sepsis können durchaus dele-täre Effekte haben (33, 38); in der letzterenUntersuchung war dies aber mit einem höherenHerzzeitvolumen und einem niedrigeren systemischenWiderstand assoziiert, wobei der mittlere arterielleDruck und die Vasokonstriktorentherapie unbeein-flußt blieben. Das Patientengut war im Hinblick aufpostoperative und internistische Patienten mit Sepsisallerdings auch in dieser Studie zu heterogen. Eine invitro Studie konnte an menschlichen neutrophilenGranulocyten zeigen, daß NAC zusammen mitNatriumnitroprussid die intrazellulären cGMP-Spiegelansteigen ließ und zusammen mit Lipopolysaccharidzu einem Anstieg der TNFα-Produktion führte, diedurch IFNγ verstärkt wurde (37).

Zusammenfassend läßt sich contra NAC nach demStand der jetzigen Literatur feststellen, daß die opti-male Dosierung für einen protektiven und einenzumindest theoretisch nicht auszuschließenden schädi-genden Effekt von NAC bisher nicht geklärt ist, dieprophylaktische oder therapeutische Behandlung inihrem jeweiligen Zeitverlauf nicht geklärt ist undbisher nach unserer Kenntnis keine ausreichendenklinischen Untersuchungen vorliegen.

4.4.2.3 Klinische Zulassung und weitere Indikationen

Für die Behandlung als Antidot bei Paracetamol-intoxikation und beim Paracetamol-induziertenLeberversagen ist NAC zugelassen (15). DieBehandlung ist in Tabelle 1 dargestellt. Weitere

Indikationen für eine Behandlung mit NAC sind imAugenblick als rein klinisch-experimentell zu betrach-ten, da noch keine ausreichende Erfahrung in derKlassifikation der Patienten vorliegen, die von einerBehandlung profitieren würden.

Literatur

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Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 614-626617

Neue therapeutische Ansätze

Tabelle 1: Behandlung mit NAC (1, 15)

Dauer derBehandlung 20 Std.

Dosierung Bolus 150 mg/kg i.v. über 15 min50 mg/kg i.v. über 4 Std.100 mg/kg i.v. über 16 Std.

Nebenwirkung Anaphylaktoide Reaktionen (Flush, Urticaria, Angioödem, Hypotension, Bronchospasmus)Inzidenz: 1:3000 [1:30000 lebens-bedrohlich]Therapie: Stop der InfusionBei nicht lebensbedrohlichen Symptomen ggf. eine Stunde später unter entsprechender Therapie (Diphenhydramin, evtl. Salbutamol) bei Fehlen jeglicher Symptomatik Fortsetzung möglich

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Page 34: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

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Key-words:Shock, septic;Nitric oxide;Enzyme inhibitors.

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. C. SpiesUniversitätsklinik für Anaesthesiologie undoperative IntensivmedizinHumboldt-Universität zu BerlinSchumannstrasse 20/21D-10117 Berlin.

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Intensivmedizin

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Page 35: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

Prostazyklin (Epoprostenol, PGI2) gehört alsEikosanoid zu den ubiquitär im menschlichenOrganismus vorkommenden vasoaktiven Substanzenund spielt als lokaler Mediator eine große Rolle in derRegulation der regionalen Makro- und Mikro-zirkulation und des Stoffwechsels. Aufgrund dieserEigenschaften ist der Einsatz von PGI2 in derIntensivmedizin Gegenstand zum Teil kontroverserDiskussionen.

4.4.3.1 Pharmakologie

4.4.3.1.1 Synthese und Metabolismus

Prostazyklin (PGI2) ist ein Endoperoxid-Derivat derArchidonsäure aus dem Zyklooxygenase-Weg. DieSynthese findet vornehmlich in Endothelzellen, aberauch im Niereninterstitium, im Magenschleim-hautepithel und in Leukozyten statt. PGI2 ist chemischinstabil – bei physiologischem pH beträgt dieHalbwertszeit in der Zirkulation 2–3 Minuten - undhydrolysiert spontan zum stabilen und inaktivenMetaboliten 6-Keto-Prostaglandin F1d. Im Gegensatzzu anderen Prostaglandinen, insbesondere Prosta-glandin E1, wird PGI2 in der pulmonalen Zirkulationweder produziert noch verstoffwechselt, so daß diearteriellen und gemischt-venösen Plasmaspiegel nor-malerweise nahezu identisch sind. Die Wirkung vonPGI2 erfolgt durch Bindung an einen spezifischenZellmembran-Rezeptor mit konsekutiver Aktivierungder Adenylzyklase und erhöhten intrazellulärencAMP-Konzentrationen (20).

4.4.3.1.2 Physiologische EffekteStickstoffmonoxid und PGI2 sind die potentestenendogenen Vasodilatatoren, deren gefäßerweiterndeWirkung dosisabhängig sowohl im arteriellen als auchvenösen und kapillären Strombett zum Tragen kommt.Die Vasodilatation zusammen mit der Hemmung derThrombozytenaggregation und der Adhärenz derLeukozyten an das Endothel werden als Haupt-ursachen für die Verbesserung der Mikrozirkulationbetrachtet (2). Im Gastrointestinaltrakt kommenneben den vasodilatatorischen Effekten zytoprotekti-ve Eigenschaften hinzu (6). Verschiedene Mecha-nismen sind für diese Schutzwirkung verantwortlich:

die durch die Vasodilatation verbesserte Schleimhaut-durchblutung, die Hemmung der Säuresekretion imMagen, die Stimulation der Schleimsekretion und ver-mehrte Bereitstellung alkalischer Valenzen, dieStabilisierung von Gewebslysosomen sowie dieHemmung proinflammatorischer Zytokine. Tatsäch-lich konnte die zytoprotektive Wirkung von PGI2 inverschiedenen Ischämie-Reperfusionsexperimentenbzw. Modellen eines septischen Schocks gezeigt wer-den (20).Schließlich kommt PGI2 eine besondere Rolle in derAufrechterhaltung der Nierenfunktion zu, wobei eineErhöhung des renalen Blutflusses bzw. der glomerulä-ren Filtrationsrate, die Steigerung von Natrium- undWasserdiurese sowie eine Stimulierung derErythropoetin-Sekretion zu nennen sind. Insbeson-dere in Situationen verstärkter Vasokonstriktion, wiez. B. bei intravasalem Volumenmangel, kommt es zueiner verstärkten lokalen PGI2-Synthese. Dennochwurden keine Veränderungen der Nierenfunktions-parameter bei Patienten beobachtet, bei denen - beiOperationen an der Aorta mit infrarenalerAbklemmung - die Zyklooxygenase perioperativgehemmt worden war, wenn zuvor eine adäquateVolumentherapie durchgeführt worden war (5).

4.4.3.2 Therapeutische Anwendung

4.4.3.2.1 Intravenöse AnwendungBei Patienten mit Sepsis, septischem Schock und / oderARDS führt die Infusion von PGI2 nahezu regelhaft zueiner Erhöhung des Herzminutenvolumens auf Grund einer verbesserten rechtsventrikulärenFunktion, des systemischen Sauerstofftransports sowieim allgemeinen auch der Gesamtkörpersauerstoff-aufnahme (1, 2). Dieser makrozirkulatorische Effektwird durch die verbesserte Druck-Volumen-Beziehung, also die Compliance des linken Ventrikels,bei der Gabe von PGI2 bei Patienten nach koronar-chirurgischen Eingriffen unterstützt (13). Besondersbeachtenswert ist in diesem Zusammenhang dieTatsache, daß PGI2 auch einen deutlichen vasodilata-torischen Effekt in der Mikrozirkulation hat, was sichdurch Laser-Doppler-Flußmessungen im Kapillarbettder Haut und nach kardiochirurgischen Eingriffennachweisen ließ (16, 17).Besondere Bedeutung kommt den Effekten von PGI2

bezüglich der regionalen Zirkulation, speziell imSplanchnikusgebiet, zu. PGI2 erhöhte bei freiwilligenVersuchspersonen die Leberdurchblutungsrate ineinem den Effekt auf das Herzminutenvolumen deut-lich übersteigenden Ausmaß (9). Nach Leberresek-tionen bzw. –transplantationen konnte ebenfalls eineverbesserte Durchblutung mit erhöhter lebervenöserSauerstoffsättigung nachgewiesen werden. Hervorzu-heben ist in diesem Zusammenhang der besondereEffekt bei primärer Transplantatdysfunktion, bei derdie intravenöse Gabe von PGI2 einen Funktionsausfall

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Neue therapeutische Ansätze

Abbildung 1: Synthese von Prostazyklin aus Arachidonsäure imCyklooxgenaseweg.

4.4.3 ProstazyklinProstacyclin

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Page 36: 4 Einsatz hämodynamisch aktiver Substanzen bei Sepsis und

des transplantierten Organs verhindern konnte (3).Neben der dopplersonographisch gesicherten Verbes-serung des Blutflusses werden hier die antiaggregato-rischen Effekte auf die Thrombozyten sowie die zyto-protektiven Eigenschaften auf die Leberparenchym-zellen als Ursachen diskutiert. Bei Patienten mit Sepsisund septischem Schock gehen die Effekte von PGI2

offensichtlich über die rein hämodynamischen Wir-kungen hinaus: Es konnten sowohl Verbesserungender hepatischen Sauerstoff-Bilanz als auch des tono-metrisch gemessenen Magenmukosa-pH erreicht wer-den, nachdem eine konventionelle Therapie mitVolumenexpansion und Katecholaminen nicht erfolg-reich war (18, 19).Allerdings liegen bislang keine randomisierten undPlacebo-kontrollierten Untersuchungen bezüglich derEffekte von PGI2 vor. Eine verringerte Morbidität undLetalität konnte bisher nicht dokumentiert werden.Schließlich dürfen die Nebenwirkungen von PGI2,nämlich arterielle Hypotension und Verschlechterungder arteriellen Oxygenierung auf Grund einerHemmung der hypoxisch pulmonalen Vasokon-striktion, die eine deutliche Limitierung des Einsatzesvon PGI2 darstellen, nicht außer acht gelassen werden.

Dosierung:Zur intravenösen Applikation steht natives PGI2

(Epoprostenol) als Natriumsalz zur Verfügung, das ineinem Glyzinpuffer mit einem pH zwischen 10 und 11gelöst wird. Die kurze Halbwertszeit erlaubt eine guteSteuerbarkeit, die mögliche Inaktivierung durchPharmakapräparationen mit saurem pH erfordertjedoch einen separaten (zentralvenösen) Zugang.Alternativ steht das stabile Analogon Iloprost zurVerfügung, das im Gegensatz zu Epoprostenol inDeutschland zugelassen ist (14). Ein Vergleich derpharmakodynamischen Eigenschaften von Epo-prostenol und Iloprost für Patienten auf derIntensivstation ist nach aktueller Datenlage nurbedingt möglich, es bestehen jedoch Hinweise darauf,daß die systemischen Nebenwirkungen von Iloprost(10) im Sinne eines Blutdruckabfalls geringer ausge-prägt sind. Das Dosierungsspektrum für PGI2 reichtvon 2–5(– 10) ng/kg/min zur Antikoagulation, von 5–35ng/kg/min zum Erreichen der systemischen hämody-namischen Effekte und bis zu 40–50 ng/kg/min zurBehandlung einer ausgeprägten pulmonalen Hyper-tension (20). Für Iloprost liegt dieser Bereich um etwadie Hälfte niedriger.

4.4.3.2.2 Extrakorporale ZirkulationAufgrund seiner antiaggregatorischen Eigenschaftenkommt PGI2 eine spezielle Rolle bei extrakorporalenEliminationsverfahren zu (Hämodialyse, kontinuierli-che Hämofiltration und –diafiltration sowie in deutlichgeringerem Maße für die extrakorporale Zirkulationan der Herz-Lungen-Maschine). Beim Einsatz imRahmen der kontinuierlichen Nierenersatzverfahrenkonnte eine verlängerte Lebensdauer der Hämofilterbei einer Kombination von Heparin und PGI2 gezeigtwerden (7, 12). Die Kombination von 5–10000 IU/24h

Heparin mit 3–5 ng/kg/min PGI2 ist als Antikoagula-tions-Regime geeignet.

4.4.3.2.3 AerosolAngesichts des nahezu identischen pharmakologi-schen Profils von Stickstoffmonoxid (NO) undProstazyklin (PGI2) wurde letzteres auch als Aerosolverabreicht (15, 21). Wie für inhaliertes NO wurdepostuliert, daß ein selektiver vasodilatierender Effektauf die pulmonale Zirkulation unter Vermeidung dertypischen unerwünschten Nebenwirkungen einerintravenösen Applikation erreicht werden kann. Einenahezu identische Effektivität von inhaliertem NOund PGI2-Aerosol konnte bei Patienten mit septi-schem Schock und ARDS sowie nach kardiochirurgi-schen Eingriffen nachgewiesen werden (8, 22, 23). DieMengen vernebelter Substanz liegen bei 1-100ng/kg/min (20), wobei die individuelle Dosierung inhohem Maße vom Patienten, der zugrundeliegendenPathologie und dem verwendeten Verneblertypabhängt. Die genannten Dosierungsangaben repräsen-tieren nur die Gesamtmenge vernebelter Substanz,nicht aber die Menge, welche die Alveolen erreicht.Aufgrund der im Vergleich zu NO deutlich längerenHalbwertszeit kann es bei der Gabe von PGI2 alsAerosol zur Resorption und damit systemischenWirkung kommen. Möglicherweise ist diesesPhänomen auch ursächlich für die - im Vergleich zurNO-Inhalation - verbesserte Splanchnikusoxyge-nierung und –energiebilanz bei Patienten im septi-schem Schock (4, 8).Trotz der bislang vielversprechenden Ergebnisse istdie Verwendung von PGI2 in Aerosolform als experi-mentell zu betrachten. Zur Beurteilung möglicher Nebenwirkungen liegen zu wenige Beobachtungenvor. Darüber hinaus sind bislang keine Vernebler ver-fügbar, die einen Dauereinsatz über mehrere Tageerlauben und über entsprechende Überwachungs- undAlarmfunktionen verfügen, die eine konstanteDosierung gewährleisten.

4.4.3.3 Prostazyklin in der Intensivtherapie

Es liegt eine große Zahl experimenteller und in weit-aus geringerem Ausmaß auch klinischer Daten vor, dieeine Verbesserung des nutritiven Blutflusses aufmakro- und mikrozirkulatorischer Ebene sowie eineVerbesserung der zellulären metabolischen Funktiondurch PGI2 nahelegen. Neben den Haupteigenschaftenvon PGI2, nämlich Hemmung der Thrombozytenaggre-gation und Vasodilatation, müssen zytoprotektive undantiinflammatorische Mechanismen als Ursachegenannt werden. Aufgrund der bislang fehlenden ran-domisierten, Placebo-kontrollierten Studien könnenzum jetzigen Zeitpunkt allgemeingültige klinischeEmpfehlungen nicht gegeben werden, was trotz derinzwischen großen praktischen Erfahrungen auch fürden Einsatz bei extrakorporalen Kreisläufen geltenmuß. In diesem Zusammenhang kommt der Tatsache,daß Epoprostenol in Deutschland kein zugelassenesMedikament ist, besondere Bedeutung zu. Unter

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Intensivmedizin

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strenger Kontrolle der Nebenwirkungen ist ein indivi-dueller Versuch bei Patienten mit Sepsis oder septi-schem Schock, bei denen eine Volumen- undKatecholamintherapie das Erreichen der unter 4.3genannten Zielkriterien, insbesondere für das Hepato-Splanchnikusgebiet, nicht bewirkt hat, jedoch durch-aus vielversprechend und empfehlenswert.Der Therapie mit PGI2 als Aerosol, insbesondere alsAlternative zum inhalierten NO, kommt derzeit nichtzuletzt durch die fehlenden technischen Voraus-setzungen nur eine klinisch-experimentelle Rolle zu.

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Key-words:Shock, septic;Epoprostenol;Vasodilator agents.

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. P. RadermacherUniversitätsklinik für AnaesthesiologieUniversität UlmParkstrasse 11D-89073 Ulm.

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Neue therapeutische Ansätze

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4.4.4.1 Rationale für Hydrocortison bei septischemSchock

4.4.4.1.1 Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-rinden-AchseIm prolongiert verlaufenden septischen Schocktreten Defekte in der Regulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) auf. Die negative Feedback-Kontrolle derHPA-Achse geht verloren, die Cortisol-Produktionbleibt unkontrolliert (22). TNF hemmt dosisabhängigdie Sekretion von Corticotropin releasing hormoneund ACTH (15). Dies erklärt, warum im septischenSchock das pulsatile Sekretionsverhalten des Cortisolsverloren geht (27). Im Verlauf des septischen Schocksfindet man eine Dissoziation der Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse mit auffällig niedrigenACTH-Werten bei hohen Cortisol-Konzentrationen(26). Die Stimulierbarkeit der Nebennierenrinde mit0,25 mg eines ACTH-Analogons ist signifikant ver-mindert (12). Die Kombination dieser Faktoren führtdazu, daß eine adäquate Stress-Antwort der HPA-Achse in prolongierten Phasen des septischen Schocksnicht mehr erfolgen kann.

4.4.4.1.2 Zytoplasmatische GlucocorticoidrezeptorenIn der Sepsis kommt es zu einer "Down-Regulation"zellulärer Glucocorticoid-Rezeptoren, wobei derenAnzahl und Affinität abnimmt (20, 32). Eine positiveKorrelation zwischen der Zahl zellulärerGlucocorticoidrezeptoren und dem mittleren arteriel-len Blutdruck wurde bei Patienten mit septischemSchock gezeigt (32). Die "Down-Regulation" derGlucocorticoidrezeptoren nimmt im Verlauf des septi-schen Schocks weiter zu, in Analogie zur erworbenenGlucocorticoid-Resistenz bei anderen inflammatori-schen Erkrankungen wie Polyarthritis oder Asthmabronchiale [4]. Wahrscheinliche Ursache ist eine hohelokale Konzentration proinflammatorischer Zytokine,die über Bildung von Transkriptionsfaktoren wie"activator protein 1" und "nuclear factor kappa ß" zueiner Komplexbildung mit aktivierten Glucocorticoid-Rezeptorelementen führt. Hierdurch kann die antiin-flammatorische Wirkung endogener Glucocorticoidewie des Cortisols nicht mehr oder nur unzureichendvermittelt werden (4).

4.4.4.2 Effekte der Substitutionstherapie mitHydrocortison

4.4.4.2.1 ImmunantwortDie Defekte der Hypothalamus-Hypophysen-Neben-nierenrinden-Achse und der Glucocorticoid-Rezep-toren bewirken eine unzureichende Glucocorticoid-Wirkung bis hin zur Glucocorticoid-Resistenz. ImVerlauf des septischen Schocks führt die verminderteantiinflammatorische Wirkung des endogenen

Glucocorticoids Cortisol zu einer inadäquat starkenbis überschießenden inflammatorischen Antwort.Gestützt wird diese Hypothese durch Untersuchungenan Probanden mit Endotoxinämie bzw. Patienten mitseptischem Schock. Die Infusion von Hydrocortison (3µg/kg/min kontinuierlich i.v. bzw. 100 mg als Bolus i.v.)vor Gabe von Endotoxin (4 ng/kg KG) schwächt dieinflammatorische Reaktion deutlich ab, kenntlich anVitalzeichen, wie Temperatur, Herzfrequenz undBlutdruck, sowie an Plasmakonzentrationen von pro-inflammatorischen Zytokinen (3, 24). Bei Patienten imseptischen Schock bewirkt die Gabe von Hydro-cortison in einer Dosis von 10 mg/h ebenfalls eineAbschwächung der systemischen Entzündungs-reaktion, erkennbar an Vitalzeichen und Markern derEntzündung wie Phospholipase A2, C-reaktivemProtein und Elastase (11).Von der Therapie anderer inflammatorischerErkrankungen weiß man, daß Dosen von 200 mgHydrocortison-Äquivalenten ausreichend sind, umeine erworbene Glucocorticoid-Resistenz zu überwin-den (4). Dies entspricht einer Substitutionstherapiemit Stress-Dosen von Hydrocortison (200 bis 300 mgpro Tag). Da zum Einsatz von Glucocorticoiden beiSepsis Phase-I- und Phase-II-Studien nicht durchge-führt worden sind, ergaben sich erst in jüngerer Zeitdie Erkenntnisse, daß Stress-Dosen von Glucocorti-coiden ausreichend sind, um immunmodulatorisch indie Wirtsantwort bei Sepsis einzugreifen.

4.4.4.2.2 HämodynamikStress-Dosen von Hydrocortison steigern im hyperdy-namen septischen Schock den arteriellen Blutdruckund den peripher vaskulären Widerstand, nicht hinge-gen den pulmonalarteriellen Druck. Des weiterennimmt das Herzzeitvolumen ab und normalisiert sich.Parameter der Herzfunktion bleiben durch Hydro-cortison weitgehend unbeeinflußt. Hieraus läßt sichschließen, daß durch Hydrocortison in erster Linie dieAnsprechbarkeit des peripher vaskulären Strom-gebietes auf vasopressiv wirkende Katecholaminegesteigert wird (9).Eine französische Arbeitsgruppe konnte bei Patientenmit septischem Schock eine positive Korrelation zwi-schen der Ansprechbarkeit peripherer Gefäße aufKatecholamine und Cortisol-Anstieg nach Stimulationmit ACTH finden (2). Offensichtlich ist der Effekteiner besseren Katecholaminwirkung bei Sepsis bzw.Endotoxinämie spezifisch für Hydrocortison, wie ver-gleichende Untersuchungen von Altura et al. belegen(1).Hydrocortison kann jedoch auch direkt dieAnsprechbarkeit der peripheren Vasomotoren aufKatecholamine steigern (5, 16, 31). Dieser Effekt wirdsowohl über den Mineralocorticoid-Rezeptor vom TypI als auch über Glucocorticoid-Rezeptoren vom Typ IIund möglicherweise über einen weiteren Rezeptorvom Typ IV vermittelt (13). Hydrocortison besetzt all

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Intensivmedizin

4.4.4 Substitutionstherapie mit HydrocortisonSubstitution therapy with hydrocortisone

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diese Rezeptor-Typen. Haupteffekt ist eine Steigerungdes Natriumeinstroms, der sowohl über Typ-I-Rezeptoren, als auch über Typ-II-Rezeptoren aus-gelöst werden kann (13). Aber auch ein beschleunigterNatriumausstrom scheint die Ansprechbarkeit derGefäßmuskelzellen auf Katecholamine zu steigern.Letzterer Effekt wird ausschließlich über Typ-I-Rezeptoren vermittelt (21). Diese Befunde werdendurch neuere Untersuchungen aus der Hochdruck-forschung bestätigt, die darauf hindeuten, daß diegesteigerte Ansprechbarkeit der peripheren Gefäßeauf Katecholamine zum Cortisol-induziertenHochdruck beitragen (28, 30).Die durch Stickoxid (NO) vermittelte vaskuläreHyporeaktivität auf Katecholamine bei Sepsis kanndurch Glucocorticoide beeinflußt werden. DieExpression der induzierbaren NO-Synthase inGefäßendothelzellen wird durch Hydrocortison unddurch andere Glucocorticoide verhindert (23, 29).Glucocorticoide interferieren auch mit anderen vaso-dilatatorisch wirkenden Mediatoren. DurchHemmung der Phospholipase A2 wird Arachidonsäureals Präkursor vasodilatatorisch wirkender Eikosa-noide vermindert (18). Darüber hinaus wird wenigerLysophospholipid, der Präkursor von "platelet activ-ating factor" (PAF) gebildet (14, 25). SowohlEikosanoide als auch PAF lösen am Tiermodell diecharakteristischen hämodynamischen Veränderungender Sepsis aus (7). Wie wir in unserer Pilotstudie zei-gen konnten, reduzieren bzw. normalisieren Stress-Dosen von Hydrocortison die Aktivität der löslichenPLA2 bei Patienten mit septischem Schock (11). Es istdaher vorstellbar, dass Hydrocortison auch über die-sen Weg das periphere Vasomotorenversagen beein-flußt.Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig zu ent-scheiden, welcher der erwähnten Mechanismen demTherapieeffekt von Hydrocortison beim septischenSchock dominierend zugrunde liegt (Abb. 1).Möglicherweise sind die direkten mineralocorticoidenWirkungen des Hydrocortisons an der Gefäßmuskel-zelle ausschlaggebend. In einer vor kurzer Zeit publi-zierten Studie wurde in vivo die verminderte

Ansprechbarkeit der Vasomotoren bei Probanden mitEndotoxinämie untersucht. Weder die Hemmung derNO-Synthase durch L-NMMA oder die Hemmung derCyclooxygenase durch Acetylsalicylsäure noch dieKombination beider Enzyminhibitoren normalisiertedie während Endotoxinämie pathologisch verscho-bene Dosis-Wirkungskurve für Noradrenalin. ImGegensatz dazu verhinderte die orale Applikation von200 mg Hydrocortison vor Endotoxingabe eineVerschiebung der Dosis-Wirkungskurve von Noradre-nalin; die Ansprechbarkeit der Gefäßmuskelzellen aufKatecholamine blieb komplett erhalten (6). Dies legtden Schluß nahe, dass Hydrocortison direkt dieWirkung der peripheren Vasomotoren auf Katechola-mine unter inflammatorischer Stimulation mitEndotoxin bewahrt bzw. wiederherstellt.

4.4.4.3 Praktische Durchführung

Es besteht bislang kein Konsens, wie die Substitu-tionstherapie mit Hydrocortison durchgeführt werdensollte. Insbesondere ist aufgrund der vorliegendenDaten nicht klar, ob eine Bolus-Applikation vonHydrocortison einer kontinuierlichen Gabe überSpritzenpumpe vorzuziehen ist (19).Bollaert und Mitarbeiter applizierten 100 mgHydrocortison als Bolus-Injektion in Abständen von 8Stunden über 5 Tage und mehr. Nach Beendigung derα-adrenerg wirksamen Katecholamintherapie (erlaubtwaren noch Dopamin < 5 µg/kg/min und Dobutamin inüblichen Dosierungen) wurde Hydrocortison für wei-tere 3 Tage als Boli von 50 mg und dann nochmals dreiTage lang als Boli von 25 mg in Abständen von 8Stunden verabreicht. Danach wurde die Interventionmit Hydrocortison beendet (8).In der Studie unserer Arbeitsgruppe wurden 100 mgHydrocortison-Succinat in 50 ml physiologischerKochsalzlösung diluiert und in 50 ml fassendePerfusorspritzen aufgezogen. Nach Rücksprache mitdem Hersteller ist eine Aufbewahrung dieser infusi-onsfertigen Lösung über 24 Stunden möglich. DieIntervention begann mit einer Kurzinfusion von 100mg (= 50 ml) Hydrocortison über 30 Minuten.Anschließend wurde Hydrocortison mit einer Dosisvon 0,18 mg/kg/h resp. 3 µg/kg/min infundiert (sieheauch (3)). Bei fehlenden Schockzeichen im Sinne einerStabilisierung der Hämodynamik - d. h. Beendigungder Katecholamintherapie mit Ausnahme vonDopamin in einer Dosis von 2 bis 4 µg/kg/min - wurde die Prüfsubstanz für 6 Tage auf eine Erhaltungsdosisvon 0,08 mg/kg/h reduziert. Nach 6 Tagen oder beiNatrium-Konzentrationen über 155 mmol/l (alsZeichen eines Hydrocortison-induzierten Pseudo-Aldosteronismus) wurde täglich um 1 mg/h reduziert.Trat im Verlauf der Intensivbehandlung eine erneuteSchockepisode auf, wurde die Dosis des Studien-medikamentes wieder auf 0,18 mg/kg/h für die Dauerder Katecholamintherapie gesteigert (9).Dosierung und Art der Applikation von Hydro-cortison basieren auf Daten zweier Pilotstudien sowieauf Untersuchungen an Probanden während Endo-

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Neue therapeutische Ansätze

Abbildung 1: Mögliche Wirkmechanismen von Hydrocortisonzur Wiederherstellung der Katecholaminwirkung beim septischenSchock.

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toxinämie (3, 10, 11). Von entscheidender Bedeutungist zum einen eine langsame Dosisreduktion vonHydrocortison, zum anderen eine Dosisreduktion beiZeichen eines Pseudo-Aldosteronismus. Bei zu schnel-lem Entzug von Hydrocortison besteht die Gefahreines erneuten septischen Schocks, wenn der inflam-matorische Reiz der zugrundeliegenden Infektionnoch besteht (z.B. noch nicht ausreichend lange behan-delte Pneumonie oder persistierende Peritonitis).Entwickeln sich Zeichen eines Pseudo-Aldostero-nismus (Anstieg des Serum-Natriums > 150 mmol/l,Kaliumbedarf > 240 mmol pro Tag), so spricht dieszum einen für die Kontrolle des infektiösen Fokus,zum anderen sollte die Dosis von Hydrocortison redu-ziert werden. Der Hydrocortison-induzierte Pseudo-Aldosteronismus kann nicht mit Kaliumcanrenoat the-rapiert werden, da es sich hierbei um einen selektivenAldosteron-Antagonisten handelt, der lediglich Typ-I-Rezeptoren besetzt. Die mineralocorticoide Wirkungvon Hydrocortison wird auch von Typ-IV-Rezeptorenvermittelt, die nicht von Aldosteron, wohl aber vonHydrocortison besetzt werden können (13).Mineralocorticoide Effekte von Hydrocortison imSinne eines Pseudo-Aldosteronismus wurden von unsbei Cortisol-Konzentrationen < 30µg/dl bislang nichtbeobachtet.

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Intensivmedizin

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daßsowohl die Bolus-Applikation als auch die kontinu-ierliche Zufuhr von Hydrocortison in einer Stress-Dosis (ca. 300 mg pro Tag) die Zeit der Therapie mitVasopressoren im septischen Schock signifikantverkürzt. Inwieweit diese Intervention vorteilhaftfür andere Organfunktionen und letztlich für dasÜberleben der Patienten ist, bleibt weiterenStudien vorbehalten.

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atrial natriuretic hormone. J Clin Endocrinol Metab 1995; 80:1238-124227. Voerman HJ, Strack van Schijndel RJM, Groeneveld ABJ,De Boer H, Nauta JP, Thijs LG: Pulsatile hormone secretionduring severe sepsis: Accuracy of different blood samplingregimens. Metabolism 1992; 41: 934-94028. Walker BR, Best R, Shackleton CHL, Padfield PL,Edwards CRW: Increased vasoconstrictor sensitivity to glu-cocorticoids in essential hypertension. Hypertension 1996;27: 190-19629. Warren JB, Coughlan ML, Williams TJ: Endotoxin-induced vasodilatation in anaesthetized rat skin involvesnitric oxide and prostaglandin synthesis. Br J Pharmacol1992; 106: 953-95730. Whitworth JA, Brown MA, Kelly JJ, Williamson PM:Mechanisms of cortisol-induced hypertension in humans.Steroids 1995; 60: 76-8031. Yard AC, Kadowitz PJ: Studies on the mechanism ofhydrocortisone potentiation of vasoconstrictor responses toepinephrine in the anesthetized animal. Eur J Pharmacol1972; 20: 1-9

32. Zonghai H, Han G, Renbao X: Study on glucocorticoidreceptors during intestinal ischemia shock and septic shock.Circ Res 23:27-36.

Key-words:Shock, septic;Hydrocortisone;Hypothalamo-hypophyseal system.

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. J. BriegelKlinik für AnaesthesiologieLudwig-Maximilians-Universität MünchenMarchioninistrasse 15D-81366 München.

Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 614-626625

Neue therapeutische Ansätze

Das Centre Hospitalier du Nord-Mayenne verfügt über400 Planbetten mit den Hauptabteilungen Allgemein-Chirurgie,Traumatologie, Geburtshilfe, Radiologie, Innere Medizin undAnästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin.

In der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizinist ab sofort eine Vollzeitstelle für

1 Fachärztin/arzt für Anästhesiologie zu besetzen.

Der Aufgabenbereich umfaßt die Versorgung der operativen Hauptabteilungen sowie der Intensivstation.Französisch-Basiskenntnisse sind erwünscht.

Ein Intensivsprachkurs während des ersten Arbeitsmonats wird vom französischen Arbeitgeberfinanziert. Die Vergütung liegt über dem BAT.

Ein deutscher Anästhesist mit Familie ist bereits in der Klinik tätig.Die Stadt Mayenne (15.000 Einwohner) liegt am Ostrand der Bretagne, etwa 1 Autostunde von derUniversitätsstadt Rennes entfernt.

Weitere Informationen erhalten Sie überC. Mau, Centre Hospitalier du Nord-Mayenne5, Rue Roullois B.P. 10253103 MAYENNE Cedex / FranceTel.: 0033 / 243087301 (dienstlich); 0033 / 243009827 (privat)

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Anästhesiologie & Intensivmedizin 2000, 41: 614-626626

Intensivmedizin

4.4.5 TabellenTables

Tabelle 1: Neue Therapeutische AnsätzeKlinische Untersuchungen bei kritisch kranken PatientenGlobale Parameter: Herz und Lunge

HZV Kontrak- HF SVR PVR Qs/Qt PaO2/ Laktattilität FiO2

NOS-InhibitorA ⇔ ⇓ ⇔ ⇓⇑ ⇔ ⇑⇑ ⇔ ⇑ ⇔

NACB ⇑ akutes ⇑ akutes ⇔ akutes ⇑ Sepsis6 ⇔ akutes ⇔ ⇑ Sepsis5

Leber- Leber- Leber- ⇔ akutes Leber- Sepsis6 ⇔ Sepsis,versagen, versagen, versagen, Leber- versagen, ARDS1,6,7

Sepsis1-3 Sepsis1-3 Sepsis1,2,5 versagen, Sepsis1,2,5

⇔ Sepsis1,5 ⇔ Sepsis1,5 Sepsis1,2,5 ⇓Sepsis6

⇓ Sepsis6 ⇓ Sepsis6 ⇓ Sepsis1

PGI2 ⇑ ⇑ ⇓ ⇓ ⇔ ⇑ ⇔ ⇓

NO-Inhalation ⇔ ⇔ ⇔ ⇓⇓

PGI2-Inhalation ⇔ ⇔ ⇑ ⇔ ⇓ ⇓⇓

IbuprofenC ⇔ ⇓ ⇔ ⇓

CorticoideHydrocortisonGlucocorticoide ⇔ ⇓ ⇔ ⇑ ⇔

Tabelle 2: Neue Therapeutische AnsätzeKlinische UntersuchungenRegionale Parameter: Hepatiko-Splanchnikusgebiet

HBF HBF/CI pHi / CO2 LeberfunktionMEGXICG-Clearance

NACB › Sepsis4 Sepsis4 pHi› Sepsis1 › Sepsis 3,4

pHi Sepsis1

PGI2 › Lebertransplantation › Lebertransplantation pHi› Sepsis8,9

ANOS-Inhibitor: Keine klinische Zulassung (Phase II und III für L-NMMA).PVR: Anstieg nur bei vorbestehendem pulmonalem Hochdruck.Regional: Keine klinischen Studien bekannt.BNAC: Zugelassen ist NAC nur zur Antidotbehandlung bei Paracetamol-induziertem Leberversagen.

Klinisch relevante Literatur:1. Spies CD et al.: Crit Care Med 1994;22:1738-17462. Harrison PM et al.: New Engl J Med 1991; 324:1852-18563. Devlin J et al.: Crit Care Med 1997;25:236-242 4. Rank N et al.: Crit Care Med (eingereicht 1998)5. Spapen H et al.: Chest 1998;113:1616-16246. Peake SL et al.: Crit Care Med 1996;24:1302-13107. Jepsen S et al.: Crit Care Med 1992;20:918-9238. Brienza N: Int Care Med 1998;24:1228-12309. Silva E et al.: Crit Care Med 1998;26:1749-1758.CIbuprofen: Keine klinische Zulassung mit der Indikation Sepsis.Klinisch relevante Literatur: Bernard GR, et al. N Engl J Med 1997; 336:912-918: Letalität: war nicht beeinflußt.

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