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Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011 Vertraulich 20.03.2011 Seite 1 von 23 Abiturvorbereitung Gemeinschaftskunde Internationale Politik und Sicherheitspolitik 1) Die Grundlagen für Sicherheitspolitik: Individuen und Gesellschaften: Geprägt von grundlegender und existentieller Unsicherheit In modernen Staaten: - Aufgabe des Staates und der Politik die Unsicherheit abzubauen und zu begrenzen Dadurch erfolgt eine Annäherung von Außen und Sicherheitspolitik Bis 1990: Die Staaten haben, abhängig von ihrer entweder strikten westlichen oder östlichen Systemprägung heraus, Schutz vor äußeren Angriffen bei Ihren Verbündeten gesucht. Ab 1989/1990: Das Ende des Ost-West Konfliktes bedeutete tief greifende Veränderung in der sicherheitspolitischen Weltstruktur: Zusammenbruch der bipolaren Weltordnung mit den rivalisierenden Großmächten mit Hegemonialanspruch USA und UdSSR Dies bedeutet neue sicherheitspolitische Herausforderungen und Bedrohungen, welche bislang durch den sich zuspitzenden Ost-West Konflikt verdeckt waren: Fortdauernd: Klassische, militärische Bedrohungslage paramilitärische Organisationen haben die Möglichkeit zunehmend weltweit zu operieren Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation) ethnisch-/religiös motivierte Gewalt Armut/Massenelend/Flüchtlingsströme aus der Peripherie in die reichen Industrienationen Auswirkung national/regional begrenzter Konflikte mittlerweile auch auf internationaler Ebene tlw. aufgrund der Globalisierung Bürgerkriege und zunehmen handlungsschwache und zerfallende Staaten („failed states“) Terrorismus und Drogenkartelle Neuartige, vielfältig und in weiten Teilen auch diffuse Bedrohungslage Der „erweiterte Sicherheitsbegriff“ versucht diese neuen Bedrohungslagen mit zu berücksichtigen. Innere Sicherheit: - Gesetzgebung/Justiz/Polizei - auch soziale Sicherheit und soziale Sicherungssysteme Äußere Sicherheit: - Abwehr von Bedrohungen von äußeren staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren - Diplomatie und Militär

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Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 1 von 23

Abiturvorbereitung Gemeinschaftskunde Internationale Politik und Sicherheitspolitik

1) Die Grundlagen für Sicherheitspolitik: Individuen und Gesellschaften: Geprägt von grundlegender und existentieller

Unsicherheit

In modernen Staaten: - Aufgabe des Staates und der Politik die Unsicherheit abzubauen und zu begrenzen

Dadurch erfolgt eine Annäherung von Außen und Sicherheitspolitik Bis 1990: Die Staaten haben, abhängig von ihrer entweder strikten westlichen oder

östlichen Systemprägung heraus, Schutz vor äußeren Angriffen bei Ihren Verbündeten gesucht.

Ab 1989/1990: Das Ende des Ost-West Konfliktes bedeutete tief greifende Veränderung in der sicherheitspolitischen Weltstruktur:

Zusammenbruch der bipolaren Weltordnung mit den rivalisierenden

Großmächten mit Hegemonialanspruch USA und UdSSR

Dies bedeutet neue sicherheitspolitische Herausforderungen und Bedrohungen, welche bislang durch den sich zuspitzenden Ost-West Konflikt verdeckt waren:

Fortdauernd: Klassische, militärische Bedrohungslage paramilitärische Organisationen haben die Möglichkeit zunehmend

weltweit zu operieren Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation) ethnisch-/religiös motivierte Gewalt Armut/Massenelend/Flüchtlingsströme aus der Peripherie in die reichen

Industrienationen Auswirkung national/regional begrenzter Konflikte mittlerweile auch auf

internationaler Ebene tlw. aufgrund der Globalisierung Bürgerkriege und zunehmen handlungsschwache und zerfallende Staaten

(„failed states“) Terrorismus und Drogenkartelle

Neuartige, vielfältig und in weiten Teilen auch diffuse Bedrohungslage

Der „erweiterte Sicherheitsbegriff“ versucht diese neuen Bedrohungslagen mit zu berücksichtigen.

Innere Sicherheit: - Gesetzgebung/Justiz/Polizei - auch soziale Sicherheit und

soziale Sicherungssysteme

Äußere Sicherheit: - Abwehr von Bedrohungen

von äußeren staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren

- Diplomatie und Militär

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Vertraulich 20.03.2011 Seite 2 von 23

2) Der „erweiterte Sicherheitsbegriff“: „Er nimmt neben den militärischen, klassischen Bedrohungslagen, die nicht nur von Staaten

ausgehen können, auch andere Konfliktursachen in den Blick: Armut und Massenelend, Zerfall von Staaten („failed states“), unkontrollierte Proliferation, Umweltzerstörung, ethnisch und religiös motivierte Gewalt. Als Gegenmaßnahme propagiert er Krisenprävention mit diplomatischen Mitteln, multilaterale Deeskalation von gewaltsamen Konflikten auch, aber nicht nur mit militärischen Mitteln sowie Konfliktmanagement mit dem Ziel, die Ursachen von Gewalt gewissermaßen auszutrocknen.“ (Aus: BpB, Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert)

Die vielen, neu auftretenden und rasch an internationaler Bedeutung

gewinnenden, meist regionalen Konflikte lassen sich in einer globalisierten Welt nicht mehr allein bewältigen. Sondern sie haben ihre mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen weltweit, weshalb eine neue Sicherheitspolitik notwenig geworden ist.

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 3 von 23

3) „Global Governance“: Hintergrund: Neue Herausforderungen zeigen die Grenzen des nationalstaatlichen Handelns

auf. Viele dieser neuen Herausforderungen und Probleme einer globalisierten bzw. denationalisierten Welt lassen sich nicht mehr im nationalstaatlichen Denken lösen.

Klimawandel und Umweltzerstörung Transnationaler Terrorismus Bürgerkriege, welche grenzüberschreitende Probleme darstellen Internationale Finanzkrise Verbreitung von Massenvernichtungswaffen etc.

Global Governance als Geflecht dreier Prinzipien: Governance by Government: (nationalstaatliches Regieren)

Darunter versteht man die nationalstaatlichen Regelungen und Gesetze, die ein Staat innerhalb seiner territorialen Grenze durchsetzen kann. (Bsp: Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen, etc.)

Governance with Government: (internationales Regieren)

Darunter versteht man das Koordienieren der Politik verschiedener nationalstaatlicher Regierungen in Form von transnationalen Abkommen und Verträgen um gemeinsame Probleme zu lösen. (Bsp: Abstimmung der gemeinsamen Handelspolitik: Zölle, Abbau von Handelsbeschränkungen, etc.)

Governance without Government: (transnationales Regieren)

Darunter versteht man, dass sich gesellschaftliche Gruppierungen mit gemeinsamen Interessen und Zielen sich selbst grenzüberschreitend verregeln. (Bsp: ICANN verregelt die internationale Vergabe von Internetadressen und „Domain Names“, etc.)

Das allgemeine Prinzip von „Global Governance“ ist nicht neu. Institutionen wie UNO,

IWF, GATT existieren bereits länger um internationale Vereinbarungen zu treffen. Das Prinzip zeichnet sich dadurch aus, dass die Regierungen das Regieren nicht mehr vollständig kontrollieren und bestimmte Kompetenzen abgeben. Somit findet eine Vergesellschaftung statt!!

Allgemeine Kritik am Prinzip „Global Governance“: Mangel an Entscheidungsfähigkeit:

Einstimmige Entscheidungen sind in einem multilateralen Verhandlungssystem schwer zu treffen.

Umsetzung getroffener Entscheidungen ist schwierig: Hängt vom Willen der Nationalstaaten ab, da kein internationales Gewaltmonopol existiert können vor allem viele mächtige Staaten nicht zur Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen bewegt werden.

Die Frage wird in Zukunft sein, inwieweit „Global Governance“ in der Lage ist, die

immer größer werdenden Probleme der internationalen Staatenkonstellation zu lösen.

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 4 von 23

4) Die Grundbegriffe der internationalen Denkschulen: Beide Ansätze gehen von einer grundlegenden Anarchie der Staatenwelt aus. Sie

verfolgen das Ziel, Frieden in der Welt zu schaffen bzw. zu erhalten: Die Neo-realistische Vorstellung:

- Nationalstaaten sind einzige Handlungsakteure - Nationalstaaten handeln: souverän, egoistisch, kalkulierend - Es existiert kein Glaube an eine strukturierte Ordnung und eine internationale Institution zur Regelung der Beziehungen zwischen Staaten

- Ziel: In einem feindlichen Umfeld die eigenen, nationalstaatlichen Entwicklung zu sichern und die Durchsetzung der eigenen Interessen. - Mittel: Macht, Abschreckung, militärische Selbsthilfe, Gewaltanwendung, (Präventiv-)Krieg, taktische Bündnispolitik - Sicherheitsdilemma: Die Nationalstaaten liefern sich aus gegenseitigem Bedrohtheitsgefühl heraus Rüstungswettläufe, welche bis hin zum Krieg führen können - Akzeptanz internationaler Institutionen nur zum erreichen der eigenen Ziele

Die Institutionelle Vorstellung:

- Nationalstaaten sowie Organisationen sind Akteure im internationalen System - Trotz der auch in diesem Ansatz bestehenden egoistischen und rational handelnden Staaten sind diese bereit, internationale Kooperationen und Organisationen zur Wahrung des Friedens anzuerkennen - Sicherheitsdilemma überwinden durch Regulierung einzelner Politikbereiche durch internationale und unabhängige Organisationen - alle Beteiligten können durch Kooperation und Vernetzung gewinnen

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 5 von 23

5) Die UNO und Ihr Sicherheitsrat: Hintergrund: Zwei Weltkriege innerhalb kurzer Zeit haben zur Erkenntnis geführt,

dass eine international unabhängige Organisation zur Aufrechterhaltung des Friedens notwendig geworden war.

Zentrale Aufgaben der UNO:

Sicherung des Weltfriedens („positiver Friede“ + Menschenrechte) UNO als Kooperationsplattform der Staaten Verbreitung der Achtung der Menschenrechte/internationaler Umweltschutz etc.

Die Mitgliedsstaaten haben sich gegenseitig zugesichert, ihre Streitigkeiten friedlich

beizulegen! (vgl. UN-Charta Artikel 2, Ziffer 4) Damit ist die UN-Charta ein fundamentaler Bestandteil des Völkerrechts!

Es entzieht den Staaten das Recht, Ihre nationalen Ziele mit Gewalt durchzusetzen

Damit hat die Charta eine Grundspannung zwischen den Souveränitätsrechten der Staaten und den Regelungsansprüchen der internationalen Organisation geschaffen! Der Schritt von der Selbstjustiz zur Rechtsordnung!

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 6 von 23

Der UN Sicherheitsrat und seine Probleme: Seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes werden immer wieder Stimmen laut, die den Sicherheitsrat und seine Instrumente als unzureichend deklarieren. Der Sicherheitsrat entstand nach dem zweiten Weltkrieg. Mit seinen ständigen

Mitgliedern repräsentiert er immer noch die Machtverhältnisse von 1945. Diese haben sich jedoch geändert. (Indien/Brasilien/BRD/Japan/etc.)

Vetorecht der 5 Staaten entscheidet über die Handlungsfähigkeit Die Nationalen Interessen entscheiden dabei zu oft Internationale Sicherheit orientiert sich damit nur an den Interessen der Vetomächte und lässt viele Konflikte der Peripherie außer Acht.

Zwei Ausnahmen bei der Anwendung von Gewalt: Artikel 42: Zur Wiederherstellung des Friedens kann der Sicherheitsrat

militärische Mittel anwenden! (Artikel 43: Auf Ersuchen des Sicherheitsrates sind Streitkräfte zur Verfügung zu

stellen und das Durchmarschrecht zu gewähren) Artikel 51: - Recht auf Selbstverteidigung gegen einen Angriffskrieg

- Präventivschlag bei unmittelbar bevorstehendem Angriff, bei dem keine Zeit zu diplomatischen Verhandlungen bleiben, dürfen durchgeführt werden - Seit 1974: Auch gegen Staaten, die es dulden, „dass bewaffnete Banden, Gruppen, Freischärler und Söldner“ von ihrem Territorium aus aktiv sind.

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 7 von 23

Minderheit der Weltbevölkerung entscheidet über die Mehrheit

Die Übermacht der USA als einzig verbliebene Supermacht und ihr Hegemonial-Anspruch dominieren die Entscheidungen

Die Handlungen der USA in der Sache Irakkrieg haben gezeigt: Im Zweifel setzen sich die USA über den Sicherheitsrat hinweg (2002 vorgelegte neue Sicherheitsstrategie der USA: präemptive Verteidigung)

Russland und China sind neu/wieder aufstrebende Weltmächte und divergierende Interessen werden sich auch im Sicherheitsrat widerspiegeln

Der Sicherheitsrat (UNO) verfügt über keine eigenen militärischen Mittel und Kräfte Länder oftmals nicht bereit ihr Militär zur Verfügung zu stellen (Kosten+Verluste) Es wird nur dort interveniert, wo die „5 Großen“ es für wichtig halten, ihre eigenen Nationalinteressen berücksichtigt werden

Die Probleme haben sich seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes verschoben: Der UN-Sicherheitsrat ist auf zwischenstaatliche Krisen und Kriege konzipiert! Heutzutage: Meist innerstaatliche Konflikte, Asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus Prinzip der Nichteinmischung und des Weltfriedens stehen in immer stärkerer Konkurrenz

Ruanda zeigt auch: Manche Herausforderungen überfordern den Sicherheitsrat und er scheint nicht handlungsfähig genug zu sein

Jedoch sollte nicht unterschätzt werden:

Schaffung normativer Grundlagen durch den Sicherheitsrat und die Vereinten Nationen als Ganzes

Schaffung einer internationalen Politikplattform zur Diskussion

Verbreitung und Einhaltung völkerrechtlicher Grundlagen

Sprunghafter Anstieg der Beschlüsse und Maßnahmen nach 1989/1990 zeigen: Mehr Interesse an den wirklichen Problemen und der Wille zur Aufgabenerfüllung ist gegeben

Mögliche Reformansätze:

2. Möglichkeit: - 7 ständige Staaten mit Vetorecht - Aus verschiedenen Regionen der Erde - Sollen alle 5 Jahre durch Regionalgruppen bestätigt oder ausgetauscht werden

1. Möglichkeit: - Erweiterung der ständigen Mitglieder mit Vetorecht um wenige Staaten Vollmitgliedschaft 3. Möglichkeit:

- Erweiterung nicht-ständiger Mitglieder ohne Vetorecht um einige Staaten

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 8 von 23

Das Prinzip der Nichteinmischung und des Weltfriedens: Diese Beiden Artikel treten immer wieder in gegenseitigen Konflikt. Auf der einen

Seite das strikte Prinzip, den Weltfrieden zu bewahren, auf der Anderen das Recht souveräner Nationalstaaten, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln.

Ehemaliger Generalsekretär Boutros-Ghali:

Seit 1992 bekennt sich die UNO zu einer vorbeugenden und notfalls mit

Waffengewalt in Kampfhandlungen eingreifenden Sicherheitspolitik um die politische Ordnung in Absprache mit Einheimischen und humanitären Hilfsorganisationen

Boutros-Ghali in einem Bericht an die Generalversammlung 1992: „Das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten darf nicht als ein Schutzwall betrachtet werden, hinter dem straffrei Menschenrechte massiv und systematisch verletzt werden können. Die Tatsache, dass die Vereinten Nationen in diversen Situationen nicht in der Lage waren, Übergriffe zu unterbinden, kann nicht als ein rechtliches oder moralisches Argument gegen eine notwendige Abhilfemaßnahme angeführt werden, vor allem, wenn der Frieden bedroht ist.“

Was bleibt ?

Obwohl der Sicherheitsrat wie die UNO teilweise doch ihre Probleme auch mit den neuen Sicherheitsproblematiken und dem erweitertem Sicherheitsbegriff zu haben scheint sollte man nicht an ihrer prinzipiellen Institution zweifeln. Sie bleibt eines der wichtigsten Instrumente der internationalen Politik auch in Zukunft. Es bedarf allerdings einiger Änderungen. Sie ist ein einzigartiges Politikforum um auf internationaler Ebene zu kommunizieren und bildet auch gerade deshalb ein Forum für die Global Governance Idee.

Laut UN Charta: Zu den Zielen und Grundsätzen Artikel 1, Absatz 1:

- Ziel ist der Weltfriede und die Wahrung der internationalen Sicherheit - Bedrohungen für den Frieden zu beseitigen

Artikel 2, Absatz 7: - Die Charta erlaubt keine Befugnis zum Eingreifen in innere Angelegenheiten, die Aufgabe des Staates sind - Ausnahmen sind Zwangsmaßnahmen zu denen auch der Einsatz militärischer Mittel gehört!

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 9 von 23

6) Bewertung der Führungsrolle der USA: Anspruch und Last einer Nation Sicherheitspolitik bis 1936: Isolationism (Isolationismus)

Bewusste Ablehnung, für die Aufrechterhaltung der internationalen Sicherheit, Verantwortung zu übernehmen.

Sicherheitspolitik 1945-1989: Containment (Eindämmung) Ziel war die Eindämmung der UdSSR während des Kalten Krieges. Internationale Ordnung war überschaubar, stabil und hat die westliche Staatengemeinschaft gefördert, sowie den militärischen Führungsanspruch der USA gesichert.

Sicherheitspolitik seit 1989/1990: Grundlegendes Problem: - Die USA muss die internationale Sicherheitsstruktur neu definieren, in einer Zeit, in welcher die Bedrohungslage völlig ungewiss war. - Wie soll die USA als einzig verbliebene Supermacht auf die neuen Herausforderungen (vor allem „failed states“) reagieren ? Die Ära Clinton:

Ziel: Schaffung einer multilateralen Außenpolitik Stärkung internationaler Organisationen (NATO/UNO/WTO) Nicht militärische Stärke sondern Amerikas Wirtschaft und Kultur sollen

überzeugen

Die Ära Bush: Neo-Konservative Denkschule! Kritikpunkte am Vorgehen von Clinton:

Er reagierte nur auf einzelne Krisen Amerikas Interessen seien nicht durchgesetzt worden Ende des Kalten Krieges zu wenig als Chance Amerikas Werte und

Interessen überall durchzusetzen Hat militärische Bedrohungslage durch Iran und Nordkorea

unterschätzt

Daher steht fest: Amerika ist verstärkt Bedrohungen durch Terroristen oder aggressive Schurkenstaaten ausgesetzt („rogue states“)

Bushs Vorgehen: Handlungsfreiheit nach außen: Keine weitere Einbindung in internationale

Verträge (ABM Vertrag/etc.) Keine Verträge, die negative Wirtschaftsauswirkungen bedeuten

(Kyoto Protokoll) Ausbau des Raketen Abwehr Systems zur Sicherung des Territoriums USA fordern: Strikte Einhaltung der Nichtverbreitung

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 10 von 23

Neuausrichtung seit 2001 und der Terroranschläge Nach Afghanistan Krieg: „National Security Strategy“ – Bericht enthält (2002)

Amerika berechtigt sich auch einen „präemptiven“ Schlag durchzuführen um sich zu schützen

Wichtig! „Präventiv“ = zuvorkommend „Präemptiv“ = vorbeugend

Amerika will die „staatlichen Unterstützer“ des Terrorismus zu Rechenschaft ziehen

Eckpunkte von Bushs Außenpolitik: Bekenntnis zum Unilateralismus (ablehnende Haltung gegenüber

internationalen Verträgen und Organisationen) Streben nach „Weltherrschaft“ aufgrund militärischer Vorherrschaft Bereitschaft zum militärischen Machtgebrauch für die Durchsetzung

strategischer Interessen Die Ära Obama:

Obama will die globale Führungsrolle der USA erneuern Zurückgewinnung von Vertrauen Erkenntnis: USA kann die kommenden Probleme der Welt nicht alleine lösen

Stärkung und Erneuerung alter Bündnisse

Atomwaffen als Relikt des Kalten Krieges müssen abgeschafft werden Stärkung des Nichtverbreitungsvertrages Neuanfang mit der muslimischen Welt: Gegenseitige Achtung verschiedener Religionen Religionen als „Nebeneinander“, nicht als Konkurrenz

Aufstrebende Staaten in Institutionen einbinden um eigene Kosten zu begrenzen und Sicherheit auszubauen

Liberal-multilaterale Konzeption der Außenpolitik „Wiederbelebung des wohlwollenden Hegemons“

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 11 von 23

7) Die NATO: Historische Entwicklung und Bedeutung:

Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten 10 europäische Staaten, sowie die USA und Canada, die NATO als Reaktion auf die gewaltsame Expansion des sowjetischen Machtbereichs in Osteuropa. Damit ist ein Verteidigungsbündnis geschaffen worden, was durch das gemeinsame Ziel, der Abwehr des Kommunismus zusammengehalten wurde. Wichtiger Bestandteil war der Beistand im Bündnisfall, der nicht automatisch militärische Mittel und Wege voraussetzt. Darüber hinaus versteht sich die NATO auch als Wertegemeinschaft mit dem Bekenntnis zur demokratischen und freiheitlichen Ordnung.

Ein Angriff auf ein Bündnismitglied wird als Angriff auf die Allianz gesehen Die NATO Satzung bekennt sich zur UN-Charta und zum Völkerrecht

(Artikel 1) Prinzipieller Aufbau der NATO:

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 12 von 23

Entwicklung des Bündnisses seit 1990: Nach 1990 fiel der Gegenspieler des Verteidigungsbündnisses weg: Warschauer Pakt Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs gegen das Territorium eines

Bündnispartner ist damit nahezu ausgeschlossen Allgemeine Abrüstungsabkommen erzielten viele Erfolge 1992: Gemeinsame Vereinbarung der NATO Bündnispartner zu „Out of Area“

Einsätzen Damit hat sich die NATO vom reinen Verteidigungsbündnis zum aktiven

Kriegs- und Interventionsbündnis gewandelt

Der Jugoslawien-Krieg auf dem Balkan führte den Menschen in Europa vor Augen, dass auch innerhalb der geografischen Grenzen wieder der verbannt geglaubte Krieg ausbrechen kann

Krisenbewältigung im euro-atlantischen Raum rückt somit als neue Kernaufgabe in den Mittelpunkt

Die NATO hat somit ein weiteres Problem: In Zukunft spielen gewaltsame Konflikte zwischen Staaten eine weniger wichtige Rolle, wie innerstaatliche, religiöse und ethno-nationale Konflikte. Wie soll die NATO auf diese Herausforderungen reagieren ? Das „neue“ Selbstverständnis und die neue Rollendefinition kann man am Jugoslawien-Einsatz ablesen

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 13 von 23

Der Jugoslawien Konflikt und die Rolle der NATO: Einleitung „Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts sahen wir uns mit einem gewaltsamen Konflikt zwischen der serbischen und kosovo-albanischen Volksgruppe auf dem Balkan konfrontiert. Grund hierfür waren Angriffe serbischer Einheiten, durch die ein Großteil der im Kosovo ansässigen Bevölkerung zum Verlassen seiner Wohnstätten veranlasst worden war. Durch die am 24. März 1999 initiierte humanitäre Intervention beabsichtigte die NATO, mittels eines gegen Serbien gerichteten Luftkrieges konflikteindämmend einzugreifen und die Vertreibung sowie das humanitäre Elend der kosovo-albanischen Bevölkerung zu beenden. Nach Beendigung der militärischen Maßnahme stimmten Milosevic und das serbische Parlament einem vorgelegten Friedensplan der G-8-Staaten am 3. Juni 1999 zu. Der Konflikt ließ offenbar werden, dass das Ende des Ost-West-Konflikts entgegen der allgemeinen Hoffnungen und Erwartungen keinen Zustand des allgemeinen Friedens in Europa eingeleitet hatte. Durch den Konflikt wurde offensichtlich, dass der Kalte Krieg auch in dieser Region ethnische, religiöse und territoriale Streitigkeiten, deren Wurzeln größtenteils in vergangene Jahrhunderte zurückreichen, nicht beseitigt, sondern über die Jahrzehnte hinweg lediglich unterdrückt hatte. Auch im Rahmen der Neuaufteilung Europas nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden sie nicht beigelegt, sondern im Rahmen der Versailler Ordnung im Südosten Europas beibehalten. 50 Jahre lang wurden die alten ethnisch-territorialen Konfliktlinien durch die in Ost- und Südosteuropa errichteten kommunistischen Systeme, durch den Kalten Krieg und die Bipolarität der gesellschaftlich-politischen Ordnung in Ost und West lediglich eingefroren.

Angesichts des Konflikts im Kosovo und des von der NATO ohne völkerrechtliches Mandat des Sicherheitsrats durchgeführten Luftkrieges hat die Frage der Zulässigkeit der humanitären Intervention eine nicht unwesentliche völkerrechtliche und politische Bedeutung sowie Aktualität erhalten. Dies hängt zum Einen mit der Frage der Rechtmäßigkeit einer von Teilen der Staatengemeinschaft durchgeführten militärischen Intervention gegen einen Staat, dem kein direkter Angriff dieses Staates gegen den Intervenierten vorausgegangen war, zum Anderen mit der grundlegenden Veränderung aktueller Konfliktszenarien zusammen. Nicht mehr grenzüberschreitende, sondern ethno-nationale Konflikte, die bis zur Wende von 1989/1990 weitgehend unter der Herrschaft der bipolaren Supermächtekonstellationen unmittelbar oder mittelbar unterdrückt worden waren, stehen im Vordergrund derartiger Konflikte und brechen nun mit Macht hervor.

Der Zusammenbruch der sozialistischen Regierungssysteme bewirkte staatliche Neustrukturierungen und führte zu neuen Minderheiten- und Volksgruppenkonflikten. Neben dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme entstanden durch die Entko-lonialisierung weltweit Minderheitenprobleme. Grenzen, die ausschließlich von den Interessen der europäischen Kolonialmächte bestimmt waren und alte Kultur- und Stammesgebiete durchtrennten, wurden zu Grenzen neuer Staaten.

Im Rahmen der

Wiederauferstehung der alten Ordnungen geht es mit Vehemenz um ethnische Eigenständigkeit, um die Selbstbestimmung von Nationen, um die Gründung eigener Staatsordnungen - eines „nation building“- sowie um territoriale Neu- und Restrukturierungen.“ (Aus: „Rechtsgrundlagen der humanitären Intervention unter besonderer Berücksichtigung des Kosovo Konfliktes“ von Gisela Reicherter)

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 14 von 23

Der Jugoslawien Konflikt und die Rolle der NATO: Im Frühjahr 1999 führte die NATO zum ersten Mal Krieg (in Jugoslawien) Gründe:

Gräuel der serbischen Truppen gegen die albanische Bevölkerung der Provinz „Kosovo“

Sorge vor den Flüchtlingsströmen Problematische humanitäre Situation Völkermord – Vermutungen

UN Sicherheitsrat berät über ein offizielles Mandat:

Scheitert aufgrund Russlands Widerstand (Vetorecht)

Die NATO griff dennoch mit militärischen Mitteln in den Konflikt ein unter dem Begriff der „humanitären Intervention“

Probleme:

Darf sich die NATO über einen offiziellen Beschluss des UN-Sicherheitsrates hinwegsetzen?

Würden künftige Interventionen folgen? Ist die NATO zu einem Instrument der USA geworden?

Pro-Contra zur Rechtmäßigkeit der „humanitären Intervention“:

Pro: - allgemeines Verständnis von: Notrecht/Nothilfe/Nothandel Gerechtigkeitssinn

- „failed states“ haben keine Kontrolle mehr

- friedliche Mittel wirkungslos (Embargo/etc.)

- NATO hat „im Geiste“ der UN gehandelt

- gewisse Extremsituationen rechtfertigen gewaltsame humanitäre Interventionen

- moralisch notwendig - Beschlüsse der NATO unterliegen der

Einstimmigkeit Konsens entscheidet, statt 5

- bloße Eingriffskompetenz des Sicherheitsrates schließt Eingriffe Dritter in fremdes Hoheitsgebiet nicht aus

- Sicherheitsrat könnte am Eingriff gehindert sein: fehlende Truppen egoistische Interessen einer Vetomacht Grundsätze für humanitäre Interventionen fehlen einfach!

Contra: - Menschenrechtsverletzungen bilden

keine Grundlage für Interventionen

- humanitäre Intervention ist nicht definiert, daher darf keine automatische Eigendefinition erfolgen

- freie Interpretation von „humanitärer

Intervention“ führt zur Verwilderung der Staatenwelt

- Menschenrechtsverletzungen können

damit als Vorwand zu Interventionen missbraucht werden

- „humanitäre Intervention“ verstößt

gegen das allgemeine Interventionsverbot der UN Charta

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 15 von 23

Das strategische Konzept von 1999: Es entstand unter den Eindrücken und Erfahrungen aus dem Kosovo Einsatz Ziele und Inhalte:

NATO soll größer, schlagkräftiger und flexibler werden Sicherheit als „breites Spektrum“: militärisch/nicht-militärisch differenzierte Angriffe Instabilität im und um den euro-atlantischen Raum regionale Krisen an der Peripherie des Bündnisses als mögliche Sicherheitsrisiken für Bündnismitglieder Verbreitung von Massenvernichtungswaffen Flüchtlingsströme Terrorakte/Sabotage organisiertes Verbrechen

Das Bündnis trägt nicht nur zu Frieden und Freiheit der eigenen Mitglieder bei,

sondern auch zu Stabilität und Frieden in der jeweiligen Region! Das „neue strategische Konzept der NATO“:

Aufgrund divergierender Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten drohte das Bündnis

im Dauereinsatz zu zerfasern. Vor allem ging es um eine Prioritätensetzung in folgenden strittigen Fragen:

Umgang mit Russland? Gewichtung von Territorialverteidigung und operativer Tätigkeit? Bedeutung von Nuklearwaffen/Raketenabwehrsysteme? Aktionsradius der Allianz? Stellenwert von „Cyberangriffen“? Bedeutung von Partnerschaften mit anderen Organisationen?

Mit dem am 19. November 2010 beschlossenen Programm versucht die NATO auf

diese und weitere Sicherheitsproblematiken zu antworten. Inhalte des neuen strategischen Konzeptes:

Kernaufgabe ist und bleibt: Sicherheit und Freiheit der Mitgliedsstaaten mit diplomatischen und militärischen Mitteln

Verteidigung und Abschreckung: NATO bleibt Nuklear Allianz Aufbau eines Raketenabwehrsystems Cyberangriffe abwehren Abwehr von Terrorismus Abwehr von ABC Waffen

Krisenmanagement: Krisen und Konflikte außerhalb des Bündnisgebietes können auch zur

Gefährdung der Allianz führen Stärkeres Engagement zur Staatenhilfe

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 16 von 23

Kooperative Sicherheit: NATO bekennt sich prinzipiell zur Aufnahme neuer Mitglieder Engere Zusammenarbeit mit anderen Organisationen (EU/etc.) Bereits über 60 Staaten haben Kooperationsabkommen mit der NATO

Kooperation mit Russland bei Fragen wie: Raketenabwehr Terrorismus-/Drogen-/Piraterie Bekämpfung gemeinsame Bedrohungsanalysen

Die neue NATO:

Der Trend dieses Bündnisses geht immer mehr zu einer lockeren Analyseplattform. Dennoch hält die NATO auch mit Ihrem neuen strategischen Konzept an der bewährten Verteidigungsallianz fest. Sie ist zu einem komplexen und multipolar ausgerichteten Instrument der Nordatlantischen Allianz geworden. Dennoch bleibt sie stets Primat der Politik!

“International law is not rules. It is a normative system.”

Rosalyn Higgins

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 17 von 23

8) Die ESVP: Entwicklung der ESVP seit 1989:

Mit dem Umbruch musste auch Europa seine Rolle und Position in der internationalen Sicherheitswelt neu definieren.

Erst als Frankreich und Großbritannien ihre Divergenzen überwanden, war der Rahmen innerhalb der Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik (GASP) geschaffen, den Teilbereich ESVP mit aufzunehmen

Aufgabenspektrum laut Petersberg-Abkommen:

Humanitäre Projekte Rettungsmaßnahmen in Katastrophenfällen Friedenserhaltende Aufgaben („state building“) Kampfeinsätze zur Bewältigung von Krisen einschließlich friedensschaffender

Maßnahmen Prinzipieller Aufbau der ESVP:

Pro: - Auseinandersetzungen in Europa wieder

gegeben erfordert eine regionale Organisation

- Hilflosigkeit anderer Organisationen Bsp. UNO

- Unfähigkeit der EU in den Kosovo

Konflikt wirksam einzugreifen - etc.

Contra: - politische Differenzen untereinander - NATO hat zunehmend die Rolle des

Krisenmanagers erfüllt Notwendigkeit der ESVP noch?

- Aufnahme neutraler Staaten wie

Finnland, Österreich oder Schweden behindern die Allianz aufgrund ihres Neutralitätsstatus?

- etc.

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 18 von 23

Die NATO und die ESVP:

Durch die ESVP steht fest, dass die klassische Aufgabenverteilung der beiden Bündnisse, wonach die EU ausschließlich für Politik und die NATO für Sicherheits- und Verteidigungsfragen zuständig ist, in Zukunft nicht mehr gegeben sein wird. Der Einfluss der NATO wird innerhalb Europas zugunsten der ESVP etwas verringert werden. Damit stellt sich auch die Frage inwieweit Amerika (USA) in Europa noch eine Rolle

spielen wird? Inwieweit kann die ESVP die Aufgaben der NATO überhaupt wirksam wahrnehmen ?

Zwei denkbare Ansätze

Konkurrenzverhältnis: - langfristig erodierendes NATO

Verhältnis - Bruch der transatlantischen Beziehungen - Rivalität nicht auszuschließen Fall der NATO - etc.

Zwei-Pfeiler Allianz: - europäischer Pfeiler löst Sicherheitsprobleme

im eigenen regionalen Umfeld NATO steht nur für Notfall bereit

- Ob NATO oder EU Vorrang Entscheidung im Einzelfall

- Ähnlich wie NATO:

Freie Entscheidung über die Bereitstellung

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 19 von 23

Besondere Herausforderungen der ESVP: Es müssten mehr Anstrengungen einzelner europäische Länder (vor allem in

finanzieller Hinsicht) unternommen werden, um eine wirksame ESVP zukunftsorientiert zu gestalten

Es erfolgt eine teilweise Duplizierung von Organisationsstrukturen Offene Frage ob es Situationen geben kann, in denen NATO und ESVP nicht einer

Meinung sind? Mögliches Konfliktfeld

Zuständigkeiten nicht strikt abgetrennt Da viele Länder Mitglieder beider Organisationen sind: Doppelarbeit und bürokratische Konflikte

Washington argwöhnt, dass ESVP zu sehr Konkurrenz ist NATO Mitglied Türkei blockiert oftmals eine Zusammenarbeit von NATO und ESVP

um seinen Anspruch auf eine EU Mitgliedschaft deutlich zu machen

„strategische Partnerschaft“ zwischen beiden Organisationen angestrebt! Grundlagen im Berlin-Plus-Abkommen vom März 2003:

Zugang bei Planung und Umsetzung von EU Operationen zu NATO Strukturen

Rückgriff auf militärische Planungs-/Führungseinrichtungen der NATO In Zukunft sollte dennoch klar sein:

1. Europa wäre über ein höheres Maß hinaus eigenverantwortlich als dies bisher der Fall war

2. Europa hat eine stärkere Stimme 3. USA muss als Partner gesehen werden und darf nicht in ein

Konkurrenzverhältnis treten 4. Arbeitsteilung: ESVP soll vor allem „state building“ übernehmen 5. Europa wird stärker als ein „neutrales“ Bündnis gesehen, im Gegensatz zur

NATO, sie eher als Militärbündnis gesehen wird

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 20 von 23

9) Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation): Proliferation beschreibt die

Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme durch Staaten und ggf. organisierte Kriminalität. Hierbei spielen insbesondere die illegale Weitergabe und Verbreitung durch abgeschlossene Nichtverbreitungsverträge eine wichtige Rolle. Dabei nehmen vor allem die Atomwaffen eine Schlüsselposition ein.

Motive für die Beschaffung von Massenvernichtungswaffen:

1. Einschüchterung und Bedrohung von Nachbarstaaten: (Bsp.: Der Irak entwickelte unter Hussein chemische und biologische Kampfstoffe für den Fall eines Krieges mit dem benachbarten Iran)

2. Aufrechterhaltung der eigenen Sicherheit: (Bsp.: Iran strebt nach Nuklearwaffen, da die Nachbarstaaten Pakistan und Israel Nuklearmächte sind und sich der Iran durch das Engagement der USA im nahen Osten bedroht fühlt)

3. Reaktion auf den erfolgreichen Erwerb durch andere Staaten: (Bsp.: Pakistan sah sich durch den Aufstieg Indiens zur Atommacht zum Erwerb von Kernwaffen gezwungen, Indien wiederum sah sich durch China genötigt)

4. Ideologische Begründung und „Überlebensgarantie“: (Bsp.: Das kommunistische Nordkorea sieht den Erwerb von Kernwaffen als eine Art Überlebensgarantie)

5. Devisenquelle: (Bsp.: Nordkorea bessert durch den Verkauf von Trägertechnologie seine eigene Staatskasse auf)

6. Prestige: (Bsp.: Dieses Motiv kann sowohl bei den alten als auch bei den neuen Atommächten beobachtet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frankreich beispielsweise in einen Krieg eintritt, bei welchem es zum Einsatz von Kernwaffen gezwungen wird ist denkbar unwahrscheinlich, dennoch verschafft es Ansehen, über das Potential zu verfügen. Sie sind das Symbol unabhängiger französischer Außenpolitik)

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 21 von 23

Das Problem der Atomwaffen und deren Verbreitung: Das Ausgangsproblem:

Immer neue und mehr Staaten drängen in den Club der Atommächte. Daraus entsteht eine teilweise unkontrollierte Verbreitung mit unkalkulierbaren Risiken für die internationale Staatengemeinschaft.

Zwischenlösung:

Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV), den 185 Staaten unterzeichnet haben, regelt die Nutzung von Kerntechnik. Der Vertrag erkennt die 5 Atommächte an, wobei sich die Staaten zur prinzipiellen Abrüstung bekennen. Der Vertrag bestimmt zudem die Nichtverbreitung und die friedliche Nutzung unter Aufsicht der IAEO.

Problem:

Der NVV befindet sich momentan in einer Krise: Viele Länder sind mit den Abrüstungsbemühungen der Großmächte

unzufrieden, da sie diese als unzureichend ansehen Überwachungsregeln der IAEO sind trotz gestiegenem Gefahrenpotential

nicht verbessert worden Problematik der Atommächte Indien, Pakistan und Israel, welche sich

außerhalb des Regelwerks befinden und sich dessen Regelungen entziehen

Immer mehr Staaten drängen auf die Nutzung von Kernenergie aufgrund steigenden Energiebedarfs und sinkender natürlicher Ressourcen (Öl) unkontrollierbare Proliferation!

Viele der Nutzer von Kernenergie oder Besitzer von Kernwaffen befinden sich in dauerhaft instabilen politischen Regionen, welche das Risiko erhöhen

Da bei der Nutzung von Kernenergie die friedliche und militärische Nutzung nahe beieinander liegen ist potentiell eine große Gefahr des Missbrauchs von friedlicher Kernenergie gegeben!!!

Das mögliche Entstehen neuer Atommächte kann zur Gefahr des hegemonialen

Anspruches in der Welt für die USA werden. Amerikas Handlungsfreiheit würde dadurch zunehmend beeinträchtigt. Die USA würden folglich mehr und mehr zum gefesselten Riesen.

Da die USA momentan immer noch das einzigste Land ist, welches zum weltweiten militärischen Eingreifen in der Lage ist würden sie zunehmend solche Aggressionen nicht mehr eindämmen können. Damit einhergehen würde die zunehmende Marginalisierung des UN Sicherheitsrates.

Dennoch bleibt der NVV von eminenter Bedeutung, da die meisten Staaten (185) diesen Vertrag ratifiziert haben.

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 22 von 23

Um diesen Vertrag zu stärken und aus der Krise zu holen gelangen im April 2010 zwei wichtige Durchbrüche:

I. Die USA erklärten einen weitgehenden Verzicht auf den Einsatz von Atomwaffen: Die USA brauchen zur Landesverteidigung Atomwaffen immer weniger, da Washington über genügend konventionelle Verteidigungskräfte verfügt Die USA bauen ein Raketenverteidigungssystem auf Die USA erklären, dass sie Atomwaffen nur noch unter außergewöhnlichen Situationen und auch nur gegen Nuklearmächte einsetzen würden

II. 8. April 2010: Unterzeichnung eines Neu-START-Abkommens zwischen Russland und den USA zur Begrenzung stationierter strategischer Kernwaffen

Probleme bei der Abrüstung von Atomwaffen: Pro-Contra

Pro: - Eine Welt ohne Atomwaffen senkt das Risiko eines Atomkrieges und dessen Risiken ungemein - Ausgaben können anderweitig investiert werden - Senkung der Gefahr, dass Uran in die Hände organisierter Kriminalität fällt -

Contra: - Amerika symbolisiert für viele Länder

einen Schutzschirm, viele verlassen sich auf den Schutz durch die Amerikaner (v.a. die neuen NATO Mitglieder)

- Manche Länder sehen die Zusammenarbeit mit anderen Staaten als Statussymbol und sind nicht gewillt darauf zu verzichten

- Länder an der NATO Peripherie könnten Angesichts von Atomwaffenprogrammen von Nachbarstaaten bei gleichzeitigem Abzug amerikanischer Atomwaffen selbst auf die Idee kommen, die Bombe bauen zu wollen (vgl.: Türkei aufgrund des iranischen Atomwaffenprogramms)

- Im Rahmen der NATO haben viele Länder, welche technisch dazu in der Lage wären Kernwaffen zu produzieren darauf verzichtet, weil sie es für sinnvoller hielten, sich unter den amerikanischen Schutzschirm zu begeben. Verliert diese amerikanische Schutzgarantie in Folge von Abrüstungsvereinbarungen an Glaubwürdigkeit, könnten manche Staaten selbst ihr Heil in eigenen Atomwaffen suchen

- In einer Atomwaffenfreien Welt würden

konventionelle Kriege wieder möglich

Erstellt von Carsten Willing Erstelldatum 20.03.2011

Vertraulich 20.03.2011 Seite 23 von 23

Wie geht’s weiter? Schlüssel zur Lösung kann das iranische Atomprogramm sein: Wenn der Iran trotz Sanktionen an seinem Atomprogramm festhält wäre aufgrund der Tatsache, dass auch der Iran den NVV unterzeichnet hat, der NVV durchlöchert

Durch die Beseitigung der Atomwaffen würden konventionelle Konflikte u.U.

kriegerisch gelöst: Die Beseitigung politischer Konflikte müsste vorausgehen

In einer atomwaffenfreien Welt müsste sichergestellt sein, dass kein Land neu an

Kernwaffen forscht, da das Wissen ja fortbesteht

Ein Schlüssel liegt in verstärkter internationaler Zusammenarbeit

Mit atomwaffenfrei ist nicht die Aufgabe der friedlichen Nutzung verbunden

Kreative Lösungen gefordert: Die Verbreitung von Urananreicherungsanlagen begrenzen, möglichst eine international betriebene Anlage aufbauen! Dadurch wird auch der unkontrollierten Verbreitung entgegen gewirkt.

Wichtige Abrüstungsverträge: Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag (ab 1970) NVV: Kernwaffenstaaten verpflichten sich, keine Nuklearwaffen an Nichtkernwaffenstaaten weiterzugeben oder diese bei Herstellung oder Erwerb zu unterstützen sämtliches Spaltbare Material ist unter die Kontrolle der IAEO zu stellen

Vertrag über B und C Waffen (ab 1975): Verbot der Entwicklung/Herstellung/Besitz/Weitergabe und Einsatz solcher Waffen Vernichtung der Waffen bis 2007

ABM Vertrag (ab 1972): Die USA und die Sowjetunion verpflichten sich keine Raketenabwehrsysteme aufzubauen

START 1 (ab beginn der 90er Jahre 91/92): Begrenzung und Reduzierung von see- und landgestützten Interkontinentalraketen Begrenzung und Reduzierung von Gefechtsköpfen und Bombern

KSE (ab 1992): Herstellung eines Gleichgewichts von konventionellen Waffensystemen wie Kampfpanzern und Flugzeugen zwischen Atlantik und Ural