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Arbeitsphysiologie, Bd. 14, S. 285~291 (1950). Aus dem Physiologischen Institut der Universiti~t und der sportphysiologischen Abteilung tier Sporthochschule KSln. ~nderungen der Ascorbins~iure-Ausscheidung bei kiirperlicher Arbeit. Ein Beitrag zur Frage der ,,Ermiidungsreaktion" naeh DONAGGIO. Von H. P~HLER. (Eingegangen am 13. Mai 1950.) Der Schwierigkeit, das Wesen der Ermfidung zu definieren, steht das Verlangen der Praxis gegeniiber, ein Mai~ fiir die augenblickliche LeistungsmSglichkeit oder Leistungsbereitschaft des Organismus zu besitzen. Als Mal~ fiir das Bestehen und die GrSl~e einer Ermfidung gab Do~AGcIo seine Hemmungsreaktion an. Untersuehungen mit der Donaggio-Reaktion ergaben, dab die Ascorbins~ure ffir ihr Zustandekommen yon wesen~licher Bedeutung ist. So entstand die Frage, welche ~nderungen die Ascorbins~ure- ausscheidung bei kSrperlicher Arbei~ erfi~hrt. Dieser bisher noch wenig untersuchten Beziehung sollten die vorliegenden Versuche dienen. Damit gelang es gleiehzeitig, das Wesen der Hemmungsreaktion nach Do~Aaaio zu kl~ren. Schri/ttum. Arbeit und Ascorbins~iure: Von M~TT~ES, A~ME~TA~TO,WAC~gOLnE~ wurde tibereinstimmend ein erhShter Ascorbins~urebedarf bei k~irperlicher Arbeit ange- geben. BRANDT und SC~USS~LE fanden nach gymnastischen ~ungen iiberwiegend eine vermehrte Ascorbins~ureausscheidung im Harn: sie stellten dabei jedoch nicht unerhebliche individuelle Unterschiede lest. Auch 0ItTA wies nach ]0 min dauerndem Lauf eine Mehrausscheidung nach. J]~zLE~ und H~T~R beobachteten dagegen nach gro~er kSrperlicher Anstrengung eine Verminderung der Ascorbin- s~ureausscheidung, die ihr Minimum sogar erst am 2. oder 3. Tage nach dem sportlichen Wettkampf aufwies. Mit diesen Arbeitsversuchen diirften Beob- achtungen yon DOBBELSTEI~, GOERTZ, NAGAYA~IA vergleichbar sein, die iiber- einstimmend im Fieber eine vermehrte Ascorbins~ureausscheidung nachweisen konnten. Auch im Schweil] kSnnen nicht unbetr~chtliche Mengen Vitamin C ausgeschieden werden (BER~STE~, WRm~T und Mitarbeiter). Donaggio-Realction. Das Prinzip der ttemmungsreaktion ist: Thionin wird durch Ammoniummolybdat gef~llt; diese F~llung soll dutch einen im Ham nach kSrperlicher Arbeit auftretenden Stoff gehemmt werden. DO~AGGIO ftihrtc diese Hemmung auf das Auftreten eines Kolloides im Ham zuriick. Die gleiche Auf- f~ssung vertraten SACCARDI und Gv~I~. FE~no-Lvzz~ hielt die die Hemmung bewirkende Substanz ftir ein Eiweil]derivat. Ton]~oLI machte ftir die Hemmung

Änderungen der Ascorbinsäure-Ausscheidung bei körperlicher Arbeit

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Page 1: Änderungen der Ascorbinsäure-Ausscheidung bei körperlicher Arbeit

Arbeitsphysiologie, Bd. 14, S. 285~291 (1950).

Aus dem Physiologischen Institut der Universiti~t und der sportphysiologischen Abteilung tier Sporthochschule KSln.

~nderungen der Ascorbins~iure-Ausscheidung bei kiirperlicher Arbeit.

Ein Beitrag zur Frage der ,,Ermiidungsreaktion" naeh DONAGGIO.

Von H. P~HLER.

(Eingegangen am 13. Mai 1950.)

Der Schwierigkeit, das Wesen der Ermfidung zu definieren, s teht das Verlangen der Praxis gegeniiber, ein Mai~ fiir die augenblickliche LeistungsmSglichkeit oder Leistungsberei tschaft des Organismus zu besitzen. Als Mal~ fiir das Bestehen und die GrSl~e einer Ermfidung gab Do~AGcIo seine Hemmungsreak t ion an.

Untersuehungen mit der Donaggio-Reakt ion ergaben, dab die Ascorbins~ure ffir ihr Zus tandekommen yon wesen~licher Bedeutung ist. So ents tand die Frage, welche ~nderungen die Ascorbins~ure- ausscheidung bei kSrperlicher Arbei~ erfi~hrt. Dieser bisher noch wenig untersuchten Beziehung sollten die vorliegenden Versuche dienen. Dami t gelang es gleiehzeitig, das Wesen der Hemmungsreak t ion nach Do~Aaa io zu kl~ren.

Schri/ttum.

Arbeit und Ascorbins~iure: Von M~TT~ES, A~ME~TA~TO, WAC~gOLnE~ wurde tibereinstimmend ein erhShter Ascorbins~urebedarf bei k~irperlicher Arbeit ange- geben. BRANDT und SC~USS~LE fanden nach gymnastischen ~ u n g e n iiberwiegend eine vermehrte Ascorbins~ureausscheidung im Harn: sie stellten dabei jedoch nicht unerhebliche individuelle Unterschiede lest. Auch 0ItTA wies nach ]0 min dauerndem Lauf eine Mehrausscheidung nach. J]~zLE~ und H~T~R beobachteten dagegen nach gro~er kSrperlicher Anstrengung eine Verminderung der Ascorbin- s~ureausscheidung, die ihr Minimum sogar erst am 2. oder 3. Tage nach dem sportlichen Wettkampf aufwies. Mit diesen Arbeitsversuchen diirften Beob- achtungen yon DOBBELSTEI~, GOERTZ, NAGAYA~IA vergleichbar sein, die iiber- einstimmend im Fieber eine vermehrte Ascorbins~ureausscheidung nachweisen konnten. Auch im Schweil] kSnnen nicht unbetr~chtliche Mengen Vitamin C ausgeschieden werden (BER~STE~, WRm~T und Mitarbeiter).

Donaggio-Realction. Das Prinzip der ttemmungsreaktion ist: Thionin wird durch Ammoniummolybdat gef~llt; diese F~llung soll dutch einen im Ham nach kSrperlicher Arbeit auftretenden Stoff gehemmt werden. DO~AGGIO ftihrtc diese Hemmung auf das Auftreten eines Kolloides im Ham zuriick. Die gleiche Auf- f~ssung vertraten SACCARDI und G v ~ I ~ . FE~no-Lvzz~ hielt die die Hemmung bewirkende Substanz ftir ein Eiweil]derivat. Ton]~oLI machte ftir die Hemmung

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Substanzen verantwortlich, die die Oberflaehenspannung herabsetzen. ZIM~InR- ~ A ~ sah, dal] die fragliche Substanz mit Ammoniumsulfat und Magnesiumsulfat ausgesalzt werden konnte; sie war in absolutem Alkohol leicht lSslich; yon den Harnfarbstoffen war sie leicht zu trennen. Es gelang nicht, die Substanz als ein Pepton zu identifizieren. BARBEI~A hielt die die Hemmung bewirkenden Stoffe ftir Eiwei~spaltprodukte. VITALI nahm Gallensi~uren als Ursache der Hemmung an. GUKELBERGER sah in der Ausscheidung yon Polypeptiden den Hemmungsfaktor, da er eine positive Biuret-Reaktion, aber keine HitzefMlung nachweisen konnte. BUSCAI~O und Lo~Go wiesen auf die Adsorbierbarkeit dieser unbekannten Sub- stanz durch Kaolin oder Tierkohle him BUSCAINO machte weiter den ttarn-pn, die Konzentration der Chloride, Phosphate, Carbonate und des Harnstoffs fiir die ttemmung verantwortlieh. Tovo beobachtete eine gewisse Parallelitat der Hemmungsreaktion zu Albuminurie, Diehte und F~rbung des Harnes. Abweichen4 davon vertrat ZIM~nR~n~ die Ansicht, daI~ die I-Iemmungsreaktion unabh~ngig sei yon dem Gehalt des Harnes an Zucker, Farbstoffen, EiweiB und dem p~.

W~hrend DO~Ar162 die Abh~ngigkeit der Reaktion yore spezifischen Gewieht des Harnes verneinte, glaubte JEZLER diese Abh~ngigkeit nachweisen zu kSnnen.

Naeh GUKE~BE~GE~ soll sogar jedes Eiweil~kolloid die Hemmungsreaktion bewirken kSnnen. Au~erdem wies er auf die Bedeutung der Kohlens~ure auf den Hemmungsvorgang hin. Eine entgegengesetzte Auffassung vertrat SC~6~HOLZ~.

Insgesamt ergibt sich aus dem bis jetzt bekannt gewordenen Schrifttum keine Kl~rung fiber das Wesen der Donaggio-Reaktion.

Methodik. Die Aseorbins~ure im Harn wurde naeh dem Verfahren yon TILLMA~S in der

Ab~nderung nach J~ZLER und NIED~,RB~RGE~ bestimmt. Damit wurden zwar gleichzeitig auch die fibrigen reduzierenden Substanzen im Ham nachgewiesen. Im Zusammenhang mit der Donaggio-l%aktion erschien sie jedoch ffir die vor- liegenden Versuehe brauehbar.

Die Hemmungsreaktion wurde naeh D O~AGGIO ohne jede :4nderung durchgeffihrt. Als Versuchspersonen dienten Bergleute (im Jahre 1944) und spiiter gesunde

Studenten (ab 1947). Insges~mt stellten sich 71 Bergleute, 20 Studenten, sowie eine FuBballmannschaft (Vertragsspieler) zur Verffigung.

Yersuchsergebnisse.

Arbeitsversuche.

Nach kSrperlicher Arbeit am Handkurbelergometer , nach Radrenn- fahr t oder nach einem Fui~bal lwet tkampf konn te bei allen Versuehs- personen eine Zunahme der reduzierenden Subs tanzen im t t a r n nach- gewiesen werden. Als Beispiel seien die Ergebnisse bei einer FuBba]l- mannschaft angefiihrt.

])as Ausmal~ der Zunahme der reduzierenden Substanzen im Harn -- darunter also auch der Ascorbinsaure -- war bei den einzelnen Probanden verschieden; es iiberschritt jedoch in jedem Falle erheblich den Mel~- fehler. In a]len Versuchen konnte im IIarn gleiehzeitig mit der Zunahme der reduzierenden Substanzen auch eine positive I-Iemmungsreaktion nac]~ DO~AGGIO nachgewiesen werden, w•hrend diese vor Beginn der Arbeit oder des Wettkampfes negativ war.

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Tabelle 1. Vor dem %Vettspiel N a e h dem W e t t s p i e l

N a m e Donaggio- :Reakt ion

I E n d s u m m e

BW.

Gr . N w . W e . Bo . Sch~. N~.

Reduz i e r ende Subs t anz

Ham im Ham

p g rag-%

6,98 2,12 6,59 1,62 6,65 1,65 7,08 0,75 7,39 0,52 5,21 0,50 5,90 1,02 5,23 1,07

Reduz i e r ende Subs tanz i m H a r n H a m

rag-% pg

3,27 6,07 2,20 5,41 3,90 5,86 1,54 5,33 2,00 6,59 1,65 5,16 1,30 5,22 1,53 5,43

33 34 27 31 26 30 27 30

In einer anderen Versuchsreihe wurden 5 vollstandig ausgeruhte Versuehspersonen, deren Morgenharn eine negative Donaggio-Reaktion aufwies, gleieh naeh dem Aufstehe~ mit 1,0 g 1-Aseorbinsaure intraven6s belustet. Die Probanden blieben dann welter in vollstandiger kSrper- lieher I~uhe. Der H a m , der naeh etwa 3 Std gewonnen wurde, zeigte neben einem erh6hten Aseorbinsauregehalt eine stark positive I)onaggio- t~eaktion. :Die Hemmungsreakt ion erreiehte dabei regelmS, Big Werte. wie sie sonst nur naeh ersehSpfender kSrperlieher Arbeit festzustellen waren. :Die , ,Ermiidungs"-Reaktion blieb in diesen Versuehen noeh his zum darauffolgenden Tage positi,~.

In den Versuehen an Bergarbeitern ergab sieh, dal3 diese bereits unter I~uhebedingungen, also vor der Sehieht, eine deutliehe Hemmungs- reaktion aufwiesen - - Hauptsumme der Reaktion durehsehnittlieh um 46 - - ; daraus h~tte man mit DONAGGIO auf das Bestehen einer Ermtidung sehliegen miissen. :Die Bergleute erhielten jedoch zu der Zeit regelmiiBig hohe Dosen Vitamin C, um sie vor Erkaltungssehaden zu bewahren, da sie besonders ungfinstigen Witterungsverh~ltnissen ausgesetzt waren. Es war in dieser Versuehsreihe noch auffallend, dal3 naeh Ende der Sehieht recht untersehiedliehe Ergebnisse der :Donaggio-Reaktion fest- zustellen waren. :Bei den Probanden, die schon vor der Arbeit eine stark positive t temmungsreakt ion im t t a rn aufwiesen, war die Reaktion nach der Arbeit weniger positiv. Umgekehrt wurde bei einer ursprfing- lieh sehwaeh positiven Hemmungsreakt ion diese naeh Beendigung der Schieht viel starker positiv gefunden. :Der ,,kritisehe Wef t" , lag naeh der Bereehnung yon :DONAOGIO bei einer Endsumme yon etwa 22.

Ver~uche in vitro zur Kli~rung der Ursache der Donaggio-Reaktion.

Zunachst wurden normalem Earn , der keine I-Iemmungsreaktion aufwies, solche Substanzen zugesetzt, die nach Arbeit vermehrt vor- zukommen pflegen. Es ftihrte jedoch weder ein Zusatz der in Frage kommenden Kationen noch der Anionen zu einem Positivwerden der i%eaktion.

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Zugabe yon organischen Harnbestandteilen - - Harnstoff, Harnss Kreatin, Kreatinin, Indikan, der verschiedensten Poly- oder Dipeptidel~ Aminosiiuren~ Gallens~uren, Milchsi~ure, Acetonk5rper, Zucker0 Harn- farbstoffen - - hat te ebenso keinerlei Erfolg. Auch Hormonzusatz war wirkungslos.

In einer anderen Versuehsreihe wurde ein Harn, der eine maximal positive Hemmungsreaktion aufwies, dialysiert (auf Eiweil~diehtigkeit geprfifte Dialysierhfilse yon Schleicher und Seh~511, No. 579 A). Die Hemmungsreaktion blieb auch im Diatysat positiv.

Weiter wurden normalem, keine Hemmungsreaktion zeigendem Harn die biologisch wichtigsten l~edoxsysteme Glutathion, Cystein, Thiosulfat und Ascorbins~ure zugesetzt. Zuffigen yon Glutathion war ohne jeden Erfolg. Zusatz yon Cystein und Thiosulfat ergab zwar auch eine Farbreaktion, diese verlief jedoeh vSllig anders als die Hemmung s- reaktion nach DONAG~IO. Naeh Zusatz yon 1-Ascorbins~ure wurde die Reaktion stets positiv. Die Grenzkonzentratiofi, bei der eben die Hemmungsreaktion p0sitiv wurde, konnte in diesen Versuchen mit 0,39 mg in 2 cm ~ Harn ermittelt werden. Je starker der Ascorbins~ure- zusatz gew~hlt wurde, um so starker positiv wurde aueh die Hemmungs- reaktion.

Es war nun die Frage, ob Ascorbinsgure allein die Hemmung bewirkte, oder ob dazu die gleichzeitige Anwesenheit anderer Harnsubstanzen Bedingung i s t . In Aqua dest. oder physiologischer KochsalzlSsung gelSste Ascorbinsgure allein ergab niemals eine positive Hemmungs- reaktion. Es erwies sich dann welter die Anwesenheit yon Orthophos- phorsgure oder Metaphosphorstture oder Dinatriumphosphat, Phosphor. pentoxyd, Sehwefelsgure, l~atriumbisulfat, Milchsi~ure, Salzsgure oder Salpetersiiure zur Ascorbinsgure zum Auftreten des Hemmungsph/ino- mens als notwendig. Dabei wurden diese Substanzen stets nur in den Konzentrationen zugesetzt, wie sie normalerweise im Harn vorkommen. Auf die Bestimmung der Mindestkonzentration wurde verzichtet.

Bespreehung der Versuchsergebnisse. Die Versuche ergaben eindeutig, dab es nach k6rperlicher Arbeit

zu einer ErhShung der Konzentration der reduzierenden Substanzen im Harn kommt. Es darf wohl angenommen werden, dab sich darunter auch vermehrt 1-Ascorbinsgure befindet. Fiir diese Annahme kann die Positivit~tt der Donaggio-Reaktion mit angeftihrt werden, denn hierftir ist die Anwesenheit der Ascorbins~ure ausschlaggebend. Es ist nun die Frage oh eine solche Konzentrationserh6hung als eine Mehrausscheidung angesehen werden darf. Sie k6nnte ebenso nur durch eine Vermin-

1 Die Firma Hoffmann-La Roche stellte in dankenswerter Liebenswiirdigkeit die Pr~parate zur Verfiigung.

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derung der Harnmenge bedingt sein, die infolge der mit der Arbeit verbundenen erh6hten Sehweigabgabe eintrat. Naeh den Unter- suehungen yon BE~ST~I~, WRIGHT und Mitarbeiter u . a . wird mit dem SehweiB ebenfalls 1-Aseorbins/iure ausgesehieden. Daher dfirfte die Annahme bereehtigt sein, dab es sieh in den vorliegenden Versuehen tatsgehlieh um eine Mehrausseheidung handelte. Diese Auffassung konnte weiter dutch Durstversuehe, die zur Kontrolle durehgeffihrt wurden, erh/~rtet werden. Hier stieg wiihrend eines 12stfindigen Durstens - - bei k6rperlieher l~uhe - - mit der Abnahme der Harnmenge aueh die Konzentrat ion der reduzierenden Substanzen an; das AusmM~ des Anstiegs war jedoeh hie so grog wie in den Arbeitsversuehen.

Von besonderem Interesse dfirfte noeh die Beobaehtung sein, dab auger naeh Arbeit aueh naeh Vestibularisreizung - - und zwar stets I~aeh einem ,,Langreiz" yon 50 Umdrehungen in 100 see, bisweilen jedoeh aueh naeh dem fibliehen Reiz yon 10 Umdrehungen in 20 see - - mit einer Konzentrationssteigerung der reduzierenden Substanzen im H a m eine vermehrte Aseorbins~ureausseheidung und dadureh ein Positiwverden der Donaggio-Reaktion zu erzielen War. Dureh den Vestibularisreiz kann es ebenso wie dutch k6rperliehe Arbeit zu einer Einstellung des Organismus auf das ergotrope System kommen (MIEs, dort aueh weitere Literatur). Demnaeh mfigte die Ausseheidung der reduzierenden Substanzen und aueh der 1-Aseorbins~ure in Abh~ngigkeit yon dem adrenergisehen System stehen.

I m Mlgemeinen wird die 1-Aseorbins/~ure als ,,Sehwellenstoff" angesehen (Literatur bei R. ABD~ALDE~) . Mit dieser Auffassung dfirften die vorliegenden Untersuehungsergebnisse, die eine so raseh eintretende Mehrausseheidung naehwiesen, nieht ohne weiteres ver- einbar sein. Man mfigte dazu annehmen, dag es unter dem Einflul~ des adrenergisehen Systems zu einer Mobilisierung der Aseorbins~ure im Blute kommt, und dab dadureh eine Mehrausseheidung eintritt. Die bekannte Verknfipfung der Funktion des Nebennierenmarkes und der 1-Aseorbins~ure bietet hierffir einen gewissen Anhalt. Zur Kli~rung dieser Fragen dfirften weitere Versuehe fiber den Aseorbins/~urespiegel des Blutes und vor allem fiber die Aseorbinsi~urespeieherung erforderlieh sein. Ffir die K1/~rung der Steuerung der Aseorbins/iureausseheidung dfirfte aueh die Beobaehtung an Bergarbeitern nietlt unwiehtig sein. In diesen Versuehen konnte naeh der Arbeit eine vermehrte und aueh eine verminderte Ausseheidung festgestellt werden, je naehdem ob diese vor der Arbeit gering oder s tark war.

Die bisher zumeist ve r t re tene Auffassung, dab die Donaggio- Hemmungsreakt ion dutch das Auftreten yon Eiweigk6rpern oder deren Abbauprodukte bedingt sei, konnte dutch die vorliegenden Versuehe nieht best~.tigt werden. Es gelang dagegen, die Aseorbins~ure als den

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wichtigsten Faktor fiir ihr Zustandekommen zu identifizieren. Es ist jedoch nieht die Aseorbins~ure allein, die die Positivit~it der Hemmungs- reaktion bedingt, vielmehr ist die gleiehzeitige Anwesenheit yon Schwe- fels~ure, Phosphorsaure oder Milchs~iure erforderlich. Somit dfirfte der Donaggio-Reaktion kein Weft als , ,Ermiidungsreaktion" zukommen. Auch die zahlreiehen Beobaehtungen werden verst~indlich, die zeigen, dal~ bei den verschiedensten krankhaften Zust/inden, vor a]]em im Fieber (GoERTZ u. a.) oder bei Hungerzust~nden eine positive Hemmungs- reaktion naehzuweisen ist (Literatur bei DO~AGmO u. a.).

Aus dieser Kl~rung der Ursaehe der Hemmungsreaktion ergibt sich die Frage, ob nieht die Bestimmung der Redoxsubstanzen im Blur eine starkere Beachtung verdient; es k6nnten bier vielleieht wichtige Beziehungen zur Leistungsbereitsehaft des Organismus bestehen.

Schliel]lich k6nnten die vorliegenden Versuehsergebnisse die Grund- lage bieten, aus der , ,Hemmungsreaktion" ein Verfahren zum quanti- tat iven Nachweis der Ascorbins~iure im Harn zu entwiekeln. Den bis- her angewandten Verfahren der Ascorbinsaurebestimmung haftet der Naehteil an, dal~ damit auch andere reduzierende Substanzen mit- best immt werden, wobei eine sloezifische Seheidung nicht mSglieh ist (Literatur bei ST~P~'-KffHZ~A~-SC~RO~DV~). Diese iibrigen reduzierenden Substanzen sind jedoch, wie naehgewiese n wurde, ffir das Zustande- kommen der }temmung der Thioninf~llung ohne Bedeutung. Es erscheint damit eine M6glichkeit gegeben, der weiter nachgegangen werden soll.

Zusammen/assung. Es gelang der Nachweis, dab die Hemmungsreaktion nach Do~Aacao

auf der Anwesenheit yon Ascorbins~iure im Harn beruht. Gleichzeitig nait der Ascorbins~ure miissen Schwefels~ure oder Phosphorsiiure oder Milchs~iure im Harn vorhanden sein. Die Donaggio-Reaktion kann nieht Ms ,,Ermiidungsreaktion" angesehen werden.

Nach k6rperlicher Arbeit konnte eine Mehrausseheidung redu-. zierender Substanzen mit dem Harn naehgewiesen werden. Dies diirfte auf einer Mehrausscheidung yon Ascorbins/iure beruhen.

Eine gleiche Mehrausscheidung t ra t auch naeh Vestibularisreizung ein. Die sich daraus ergebenden Schlultfolgerungen auf den Modus sowie die Steuerung der Aseorbins~iureausscheidung werden diskutiert.

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Dr . H . PGHL]~R, K61n, Physiologisches I n s t i t u t de r Universi tAt.

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