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Beitrag zur Physiologie des Wasserstoffwechsels in der Schwangerschaft

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Page 1: Beitrag zur Physiologie des Wasserstoffwechsels in der Schwangerschaft

Beitrag zur Physiologie des Wasserstoffwechsels in der Schwangerschaft 1).

Von Priv.-Doz. Dr, H. Runge und Dr. R. Kessler.

(Aus der Universitgts-Frauenklinik Kiel. - - Direktor: Prof. Dr. 1~. SchrSder.)

Mit 3 Textabbildungen und 2 Kurven.

(Eingegangen am 4. Februar 1925.)

Die Tatsache, dal~ das VerhMtnis der Wasseraufnahme, Verarbeitung ~nd Ausscheidung im Organismus der Schwangeren Unterschiede gegen- fiber der Norm zeigt, ist seit langem bekannt. Die vielfach auffallenden klinischen Symptome der hierans resultierenden Vergnderungen, ihr Zusammenhang mit den schwersten und in ihrer -~tiologie noch ganz ungeklgrten Schwangerschaftserkrankungen, brachten es mit sich, da6 eine grol3e Anzahl yon Autoren sich mit diesem Problem besch~ftigte. ]~',s ist das Verdienst Zt~ngemeisters, mit Hilfe exakter Methoden die besondere Eigenart des Wasserstoffwechsels Sehwangerer ngher eharak- terisiert zu haben. Dutch laufende W~gungen erbrachte er den Nach- weis, dal~ in der zweiten HM~te der Sehwangerschaft so gut wie regel- mgI~ig Wasser fiber den Bedarf hinaus im KSrper retiniert wird. Er ]~onnte welter zeigen, dal~ diese Retent ion aueh dunn nachweisbar bleibt, wenn Funktionsprfifungen auf eine scheinbar ungestSrte Funktion der Niere sehlie~en lassen, dab yon diesem Zustand zum sogenannten I~[ydrops gravidarum sich fliel~ende ~berggnge -- unter Umstgnden zu versehiedenen Zeiten sogar beim gleichen Individuum -- linden. Zange- meister nimmt an, dal~ die primgre Ursache ffir diese Labili tgt des Wasser- stoffweehsels in einer erh5hten Capillardurehlgssigkeit zu suehen ist. I n geringem Mal~e soll sich dieser Zustand bei jeder Schwangeren und ~ur graduell zunehmend, bei den verschiedenen Formen des Hydrops bis zur Eklampsie linden. Aueh die yon ihm und seinen Schiilern be- sehriebene Hydr~mie, die Eiwei6verarmung des Blutserums in der Schwangersehaft, erkl~rt er dadureh, da{t es zu einem Ausstrom eiwei6- halt iger Fliissigkeit durch die vergnderte Capillarwand ins Gewebe kommt. ~,er grol~e Wert der Untersuchungen Zangemeisters und seiner Sehule wird dadureh nieht beeintr~chtigt, wenn gesagt werden mu~, da6 der

1) Auszugsweise vorgetragen auf der Versammlung deutscher Naturforscher ~nd ~rzte, Innsbruck 1924.

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~6 H. Runge und R. Kessler:

objektive Nachweis einer J~nderung der Ca, pJllardurchl~ssigkeit bisher noch nicht erbracht werden konnte. Auch der Versuch B. Zonde]cs, J~nderungen des Wasserstoffwechsels dutch eine ErhShung der wasser- a~nziehenden Kraf t des Gewebes zu erkl~ren, bedeutet vorl~uiig nur eine interess~nte Arbeitshypothese. Die eigent!iche Sehwierigkeit des g~nzen Problems liegt darin, dal~ wir auch fiber den Mechanismus des normalen Stof~wechsels bislang wenig wissen. Wir miissen uns vorl~ufig damit begnfigen, Schlfisse zu ziehen auf Grund qualitativer und qu~nti- ta t iver Untersuehungen des Blutes, des Harns und ~uf Grund gewisser Bilanzen, die wir ~us dem einge~fihrten und wieder ~usgesehiedenen Flfissigkeiten errechnen. Ein Einblick in die vit~len Vorgange des Aus- tausehs yon Wasser und echt gelSsten Substanzen zwisehen B]ut und Gewebe, in die gew~ltige Arbeitsleistung der lebenden Zelle, ist un~ noch versagt. Allerdings sind wir imst~nde, mit Hilfe physikalischer oder physiko-ehemiseher Methoden eine Anzahl yon Kraf ten mel~bar zu erfassen, deren Wirkung neben der spezifisehen Zellfunktion sieher- lich ~uch eine gewisse Bedeutung zukommt.

Von diesen Kr~ften ist zun~chst der mech~nische B]utdruck zu nennen. Er dient dem ordnungsm~l~igen Abl~uf der Zirkulution im Gef~Bsystem. Daneben kommt ihm jedoeh auch Einflu~ ~uf die , ,Filtra- t ion" yon Wasser aus der Capillare ins Gewebe zu. Der Einflul~ mecha- niseher Verh~ltnisse t r i t t bei normalen, im Zirkulationsgleiehgewicht. befindlichen Prob~nden nieht ohne weiteres hervor, dagegen bietet di~ klinisehe Beobaehtung leieht pathologischer Zust~nde eine Anz~hl yon eindeutigen Befunden. Durch Hervorrufung einer venSsen St~uung,. z. B. Anlegung einer St~ubinde um eine Extremi t~t k~nn man ein Odem des gest~uten Bez~rkes hervorru~en. Das gewShnliche Unterschenkel- 5dem der Sehw~ngeren "beruht eben~alls au~ einer DruekerhShung im venSsen C~pillaranteil ~u~ Grund einer gewissen Stauung, wie yon dew einen yon uns (R.) in einer ~rfiheren Arbeit naehgewiesen werden konnte. Da[~ bier, wenigstens in ]eiehten F~l]en, ein haupts~chlich meeh~nisch bewirkter Ausstrom aus der C~pill~re ins Gewebe zust~nde kommt , l ~ t sich besonders ~ueh daraus schliel~en, d~l~ sieh das Odem n u t in den abh~ngigen Part ien bildet und sich resorbiert, sob~ld die Druekverh~ltnisse dureh ~nderungen der Lage (Bettruhe) ver~ndert sind. E s sei endlieh an die eben~a]ls yon Runge beschriebene, unter der Geburt vor sich gehende w~sserige Durchtr~nkung der Weiehtei]e, das, GeburtsSdem der V~gin~ erinnert, die sich ~ls Folge st~rkster venSser DruekerhShung in den in Fr~ge kommenden Gebieten deuten l~l~t. Der Vorg~ng des FiltrationsSdems ist unbestrit ten. Eppinger, Schade, Star- ling, Veil, Krogh u. ~. h~ben diesbeziigliehe Beobuchtungen publiziert. So besteht die siehere W~hrseheinlichkeit, dad auch unter norm~len Verh~ltnissen dem mech~nischen Druck in der C~pi]lare wichtige Be-

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deutung fiir die Wasserbewegung zwischen Blur und Gewebe zukommt. Wie sp~ter zu bespreehen sein wird, seheint gerade die Verbindung dieser Forschungsresultate mit dem im Fo]genden zu besprechenden gewisse plausible ErklirungsmSglichkeiten zu bieten.

Ins Meehanische umgerechnet, zeigt die zweite Art des Druckes, den wir im Blur des Mensehen messen kSnnen, weitaus die hSchsten Werte: ]}er osmotische, dutch die Kryoskopie nachweisbare Druek be t r ig t be- l~tmtlich 6,5 Arm. Seine grol3e Bedeutung fiir den Wasserstoffwechsel beruht darin, dal3 etwa entstehende Unterschiede des osmotischen Niveaus zwischen Blur und Gewebe mit gro•er Geschwindigkeit aus- gegliehen werden k5nnen. Besonders wichtig scheinen osmotisehe Vor- ginge fiir den Stoffweehsel der Zelle zu sein, da diese nach der Ansicht HSbers mit einer Art osmotiseher semipermeabler oder wenigstens nur f~r bestimmte kleinste Teilchen durchg~ngiger Membran gegen ihre Umgebung abgeschlossen ist. Untersuehungen des osmotischen Druckes am Sehwangerenmaterial sind in grSl~erer Anzahl publiziert und haben zu sehSnen Ergebnissen gefiihrt, jedoch unter Fragestellungen, deren Besprechung der unseren ferner liegt.

Als dritte Kraft , deren Auswirkung eine wichtige ]~olle spielt, ist end- lich diejenige zu nennen, die als spezifische Eigenschaft der hydrophilen Bh~tko~oide, also in der Hauptsache der Eiwei~kSrper, anzusehen ist: der onkotisehe Druck (Schade) oder Quellungsdruck (Ellinger) oder osmotische Druck der Kolloide (Starling). Diese Kraft umsehliel~t die Fihigkeit hydrophiler Kolloide entweder aus einer kolloidfreien L6sung yon genau gleichem molekular-osmotisehem Druek dureh eine dialy- tisehe Mernbran Wasser bis zu einer bestimmten SteighShe anzuziehen oder abet das LSsungswasser festzuhalten, wenn versucht wird, mit Hilfe mechanischen Druel~es l~lfissigkeit durch eine Membran abzupressen. Die theoretisehe Erkl i rung dieser in der praktisehen Kolloidehemie be- kannten Kr i f t e ist nicht ganz einfach. Wie die Nomenklatur zeigt, hat man diese Quellung in LSsungen einmal verglichen, mit dem gleichen Vorgang wie er yon festen Gallerten bekannt ist. Dal3 hierbei ganz be- t r icht l iche Drucke entfaltet werden kSnnen, ist bekannt. Daneben liegt der Vergleieh mit dem molekular-osmotischen Druck, wie er yon Star- ling gezogen ist, nahe. Beide Namen ersch5pfen den Vorgang nicht voll- st~ndig und kSnnen auBcrdem Anlal~ zu Verwechslungen geben. Aus diesem Grunde hat Schade die Bezeichnung onkotischer Druck vor- geschlagen. Wenn aueh hiermit zunichst nieht mehr als ein neuer Name gegeben ist, so scheint es doeh empfehlenswert, ihn einzufiihren, weil hiermit eben besser das Besondere des Vorgangs charakterisiert ist. Im biologischen Experiment hat sich in einleuchtender Weise die Wirkung dieser Kr i f t e vorffihren lassen. Starling konnte schon 1896 nachweisen, dal3 ein dureh Injektion von physiologischer KoehsalzlSsung in den

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iiberlebenden Schenkel eines Hundes gesetztes GewebsSdem rasch zur t~esorption kam, wenn man den Schenkel mit defibriniertem Blur durehstrSmte. Umgekehrt land Ellinger, da~ bei der DurchstrSmung yon Froschextremit~ten mit isotonischer RingerlSsung eine Gewichts- zunahme der Extremi t~t auftr~t, die er ~ls durch Ausstrom yon Flfissig- keit aus den Capillaren hervorgerufenes GewebsSdem erkl~rte. Setzte er der DurehstrSmungsfliissigkeit hydrophile Kolloide zu oder nahm er Serum, kam es nieht zu einem Ausstrom ins Gewebe, Sondern im Gegen- teil zu einer Riickresorption yon Flfissigkeit, wie sieh durch eine Ge- wichtsabnahme der betreffenden Ext remi t~ t feststellen lie~. Hier muBten also an der Capillarwand in beiden F~llen die wasseranziehenden Kr~fte der Serumkolloide zur Wirkung gekommen sein, d~, besonders im Falle Ellingers, das Ph~nomen deutlich an das Vorhandensein hydrophiler Kolloide in der DurchstrSmungsflfissigkeit gebunden war. Schade und Claussen konnten den gleichen Vorgang im Modellversuch reproduzieren. Von dem Ged~nken ausgehend, dab die Capillaren der ~fir diese Vor- g~nge in Betracht kommenden Gewebe eiwei~dieht sind, konstruierten sie ktinstliehe Capill~ren, RShren, deren W~nde ~us eiwei[3dichten Kollodiummembranen bestanden. Sie setzten diese Capillaren in genau isotonisehe RingerlSsung und durchstrSmten sie mit Serum. Bei An- wendung best immter mechaniseher Drucke, die in ihrer ttShe etwa dem Capillardruck entsprachen, konnten sie sowohl Ausstrom yon Wasser vom Serum zur Au~enlSsung, also Sekretion wie auch umgekehrt, ~e- sorption von Fliissigkeit von aul~en in die Capill~re hinein reproduzieren. t t ier wurde also am einfaehen Modell die Bedeutung der Blutkolloide fiir diesen Vorgang gezeigt. Die Kinetik dieses Fliissigkeitsein- und Ausstromes gibt gute Parallelen zu den theoretischen und auf anderem Wege experimentell gewonnenen Ansiehten der besten Kenner der Capillarphysiologie, Krogh, Ebbelce u. a.

Enge Wechselbeziehuagen ~bestehen n a c h Schade und Claussen zwischen onkotischem und mechanischem Druek. R~umlich miissen an der Capillare 3 Streeken unterschieden werden; zun~ehst diejenige, in der Fliissigkeit aus den Capillaren ins Gewebe abgegeben wird, dann eine Streeke, i n der ein Gleiehgewieht zwischen Innen- und AuBen- wand sieh gebildet hat, und endlieh der Teil, in dem ein Riiekstrom yon Fliissigkeit aus dem Gewebe zum Plasma bin zustandekommt. Der Vorgang des Wasserausstroms aus der Capillare t r i t t ein, wenn der meehanisehe Druek hSher ist als der onkotische. Dieser Ausstrom yon Wasser bedingt aber eine ErhShung der Konzentrat ion und damit eine Zunahme der Que]lungskr~fte der Bluteiwei[~e. Gleichzeitig n immt beim Weiterfliel~en des Blutes in der Capillare infolge yon Energieverbrauch der meehanische Druek ab. ErhShte Konzentrat ion und erniedrigter Blutdruck bewirken so am Ende der Capillare ein ~berwiegen der wasser-

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anziehenden Kolloidkrafte fiber die mechanischen Druckkr~fte und fiihren damit zu einer t~fickresorption nach innen. Es sei nur der Vollst~ndigkeit halber darauf hingewiesen, dai~ selbstverst~ndlieh aueh diese Forscher ihre Ergebnisse nur als Kl~rung eines Teilvorganges gewertet haben wollen. Der groge Komplex cellul~rer Funktionen sowohlvon seiten der BlutkSrperchen wie der Capillar- und Gewebszellen wird absichtlich auger acht gelassen.

Die Messungen des onkotisehen Druckes hat eine ganze Anzahl yon Autoren besehgftigt. Starling, Ph. Ellinger, Sgrensen, Krogh, haben ~e thoden angegeben. Klinisch haben alle diese Methoden keine An- wendung gefunden, weft sie teils zu unsicher (Ellinger), teils zu zeit- raubend warenl). Einzelmessungen waren kaum unter 30 Stunden zu maehen. Die Methode yon Schade und Claussen verkfirzte die Bauer der Einzelmessung auf etwa 3 Stunden und beseitigte weiter noch eine Anzahl yon Fehlerquellen, die nach der Ansicht dieser Autoren zum l ! Teil frfiheren Methoden anhaftete. Die Methodik beruht ~] auf folgendem Prinzip: Pregt man eine EiweiglSsung durch 1 eine Dialysiermembran, so gehen die Eiweigkolloide nicht

J hindureh und man mug einen best immten ])ruck aufwenden, I I J um Wasser durch die Membran abzupressen. Dieser Druck mug die wasserfesthaltende Kraf t der L6sungskolloide fiber- ~dnden. Vermindert man diesen Druck stufenweise, so k o m m t man einmal an den Punkt , in dem es gerade Abb. 1. nicht mehr gelingt, Wasser abzupressen. Dieser Druck, mi t dem die KolloidlSsung also ihr Wasser festhalt, wird als onko- tischer Druck (P. onk.)bezeichnet . Das Schema der Apparatur zeigt Abb. 1 (die 3 Abbildungen wurden mit Genehmigung der Verfasser ihrer Arbeit entnommen). Die L6sung wird in Richtung des Pfeiles durch die Membran gepregt. Auf der oberen Flgehe der Membran befindet sich ein Tropfen Queeksilber, der die Aufgabe hat, einmal eine Ver- dunstung zu verhindern und welter stSrende osmotische Einflfisse aus- zuschalten. Den gebrauehsfertigen Appara t zeigt Abb. 2. Er wird aus Neu- silber hergestellt yore Universit~tsmeehaniker Schweder in Kiel bezogen. Er besteht aus einer K a m m e r im Metallbloek B. Diese wird dutch die auf- schraubbare Pla t te A geschlossen. Diese Plaf te tr~gt die Cotlodium- membran. Das Reservoir D wird mit dem zu messenden Blutplasma beschickt. Es steht durch den Hahn E m i t der Kammer in Verbindung. Die Capillare C kommuniziert mit der Kammer B. Sie wlrd mit dem Druekflaschensystem, dureh das der nStige Abpre/~druck hervorgerufen wird, verbunden. Die Ablesung des Tiefertretens der Fliissigkeitssgule

1) Anm. b. d. Korr. : Inzwischen sind yon Serf-Heidelberg und Kaboth-Gbttin: gen mit Hilfe anderer der S6rensenschen ahnlicher 5{ethoden gewonnene Ergebnisse l?ubliziert. Die ~'erte dieser Autoren stimmen mit den unsern weitgehend iiberein. 8ie bestatigen dadurch unsere Ergebnisse in gleicher Weise wie wir die ihren.

Archiv f. Gyn~ikologie. Bd. 126. 4

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geschieht durch ein Ablesemikroskop an der Capillare mit Hilfe einer im Glas des Okulars einge~tzten Skala, an der 40 Teilstriche 1 mm ent- spreehen. Unten in dem Glasgef~B/v sieht man die Kuppe des Queck- silbertropfens, welcher die Membran abschliel~t. Der ganze Apparat wird, nachdem er gefiillt ist, in einen Ostwaldschen Thermostaten hinein- gesetzt, welcher auf genau 37 ~ eingestellt ist. Die Herstellung der Membran gesehieht durch Aufpinseln yon Kollodium auf ein in der Plat te A angebrachtes Drahtnetz. Die genaueren Vorsehrfften hierzu

sind im Bedarfsfalle in der Origin~]- arbeit naehzulesen. Die Herstellung dieses wiehtigsten Teiles des Appa- rates erfordert eine gewisse Dbung. Die Membr~n wird naeh halbstfindiger Troeknung und 12 stiindiger W~sserung in Aqua dest. in Normos~llSsung au~- gehoben. Wie bekannt, fallen Kollo- diummembranen trotz absolut gleieh- m&l~iger Herstellung beziiglieh ihrer Diehtigkeit ganz versehieden aus. Eine diesbeziigliche Prfifung vor Anfang der Messungen ist daher unbedingt nStig. Es muf~ zun~tchst eine etwas grSttere Sernmmenge durchgeprettt und das Ultrafiltrat auf Eiwei~ untersucht wet- den. Negativer Ausfall empfindlichster Proben (Sulfosalicyls~ure) ist notwen- dig. Zu beachten ist hierbei, dai~ die Membran nicht mit Hg, sondern mit Ringer- oder Kochsalzl6sung bedeckt wird, d~ sonst kleinste Eiweil3mengen

Abb. 2. Onkometer nach SJtade und dutch das Hg adsorbiert werden k6nnen Claussen.

und so die Probe trotz undiehter Mem- bran negativ ausf~llen kann. Als weitere Probe kann man eine wassrige H&moglobinlSsung abpressen lassen. Da das H~moglobinmolekiil in seiner GrStte dem SerumeiweiS nahesteht, d~rf die Membran yon ihm nicht passiert werden. Das Ultrafiltrat mutt also farblos bleiben und darf keine H~tmoglobinreaktion zeigen.

Beziiglich der Ausfiihrung der Messung sell nut das zum Versti~ndnis Notwendige gegeben werden. Einzelheiten miissen aus der grundlegen- den Originalarbeit und mit Beriieksichtigung besonderer, yon uns ge- machter Einzelerfahrungen aus unserer Arbeit Miinch. reed. Wochenschr. Nr. 52, 1924 ersehen werden. In den Dissertationen yon Kochsicls und Nolte ist bereits nach dieser Methodik an unserer Klinik gearbeitet

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worden. Es wird zun~chst das Reservoir D des Apparates ~nit Plasma gefiillt, sodann die Kammer in B durch Stellung des Hahnes E so roll gelassen, dal~ die Kuppe der Flfissigkeit den Rand fiberragt. ])ann wird das membranhaltende Glasrohr .F--A, welches vorher mit Flie~papier abgetrocknet und mit Hg geffillt ist, unter sorgf~ltiger Vermeidung yon Luftblasen ausgesetzt und lest und sorgfaltig auf den Block B auf- geschranbt. Sodann wird, nachdem zunaehst wieder durch 0ffnung des I-Iahnes E eine I~ommunikation zwischen Reservoir D und der Kammer hergestellt ist, die Flfissigkeit in der Capillare C hochgesogen und der Hahn E wieder geschlossen. Nun mu~ die Flfissigkeit in der Capillare stehen bleiben und der Apparat kann gebrauehsfertig in den Thermo- taten gesetzt werden. Immer werden zum Zwecke der Kontrollmessung 2 Apparate prgpariert. Nachdem die Temperatur im Thermostaten etwa 1/4 Stunde lang sieh ausgeglichen hat, wird das Drucksystem mit den Capi]laren verbunden und nun etwa 11/2 Stunden ]ang Flfissigkeit unter einem Druck yon 50--60 cm H~0 abgeprel~t. Dann beginnt die eigentliche Messung. Bei 3--4 verschiedenen, jedesmal um 5 cm ab- nehmenden Drueken wird dureh das Ablesemikroskop das Sinken des Flfissigkeitsspiegels in der Capillare beobachtet. Mit Itilfe einer Stopp- uhr wird die in 1 Min. yon dem Flfissigkeitsspiegel durchlaufende Anzahl yon Teilstrichen der Skala gez~hlt. Bei jedem Druck werden 5 Ablesun- gen, also im ganzen pro Apparat 15--20 Ablesungen vorgenommen. Jedesmal wird das Mittel der Durchlaufsgeschwindigkeit aus 5 Werten errechnet. Da sich die Ablaufsgesehwindigkeit genau proportional dem aufzuwendenden Druck verh~lt, kann derjenige Druck, bei dam gerade keine Fliissigkeit mehr abgeprel~t wird, also der onkotisehe Druck, auf zwei verschiedene Arten gewonnen werden. Er wird entweder errechnet oder noch bequemer dutch Einzeichnung der Werte in eine Kurve gewonnen, in deren Abszisse der Druck P und in deren Ordinate die Durehlaufsgeschwindigkeit V eingetragen wird. So wird der Druek in cm Wasser gefunden. Zum Zwecke der Umreehnung in Quecksilber ist dieser Wert noch dutch 13,5 entsprechend dem spezifischen Ge- wieht des Quecksilbers bei 37 ~ zu dividieren. Bei der Errechnung des ~fir die Abpressung an der Membran wirksamen Druekes sind ver schiedene Faktoren zu beriieksichtigen. Er addiert sich aus der Niveau- differenz zwischen Membran und dam Fltissigkeitsspiege] in der Ca- pil]are sowie aus dem durch das Druckflaschensystem erzeugten Druek. In Abzug zu bringen ist der Wert der Capillarattraktion und der Gegendruck des auf der Membran befindlichen Quecksilbertropfens. Die Details dieser experimentell leieht durehffihrbaren und kontrollier- baren Eiehung des Apparates sind in der Originalarbeit einzusehen. Nach Vornahme der vorher schon erw~hnten Membranprtifung dureh Abpressung yon Serum und tt~moglobin kann der Nullwert ]eieht da-

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durch gefunden werden, dab man die Messung einer LSsung durchfiihrt, die keine Kolloide enth~lt und aus diesem Grunde einen onkotischen Druck yon Null haben muB. Fiierzu bedient man sieh physiologischer KoehsMzl6sung. t t iernaeh empfiehlt es sieh zungehst normales Plasma zu messen, dessen eng umgrenzte Werte yon uns bereits an anderer Stelle publiziert sind. Es wgre wtinschenswert, eine Kolloidl6sung yon bekann- tern, gen~u feststehendem P. onk. als Eichl6sung zu verwenden. Dies ist jedoch nieht ganz leieht zu linden, weil bekanntlieh die Instabil i t~t

Abb. 3. Gesamtbild der zur Onkometrie erforderlichen Apparatur.

die Ver~nderung der L6sungseigenschaften eine Besonderheit fast aller KolloidlSsungen ist. Versuehe nach dieser I~ichtung sind jedoeh in der physiko-chemischen Abteilung der medizinisehen Klinik (Schade) i m Gange. Auch so ist als Vorzug der Methodik zu betonen, dag sie bei ge- ntigender Sorgfalt sehr exakte I~esultate gibt, dag die Doppelmessung rait 2 Apparaten gute M6gliehkeiten der Kontrolle gew~hrt, denn nur solehe Werte sollen verwendet werden, bei denen der Nullpunkt beider Kurven nicht wesentlieh mehr als 3 m m Hg auseinanderliegt.

Die ersten yon Schade und Claussen verSffentlichten Messungen ergaben, dab die am Plasma normaler Patienten gemessenen Werte groBe Konstanz zeigen. Der Normalwert wurde yon ihnen auf 2,5 cm Hg mi t einem Spielraum yon etwa 0,4 nach oben und unten festgelegt. Bei

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verschiedenen mit ()demen einhergehenden Formen der Nephritis da- gegen fanden sie Erniedrigungen des P. onk. unter 2,0 bis herunter auf 1,1 cm Hg. Dutch weitere Ausdehnung ihrer Untersuehungen auf be- wegte Systeme, die vorher bereits besehriebenen Capillaren, kamen sie zu dem Ergebnis, dab dieser yon ihnen als Hypoonkie bezeichnete Eigen- schaft des Plasmas den physikalisehen Grund ffir die Entstehung der nephritischen Odeme darstellte. Sie haben es dutch Messungen wahr- scheinlich gemaeht, dab der onkotisehe Druck beim nephritisehen Odem soweit unterhalb des meehanischen Druekes in der Capillare lage, dal~ mehr Filtration, Abstrom im Gewebe, zu wenig Rfickstrom zustande k~me und so das GewebsSdem entstehen mu~te. Ursache dieser Ver- anderung ist nach ihrer Ansieht eine Insuffizienz der wasserabpreSsenden F~higkeiten der Niere. Diese soll den onkotisehen Druck regulieren, ihn auf bestimmter HShe halten. W~rd sie insuffizient, so vermag sie nur noch in unvollkommenem Mal~e kolloidgebundenes Wasser abzupressen, d~s Gleichgewicht des onkotisehen Druckes stellt sich tiefer ein.

Wiehtig ist, dal~ der Wert des onkotischen Druekes nicht unbedingt mit derEiweil~konzentration parallel geht. Natfirlieh ist eine gewisseAbh~ngig- keit vorhanden, j edoch in den pathologisehenFallen konnte Schade zeigen, de~ sich vielfach stark erniedrigte Druckwerte bei normaler, sogar an der oberen Grenze befindlieher PlasmaeiweiBkonzentration linden. Er betont ausdrfieklich, dal~ es sieh nieht etwa um ein Wiederaufleben des ffir die Nephritis bereits lange Zeit aufgegebenen Hydr~miebegriffes handelt.

Wahrend die praktischen Messungen also eine gut deiinierte neue Eigensehaft des B]utplasmas zeigen konnten, ist die theoretische Erkl~rung des Begriffes onkotiseher Druek unter Berfieksiehtigung der versehiedenen physiologischen Faktoren noeh schwieriger als sehon in der anorganisehen Kolloidchemie. Diese Tatsache bedeutet ffir den Mediziner keine Besonderheit. Im Rahmen unserer diagnostischen Methoden, besonders soweit sie das Serum betreffen, gibt es eine ganze Anzahl, deren theoretisehe Erkl~rung noch in keiner Weise gelungen ist und die trotzdem ausgeze~chnete klinisehe Resultate bieten. Es sei nur an die verschiedenen Luesreaktionen erinnert.

Wir haben uns mit Rfieksieht auf die Wiehtigkeit der Methodik ffir die in Frage kommenden Probleme der Schwangerschaftsphysiologie sogleich naeh der ersten Publik~tion eingehend damit befal~t. Wir hat ten das Glfiek, ffir alle Fragen d@r Theorie und der Praxis ihrer Anwendung in Herrn Professor Schade einen jederzeit hilfsbereiten Berater zu linden. Wit haben in dauernder Ffihlung mit ihm gearbeitet. Dadurch war es uns mSglich, besonders anf~nglich, eine ganze Anzahl teehniseher Schwie- rigkeiten verh~ltnism~l~ig leicht zu fiberwinden. Wir haben im Laufe eines Jahres fiber 200 Messungen ausgeffihrt. Wir sind nut ausnahmsweise fiber eine Messung am Tage herausgekommen. Wenn auch die eigentliche Dauer

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der Messung mit etwa 3 Stunden richtig gewertet ist, so bedingten doeh Vorbereitungen und eine ganze Anzahl gleichlaufender Untersuchungen fiber die ebenfalls im folgenden berichtet werden so]l, einen erheblich hSheren Zeitaufwand. Von groBem Weft war fiir uns die verst~ndnis- vo]le Mitarbeit der Herren cand. med. Haalem, Kochsiclc, Nolte. Eine Reihe yon Einze]ergebnissen, die bier aus Raummangel nicbt wieder- gegeben werden kSnnen, sind in ihren Dissertationen niedergelegt. Die hier zu besprechenden Untersuehungsergebnisse beziehen sieh auf normale, gesunde Schwangere, Geb~trende und WSchnerinnnen. Die entsprechenden Verh~ltnisse am pathologisehen Material werden in einer sparer erscheinenden Arbeit yon Schade und Runge behande]t werden.

Als konkurrierende Methoden kamen in allen F~llen neben genauester kliniseher Untersuehung noch folgende in Anwendung.

1. l~efraktometrische Best immung der PlasmaeiweiBkonzentration. 2. Best immung der Viscosit~t des Plasmas. 3. Best immung des t~eststiekstoffes. 4. Best immung der BlutkSrperchensenkungszeit nach Linzenmeyer. 5. und 6. In einer Anzahl yon F~llen laufende Gewiehtskontrollen

und Prfifung der Wasserausscheidung naeh Volhard. Diese Unter- suchungsergebnisse sollen in Kfirze vorweggenommen werden~ d~mit sie, ~oweit notwendig nnd mSglieh, sparer in Beziehung zum onkotischen Druek gesetzt werden kSnnen. Die Gruppierung der F~lle nach dem Zeitpunkt der Gestationsperiode wurde in folgenderWeise vorgenommen. Es wurden untersucht ~lle

Normale (gesunde nieht gravide) . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Gravide mens. I I - - IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Gravide mens. VII I - -X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Geb~rende beim ersten Wehenbeginn . . . . . . . . . . . . . . 4 Geb~rende in der Er6ffmmgsperiode . . . . . . . . . . . . . . 6 Geb~rende in der Austreibungsperiode . . . . . . . . . . . . . . . 12 W6clmerinnen yore 1. his 4. Tage . . . . . . . . . . . . . . . 20 W6chnerinnen yore 5. bis 15. Tage . . . . . . . . . . . . . . . 14 Mehrmalige Messungen zu verschiedenen Zeiten bei ein und der-

selben Pat ient in wurden auBerdem in 10 F~llen vorgenommen. Die Blutentnahme ffir die versehiedenen Untersuchungen geschah

in der Weise, dab zun~ehst 20 cem Blut im paraffinierten R6hrchen aufgefangen wurden. Die Verhinderung der Gerinnung wurde dadureh erreieht, dab vorher 0,05 g Natr. citric, in Substanz rein pulversiert in das Gl~sehen getan wurde. Aus der gleichen IKanfile, mit der das Blur entnommen wurde, konnte gleieh noch mitte]s einer Spritze das not- wendige Blut zur Anstellung der Linzenmeyersehen t~eaktion entnom- men werden. Mit dieser Blutmenge lieBen sich alle notwendigen Unter- suchungen vornehmen. Zur Gewinnung des Plasmas wurde 10 M~n. lang mit etwa 2000 Touren zentrifugiert.

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Plasmaeiwei flbestimmungen. Uber die Methodik der refraktometrisehen Eiweil~bestimmung is~

wenig zu sagen. Sie i s t s O allgemein eingeffihrt und in ihrer t tandhabung so einfach, da{~ wesentliche Unterschiede im Ergebnis bier kaum in Frage kommen. Bemerkt werden mul~, dai~, wie aus den Untersuchungen yon Hafner hervorgeht, der Methodik gewisse Fehlerquellen anhaften, die sich bei einem Vergleich der erhaltenen Werte mit dem durch Be- stimmung des Gesamtstickstoffes gewonnenen ergeben. Auch bedingen die verschiedenen Arten der im Plasma enthMtenen Eiweil3e eine mehr oder weniger verschiedene Ablenkung des Lichtes. Immerhin ist die ~[ethode heute klinisch so allgemein in Gebrauch, dab ffir uns kein Grand bestand, sie durch die wesen~lieh zeitraubendere andere zu ersetzen. Zur Berechnung des erhMtenen Brechnngswertes haben wir uns der Reil~schen Tabellen bedient. Dieser gibt als ~ormalwert im Serum 7A--9,13~ an. Haupts~ehlich yon Zangemeister urtd seinen Schfilern sind Erniedrigungen des EiweiBgehaltes in der Schwangerschaft be- schrieben und als Hydriimie gedeutet worden. Zangemeister and Berg. mann geben ffir normMe Sehwangere der ersten Monate 7,72% durch- schnittlich fiir solche der letzten Mona~e 6,44--6,7% an. Als Normalwert linden sic 7,78. Auch Dienst berichtet in ~hnlichem Sinne fiber eine Eiweil~verarmung des Plasmas in der Schwangerschaft. In unseren Normalwerten kommen wir auf die gleichen Zahlen wie Rei/3. Sie liegen zwischen 7,7 und 9,6%, ein Fall mit 6,7% ist dabei. Bei Graviden der ersten 5 Monate liegen unsere Werte zwisehen 7,76 und 9,0 durchschnitt- lieh auf 8,20/0 . Aber auch am Ende der Gravidit~t fanden wir den glei- chen Durchschnittswert mit 8 , 2 ~ als niedrigsten 6,96, als hSchsten 9,65%. Diese auffallende Diskrepanz unserer Befunde yon denen Zangemeisters ist wohl dadurch zu erkli~ren, dal~ Zangemeister Serum, wir aber Plasma nntersuchten. Wie kfirzlich yon Bergmann publiziert wurde, lassen diese Autoren nach Entnahme das Serum 24 Stunden ab- setzen. Nun ist, wie yon Dienst nachgewiesen wurde, schon an und ffir sich das Fibrin in der Schwangerschaft vermehrt. Weiter wissen wir aus den Untersuehungen yon v. Oettingen, dab die Kolloidstabilit~t des Plasmas in der Schwangerschaft geringer ist als beim Normalen. Es muI~ angenommen werden, dab mit dem ausfa]lenden Fibrin vielleicht im Laufe yon 24 Stunden noeh weitere EiweiBkSrper, die sogenannten Labi!globuline mit ausfa]len. Die t%ichtigkeit der Tatsache, dal~ diese unterschiedlichen Befunde in der Versehiedenheit des untersuehten Objektes liegen, besti~tigten sieh dureh ad hoe angestellte parMlele Untersuchungen yon Serum und Plasma. Die hier yon uns gefundenen Untersehiede fiberstiegen gelegentlieh 0,5%. Da~ nicht regelm~i~ig eine Verringerung der Serumeiwei[3e vorhanden ist, wurde aueh yon B. Zondelc letzthin bereits betont. Bei weiterer Best~tigung dieser Be-

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funde wiirde der Begriff der Hydr~mie in der Schwangersehaft einer gewissen l%evision bediirfen. Ein geringer Abfall der Eiweil~konzentra- tion wurde yon uns in Analogie mit Bergmann am Beginn der Geburt. beobaehtet. Die Werte sehwankten zwischen 6,7 und 8,7. Der Durch- schnitt wird bier allerdings durch einen tiefliegenden Wert naeh unten gedriiekt. Dem Eindruck naeh scheint auch bier im allgemeinen der Eiweil~gehalt zu wenig zu schwanken. Einen Abfall auf etwa 7,7 im Durchschnitt bringen die ersten Wochenbettage mit sieh, eine Erschei- nung, die wolff mit dem Blutverlust intra par tum zusammenh~ngt. In der zweiten Woche des Wochenbettes findet eine allm~hliche l%iick- kehr zu normalen Werten start.

Viscosimetrie. Untersuchungen der Plasmaviscosit~t sind, soweit wir die Li teratnr

iibersehen, im allgemeinen noch wenig und fiir die besonderen Verh~lt- nisse der Gravidit~t fiberhaupt noch nicht angestellt, t3ber die Technik ist wenig zu sagen. Die Untersuchungen wurden mittels des Vicosi- meters nach Deter mann-Heft vorgenommen. Die Feststellung der Zah- fiiissigkeit, der inneren l%eibung des Plasmas ist deshalb yon Wert, weil sie gewisse Einblieke in seinen Kolloidzustand gestattet. Alteration der BluteiweiBe durch verschiedene Noxen, Anderungen der TeilchengrSl~e, der elektrischen Aufladung sowie des Mengenverh~ltnisses der einzelnen Eiweil~fraktionen (Fibrin, Globulin, Albumin) untereinander beeinflussen die Viscositgt des Plasmas.

Bekanntlieh wirken echt gelSste kleine Teilchen nut minimal auf die Viscosit~t. Erst Teilchen yon der KolloidgrSBe an auiw~rts erhShen sie. Zungchst steigt die Viscosit~t einer KolloidlSsung mit ihrer Konzentra- tion. D~neben spielt aber die Art und Gr613e der Teilchen eine Rolle. GrSBere Teilchen bewirken einen hSheren Grad yon Viscosit~t als kleinere. LSsungen von gleicher Konzentration und gleicher chemiseher Zu- sammensetzung kSnnen so unter Umst~tnden verschiedene Viscosit~t zeigen. Beim Blur wird bekanntlich der grSl~te Teil der Viscositgt, die nach Determann etwa 4--5,5 betr~gt, dureh die roten BlutkSrperchen bedingt.

Es ist bislang noeh nieht m6glich, im Einzelfal]e die Ursache yon Xnderungen dieses Symptoms festzustellen. Besonders bedeutsam fiir die Viscosit~t des Plasmas scheint der Oehalt an Fibrinogen zu sein. So konnte Hoefl bei der Nephritis naehweisen, dab im Serum eine Er- niedrigung der Viscosit~tt und gleichzeitig im Plasma eine Erh6hung der gleiehen Eigensehaften vorlag. Bei der Verschiedenheit der Einfliisse, denen die Viscositat unterliegt, ist es plausibel, dab sie zwar bis zu einem gewissen Grade yon der Kolloidkonzentration abhiingig ist, dab j edoeh yon ihr ein lgiiekschlul~ auf Wasserbindung und Quellungsdruck nieht

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zulissig ist. Schade und Claussen konnten dies im Gegensatz zu den PublikationenEIlingers nachweisen, und auch yon uns sind ghnliehe Beob- achtungen gemacht. Wir fanden nut geringe Sehwankungen der Werte zwischen 2,0 und 2,1 (die Flfissigkeit des destillier~en Wassers zu 1,0 ge- rechnet). Wir kSnnen Mso sagen, dal~ die Plasmaviscositgt in der Sehwan- gersehaft nnr geringe Anderungen zeigt. Auf den Begriff der spezifischen auf 1% berechneten Viscositgt ist spgter noch einzugehen.

Blutdrucl;senlcung. Die Blutsenkung naeh Linzenmeyer wurde yon uns in allen

Fi l len aus dem Grunde gepriift, um festzustellen, ob dieser zweifellos in der physiko-chemisohen Konstitugion des Plasmas begriindete Vor- gang vielleioht gewisse Paraltelen zu den bier behandelten Fragestellun- gen zeigt. Die Senkungszeit lag bei Junggraviden zwisehen 40 und 240 Min., bei t toehgraviden und WSehnerinnen zwischen 17 und 40 Min., jedoch kamen auch hier 3 Fglle mit 80 Min. Senkungszeit vor. Dieser interessante und in seiner Theorie keineswegs schon yell gekli~rte Vet- gang spielt ffir die Sympgomatologie der GraviditR~ keine so grol3e Rolle wie ffir die anderer Gebiete, insbesondere die Differentialdiagnostik ent- zfindlieher Erkrankungen. Eine Brficke zu den bier in Frage stehenden Untersuchungen liel~ sich nicht linden, so dab dieses Thema weiterhin nicht mi~ einbezogen wird.

ReststickstoNuntersuchungen. Untersuchungen des Reststickstoffes bei Graviden sind yon Zange-

meister, Fetzer, Hohlweg, Dienst, Zondelc, Hellmut, ~rey und einer grol~en AnzahI amerikaniseher Autoren gemacht worden. Sie alle finden normale, ziemlieh niedrige Rest-N-Werte. Diese Erseheinung wird dekann~lich dadurch erklttrt, dal~ eine grol~e Anzahl yon sonst abbauf~higen Eiweil~- spaltprodukten gar nicht ausgeschieden werden, sondern sog]eich zum Aufbuu des Kindes, das einen sehr grot~en l~-ttunger besi~zt, verwendet werden. ~rey finder im Lanfe der Geburt ein Ansteigen des t~est-N bis e twas fiber die obere Grenze des 1XIormalen. Wit haben die Bestimmung mit Hilfe der t talbmikromethode naeh Bang, wie sie yon Pincussen be- sohrieben wird, angestellt. ])iese Method'lk untersoheidet sieh nut in kleinen Einzelheiten yon dem OriginaI-Kjeldahl-Verfahren. Sie hat uns gleichmil~ige :[%esultate geliefert. Beziiglich der Einzelheiten der Methodik kSnnen wir die Erfabrungen, wie sie in der ttellmutschen Arbeit niedergelegt sind, bestitigen. Ffir die Enteiweil~ung des Serums benutz- ~en wird ie yon Michaelis und Rona angegebene Methode mit~els ko]loi- dalen Eisenhydroxyds. Jedesmal beim Ingebrauehnehmen neuer Chemi- kalien wurden Leerbestimmungen zur Feststellung des N-Gehaltes der Chemika]ien vorgenommen. Trotz Anwendung Kahlbaumscher Prgpa-

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rate zur Analyse fanden wir bei diesen Best immungen Werte zwisehen 10 und 16 rag% Stickstoff. Diese Werte wurden bei den entsprechende~ Analysen in Abzug gebracht. In 22 Fgllen erzielten wir bei Graviden Werte zwischen 19 und 39 rag%. Bei Kreil~enden fanden wir ebenialls Werte zwischen 20 und 36 rag. Wir bestgtigen also die andernorts ge- machten Erfahrungen, wonach der ]~est-N-Spiegel in der normalen Graviditgt stets unterhalb des Normalen bleibt. Wir kommen beztiglich des ~Tertes dieser Methodik zu dem Ergebnis, daft sie ffir die klinisch- normale Graviditgt entbehrlieh ist. Die Untersuehungen wurden haupt- sgehlieh vorgenommen, um eigene Vergleiehswerte fiir die Bearbeitung des pathologischen Materials zu gewinnen.

Wasserversuch. Nierenfunktionspriifungen sind, besonders mit Berfieksichtigung

der Schwangersehaftsnierenerkrankungen h~ufig beschrieben worden. Zangemeister, v. Jaschke, Holzbach, B. Zonde]c; Schumaeher, Werner haben wertvolle Beitrage zu dieser Frage geliefert. Ffir uns handelte es sich darum, ffir die verwerteten normalen F~lle festzustellen, ob oder inwieweit sieh Abweiehungen yon der Norm fanden. Wir stellten den Wasserversueh in der yon Volhard beschriebenen Weise in 18 F~llen an. Morgens nfichtern 1500 ecm diinner Tee, halbstfind]iehe Messung yon Menge, spezifischem Gewicht und Eiweii~probe. Um eine siehere und griindliche Entleerung der Blase zu erzielen, legten wit die Frau mit einem Dauerkatheter ins Bert. Man schaltet so jedes subjektive Moment aus und erh~lt aui~erdem einen sauberen, nieht durch Seheidensekret oder sonstige Verunreinigungen getriibten Urin. Einen Sehaden haben wir niemals dabei gesehen.

Was zun~chst die Ausscheidung halbstfindlicher Einzelportionen betrifft, so war diese durchweg gut, 350--600 ecru pro Portion. In allen F~llen war sp~testens in 4 Stunden die Gesamtmenge ausge- sehieden., D~s spezifisehe Gewicht des Harns senkte sieh in dieser Zeit bis auf durehschnitt]ieh 1002. Gewisse Abweichungen yon der Norm zeigte ups das nun folgende o]igurisehe Stadium. In halb- stiindlichen Einzelportionen, der H5he zwischen 50 und 150 ccm lag, k~m es hier in allen F~llen zu einer iiberschieftenden Ausscheidung, in einem Drittel der F~lle wnrden etwa 2500 ccm, in einem weiteren Drit tel etwa 2000 ausgeschieden. In dem Rest der F~lle n~therte sieh die in 12 Stunden ausgeschiedene Menge an 1900 ecru. Eine gute Konzentra- tionsfghigkeit mi t typisch kleinen Mengen und einem spezifisehen Ge- wicht yon etwa 1026--28 wurde dementsprechend nur in einem Viertel der F~lle erzielt, in allen anderen lagen diese Werte bei entsprechend hSheren Einzelmengen zwischen 1015 und 1020. ~bersehieBende Ge- samtausscheidnng in Verbindung mit nieht sehr hoher Konzentrierung

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seheinen demnach die besondere Funktion der Niere und des Gesamt- kSrpers bei Sehwangeren zu charakterisieren. Es ist nicht ohne weiteres verst~ndlich, welche Ursaehen bier im Spiele sind. Bereits einfache fi,uBere Einfliisse, Lagewechse], W~rme oder K~lte kSnnen ja die Nieren- funktion beim Gesunden und noeh viel mehr bei tier Schwangeren be- einflussen. Es sei an die yon Zangemeister, Holzbach u. a. beschriebene gelegentliche Zunahme der Harnsekretion w~hrend n~ehtlicher Ruhe erinnert. Jedenfalls spricht dieser Ausfall der Probe mit Sicherheit dafiir, dab im KSrper der klinisch gesunden Schwangeren Wasserdepots vor- handen sind, die unter Umst~nden raseh mobilisiert werden kSnnen. Von diesem Gesiehtspunkte aus zerflieBt der Unterschied zwischen normalen und hydropischen Zust~nden bei Schwangeren vollst~ndig. Was den ]~fieksehlul~ auf den Zustand der Niere betrifft, so sei daran erinnert, da[~ bei gevAssen chronischen Formen yon Nephrosen ganz ~hnliehe Typen der Ausscheidung beobachtet werden.

Die Kurven des K5rpergewiehts bei t~glieher Wagung zeigten uns einen kontinuierliehen Anstieg bei ganz erhebliehen Tagesschwankungen. Mit einer gewissen l%egellosigkeit wird einmal Wasser ausgeschieden, einma] retiniert. Das zeigt noeh klarer als der Wasserversueh die W~gung Von Kemper ist kiirzlieh eine sorgf~ltige Untersuchung der Gewichts- l:urven yon Sehwangeren publiziert worden. Sie kann als grundlegend betrachtet werden. Seine Ergebnisse sind bezfiglieh der Genauigkeit und Exaktheit yon Methodik und Apparatur noeh besser durehgearbeitet a]s es uns aus ~ul~eren Griinden mSglieh war.

Der onlcotische Druclc.

Vor Besprechung der Hessungsergebnisse seien noeh kurz die Be- griffe des spezifischen P. onk. und der spezifisehen Viscositat erkl~rt. Es steht auger Frage, dal3 der onl~otische Druek, wie auch die Viseosit~t als spezifische Eigenschaften der Kolloide yon ihrer Konzentration ab- h~ngig sind. Es blieb objektiv festzustellen, ob nicht vielleicht gewisse Sehwankungen dieser Werte genfigend dureh entspreehende Schwan- kungen der Kolloidkonzentration erkl~rt waren. In diesem Falle w~rde ein niedriger onkotischer Druck mit Eiwefl~verarmung des Plasmas Hand in Hand gehen. Aus diesem Grunde wurde in jedem Falle der onko~isehe Druek auf 1% Eiweii~ errechne~, dadurch, da{~ der P. onk.-Wert dutch den Reff.-Wert dividiert wurde. In gleicher Weise wurde aueh die spezi- fisehe Viseosit~t errechnet. Von dem Betrage der Viseosit~t wurde bier jedochzun~chst die desWassersmit 1,0inAbzuggebraeht. Diese beiden Werte mul~ten dureh Aussehaltung des zuf~lligen Momentes der mecha- nischen Konzentration gewisse Rfickschlfisse auf die Eigenschaften des einzelnen hydrophilen Kolloids in jedem Falle erlauben. Endlich wurde in Anlehnung an Schade der sogenannte onkologische Quotient dadurch

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errechnet, dab der Wer t des spezifischen P. onk. dureh den der spezifischen Viscositat dividiertwurde. Da Viseositat und Quel- lungsdruek unter norma- len Verhaltnissen in einer gewissen Abhangigkei t voneinander stehen, muB nach Schade dieser Wef t ziemlich gleichmaGig sein. Bei gewissen Erkxankun- gen dagegen, z. B. bei der Nephritis, besteht ein An- tagonismus zwischen P. onk. und Viscositat. Der Druck sinkt, die Viscosi- t a t steigt. I n diesen Fal- len wird der onkologische Quotient die Diskrepanz zum Ausdruck bringen.

Die yon uns gemesse- nen Wer te des P. onk. beim Normalen sind an der H a n d eines Materials yon 22 Fallen bereits yon uns an anderer Stelle pu- pliziert. Es kann hier auf diese Arbeit verwiesen werden. Wir bes ta t ig ten die Schadesehen Messun- gen, fanden unseren Nor- malwer~ bei 2,7 und eng- ten die Schwankungs-

. . . . . . . . . . . breite noch etwas mehr : ~ " " s : : : : : ein. D e r D u r c h s c h n i t t d e r

'~ ~ ~ yon uns erhaltenen Werte ~ ~ ist yon uns an den Anfang

,~ N~ ~ ~ ~ ~ ; ~ ~ ~ der T a b e l l e l gesetzt. �9 ~ ~ ~ ~ ~ Der Normalwer~ des

"~ "~ ~ ~ ~ ~ ~ g ~ ~ onkotisehen I)ruckes ~ ~ ~ ~ . ~ ~ ~4 ~4 ~ konnte bei Schwankun-

~ m ~ m ~ ~- ~o ~ o ~. gen zwischen 2,3 und

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3,2 cm Hg mit 2,7 fixiert werden. Der Vergleich mit den in den ersten ~[onaten der Gravidit~t untersuchten F~llen ergibt nur eine geringe Abweichung nach oben, so gering, dab man sie uls fast innerhalb der Fehlergrenze liegend auffassen k6nnte. Bei Betrachtung der ]~',inzelwerte wird der Eindruck deutlicher, dag die Zahl der h6her ]iegenden Werte entschieden grSBer ist uls in der Norm. Die Werte des. spezifischen P. onk. und der spezifischen Viscosit~t sind in diesem Zeit- raum normal. Der Beginn der Graviditat pflegt den Wasserstoffwechsel in keiner Weise zu Mterieren. So passen die hier gewonnenen Zahlen in den Rahmen unserer klinischen Vorstellung. Oifen bleibt die Frage, ob der ErhShung des Quellungsdruckes eine Bedeutung zukommt. DaB das Blutplasma aut die Eieinnistung intensiv reagiert, wissen wir aus den Untersuchungen Abderhaldens u. a. Es ware also mSglich, dag wir auch bier ein Symptom bestimmter, innerhalb der Bluteiweige vor sich gehen- den Ver~nderungen vor uns h~tten.

In guter Analogie mit den allgemeinen k6rperlichen Symptomen, wie sie das Ende der Schwangerschaft mit sich bringt, sehen wir zu dieser Zeit auch am Plasma bestimmte Ver~nderungen in seiner l~ahigkeit der ~gusserbindung auftreten. Der grSBte Teil der Werte des ohkotischen Druckes liegt zwar aueh hier noch im Normalen, jedoch n~hert er sich der unteren Grenze. Werte, die den normMen Durchschnitt oder gar den Durchschnitt bei Junggraviden erreichen, sind ganz selten. Ein Tell der Werte ist bereits abnorm niedrig. Interessanterweise kommen diese Ver~nderungen zustande, ohne dab die Eiweigkonzentration ub- ~immt. Dementsprechend zeigt auch der spezifische auf 1% berechnete P. onk. eine Erniedrigung.

Bei mehrfachen Messungen bei ein und derselben Patientin sahen wir innerhalb weniger Tage einmal einen Wert yon 1,8, dann yon 2,2 cm Hg. Es scheint auch bier, als ob ~hnlich, wie wir es bei der Gewichts- u.nd Wasserausseheidungskontrolle sahen, sich innerhalb weniger Tage d.er Zustand der Wasserbindung im Plasma zu ~ndern. Dieser raseh vor sich gehende Weehsel am Plasma bildet einen wesentliehen Unter- schied gegenfiber der Norm. Sie erlauben welter, gewisse, wenn auch negative I~tickschl/isse auf die Natm" der Vergnderung im Plasma. Es ~scheint daraus hervorzugehen, dab die Erniedrigung des onkotischen Druckes nieht einfaeh als Ausdruek einer Versehiebung innerhMb der einzelnen EiweiBfraktionen aufzufassen ist. Diese Verschiebung ist zwar f~ir die Gravidit~t nachgewiesen, jedoch ist sie stabiler und unterliegt nicht so rasehen, sieh fiber wenige Tage erstreckenden Veranderungen. Sie bekommt deshalb Ms alleinige Erklgrung nieht in Frage.

Die durehschnittliehe Senkung des onkotisehen Druckes unter die untere Grenze des Normalwertes mit dem ersten Beginn der Wehen ~mrde durchgehend in allen untersuchten Fallen gefunden. Dieser Ab-

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fall ist zum Teil quanti tat iv dureh das schon vorher ffir den gleichen Zeitpunkt beschriebene Absinken des EiweiBspiegels bedingt. Jedoch ist der spezifisehe P. onk. ebenfalls erniedrigt. Die besondere Eigenart dieser mit einer Plasmaverdfinnung einhergehenden Druekerniedrigung wird dadurch unterstrichen, dab nicht, wie bet einer einfaeh quantita- .riven Versehiebung der Eiweig, aueh die Viscosit~t niedriger wird, son- dern dab diese sich vielmehr erhSht. Der Antagonismus von Viseosit~t und Que]lungsdruck ist ein siehtbares Zeiehen der bedeutenden Um- w~lzungen, wie sie der Geburtseintritt ffir den ganzen Organismus der Frau mit sich bringt.

Die Ver~nderung besteht nur km'ze Zeit. Mit dem Fortschreiten der Geburt steigt der P. onk. Gegen Ende der ErSffnungsperiode ist der Normalwert erreicht und im Laufe der Austreibungsperiode steigt er fiber die Norm. Die Viscosit~t kehrt gleichzeitig trotz prozentualer ErhShung des Eiweif~es zur Norm zurfick. Beim Zustandekommen dieser raschen Schwankung des P. onk. innerhalb der Geburt f~llt das quantita- tive Moment, die ErhShung des Plasmaeiweil~spiegels auf., Starkste Muskelarbeit, Sekretion yon ,Ham, Schweil~ nnd anderen Sekreten bet geringer Flfissigkeitszufuhr kommen daneben in t~rage, genfigen aber, soweit man die geringen, bisher vorliegenden anderweitigen Eriahrungen heranziehen kann, noch nicht allein. Die voile theoretische Kl~rung dieses Vorganges steht demnach noch aus.

Wenige Stunden post par tum setzt ein nochmaliger starker Abfall des onkotisehen Druckes bis auf einen Durchsehnittswert yon 2,1 ein. Blutverlust, Absinken des Eiweii~spiegels, ver~nderte Zirkulations- verh~itnisse begrfinden dieses Ph~monen. Die Viscosit~t geht hier mit Annahme einer geringen Zacke parallel. Die folgenden Tage des Wochen- bettes zeigen in verh~]tnism~gig raseher Folge eine l~iickkehr zur Norm.

Wit haben die Durchschnittswerte yon onkotischem Druck, EiweiB- konzentration und Viscosit~t in den verschiedenen Stadien der Gesta- tionsperiode in Form ether Kurve aufgezeichnet. Der Verlauf zeigt ein- deutig die Erhebung des Druckes fiber den Normalwert am Beginn der Schwangerschaft, sein allmahliches Absinken bis zur Geburt und seinen auifallenden und raschen Anstieg intra partnm, gefolgt yon einem aber- maligen Absinken in den ersten Tagen des Wochenbettes und endlieh seine langsame l~iickkehr zur Norm. In teilweisem Parallelismus hierzu sehen wir die Kurve des Plasmaeiweil~spiegels verlaufen. Die Sehwan- kungen sind hier nur gering. 8ie genfigen nicht allein ffir die Erklgrung der beobachteten Ph~nomene.

Denn auch die zweite Kurve, in weleher die Werte des auf 1% Eiweil~ bereehneten onkotischen Druckes und der spezifischen Viscositgt ein- gezeichnet sind, zeigt den gleichen Verlauf. Besonders klar kommt in dieser Kurve der Antagonismus der beiden Eigenschaften zutage.

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]~eitrag zur Physiologie des Wasserstoffwechsels in der Schwangerschaft 63

Au~gabe dieser Arbeit war es, im l ~ h m e n einer grSl~eren Anzahl yon Untersuchungsmethoden bestimmte physiko-chemische Eigenscha~ten des Blutplasmas in der Schwangerschaft zu studieren und durch die Fixierung normaler VerhMtnisse die Grundlage filr gleichartige Unter- suchungen am pathologischen Material zu schaffen. Es liel3 sich zeigen, dM3 ffir die normMe Symptomatologie dieser Eigenschaften in jeder Zeit der Gestationsperiode bestimmte Gesetzm~igkei ten mM~gebend sind.

~r~v/d/Tiif Parfu5 fluerfier/um

z~ ~,~- 'V I ( I ,+ .. . . . . 7,7 gsH T I " . ," Z5 7,7 ~ "-+" I

Kurve 1. Onkotischer Druck, EiweiBkonzentration und Viskos i t~ des Blutplasmas in der Ge- stat ionsperiode.

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Wochenbe~

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~ / Kurve 2 Spezifischer onkotischer Druck und spezifische u des Blutplasmas in der

Gestationsperiode.

Wir waren bemiiht, theoretische Schlul~folgerungen mSglichst zugunsten objektiver Berichterstattung zurfickzustellen. Dieses Vorgehen wurde uns dadurch erleichtcrt, dab wir mit einer exakten Methodik arbeiteten, deren Ergebnis durch Zahlen auszudrficken w~ren oder auf Grund ein- father l~echnungeu gewonnen werden konnten. Wir hoffen jedoch, dab es mittels der yon uns angew~ndten Methoden auch gelingen wird, theoretisch ein wenig weiter in das ungeheuer komp]izierte Gebiet der normalen u~id pathologischen Physiologie der Schwangerschaft ein- zu dringen.

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