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IX. Bericbt fiber die Verhandlungen der Berliner otologisehen Gesellsehaft. Von Dr. Haike (Berlin). Sitzung am 13. Mai 1902 ¥orsitzender: Herr Jacob sohn. Schriftftihrer: Herr Schwabach. Vor der Tagesordnung: 1. Herr T r ei t e 1 stellt einen Knaben vor mit einer V e n e n e r w e i t e r u n g an der linken Nasenseite. Ausserdem ist eine dunkelblaue Erhebung auf dem linken Trommelfell zu sehen, die den Eindruck eines Varix macht. Das iibrige Trommelfell sieht blaugrau aus. Diese ¥er~nderungen sind innerhalb der Beobachtungszeit yon 3 Monaten dieselben geblieben. Ein Trauma oder eine Ohrentziindung waren nicht vorangegangen. Das Vorhandensein yon Venenerweiterung an der linken Wange spricht ffir angeborene Ent- stehung der Ohrenvarix. 2. Herr Ehrenfried stellt eine luctische Erkrankung der Ohr- muschel vor. Die Krankheitsgeschichte des 42j~hrigen Lehre1's ist kurz folgende: Vor 3 Jahren entstand in der rechten Obrmuschel, an der Grenze zwischen Concha Anthelix und Eingang in den Geh6rgang, eine rSthliche, erbsengrosse, mit gesunder Haut bedeckte Geschwulst. Nach kurzer Zeit will Patient beim Waschen die Stelle verletzt haben, wonach eine Blutung eingetreten sei. Von dieser Zeit an n~sste die Stelle immer, es bildete sich stets yon Neuem Schorf, den Patient immer wieder entfernte. Dabei blutete es, und die Geschwulst vergr0sserte sich allmhhlich; gleichzeitig trat leichte Schwetlung der ganzen Obrmuschel ein. Als die fleischige Geschwulst die GrSsse eines Ftinfpfennigstiickes erlangte und gleichzeitig den GehSrgang verengte, sodass Hiirst6rungen auf diesem Ohr eintraten, suchte Patient den Arzt auf. Die Behandlung hat in Waschungen, Dermatolpuderung und Tou- chirung mit Argentum bestanden. ~ach A~ssetzung dieser Behandlung fiir einige Monate steIlte E., aIs er den Patienten zum ersten Mal sah~ folgenden Status lest: Infection wird bestimmt in Abrede gestellt. Das gauze Innere dcr 0hrmuschel hat, eine leicht blutende, steltenweise mit schmierigem, speckigem Belag bedeckte Oberfl~che, auf der sich 5--6 warzenartige, Ieicht blutende Fleischgeschwtilste erheben; die ganze Ohrmuschel ist 5de- mat6s geschwollen. Die mikroskopische Untersuchung best~,tigt die Dia- gnose tier secund~ren Syphilis. Eine Altgemeinbehandlung weigerte der Patient sich vorzunehmen, weshalb nur local Sublimat, Calomel und essig- sauro Thonerde-Umschl~ge angewandt wurden. Im Laufe dieser Behandlung trat Abschwellung der kranken Stellen and Besserung des irritations- zustandes ein. Gleichzeitig sehritt der Process each oben und gegen den unteren und vorderen Rand des Geh6rganges welter. Sparer tra~ unter Vernachlhssigung der Wunde durch den Patienten, yon der Ohrmuschel aus- gehend, ein Erysipelas bullosum auf, nach dessen Ablauf eine vortiber-

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IX.

Bericbt fiber die Verhandlungen der Berliner otologisehen Gesellsehaft.

Von

Dr. Haike (Berlin).

Si tzung am 13. Mai 1902

¥orsitzender: Herr J a c o b sohn. Schriftftihrer: Herr Schwabach .

Vor der Tagesordnung: 1. Herr T r ei t e 1 stellt einen Knaben vor mit einer V e n e n e r w e i t e r u n g

an der linken Nasenseite. Ausserdem ist eine dunkelblaue Erhebung auf dem linken Trommelfell zu sehen, die den Eindruck eines Varix macht. Das iibrige Trommelfell sieht blaugrau aus. Diese ¥er~nderungen sind innerhalb der Beobachtungszeit yon 3 Monaten dieselben geblieben. Ein Trauma oder eine Ohrentziindung waren nicht vorangegangen. Das Vorhandensein yon Venenerweiterung an der linken Wange spricht ffir angeborene Ent- stehung der Ohrenvarix.

2. Herr E h r e n f r i e d stellt eine l u c t i s c h e E r k r a n k u n g der Ohr- m u s c h e l vor. Die Krankheitsgeschichte des 42j~hrigen Lehre1's ist kurz folgende: Vor 3 Jahren entstand in der rechten Obrmuschel, an der Grenze zwischen Concha Anthelix und Eingang in den Geh6rgang, eine rSthliche, erbsengrosse, mit gesunder Haut bedeckte Geschwulst. Nach kurzer Zeit will Patient beim Waschen die Stelle verletzt haben, wonach eine Blutung eingetreten sei. Von dieser Zeit an n~sste die Stelle immer, es bildete sich stets yon Neuem Schorf, den Patient immer wieder entfernte. Dabei blutete es, und die Geschwulst vergr0sserte sich allmhhlich; gleichzeitig trat leichte Schwetlung der ganzen Obrmuschel ein. Als die fleischige Geschwulst die GrSsse eines Ftinfpfennigstiickes erlangte und gleichzeitig den GehSrgang verengte, sodass Hiirst6rungen auf diesem Ohr eintraten, suchte Patient den Arzt auf. Die Behandlung hat in Waschungen, Dermatolpuderung und Tou- chirung mit Argentum bestanden. ~ach A~ssetzung dieser Behandlung fiir einige Monate steIlte E., aIs er den Patienten zum ersten Mal sah~ folgenden Status lest: Infection wird bestimmt in Abrede gestellt. Das gauze Innere dcr 0hrmuschel hat, eine leicht blutende, steltenweise mit schmierigem, speckigem Belag bedeckte Oberfl~che, auf der sich 5--6 warzenartige, Ieicht blutende Fleischgeschwtilste erheben; die ganze Ohrmuschel ist 5de- mat6s geschwollen. Die mikroskopische Untersuchung best~,tigt die Dia- gnose tier secund~ren Syphilis. Eine Altgemeinbehandlung weigerte der Patient sich vorzunehmen, weshalb nur local Sublimat, Calomel und essig- sauro Thonerde-Umschl~ge angewandt wurden. Im Laufe dieser Behandlung trat Abschwellung der kranken Stellen and Besserung des irritations- zustandes ein. Gleichzeitig sehritt der Process each oben und gegen den unteren und vorderen Rand des Geh6rganges welter. Sparer tra~ unter Vernachlhssigung der Wunde durch den Patienten, yon der Ohrmuschel aus- gehend, ein Erysipelas bullosum auf, nach dessen Ablauf eine vortiber-

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gehende Ueberh~rtung eintrat, unter der aber die Secretion andauerte. Endlich liess sich P~tient, als der Process wieder weiter um sich griff, zu elner Mlgemeinbehandlung - - Einspritzungen yon Hydrargyrum formamidatum solutum L ie b r ei ch - - bewegen, unter welcher die Erkrankung sieh dauernd zurilckbildet.

Discussion: Herr S onn tag hat einen haselnussgrossen, weichen Tumor, der breitbasig der hinteren nnd unteren GehSrgangswand aufsass, beobaehtet. Die Untersuchung gab keinen sicheren Anhalt, ob es sich um Sarkom oder um eine Gummigesehwulst handele. Infection wurde negirt; am KSrper wurden Zeiehen yon Lues nicht gefunden. Naeh Jodkali trat in 2 Wochen Heilung ein.

Herr A. B r u c k bat lg95 in der Berl. reed. Ges. einen Patienten mit breiten Condvlomen beider GehSrghnge vorgestellt, welcher an der einen 0hrmuschel, ~n der 0hrfurche, etwa an der vorderen Ansatzstelle der Anti- helix, ein zum Theil schmierig, scheckig belegtes Syphilid zeigte, eine nach L es s e r sehr seltene, ftir Syphilis geradezu pathognomonische Ver- ~nderung.

Herr K a t z hftlt die Natur des yon Herrn E h r e n f r i e d als secund~r syphilitischen Uleus angesproehenen Ulcus nicht for sicher erwiesen, weft der Kranke sonst keine polymorphen Hauteflorescenzen zeige, auch Driisen- schwellungen nicht vorhanden seien; in eiuem einsehl~gigen Falle, den K. beobachtet hat, ebenso wie in anderen verSffenttichten, seien noch mehr- fache andere cutane syphilitisehe Erscheinungen nachweisbar gewesen.

Herr E h r e n f r i e d (Schlusswort): Sein Fall sei dem Bruek 'sehen ~hnlich. L e s s e r betone, dass ,,eine einzige derartige warzige Bildung ge- ntigt, um die sichere Diagnose auf Syphilis zu stellen, da durch keine andere Krankheit an diesen 0rten eine ~hnliche ¥er~nderung hervorgerufen wird." Herr Ka tz sei veranlasst gewesen, die Frage aufzuwerfen, ob es sich um einen prim~ren Affect handle, weil E. Folgendes zu erwhhnen vergessen hatte: Driisen nur in der Leistengegend, im Gesicht und am KSrper ver- einzelte derbe kleine Infiltrate yon rothbrauner Farbe [Exanthema papulosum lenticulare}. Im Gesass fanden sich jetzt Rtickbildungsvorg~nge Ipapulo- squamSses Syphilid). Ausserdem sei in Betracht zu ziehen, dass die Krank- heit schon 3 Jahre dauert und dass ein Primhraffeet doch immer nur eine kurze Lebensdauer hat.

3. tterr H a i k e berichtet t~ber einen o t o g e n e n K l e i n h i r n a b s e e s s mit eitrig zerfallener T h r o m b o s e des S inus t r a n s v e r s u s und P e t r o s u s sup. und demonstrirt die bei der Section gewonnenen Prhparate, die pa- thologisch-anatomisch yon Interesse sind. Die zwelfache schwere Com- plication der Ohreiterung machte bis zu den tetzten Tagen vor dem Tode so wenig ausgesprochene Erscheinungen - - weder waren tlirndrucksymptome noch Fieber vorhanden --, dass zunhchst nur die Radicaloperation gemacht wurde, um eine weitere Kl~rung der Diagnose durch deutlichere Symptome behufs eines intracraniellen Eingriffes abzuwarten. Als localisirte Kopf- schmerzen, Schwindel, Pulsheschaffenheit und Benommenheit einen Eingriff am Kleinhirn indicirt erscheinen liessen, trat der Exitus ein, Devor die Operation vorgenommen werden konnte. Die Section ergab einen w a l l - n u s s g r o ssen A b s c e s s desKleinhirns, p u r i f o r m z e r f a l l e n e T h r o m b e n des S inus t r a n s v e r s u s und P e t r o s u s sup., Pankreatitis parenchymatesa hhmorrhagica und Nephritis parenchymatosa.

Bemerkenswerth ist, dass nicht nur die inficirte und zerfallene Sinus- thrombose, sondern auch die bakterielleu Metastasen in Pankreas und Niere kein Fieber hervorgerufen haben, was vielleicht durch eine iu Folge sehr langsamer Entwicklung des Leidens entstandene Toleranz des Orgamsmus erkl~rt werden kann. UngewShnlieh war ferner der Weg, den die Infection veto Ohr zum Sinus resp. Kleinhirn genommen hat und ehenso die krank- haften Ver~nderungen am Knoehen: Die Pars petrosa zeig#e an ungewShn- lieher Stelie ausgedehnte Nekrose; beginnend unmittelbar hinter tier Emi- nentia arcuata nahm sie die Kante des Knochens ca. t c m lang ein und reichte an der vorderen Fl$che etwa 1 cm~ an der hinteren etwa 2 era herab und ferner etwa I cmin 's Innere des Knochens, wie sich beim Durchshgen

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ergab. An der Grenze des nekrotischen Gebietes auf der Hinterfl~che der Pars petrosa sah man nach Entfernnng der Dura einen kleinen cariSsen Defect, der mit Wahrscheinlichkeit als Infeetionsweg vom 0hr aus anzusehen ist, woraus hervorgebt, dass die Thrombose veto Sinus petrosus sup. ibren Ausgang genommen hat.

4. Herr E h r e n f r i e d : Ueber ein besonderes Verfahren bei Behandlung der Mittelohreitertmgen und die dabei haupts~cblieh verwandten Medicamente.

Der ¥erfasser verfolge den Zweck, den Eiter mSglichst vollst£ndig aus Pauke und Nebenr~umen zu entferuen. Iqach Reiuigung mittelst Spritze tr~tufele er schwache Lysoll6sung ftir 1~) ~Iinuten znr Erweichung ein- gedickter Eiter- und Choiesteatommassen ein und sauge diese gelSsten Massen mit einer Pipette, wenn n6thig zu wiedemholten Malen an. Dieses ¥erfahren wende er bei acuten wie chronischen F~llen an~ die bei ein- facheren Maassnahmen nicht heilen. Das gleiche Yerfahren wende er auch zur Entfernung yon festsitzenden Ceruminalpffopfen an und yon Fremdk6rpern, deren Consistenz die Anwendung der Pipette zulhsst. Neben dem Lysol ver- wendet E. Formalin, Alkohol, Bors~ure-Alkohol, Hydrogenperoxyd-purissim., welches letztere er ftir besonders wirksam halt. :E. ist der Ansicht~ dass seine Methode so erfolgreich sei~ dass er nnr selten in die Lage komme~ den Warzenfortsatz aufmeisseln resp. die Radicaloperation machen zu miissen, far die er ais Indication nur gelten lassen will: 1. die F/~lle unmittelbarer Lebensgefahr, we also Zeiehen fiir drohende ~Ieningitis oder Py~mie vor- haaden sind, 2. die seltenen F~lle einer dutch nichts zu beseitigenden Ver- engerung des ~usseren GehSrgangs, welche eine wirksame Behandlung yon letzterem aus unmSglich macht. Dieser Standpunkt wilrde die operativen Ein- griffe bei Ohrerkrankungen wesentlich herabmindern.

Discussion: Herr A. B r u c k erw~hnt einen yon S u c h a n n e c k bei ibm selbst angewandten Apparat zur Offenhaltnng der Paracentesenwunde und Entfernung des Secrets ans dem Mittetohr~ doch erscheint ihm dieses Ver- fahren nach den an sich selbst gemachten Erfahrungen bei acuten Eite- rungen zu schmerzhaft.

Herr 4. H a r t m a n n bemerkt, dass die veto Vortragenden schon auf der vorj~hrigen Versammlung der deutschen otologischen Gesellschaft mit- getheilte l~ehandlungsmethode als wisseusehaftlich nicht begriindet scharf zu- riickgewiesen worden sei. Seine Anschauungen seien physikalisch unrichtig, und durch Anwendung des Paukenr6hrchens wurde das Secret sehr viel voll- kommener entfernt als durch noch so lunge fortgesetzte Pipettenbehandlung. Die vorgestellteu Patienten zeigen trotz monatelanger Behandlung noch Eiterung. Die a l l g e m e i n e Empfehlung der conservativen Behandlung dtu'ch den ¥ortragenden mfisse als h6chst bedenklich erscheinen.

Herr H e i n e betont ansserdem, dass die veto Vortragenden gestellten Indicationen ftir die Warzenfortsatzoperationen sehr bedenklich seien. Er weist auf die Fhlle hin, die husserlich oft trotz naher Gefahr keine Er- scheinungen ihrer Schwere erkennen lassen.

Herr Ka tz fragt, ob der Vortragende auch bei acuten Otitideu mit k l e i n e r Perforations6ffnung sein Verfahren anwende.

Herr S c h w a b a c h bemerkt, dass kliniseh sich wahres Cholesteatom oder cholesteatomat6se Massen nach Mittelohreiterung nicht immer unter- scheide, weshalb diese Unterschiede nicht als ausschlaggebeud ffir einen etwaigen operativen Eingriff hingestellt werden dfirfen~ wie es der Vor- tragende anscheinend wolle.

Herr S c h 6 n s t a d t theilt mit, dass er eine grosse Zahl yon Patienten gesehen babe, die ~om ¥ortragenden lunge nach seiner Methode behandelt worden seien, ohne Besserung, zum Theil mit stinkender Eiternng.

Herr E h r e n f r i e d giebt im Schlusswort einen Theil der gemachten Einwi~nde als berechtigt za; doch sei die physikalische Grundlage seiuer Behandlungsmethode richtig; im Wesentlichen sei diese bei chronischen Eiterungen anwendbar, bei acuten nut, wenn sie einen protrahirten Verlauf zeigten. Die vorgestellten Fhlle~ die Herr H e i n e als noch eiternd be- zeichnet habe~ seien seiner Ausicht nach geheilt.

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Si tzung am 10. J u n i 1902.

Vorsitzender: tterr L u e a e. Schriftftihrer: Herr J a c o b s e n , spater Herr S c h w a b a c h .

1. Herr T r e i t e l berichtet fiber einen Fall, in dem eholesteatomartige Massen im gusseren Gehiirgang sich fanden, ohne Mittelohreiterung. Den Massen lag ziemlich lest ein Wattepfropf vor, nach dessert Ausspfitung sich Schalen yon Epithelien in griisseren Klumpen entleerten, in die eine Fliege eingebettet war. Dieselbe war, wie Patientin auf Befragen sich erinnerte~ im vergangenen Jahre ihr in's 0hr gekommen. T. erklart das Zustande- kommen dieser Epithelconglomerate in der Weise, dass die Fliege, so lange sie noeh lebte, oberfigchliche Verletzungen machte, welche zur Epithel- wueherung ffihrten und gleichzeitig als Fremdk6rper wlrkten. Die An- sammlung der Massen dfirfte durch den vorgelegten Wattepfropf begfinstigt worden sein. I - Iabermann hat yon Cholesteatomen des ~usseren Geh6r- gangs berichtet, welche in einigen Fallen die GehSrgangswand usurirten. T. erinnert auoh an die Befunde yon FremdkSrpern in Cholesteatomen des Mittelohres, die M a n a s s e ver5ffentlicht hat. Aussen an der Muschel be- stand ein Ekzem, abet nieht im Gehiirgang, soweit er yon Massen nieht er- ffillt war.

2. L u e a e , Mechanlsmus tier Schallaufnahme bei freiliegendem Pro- montorlum.

Redner hat auf der Naturforscher-Yersammlung in Hamburg 1901 eine neue Wirkungsweise des kiinstliehen Trommelfelies resp. des in den vor- liegenden Fgtllen ausschtiesslich benutzten Wattekiigetehen mitgetheilt, welche darin besteht, dass beim Bedecken des Promotoriums mit der V/atte ohne jede Beriihrung des Steigbligels oder des runden Fensters eine bedeutende HSrverbesserung air die Fltistersprache eintreten kann, welche mit Weg- nahme der Watte sofort wieder auf den Status quo ante zurtickkehrt. Er hat diese Beobachtungen an mehreren jahrelang beobachteten Kranken ge- macht. Zur Erklhrung dieser Erscheinung nimmt Redner an, dass bei frei- liegendem Promonterium ohne 8chwellung tier Schleimhaut desselben die Schallwelle gleiehzeitig durch die Labyrinthkapsel und durch die Fenster, unter denen wegen der welt grSsseren Beweglichkeit seiner Membran haupt- sachlich das r u n d e Fenster in Betracht kommt, in's Labyrinth gelangen und sich dort wegen Interferenz gegenseitig abschwachen. Wird nun dutch Auspolsterung des Promontoriums die Schallaufnahme durch die Knoehen- kapsel verhindert, so finder jetzt ein unbehinderter Zugang der Schallwellen dutch das runde Fenster start, und Patient h~irt datum besser. Es kann ausnahmsweise aber aueh tier Fall eintreten, dass das Wattekiigelchen auch naeh seiner Entfernung noch hSrverbessernd eine Zeit lung nachwirkt, wenn n~tmlich durch wiederholte Einfahrung der Watte und durch Reizung eine ¥erdickung der Promontorialschleimhaut eintritt und hierdurch gleichsam eine natiirliche Polsterung des Promontoriums s ta t t f inde t . - Dieser Er- klarung fehlte bisher noch der Beweis, dass durch die Labyrinthkapsel tiber- haupt Schall aufgenommen werden kann. Redner wies dies dadurch nach~ dass er an zwei Kranken die Nische des runden Fensters allein durch einen ausgekochten Wattepfropf abschloss, worauf in der That eine ~hnliche H6r- verbesserung erfolgt% wie dies der Fail war bei alleiniger Auspolsterung des Promontoriums. Wurden jedoch darauf beide Theile mit tier Watte lest bedeckt, so zeigte die tt(irweite wieder den Status quo ante; dadarch erklfixt sich, dass nun eine Schallaufnahme nur durch die Steigbiigelplatte effolgte. - - Bekanntlich wirkt das Trommelfell am besten bei grossem De- fect des natiirlichea Trommelfells und glaubt Redner, class sieh die hSr- verbessernde ~¢¥irkung in den T oynbee 'schen Fallen weal auch zam Theil in der obigen Weise erklhren liesse.

Discussion: Herr J. Ylerzfetd: Nach Mittheilung des Herrn Geh. Ruth L ucae sell das kiinstliche Trommelfell haupts~chlich dadureh wirken~ dass das Promontorium resp. die knScherne Labyrinthkapsel als schall- leitendes Organ ausgeschieden und so die Interferenz der Schallwellen auf- gehoben wird. In der That konnte ich reich auch davon fiberzeugen, dass

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das blose Belegen des Promontoriums mit Watte bereits einen hiirverbessernden Einfluss yon 2 m ffir Zahlen in Fltistersprache ausfibt. - - Ein 30j~hriger Patient~ der in Folge alter 0titis media einen vollstandigen Verlust des TrommelfeUes and beider grossen HSrkn6chelchen zeigt, hiirt ohne Prothese Zahlen in Fliisterspraehe nur dicht am Ohr; wird diesem Patienten etwas angefeuchtete Watte direct auf's Promontorium gelegt, ohne dass die Gegend der Fenster yon der Watte beriihrt wird, so bessert sich die HSr- weite um 2 m, die aber sofort nach Entfernung der Watte wieder ver- schwindet. Die gr(isste HSrverbesserung, namlich his auf lo m ffir Zahlen in Flfistersprache, tritt erst nach Einlegen einer Gruber ' schen feinen Gummischeibe ein, bei der nicht allein das Promontorium, sondern auch die Gegend der Fenster bedeckt wird. Einen nachhaltigen Einfiuss des ktinst- lichen Trommelfelles konnte ich nicht beobachten~ nach Entfernung des- selben l~tsst sofort die HSrweite wieder nach. ttiernach glaube ich, dass 2 Factoren bei der Wirkung des ktinstlichen Trommelfelles mitwirken. Einmal der yon tterrn Geh. Rath L u c a e angegeben% dann die durch das Trommelfell herbeigeffihrte bessere Concentrirung der Schallwellen und die directe Uebertragung derselben auf's ovale Fenster.

Herr T r e i t e l erinnert an die Versuche yon Hentzen~ der in einigen F~Uen yon totalem Defect des Trommelfeltes fand~ dass die Besserung des Gehiirs nach Entfernung des Wattekfigelchens welter bestand. Er ftihrte diese Besserung auf die wieder normal gewordene Erregbarkeit des Laby- rinths zurfick Die L u c a e'sche Erkl~rang scheine treffender. Die Z i m m e r - mann 'sche Erkl~rang filr die Hiirverbesserung durch Wattekfigelchen halte er far unzutreffend.

Lucae~ Schlusswort: Hinsichflich der Annahme, dass das kfinstliche Trommelfell bei Totaldefect des Trommelfells und Hammers bei Inactivitat des Tensor tympani durch Dampfung wirken solle, sei bemerkt, dass M oos zuerst bei freiliegendem Steigbfigel des kfinstliche Trommelfell mit grosser H0rverbesserung applicirte und sich der schon vorher veto Redner aus- gesprochenen Erkliirung anschloss, dass die H6rverbesserung durch ver- mehrten Labyrinthdruck eintrete. In neuerer Zeit war Redner ebenfalls geneigt~ in einschl~tgigen Fallen eine Dampfung ai~zunehmen, welche nach H e l m h o l t z im gesunden Zustande dem Tensor tympani zukommen sell. Hiermit bleibt jedoch die Nachwirkung unerktart and scheint es ricbtiger, diesetbe der durch Reizung der Schleimhaut entstandenen Verdickung der* selben zazuschrelben.

Dr. M u s e h o l d : Ein neuer Apparat fiir Luftwellen-Massage des Ge* hfr-Apparates.

Der Apparat, den ich Ihnen heute bier zeige, dfirfte in mehrfacher Hinsicht Ihr Interesse erregen, ganz besondcrs abet deshalb, weft er ira Gegensatz zu den anderen Apparaten nicht rein ,,mechanisch", sondern ,,physikalisch" wirkt.

Mit der bisher gebrauchlichen Massage des Scballleltungsapparates hat er das Ziel gemein, die durch Erkrankungen des Mittelohrs gest6rte freie Beweglichkeit und Schallleitungsfi~higkeit desselben dutch Erschfitterungen zu verbessern oder wiederherzustellen. Neben der Dracksonderbehandlung wurde dies besonders durch die aus dem Gebrauch des pneumatischen Triehters allmithlich hervorgegangene Pneumomassage angestrebt, die ganz besonders in letzter Zeit nach dem Vorgange yon 8 e l i g m a n n mit ver- sehiedenen und bekannten Modificationen elektromotorisch ausgeftihrt wird. - - Ich selbst habe reich aus zunaehst theeretischen Granden, die aber durch die Arbeiten yon Os tmann ihre Best~tigung fanden, zur Anwendung des masehinellen Betriebes nicht entschliessen k6nnen, Wie G r u b e r und Andere babe auch ich zur pneumatischen Vibrationsmassage reich des Siegle 'schen Triehters mit Sehlauch und kleinem Gummiball bedient, um mit den Fingerspitzen die Luftverdiinnung und-verdichtung zu erzielen. Ich ging dabei yon der Ansicht aus, dass man biermit vielmehr und be- quemer mit der Dosis resp tier Amplitude der Erschfitterung individualisiren kann, um so mehr, als unsere nervenreichen Fingerspitzen far die feinsten Druckunterschiede empfindlich sind.

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Gleichwohl dr~ngte sich mir die Frage auf, ob es denn recht sei~ in meist l~nger dauernder Behandiung am Trommelfetl zu ziehen~ um mit ibm die GehiirknSchelchenkette zu bewegen, jener Membran, die yon der Natur so empfindlich eingerichtet ist, dass sie selbst die leise ausklingenden TSne der Aeolsharfe unseren Gehiirnerven iibermitteln kann~ - - ob die Pneumo- massage nicht ein zu grebes Verfahren sel flit den feinsten Gehiirapparat~ ganz besonders in den vielen Fallen, we die functionelle StSrang zu den anatomischen Lhsionen im Missverh~ltniss steht und die wir erst im Laufe der Behandlung nach dem Erfolge bemtheilen kSnnen.

Diese Gedanken bewogen reich, auf ein Verfahrea zu sinnen~ das der physiologischen and physikalisehen Einwirkung der Schallwelleu auf den Geh6rapparat m6glichst gleichkemmt und we die mechanische Zug- und Druckwirkung ersetzt wird durch wirklich periodisehe Luftwellen. Die Er- fiiltung dieser Aufgabe wurde mir leicht durch mein Strobnskop, welches ich bei meinen Untersuchungen fiber die Stellung der Stimmlippen im Brust- and Falsetregister brauchte. Die stroboskopische Scheibe gleicht ja durchaus der durchlScherten Scheibe der Seebec 'k 'schea Sirene. Man braucht sie ja whhrend der Bewegung nur anzublasen, um einen, dem unbewaffneten Ohre vernehmbaren Tea zu erzeugen. Aber auch ohne Anblasen kann man denselben Ton hSren mit einem Gummischlauch, dessea eines Ende dicht an die Scheibenlticher gehalten wird, w~hrend im Geh6rgang das andere steckt. Die periodischen Luftwellen nun, welche diesen Ton erzeugen, liess ich mit tier eben genannten einfachea Vorricbtung auf das Trommelfell solcher Kranker einwirken, bei denen ich sonst die Luftverdfinnung and -~erdichtung gebrauchte, and zwar zu meiner grSsstea Freude mit Erfolg: es trat GehSrverbesserung und Abnahme der Geri~usche ein, die auch noch am folgenden Tage feststellbar war. Da mir abet der Ton zun~ehst noch schwach erschien, so glaabte ich, die Scheibe dadurch wirksamer zu machen, dass ich auf der, dem Schlauch ab2ewandten Seite~ am vorderen Rande der L0cher - - d. h. dem in der Bewegung vorangehenden Rande - - einen kleinen~ nach hinten gerichteten Flfigel anbog. Dadurch wird eia versthrkter Luft- strom dutch die ScheibenlScher nach der abgewandten Seite bin gesogen, was sich mit einer vorgehaltenea Flamme leicht nachweisen l~sst, l)ie Flamme wird durch die LOcher hindurch gezogen. Sie ersehen daraus, dass die erzeugten Luftwellen immer im Sinne der Luftverdt~nnung stattfil~den. Diese Thatsache erscbien mir ffir den vorliegenden Zweck sehr erwfinscht~ wiewohl ich durch Anbiegen der Fliigel am hinterea Rand der Schlitze auch den entgegengesetzten Falh Luftwellen im Sinne der Verdichtung erzeugte, abet in der Wirkung keinen Unterscbied gefunden babe. Hier mCichte ich gleich bemerken, dass ich zur Prfiiung, ob die Schwungwirkung der bewegten Scheibe den Erfolg bei der Behandlung verursae~.te, vor der Scheibe einen mit einer dfinnen Gummimembran gedeckten Ohrtrichter anbrachte. A,,ch mit dieser Vorrichtung war die Wirkung auf den Schallleitungsapparat vor- handen, allerdings schien sie mir geringer, wohl deshatb~ weft die Luftwellen bei Bewegung resp. Erschiitterung der Membraa an Kraft ver|ieren.

Ich babe reich seit nun 2J/2 Jahren mit wenigen Ausnahmen nur dieses Apparates hier~ d.h. mit vorn angebrachten and nach hinten abgebogenen Flilgeln bedient and dabei meist Besserungen, mitunter recht erfrenliche Resultate erzielt. Die Indication far seine Anwendung gleicht vollstandig der yon [-lerrn S c h w a b a c h flit die Vibrationsmassage angegebenen. Einen wesentlichen ¥orzug meiner Behandlungsmethode mSchte ich gleich hier erwgohnen : dass auch bei l~ngerer, 5--10 Minuten tanger Dauer keine ROthung an den sichtbaren Theilen des Schallteitungsapparates eintritt and jede Ge- fahr einer Schhdigung aasgeschlossen ist Ich lasse den Apparat gewohn- heitsgem~ss nur 2 - 3 Minuten einwirken und wimble immer die ersten TSne der ersten Octave c ~-g~ doch babe ich auch tiefere and hShere TSne mit :Erfolg versucht. Die Kranken geben in den meisten F~llen an~ dass sie im

empfiehlt sich deshalb die GehSrpriifung erst nach dem Abklingea des Tones vorzunehmen.

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Bericht fiber die Verhandlungen der Berliner otolog. Gesellschaft. 145

Was nun die Erfolge dieser Behandlung betrifft~ so habe ich auch dort Besserungen yon Geh5r und Ger~uschen erzielt, wo Lufteintreibung und Pneumomassage im Stiche liessen, sodass ich meine Methode den bisherigen gegenfiber nicht allele gleichstellte, sondern auch fiir erg~nzend halte.

Discussion: I lerr D e n n e r t erinnert daran, dass er schon 1884 die Erschfitterungsmassage zur Behandlung des Gehiirorgans angewandt habe mittelst zweier Pfeifen~ welche durch Schl~uche mit einander und mit dem Ohr des Patienten verbunden waren und mittelst eines kleinen Blasebalges angeblasen wurden. E r rieth each seinen Erfahrungen zur Vorsicht in Bezug auf die Dauer der einzelnen Sitzungen, wle aueh in Bezug auf die Intensitht der Tree.

H e r r L u c a e theilt seine Erfahrungen fiber die Einwirkung yon Tiinen auf subjective Geh6rsempfindungen mit and erinnert daran~ dass sich diese therapeufische Benutzung des Sehalles bereits yon I t a r d im Trait~ des maladies de t'oreille besprochen finder. Doch war die Wirkung nach L.'s Erfahrungen nur eine vortibergehende, im Uebrigen warnt er vor lange an- dauernden Toneinwirkungen, well diese besonders bei nerv6sen Personen st£rkere subjective Geh6rsempfindungen hervorrufen kfnnen.

Herr E h r e n fr i e d vergleicht die M u s e h o I d'sche Behandlungsmethode mit der B r e i t u n g ' s c h e n Massage.

Herr J a c o b s o n weist auf die Vorztige der bisher gefibten Massage- methoden hin und betont, dass die dabei auftretende injection der Hammer- gef~sse nie einen bleibenden Nachtheil hinterlasse.

Herr M u s e h o l d bemerkt, dass er die erwiinschten Einschrhnkungen betreffs der H6he der T6ne and der Sitzungsdauer schon immer getibt habe and deshalb keine Nachtheile each dieser Richtung beobachtet habe.

S i t z u n g am 8. J u l i 1902.

Vorsitzender : Herr :L u e a e. S chriftfiihrer: Herr S c h w a b a c h.

1. Herr K a t z : Fall yon 0tomycosis bei bestehender alter Perforation. geringe Secretion und Cholesteatom (Demonstrati0nl.

Die Pilzwucherung erstreckt sicb in diesem Fall bis in die Pauke. Es bandelt sich - - wie das mikroskopische Pr~parat ze ig t - - um Aspergillus niger. Die Angabe B e z o l d ' s , dass 1i/2 Proc. alier 0hrenkranken in seinem Be- obachtungskreise an Otomykose leidet, ist each meiner Erfabrung ffir die Berliner VerbMtnisse zu hoch gegriffen, wie dena auch S c h w a r t z e and L u c a e nur etwa 0,1 Proe. Otomykose an ihrem Material beobachtet haben. Die vorgestellte 38j~hrige Patieatin leidet an chronischer perforativer Mittel- ohrentziindung mit Cholesteatom. Nach wesentlicher Besserung trat vor 8 Tagen unter Ohrschmerzen dfinnflilssiger schwarz~ef~rbter Ausfluss ein. Bei der Entfernung der wie feuchtes, bedrucktes Zeitungspapier ( H a r t - mann) aussehenden Membranen sah ich, dass die Masse sich bis in die Pauke hinein erstreckte. Icb halte ftir sehr wahrscheintich, dass der h~afige Gebrauch yon nicht reinem Glycerin in unserem Falle dem Parasiden den erwiinschten N~hrboden bereitet hat.

Discussion: Herr H a ik e: Melee Erfahrungen betreffs d er Hhufigkeit der Otomykose besti~tigen die yon Herrn K a t z gemachten, class n~mlich fiir unsere Berliner Verhfdtnisse die yon B e z o l d angegebene hohe Procentzaht - - li/2 Prec. aller 0hrenkranken - - nicht zutrifft. Ich habe innerhalb der letzten vier Jahre an dem doch nicht unbetr~chtlichen Material der 0hren- klinik der K6niglichen Charit~ each meiner Erinnerung nur 3 FMle yon Otomykose und zwar Aspergillus niger gesehen,

Herr G r o s s m an n land bei dem Material der Universit~tspoliklinik Aspergillus niger in ungef~hr 1/4 % o der Fhlle. Er weist noch auf eiee m(igliche Verwechslung yon sehwarzen Kiigelchen~ die sich bei lhngerem Ge- brauch yon Pr~cipitatsalbe zuweilen abscheiden~ mit Aspergillus hin~ die durch das Mikroskop' leieht zu vermeiden sei.

Archly f. Ohronheflkuudo. LVIII. Bd. 10

Page 8: Bericht über die Verhandlungen der Berliner otologischen Gesellschaft

146 IX. HA1KE, Verhandlungen der Berliner otolog. Oesellsehaft.

2. Herr Lucae : Demonstration der Tonschwingungen des lebenden. Trommeifelles

Redner demonstrirt unter Erg~nzung seines bereits auf der 73. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte gehaltenen Vortrages {vergl° Archiv f O. Bd. 54) die yon ibm zuerst durch Interferenz zweier Orgelpfeifen zur Darstellung gebrachten Schwingungen des lebenden Trommelfelles. Er bediente sich zweier auf ca. 128 Schwingungen abgestimmten 0rgelpfeifen, yon denen die eine mittelst ~erschiebbaren Stopfens um 1/4 bis 1/2 Ton er- hSht werden konnte. Die so gebildeten StSsse werden aus dem Innern der Pfeifen durch ein sich gabeindes Rohr direct dem Ohr zugeleitet und zwar mittelst einer nicht luftdicht in's Ohr geftihrten, nach aussen durch ein Convexglas yon 10 Dioptrieen abgeschlossenen Siegle'schen Trichtersl dutch welchen die entsprechenden l~ewegungen gut beobachtet werden konnten. Wichtig ist, dass wie bei den frliheren Versuchen stets nur die Gege~d der hinteren Trommelfellfalte in sichtbare Schwingungen versetzt wurde nnd zwar nur bei ~ormalhiirenden und bei anatomisch normalem Trommelfell. Alle iibrigen wie die genannte Stelte Init Goldbronce bepinselten Punkte des TrommetfeUes verhielten sich absolut ruhig, so auch der Hammergriff und der Lichtkegel. Zur Erklfi~rung dieser Erscbeinung ist bereits a. a. O. daranf hingewiesen worden, dass die Gegend der hinteren Trommelfellfalte als der am wenigsten gespannten Stelle am meisten fhhig ist, gerade mit tiefen TSnen, mitzuschwingen.

Herr T r e i t e l macht darauf aufmerksam, dass gegen diese ¥ersuche derselbe Einwand erhoben werden kann, wie ihn Z i m m e r m a n n gegen die Helmhol tz ' schen gemacht hat. Da die Schlhuche direct yon der Luft- kammer auf den GehSrgang die Weilen iibertragen k0nnen, so liegt die MSgliehkeit einer reinen Luftmassage vor; auffatIend ist auch die Thatsache, dass der vordere TheiI des Trommelfells und der Hammer nicht mitschwingen.

Herr L u c a e erwidert hierauf, dass es bei allen derartigen Versuchen durauf ankommt, die betreffenden Tiine is01irt und concentrirt zum 0hr zu leiten, wie dies z. B. durch das I:[Srrohr geschieht. A]s sehr wichtig ist hervorzuheben, dass die Schwingungen nicht luftdicht dem Ohr zngeleitet warden, wie dies z. B. in den yon Bach unter Leitnng yon H e l m h o i t z am todten GehSrorgan ausgeffibrten Versuchen geschah, wobei das aus den Pfeifen zum Ohr ftihrende Rohr mitfelst Siegellack luftdicht in den ausseren GehSrgang eingefiigt wurde, was den natfirlichen ¥erhhltnissen absolut nicht entspricht. Dass keine Schwingungen des Hammergriffes bei dex yon uns angewandten Methode zu sehen sind, schliesst selbstverst~ndlich nicht aus, dass solche in der That, wenn auch in sehr geringem Maasse vorhanden sein kiinnen. Doch liegt es andererseits auf der Hand, dass die freie- Trommelfeltfl~che stets weit grSsserer Schwin~,~angen i~hig ist ats der durch die Kette der GehSrkntichelchen u. s.w. mit grossem Widerstand behaftete Hammergriff. Es muss auf diesen Punkt, der hier auch dutch Ton- sehwingungen zum ersten Mal klargelegt ist, ffir die Theorie der Schall- flbertragung ein Hauptgewicht gelegt werden.