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Bindungsaspekte in der stationären
Jugendhilfe - Lernen aus der Erfahrung
ehemaliger Kinderdorfkinder
Dr. Klaus Esser
Bethanien Kinder- und
Jugenddorf Schwalmtal
Agenda
1. Urteile und Vorurteile: das arme Heimkind
2. Was sagen die Ehemaligen?
3. Stationäre Jugendhilfe heute
4. Erziehungshilfe systemisch
5. Salutogenese, Ressourcen und Resilienz
6. Anforderungen an Pädagoginnen und Pädagogen
7. Was können Einrichtungen und Dienste in der Jugendhilfe tun?
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 2
� Kinder im Heim erhalten zu wenig Zuwendung
� Kinder werden nur verwahrt
� Zu viele Kinder, zu wenig Personal
� Eine schlechte Familie ist besser als ein gutes Heim
� Schichtdienst fördert die Bindungslosigkeit der Kinder im Heim
� Dauernder Wechsel von Erzieherinnen, Praktikantinnen und neuen Kindern und Jugendlichen macht Bindungen im Heim unmöglich
� Bezahlte Erzieherinnen in einer 39 Stunden-Woche können keine Bindungspersonen sein/werden
Das arme Heimkind – was hat sich zwischen 1950 (Bowlby) und heute verändert?Urteile und Vorurteile
3Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
4EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Ehemalige Heimkinder
Ergebnisse einer Befragung
Stichprobe/Rücklauf
� 6 teilnehmende Einrichtungen der stationären Jugendhilfe in katholischer Trägerschaft
� Versendete Fragebögen: 1550
� Zurückgesendete ausgefüllte Fragebögen: 355 (davon 8 direkt an IKJ), Auswertbar: 344
� 150 Seiten Text aus den offenen Fragen: Erlebnisse, Erfahrungen, Appelle, gute und schlechte Erinnerungen, Anklage und Dank
Rücklauf-Quote Gesamt: 24,9 %
5EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Hilfebeginn
2,7
49,5
33,4
14,4
0
10
20
30
40
50
60
vor 1949 1949-1970 1971-1990 1991-2008
%
Durchschnittliche Heimdauer in Jahren
7,7
5,3
7,7
8,7
5,4
0
2
4
6
8
10
Gesamt vor 1949 1949-1970 1971-1990 1991-2008
Ergebnisse
Wie geht es den Ehemaligen heute?
8EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Aktuelle berufliche Situation
9EHEMALIGEN-BEFRAGUNG 2008/2009 EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Bewertung der heutigen
Lebenssituation
2,342,16
1,912,03
1,961,751,64
2,142,14
1
2
3
4
5
Beru
fG
esun
d- h
eit
Woh
n- s
ituat
ion
Part
ner-
sch
aft
Freu
nde
Fina
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Frei
zeit
Erzi
ehun
g
insg
esam
t
sehr schlecht
sehr gut
Zufriedenheit mit der aktuellen persönlichen Lebenssituation insgesamt
EHEMALIGEN BEFRAGUNG 2008/2009
11EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Ergebnisse
Bewertungen der Zeit im Heim/Kinderdorf
12EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Bewertungen der Qualität aus Sicht der Ehemaligen
1,81 1,882,05 2,12 2,17 2,18 2,24 2,27 2,34 2,39
2,49
2,8 2,8 2,87
3,56
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
Ergebnis QualitätsbewertungFachpädagogische Aktivitäten - Sport, Musik,
Tiere, Ferienfreizeiten, Erlebnispädagogik,
Outdoor - sind aus der Perspektive
ehemaliger Heimkinder bedeutsame
Wirkfaktoren stationärer Erziehungshilfe.
Die Bereiche Hilfe im Umgang mit den
familiären Problemen und Beteiligung an
wichtigen Fragen sind Bereiche, in denen
Weiterentwicklung notwendig ist.
Bewertung der Zeit im Heim:
Bewertung insgesamt
1,6
1,8
2,5
1,71,71,7
1
2
3
4
5
insgesamt 1949-1970 1971-1990 1991-2008 nein jasehr gut
sehr
schlecht
Hilfebeginn Wichtiger Erwachsener?
1. Gab es eine „besonders wichtige Person“ ?2. Gab es „schlimme Erlebnisse, die das gesamte Leben überschatten“ ?
Zentrale Fragen
16EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Gab es im Kinderdorf/Heim einen Erwachsenen, der für Sie zu einem besonders wichtigen Menschen in Ihrem Leben geworden ist ?
78,8
13,1
4,4
Bindungsperson
ja
nein
weiß nicht
Ehemaligen Befragung 2008/2009
17EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Erwachsener in der Einrichtung, der zu besonders wichtigem Menschen
geworden ist
77,1
93,8
80,481,9
0
20
40
60
80
100
insgesamt 1949-1970 1971-1990 1991-2008
Hilfebeginn
%
Gab es schlimme Erfahrungen, die sie bis heute nicht mehr losgelassen haben und die Ihr gesamtes Leben überschatten?
EHEMALIGEN-BEFRAGUNG 2008/2009
19EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
Erfahrungen, die das gesamte Leben überschatten
36,6
37,7
46,7
38,636,4
38,3
0
10
20
30
40
50
insgesamt 1949-1970 1971-1990 1991-2008 nein ja
Hilfebeginn Wichtiger Erwachsener?
%
Ergebnisse zu Bindung und Traumatisierung
21
Die Bindungsperson ist der
Schlüssel zu Qualität und
Wirkung in der stationären
Jugendhilfe.
Traumatisierung -
Aufnahmegrund und
negativer Wirkfaktor
zugleich
Die Problemgruppe:
Traumatisiert und ohne
Bindungsperson
EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen Oktober 2011
Welche Erfahrungen haben geschmerzt und waren schwer auszuhalten?
22EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
23
4
4
8
9
21
32
33
33
33
42
44
47
48
1,6
1,6
3,3
3,7
8,6
13,2
13,6
13,6
13,6
17,3
18,1
19,3
19,8
0 20 40 60
Angst
Stigma Heimkind
Fehlende Förderung
Religion als Zwang
Bezugspersonenverlust …
zu viel Strenge
zu harte Strafen
Physische Gewalt/Schläge
unfähige Betreuer
Ungerechtigkeit
Demütigung/Entwürdigung
keine negativen …
Familientrennung
Schmerzhafte und belastende Erfahrungen aus Ehemaligensicht
in Prozent
Nennungen
absolut
EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen Oktober 2011
Welche Erfahrungen haben Ihnen geholfen und gut getan?
24EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen
Oktober 2011
25
Welche Erfahrungen haben Ihnen geholfen und gut getan?EH
EM
ALIG
EN
-BEFR
AG
UN
G 2
008/2
009
6
7
8
12
35
42
69
79
97
139
2,2
2,6
3
4,5
13
15,6
25,7
29,4
36,1
51,7
0 20 40 60 80 100 120 140 160
Nichts
Materielle Versorgung
Alles
Christliche Erziehung
Lernen fürs Leben
Fachliche Förderung
Regeln und Werte
Päd. Aktivitäten
Gruppe und Gemeinschaft
Wichtige Personen
Hilfreiche Erfahrungen aus Ehemaligensicht
in Prozent
Nennungen
absolut
EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen Oktober 2011
„Die Erfahrungen dass es Menschen gibt, die für einen
einstehen egal warum und weshalb. Wenn man es
nüchtern betrachtet, wird einem jungen Menschen eine
faire Chance geboten neu zu beginnen, und was Tolles
aus seinem Leben zu machen. Ich kann natürlich nur für
mich sprechen, und für mich war es das Beste war mir
hätte passieren können. Ich hatte super nette Erzieher
die immer verständnisvoll und liebenswert waren, sie
haben mir beigebracht wieder an mich zu glauben, zu
vertrauen (…) Auch wenn eine Familie nie ersetzt
werden kann, ich habe mich immer gut aufgehoben
gefühlt, wohl gefühlt und war sehr glücklich. Es gibt
nichts was ich bereue oder war mir gefehlt hätte. „
26
Erfahrungen, die geholfen und gut getan haben
EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen Oktober 2011
� „Eine große Familie - Ein liebevolles Zuhause“
� „Miteinander geredet und gespielt“
� „Gute Gemeinschaft“
� „Harmonisches Leben mit viel Spaß“
� „Gefühl, in einer intakten Familie zu leben“
� „Immer jemand da zum Spielen“
� „Zusammensein war einfach schön“
� „Stets einen Ansprechpartner zu haben“
27
Erfahrungen, die geholfen und gut getan haben: Soziale Erfahrung in Gruppe und Gemeinschaft
EHEMALIGE HEIMKINDER - DiCV Aachen Oktober 2011
Stationäre Jugendhilfe heute
� Einrichtung, das für die verschiedenen Ausgangslagen und Fragestellungen angemessene und differenzierte Konzepte anbieten soll.
� Lebensort auf Zeit
� Ort für Kinder und Jugendliche mit Struktur, Regeln und Alltag
� Ort der Behandlung, in der das Kind, der Jugendliche, der an einer besonderen Störung leidet, eine besondere Behandlung erhält.
� Vermittlungsstelle
� Heimat und Zuhause mit allen Bedürfnissen nach Beziehung und Bindung, Lernen, eigenen Entscheidungen, Sicherheit, Annahme und Wertschätzung.
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 28
Leitfragen der stationären Jugendhilfe in Bezug auf Bindungserfahrungen
1. Ist es möglich, alternativen Bindungsbeziehungen zu entwickeln, wenn die Eltern entweder auf lange Sicht nicht zur Verfügung stehen oder wenn sie selbst erhebliche Störungen im Bindungsverhalten aufweisen?
2. Wie schaffen wir altersgerechte Rahmenbedingungen, in denen der Aufenthalt („die Unterbringung“) von Kindern im Heim keine neuen Bindungsschädigungen erzeugt?
3. Wie kann es gelingen, Bindungsstörungen, die durch Erfahrungen der Kinder vor der Aufnahme im Heim entstanden sind, zu bearbeiten und im besten Fall zu „heilen“?
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 29
Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe
� sind oft traumatisiert durch körperliche
und sexuelle Gewalt und/oder
Vernachlässigung
� haben keine sichere Bindung erfahren,
dadurch kein Urvertrauen entwickelt bzw.
kein oder mangelndes Vertrauen in
sichere, zuverlässige, feinfühlige
Erwachsene
� kämpfen mit aggressiven Mitteln um
Selbstwert und Selbstwirksamkeit
� suchen Halt und Zuwendung oft in
Peer-Gruppen
�Sind durch mangelnde Förderung
benachteiligt
�Gehören zur Risikogruppe für
psychische und somatische Krankheiten,
Lernbehinderung, emotionale und soziale
Störungen
Bethanien Kinderdörfer/ 30
Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe
� kommen aus Familien mit Belastungen
durch:
� Trennungen
� Armut
� körperliche und sexuelle Gewalt
� Dissozialität
� fehlende familiäre Ressourcen
� Psychische Krankheiten und Sucht
� aus Hilfe-Odysseen, anderen Heimen,
Pflegefamilien
Bethanien Kinderdörfer/ 31
Erziehung und Bindung aus systemischer Sicht
� Erziehung ist Interaktion: permanente gegenseitige Beeinflussung von Individuen
� Kinder beeinflussen Erwachsene: z.B. Bindungssysteme von Kindern korrespondieren mit Beschützerinstinkten von Erwachsenen.
� Das angeregte System bestimmt selbst, in welche Richtung und in welchem Ausmaß der Impuls eine Veränderung anregt. „Das Kind lässt sich erziehen der Bindungsperson zuliebe.“ (SCHLEIFFER, 2007,173).
� Je sicherer gebunden das Kind, desto bereitwilliger beteiligt sich das System Kind an der auf Beeinflussung und Veränderung angelegten Erziehung.
� Das Kind erwartet von seinen Bindungspersonen, dass diese „stronger andwiser“ (BOWLBY) sind
32Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
Alternative Bindungen, wenn die Eltern entweder auf lange Sicht nicht zur Verfügung stehen oder wenn sie selbst erhebliche Störungen im Bindungsverhalten aufweisen
� „Bindungen sind ausgeprägt affektive, „innige“ Beziehungen, wie sie im Sozialverhalten von Mensch und Tier zu finden sind und insbesondere durch die Mutterliebe und Mutter-Kind-Bindung geprägt werden“ (AHNERT, 2004,17).
� Sichere Erzieher-Kind-Bindungen entstehen in Gruppen, in denen die Gruppenatmosphäre durch ein empathisches Erzieherverhalten bestimmt wird, das gruppenbezogen ausgerichtet ist und die Dynamik in der Gruppensituation reguliert. Die Erzieherinnen müssen sowohl „mütterliche“ als auch „väterliche“ Feinfühligkeit gegenüber den Signalen der einzelnen Kinder aufweisen. Dieses Erzieherverhalten bildet sich insbesondere in kleinen und stabilen Gruppen aus (vgl. AHNERT, 2004).
� Das Kind vertraut dem Erwachsenen, dessen Veränderungsbemühungen nicht zum Schaden des Kindes, sondern zu seinem Nutzen sind. Dieses Vertrauen ist aus systemischer Perspektive quasi die Eintrittskarte in das autonome kindliche System. Das entspricht der Idee des Grundvertrauens (ERIKSSON), die das Kind im Rahmen der Bindungsbeziehung entwickelt.
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 33
Anforderungen an Pädagoginnen und Pädagogen in der stationären Jugendhilfe � Kompetenz zur Förderung der Bindungssicherheit und Autonomie:
bedingungsfreie positive Beachtung
� Feinfühlige ErzieherInnen bewirken, dass das Kind sich und die Welt besser versteht, weil die ErzieherInnen versuchen, das Kind zu verstehen, ihm Erklärungen geben und damit Sinn vermitteln. Im Kind entsteht ein Gefühl für sich selbst und darüber „die Fähigkeit, intuitiv anderen Menschen eigene Gedanken, Wünsche, Phantasien, Absichten, kurz mentale Prozesse zu unterstellen“ (SCHLEIFFER, 2007, 53).
� Diese Fähigkeit wird unter dem Begriff „Theory of Mind“ (FONAGY/TARGET in SCHLEIFFER, 2007, 53) untersucht und stellt die Verbindung zwischen früher Interaktion und der Entwicklung der Selbstregulation her. Im Rahmen des Konzeptes „Theory of Mind“ gelingt es (sicher gebundenen Kindern besser), Handlungen anderer erklärbar und vorhersehbar zu machen, eine Grundlage für Empathie und soziale Kompetenz.
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 34
Bindungstypen der Kinder in der stationären Jugendhilfe
� Der Bindungstyp (D) der unsicher-desorganisierten Bindung (MAIN/SOLOMON 1986, MAIN 1995 nach SCHLEIFFER, 2009) ist in repräsentativen Stichproben bei etwa 15 % aller Kinder zu finden, bei „Hoch-Risiko-Gruppen“, d.h. bei Kindern, die zusätzlichen Risikofaktoren ausgesetzt sind, in etwa 80 % der Fälle (VAN IJZENDOORN et al. 1999 nach SCHLEIFFER, 2009). Die meisten misshandelten und vernachlässigten Kinder, aber auch Kinder von depressiven Müttern oder von Müttern, die selbst unter einem unverarbeiteten Bindungstrauma leiden, zeigen ein extrem widersprüchliches, stereotypes oder manchmal von akuter Angst vor der Bezugsperson geprägtes Bindungsverhalten.
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 35
Resilienzförderung in der Jugendhilfepraxis: was können wir tun?
Widerstandsfähigkeit, Kompetenz, Vertrauen, Selbständigkeit und die Fähigkeit zur Fürsorge (soziale Reife) können sich auch unter sehr ungünstigen Lebensbedingungen entwickeln , wenn
� Kinder auf Erwachsene treffen, die ihnen eine sichere Basis bieten, auf der sie Vertrauen, Autonomie und Initiative entwickeln können.
� Kinder es schaffen, wichtige emotionale Beziehungen zu den wichtigen Bezugspersonen aufzubauen,
� Auch die schulische Kompetenz hängt mit der Anzahl der Quellen emotionaler Unterstützung bei Erzieherinnen, Lehrerinnen, Freundinnen und Personen in der weiteren Familie ab.
„Das Erleben und die Überzeugung, für erreichte Erfolge selbst verantwortlich zu sein, führte bei den Kindern dazu, dass sie nicht passiv auf die Einengungen durch widrige Lebensumstände reagierten, sondern von sich aus, andere Menschen aufsuchten, die ihnen halfen“. WERNER 1997, S. 202
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 36
Salutogenese: Ressourcen fördern
A. ANTONOVSKI : Welche positiven Faktoren gibt es, die dem Menschen helfen, seine Gesundheit zu bewahren? Ressourcen ermöglichen es dem Menschen, angesichts von Stresssituationen und Krisen die Balance aufrecht zu erhalten und gesund zu bleiben.
"Die Geschichte einer Person umfasst nicht nur die Risikofaktoren in ihrem Leben, sondern auch Faktoren, ...die aktiv für eine Bewegung in Richtung auf den Gesundheitspool des Kontinuums verantwortlich sind, und die ich die "heilsamen Ressourcen" nenne. (Medizinsoziologe ANTONOVSKY 1993).
Kritische Haltung gegenüber Medizin, aber auch Pädagogik und Psychologie, den Defiziten, Krankheiten, Funktionsstörungen zu viel Bedeutung zu geben.
Vielmehr sollen wir den Blick darauf lenken, welche Faktoren in der Lebensgeschichte einer Person bisher daran beteiligt waren, dass ein Überleben, Funktionieren und Standhalten möglich war.
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 37
Heilsame Ressourcen
� ein weniger impulsives Temperament
� Intelligenz, als Voraussetzung für Lernprozesse und Schulbildung
� Konstante Bezugspersonen und gute Beziehungen in Familien und sozialem Umfeld
� Frühe Verantwortungsübernahme
� Aktives Bewältigungsverhalten
� Flexible Handhabung von Situationen, Anpassungsfähigkeit
� Fähigkeit zu einer realistischen Situationseinschätzung
� Religiöse Anbindung, Zugehörigkeit zu einer Wertegemeinschaft
� Eine feste Bezugsperson außerhalb der hochbelasteten Familie
� Zufriedenheit mit der erhaltenen Unterstützung
� Distanzierung von einem belastenden Elternhaus
� Eine realistische Zukunftsperspektive
� Ein geringes Empfinden von Hilflosigkeit und ein stärkeres Vertrauen in die eigenen
Kräfte
� Leistungsmotivation und –bereitschaft
� körperliche Ressourcen/Gesundheit
� psychische Ressourcen, z.B. Ausgeglichenheit
� materielle Ressourcen
� Hilfreiche Muster der Herkunftsfamilie
[1
Sich selbst erleben und ausprobieren
Sich präsentieren
Musik machen
und erleben Gemeinsam sportlich
unterwegs
Kinder stärken….
39Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
Du bist geliebtDu schaffst was
Du kannst was bewirken
Du bist einzigartig
Du bist DU40Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
Resilienzförderung: bindungsorientierte Pädagogik und fachpädagogische Ressourcenförderung
Fachpädagogische Angebote in der Jugendhilfe ergänzen die
Bindungsarbeit
� Sport und Bewegung: Sportangebote, Psychomotorik,
Erlebnispädagogik, Tierpädagogik
� Musik, langfristige niedrigschwellige musikpädagogische
Förderung
� Kunst, Kreativitätsfördernde Projekte
� Ressourcenorientierte therapeutische Ansätze (Kunst-
Gestaltungs-, Spieltherapie, Biografiearbeit, Familienberatung
und –therapie)
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 41
AK STARK
NullFluppClub
Fit forLife
Fortbildungen
Informa-tion
Beratung
Kinder-dorfrat
N ull F l u p p
C l u b -
42Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
43Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013
Bindungsfördernde Rahmenbedingungen in der stationären Jugendhilfe
Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013 44
o genug Zeit und Stabilität zum Vertrauens- und Beziehungsaufbau, genug Sicherheit
innerhalb eines Settings, genug Zeit zur Stabilisierung: Bindung braucht einfach
genug Zeit
o Rechtzeitiger, früher Beginn der Hilfe: nicht ambulant vor stationär, sondern
Bindungssicherheit als Richtlinie der Hilfeentscheidung.
o Personelle Kontinuität, Verantwortlichkeit der Erzieherinnen und Erzieher stärken,
Sicherheit für Kinder und Mitarbeiter herstellen.
o Bindungskompetenz bei ASD und Heimpädagogen
o Fördern von Bindungen, die durch Kinder gesetzt werden – Kinder suchen sich
Bindungspersonen! Partizipation fördern und einhalten. Kinder in Entscheidungen mit
einbeziehen.
o kein Verlegen der Kinder von Gruppe A (Intensiv) zu Gruppe B (Regel) aus
Kostengründen!
o Bindungspersonen in familiären Settings - Kinderdorffamilien, Erziehungsstellen,
SPL - langfristig fachlich stabilisieren und absichern
Bindungsorientierte Kinder- und Jugendhilfe
ist wirksam und macht Spaß
Bindungsorientierte Arbeit erhöht und verstärkt die Wirksamkeit der Kinder- und Jugendhilfe.
Sie erfordert fachpädagogische Qualifikation, personelle und sächliche Ressourcen.
Sie ist notwendig, um Kreisläufe gestörter Bindungsfähigkeit zu unterbrechen
Bindungsorientierte stationäre Jugendhilfe ist befriedigend, sinnvoll und macht Spaß!
45Bindungstagung KatHo Aachen Januar 2013