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44 U. Schollkonfund E. Wiskott Bd. 694 Bis-methylmercapto- und Bis-benzylmercapto-carben aus Bis- methylmercapto- bzw . Bis-benzylmercapto-diazomethanl ) von Ulrich Schollkopf*~ und Erik Wiskott Aus dem Organisch-Chemischen lnstitut der Universitat Gottingen Eingegangen am 6. November 1965 Aus Tosylhydrazid, Schwefelkohlenstoff und Alkylhalogeniden wurden Dithiokohlensiure- S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3) synthetisiert. Die Methyl- und Benzyl-Verbindung unter- warf man der Bamford-Stevens-Reaktion. Bis-methylmercapto-carben (13a) lieR sich mit 3-Morpholinostyrol, Ketendilthylacetal und Propenyl-propylather abfangen, Bis-benzyl- mercapto-carben (13b) mit a-Morpholinostyrol. Mit Cyclohexen konnte kein Cyclopropan- Addukt isoliert werden. Als Nebenprodukt entstand Tetrakis-methylmercapto- bzw. -benzylmercapto-Lthylen (14). Fur schwefelsubstituierte Carbene wird eine Stabilisierung durch den mesomeren Effekt der S-Atome diskutiert. Alkalimetallierte a-Halogensulfide reagieren in Olefinen zu Cyclopropyl-alkyl- bzw. -aryl- thioathern und Bis-alkylmercapto- bzw. -arylmercapto-athylenenz). Dabei durfte es sich um Folgeprodukte intermediarer Carbene oder Carben .Salz-Komplexe handelnz). Das Fehlen von CH-Einschiebungsprodukten laBt sich mit einer Stabilisierung der Teilchen durch den mesomeren Effekt des Schwefels erklaren (vgl. S. 48). Allerdings kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob die Produkte nicht unmittelbar pus der metallorganischen Vor- stufe entstehen3). Urn weiteren AufschluB iiber das Reaktionsverrnogen schwefelsubstituierter Carbene zu erhalten, versuchen wir, diese zum Vergleich aus Diazo-Verbindungen zu erzeugen. Die Photolyse oder (nicht katalysierte) Therrnolyse von Diazoalkanen gilt gegenwartig noch als sicherer Weg zu Carbenen. Die vorliegende Arbeit behandelt die Synthese von Dithiokohlensaure-S.S'-dialkylester-tosylhydrazonen sowie die Zer- setzung der Methyl- und Benzyl-Derivate nach Barnford-Stevens zu Bis-alkyl- rnercapto-diazornethanen bzw. Bis-alkylrnercapto-carbenen4). *) Herrn Prof. Dr. H. H. Inhoffeti zum 60. Geburtstag. 1) Kurzmitteilung: U. Schollkopf und E. Wiskott, Angew. Chem. 75, 725 (1963); Angew. Chem. internat. Edit. 2, 485 (1963). 2) U. Schollkopf, G. J. Lehmunn, J. Puust und H.-D. Hard, Chem. Ber. 97, 1527 (1964); U. Schollkopf, F. P. Woertier und E. Wiskott, ebenda 99, 806 (1966). 3) a-Alkalimetall-a-Halogen-Verbindungen scheinen zur direkten elektrophilen Addition an die Doppelbindung oder gar zur CH-Einschiebung befahigt zu sein; vgl. etwa G. L. Closs und R. A. Moss, J. Amer. chem. SOC. 86, 4042 (1964); W. T. Miller und D. M. Whalen, ebenda 86, 2089 (1964); s. aber auch G. Kobrich, K. Flory und H. R. Merkle, Tetrahedron Letters [London] 1965, 973. Bezuglich der CH-Einschiebung s. M. J. Goldstein und W. R. Golbierjr., J. Amer. chem. SOC. 87, 2293 (1965). 4) Kurz nach Erscheinen unserer vorlaufigen Mitteilung haben D. N. Letnul und E. H. Butiitt, Tetrahedron Letters [London] 1964, 245, iiber Shnliche Versuche berichtet.

Bis-methylmercapto- und Bis-benzylmercapto-carben aus Bis-methylmercapto- bzw. Bis-benzylmercapto-diazomethan

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44 U. Schollkonfund E. Wiskott Bd. 694

Bis-methylmercapto- und Bis-benzylmercapto-carben aus Bis- methylmercapto- bzw . Bis-benzylmercapto-diazomethanl ) von Ulrich Schollkopf*~ und Erik Wiskott

Aus dem Organisch-Chemischen lnstitut der Universitat Gottingen

Eingegangen am 6. November 1965

Aus Tosylhydrazid, Schwefelkohlenstoff und Alkylhalogeniden wurden Dithiokohlensiure- S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3) synthetisiert. Die Methyl- und Benzyl-Verbindung unter- warf man der Bamford-Stevens-Reaktion. Bis-methylmercapto-carben (13a) lieR sich mit 3-Morpholinostyrol, Ketendilthylacetal und Propenyl-propylather abfangen, Bis-benzyl- mercapto-carben (13b) mit a-Morpholinostyrol. Mit Cyclohexen konnte kein Cyclopropan- Addukt isoliert werden. Als Nebenprodukt entstand Tetrakis-methylmercapto- bzw. -benzylmercapto-Lthylen (14). Fur schwefelsubstituierte Carbene wird eine Stabilisierung durch den mesomeren Effekt der S-Atome diskutiert.

Alkalimetallierte a-Halogensulfide reagieren in Olefinen zu Cyclopropyl-alkyl- bzw. -aryl- thioathern und Bis-alkylmercapto- bzw. -arylmercapto-athylenenz). Dabei durfte es sich um Folgeprodukte intermediarer Carbene oder Carben .Salz-Komplexe handelnz). Das Fehlen von CH-Einschiebungsprodukten laBt sich mit einer Stabilisierung der Teilchen durch den mesomeren Effekt des Schwefels erklaren (vgl. S. 48). Allerdings kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob die Produkte nicht unmittelbar pus der metallorganischen Vor- stufe entstehen3).

Urn weiteren AufschluB iiber das Reaktionsverrnogen schwefelsubstituierter Carbene zu erhalten, versuchen wir, diese zum Vergleich aus Diazo-Verbindungen zu erzeugen. Die Photolyse oder (nicht katalysierte) Therrnolyse von Diazoalkanen gilt gegenwartig noch als sicherer Weg zu Carbenen. Die vorliegende Arbeit behandelt die Synthese von Dithiokohlensaure-S.S'-dialkylester-tosylhydrazonen sowie die Zer- setzung der Methyl- und Benzyl-Derivate nach Barnford-Stevens zu Bis-alkyl- rnercapto-diazornethanen bzw. Bis-alkylrnercapto-carbenen4).

* ) Herrn Prof. Dr. H . H. Inhoffeti zum 60. Geburtstag. 1) Kurzmitteilung: U. Schollkopf und E. Wiskott, Angew. Chem. 75, 725 (1963); Angew.

Chem. internat. Edit. 2, 485 (1963). 2) U . Schollkopf, G. J. Lehmunn, J . Puust und H.-D. Hard, Chem. Ber. 97, 1527 (1964);

U. Schollkopf, F. P. Woertier und E. Wiskott, ebenda 99, 806 (1966). 3) a-Alkalimetall-a-Halogen-Verbindungen scheinen zur direkten elektrophilen Addition an

die Doppelbindung oder gar zur CH-Einschiebung befahigt zu sein; vgl. etwa G . L. Closs und R. A. Moss, J . Amer. chem. SOC. 86, 4042 (1964); W. T. Miller und D. M. Whalen, ebenda 86, 2089 (1964); s. aber auch G. Kobrich, K. Flory und H . R . Merkle, Tetrahedron Letters [London] 1965, 973. Bezuglich der CH-Einschiebung s. M. J . Goldstein und W. R. Golbierjr., J. Amer. chem. SOC. 87, 2293 (1965).

4) Kurz nach Erscheinen unserer vorlaufigen Mitteilung haben D. N . Letnul und E. H . Butiitt, Tetrahedron Letters [London] 1964, 245, iiber Shnliche Versuche berichtet.

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I966 Bis-alkylmercapto-carbene aus Bis-alkylmercapto-diazomethan 4s

Dithiokohlensaure-S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3) Die Synthese der Dithiokohlensaure-S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3) ( s .

Tab. I ) ging vom Kaliumsalz (1) der Tosyl-dithiocarbazinsaure aus, das in athanoli- schem Kaliumhydroxid aus Tosylhydrazid und Schwefelkohlenstoff entsteht. Zur Darstellung von 3a und 3b uberfuhrte man 1 mit 1 Mol. Alkylhalogenid in die Tosyl-dithiocarbazinsaureester 2a und 2b (vgl. Tab. I), die dann weiter alkyliert wurdens). - 3a lief3 sich in befriedigender Ausbeute auch in einem Eintopfverfahren

5 S s T s N H - N H - 8 - S K T s h H - N H - 8 - S R T s N € i - N = C ( S R ) 2 T s N - N H - C - S R

A 1 2 3 4

gewinnen, wobei eine Vorschrift von Gompper und HGgeIe6) als Vorbild diente. 3c, 3d und 3e erhielt man, indem man 1 mit Natriumhydrid in Acetonitril metallierte und das Bis-Anion mit 2 Moll. Benzhydrylchlorid bzw. Allylbromid oder Chlor- essigsauremethylester alkylierte.

Tabelle 1 . Tosyl-dithiocarbazinsaureester (2) und Dithiokohlensaure- S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3)

r-Werte der s - CH- Protonen

AI kylierungs- 2 3 mittel R Schmp. R Schmp.

. - ~ - - .- __ ..- . -. - ~ ~~

CH3J a : CH3 171-172" a: CH3 150.5-151.5" 7.57; 7.62 C6HsCH2CI b: C H ~ C ~ H S 150- 151" b: CHzCsH5 81 -82" 5.80; 5.90

_. - C : CH(C6Hs)z 138.5-140" 4.20; 4.30 -. - d : CHzCH-CH2 64 -66" 6.42; 6.54

(C6Hd2CHCI C H ~ - = C H - C H Z B ~ CH3OCOCHzCI e: CH2COzCH3 188- 190" e: CH2COrCH3 82 -83" 6.29; 6.39

DaB den Verbindungen nicht die isomere Konstitution 4 zukommt, folgte aus der sauren Hydrolyse von 3a, die Tosylhydrazid zurucklieferte. ErwartungsgemaB zeigen die NMR-Spektren von 3 verschiedene Signale fur die beiden Alkylgruppen, wobei die Differenz der chemischen Verschiebung der S-CH-Protonen (bei 60 MHz) jeweils ca. 6 Hz betragt.

Durch vorsichtige Oxydation erhalt man aus 3 die Tosylhydrazone 5, die bereitwillig in Bis-alkylsulfonyl-diazomethane (6) iibergehen 7) .

0 2 T S N H - N = C ( S O ~ R ) ~ Nz-C(SOzR)z

5 6 5 ) Ahnlich haben N . Busch und N . Starke, J. prakt. Chem. 93,49 (1916), Dithiokohlensaure-

S.S'-dialkylester-benzoylhydrazone dargestellt. 61 R . Gonipper und W . Hiigele, Angew. Chem. 74, 753 (1962); Angew. Chem. internat. Edit.

1, 553 (1962). 7, U. Schollkopf und E. Wiskorr, unveroffentlicht. Uber weitere Wege zu Bis-alkylsulfonyl-

diazomethanen s. J . Diekmann, J. org. Chemistry 30, 2272 (1965), sowie F. Kluges und K . B o f f , Chem. Ber. 97, 735 (1964).

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Carbonium-Spaltung von 3a und 3 b

3a und 3b werden durch waRr. Alkali leicht deprotoniert, wobei man Losungen (oder Suspensionen) der Salze 7a bzw. 7b erhalt, aus denen sich mit Saure die Aus- gangssubstanzen zuruckgewinnen lassen. Erwatmt man auf 90- loo", so zerfallen 7a und 7b unter Abspaltung von Toluolsulfinat und Stickstoff. Man darf annehmen, daB sich hierbei iiber Bis-methylmercapto- bzw. Bis-benzylmercapto-diazomethan (8a bzw. 8b) die Diazoniumionen 9a bzw. 9b bilden, die dann unter Stickstoff- abspaltung zu den Carboniumionen 10a bzw. 10b zerfallen. - Wahrend bei 7a der

Me = A l k a l ~ n i e t a l l a: R = CH3; b: R = CHzCaHS

gesamte Stickstoff entbunden wird, verliert 7b nur die halbe Menge. Gleichzeitig scheidet sich hier eine Substanz ab, die bei 143 - 145" unter Gasentwicklung schmilzt. Wie aus Analyse und NMR-Spektrum folgt, handelt es sich urn N-[Bis-benzyl- mercapto-methyl]-dithiokohlensaure-S.S'-dibenzyleste~-tosylhydrazon (11). 11 ent- steht wohl durch Addition von 10b a n das Anion von 7b. Die iiber 90% hohe Aus- beute ist iiberraschend, weil Hydroxyl-Ionen und Wasser als Nucleophile im Uber- schun zur Verfiigung stehen. Eine Erklarung fur die Selektivitat von 10b durfte nicht leicht zu finden sein8). 10a reagiert demgegenuber quantitativ mit dem Solvens.

TsI+NZC(SCH,CsH&2 R S C H ( S C H ~ C ~ H E ) ~ 12a: R = CsH, I

ClI(SCH2CGH5)2 b: R = CdH, 11 12

Bei weiteren Versuchen in Butanol wurde gepriift, ob sich 10b durch wirksame Nucleophile abfangen lafit. Experimente mit h id - lonen oder Natrium-rnalonester verliefen negativ; doch erhielt man mit Natriurn-thiophenolat bzw. -thiobutylat zu 91 bzw. 87 % Phenylmercapto- bzw. Butylmercapto-bis-benzylmercapto-methan (12a bzw. 12 b). So lassen sich offensichtlich gemischte Orthothioformiate synthetisieren, die sonst schlecht zuganglich sind.

Carben-Spaltung von 3 a und 3 b in Olefinen

Versuche, die Diazoverbindungen 8 in Substanz (oder wenigstens in Losung) zu fassen, schlugen fehl. Zwar zersetzen sich 7a und 7b in inertem Medium bei relativ niedriger Temperatur - 7a beispielsweise in siedendem Tetrahydrofuran 9) und 7 b in kochendem Cyclohexen - doch tritt unter diesen Bedingungen bereits Zerfall

8) Zunachst haben wir angenomrnen, 7 b liege in den wafir. Losungen als Ionen-Assoziat vor, wobei ein Alkalimetall-Kation koordinativ mehrere Anionen bindet. Das im Assoziat entstehende 10 b wiirde dann bevorzugt mit einem unmittelbar benachbarten Tosyl- hydrazon-Anion zusammentreten. Thermolyse in walk. Tetramethylammoniumhydroxid- Losung lieferte aber 11 gleichfalls praktisch quantitativ.

9 ) Nach D . N . Lemal und E. H . Banitr, vgl. Lit.4).

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der Diazoverbindungen ein. Daher thermolysierten wir 7a und 7b direkt in Olefinen mit dem Ziele, das intermediare Bis-methylmercapto- bzw. Bis-benzylmercapto- carben (13a bzw. 13b) in Form von Cyclopropan-Addukten abzufangen. Bei den einzelnen Ansatzen metallierte man 3a bzw. 3b in situ rnit Kalium-tert.-butylat, Methyllithium oder Natriumhydrid und erhitzte bis zur Beendigung der Stickstoff- entwicklung.

RS-ESR 13a: R = CH3 13 b R = CHzC6Hs

In Cyclohexen: Zum Unterschied von 7b ist 7a in siedendem Cyclohexen stabil, weshalb man hier zur Erhohung der Reaktionstemperatur und zur Erleichterung der a-Eliminierung Diglyme zusetzte. Aus dem komplexen Produktgemisch lieB sich durch Chromatographie an AluminiumoxidTetrakis-methylmercapto- bzw. -benzylmercapto- athylen (14a bzw. 14b) sowie Methyl- bzw. Benzylorthothioformiat (15a bzw. 15b) isolieren. Die Ausbeuten, die bei den einzelnen Ansatzen variierten, sind in Tab. 2 zusammengestellt. 7.7-Bis-alkylmercapto-norcarane, die erwarteten Carben-Addukte, konnten nicht nachgewiesen werden.

(RS)zC=C(SR)z HC(SR)3 14a: R = CH3 Ha: R = CH3 b: R = CHzC6Hs b R = CHzCsHs

Tabelle 2. Carben-Zersetzung von 3 a (unter Zusatz von Diglyme) und 3 b in Cyclohexen

Metallierungs- Ausbeute an mittel 14a 15a 14b 15 b

- - Kalium-tert.-butylat 30% 19% - - Methyllithium 42 27

Natriumhydrid 30 70 % 10% -

In u-Morpholinostyrol, Ketendiathylacetal und Propenyl-propylather: Die bei den Versuchen rnit Cyclohexen angefallenen Olefine 14a und 14b wiesen auf das inter- mediare Auftreten von 13a und 13b hin. Fur die Carbene war verringerte Elektro- philie zu erwarten (vgl. S . 49); nachdem es nicht gelungen war, sie mit Cyclohexen abzufangen, priiften wir rnit Enaminen, Ketenacetalen und Enolathern als Abfang- reagentien, o b sie sich an elektronenreichere Doppelbindungen addieren lassen.

Bei Wiederholung der Thermolyse von 7a (Me = N a bzw. K) in a-Morpholino- styrol lieB sich chromatographisch neben 14a und 15a zu 32 bzw. 23% eine bei 59 -60" schmelzende Substanz der Zusammensetzung C15H21NOS2 isolieren. DaB es sich hierbei urn 1-Morpholino-2.2-bis-methylmercapto-1-phenyl-cyclopropan (l6a) handelt, folgt aus dem NMR-Spektrum. Neben Signalen fur die Phenyl- und Morpho- linowasserstoffe zeigt dieses zwei Singulette bei 7.8 bzw. 7.98 7, die von den ungleich-

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wertigen S-Methylgruppen herruhren ; ferner ein AB-Quartett 10) bei 8.67 T, das den Cyclopropanprotonen zuzuschreiben ist. Die fur geminale Protonen auffallend kleine Kopplungskonstante JAB := 4.7 Hz 10) ist fur die Dreiringstruktur beweisend 11).

Die Raney-Nickel-Entschwefelung von 16a (mit feuchtem Katalysator) lieferte Propio- phenon. Da I-Morpholino-I-phenyl-cyclopropan 12) unter den angewandten Reaktionsbedin- gungen stabil ist, mull die Ringoffnung vor der Eliminierung der Methylmercaptogruppen erfolgt sein. - Beim analogen Experiment rnit 7 b bildete sich entsprechend I-Morpholino- 2.2-bis-benzylmercapto-l -phenyl-cyclopropan (16b), wenngleich nur zu rund 8.5 %. In dessen NMR-Spektrum erscheint das AB-Quartett der Ringprotonen bei 8.8 T rnit JAB = 5 Hz. Die Benzylwasserstoffe fuhren zu je einem Singulett bei 6.18 bzw. 5.99 T.

16a: R = CH3 17 b: R = CHzCeH,

\

18

Abfangversuche rnit Ketendiathylacetal verliefen nur bei 7b (Me = Na) erfolgreich. 1.1-Diathoxy-2.2-bis-methylmercapto-cyclopropan (17) lieB sich in 30-proz. Aus- beute isolieren. Daneben entstand wiederum 14a (30%) und 15a (15 %). 17 besitzt ein einfaches NMR-Spektrurn. Fur die Wasserstoffatome der S-Methylgruppen und des Dreirings findet man je ein Singulett bei 7.70 bzw. 8.73 T, wahrend die Athoxygruppen ein Quartett bei 6.4 T und ein Triplett bei 8.73 T liefern.

Der entsprechende Versuch mit cis-Propenyl-propylather lieferte zu 1 1 % cis-l- Propyloxy-2.2-bis-methylmercapto-3-methyl-cyclopropan (18). Die cis-Stellung der Ringwasserstoffe geht aus der NMR-Absorption des Protons am alkoxyltragenden Kohlenstoff hervor, die sich als Dublett rnit J = 6.6 Hz bei 6.65 T findet. Bei Cyclo- propylathern betragt die cis-Kopplung zwischen dem zum Sauerstoff a-standigen Proton und seinem Nachbarn ca. 6.6 Hz, die trans-Kopplung ca. 3.5 Hz13).

Diskussion der Ergebnisse 16a, 16b, 17 und 18 halten wir fur Cycloadditionsprodukte der Bis-alkylmercapto-

carbene an die olefinische Bindung. DaB man nur rnit Enaminen, Ketenacetalen oder Enolathern Addukte erhalt, aber nicht rnit Cyclohexen, laBt auf eine Stabilisierung durch die Schwefelatome schlieBen. Es ist naheliegend, die Carbene als Elektrophile

10) Die a u k e n Linien sind nur im 100-MHz-Spektrum (Av 2.8 Hz) erkennbar. 11) J . D . Graham und M. T. Rogers, J. Amer. chem. SOC. 84, 2249 (1962); K . B. Wiberg und

B . J . Nisi , ebenda 85, 2788 (1963); D . J . Patel, M. E. H . Howdeti und J . D . Roberts, ebenda 85, 3218 (1963); H . M. Hittfon und T . Schaeffer, Canad. J. Chem. 40, 875 (1962).

12) G. Witfig und F. Wingler, Liebigs Ann. Chem. 656, 18 (1962). 13) U. Schollkopf und W . Pitteroff, Chem. Ber. 97, 636 (1964); U. Schollkopf und J . Pausr,

ebenda 98, 2221 (1965).

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I966 Bis-alkylrnercapto-carbene aus Bis-alkylmercapto-diazornethan 49

anzusprechen und eine Mesomerie 19 ++ 13 zu formulieren14). Allerdings wurde sich eine radikalische Zwischenstufe gleichfalls an die substituierten Olefine bereitwilliger anlagern als an ein gewohnliches Olefin. Daher sind unsere Befunde auch rnit einern radikalischen Carben 13 ++ 20 (rnit parallelern oder antiparallelem Spin der Elek- tronen) vereinbar. Zu denken gibt die Beobachtung, daB cis-Propenyl-propylather wahrend der Umsetzung cis-frans-Isornerisierung erleidet.

s N p 9 0 Q I 13 c.) RS-C=SR 13 R-S- t zgR (RS)zC-C(SR)z R-C-SH

19 20 21 22

Ein anderer Bildungsweg fur die Cyclopropan-Derivate, namlich die I .3-dipolare Addition der Diazoverbindungen 8a bzw. 8 b an die Doppelbindung zu Pyrazolin-Derivaten mit an- schlieBender Ringverengung unter Stickstoffabspaltung, ist unwahrscheinlich. Diazoalkane vereinigen sich bereitwillig mit elektronenarmen Doppelbindungen 15) ; gewohnliche Doppel- bindungen reagieren nur noch in Ausnahmefallen; Olefine mit elektronendruckenden Ligan- den sollten gegenuber Diazoalkanen inert sein 16).

Die Olefine 14 bilden sich vermutlich uber das Zwitterion 21, das durch Addition von 13 an noch vorhandenes 8 entsteht und dann Stickstoff verliert 17).

14a entsteht auch bei der Umsetzung von Methylorthothioformiat mit Kaliumamid in fliissigem Ammoniak l a ) , wobei 13a als Zwischenstufe diskutiert wird. Wir wiederholten dic Versuche in Gegenwart von Ketendiathylacetal, konnten aber unter den Reaktionsprodukten kein 17 nachweisen. Daraus folgt allerdings nicht notwendig, daB hier kein Carben im Spiele ist. Je nach Darstellung konnte die Zwischenstufe verschiedenen Energieinhalt besitzen. Ferner ist denkbar, daB das metallorganisch erzeugte Carben induktiv durch ein Mol Thiolat stabilisiert wird, das von der a-Eliminierung her neben dem Carben-Kohlenstoff steht 19).

Fur 13 ist eine Isornerisierung zurn therrnodynamisch gunstigeren Dithiocarbon- ester 22 denkbar. Diese tritt aber offenbar nicht ein; denn als wir 13b in Decan erzeugten, lien sich (nach alkalischer Verseifung) unter den Reaktionsprodukten keine PhenylessigsSure nachweisen.

14) Mit dieser Formulierung ist auch der Befund von D. N . Lemal und N . H . Bunirt4) am besten erkliirbar, wonach sich Bis-alkylmercapto-carbene mit Triphenylphosphin zu Phosphinmethylenen vereinigen.

15) S. R . Hitisgen, H . Stangl, H. J . Srurm und H . Wagenhofer, Angew. Chem. 73, 170 (1961). 16) Vgl. aber die Diskussion bei C. G . Overberger, N . Weittshenker und J . -P . Anselme, J.

h e r . chem. SOC. 87, 41 19 (1965), uber die Anlagerung von p-Anisyldiazomethan an p-Methoxystyrol.

17) Fur Analogien s. H . Reirnlinger, Chem. Ber. 97, 339 (1964); dort weitere Literatur. 18) J . Hine, R . P . Buyer und G . G . Hammer, J. Amer. chem. SOC. 84, 1751 (1962); A . Froling

und J . F . Arens, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 81, 1009 (1962). 19) Der EinfluB der Umgebung auf die Reaktivitat unterschiedlich hergestellter Carbene ist

unseres Erachtens bisher zu wenig beachtet worden, s . etwa bei G . L . Closs und J . J . Coyle,. J. Amer. chem. SOC. 87, 4270 (1965); vgl. auch B. Jerosch, Herold und P . Gaspar, Fortschr. chem. Forsch. 5,89 (1965), und zwar S. 121.

Liebigs Ann. Chem. Bd. 694 4

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Der Deutschen Forscliuitgsgemeinschaft, dem Landesge werbeamr Baden- Wurttemberg, dem Fonds der Chemischen Industrie und der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen, danken wir fur die Unterstiitzung dieser Arbeit.

Beschreibung der Versuche Mulgewichte wurden osmometrisch bestimmt. - Zur Gaschromatographie diente ein

Perkin-Elmer-Fraktometer 1 16 E rnit den dazugehorigen Trennsaulen. - IR-Spektren wurden rnit dem Perkin-Elmer-1R-Spektrometer 21 aufgenommen, NMR-Spektren rnit dem Varian A-6020). - Es wurde Petrolather (40-60") verwendet.

Dithiokohlensiiure-S.S'-dialkylester-tosylhydrazone (3) Kaliirmsalz der Tosyl-dithiocarbazinsaure (1) : 75 g (0.4 Mol) Tosylhydrazid suspendierte man

in 400 ccm Athanol, versetzte rnit 31 g (0.4 Mol) Schwefelkohlerrstoff und fiigte 22 g (0.4 Mol) Kaliumhydroxid in 100 ccm absol. Athanol hinzu. Nach I Stde. im Eisschrank waren 105 g (88 %) 1 ausgefallen. Getrocknet wurde i. Vak.-Exsikkator, umkristallisiert aus Methanol.

Dithiokohlensaure-S.S-dimethylester-tosy1hydrazon (3a). - a) Zweistufiges Verfahren: Zu 100 g (0.33 Mol) 1, suspendiert in 800 ccm absol. Athanol, tropfte man bei 5" in 2 Stdn. 47 g (0.3 Mol) Methyljodid in 150 ccm Athanol. Nach weiteren 2 Stdn. bei 20" und 1 Stde. bei 45" wurde Kaliumjodid abgesaugt, das Filtrat i . Wasserstrahlvak. (45") auf 700 ccm eingeengt und mit 700ccm Ather und 700ccm Wasser versetzt. Man extrahierte noch 2mal mit je 70 ccm Ather, wusch 5mal mit je 100 ccm Wasser, trocknete iiber Natriumsulfat und dampfte bis auf 150 ccm ein. Im Eisschrank schieden sich 62 g Kristalle ab, Schmp. 135- 170", die abgesaugt und mit warmem Chloroform digeriert wurden. Ungelost blieben 18 g 2a. Schmp. (Zers.) 171 - 172" (aus Aceton rnit Petrolather gefallt).

Ber. C 39.1 I H 4.37 N 10.19 S 34.80 Gef. 39.49 4.43 10.02 34.70 Mol.-Gew. 276.4; 280.4

C9HTzNzOzS3 (276.4)

Daneben hatte sich bereits 3 a gebildet, das folgendermaBen isoliert wurde: Die Chloroform- losung wurde mit Petrolather versetzt, wobei 33.5 g Kristalle (Schmp. 130- 135") ausfielen. Beim Digerieren rnit warmem Benzol blieben 3.5 g 2 a ungelost. Bei Wiederholung fielen 28 g Kristalle aus (Schmp. 130'), von denen 0.5 g 2 a in warmem Chloroform ungelost blieben. Ather fallte aus dem Filtrat 18.5 g 3a. Schmp. 148- 150" (am Athanol umkristallisiert bzw. aus Benzol mit Petrolather geflllt). - 21.5 g (78 mMol) 2 a in 150 ccm Athanol wurden mit 4.4 g (78 mMol) Kaliumhydroxid in moglichst wenig Athanol versetzt. Dann tropfte man I 1.5 g(78 mMol) Methyljudidin 20ccmd;thanol hinzu. Nach einigen Stunden hatten sich 26 g Kristalle abgeschieden, die in Benzol gelost (7.6 g Kaliumjodid blieben ungelost) und rnit der doppelten Menge Petrolather gefallt wurden; im Eisschrank 18.8 g (83 %) 3a, Schmp. 150.5 bis I51 . S o .

CIOHI4NzOZS3 (290.4'1 Ber. C41.36 H 4.86 S 33.19 Gef. C41.27 H4.95 S 32.98

b) Einstufiges Verfahren: Zu 18.6 g (I00 mMol) Tosylhydruzid in 200 ccm Dimethylforrn- amid gab man 11.2 g (200 mMol) Kaliumhydroxid in 40 ccm Athanol sowie 7.6 g (100 mMol) Schwefelkohlenstofi und zwar zunachst jeweils die Halfte, nach 10 Min. ein Viertel usw.

20) Herrn Dr. A . Mannschreck, Heidelberg, danken wir fur die Aufnahmen.

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1966 Bis-alkylmercapto-carbene aus Bis-alkylmercapto-diazomethan 51

Dann tropfte man wahrend 1 Stde. 28.4 g (200 mMol) Merhyljudid zu und erwarmte 30 Min. auf 45". Mit 250 ccm Wasser fie1 3a aus, das aus Athanol umkristallisiert wurde. Ausbeute 13 g (45%).

Saure Hydrolyse von 3a: 1 g 3a wurde in 10 ccm 2r1 HCI 3 Stdn. gekocht; dann neutralisierte man mit 2n NaOH. Mit Chloroform wurde Tosylhydrazid extrahiert (Mischprobe).

Dithiokohlensaure-S.S'-dibenzylesrer-rosylhydrazon (3 b). - 1 12 g (0.6 Mol) Tosylhydrazid suspendierte man in 550 ccm Athanol und fiigte hintereinander 45.5 g (0.6 Mol) Schwefel- kohlenstoff und 23.5 g (0.6 Mol) Kalirrm in Athanol zu. 1 wurde nicht isoliert. In I Stde. tropfte man 76 g (0.6 Mol) Renzylchlorid ein, erwarmte 1 Stde. auf 45", gab 500 ccm Athanol und 100 ccm Wasser zu und saugte ab [38 g (85 %) Kal~umchlorid]. Nach Zugabe von weiteren 50ccm Wasser fielen beim Stehen im Eisschrank 56 g rohes 3b aus. Schmp. 78-80" (aus Chloroform mit Petrolather gefallt). Das Filtrat versetzte man mit weiteren 300 ccm Wasser und saugte - nach 48 Stdn. im Eissch'rank - 28 g Kristalle ab. Beim Digerieren mit warmem Chloroform blieben 5 g 2 b ungelost. Schmp. 150--151" (aus Aceton mit Petrolather gefallt).

C ~ S H ~ ~ N ~ O Z S ~ (352.3) Ber. C 51.14 H 4.58 N 7.95 S 27.25 Gef. 51.11 4.69 8.08 27.36

18 g (51 mMol) 2b riihrte man in einer Losung von 2.9 g (51 mMol) Kaliumhydroxid und 150 ccrn Athanol, tropfte 6.5 g (51 mMol) Berizylchlorid zu und hielt 2 Stdn. auf 40". Im Wasserstrahlvak. wurde das Solvens abgezogen, mit Chloroform aufgenommen und durch Petrolather 16.4 g (73%) 3b geflllt. Schmp. 81 -82" (aus Chloroform mit Petrolather gefallt).

C22H22NiOzS3 (442.4) Ber. C 59.72 H 5.01 N 6.33 S 21.70 Gef. 60.08 5.14 6.23 21.97

Dithiokuhlensaure-S.S'-diallylester-tosylhydrnzon (3d). - 2.8 g (10 mMol) 1 suspendierte man in 40 ccrn Acetonitril und fiigte bei -20" portionsweise 0.23 g (10 mMol) Narriumhydrid zu. Nach 30 Min. Riihren bei Raumtemperatur tropfte man bei - 40" 2.4 g (20 mMol) Allylbromid zu. Nach Erwarmen auf 20" in 2 Stdn. und Riihren iiber Nacht versetzte man mit 50 ccm Ather und wusch 2mal mit Wasser. Die getrocknete Atherlosung wurde eingeengt, mit Chloroform aufgenommen und mit Petrolather versetzt; 2.0 g 3d, Schmp. 64-66", Aus der Mutterlauge gewann man weitere 0.5 g 3d. Ausbeute 2.5 g (73 %).

C ~ ~ H ~ ~ N Z O Z S ~ (342.5) Ber. C 49.10 H 5.30 S 28.09 Gef. C 49.50 H 5.25 S 27.40

Dithiokohlensarrre-S.S'-dibenzhydrylester-tosylhydrazon (3c). - 2.8 g (10 mMol) 1 metal- lierte man wie oben und alkylierte mit 5.0 g (20 mMol) Benzhydrylbromid. Man loste in wenig Chloroform und fallte mit Petrolather 3.0 g (51 %) 3c. Schmp. 138- 140".

C34H3oNzO2Ss (594.8) Ber. C 68.65 H 5.08 S 16.17 Gef. C 68.39 H 5.05 S 15.90

Dithiokohlens~ure-S.S'-dicarbmethoxymerhyl-rosylliydrazon (3e). - 36 g (1 30 mMol) 1 metallierte man wie oben (400 ccm Acetonitril) und versetzte bei -40" mit 260 mMol Chlor- essigsauremerhylesrer. Man riihrte iiber Nacht bei Raumtemperatur, setzte die gleiche Menge Athanol und tropfenweise die dreifache Menge Wasser zu und saugte 43 g (81 %) 3e ab. Getrocknet wurde iiber Phosphorpentoxid. Schmp. 82-83" (aus Tetrachlorkohlenstoff).

C14H18N206S3 (406.5) Ber. C 41.36 H 4.47 s 23.67 Gef. c 41.47 H 4.40 s 24.10

Tosyl-dithiocarbazitisaure-carbmethoxymethylesrer (2e). - Zu einer Suspension von 57.5 g (0.2 Mol) 1 in 500 ccm Tetrahydrofuran tropfte man 21.7 g (0.2 Mol) Chloressigsuuremethyl-

4.

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52 U. Schollkupf und E. Wiskutr Bd. 694

ester, riihrte 20 Stdn., tropfte 350 ccm Petrolather zu, filtrierte und digerierte das Produkt I Stde. rnit 400 ccm Wasser. Zuriick blieben 31 g (55 %) 2e. Schmp. 188- 190" (aus Athanol). Strukturbeweis durch Uberfiihrung (unter Stickstoff) mit I Mol Chloressigsaurernethylester in Ithanol. Kalilauge in 3e (Mischprobe).

AlkalischeZersetzung von 3 a und 3 b in Wasser bzw. Butanol

Hydrolyse vun 3 a : 1.5 g 3 a kochte man rnit 15 ccm 2 n NuOH 2 Stdn. unter RiickfluR, wobei 126 ccm Stickstoff (90%) entwichen. Man extrahierte rnit Ather, dampfte i. Wasser- strahlvak. die Wasserphase ein, nahm in Athanol auf und kochte mit iiberschiissigem Methyl- jodid 1 Stde. Dann schiittelte man mit Wasser und Chloroform. Die Chloroformlosung hinterlieB p - Tulyl-methyl-sulfun (Mischprobe).

Vergleichende Hydrolyse von 3a, 3 b und Acetun-rusylhydrazuti: Je 8 mMol Tusylhydrazon wurden mit 50 ccm 1 n KOH gekocht. Bei 3 a und Aceton-tosylhydrazon entwickelte sich ~ lOO%Sticks tof fmi t k -3-4 .10-2 Min.-J bzw. - 3 - 4 . 1 0 3Min-J. Bei3bwurdenur50X Stickstoff entbunden, gleichzeitig fie1 11 (94%) aus. Schmp. 143 - 147" (aus Athanol mit k h e r gefallt). Ein Versuch mit 1 n waRr. Tetramethylammoniumhydroxid lieferte 11 zu 91 %. - NMR-Signole bei 2.8 T (m); 4.4 T (s); 5.7 T (s); 6 .4 7 (4); 7.6 T (s).

C ~ ~ H ~ ~ N ~ O Z S S (701 .O) Ber. C 63.39 H 5. I8 N 4.00 S 22.86 Gef. 63.37 5.08 3.82 23.23

Abfitngversrtch fur 10b in Wusser: Die Losung von 3.6 g 3 b in 10 ccm Tetrahydrofuran tropfte man zu 30 g Natriumazid in 70 ccm kochender 0.5n NaOH. Nach der Stickstoff- entwicklung destillierte man Tetrahydrofuran ab und erhitzte 1 Stde. unter RiickfluB. Man erhielt 2.8 g (98%) 1 1 .

Zerserzung vun 3 b in Butunol: In einer Losung von 0.5 g (13 mMol) Kulium in l5Occm Butanol suspendierte man 4.8 g ( I 1 mMol) 3b. Nach Zugabe von 5 ccm Wasser kochte man 2 Stdn. unter RiickfluR. Die iibliche Aufarbeitung mit Chloroform als Solvens lieferte 4 g kristallinen Riickstand, der in wenig Ather aufgenommen wurde. Bei - 30" kristallisierten 1.8 g (40%) p-Tulylsulfunyl-bis-benzylmercuptu-niethati aus. Schmp. 103 - 104" (aus Athanol). - NMR-Signule bei 8.5 T (m); 5.75 i (s); 6.1 T (q); 7.5 7 (s).

C22H2202S3 (414.4) Ber. C63.76 H 5.35 S 23.17 Gef. C 6 3 . 8 0 H 5.51 S 23.13

Abfungversuche fur 10 b in Buturrul mi/ Thiuluten: a) Mit Kulium-thiuphenolot: Eine Suspen- sion von 4.4 g (10 mMol) 3 b in 0.56 g Kalirtmhydruxid, 75 ccm Butanol und 3 ccm Wasser fiigte man bei 125" portionsweise zu 5.2 g (50 mMol) Thiuphenul und 2.8 g (50 mMol) Kalirrm- hydroxid in 80 ccrn 95-proz. Butanol. Nach Beendigung der Gasentwicklung ( I Stde.) setzte man Ather und Wasser zu. Die Atherschicht wurde nach Extraktion mit 1 ti Natronlauge und Trocknen mit Natriumsulfat weitgehend eingedampft und rnit Trockeneis/Methanol gekiihlt. 3.3 g (91 %) 12a; Schmp. 61 -62' (aus Athanol).

C ~ I H L O S ) (368.4) Ber. C 68.47 H 5.47 S 26.06 Gef. C 68.34 H 5.70 S 26.06

b) Mit Kulium-thiobutylut: Analog a) rnit 2.7 g (30 mMol) Butylmercuptun in einer Losung von 1.7 g (30 mMol) Kalirtmhydruxid in 80ccm 95-proz. Butanol. Das olige Rohprodukt (3.5 g) chromatographierte man an 350 g Aluminiumoxid. Mit Petrolather/Ather (9 : 1 )

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I966 Bis-alkylmercapto-carbene aus Bis-alkylmercapto-diazomethan 53

eluierte man 2.4 g (87%) 12b, das nach dem Diinnschichtchromatogramrn (Laufmittel: ChloroformlCyclohexan) geringfiigig verunreinigt war. Nochmalige Chromatographie an 250 g Aluminiumoxid lieferte reines 12b.

C19H24S3 (348.4)

Carben-Spaltung von 3a

a) In Cyclohexen mit Kuliunz-tert.-birrylut uls Metollieriingsmitrel: Zu einer Suspension von 34.5 mMol Kulirim-terf.-hiitylat (aus I .35 g Kalium mit tat.-Butanol bereitet), 100 ccm Cyclohexen und 50 ccm (iiber Lithiumalanat destillicrtes) Diglyme tropfte man eine Losung von 10 g (34.5 mMol) 3a in 100 ccm Diglyme. Bei 140- 150" (Badtemperatur) entwickelte sich wahrend 2 Stdn. Stickstoff. Nach dem Erkalten wurden 6.5 g (97%) Kalium-p-toluol- sulfinut abfiltriert. 2 g davon wurden rnit iiberschiissigem Methyljodid in Athanol erhitzt, man erhielt 1.1 g (70%) p-Tolyl-mefhyl-sulfoii. Schmp. 84 -86" (Mischprobe). - Das Filtrat wurde mit Ather und Wasser I5 Stdn. geruhrt. Die iibliche Aufarbeitung lieferte nach Ab- dampfen des Athers und des Cyclohexens 5.3 g Riickstand, den man an 500 g neutralem Aluminiumoxid mit Petrolather/Ather ( 5 : 2) chromatographierte. Zunachst wurden 0.5 g (I9 %) 15a ausgewaschen (IR-Spektrum und Gaschromatogramm identisch rnit dem eines authent. PraparatsZ')). Unmittelbar danach wurden0.9 g(30%) 14aeluiert. Schmp. 59.5-60.5" (aus Methanol); Lit.22) 61".

Ber. C 65.50 H 6.94 S 27.56 Gef. C 65.60 H 6.98 S 27.87

CsH12S4 (212.4) Ber. C 33.93 H 5.69 S 60.33 Gef. C 34.42 H 6.14 S 60.13

b) In Cyclohexen mir Methyllithirim als Metallierungsmittel: 20.3 g (70 mMol) 3 a in 200 ccm absol. Ather versetzte man mit 35.4 ccm (70 mMol) 1.98n tither. Merhyllithium, gab 180 ccm Cyclohexen und 180ccm Diglyme zu und destillierte den Ather ab. Dann fiigte man 1 g Nuturkupfer-C hinzu und hielt auf 130" (Badtemperatur), bis die Stickstoffentwicklung beendet war. Die iibliche Aufarbeitung Iieferte nach Abdampfen des Athers und Cyclohexens 5.9 g Riickstand, aus dem beim Stehen 2.2 g 14a auskristallisierten. Das Filtrat wurde bei 0.1 Torr fraktioniert. Bei 65" gingen 1.5 g 15a iiber (gaschromatographisch identifiziert); bei 65-90" erhielt man neben 14a und 15a geringe Mengen zweier unbekannter Substanzen (gaschromatographisch entdeckt); bei 90- 105" gingen 3.1 g 14a iiber. Ausbeute an 14a 42%, an 15a 27%.

c) In a-Morpholinostyrul mir Nutriumhydrid (if$ Meta//ierungsmitrel: 5.8 g (20 mMol) 3 a wurden in 25 g (130 mMol) a-Murpholinostyrol gelost und bei 40" portionsweise rnit 0.5 g (22 mMol) Nutriumhydrid versetzt (94 % Wasserstoff). Bei 125" (Badtemperatur) wurde in 3 Min. Stickstoff abgespalten. Man gab 50 ccm Ather zu und riihrte I Stde. rnit Wasser. Die Atherschicht wurde rnit Wasser gewaschen. Im 6lpumpenvak. wurden Acetophenon und 1Sa abdestilliert. - 2.5 g Riickstand wurden an 400 g neutralem Aluminiumoxid chromatogra- phiert. Mit Petrolather/Ather (4 : I ) eluierte man 0.4 g (21 %) 14a, danach mit Petrolather/ Ather (1 :4) 1.9 g(32%) 16a. Schmp. 59-60" (aus Ligroin).

C ~ S H Z I N O S ~ (295.4) Ber. C60.98 H 7.15 S 21.71 Gef. C61.17 H 7.19 S 21.56

Bei langsamer Stickstoffabspaltung bei 85-90" entstand 16a zu 16%, 15a zu 62% und kein 14a.

21) J . Houben und K . M. L. Schulize, Ber. dtsch. chem. Ges. 44, 3237 (191 I ) . 22) B. Fetkenherier, H . Fetkenheirer und H . Lecus, Ber. dtsch. chem. Ges. 60, 2535 (1927).

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54 U. Schollkopf und E. Wiskott Bd. 694

Roney-Nickel-Entschwefelung von 16a: 2.5 g (8.5 mMol) 16a wurden in 150 ccm 90-proz. Athanol rnit 30 g feuchtem Raney-Nickel 5 Stdn. gekocht. Man filtrierte, versetzte rnit Wasser und extrahierte mit Petrolather 0.7 g (61 %) Propiophenon mit Sdp.1 I 101 - 103". (IR-Spektrum identisch rnit dem eines authent. Praparates.)

d) In a-Morpholinostyrol rnit Kalium-tert.-butylat als Metallieriingsmittel: Zu Kalium-tert.- bii~ylut [aus 2.0 g (52 mMol) Kalium] in 50 ccm a-Morpholinostyrol fiigte man 15 g (52 mMol) 3a. Bei 140" (Badtemperatur) wurden in 3 Stdn. 97 % Stickstoff entwickelt. Aufgearbeitet wurde wie bei a). Vom braun-schwarzen Riickstand chromatographierte man 3 g an 300 g neutralem Aluminiumoxid. Mit PetrolatherlAther (4 : 1) eluierte man 14a, Gesamtausbeute 18 %, rnit PetrolatherlAther (1 :4) 16a, Gesamtausbeute 22.5;/,.

e) It1 Ketetidiathylucetal rnit Natriumhydrid als Metallieriitigsmittel: 5.8 g (20 mMol) 3a suspendierte man in 20 ccm Ketendiathylacetal und versetzte rnit 0.5 g (22 mMol) Nutrium- hydrid. Nach der Wasserstoffentwicklung erhitzte man auf 110". wobei in 30 Min. 95 % Stickstoff abgespalten wurden. (Zusatz von 30 ccm Ather fallte aus dem zahfliissigen Gemisch Natrium-p-toluolsulfinat 3.4 g; 95 %.) Dann destillierte man Ather und i . Olpumpenvak. iiberschiissiges Ketendiathylacetal ab. Vom Riickstand wurden 4 g an 400 g neutralem Aluminiumoxid chromatographiert. Mit PetrolatherlAther (9 : 1 ) eluierte man 17. Sdp.12 114- I 15" (nach zweiter Chromatographie an Aluminiumoxid). Gesamtausbeute 1.3 g (30%).

C9HlsOzS2 (222.2) Ber. C48.64 H 8.16 S 28.80 Gef. 49.08 8.30 28.60 Mol.-Gew. 215.5

Unmittelbar nach 17 wurden 0.36 g 14a und 0.2 g 15a eluiert.

f ) In cis- Propenyl-propylather rnit Natriumhydrid als Metallierungsmittel: Zur Suspension von 29 g (0.1 Mol) 3a in 100 ccm cis-Propenyl-propyliither2~) (iiber Lithiumalanat destilliert, Sdp. 92.5-93", nho = 1.4061) fiigte man portionsweise 3.2 g (0.1 Mol) Nutriumhydrid. Dann kochte man 3 Stdn. unter RiickfluR, filtrierte Natrium-p-toluolsulfinat (18.3 g -100%) ab, destillierte iiberschiissigen Propenyl-propylather ab und untersuchte den Riickstand gas- chromatographisch ( I m 0-Saule, 20". I at Helium). cis-Propenyl-propylither hatte sich teil- weise zur trans-Verbindung isomerisiert (cis: trum -= 4 : 3). Fraktioniert wurde bei 0.1 Torr. Bei 55 -65" gingen 4.2 g 01 iiber, von dem man 2.0 g an 200 g neutralem Aluminiumoxid chromatographierte. Petrolather eluierte I .O g 18 (niO.' = 1.5053).

C9HlsOSz (206.4) Ber. C 52.39 H 8.80 S 31.08 Gef. C 52.52 H 8.75 S 31.35

Unmittelbar nach 18 eluierte man 0.6 g eines Gemisches aus 14a und 15a.

Carben-Spaltung von 7 b

a) Itr C)dohexen: Zu 0.72 g Natriumhydrid in 25 ccm Cyclohexeti gab man portionsweise 10.5 g (24 mMol) 3b (97% Wasserstoff). Nach RiickfluRkochen bis zur Beendigung der Stickstoffentwicklung (85 7;) wurde abgesaugt. Uber Nacht im Eisschrank schieden sich 3.8 g 14b aus. Schmp. 113-1 14" (aus Benzol/Athanol). - NMR-Signale bei 2.7 5 ( s ) und 6.2 T ( s ) .

C,OH~,JS~ (516.5) Ber. C 69.75 H 5.46 S 24.78 Gef. C 70.09 H 5.44 S 24.99

23) Ruhrchemie AG (Erf. W . Rortigund O . L i e t h ~ n ) , Dtsch. Bundes-Pat. 1019090~ . 7. I I . 1957 [C. A. 54, 10403 (196O)l.

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1966 Bis-alkvlmercaoto-carbene aus Bis-alkvlmercaoto-diazomethan 55

Die Mutterlauge wurde bei 40" i. Wasserstrahlvak. eingeengt. Der Riickstand, der nach dem Dunnschichtchromatogramm (Laufmittel : Cyclohexan/Chloroform) 1 I Substanzen enthielt, wurde an Aluminiumoxid chromatographiert. Mit Petrolather/Ather (9 : 1) eluierte man 0.4 g (10%) 15b . Schmp. 103 - 104" (aus Benzol/Methanol).

CzzHlzS3 (382.4) Ber. C 69.10 H 5.80 S 25.10 Gef. C 69.41 H 6.01 S 25.00

Weiteres Eluieren mit PetrolltherlAther (8 : 2) Iieferte 0.5 g 14b. Ausbeute insgesamt 4.3 g

b) I n n-Decnn: Eine Suspension von 3.5 g (8 mMol) 3 b in 40 ccm n-Decan versetzte man mit 0.2 g (9 mMol) Natriumhydrid und hielt bis zur Beendigung der Stickstoffentwicklung auf 170". Zwischendurch fiigte man 15 ccm Glykoldimethylather zu. Nach 2stdg. Kochen mit 0 .5n NaOH sauerte man an und extrahierte mit Ather. Die Atherlosung enthielt keine Phenylessigsaure (gaschromatographischer Vergleich mit authenr. Praparat).

c) In a-Murpholitiost.vro1 niir Natriuniliydrid als Mernllierlingsmirrel: Zur Suspension von 10.5 g (24 mMol) 3 b in 30 ccm a-Morpholitiosryrol fiigte man portionsweise 0.55 g (25 mMol) Norriumhydrid. Unter Erwlrmung entwickelte sich Wasserstoff; dann erhitzte man auf 120 - 130" (Badtemperatur), bis die Stickstoffentwicklung beendet war (90%). Man fiigte 30 ccm Ather zu und riihrte 4 Stdn. mit Wasser. Aus der Atherschicht wurde Acetophenon i . Olpumpenvak. abdestilliert. Von I I g Riickstand wurden 4.5 g an 600 g neutralem Alu- miniumoxid chromatographiert. Mit PetrolBtherlAther (4 : 1 ) eluierte man 0.4 g 15b (Misch- probe) und anschlienend 0.7 g 14b (Mischprobe). Weiteres Eluieren rnit PetrolSther/Ather ( I :2) lieferte 16b als viskoses 0 1 , das langsam kristallisierte. Schmp. 100- 101" (aus n-Buta- nol). Ausbeute 0.4 g (8.5 %).

(70 %).

C27H29NOSz (447.5) Ber. C 72.46 H 6.53 S 14.30 Gef. C 12.31 H 6.73 S 14.16 [ 191/65]