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23. NOVEMBER I935 KLINISCHE WOCHENSCIIRIFT. 14. JAHRGANG. Nr. 47 1679 Unter anderweitigen Verhgltnissen, fiber die das Material des Verf. AnfschlnB gibt, sind folgende zu nennen: Unter den 95 F~llen yon akuter Leukose fanden sich 57 m~nnliche und 38 weibliche Patienten. In Prozent aus- gedrfickt, ergeben diese Zahlen 60% mXnnliche nnd 4o% weibliche Individuen. Dieser Unterschied ist gr6Ber als die Zahlen ansdrficken, da die Bev61kerung yon t(openhagen mehr Frauen als Manner zXhlt (etwa 422ooo Frauen gegen etwa 350ooo M~Lnner). Die Verteilung 6o % -- 4 ~ % steht mit den Beobachtnngen anderer Verfasser bet chronischen Leukosen im gro/3en ganzen im Einklang. GRA~ nnd NIELSEN, MINOT und IS~ACS, STAGELSCHAt!IDT l i n d e n alle eine Verteilung von ungef~hr 6o% M~nner und 4 o% Frauen. In bezug anf die Daner der akuten Lenkosen wurde be- reits erw~hnt, dab etwa 66 % der F~lle (62 yon 95) weniger als 2 Monate und nut etwa Io% (IO yon 95) 4--6 Monate dauerten. Verteilt man das Patientenmaterial nach Alters!dassen, so ist das Ergebnis wie folgt (das Alter eines Patienten ist nicht bekannt) : Tabelle 3- Alter Anzahl der akuten Die Gr6Be der Leukosen insg. 19 5 15 7 14 7 3 15 5 12 3 3 3 Bev61kerung Ungef~ihre Anzahl akuter (in IOOO) Leukosen pro iooooo insg. 14 8 7 2 6 IO 9 lO3,9 51,6 115,1 60,0 15o,o 84,0 13o,9 72,o lO4,6 57,8 80,0 44,3 50,9 20,8 . 34,9 12,6 insg. ] 52,3 17 IO 55,1 13 8 66,0 9 8 58,9 5 7 46,8 9 5 35,7 19 ii 3o, I 24 14 22,3 9 25 27 14 10 3 I3 28 3 ~ O--IO 11--2o 2I --3 ~ 31--4 ~ 41 --5 ~ 51 --60 6I --7 ~ 7~ Aus Tabelle 3 erhellt, dab die aknten Leukosen im Kindes- und Jugendalter bis zu 2o Jahren nnd insbesondere nach dem vollendeten 50. Lebensjahre am hgufigsten auftreten, wogegen sie in den Altersklassen yon 20--50 Jahren verhglt- nismgBig selten sind. Es erscheint befremdlich, dab das ~;bergewicht mXnnlicher Patienten nur bet Kindern unter IO Jahren (14 Knaben, 5 Mgdchen) und bet glteren Patienten (fiber 4 ~ Jahren : 25 Manner und 14 Frauen) angetroffen wird,w~hrend unter den Patienten yore I I. his 4 o.Lebens- jahre ebenso vie/ mannliche wie weibliche Individuen sind. Der Unterschied in der H/iufigkeit der Krankheit in den verschiede- nen Altersklassen scheint somit bet M~nnern viel ausgeprggter zu sein als bet Frauen (vgl. Tabelle 3, letzte Kolonne). Es ist jedoch zn betonen, dab die Zahlen zweifelsohne zu klein sind, um sichere Rfickschlflsse dara~s ableiten zu k6nnen. In bezug auf die Frage naeh der H~tufigkeit der akuten im Verh~ltnis zu den chronischen Leukosen gibt das Material keinen AufschluB. GRAM und NIELSEI~ haben im Jahre 1932 die Gesamt- anzahl der in ganz D/tnemark registrierten Leukosen be- rechnet nnd geben an, dab etwa 16 % derselben (86 yon 544) akut waren. Diese Verfasser betonen jedoeh, dab die Pro- zentzahl viel zu niedrig~sein mug, da viele der fibrigen FXlle, nach der Krankheitsdauer zu nrteilen, offenbar zu den akuten FMlen geh6ren. STAGELSCHMIDT ermittelte nnter 137 F~llen 19 Patienten mit akuter Leukose, d. h. etwa 14 %. Dadurch, dab die berichteten Jahreszeitschwankungen in der H~ufigkeit akuter Leukose beim Menschen nicht mit den eingangs berichteten Schwankungen im Anschlagsprozent der Hfihnerleukose synchron verlaufen, braucht nicht be- wirkt zu werden, dab ein Vergleich unznl~Lssig-erscheint. Einerseits handelt es sich beim Hfihnerleukosematerial ja um durch Verimpfung (,,Transplantation") stark virulenten Materials hervorgerufene F~lle, w~hrend die Menschen- lenkosen spontane Erkrankungen sind, bei denen anzu- nehmen ist, dal3 sie eine bestimmte Latenzzeit erheischen, ehe die (noch unbekannten) Ursachsfaktoren den Ausbrnch der Krankheit herbeiffihren, und andererseits ist es m6glich, dab die Verh~ltnisse, die die Jahreszeitschwanknngen ver- ursachen, selbst wenn sie bet verschiedenen Tierarten ein nnd dieselben sind, bet den verschiedenen Arten dennoch nicht dnrch das ganze Jahr synchron verlaufen. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dab im Organis- mus der Menschen wie auch der Hfihner an die Jahreszeit gebundene Verh~ltnisse vorhanden sind,, die ffir die Ent- wicklung akuter Leukose yon wesentlicher Bedeutung sind. Es besteht bet Menschen ebenso wie bet Hfihnern ein wesentlieher Unterschied zwischen dem im Wachstum begriffenen und dem ausgewachsenen Organismus, denn die besagten Jahreszeitschwankungen werden lediglich im aus- gewachsenen Organismns angetroffen. Kfinftige Untersuchungen an Tieren im Hinblick anf die Faktoren, die die periodisch erh6hte Resistenz gegen die Krankheit bedingen, werden deshalb auch far das Verstgnd- his der Krankheit bet Menschen ]3edeutung erlangen, da es wahrscheinlich dfinkt, dab die nachgewiesenen Schwan- kungen in der Resistenz gegenfiber aknter Leukose bet Tieren und Menschen analoger Natur sind. Zusammen]assung: Die Empfgnglichkeit ffir fibertragbare Leukose bet Hfihnern unterliegt, je nach der Jahreszeit, er- heblichen Schwankungen. Vr das Anschlagsprozent im Oktober--November etwa 4 ~ betr~gt, erf~thrt es im April--Mat einen Anstieg auf etwa 80. Diese Schwankungen wurden nur bei ausgewachsenen Tieren ermittett. Kfichlein sind das ganze Jahr hindurch gleieh empf/~nglich. Analog hiermit tritt die akute Leukose beim Mensehen zn den verschiedenen Jahreszeiten ungleich h~ufig auf. Von 95 F~llen akuter Leukose (aus Kopenhagener Kranken- h/iusern) entfallen, ebenso wie das in LAlVIBIN nnd GERARD S Material der Tail ist, etwa doppelt so viele auf das Winter- halbjahr wie auf das Sommerhalbjahr. Es hat sich heraus- gestellt, dab diese Jahreszeitverteilung, analog dem Verhalten bet Hfihnern, Kinder unter 15 Jahren nicht betrifft. Von den 95 Fallen waren 60% mgnnliche und 4o% weibliche Individnen (der Unterschied in der Zaht der Fglle zwischen MXnnern nnd Frauen scheint bet Patienten unter io und fiber 4 ~ Jahren besonders groB). Akute Lenkose ist, dem gegenwgrtigen Material gem~B, im Kindesalter und nach dem vollendeten 5 o. Lebensjahre am h~tufigsten. Literatur: H. C. GRA~ u. R. NIELSEN, Ugeskr. Laeg. I932, 437- -- J. ENGELBRETH-HoLM U. A. I~OTHE MEYER, Acta path. scand. (Kobenh.) 1935, Juli (ira Druck). -- M. REISS, H. DUCKREY U. A. HOCHWALD, Z. exper. Med. 9 o, 408 (1933). -- P. LAMBIN U. M. J. GERARD, Sang 8, 73 ~ (I934). -- G. 1R. MINOT, T. E. BUCHMAlX r U. R. ISAACS, J. amer. reed. Assoc. 82, I489 (1924). -- P. STAGEL- SCHMIDT, Fol. haemat. (Lpz.) 51, 5 ~ (1933). -- Annuaire Statistique. Kobenh. 1934. BLUTKORPERCHENSENKUNG BEI PERNIZIOSER ANAMIE. Von Dr. HANS R]EICHEL. Aus der I. Medizinischen Klinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. HANS EPP]NGER). Die diagnostische und prognostische Bedeutung der Erythrocytensenkung ist bet Andmien bisher wenig beachtet worden. Bekanntlich wirkt kfinstliche Anamie, d. h. Verlrdnderung des Erythrocytengehaltes des Blutes, in vitro durch Blutverdfinnung mit Eigenplasma stark senkungsbeschleunigend (FHs WESTERGREN aber zeigte, dab der Grad der Senkungsbeschleuni- gung bet zunehrnender t~lutverdfinnung in vitro nicht nur yore Erythrocytengehalt, sondern auch vonder ]?;igenheit des vor- liegenden Blutes abhfmge. Diese wichtige Entdeckung wurde in der Folgezeit wenig beachtet, und mehrere Autoren (wie SCH$-FER- VOGEL, GRAM, MEIER) glaubten, die Senkungsbeschleunigung in eineln bestimmten Falle besser beurteilen zu k6nnen, wenn sie den gefundenen Senkungswert eines anamischen Blutes nach empirisch festgelegten Tabel]en umrechneten. Die Tabellen wurden so fest- gelegt, dab die Senkungsanderung, die im Blute verschiedener Senkungsbeschleunigung durch Zusatz bzw. Fortnahme yon Citrat- plasma eintritt, kurvenm~13ig dargestellt wurde. Die Senkungs- beschleunigung eines an~mischen t31utes sollte dann nach diesen

Blutkörperchensenkung bei Perniziöser Anämie

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Page 1: Blutkörperchensenkung bei Perniziöser Anämie

23. NOVEMBER I935 K L I N I S C H E W O C H E N S C I I R I F T . 14. J A H R G A N G . N r . 47 1 6 7 9

U n t e r a n d e r w e i t i g e n Verhg l tn i s sen , f iber die das Ma te r i a l des Verf. Anfsch lnB gibt , s ind fo lgende zu n e n n e n :

U n t e r den 95 F~l len yon a k u t e r Leukose f a n d e n s ich 57 m ~ n n l i c h e u n d 38 weib l i che P a t i e n t e n . I n P r o z e n t aus- gedrf ickt , e rgeben diese Z a h l e n 60% mXnnl iche n n d 4o% weib l iche I n d i v i d u e n . Dieser U n t e r s c h i e d is t gr6Ber als die Z a h l e n ansdr f icken , d a die Bev61kerung y o n t ( o p e n h a g e n m e h r F r a u e n als M a n n e r zXhlt (e twa 422ooo F r a u e n gegen e t w a 350ooo M~Lnner).

Die V e r t e i l u n g 6o % - - 4 ~ % s t e h t m i t den B e o b a c h t n n g e n a n d e r e r Ver fasser bet c h r o n i s c h e n L e u k o s e n i m gro/3en ganzen im E i n k l a n g . GRA~ n n d NIELSEN, MINOT u n d IS~ACS, STAGELSCHAt!IDT l i n d e n alle e ine V e r t e i l u n g v o n u n g e f ~ h r 6o% M ~ n n e r u n d 4 o % F r a u e n .

I n bezug anf die D a n e r de r a k u t e n L e n k o s e n wurde be- re i t s e rw~hn t , d a b e t w a 66 % der F~lle (62 y o n 95) wen ige r als 2 M o n a t e u n d n u t e t w a I o % (IO y o n 95) 4 - - 6 M o n a t e d a u e r t e n .

Ve r t e i l t m a n das P a t i e n t e n m a t e r i a l n a c h Al te rs !dassen , so i s t das E r g e b n i s wie folgt (das Al t e r eines P a t i e n t e n i s t n i c h t b e k a n n t ) :

T a b e l l e 3-

Alter Anzahl der akuten Die Gr6Be der

Leukosen

insg.

19 5 15 7 14 7

3 15 5 12 3

3 3

Bev61kerung Ungef~ihre Anzahl akuter (in IOOO) Leukosen pro iooooo

insg.

14 8 7 2 6

IO

9

lO3,9 51,6 1 1 5 , 1 6 0 , 0

15o,o 84,0 13o,9 72,o lO4,6 57,8

80,0 44,3 50,9 20,8 . 34,9 12,6

insg. ]

52,3 17 IO 55,1 13 8 66,0 9 8 58,9 5 7 46,8 9 5 35,7 19 i i 3o, I 24 14 22,3 9 25

27 14 10

3 I3 28 3 ~

O - - I O

11--2o 2I --3 ~ 31--4 ~ 41 --5 ~ 51 --60 6I - -7 ~

7 ~

Aus Tabel le 3 erhel l t , d a b die a k n t e n L e u k o s e n im Kindes - u n d J u g e n d a l t e r bis zu 2o J a h r e n n n d i n s besonde re n a c h d e m v o l l e n d e t e n 50. L e b e n s j a h r e a m h g u f i g s t e n au f t r e t en , wogegen sie in d e n Al t e r sk l a s sen yon 2 0 - - 5 0 J a h r e n v e r h g l t - n i smgBig se l t en s ind.

Es erscheint befremdlich, dab das ~;bergewicht mXnnlicher Pat ienten nur bet Kindern unter IO Jahren (14 Knaben, 5 Mgdchen) und bet glteren Pat ienten (fiber 4 ~ Jahren : 25 Manner und 14 Frauen) angetroffen wird,w~hrend unter den Pat ienten yore I I. his 4 o.Lebens- jahre ebenso vie/ mannliche wie weibliche Individuen sind. Der Unterschied in der H/iufigkeit der Krankhei t in den verschiede- nen Altersklassen scheint somit bet M~nnern viel ausgeprggter zu sein als bet Frauen (vgl. Tabelle 3, letzte Kolonne). Es ist jedoch zn betonen, dab die Zahlen zweifelsohne zu klein sind, um sichere Rfickschlflsse dara~s ableiten zu k6nnen.

I n bezug auf die F r a g e n a e h de r H~tufigkeit de r a k u t e n im Verh~ l tn i s zu den c h r o n i s c h e n L e u k o s e n g ib t das Ma te r i a l ke inen AufschluB.

GRAM u n d NIELSEI~ h a b e n i m J a h r e 1932 die G e s a m t - a n z a h l de r in ganz D / t n e m a r k r eg i s t r i e r t en L e u k o s e n be- r e c h n e t n n d geben an, d a b e twa 16 % de r se lben (86 yon 544) a k u t waren . Diese Ver fasser b e t o n e n jedoeh, d a b die P ro - z e n t z a h l viel zu niedrig~sein mug , d a viele de r f ibr igen FXlle, n a c h de r K r a n k h e i t s d a u e r zu nr te i len , o f f enba r zu den a k u t e n FMlen geh6ren .

STAGELSCHMIDT e r m i t t e l t e n n t e r 137 F~l len 19 P a t i e n t e n m i t a k u t e r Leukose , d. h. e t w a 14 %.

D a d u r c h , d a b die b e r i c h t e t e n J a h r e s z e i t s c h w a n k u n g e n in de r H~uf igke i t a k u t e r Leukose b e i m M e n s c h e n n i c h t m i t den e ingangs b e r i c h t e t e n S c h w a n k u n g e n i m A n s c h l a g s p r o z e n t de r Hf ihne r l eukose s y n c h r o n ve r l au fen , b r a u c h t n i c h t be- w i r k t zu werden , d a b ein Verg le ich unznl~Lssig-erscheint . E ine r se i t s h a n d e l t es s ich b e i m H f i h n e r l e u k o s e m a t e r i a l j a u m d u r c h V e r i m p f u n g ( , , T r a n s p l a n t a t i o n " ) s t a r k v i r u l e n t e n Mate r ia l s h e r v o r g e r u f e n e F~lle, w ~ h r e n d die Menschen - l enkosen s p o n t a n e E r k r a n k u n g e n sind, be i d e n e n anzu - n e h m e n ist, dal3 sie eine b e s t i m m t e L a t e n z z e i t e rhe ischen , ehe die (noch u n b e k a n n t e n ) U r s a c h s f a k t o r e n den A u s b r n c h de r K r a n k h e i t he r be i f f i h r en , u n d ande re r se i t s i s t es m6gl ich, d a b die Verh~l tn i sse , die die J a h r e s z e i t s c h w a n k n n g e n ver -

u r sachen , se lbs t w e n n sie bet v e r s c h i e d e n e n T i e r a r t e n ein n n d d iese lben sind, bet den v e r s c h i e d e n e n A r t e n d e n n o c h n i c h t d n r c h das ganze J a h r s y n c h r o n ver laufen .

Diese B e o b a c h t u n g e n d e u t e n d a r a u f hin, d a b i m Organ i s - mus de r M e n s c h e n wie a u c h de r H f i h n e r a n die J a h r e s z e i t g e b u n d e n e Verh~ l tn i s se v o r h a n d e n s ind , , die ffir die E n t - w ick lung a k u t e r Leukose yon wesen t l i che r B e d e u t u n g sind.

Es b e s t e h t bet M e n s c h e n ebenso wie be t H f i h n e r n ein wesen t l i ehe r U n t e r s c h i e d zwischen d e m im W a c h s t u m begr i f f enen u n d d e m ausgewachsenen Organ i smus , d e n n die b e s a g t e n J a h r e s z e i t s c h w a n k u n g e n w e r d e n ledigl ich im aus- gewachsenen O r g a n i s m n s ange t ro f fen .

Kf inf t ige U n t e r s u c h u n g e n a n T ie ren i m H i n b l i c k an f die F a k t o r e n , die die per iod isch e r h 6 h t e Res i s t enz gegen die K r a n k h e i t bed ingen , w e r d e n de sha lb a u c h f a r das V e r s t g n d - his de r K r a n k h e i t bet M e n s c h e n ]3edeu tung er langen, d a es wah r sche in l i ch df inkt , dab die nachgewie senen Schwan- k u n g e n in de r Res i s t enz gegenf iber a k n t e r Leukose bet T ie ren u n d M e n s c h e n ana loge r N a t u r s ind.

Zusammen]assung: Die E m p f g n g l i c h k e i t ffir f i b e r t r a g b a r e Leukose bet H f i h n e r n unter l ieg t , je n a c h der Jahresze i t , er- h e b l i c h e n S c h w a n k u n g e n . Vr das A n s c h l a g s p r o z e n t im O k t o b e r - - N o v e m b e r e t w a 4 ~ be t r~g t , erf~thrt es i m A p r i l - - M a t e inen Ans t i eg au f e twa 80. Diese S c h w a n k u n g e n w u r d e n n u r bei au sgewachsenen T ie ren e r m i t t e t t . Kf ich le in s ind das ganze J a h r h i n d u r c h gleieh empf/~nglich.

Ana log h i e r m i t t r i t t die a k u t e Leukose be im M e n s e h e n zn den v e r s c h i e d e n e n J a h r e s z e i t e n ung le ich h~uf ig auf. Von 95 F~ l l en a k u t e r Leukose (aus K o p e n h a g e n e r K r a n k e n - h/ iusern) ent fa l len , ebenso wie das in LAlVIBIN n n d GERARD S Mate r i a l de r Tai l ist, e t w a d o p p e l t so viele au f das W i n t e r - h a l b j a h r wie auf das S o m m e r h a l b j a h r . Es h a t s ich he r aus - gestel l t , d a b diese J ah re sze i t ve r t e i l ung , ana log d e m V e r h a l t e n bet Hf ihnern , K i n d e r u n t e r 15 J a h r e n n i c h t be t r i f f t .

V o n den 95 Fa l l en w a r e n 60% m g n n l i c h e u n d 4o% weib l iche I n d i v i d n e n (der U n t e r s c h i e d in der Zah t de r Fgl le zwischen MXnnern n n d F r a u e n sche in t bet P a t i e n t e n u n t e r io u n d fiber 4 ~ J a h r e n besonders groB).

A k u t e Lenkose ist, d e m gegenwgr t igen Mate r i a l gem~B, im K i n d e s a l t e r u n d n a c h d e m v o l l e n d e t e n 5 o. L e b e n s j a h r e a m h~tufigsten.

L i t e r a t u r : H. C. GRA~ u. R. NIELSEN, Ugeskr. Laeg. I932, 437- -- J. ENGELBRETH-HoLM U. A. I~OTHE MEYER, Acta path. scand. (Kobenh.) 1935, Juli (ira Druck). - - M. REISS, H. DUCKREY U. A. HOCHWALD, Z. exper. Med. 9 o, 408 (1933). - - P. LAMBIN U. M. J. GERARD, Sang 8, 73 ~ (I934). - - G. 1R. MINOT, T. E. BUCHMAlX r U. R. ISAACS, J. amer. reed. Assoc. 82, I489 (1924). -- P. STAGEL- SCHMIDT, Fol. haemat. (Lpz.) 51, 5 ~ (1933). -- Annuaire Statistique. Kobenh. 1934.

BLUTKORPERCHENSENKUNG BEI PERNIZIOSER ANAMIE.

Von

Dr . HANS R]EICHEL. Aus der I. Medizinischen Klinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. HANS EPP]NGER).

Die d iagnos t i sche u n d p rognos t i sche B e d e u t u n g de r E r y t h r o c y t e n s e n k u n g is t bet Andmien b i she r wenig b e a c h t e t worden .

Bekannt l ich wirkt kfinstliche Anamie, d. h. Verlrdnderung des Erythrocytengehal tes des Blutes, in vi t ro durch Blutverdf innung mi t Eigenplasma s tark senkungsbeschleunigend (FHs WESTERGREN aber zeigte, dab der Grad der Senkungsbeschleuni- gung bet zunehrnender t~lutverdfinnung in vitro nicht nur yore Erythrocytengehal t , sondern auch v o n d e r ]?;igenheit des vor- liegenden Blutes abhfmge. Diese wichtige Entdeckung wurde in der Folgezeit wenig beachtet , und mehrere Autoren (wie SCH$-FER- VOGEL, GRAM, MEIER) glaubten, die Senkungsbeschleunigung in eineln bes t immten Falle besser beurteilen zu k6nnen, wenn sie den gefundenen Senkungswert eines anamischen Blutes nach empirisch festgelegten Tabel]en umrechneten. Die Tabellen wurden so fest- gelegt, dab die Senkungsanderung, die im Blute verschiedener Senkungsbeschleunigung durch Zusatz bzw. For tnahme yon Citrat- plasma eintri t t , kurvenm~13ig dargestellt wurde. Die Senkungs- beschleunigung eines an~mischen t31utes sollte dann nach diesen

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empirischen Tabellen ,,korrigiert" werden, indem aus dem ge- fundenen Senkungswert an Hand der Kurven der Senkungswert gesucht wird, den das Blur bet normalem I-Iamoglobingehalt h~tte. Aus der obenerwahnten Tatsache, dab jedes Blur eine andere Senkungsbeschleunigung bet steigender Verdfinnung in vitro zeigt, l~Bt sich aber bereits erschliegen, dab jede schematische Umrechnung fehlerhaft ist. Andere Autoren wahlten noch kom- pliziertere Wege, indem sie jedes Blur in vitro vor Anstellung der Senkung auf einen normalen Erythrocyten- oder Hamoglobin- gehalt konzentrierten bzw. verdfinnten (BtSNNIGER U. HERRMANN tl. &.).

W i t werden an anderer Stelle ausffihrlich darlegen, dab keine Kor rek tu r eines gefundenen Senkungswertes prakt ische Vortei le ergibt und schlieBen uns dami t der Ansicht yon F-~HRAEUS, WESTIgRGREN, KATZ u n d LEFFKOWITZ, LEBEL u n d LOTTRUP U . a . an .

So ergeben sich such bei der pernizi6sen An~mie aus der Messung der Senkungsgesehwindigkeit ohne Korrektur prakt i sch wicht ige Gesetzm~Bigkeiten.

Der Kranke, der an perniziSser An~mie leidet, sucht den Arzt erst dann auf, wenn die Erythrocytenzahl seines Blutes unter 2 Millionen gesunken ist. Wenigstens ist des bet unserem klinischen Material fast ansnahmslos der Fall. Eine Ausnahme bilden nur jene FMle, die nicht wegen Beschwerden, die dutch die Anamie direkt entstehen (Herzklopfen, Atemnot, Schwi~che, angin6se Herzbeschwerden), sondern wegen anderer Begleiterscheinungen der pernizi6sen Anamie, wie funikularer Myelose, ohne irgend- welche andere Erkrankungen den Arzt aufsuchen. In solehen Fallen ist die Anamie oft weniger stark ausgepr~gt.

Dieses Symptom ist so verlaglich, dab man im Zweifelsfalle bet einem Erythroeytengehalt fiber 2 Millionen mit groBer Sicherheit eine pernizi6se Anamie ausschlieBen kann (R]~IeHEL, Klinische Wochenschriff, im Druck). Natfirlich ist diese Regel nicht um- kehrbar, und eine Erythrocytenzahl unter 2 Millionen wird bet anderen sehweren Anamien such beobachtet (insbesondere bet aplastischen Ani~mien und bet symptomatischen Formen hamolytischer Ani~mien). Diese Krankheitsbilder sind aber im Verh~ltnis zur Zahl der FMle yon pernizi6ser Anamie auBerordent- lich selten. Pa t i en ten mit Blutungsanamien aber ffihlen sich bet einem wesentlich h6heren Erythrocytengehalt bereits schwer krank, und wenn die Blutung so profus ist, dab die Anamie schnell hochgradig wurde, ist die vorausgegangene Blutung meist anam- nestisch leicht zu erheben.

I m schwer angmisehen Stadium der pernizi6sen An~mie ist die Senkung in allen F~tllen sehr s ta rk beschleunigt . Die Senkung ist nach i S tunde fiber 5 ~ m m und hauf ig noch wesent l ich schneller, so dab der E ins tundenwer t aueh in 2oo m m langen Senkungsr6hrehen (nach WEST~RGREN) nach I S tunde berei ts dureh Sackung g e h e m m t ist. W i t haben Ha lbs tundenwer t e fiber 5 ~ m m beobachte t . Dabei i s t die Senkung meis t bereits nach ~/4 S tunde n ich t genau ablesbar, weil die obere Grenze zwisehen der Ery th roey tens~u le und dem P lasma ganz u/ascharf ist. Diese unseharfe Grenze ist abe t n icht e twa ffir pernizi6se An~mie charakter is t isch, wie BL~:MENTHAL meinte , sondern wird bet alien schweren An- amien, besonders wenn die Senkung beschleunigt ist, beob- achte t .

Bet Beobachtung der Senkung in einer senkrecht gestellten ZXhlkammer durch des Mikroskop sieht man, dab bet lockerer Anordnung der Agglomerate die Meineren Agglomerate passiv durch die Str6mung nach aufwarts getrieben werden. Bet diehterer Anordnung der Agglomerate k6nnen die kleineren dutch die Zwischenr~ume zwischen den gr6geren nicht nach oben entweichen. Ebenso werden sie bet langsamer Senkung nicht sehr hoch nach aufwi~rts get r ieben. Man kann such beobaehten, wie die Leuko- cyten w~hrend der Senkung nieht blol3 zurfickbleiben, sondern zwischen den sinkenden Erythroeytenhanfen direkt nach aufwarts getrieben werden (ENG~L). Bet unscharfer Zone ist die Senkung daher dort abzulesen, wo die Erythrocytensi~ule dicht ist, aIso mSglichst am untersten Ende der unscharfen Zone.

Die unscharfe Zone kann man in jedem Falle dutch Eindicken des Blutes in vitro aufheben, durch Verdfinnung derselben mit Eigenplasma erzeugen. \Vie wit uns bet fortlaufenden Untersuchun- gen verschiedener Anamien fiberzeugten, ist die unseharfe Zone kein Symptom der pernizi6sen Anamie, wie 13LrJMENTHAI., kein Symptom der Anisocytose, wie BLOCR und OELSNER, und kein Symptom der Reticuloeytenvermehrung, wie SAKAI glaubte.

Je s ta rker die An~mie und je s ta rker die Senkungs- beschleunigung, u m so deut l icher t r i t t die unscharfe Zone her-

vor. Wir sahen sie bet jeder An~mie, deren H~moglobingeha l t un ter 4 ~ war, aber ebenso bet allen Fal len mi t sehr s ta rker Senkungsbeschleunigung, auch bet maBiger An~mie. I s t bet einer mi t t e l s t a rk beschleunigten Senkung (bis 50 m m nach I Stunde) die obere Senkungsgrenze unscharf, so ist immer eine schwere Anamie vorhanden. I s t die Senkung setlr s tark beschleunigt , e twa 5o m m nach 1/4 Stunde, so ist such, wenn gar keille An~mie vo rhanden ist, die obere Grenze unscharf. So kann m a n bet entsprechender ~ b u n g aus der unscharfen Grenze allein in Fa l len yon nicht allzu schneller Senkung des VorhandenseiI1 einer An~mie wahrend der Senkung selbst mi t Sicherhei t erkennen.

Der Endwertder Senlcung wird bet rascher Senkung meis t nach einigen S tunden erreicht . Man e rkenn t dann an der geringen H6he der Ery th rocy tens~u le sofort, dab eine schwere Anamie vorl iegt . I3ber der sed iment ie r ten Ery th rocy tens~u le ist j e t z t ein sehr dfinner, grauer Streifen s ichtbar - - die Leukocytensch ich te - - , die dfinner ist als bet no rmalem Btute und die Leukopenie zum Ausdruck bringt . Normalerweise be t r~gt die H6he der Leukocy tensch ich te nach Beendigung der Senkullg 1/4--1% der Gesamth6he der :Senkungssanle. Also bet ether Senkungsh6he yon 2oo m m (z. B. Westergren- pipet ten) t /2--2 mm, bet einer Senkungsh6he yon IOO m m (z. B. Reichel -Pipet ten) 1/4--1 m m (REICHEL). Bet pernizi6ser An~mie ist die Leukocytensch ich te in der Regel gerade an- gedeutet . Die gelbliche Fa rbe des P lasmas k o m m t bet der Senkung such sehr deut l ieh zum Ausdruck.

Bet beginnender _Remission einer pernizi6sen An~mie t r i t t geradezu schlagar t ig eine Verminderung der Senkungs- beschleunigung als des erste sichere S y m p t o m des Beginnes der Remiss ion ein. Gleiehzeit ig verschwinde t die unscharfe Zone oder sie ist doch wesent l ich verr inger t . Da die Senkung im anamischen S tad ium anfangs ganz enorm beschleunigt ist, ist es zweckmaBig, wenigstens die Ha lbs tundenwer te neben den E ins tundenwer ten abzulesen, da le tz tere bet der rapiden Senkung durch Saekung immer sehr s ta rk geh emmt sind.

Die s tarke Verminderung der Senkungsbesehleunigung ist ein konstantes und sicheres Zeichen der beginnenden Remission. Wir haben diese Ersche inung in alien F~llen ge- funden, se i tdem wir darauf ach ten (bisher 14 Falle). Sie t r i t t ungefahr gleichzeit ig mi t der Re t icu locy tenkr i se auf, ist aber n icht e twa du tch das Auf t re ten der Re t i cu locy ten selbst bedingt . W~re dies der Tall, so mfiBte der Rf ickgang der Senkungsbeschleunigung der Ve rmehrung der Re t i cu locy ten paral lel gehen, was aber n icht zutr iIf t . Ebensowenig ist die Senkungsverminderung durch Zunahme der E r y t h r o c y t e n oder durch HXmoglobin erkl~rbar, da berei ts vor deutI icher Besserung der An~mie die Senkungsbesehleunigung sehr s ta rk zurfickgeht. Wi r sind derzei t m i t Un te r suchungen beschaf- t igt, ob die Senkungsanderung dureh Verschiebung yon PlasmaeiweiBfrakt ionen oder durch andere Fak to ren erktar- bar ist.

Die Senkungsverminderung begi l lnt ungefahr gleich- zeitig mi t der Ret iculocytenkr ise , also bet parentera le r Leber- oder Magell therapie, 3 - - 5 Tage nach Beginn der Behandlung, wenn die Behandlung ausreichend ist und die Remiss ion wirkl ich nachfolgt (s. unten) . E t w a i o - - 1 4 Tage nach Beginn der Therapie kann die Senkung berei ts auf normale Wer te zurf ickgegangen seth, wahrend zu dem Ze i tpunk t die E r y t h r o - cy tenzah l meis t noch u m 2 Millionen und des H~moglob in um 5 ~ % be t r~gt (s. Abb. I . Wei t e re K u r v e n s. bet REICHEL, Blu tk6rperchensenkung . Ju l ius Spr inger 1935). I n anderen Fa l len ist da die Senkung noch m~Big beschleunigt (urn 2o mm).

Die Ersehe inung des rapiden Senkungsrf ickganges als Zeichen einer Remiss ion ist ein sehr wertvol les S y m p t o m und einfacher festzustel len als die Ret iculocytenkr ise , ja sie ist der le tz teren aus 2 Grfinden diagnost isch fiberlegen. Ers tens kann m a n die Re t icu locy tenkr i se leicht fibersehen, wenn m a n n ich t h~tufig Zahlungen vo rn immt , zweitens gibt es Ret ieulocytenkr isen , auf die keine Remiss ion der An~imie folgt. W i t haben 2 solcher F~tlle beobachte t , wo in beiden F~llen w~hrend der Ret ieu locytenkr i se die s tarke Abnahme der Senkungsbeschleunigung fehl te und nachher auch die Besserung des Blu tbefundes ta tsgchl ich ausblieb (s, Tab. i) .

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~3. NOVEMBER 1935 I681 I ~ L I N I S C H E % V O C H E N S C H R I F T . 14 . J A H R G A N G . Nr. 47

Tabelle I. J o s e f W. 1934.

April Mai

Skg.Reticul'Erythr~176176 1/e Std" = ! _3 i~o=o~9 : i o 6 8 . . . . . . . . . . . I50 , - l -- - - 36 -- ~-- i i ! i i 3~I i i8 ~ I4'~ i - - i5o- 25~ I,I50 3 5 . . . . -~-[ ===i~6]~ 24-1 25- [ 2 6 " ~ % s _ '1 ---i----- ~ 4 ~ - ] ~ _ - I i 5 - ] - 2,0

; : ~ 70 35 3 ~ I 35{35!-- : : :l-i ill 05 55 55 55-1-1 514o;,55t45,5 ; - - , - , ,

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Erythrocyten

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zlcl~ Zc,'~ C'ampolon Ida/

Abb. I. Anaemia pemiciosa. Rfickgang der Senkungsbesehleunigung im Beginne der Remission.

In der Remission erreicht die Senkung bei unkomplizierten F~tllen in der 1Regel dann Normalwerte, wenn das H~moglobin fiber 5 ~ % betr~gt, in selteneren Fgllen wird die Senkung aber erst bei h6heren Hgmoglobinwerten normal, manchmal aber auch bei einem H~moglobinwert unter 5o%. In seltenen F/~llen kann sogar die Senkung in der Vollremission ver- langsamt sein (unter i mm).

Die Best immung der Senkungsgeschwindigkeit gibt uns gewisse dif]erentialdiagnostische Anhal tspunkte bei pernizi6ser An~mie zur Abgrenzung gegen andere schwere An~mien. So ist bei Carcinomen oder chronischer Nephrit is mit 50% H~moglobin die Senkung immer sehr s tark beschleunigt. Sekund~re Angmien ohne andere senkungsbeschleunigende Faktoren (Chlorose, Chlorangmie, Blutungsangmie) zeigen bei gleichem Hgmoglobingehalt normale Senkungswerte. In schwerst angmischen Stadien zeigen letztere immer deutlich geringere Senkungsbeschleunigungen als die pernizi6se Angmie mi t der entsprechenden Erythrocytenzahl (SADLON, BENDIEN mit N~UBERG und SNAPPER, REICHEL). Vergleicht man abet pernizi6se Angmien mit den letztgenannten sekundS~ren An~tmien bei gleichem H~moglobingehalt, so ist der Unter- schied der Senkung noch auffallender, weft eine pernizi6se An~tmie mit H~moglobin 5 ~ bei hohem Fgrbeindex viel weniger Ery th rocy ten ha t als eine sekundXre Angmie.

l~ber Senkungsbeschleunigung bei h~molytischem Ikterus in anAmischen Stadien gibt es mehrere Angaben (SADLON, BLUMEN- THAL, I~ATZ nnd I~F~'KOWITZ). Wie schnell sich die Senkung w~hrend der Remission ~ndert, ist nicht bekannt. In der Voll- remission zweier solcher :FAlle haben wit ganz normale Senkungs- werte beobaehtet.

Tr i t t einige Tage nach Beginn der Lebertherapie kein deutlieher Ri~ckgang der Senkungsbeschleunigung ein, so ist entweder die Diagnose der pernizi6sen Angmie unrichtig oder die Leber ungenfigend dosiert oder der Pa t ien t ist in einem so schwer angmischen Stadium, dab er auf die Behandlung nicht anspricht.

Tr i t t anfangs zwar eine Verminderung der Senkungs- beschleunigung ein, wird aber die Senkung nicht ganz normal

Klinische Wochensehrift, 14. Jahrg.

t t t = 2 r162 Pernaemon forte i. m.

oder steigt sie wieder an, so ist nach einer komplizierenden Er- krankung zu suchen.

Die Senkungswerte der folgenden F~lle wurden mit den yon uns angegebenen i o o m m langen Senkungsr6hrchen ermit tel t .

Fall 1: Josef E., 7 ~ Jahre alt, schwerer Potator, der 5fters CholelithiasisanfMle hatte. GroBer Leber- und Milztumor. Anaemia perniciosa. Bei der Aufnahme E. 1, 7, Hgl. 42, Retieul. 3~ . Die Senknng war 7 ~ mm. Auf 2 Injektionen Pernaemon forte ging die Senkung innerhalb 14 Tagen bis auf 14 mm znrflck. Einige Tage sp~ter trat ein Fieberschub bis 39,5 auf und die Senkung stieg wieder auf 4 ~ mm an. Patient fieberte 4 Tage lang. IO Tage sp~ter war die Senkung 9 mm (E. 2,7, Hgl. 6o). Die Ursache des Fiebers blieb ungeklgrt. Patient wurde 3 Meqate spgter mit einem typischen Cholelithiasisanfall mit Ikterus emgeliefert. Viel- leicht war der damalige Fieberschub durch einen entztindlichen Proze13 in der Gallenbtase oder in den Gallenwegen bedingt.

Eall 2: Franziska A., 68 Jahre, Anaemia perniciosa. Bei der Aufnahme ]g. I,I, Hgl. 25, Reticul. 50/00, Senkung sehr stark be- sehleunigt und so unschar], dab sie auch nicht ann~hernd genau abgelesen werden konnte. Nach mehreren Campoloninjektionen und einer Btuttransfusion betrug die Senkung eine Woehe sparer nur mehr 26 mm nach I Stunde (E. 1,5, Hgl. 35, Retieul. 22o~ 2 Tage sparer war die Senkung wieder 45 (E. 1,6, Hgl. 35, Reticul. 2oo~ Klinisch war keine ErklXrung daftir. Patientin fieberte schon seit der Bluttransfusion. Erst nach weiteren 2 Tagen konnte klinisch eine Pleuropneumonie diagnostiziert und die Diagnose r6ntgenologisch und durch Punktion gefestigt werden. Die Senkung stieg w~hrend der Pneumonie bis auf 63 mm an und fiel dann sehr langsam wieder ab.

.Fall 3: Marie H., 57 Jahre, Anaemia perniciosa. Bei der Auf- nahme E. 1,7, Hgl. 35, L. 5ooo, Reticul. 3~ Senkung sehr stars beschleunigt, sehr unseharj, Grenze nicht ablesbar. Unter der Behandlung (2 ccm Campolon tgglich) geht die Senkung innerhalb einer Woche auf 18 mm zurflck (E. 1,8, Hgl. 38). Seit der Auf- nahme hatte Patientin t~glich Fieber nm 38 ~ und Husten. 2 Tage nach der letzten Senkung stieg die Senkung ant 18 mm, nach weiteren 3 Tagen auf 25 ram, und 2 Tage spgter auf 39 mm an. Auffallend war dabei, dab im P:ndsediment der Senkung die Leukoeytenschichte abnorm hoch war. Eine Xontrollz~hlung ergab jetzt 13000 Leukocyten, am folgenden Tage 16000, nnd dann gingen die Leukocytenwerte langsam innerhalb 4 Tagen auf 9ooo zurfick. Die klinische Untersuchnng ergab jetzt eine trockene Pleuritis mit grobem Reiben auf der linken Seite, und der RSntgen- befnnd deckte eine ausgedehnte hXmatogene Lungentuberkulose auf.

In diesem Falle hatte nut die Verfolgung der Senknng zur Entdeckung der frisehen Pleuritis und Leukocytose gef~hrt. Die pulmonalen und pleuralen Symptome gingen langsam zurflck, 2 Monate sparer (3 Monate nach der Aufnahme) war die Senkung normal (9 ram) bei einer mXl3igen Angmie (Hgl. 7o).

16o0o Leukocyten bei einer perniz iSsen Ani~mie sind bisher nur bei F~llen nach Milzexstirpation beobachtet worden (EPPINGER), und wit wurden auf diesen einzigartigen Befund erst durch die Beobachtung des Endsediments der Senkung aufmerksam. In der 1Regel verlaufen Erkrankungen, die sonst regelm~13ig mit Leukocytose einhergehen, bei pernizi6ser AnS.mie ohne absolute Leukocytenvermehrung, odersie ffihren nur zu sehr bescheidenem Anstieg der Leukocytenzahl (REICHEL).

ZusammenJassung: Be i der perniz i6sen An~imie is t i m an~imisehen S t a d i u m vor B e g i n n einer Remis s ion die S e n k u n g sehr starl~ beschleunigt. I m Beg inn der Remis s ion n i m m t die Sen- kungsbeschleunigung vor Z u n a h m e der Erythroeytenzahl und des Hi~moglobingehaltes sehr deutlieh ab und erreicht in der Regel bei e inem H5moglobingehalt von 50 % normale Werte. I n Fd l l en

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1682 K L I N I S C H E ~ r O C H E N S C H R I F T . 14 . J A H R G A N G . Nr. 47 23. NOVEMBER 1935

ungeni~gender Lebertherapie mit Retieul, ocytenlcrise ohn~ folgende Remission der Angmie bleibt der Ri~ckgang der Senkungs- beschleunigung aus. Der starke Ri~ckgang der Senl~ungsbeschleu- nigung ist praktisch das ein]achste und sicherste Zeiehen zur Feststellung des Beginnes der l~emission.

Ausfflhrliche Darstellung nebst Kurven und Abbildungen s. b e i R E I C H E L , Blutk6rperchensenkung. Springer I935.

L i t e r a t u r : BENDIEN, NEUBERG U. SNAPPER, Biochem. Z. 247, 3o6 (1932). -- BLOCH U. OELSNEI~, Z. exper. Med. 35, 4o4 (1923). -- BL~I~NZHAL, Fol. haemat. (1Lpz.) 3o, 47 (I924). -- B(JNNIGER 11. HERRMANN, Klin. Wschr. i923, 744; I924, 4o3 . -- E~-GEI., l~rien. Arch. inn. IVied. 9, 45 (1924). -- EPPINOER U. RANZL Die hepatolienalen Erkrankungen. 1922. -- FXHI~AEUS, Acts reed. scan& (Stockh.) 55, 1 (1921). -- GRA~, Acts reed. scan& (Stockh.) 68, lO8 (1928); 70, 242 (1929). -- K&TZ U. LEFFKOWITZ, Erg. inn. Ned. 33, 266 (1928). -- LEBEL U. LOTTRUP, Acta reed. scand. (Stoekh.) 8o, 55 ~ (1933). -- 3/fEIER, FO1. haemat. (Lpz.) 44, 527 (1931); Schweiz. reed. Wschr. 1932, lO9. -- REICHEL, Wien. Arch. inn. IVied. 19, 241 (1929). - - R E I C H E L , Z. klin. Ned. 125, 623 (1933). -- REIe~tEL, Rass.Terap. e Pat. Ctin. 12, 751 (1933)--- iREICt~.L, Blut- k6rperchensenkung. Julius Springer 1935. -- SADLON, Klin. Wschr. 1922, 1997. -- SAKAI, Ok. Ig. Zasshi. 41, 2615 (1929). -- SCHKFER, Arch. Gyn~k. 13o , 566 (t927). - - VOGEL, Arch. Gyll~k. 134, 129 (1928). -- WESTER~R~N, Erg. inn. _~ed. 26, 577 (1924). -- WESTER- GREN, THEORELL U. WIDSTR6~, Z. exper. Nied. 75, 668 (~93I).

ZUR CHEMOTHERAPIE D E R INFEKTIONS- K R A N K H E I T E N .

V o n

M . O E S T E R L I N . Aus dem Institut fOx Schiffs- und Tropenkrankheiten, Hamburg (Direktor: Prof. Dr. P. MOHLENS) nnd der Mediziifischen Klinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr.

H. BOHNENKAMP).

Die Chemotherapie, die Bek~tmpfung und Heilung yon Infektionskrankheiten mit chemisch mSglichst definierten Produkten, ha t dutch die Auffindung des Salvarsans einen ihrer gr613ten Erfolge erzielt. Vom heutigen Erfahrungs- s tandpunkt aus betrachtet, dart diese Entdeckung als einer jener Zuf~lle betrachtet werden, die gerade in der Chemo- therapie die wesentlichste Ro]le zu spielen pflegen. Es kann einerseits ein glfickhaftes Zusammentreffen genannt werden, dab die Entwieklung der Chemotherapie mit dem Ausbau der organischen Synthese zusammenfiel, andererseits jedoch hat die dadurch steigende Modulationsm6glichkeit in der Hersteltung organischer Heitmittel dazu verfiihrt, den empiri- schen Weg EHRLICHS unentwegt zu verfolgen nnd es einzig und allein dem Chemiker iiberlassen, Substanzen und K6rper- klassen ausfindig zu machen, ffir diese oder jene Infektions- krankheit, wobei es dann mangels genauerer Kenntnis des Heihngsvorganges dem Zufall und den Arbeitsverh~ltnissen iiberlassen blieb, welchen Erfolg diese Forschnngen am Ende aufweisen konnten.

Die Annahme EHRLICHS, dab best immte chemische Gruppierungen unbedingt mit der Wirksamkeit in Verbindung gebracht werden kSnnen, hat sich an dem allm~hlich ins Unfibersichtliehe vermehrten Material nicht best~tigen lassen. Und wenn heute namhafte Forscher auf dem Gebiete der Chemotherapie die empirische Forschungsmethode als die einzig m6gliche bezeichnen und die konstruktive Chemo- therapie in gleicher Ferne sehen wie zu EHRLICHS Zeiten, so bedeutet dieses Zugest~Lndnis nur die bedanerliche Tat- sache, dab wir t rotz aller theoretischen und praktischen Ver- suche nichts dazu gelernt haben.

In den letzten Jahren sind von verschiedellen Seiten Anstrengungen gemacht worden, den chemotherapeutischen Heilungsvorgang aufzuhellen (v. JAxcso, SINGER, FlSCHL, FELDT U. a.), aber die bisher erhaltenen Resultate hubert bisher keine praktisehen VerwendungsmSglichkeiten.

Schon vor Jahren hat u. a. G. GIEMSA darauf hingewiesen, dab nicht allein die chemische Konsti tut ion mal3gebend sein kann ffir die Wirkung eines Stoffes, sondern dab such vor allem physikalische Faktoren herangezogen werden mfissen. Er konnte nachweisen, dab z. t3. Germanin eine relativ stabiIe Verbindung mit dem EiweiBserum bildet und dab

diese Bindung, zusammen mit der Stabilit~t des Oermanin- molekfils ffir die ausgezeichnete prophylaktischeWirkung ver- antwortlich gemacht werden mul3.

Von diesen Resultaten ausgehend, begann ich vor ungef~hr i1/2 Jahren an Hand theoretischer Vorstellungen und Ent- wicklungen die MSglichkeit zu finden, gemeinsame Gesichts- punkte in den einzelnen K6rperMassen klarzustellen und so den Weg zu snchen zum Aufbau einer , ,konstruktiven" Chemotherapie.

Nach allen bisherigen Erfahrungen kann jeder chemo- therapeutisch wirksamen Substanz ein ftir die betreffenden Parasiten toxikologischer Faktor zugeschrieben werden. Neben diesem tr i t t abet, mehr oder minder stark, ein immuni- satorischer Effekt in Kraf t und erst die Summe dieser beiden Faktoren ist imstande, die Abheilung der betreffenden Krank- heft zu erreichen. Bei verschiedenen Substanzengruppen liegen natfirlich verschiedene toxikologische Faktoren vor (Germanin, Arsenverbindungen, Acridine usw.), die innerhalb der einzelnen Gruppen bedeutenden Schwankungen unter- worfen sein k6nnen.

Die oben erw/~hnte Beobachtung, dab sich Germanin mit den Eiweil3komponenten des Serums verbindet, l~Bt sich in vitro reproduzieren. Dabei finder eine weitgehende Ver- schiebung der physikMischen Eigenschaften des Serums statt, dergestalt, dab die Salzbarkeit der Fraktionen Globulin, Albumin, Pepton, verschoben ist ( J I a o w c und KOClAN). Genauere chemisch-analytische Studien dieser Verh~ltnisse haben mir nun gezeigt, dab diese ~fnderungen der kolloiden Eigenschaften des Serums in engerem Zusammenhang stehen mit der chemotherapeutischen EigenschaYt. F~itlt man nXmlich aus verdtinntem Serum einen Tell des Eiweig mit Sublimat und im Fil t rat davon den verbliebenen Globulin- anteiI mit 22,2 protz. Natriumsulfat, so wird dieser Globulin- anteii um so grSl3er, je h6her der chemotherapeutische Index der anfangs zugesetzten germaninverwandten Substanz ]iegt (s. Tabelle) ; d. h. die Schutzwirkung ftir diese Serumfraktion steigt mit dem Index. Damit sind zum erstenmM chemisch bestimmbare ZusalnmenhXnge zwischen Wirkung und Analyse gefunden worden.

Substanz Nr. Chemotherap. Index bei Nagana Brucei

I 2

3 4 5 6 7 8

Kontrolle

Tabel le .

Globulin Rest-N

489 ! i : ioo 2IO 1 : 7

186 o 155 o 257 i : IO 232 I : 8 198 I " I 212 I : I 102 O

Die Aufnahme yon Germanin durch die Trypanosomen- zelle, die v. Iss~,xuTz nachweisen konnte, muB die Kolloid- s truktnr der Zelle bzw. ihrer Teile in gleichem lX~age ~ndern, wie dies beim Serum der Fall ist. Meines Erachtens ist damit die Erkl~rung gegeben ffir die athreptische Wirkung des Germanins, die v. JANcso erkannt hat te (toxikologischer Effekt).

Die im Serum befindlichen Anteile Germanin, an Eiweil3 gebunden, mfissen aber nach alien Erfahrungen fiber chemo- spezifische Antigene (LANDSTZlNER, AVERY, ZOZOVA U.a.) zur Bildung yon Antik6rpern AnlaB geben, die zwangsi~ufig auch die Trypanosomenzelle erfassen (immnnisatorischer Effekt). Sicherlich h~ngt damit die yon v. JANcso beobach- tete ,,oposonine" Wirkung der Germanins zusammen.

Es dr/ingt sich nun die Frage auf: Ist diese EiweiBbindung der Chemotherapeutica auch bei anderen Substanzen ftir derenWirkung notwendige Voraussetzung und: ist der immuni- satorische Effekt durch solche in vivo gebildete spezifische Antigene zu erkl~ren? Die Antwort auf diese Fragen wurde bei den ArsinsXuren gesucht. Es stellte sich heraus, dab mi t steigendem lV[olekulargewicht der Kondensationsprodukte aus diazotierter Arsanils/~ure und Eiweig der chemotherapeutische