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Chronische Laryngitis und Carcinom

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Page 1: Chronische Laryngitis und Carcinom

Arch. Oto-Rhino-Laryng. 212, 57-75 (1976) Archives of Oto-Rhino-Laryngology �9 by Springer-Verlag 1976

Klinische Arbeit

Chronische Laryngitis und Careinom*

H. Glanz und O. Kleinsasser

Hals-Nasen-Ohrenkliniken der Universit/it Marburg (Geschf. Direktor Prof. Dr. O. Kleinsasser) und der Universit~it K61n (Direktor Prof. Dr. Dr. F. Wustrow)

Chronic Laryngitis and Carcinoma

Summary. 35 cases of a continuous series of 841 laryngeal cancers were studied separately. Those patients had already been suffering from hoarseness for more than 2 years, in the average for 9 years. Many of these patients had been examined and treated by inhalations, and biopsies were taken because of a chronic laryngitis. Clinically in half of the cases a big carcinoma could be found. In 10 cases a chronic laryngitis had been diagnosed; in spite of the preceeding examination by microlaryngoscopy in 4 cases, however, the carcinoma could only be proved by histologic examination.

The histologic examinations of the specimen regularly displayed an extended field of epidermisation of the laryngeal mucosa following chronic laryngitis. In these fields of epidermisation the carcinoma developed multicentrically and - in the early stages - mostly showed a covering-like, minutely infiltrating growth. Disseminated dot-like cancer-focuses in the epidermisation field and cancer buds arising from the basal layers of an intact covering of the hypertrophic epithelium could be observed several times.

Chronic-hypertrophic laryngitis seems to favour the development of cancer within some patients (promoting-factor), it even might accelerate it. As in about 6% of all the vocal cord cancers a preexistent chronic laryngitis is proved by history and clinical findings each patient with a chronic hypertrophic laryngitis must be examined by microlaryngoscopy as well as histological examinations and must be constantly observed.

Jedem Laryngologen sind Patienten bekannt, deren Kehlkopf das Bild einer chroni- schen Entz/indung mit hyperplastischem epidermisierten Epithel zeigt. Nach oft jah- relang fortgesetzter konservativer Behandlung mit Inhalationen, Instillationen, Kur-

* Auszugsweise vorgetragen yon H, Glanz anlgglich der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft ftir Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Wiesbaden, Mai 1975.

Page 2: Chronische Laryngitis und Carcinom

58 H. Glanz und O. Kleinsasser

aufenthalten oder Stimmfibungen kann zur h6ehst unangenehmen Oberraschung pl6tzlich ein Carcinom manifest werden.

Solche Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dab zwischen chronischer Laryngitis und Carcinom vielleicht ~ihnliche urs/ichliche Zusammenh/inge bestehen wie sie etwa zwischen chronischer Bronchitis und Bronchialcarcinom, chronisch- atropher Gastritis und Magencarcinom sowie chronischer Cholecystitis und Gallen- blasencarcinom als gesichert gelten.

Im Schrifttum wird diese Frage bemerkenswert selten diskutiert. Friedberg u. Wallner [1] betrachten die chronische Laryngitis pauschal als einen ,bekannten praedisponierenden Faktor". Leicher u. Becker [8] zitieren eine Dissertation von Clara Ebert, die unter 200 F/illen chronischer Laryngitis, die 2 -1 5 Jahre bestanden, zwei Krebsentstehungen beobachtete. Bei 96 Kehlkopfcarcinomen hatten 16 Patien- ten frfiher 6fter oder manchmal w/ihrend mehrerer Monate an Heiserkeit gelitten. Die chronische Laryngitis allein - ohne Mitwirkung anderer Faktoren (Rauchen) - verursache ihrer Meinung nach aber kein Carcinom.

Gabriel u. Jones [2] geben hingegen an, dab 19,7% ihrer Beobachtungen von Kehlkopfcarcinomen auch an einer chronischen Laryngitis litten. Bei 101 F/illen von chronischer Laryngitis sei in 10 F/illen ein Carcinom entstanden.

Bei einer Analyse der Vorgeschichte von Kehlkopfcarcinomkranken der K61ner Klinik fand einer von uns [5] unter 410 Kehlkopfcarcinomen 34 (8,3%), die an einer allerdings nur klinisch diagnostizierten chronischen Laryngitis mehr als 1 Jahr vor der Feststellung des C arcinoms gelitten hatten. Sugar [10] bezeichnete in einer histo- logisch orientierten Arbeit die hyperplastische Form der chronischen Kehlkopfent- zfindung als ,,praecarcinomat6se Ver/inderung".

Da unsere Kenntnisse fiber diese praktisch so wichtige Frage also kaum fiber das Stadium von Einzelbeobachtungen und Vermutungen hinausgehen, soll in dieser Arbeit versucht werden, ausgehend von anamnestischen, klinischen und histologi- schen Untersuchungen weitere Daten zu gewinnen.

Untersuehungsgut Zur Gewinnung anamnestischer Daten standen uns die Krankenbl~itter der K61ner Universit/its-HNO-Klinik zur Verffigung. Eine fortlaufende Serie von 841 Kehlkopf- carcinomen (etwa 35% supraglottische und 65% glottische) aus den 15 Jahren von 1958--1972 konnten ausgewertet werden 1.

Es wurden zun/ichst alle F/ille ausgesondert, bei denen eine Vorgeschichte yon Heiserkeit von mehr als 2 Jahren vermerkt war.

Eine mehr als 2 Jahre anhaltende Heiserkeit allein bedeutet nun natiirlich noch nicht, dab der Patient auch an einer chronischen Laryngitis gelitten hat. Eine Kera- tose, ein adultes Papillom oder ein Carcinoma in situ, also g/inzlich andersartige Erkrankungen, echte Tumoren, k6nnen ebenso viele Jahre bestehen und Heiserkeit verursachen, bevor sie in ein Carcinom fibergehen. Es war daher notwendig, unsere Untersuchungen auf den Kreis derjenigen F/ille weiter einzuschr/inken, die weitere Auslesekriterien erffillten.

1 Frau Ursula Fischer, KSln, haben wir f/Jr die wertvolle Hilfe bei der Dokumentation zu dan- ken.

Page 3: Chronische Laryngitis und Carcinom

Chronische Laryngitis und Carcinom 59

Dies waren Ffille, bei denen yon Faehdrzten schon frfiher eine chronische Laryn- gitis festgestellt und aueh behandelt wurde. Weiterhin waren dies Ffille, bei denen frfiher (11/2-7 Jahre) schon eine oder mehrere Biopsien aus dem Kehlkopf entnom- men worden waren, die histologisch als ,,chronische Entzfindung", ,,Leukoplakie", ,,hyperplastisches Epithel" usw. diagnostiziert worden waren.

Auch von diesen F~illen wurden schliel31ich nur jene weiter untersucht, bei denen mit dem Spiegel oder mikrolaryngoskopiseh neben dem Carcinom ausgedehnte Epi- dermisierungen erkennbar waren.

Die diffuse und fleckige doppelseitig sieh im Kehlkopf von den Stimmlippen ausdehnende Plattenepithelmetaplasie und -hyperplasie (Epidermisierung) ist ja das charakteristische Zeichen der chronisch-hyperplastischen Laryngitis. Ffille bei denen z.B. einseitig ein Stimmlippencarcinom bestand, das Epithel der gegenseitigen Stimmlippe aber zart war, wurden z. B., auch wenn sie eine lange Vorgeschichte aufwiesen, ausgeschieden. In diese Serie wurden auch keine Patienten aufgenommen, die zwar Zeichen der Epidermisierung aufwiesen, aber angaben, nur kfirzere Zeit als 2 Jahre heiser gewesen zu sein.

Schliel31ich wurden noch alle Fglle ausgeschieden, bei denen histologiseh keine genfigenden Anhaltspunkte ffir eine chronische Laryngitis bestanden oder nicht ge- nfigend Untersuchungsmaterial mehr vorhanden war. Von ursprfinglich 80 Patienten mit langer Vorgeschichte waren schlieBlich nur 35 fibriggeblieben, die in Hinblick auf Vorgeschichte, klinischen und histologischen Befund allen Auslesekriterien standhielten.

Kiinik

Die in der Tabelle 1 ausffihrlicher dargestellten Daten lassen sich wie folgt zusam- menfassen:

Unter den 35 Patienten waren 34 M/~nner. Das durchschnittliche Lebensalter zur Zeit der Carcinomdiagnose betrug etwa 55 Jahre, lag also 5 - 8 Jahre unter dem Durchschnittsalter der Patienten mit Stimmlippencarcinomen. Von 30 Patienten ist bekannt, dab sie mehr oder weniger starke Zigarettenraucher waren. Bei 4 Patienten fehlen Notizen fiber Rauchgewohnheiten, nur yon einem Patienten ist bekannt, dal3 er nie geraucht hatte. Bei einem Patienten war starker Stimmabusus bekannt, einer litt gleichzeitig an Lungentuberkulose, die einzige Frau dieser Serie trank regelm~il3ig gr6/3ere Alkoholmengen, ein Patient gab an, D~impfen in einer chemischen Fabrik ausgesetzt gewesen zu sein.

Die Dauer der Vorgeschichte von Heiserkeit vor der Careinomdiagnose betrug nach den Angaben unserer Patienten im Durchschnitt etwa 9 Jahre und in 13 F~illen sogar mehr als 10 Jahre. Man kann natfirlich die Angaben der Patienten fiber die Dauer der Stimmst6rung keineswegs als genau auffassen. Besteht die Stimmst6rung schon lange, so haben die Patienten oft l~ingst vergessen, wann die St6rung begann. Auch die ersten Symptome der chronischen Laryngitis, wie Kratzen im Hals, R~ius- perzwang, rauhe und brfichige Stimme und flfichtige Heiserkeit werden vielfach nicht beachtet und schliel31ich vergessen. Man darf also annehmen, dal3 die Erkran- kung in vielen F~illen lfinger bestand als die Patienten aussagten oder vom Untersu- chef notiert wurde.

Immerhin waren die Beschwerden von 21 Patienten gravierend genug, dal3 sie sich in fach~irztliche Behandlung begaben. Diese bestand meist in Inhalationen und

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Verd~ichtig auf eine Cancerisierung sind stets unregelm/iBige, manchmal durch- scheinende wiirzchenartige Epithelexcreszenzen oder ein unregelm~iI3ig konfigurier- tes flaches Ulcus, auch fleckig-schuppige Hornauflagen. Unter F~illen mit derartigen Ver~inderungen haben wir allerdings sowohl gutartige als auch cancerisierte chroni- sche Laryngitiden gesehen. Dal3 auflichtmikroskopisch die carcinomat6sen Verfin- derungen im Frfihstadium keineswegs immer erkennbar sein mfissen, erkl/irten uns erst die sp/iter geschilderten histologischen Befunde. Der mikrolaryngoskopische Be- fund allein kann uns also zwar eine Reihe von Hinweisen auf eine Cancerisierung geben, genfigt aber keinesfalls zum Nachweis oder Ausschlul3 ejnes Tumors. Ohne Streifenexcisionen und histologische Untersuchung kann man nie sieher sagen, ob eine ehronisehe Laryngitis gutartig oder eaneerisiert ist.

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Zur histologischen Untersuchung standen uns die Biopsiepr~parate yon 12 F~llen zur Verffigung sowie die exstirpierten Kehlk6pfe (20) oder Teilresektionspr~parate von 3 Patienten 2.

Die Kehlk6pfe wurden in je 8 symmetrische vertikale Sektoren zerlegt, die da- durch gewonnenen Abschnitte in Paraffin eingebettet und geschnitten. Da die Schnitte zu groB sind, um sie photographisch wiedergeben zu k6nnen, wurden sie geringffigig vereinfacht umgezeichnet, um eine bessere Ubersicht fiber die Ausdeh- nung der einzelnen Epithelarten zu gewinnen. Die bei der histologischen Untersu- chung festgestellten Grenzen der einzelnen Epithelfelder wurden schliel31ich noch in Kehlkopfschemata fibertragen. Auf diese Weise liel3 sich eine Art ,,Landkarte der isomorphen Epithelien" im Kehlkopfinneren und eine ,,geologische Karte" fiber die Tiefenausdehnung der Tumoren gewinnen (Abb. 2 und 3).

Von besonderem Interesse sind natfirlich die relativ kleinen, wenig exulzerierten Carcinome mit weithin intaktem Epithel in der Umgebung des Tumors.

Vorausgeschickt mug werden, dab im gesunden Larynx nur die freien Abschnitte der Stimmlippen yon einem etwa 10 Schichten aufweisenden, nicht verhornenden und keine Akantbose zeigenden Plattenepithel tiberzogen sind. Bei/ilteren Menschen - und besonders Rauchern - findet man meist auch Plattenepithelinseln am freien Rand der Taschenfalten und gelegentlich auch an der Epiglottis.

In den von uns untersuchten F/illen fanden sich hingegen fiber weite F1/ichen des Kehlkopfinneren ausgedehnte unregelm~iBig konfigurierte Plattenepithelmetaplasien. Dieses Plattenepithel war stets vielschichtig, wies regelm~il3ig eine oft stark aus- gepr/igte Akanthose auf und hatte vielfach auch eine 6rtlich verschieden stark aus- gepr/igte Tendenz zur Verhornung, meist in Form einer Parakeratose. Das Epithel dieser Zonen zeigte aber stets eine regelmfil3ige Schichtung und Differenzierung. Die Basalschichten waren an manchen Stellen etwas verbreitert und zellreicher (sog. basale Hyperaktivitfit), Kernatypien fehlten aber stets, Mitosen waren nur selten zu sehen. Vielfach war auch zu erkennen, dab dieses einfach hyperplastische Plattenepi- thel in die Ausffihrungsg/inge der Schleimdrfisen eingewachsen war. Unter diesen Epithellagen fanden sich meist mehr oder weniger dichte Infiltrate yon Entzfindungs- zellen, meist Lymphozyten, gelegentlich auch vermehrt Plasmazellen.

2 Frau Elisabeth Eisen haben wir f/ir die Anfertigung der Schnittserien und Frl. Gerda Eichholzer fiir die photographischen Arbeiten zu danken.

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Chronische Laryngitis und Carcinom 67

Diese Befunde entsprechen durchaus dem bekannten histologischen Bild einer chronischen hyperplastischen Laryngitis mit der sogenannten Epidermisierung des Endolarynx. Die Carcinome waren ausnahmslos verhornende Plattenepithelcarcino- me, die mehr oder weniger stark exuleeriert waren. Um das Carcinom herum fanden sich in allen F~illen mehr oder weniger ausgedehnte, unregelm/if3ig konfigurierte car- cinomat6se Randbet/ige, die morphologisch dem bekannten Carcinoma in situ ent- sprachen [9]. Carcinome und carcinomat6se Randbel/ige lagen ihrerseits stets inner- halb der Zone der Epidermisierung des endolaryngealen Epithels (Abb. 2 u. 3).

Einige histologische Befunde verdienen hervorgehoben zu werden. Soweit es sich nicht um die vorhin erw/ihnten, sehr fortgeschrittenen stark exulcerierten Carcinome handelte, war fast in allen F/illen zu erkennen, dab sich der Tumor oft weithin oberfl~ichlich ausdehnte, ohne st/irker in die Tiefe zu infiltrieren. Neben diesen aus- gepr/igten ,,Tapetencarcinomen" [6] (Abb. 2) erkannte man bei 5 der 20 F/ille his zu drei voneinander isolierte Herde eines infiltrierenden oder noch im in-situ-Stadium befindlichen Carcinoms (Abb. 3). Besonders bemerkenswert waren bei einigen F/illen in der Umgebung des Tumors nur millimetergrol3e punktf6rmige Krebsherde, die ganz unvermittelt inmitten eines scheinbar harmlosen einfach-hyperplastischen Epithels entstanden waren (Abb. 4). Aber sogar unter der geschlossenen Decke eines einfach-hyperplastischen Epithels kann sich ein Carcinom entwickeln. Der Tumor entsteht hier - ohne jede erkennbare zwischengeschaltete Dysplasie -- oder in-situ- Stadium - offensichtlich unmittelbar aus den basalen Epithelschichten eines Akan- thosezapfens (Abb. 5).

Die Befunde an den von uns untersuchten F/illen zeigen, dab die Carcinome anfangs mit Vorliebe multizentrisch und zun/ichst relativ oberfl/ichlich und breitfl/i- chig wachsend in einem weithin epidermisierten Larynx entstanden sind. Es liegen also typische Beispiele einer sog. ,,field cancerisation" vor.

Dieser Befund wirft nat/irlich sofort die Frage auf, ob die Epidermisierung etwa eine reaktive Ver/inderung als Folge des Tumors ist - oder aber, wie wir annehmen, eine praeexistente Ver/inderung des Larynxepithels, auf deren Boden sich das Carci- nora entwickelt hat. Die jahrelangen Vorgeschichten von Heiserkeit in unseren F/illen, die in vielen F/illen und durch Biopsie gesicherte chronische Laryngitis vor dem sp/iteren Carcinomnachweis sprechen unseres Erachtens eindeutig daffir, dab die Epidermisierung der Carcinomentstehung lange voranging.

Im tibrigen ist zu bemerken, dab bei den zahlreichen Schnittserienuntersuchun- gen von Carcinomen mit kurzer Vorgeschichte die wir ausf/ihrten, paracancer6se Epidermisierungszonen, wenn sie/iberhaupt vorhanden waren, stets schmal waren und nie eine gr613ere Ausdehnung erreichten.

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Abb. 2. Patient Sch. H. (Fall Nr. 20 der Tabelle 1). Beispiel einer fl/ichenhaften Cancerisierung (sogenanntes Tapetencarcinom). (a) Schnittserie durch den Kehlkopf: Carcinom an beiden Stimmlippen und Taschenfalten, an keiner Stelle tiefere Infiltration in das darunter- liegende Gewebe. (b) An der Darstellung der isomorphen Epithel- zonen zeigt sich, dab die beiden Carcinomherde nicht miteinander in Verbindung stehen. Beide Herde sind allseits von einem breiten carcino- mat6sen Randbelag umgeben. Die Epiglottis, beide Taschenfalten und die beiden Stimmlip- pen bis in den subglottischen Raum sind yon hyperplastischem Plattenepithel fiberzogen

Abb. 2b

Abb. 3. Patient D. F. (Fall Nr. 19 der Tabelle 1). Beispiel einer multicentrischen Krebsentste- hung. (a) Schnittserie durch den Kehlkopf. Von den vorderen beiden Stimmlippendritteln ausgehen- des, weir subglottisch ausgedehntes tief infiltrie- rendes Carcinom. (b) An der Darstellung der isomorphen t~pithe- lien zeigt sich um den Haupttumor herum ein ausgedehnter carcinomat6ser Randbelag. Links subglottisch ein kleines Carcinom, daneben als dritter Herd ein Carcinoma in situ fiber dem Petiolus der Epiglottis. An den Taschenfalten, den basalen Abschnitten der Epiglottis, den Stimmlippen und dem subglottischen Raum aus- gedehnte Epidermisierung

Abb. 3b

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Abb. 2e. Ausschnittsvergr6Berung aus korrespondierenden Stellen der linken Stimmlippe und Taschen- falte (entsprechend dem 3. Serienschnitt yon links in Abb. 2a). Einfach hyperplastisches Epithel (rechter Bildrand), aus dem ein oberflgchlich infiltrierendes Carcinom gleichzeitig an der Stimmlippe und der Taschenfalte entsteht

F fir die Diagnostik und die therapeutischen Konsequenzen bemerkenswert sind die nur histologisch erkennbaren, punktf6rmig disseminierten Krebsherde und die Krebsentstehung im Verborgenen unter einem anscheinend harmlos verdickten Epi- thel.

Diskussion

Die unmittelbar wichtigste Frage, wie h/iufig auf dem Boden einer chronischen La- ryngitis, die sozusagen als Vorerkrankung besteht, ein Carcinom entsteht, ist bis heute nicht zu beantworten.

Um diese Frage zu kl/iren, miiBte der Verlauf der chronischen Laryngitis bei einer gr6Beren Patientengruppe fiber viele Jahre hin verfolgt werden k6nnen. Die

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Chronische Laryngitis und Carcinom 71

Abb. 3e. Schnitt durch den isolierten Krebsherd links subglottisch

meisten Pafienten mit chronischer Laryngitis bleiben aber vielleicht unbehandelt oder verbleiben in Behandlung yon niedergelassenen Kollegen. Vermutlich kommt nur ein Teil der Patienten, und nur solche mit schwereren Erscheinungen fiberhaupt, jemals in klinische Behandlung. Niemand kann also bisher etwas fiber die absolute H/iufigkeit der Erkrankung sagen. Erschwerend wirkt auch noch eine gewisse Be- griffsverwirrung, die entsteht, wenn man so verschiedenartige Erkrankungen wie Keratosen, Leukoplakien, Pachydermien, Reinke (~dem, Granulome, ja selbst Poly- pen in den Sammeltopf der ,,chronischen Entzfindungen" wirft und dieses Konglo- merat etwa zum Ausgangspunkt weiterer Uberlegungen in Anspruch nimmt.

Gestfitzt auf klinische Beobachtungen einzelner Patienten, die Jahre und Jahr- zehnte wegen einer chronischen Laryngitis immer wieder zur Behandlung kommen, kann man nur sagen, dab keineswegs auf dem Boden einer chronischen Laryngitis, wenn sie nur lange genug andauert, immer ein Carcinom entsteht. Die chronische Laryngitis ist demnach sicherlich auch nicht zu den Praecancerosen im engeren Sinne zu z/ihlen.

K6nnen wir die zentrale Frage schon nicht direkt beantworten, so lassen sich doch indirekt und retrospektiv einige Hinweise gewinnen.

Unter den 841 Kehlkopfcarcinomen des Beobachtungszeitraumes von 15 Jahren waren nun 35 nach strengen Mal3st/iben ausgesonderte F~ille, die sowohl anamne- stisch als auch klinisch und histologisch Zeichen der chronischen Laryngitis aufwie- sen. Dies entspr/iche etwas mehr als 4% aller Kehlkopfcarcinome. Da die chronische Laryngitis sich aber immer zuerst an den Stimmlippen manifesfiert und erst nach und nach im Endolarynx ausbreitet, ist - wenn man schon einen urs/ichlichen Zu-

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Abb. 4. Patient E. L. (Fall Nr. 29 der Tabelle 1). Beispiel eines isolierten punktf6rmigen Krebsherdes. Inmitten von einfach hyperplastischem Epithel ohne jegliehe Atypien (rechter und linker Bildrand) unvermittelt entstandener Careinoma-in-situ-Herd; an der Oberfl~iche nabelartige Einziehung, die mit verhornten Zellen ausgeffillt ist

sammenhang unterstellt - auch anzunehmen, dab die Cancerisierung sich in erster Linie auch im Stimmlippenbereich manifestieren wird. Unter den 35 Carcinomen unserer Beobachtungsserie traten nun auch nicht weniger als 32 im Stimmlippenbe- reich auf. Unter den 841 Carcinomen des gleichen Beobachtungszeitraumes waren 526 Stimmlippencarcinome (63%). Bei den Stimmlippencarcinomen waren es 6%, die gleichzeitig Zeichen der chronischen Laryngitis aufwiesen. Diese Zahl spricht wohl eindeutig daf/ir, dab ein Zusammentreffen yon Careinomen und ehroniseher Laryngitis im gleichen Kehlkopf nicht nur zufdlliger Natur sein kann. Bemerkens- wert ist aueh die (Jbereinstimmung der Geschlechtsprddelektion und der Rauehge- wohnheiten bei beiden Erkrankungen.

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Abb. 5. Patient E. L. (Fall Nr. 29 der Tabelle 1). Beispiel einer Carcinomentstehung aus der Spitze eines Akanthosezapfens. Unter der g/inzlich intakten Decke eines einfach hyperplastischen Epithelzap- fens (dessen Reste links oben noch erkennbar sind) entwickelt sich ein Carcinomherd; keinerlei Zeichen eines vorangehenden in-situ-Stadiums am Oberfl/ichenepithel

Unter 182 F/illen einer unkomplizierten chronisch hyperplastischen Laryngitis, die in 10 Jahren mikrolaryngoskopisch untersucht worden waren [7], waren 90% M/inner, die fast ohne Ausnahme Zigaretten rauchten.

Nachdem das Durchschnittsalter von 182 F/illen einfacher chronischer Laryngi- tiden bei 4 8 - 5 9 Jahren lag, bei den 35 cancerisierten Laryngitiden bei etwa 55 Jahren und das der Stimmlippencarcinome bei 60 Jahren, k6nnte man auch noch vermuten, dab die chronische Laryngitis einen beschleunigenden Effekt auf die Can- cerisierung ausfibt.

Diese Daten sprechen daf/ir, dab die chronische Laryngitis zwar keine Praecan- cerose ist, aber doch sicherlich bei einem kleineren Tell der Patienten die Krebsent-

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stehung begiinstigt, also einen sogenannten promoting factor in den Phasen der Careinogenese darstellt.

Es l~ige nahe, nun noch zu vermuten, dab die durch den chronischen Entzfin- dungszustand erzeugte Epithelhyperplasie die Vorbedingung ffir die Krebsentste- hung darstellt. Wir wissen aber heute, dab eine Epithelhyperplasie keineswegs immer dem Krebs vorangeht, sich manche Krebse vielmehr unvermittelt aus einem licht- mikroskopisch v611ig gesund erscheinenden Epithel, sogar ohne faBbares in-situ-Sta- dium entwickeln k6nnen. Jede weitere Mutmal3ung fiber den genaueren Ablauf der Cancerisierung bei chronischer Laryngitis wiire daher zur Zeit nut rein spekulativer Art.

Therapeutische Folgerungen Die Gefahr, dag bei einem Patienten mit chronischer Laryngitis sich ein Kehlkopf- krebs entwickelt, ist nun sicherlich grog genug, um auch einige Konsequenzen ffir unsere Praxis zu fordern.

Wie wir an anderer Stelle schon wiederholt darlegten [7], •hren wir grundsiitz- lich bei jedem Patienten mit chronischer Laryngitis eine Mikrolaryngoskopie aus, ermahnen ihn, regelmiifiig zu Kontrolluntersuchungen zu erscheinen und unter deut- lichem Hinweis auf die drohende Krebsgefahr nicht mehr zu rauchen. Wie vorhin erw~ihnt, wurde erst durch die Mikrolaryngoskopie bei einigen Patienten der Ver- dacht auf eine Cancerisierung geweckt. Bei 4 Patienten brachte sogar erst die histo- logische Untersuchung zu unserer eigenen Uberraschung den Nachweis der Canceri- sierung. Wenn neben 182 unkomplizierten chronischen Laryngitiden in 10 Jahren immerhin 28 cancerisierte chronische Laryngitiden im gleichen Zeitraum gefunden wurden, von denen etwa die H~ilfte mit dem Kehlkopfspiegel aUein als solche nicht sicher erkennbar gewesen waren, so unterstfitzt diese Zahl doch unsere Forderung, beijeder chronischen Laryngitis zu mikrolaryngoskopieren und Streifenbiopsien zu entnehmen.

Natfirlich ist die Streifenexcision des hyperplastischen Epithels und der damit verbundene Versuch eines ,,remodeling" der Stimmlippen keine kausale Therapie einer entztindlichen Erkrankung. Es gelingt aber damit doch in vielen F~illen eine deutliche Stimmverbesserung zu erzielen und im Verein mit Rauchverbot, Inhalatio- nen und Stimmfibungen auch den entz/indlichen Prozel3, wenn schon nicht immer zum Erl6schen, so doch zur Besserung und zum Stillstand zu bringen. Man kOnnte dariiber hinaus natfirlich auch noch spekulieren, dab die Entfernung des hyperplastischen Epithels ein Akt der Krebsprophylaxe sei.

Abschliegend noch einige Bemerkungen zur Therapie der cancerisierten chroni- sehen Laryngitis: In der Mehrzahl der Fiille war der Tumor schon so grol3, dab nur noch eine Laryngektomie in Frage kam. Bei der so h~iufig multizentrischen Entste- hung dieser Krebse wiirden wir bei diesen Fiillen heute keinesfalls mehr Teilresektio- hen versuchen. Kleinere Carcinome und Tapetencarcinome in einem chronisch la- ryngitisch ver/inderten Kehlkopf sollte man hingegen zuerst bestrahlen, um zu versu- chen, den Kehlkopf zu erhalten -- aueh wenn man bei j/ingeren Patienten ein viele Jahre sp~iter auftretendes nun radiogenes Carcinom befiirchten mug [4]. Wie wir bei mehreren Patienten mit einem Rezidiv nach der Bestrahlung sahen, verschwinden als Folge der Bestrahlung auch die entzfindlich bedingten Epithelhyperplasien und ma-

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Chronische Laryngitis und Carcinom 75

chen einer Atrophie des Epithels Platz. Diese Beobachtung sollte aber keinesfalls

Anlal3 geben, nun etwa chronisch hyperplastische Laryngit iden mit ionisierenden

Strahlen zu behandeln.

Literatur

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Druck) 5. Kleinsasser, O.: Eine Analyse der Vorgeschichte von Kehlkopfkrebskranken. Z. Laryng. Rhinol.

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Eingegangen am 20. September 1975

Dr. Hiltrud Glanz Prof. Dr. O. Kleinsasser HNO-Klinik der Philipps-Universit~it

Deutschhausstral3e 3 D-3550 Marburg (Lahn) Bundesrepublik Deutschland