54
Demografiemanagement Betriebliche Schritte zur erfolgreichen Bewältigung des demografischen Wandels Aufgrund des Wandels der Altersstruktur unserer Gesellschaft wird sich die Zusammensetzung der Belegschaften in steirischen Unternehmen maßgeblich verändern. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird es wesentlich mehr ältere ArbeitnehmerInnen geben als heute. Daher wird die zentrale Herausforderung an die Unternehmen und Organisationen darin bestehen, ein attraktives Arbeitsumfeld für ältere und junge MitarbeiterInnen zu schaffen um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. http://sfg.at Durch Weiterbildung erfolgreicher werden Im Auftrag des Wirtschaftslandesrates „Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft kann man bauen.“ Antoine de Saint-Exupéry

Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

Demografiemanagement Betriebliche Schritte zur erfolgreichen Bewältigung des demografischen Wandels Aufgrund des Wandels der Altersstruktur unserer Gesellschaft wird sich die Zusammensetzung der Belegschaften in steirischen Unternehmen maßgeblich verändern. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird es wesentlich mehr ältere ArbeitnehmerInnen geben als heute. Daher wird die zentrale Herausforderung an die Unternehmen und Organisationen darin bestehen, ein attraktives Arbeitsumfeld für ältere und junge MitarbeiterInnen zu schaffen um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

http://sfg.atDurch Weiterbildung erfolgreicher werden

Im Auftrag des Wirtschaftslandesrates

„Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft

kann man bauen.“

Antoine de Saint-Exupéry

Page 2: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

2

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Inhalt

1. Zahlen, Daten und Fakten zur steirischen Demografie ........................................................... 3

2. Auswirkung der demografischen Entwicklung ...................................................................... 8

3. Grundlagen des betrieblichen Demografiemanagements .....................................................11

3.1 Begriffsklärung .................................................................................................................11 3.2 Projektstruktur versus integrierter Managementansatz.................................................. 14 3.3 Der richtige Zeitpunkt für die Einführung eines Demografiemanagements ................... 15 3.4 Der Charakter des betrieblichen Demografiemanagements ........................................... 15 3.5 Ebenen des betrieblichen Demografiemanagements ..................................................... 16

4. Die Umsetzung von betrieblichem Demografiemanagement ................................................ 19

4.1 MitarbeiterInnenbindung ................................................................................................. 19 4.2 Motivation der MitarbeiterInnen .....................................................................................20 4.3 Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber, Ansprechen neuer Personengruppen ........ 21 4.4 Erhaltung der Arbeitsfähigkeit ........................................................................................ 21 4.5 Der Ablauf eines Demografieprojektes ...........................................................................35

5. Beispiele aus der Praxis ....................................................................................................... 44

6. Literatur/Links ...................................................................................................................... 52

Erstellt von: move-ment Personal- und Unternehmensberatung GmbH, www.move-ment.at

im Auftrag von: SFG-Steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an: Mag. Judith Schneider, move-ment GmbH, [email protected]

Page 3: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

3

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

1. Zahlen, Daten und Fakten zur demografischen EntwicklungEs gibt Grund sich zu freuen: Wir werden länger leben als die Ge-neration unserer Eltern und Großeltern! In Zahlen gesprochen steigt die Lebenserwartung pro Jahr um 4–6 Wochen, pro Dekade um ca. 1,5 Jahre. Leider ist dieser Trend jedoch von stagnierenden und teilweise sinkenden Geburtenraten begleitet, was dazu führt, dass unsere Gesellschaft als solche altert.

Demografische Entwicklung in ÖsterreichIn den Jahren von 2011 bis 2050 kommt es aufgrund der demografi-schen Entwicklung in allen Bundesländern, mit Ausnahme von Wien und Vorarlberg, zu einem Rückgang der Erwerbspersonen.

Die Steiermark hat, nach Kärnten, den zweitgrößten Rückgang von Erwerbspersonen zu verzeichnen. Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang von knapp 6% bedeutet.

Diagramm 1: Entwicklung der Erwerbspersonen von 2009 bis 2050 nach Bundesländern

0

200.000

400.000

600.000

800.000

1.000.000

1.200.000

2011 2021 20312 041 2050

Burgenland

Kärnten

Nieder-österreich

Ober-österreich

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

Page 4: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

4

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Demografische Entwicklung in der Steiermark (Quelle: Statistik Austria)

Innerhalb der Steiermark kommt es bei der Entwicklung der Erwerb-spersonen zu großen regionalen Unterschieden zwischen den Nuts 3 Regionen. Einzig in Graz und Graz-Umgebung steigt die Zahl der Erwerbstätigen an. In allen anderen Regionen sinkt die Zahl der Erwerbspersonen, teilweise drastisch, ab.

Am stärksten betroffen sind die Regionen westliche Obersteiermark mit einem Rückgang von 25% und Liezen mit einem Rückgang von 17%. Alle weiteren Regionen verlieren zwischen 11% und 16% Erwerbspersonen.

Diagramm 2: Prognose der Erwerbspersonen 2009 bis 2050 nach Nuts 3 Regionen in der Steiermark

Der Rückgang des Arbeitskräfteangebotes wird begleitet von einem Wandel der Altersstruktur der Erwerbspersonen. In der Steiermark sinkt der Anteil der 15-29 jährigen von 2009 bis 2030 von über 25% auf 22%. Dieser Anteil bleibt dann bis 2050 unverändert. Dras-tischer sind die Veränderungen bei der Gruppe der 30 bis über 45 jährigen. In dieser Gruppe kommt es zu einem Rückgang von 40,9% auf 35,5% bis zum Jahr 2050. Der Anteil der älteren Arbeit-nehmerInnen über 45 Jahre steigt in den nächsten 4 Jahrzehnten hingegen von 33,6% auf 42,3% an.

0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

2009 2015 2020 2025 2030 2040 2050

Graz

Liezen

Östliche

 

Obersteiermark

Oststeiermark

West- und Südsteiermark

Page 5: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

5

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Diagramm 3: Altersstrukturprognose der Erwerbspersonen in Prozent, Steiermark 2009 bis 2050

Beim Durchschnittsalter kommt es zu einem Anstieg, sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der Erwerbsbevölkerung (Bevölke-rung im Erwerbsalter). Innerhalb der Wohnbevölkerung steigt das Durchschnittsalter von 42,6 Jahren im Jahr 2011 auf 48,7 Jahre im Jahr 2051. Im Vergleich dazu steigt das Durchschnittsalter in Öster-reich etwas moderater: Von 41, 8 Jahre auf 47,1 Jahre im Zeitraum 2011-2051. Damit altert die Steiermark stärker als Gesamtösterreich.

Das Durchschnittsalter der Aktivbeschäftigten (umfasst ArbeiterIn-nen, Angestellte, Lehrlinge und BeamtInnen, die über der Gering-fügigkeitsgrenze beschäftigt sind) steigt in der Steiermark konti-nuierlich an. Lag es im Jahr 2000 bei knapp 37 Jahren, so stieg es bis zum Jahr 2009 um 2 Jahre auf 39 Jahre. Im Jahr 2018 wird das

33,6

39,5 42,340,9

38,5 35,5

25,522,0 22,2

00%

05%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

2009 2030 2050

45 u. mehrJahre

30-44Jahre

15 -29Jahre

2009 2030 205045 u. mehr

Jahre33,6 39,5 42,3

30-44Jahre

40,9 38,5 35,5

15-29Jahre

25,5 22,0 22,2

Altersstrukturprognose der Erwerbspersonen 2009 bis 2050, Steiermark in Prozent Webtipp

Erwerbsprognose:

http://www.statistik.at

http://epp.eurostat.ec.europa.eu

Bevölkerung/demografische Prognosen/Erwerbsprognose

Page 6: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

6

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Durchschnittsalter der Aktivbeschäftigten bereits 40,5 Jahre betra-gen (Vgl. Kurzmann: Mittelfristige Beschäftigungsprognose für die Steiermark bis 2018, in: Policies Report. Joanneum Research, 2010).

Diagramm 4: Entwicklung des Durchschnittsalters der Bevölkerung2011 bis 2051, Ver-gleich Steiermark - Österreich

WanderungenBetrachtet man den Trend bei der Binnenwanderung innerhalb von Österreich, so zählen Graz und Graz Umgebung als einzige Bezir-ke in der Steiermark zu den Wanderungsgewinnern mit deutlichen Zuwanderungen zwischen 3% und 6%. Lediglich die Bezirke Weiz, Leibnitz und Deutschlandsberg können noch geringfügige Zuwan-derungen verzeichnen.

Alle übrigen steirischen Bezirke sind von jährlichen Abwanderun-gen bis zu 6% betroffen. Am stärksten von Abwanderung betrof-fen waren 2010 die Bezirke Hartberg (negativer Wanderungssaldo von 204 Personen), Murau (negativer Wanderungssaldo von 201 Personen) und Mürzzuschlag (negativer Wanderungssaldo von 193 Personen).

Beschäftigungsquoten der 55-64jährigenDie Beschäftigungsquote in der Altersgruppe der 55jährigen bis 64jährigen differiert stark zwischen Männern und Frauen. Bezogen

42,6 Jahre

44,5 Jahre

46,3 Jahre

47,8 Jahre 48,7 Jahre

41,8 Jahre

43,5 Jahre

45,0 Jahre

46,3 Jahre47,1 Jahre

38,0

40,0

42,0

44,0

46,0

48,0

50,0

2011 2021 20312 0412 051

Steiermark

Österreich

Page 7: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

7

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

auf die Steiermark befinden sich im Jahr 2010 47% der Männer, aber nur 32,8% der Frauen, in dieser Altersgruppe in Beschäftigung. Diese Quoten sind auch im Österreich-Vergleich sehr niedrig.

Bei den Männern dieser Altersgruppe weist die Steiermark nach Kärnten die zweitniedrigste Beschäftigungsquote in Österreich auf. Die Beschäftigungsquote der Frauen ist nur im Burgenland, in Kärn-ten und geringfügig in Salzburg niedriger, als in der Steiermark.

Diagramm 5: Beschäftigungsquoten 2010 Männer und Frauen im Bundesländervergleich; Eurostat

50,4%

51,7

52,846,3

47

53,2

54,5

56,3

52,8

24,4

33,3 34,1

27,5

32,8 35,4

32,1

40,6

36,5

00%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

2010 Männer

2010 Frauen

Page 8: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

8

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

2. Auswirkung der demografischen Entwicklung auf UnternehmenIn Hinblick auf den Arbeitsmarkt finden Unternehmen in der Stei-ermark je nach Standort durchaus unterschiedliche Bedingungen vor. Die „Metropolregion Graz“ profitiert von Wanderungsgewinnen aus den Regionen, ist jedoch auch mit einer Zunahme der älteren Bevölkerungsgruppen und einer Abnahme der Jungen konfrontiert. In allen anderen steirischen Regionen werden zukünftig weniger Ar-beitskräfte zur Verfügung stehen und diese werden auch im Durch-schnitt älter sein als bisher.

Für alle jedoch ist mittelfristig eine Situation gegeben, die es nicht ermöglicht, nach Bedarf junge, gut qualifizierte Arbeitskräfte auf-zunehmen, sowie Probleme mit der Leistungsfähigkeit Älterer zu externalisieren.

Unternehmen stehen konkret vor folgender Situation:

Die Belegschaft wird älter, d. h. …

• die Anzahl der älteren MitarbeiterInnen steigt:

Eine reine Umverteilung von belastenden Tätigkeiten auf jüngere MitarbeiterInnen ist damit nicht zielführend. Vielmehr muss ein Weg gefunden werden, über die abgestimmte Kombination meh-rerer Maßnahmen die Gesamtbelegschaft nachhaltig produktiv zu erhalten.

• das Alter der ältesten MitarbeiterInnen steigt:

Bisher konnten sich Unternehmen in aller Regel wenig Erfahrungen aneignen, wie MitarbeiterInnen über das 60te Lebensjahr hinaus optimal in das Unternehmen eingebunden werden können. Meist waren nur sehr vereinzelt MitarbeiterInnen dieser Altersgruppe be-schäftigt, zukünftig werden deutlich mehr in Unternehmen tätig sein.

• die Anzahl der Jüngeren sinkt: Jünge sind am Arbeitsmarkt weniger verfügbar:

Für Unternehmen bedeutet das, dass Recruiting-Bemühungen ver-stärkt auf andere Personengruppen am Arbeitsmarkt ausgeweitet werden müssen; die Attraktivität für die jüngste Altersgruppe muss gezielt erhöht und kommuniziert werden.

Webtipp

Erwerbsprognose:

http://www.statistik.at

Bevölkerung/demografische Prognosen/Erwerbsprognose

Page 9: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

9

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• in manchen Regionen sinkt durch Abwanderung generell das Arbeitskräfteangebot:

Auch hier sind Maßnahmen auf mehreren Ebenen zu setzen; neue Personengruppen müssen gezielt angesprochen werden.

• das Durchschnittsalter steigt:

Das steigende Durchschnittsalter darf in erfolgreichen Unternehmen nicht mit einem Sinken der MitarbeiterInnenproduktivität einherge-hen. Damit kommt der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Arbeits-motivation eine große Bedeutung zu.

Auf Grund genereller Trends der Weltwirtschaft zeichnet sich ab, dass auch zukünftig die Intensität der Arbeit weiter steigen wird, und dass durch den Wandel zur Wissensgesellschaft auch die Kom-plexität der Arbeit weiter wächst.

• Eine ältere Belegschaft muss dann …

o die gleiche bzw. noch mehr Arbeit und noch komplexere Arbeit leisten,

o innovativ, leistungsbereit und arbeitsfähig bleiben,

o auf dem „neuesten Stand“ sein,

o international gegenüber jüngeren Belegschaften konkur- renzfähig bleiben,

o im Schnitt mehr psychosozialen Belastungen standhalten und

o länger im Arbeitsprozess bleiben.

Diese Situationen erfolgreich zu meistern, erfordert einen professio-nalisierten Umgang mit dem betrieblichen Demografiemanagement.

Konkrete Beispiele für die derzeitige Situation aus der Praxis steiri-scher Betriebe können etwa folgendermaßen aussehen:

• Es besteht eine hohe psychische und physische Beanspruchung bei den MitarbeiterInnen durch die bisherige Unternehmenssi-tuation und Unternehmenspraxis.

• Personal ist schwer zu bekommen, Großunternehmen der Regi-on ziehen das gute Personal ab. Das Unternehmen sucht einen Weg, sich als attraktiver Arbeitgeber in der Region zu positio-nieren.

Page 10: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

10

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Neue Personengruppen (z.B. Frauen und/oder MigrantInnen) sollen in das Unternehmen integriert werden, die Widerstände von Führungskräften und MitarbeiterInnen sind jedoch groß.

• Es fehlen Ansätze, wie man mit unterschiedlichen Generationen im Unternehmen gut umgehen kann.

• Ein hoher Altersdurchschnitt trifft auf eine multiple Belas-tungssituation; ältere MitarbeiterInnen zeigen verstärkt bereits Krankheitssymptome.

• Ältere Wissensträger sind auf dem Markt, Führungskräfte ha-ben jedoch eine Werthaltung, die die Rekrutierung Älterer er-schwert.

• WissensträgerInnen gehen in Pension: Know-How geht verlo-ren.

• Versäumnisse im „lebenslangen Lernen“ werden bei Älteren spürbar: Die Flexibilität und Lernbereitschaft der Älteren stellt sich als unzureichend gegeben dar.

• Aufstiegsmöglichkeiten und Karrieremöglichkeiten sind nur in geringem Maß gegeben. Es fehlen Ansätze, wie gute, ambiti-onierte MitarbeiterInnen trotzdem langfristig an das Unterneh-men gebunden werden können.

Häufig gestellte Fragen

Wirkt die demografische Entwicklung auf alle Unternehmen?

Früher oder später werden alle steirischen Unternehmen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung zu spüren be-kommen. Selbst in Regionen, die durch Zuwanderung geprägt sind, wie der Großraum Graz, wird sich die Altersstruktur der Erwerbstätigen verschieben.

Wie wirkt die demografische Entwicklung auf Unternehmen?

Die demografische Entwicklung wird dadurch spürbar, dass weniger Personen am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, diese Personen im Durchschnitt älter sind und insgesamt we-niger jüngere Arbeitskräfte verfügbar sind. Die Belegschaft im Unternehmen wird im Durchschnitt älter, die Zahl der Jün-geren geht zurück, die der Älteren steigt und das Alter der ältesten MitarbeiterInnen steigt ebenfalls.

Page 11: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

11

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

3. Grundlagen des betrieblichen DemografiemanagementsBetriebliches Demografiemanagement verlangt langfristige Pers-pektiven und eine Koordinierung zahlreicher Aktivitäten und Maß-nahmen zu einem abgestimmten, zielorientierten Konzept. Um ein genaues Verständnis zu diesem komplexen Begriff entwickeln zu können, ist es wichtig diesen und weitere Begriffe wie Arbeitsfähig-keit und Gesundheit näher zu erläutern.

3.1 BegriffsklärungDer Begriff des betrieblichen Demografiemanagements:

Die demografische Entwicklung hat aus Sicht der Unternehmen Aus-wirkungen, die sich primär auf zwei Ebenen lösen lassen:

1. Wirkungen auf den Standort (Wirtschaft, Bildung, Tradition, …) lassen sich nicht auf betrieblicher Ebene behandeln und liegen in der Verantwortung eines regionalen Demografiemanagements.

2. Direkte betriebliche Auswirkungen entstehen durch Veränderun-gen des relevanten Arbeitsmarktes und abhängig von der jeweili-gen Branche, Absatzmarkt und der Zusammensetzung der Beleg-schaften. Diese Auswirkungen lassen sich über ein betriebliches Demografiemanagement gestalten.

Betriebliches Demografiemanagement bezeichnet somit all jene in-nerbetrieblichen Aktivitäten, die dazu dienen, die Folgen des de-mografischen Wandels zu antizipieren und damit mögliche negative Wirkungen abzumildern bzw. gegebenenfalls zusätzliche Potentiale, die durch diesen Wandel entstehen, zu nutzen.

Der Begriff der Arbeitsfähigkeit:

Der Begriff der Arbeitsfähigkeit beschreibt die Passung zwischen derzeitiger individueller Arbeitstätigkeit und der individuellen Befä-higung, zur Ausübung dieser Tätigkeit. Die Arbeitsfähigkeit bezeich-net also, “… inwieweit ArbeitsnehmerInnen in der Lage sind, ihre Arbeit angesichts der Arbeitsanforderungen, der Gesundheit und der mentalen Ressourcen zu erledigen. Zwei Komponenten bestim-men die Arbeitsfähigkeit:

Webtipp

Betriebliches Demografiema-nagement:

http://www.innovaging.uni-hannover.de

Unter „Downloads“ Projekt In-novAging, Prof. Dr. G.C. Fischer, siehe Seite 10

Webtipp

Arbeitsfähigkeit:

http://www.arbeitsfaehigkeit.uni-wuppertal.de

Alles rund um die Arbeitsfä-higkeit, inkl. ABI-Fragebogen online

Page 12: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

12

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• die individuellen Ressourcen der ArbeitnehmerInnen (körper-liche, mentale, soziale Fähigkeiten, Gesundheit, Kompetenz, Werte) sowie

• die Arbeit (Arbeitsinhalt, Arbeitsorganisation, soziales Arbeits-umfeld, Führung).“

(zitiert aus: WAI Netzwerk; http://www.arbeitsfaehigkeit.uni-wupper-tal.de/)

Die Arbeitsfähigkeit kann mittels des Arbeitsfähigkeitsindexes ge-messen werden, der seit ca. 30 Jahren international eingesetzt wird. In Langzeitstudien wurde ein deutlicher Zusammenhang zwischen einer mäßigen Arbeitsfähigkeit und einem vorzeitigen Berufsaus-stieg nachgewiesen. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass es einen Zusammenhang zwischen Arbeitsfähigkeit und Produktivität gibt. So muss eine Gruppe mit geringer Arbeitsfähigkeit im Ver-gleich zu einer Gruppe mit sehr guter Arbeitsfähigkeit einen Pro-duktivitätsverlust von rund 27% hinnehmen (Querschnittstudie aus Holland mit 11.318 Beschäftigten, in der die ABI-Werte im Verhält-nis zur Produktivität untersucht wurden: Tilja Vandenberg, Finse, 28.5.2009).

Die Gesellschaft für europäische Wirtschaftsforschung ZEW legte 2010 eine Studie vor, in der gezeigt werden konnte, dass gezielte Maßnahmen für Ältere langfristig die Produktivität dieser Gruppe erhöhen können (gegenüber Unternehmen, die keine Maßnahmen setzen). Andere Ergebnisse zeigen allgemein, dass Arbeitsfähigkeit über gezielte Maßnahmen gut erhalten und sogar wiederhergestellt werden kann. (siehe dazu auch: Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfähig-keit 2010, 2002).

Der Begriff der Gesundheit:

Der Begriff Gesundheit wird demgegenüber folgendermaßen de-finiert: „Gesundheit bezeichnet das Ausmaß in dem eine Person fähig ist, sich einerseits Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen und andererseits mit seiner Umwelt zurechtzukommen und sie zu be-einflussen. Damit ist Gesundheit eine Ressource für das tägliche Leben, kein Lebensziel. Es ist ein positives Konzept, das die Be-deutung für soziale und personelle Ressourcen ebenso betont, wie körperliche Fähigkeiten.“ (Gesundheitsdefinition der WHO, 1984). Das Konzept der betrieblichen Gesundheitsförderung setzt dabei an verhältnispräventiven und verhaltenspräventiven Maßnahmen an.

Webtipp

Zentrum für europäische Wirt-schaftsforschung: Which Per-sonnel Measures are Effective in Increasing Productivity of Old Workers?

http://www.zew.de/publikati-on5936

Page 13: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

13

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Gesundheit = Arbeitsfähigkeit?

In den betrieblichen Auswirkungen gibt es große Überschneidungen zwischen Konzepten zur betrieblichen Gesundheitsförderung und Konzepten zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit.

In der Praxis wird die betriebliche Gesundheitsförderung oft etwas weniger weit gesehen und klammert Bereiche wie Führung und Wei-terbildung aus.

In der Konzeption „Arbeitsfähigkeit“ wird der Gesundheitsbegriff enger definiert als in der betrieblichen Gesundheitsförderung und sieht Gesundheit im engeren Sinn als Teil der Arbeitsfähigkeit. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass innerhalb des Arbeitsfähig-keitskonzeptes die Gesundheit als grundlegende Ressource eines Menschen verstanden wird, ihm gestellte Aufgaben zu erledigen.

Der Begriff der arbeitsbedingten Erkrankung:

Arbeitsbedingte Erkrankungen (zitiert aus: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz-Arbeitsinspektorat; www. arbeitsinspektion.gv.at; 01.2011) sind Erkrankungen, bei denen die Arbeitswelt als verursachender oder als verschlimmernder Faktor eine Rolle spielt. Berufskrankheiten sind ein Teil der arbeitsbeding-ten Erkrankungen, haben aber eine andere versicherungsrechtliche Stellung. Die häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen sind

• Muskel-Skelett-Erkrankungen

• Atemwegserkrankungen

• Erkrankungen des Verdauungsapparates

• psychische Erkrankungen

• Herz-Kreislauferkrankungen

Vor allem psychische Erkrankungen sind auch im Bereich arbeits-bezogener Erkrankungen stark im Anstieg begriffen. Schlagworte wie Mobbing und Burn-Out sind Schreckgespenster vieler Persona-listInnen.

Mit diesen Krankheitsbildern gehen oft auch physische Sympto-me einher. Vor allem lässt sich ein Ansteigen orthopädischer Be-einträchtigungen (Funktionseinschränkungen und Schmerzen von Wirbelsäule und Gelenken) als Folge psychischer Erkrankungen erkennen. (siehe: Arbeitsplatz und psychische Störungen; Volker

Webtipp

Arbeitsbedingte Erkrankungen

http://www.arbeitsinspektion.gv.at/AI/Gesundheit/arbkrank-heiten/default.htm

Umfassende Informationen zum Thema ArbeitnehmerInnen-schutz

Page 14: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

14

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Faust in: Psychiatrie heute; http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/inhalt.html, 2011)

Vielfach wird eine hohe Beteiligung der Arbeitsbedingungen in Un-ternehmen an der Entstehung psychischer Erkrankungen bestätigt. Folgende Faktoren begünstigen die Entstehung psychischer Erkran-kungen:

„Hohe Arbeitsbelastung; schlechte Arbeitsbedingungen; Zeitdruck oder zu großes Pensum in einem zu eng gesteckten Zeitrahmen, vor allem stoßweise; schlechtes Betriebsklima; wenig tragfähige Bezie-hungen zu den MitarbeiterInnen; wachsende Verantwortung; Nacht- und Schichtarbeit, vor allem dort, wo man sich nicht arbeitsphysio-logischen Erkenntnissen anpassen will oder kann; unzulängliche materielle Ausstattung des Arbeitsplatzes; schlechte Kommunikati-on unter allen Beteiligten (Arbeitgeber, aber auch MitarbeiterInnen untereinander); zu geringe Unterstützung durch den Vorgesetzten; wachsende Komplexität und Unüberschaubarkeit der Arbeitsabläufe und -zusammenhänge; unzureichender Einfluss auf die Arbeitsorga-nisation; Hierarchieprobleme; Verwaltungszwänge; Verordnungsflut (gestern neu, heute zurückgenommen, morgen modifiziert usw.); Termin- und Zeitnot; unpersönliches, bedrückendes oder intrigen-belastetes Arbeitsklima, von Mobbing ganz zu schweigen; ferner ständige organisatorische Umstellungen, ohne die Betroffenen in Planung und Entscheidung einzubeziehen, bei Misserfolgen aber verantwortlich zu machen; zunehmende, immer neue und vor allem rasch wechselnde Anforderungen; zuletzt die wachsende Angst vor Arbeitsplatzverlust u.a.m.“ (zitiert aus: Burnout-Syndrom und seine Folgen; Volker Faust in: Psychiatrie heute; http://www.psychosozia-le-gesundheit.net/psychiatrie/inhalt.html, 2011).

Aus dieser Liste wird schnell ersichtlich, dass zur betrieblichen Pro-blembehandlung ein sehr breiter Ansatz notwendig ist.

3.2 Projektstruktur versus integrierter Manage-mentansatzDie Auswirkungen des demografischen Wandels sind für Unterneh-men vielfach schon spürbar und müssen kurzfristig bearbeitet wer-den. Weitgehend richtet sich das Demografiemanagement jedoch auf die Gestaltung der Unternehmenszukunft.

Aus diesem Grund ist die Integration des Demografiemanagements in das Strategiesystem des Unternehmens unbedingt notwendig. Manche AutorInnen gehen sogar soweit zu fordern, dass jede Ent-

Webtipp

„Psychiatrie heute“:

http://www.psychosoziale-ge-sundheit.net

Lesenswertes zu den Themen Burnout und Psychische Belas-tungen am Arbeitsplatz

Page 15: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

15

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

scheidung, die innerhalb eines Unternehmens getroffen wir, auch durch die „Brille der Demografie“ überprüft werden muss.

Trotzdem empfiehlt es sich, die Einführung des Demografiemanage-ments projekthaft anzulegen. Dieses Vorgehen kann sicherstellen, dass die Einführung strukturiert und koordiniert verläuft.

Nach Ende des ersten Prozesszyklusses und der Evaluierung der Projektergebnisse können fundierte Entscheidungen für die weitere Implementierung getroffen werden.

3.3 Der richtige Zeitpunkt für die Einführung eines DemografiemanagementsDie Folgen der demografischen Entwicklung werden jedes Unter-nehmen in der Steiermark auf die eine oder andere Weise treffen. Sind die ersten Auswirkungen im Unternehmen erst sichtbar, ist es für ein vorausschauendes Gestalten in diesen Bereichen oft schon zu spät. Ein Beispiel dafür wäre der Austritt von gut qualifizierten MitarbeiterInnen auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigung. Ha-ben die MitarbeiterInnen erst das Unternehmen verlassen, ist Wis-sen unwiederbringlich verloren.

Einige Themen in Bezug auf das Demografiemanagement sind sehr kurzfristig zu lösen, dazu gehören teilweise Veränderungen der Ar-beitsbedingungen und Reorganisationen, Zusatzqualifikationen zur Behebung von Überforderungen sowie individuelle Anpassungen der Arbeitszeit.

Themen, die mittelfristig lösbar sind, sind z. B. Führung, Laufbahn-gestaltung und Personalentwicklung, Ausbildung und Lernbereit-schaft, gesundheitliche Prävention in Teilbereichen. Langfristig sind Veränderungen der Werte und Kultur, des Images (innen und außen), die MitarbeiterInnen-Bindung, sowie Teilbereiche der Aus-bildung und Lernbereitschaft, der gesundheitlichen Prävention und des Wissensmanagements zu gestalten.

3.4 Der Charakter des betrieblichen Demogra-fiemanagementsDie Erfahrung in der Beratung von Unternehmen hat gezeigt, dass sich Geschäftsleitungen und Führungskräfte häufig fertige Maßnah-menpakete wünschen würden, die sie in ihren Unternehmen um-setzen können. Die Frage lautet häufig: „Welche Maßnahmen kann

Page 16: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

16

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

ich denn nun einführen, um mein Unternehmen alternsgerecht zu gestalten?“

Leider kann der Wunsch nach fertigen Modellen im Bereich des Demografiemanagements nicht leicht erfüllt werden.

Auf Grund der Verschiedenartigkeit von betrieblichen und indivi-duellen Voraussetzungen, stehen im Demografiemanagement indi-viduelle Lösungen im Vordergrund. Die eingesetzten Instrumente sichern vielfach diese Lösungen ab und gewährleisten Handlungs-spielräume und Feedbackmöglichkeiten für alle MitarbeiterInnen.

3.5 Ebenen des betrieblichen Demografiema-nagementsUm den Personalbedarf im Kontext der demografischen Verände-rungen auch zukünftig decken zu können, ist auf mehreren Ebenen anzusetzen:

1. MitarbeiterInnenbindung: Es muss verstärkt versucht werden, MitarbeiterInnen im Unternehmen zu halten (Retention Ma-nagement; auch: Behaltemanagement, Bindungsmanagement).

2. MitarbeiterInnenmotivation: Die bestehende Belegschaft muss motiviert erhalten werden.

3. Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber, Ansprechen neuer Personengruppen: Die Attraktivität als Arbeitgeber muss auf- und ausgebaut werden (Employer Branding), neue „Quellen“ für potentielle MitarbeiterInnen müssen erschlossen werden.

4. Erhaltung der Arbeitsfähigkeit: Die bestehende Belegschaft muss gesund und arbeitsfähig erhalten werden (Age Manage-ment; auch: Alternsmanagement)

Page 17: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

17

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Häufig gestellte Fragen

Was umfasst der Begriff betriebliches Demografiemanage-ment?

Betriebliches Demografiemanagement umfasst alle Maßnah-men, die dazu dienen, die Folgen des demografischen Wan-dels zu antizipieren und damit mögliche negative Wirkungen abzumildern bzw. gegebenenfalls zusätzliche potentiale, die durch diesen Wandel entstehen, zu nutzen.

Was umfasst der Begriff Arbeitsfähigkeit?

Die Arbeitsfähigkeit beschreibt, inwieweit eine Person in der Lage ist, ihre Arbeit angesichts der Arbeitsanforderungen, Gesundheit und mentalen Ressourcen zu erledigen. Insofern geht es um die Abstimmung zwischen Person und Arbeits-aufgabe.

Was umfasst der Begriff Gesundheit?

„Gesundheit bezeichnet das Ausmaß, in dem eine Person fähig ist, sich einerseits Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen und andererseits mit seiner Umwelt zurechtzukommen und sie zu beeinflussen. Damit ist Gesundheit eine Ressource für das tägliche Leben, kein Lebensziel. Es ist ein positives Kon-zept, das die Bedeutung für soziale und personelle Ressour-cen ebenso betont, wie körperliche Fähigkeiten.“ (Gesund-heitsdefinition der WHO, 1984)

Was ist der Unterschied zwischen Gesundheit und Arbeits-fähigkeit?

In den Auswirkungen gibt es große Überschneidungen zwi-schen dem Konzept „betriebliche Gesundheitsförderung“ und dem Konzept der Arbeitsfähigkeit. Sehr häufig wird jedoch die Gesundheit auch etwas enger definiert und schließt Un-terstützungsmaßnahmen der MitarbeiterInnen in Bereichen wie Führung und/oder Weiterbildung nicht ein. Innerhalb des Konzepts der Arbeitsfähigkeit wird der Gesundheitsbegriff im engeren Sinn verwendet.

Page 18: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

18

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Welche Handlungsmöglichkeiten haben Unternehmen in Be-zug auf demografische Veränderungen?

Demografiemanagement sollte auf mehreren Ebenen erfol-gen: Es gilt MitarbeiterInnenbindung und MitarbeiterInnen-motivation zu stärken, die Attraktivität als Arbeitgeber zu er-höhen, neue bzw. andere Personengruppen am Arbeitsmarkt in das Recruiting mit einzubeziehen und die Arbeitsfähigkeit der bestehenden Belegschaft zu erhalten und zu verbessern.

Kann betriebliches Demografiemanagement als geschlosse-nes Projekt gesehen werden?

Nein, betriebliches Demografiemanagement sollte, um nach-haltig zu wirken, langfristig in das Unternehmen integriert sein. Trotzdem kann es sinnvoll sein, zunächst in einer Pro-jektform vorzugehen, um ein strukturiertes Vorgehen zu ge-währleisten und Erfahrungen mit diesem Thema zu sammeln, die für die Integration notwendig sind.

Welche Maßnahmen müssen im Einzelnen gesetzt werden, um alternsgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen?

Die betrieblichen Bedingungen sind so unterschiedlich, dass es meist nicht möglich ist, fertige Tools einfach zu überneh-men. Im Demografiemanagement stehen immer individuelle Lösungen im Vordergrund, das betriebliche Instrumentarium dient dazu, die Möglichkeit dieser Lösungen abzusichern.

Page 19: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

19

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

4. Die Umsetzung von betrieblichem DemografiemanagementNeben der Gestaltung der MitarbeiterInnenbindung, der Mitarbei-terInnenmotivation und der Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität sowie der Identifizierung potentieller zukünftiger MitarbeiterInnen-gruppen, spielt die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Gesundheit eine besonders wichtige Rolle. Da in Unternehmen zu den meisten Themen eine sehr gute Wissensgrundlage und Umsetzungskompe-tenz besteht, soll vor allem das Thema „Erhaltung der Arbeitsfähig-keit“ vertiefend beschrieben werden.

4.1. MitarbeiterInnenbindungIn vielen Unternehmen ist MitarbeiterInnenfluktuation bisher kein großes Thema. Wenn zukünftig die Reserven am Arbeitsmarkt schrumpfen, werden sich Unternehmen jedoch auch in immer stär-kerer Konkurrenz mit anderen Unternehmen sehen, in der es nicht nur um verfügbare Ressourcen am Arbeitsmarkt geht, sondern auch um das Abwerben guter MitarbeiterInnen. Alle Maßnahmen die die Attraktivität des Unternehmens für MitarbeiterInnen erhöhen, dienen auch dazu, sich davor zu schützen in dieser Situation die „besten Köpfe“ zu verlieren. Dabei ist sehr häufig nicht nur das Einkommen ausschlaggebend. Es hat sich gezeigt, dass vor allem Entwicklungsmöglichkeiten und soziale Faktoren auf die Mitarbeite-rInnenbindung wirken.

Aus der vielfältigen Literatur wird hier ein Untersuchungsergebnis gezeigt, dass die 12 häufigsten Faktoren für gute MitarbeiterInnen-bindung darstellt (Entnommen aus: Hausknecht / Rodda / Howard: Targeted employee retention - Performance-based and job related differences in reported reasons for staying; in: Human Resource Management, Heft 2/2009):

• Aufstiegs-/Karrieremöglichkeiten: „Ich sehe mein Potential und ich sehe eine Zukunft hier.“

• Wertschätzung der Arbeit durch das Unternehmen: „Ich fühle mich/meine Arbeit als Teil einer guten Teamarbeit hier.“

• Extrinsische/finanzielle Belohnung: „Man zahlt hier bessere Ge-hälter als andere Unternehmen in diesem Geschäftsfeld.“

• Flexible Arbeitsbedingungen: „Mir gefallen die flexiblen Ar-beitszeiten.“

Page 20: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

20

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Beschäftigungsdauer/Investment: „Ich bin hier schon zu lange, um meinen Job noch zu wechseln.“

• Zufriedenheit mit der Arbeit: „Ich mag meine Arbeit und habe viel Spaß daran.“

• Mangel an Alternativen: „Schlechte Wirtschaftslage und fehlen-de Alternativen.“

• Räumliche Nähe zur Arbeit: „Der Wohnort und der Weg zur Arbeit sind wirklich akzeptabel.“

• Externe Einflüsse (Familie, Freizeit): „Mein Zeitplan erlaubt mir ein gutes Familienleben. Ich habe eine Familie zu unterstüt-zen.“

• Identifikation mit dem Unternehmen: „Ich bin nicht der Typ, der von Job zu Job wechselt.“

• Fairness im Unternehmen: „Das Unternehmen behandelt uns fair und versucht zu verstehen, was Mitarbeiter denken.“

• Attraktivität/Ansehen des Unternehmens: „Unser Unternehmen ist in der Öffentlichkeit hoch geschätzt.“

Um diese Themen zu bearbeiten, ist es sinnvoll, zunächst einmal das Wertesystem des Unternehmens einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

4.2 Motivation von MitarbeiterInnenZusätzlich zu den Faktoren „Entwicklungsmöglichkeiten“ und „so-ziale Komponenten“, die MitarbeiterInnen an ein Unternehmen binden, spielen für die Motivation der MitarbeiterInnen vor allem Faktoren wie die gezielte Förderung und Forderung (z.B. über ge-meinsame Ziele, Ergebnisse und Erfolge) und ein interessanter Ar-beitsinhalt eine wichtige Rolle. Ansatzpunkte für die MitarbeiterIn-nenmotivation sind vor allem im Bereich Werte und Führung, Zu-sammenarbeit und Betriebsklima sowie in der Personalentwicklung zu sehen.

Webtipp

http://mitarbeiterbindung.info

Nützliche Anregungen und Checklisten

Webtipp

http://www.vorgesetzter.de Einige gute Tipps übersichtlich dargestellt

Page 21: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

21

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

4.3 Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber; Ansprechen neuer PersonengruppenDer Begriff „Employer Branding“ ist in den letzten Jahren sehr be-kannt geworden und beschreibt den Einsatz von Marketinginstru-menten zur Erhöhung der Bekanntheit und des positiven Images eines Unternehmens in Richtung eines relevanten Arbeitsmarktes. In Hinblick auf die Verknappung am Arbeitsmarkt geht es darum, sich nicht nur von MitbewerberInnen abzuheben, sondern auch be-stimmte Personengruppen zielgerichtet anzusprechen.

Zudem müssen sich Unternehmen darauf vorbereiten, ihre Rekru-tierungsbemühungen auf Gruppen auszudehnen, die bisher eher nicht rekrutiert wurden (z.B. Ältere, Frauen und MigrantInnen), weil dadurch die Arbeitsmarktpotentiale besser ausgeschöpft werden können. Für die betriebliche Integration dieser Gruppen braucht es jedoch in der Regel eine Vorbereitung im Betrieb, die dazu dient, Rahmenbedingungen zu schaffen und Vorurteile der Belegschaft abzubauen: Seien es flexiblere Arbeitszeiten, um Frauen mit Be-treuungspflichten entgegen zu kommen, seien es Modifizierung von Abteilungskulturen, die sich einer Integration dieser Gruppen entge-gensetzen (Beispiel: Häufig ist bei klassischen „Männerberufen“ zu beobachten, dass der Widerstand gegen die Aufnahme von Frauen sehr groß ist, selbst wenn diese die Tätigkeit problemlos ausüben könnten).

4.4 Erhaltung der ArbeitsfähigkeitDie Erhaltung von MitarbeiterInnen-Gesundheit und Arbeitsfähigkeit korreliert stark in positiver Richtung mit der Erhöhung der Unterneh-mensattraktivität: Maßnahmen, die dazu dienen, Beanspruchung zu reduzieren und Leistungsfähigkeit zu erhalten, stärken auch ein positives Bild, das die MitarbeiterInnen von ihrem Unternehmen haben und erhöhen ihre Loyalität.

Eine gute Leitlinie zur Bearbeitung des Themenbereichs „Erhaltung der Arbeitsfähigkeit (in der Literatur auch „Arbeitsbewältigungsfä-higkeit“ und „Work Ability“) bietet das „Haus der Arbeitsfähigkeit“ von Juhani Ilmarinen:

Webtipp

http://www.sfg.at/ebook

E-Book Employer Branding- So werden Sie zum attraktiven Arbeitgeber.

Page 22: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

22

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Die Arbeitsfähigkeit setzt sich aus mehreren „Stockwerken“ zusam-men. Die Basis wird durch die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen gebildet. Darauf ruht das Stockwerk der Mit-arbeiterInnen-Kompetenz, die die Summe von Bildung und prakti-scher Kompetenz von MitarbeiterInnen darstellt. Werte, Einstellun-gen und Motivationen bringt jeder einzelne Beschäftigte mit in das Arbeitsleben und bildet diese auch dort teilweise aus. Das System „Individuum“ trifft nun im betrieblichen Kontext auf spezifische Ar-beitsinhalte und Arbeitsbedingungen und auf das betriebliche Wer-te- und Führungssystem.

Um Arbeitsfähigkeit nachhaltig zu verbessern, muss auf allen die-sen Ebenen gemeinsam und koordiniert angesetzt werden. Es gilt,

• Gesundheit und Leistungsfähigkeit gezielt zu erhalten und ge-gebenenfalls wieder herzustellen,

• Kompetenz und Wissen auszubauen und zu entwickeln,

• Werte, Einstellungen und Motivationen in ein sinnvolles Zusam-menspiel mit den Unternehmenswerten und Zielen zu bringen und zu halten,

Webtipp

http://www.arbeitsfaehigkeit.uni-wuppertal.de

Alles rund um die Arbeitsfähig-keit, inkl. ABI-Fragebogen online

Page 23: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

23

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Arbeitsinhalt und -anforderungen sowie Arbeitsumgebung und Führung so zu gestalten, dass MitarbeiterInnen gesund, leis-tungsfähig und leistungswillig bleiben.

Diese Zusammenstellung zeigt bereits, dass alternsgerechte Arbeits-gestaltung immer am Individuum ansetzen muss, seine spezifischen Ressourcen und Werte ebenso, wie sein familiäres und persönliches Umfeld in ein produktives und sinnhaftes Zusammenspiel mit dem „System Unternehmen“ bringen muss.

1. Stockwerk: Verbesserung von Gesundheit und Leis-tungsfähigkeit

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Form des Umgangs mit Erkrankung im Arbeitskontext herausgebildet, die auf Kosten eines Ansatzes zur Vermeidung von Krankheit (Pathogenese) die Erhaltung der Gesundheit (Salutogenese) in den Vordergrund rückt, und somit Bedingungen schaffen will, die bereits präventiv einem Krankheitsgeschehen vorbeugen wollen (geprägt durch: Antonovs-ky / Franke: Salutogenese - Zur Entmystifizierung der Gesundheit, 1997).

Das daraus entstandene Konzept der betrieblichen Gesundheitsför-derung (BGF) richtet damit den Blick verstärkt auch auf persönliche und betriebliche Ressourcen, die die Gesundheit von MitarbeiterIn-nen stärken.

Definiert wird betriebliche Gesundheitsförderung folgendermaßen:

„Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle Maßnahmen von Arbeitgebern, ArbeitnehmerInnen und Gesellschaft zur Verbesse-rung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. BGF ist eine moderne Unternehmensstrategie mit dem Ziel, Krankheiten vorzubeugen, die Gesundheit zu stärken und das Wohlbefinden der MitarbeiterInnen zu verbessern.“ (Luxemburger Deklaration zur be-trieblichen Gesundheitsförderung in der Europäischen Union,1997)

Als wichtigste Bedingungen einer nachhaltigen betrieblichen Ge-sundheitsförderung sind folgende Faktoren zu sehen:

1. Ganzheitliches Gesundheitsverständnis Verhalten und Verhältnisse gestalten

2. Aktive Einbeziehung der MitarbeiterInnen Partizipation, z.B. durch Befragung und/oder Gesundheitszirkel

Page 24: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

24

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

3. Projektkreislauf Von der Zielsetzung bis zur Evaluation

4. BGF als Managementaufgabe Geschäftsführung muss hinter den Zielen der BGF stehen

In Bezug auf das Thema betriebliches Demografiemanagement sollte das Kriterium „Alter der MitarbeiterInnen“ und Status der Arbeitsfähigkeit auf jeder Ebene der betrieblichen Gesundheitsför-derung mitgedacht werden.

2. Stockwerk: Verbesserung der Kompetenz

Um Kompetenz und Bildung von MitarbeiterInnen zu verbessern, ist die betriebliche Personalentwicklung der entscheidende An-knüpfungspunkt. Die Personalentwicklung hat die Aufgabe, die Po-tentiale der MitarbeiterInnen optimal nutzbar zu machen und die Qualifikationen jederzeit auf dem Niveau des Unternehmensbedarfs zu halten. Zu diesen Aufgaben gehört die Qualifizierungsfunktion ebenso, wie die Laufbahnplanung.

Vielfach gibt es, gerade in kleinen Unternehmen jedoch keine eige-ne Personalentwicklungsabteilung. Dann übernehmen häufig Mit-arbeiterInnen der Geschäftsleitung oder der Verwaltung bzw. Füh-rungskräfte Personalentwicklungsaufgaben. Auch in diesem Fall ist sehr zu empfehlen, die Kompetenzentwicklung der MitarbeiterInnen als strategisches Thema anzulegen und systematisch zu betreiben.

Qualifizierung kann an vielen verschiedenen Punkten ansetzen. Be-sonders wichtig ist es jedoch, zunächst ein lernfreundliches, feh-lerverzeihendes Umfeld zu schaffen. Eine Ausrichtung der unter-nehmensinternen Qualifizierungsanstrengungen auf einen (arbeits-)lebenslangen Lernprozess ist eine wichtige Voraussetzung dafür, MitarbeiterInnen flexibel einsetzbar, motiviert und lernbereit zu hal-ten.

Qualifizierungen können sich sowohl auf Führungskräfte (z.B. al-tersgerechtes Führen, Age Management, Productive Ageing, gesun-des Führen, mitarbeiterInnenorientierte Führung, Feedback- und Ge-sprächskultur, …) als auch auf einzelne MitarbeiterInnen beziehen.

Die Erhaltung der Lernfähigkeit und Lernbereitschaft spielt dabei eine fast ebenso bedeutsame Rolle, wie der tatsächliche fachliche oder persönlichkeitsbildende Wissenserwerb. Dabei muss Lernen nicht notwendigerweise außerhalb des Arbeitsprozesses erfolgen: Besonders erfolgreich ist Lernen, dass die unmittelbare Tätigkeit

Webtipps

http://www.fgoe.org

Alles rund um die Gesundheits-förderung in Österreich. Interes-sante Förderungsmöglichkeiten!

http://www.baua.de

Sehr umfassende Informationen rund um die Gesundheit und den Arbeitsschutz

http://www.infoline-gesund-heitsfoerderung.de

Sehr übersichtliche und umfas-sende Informationen zur Ge-sundheitsförderung

http://www.arbeitundgesund-heit.at

Weitere Informationen zu Ge-sundheit und Arbeit

Page 25: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

25

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

und die Erfahrungen des Lernenden mit einbezieht (Lernen „on-the-Job“). In besonderem Maß gilt das für ältere MitarbeiterInnen, die eine erfahrungsbasierte Lernarchitektur bevorzugen.

Generell ist bei Qualifizierungen darauf zu achten, dass sie al-tersgerecht gestaltet sind: Das gilt für die Zusammensetzung der Lerngruppe ebenso wie für die Lernmethode und die Lerninhalte. Bislang gibt es relativ wenige Qualifizierungsanbieter, die über das praktische Wissen für eine altersgerechte Ausbildungsgestaltung verfügen.

Als Mindeststandards im Ausbildungsdesign altersgerechter Ausbil-dungen gelten:

• Altersmäßige Zusammensetzung der Gruppe bewusst wählen bzw. Methodik und Didaktik an die Altersstruktur der Gruppe anpassen

• Lernerfahrung der TeilnehmerInnen in der Gruppenzusammen-setzung berücksichtigen: Lernungewohnte TeilnehmerInnen brauchen eine sehr niederschwellige, individuelle Betreuung

• Starke Einbeziehung beruflicher Erfahrungen in den Lernkontext

• Selbstbestimmtes Lernen ermöglichen und fördern

• Lerntempo individuell anpassen

• Unterlagen übersichtlich aufbereiten und gut gliedern; Sprache an die Lernerfahrung anpassen und diskriminierungsfrei formu-lieren

• Mit Visualisierungen arbeiten

• Dialogischer Aufbau der Lernvermittlung und ausreichender Wechsel zwischen aktivierender und passiver Inhaltsvermittlung

Alle Ausbildungen sollen dazu dienen, den TeilnehmerInnen auch Lernmethodik zu vermitteln und die Lust am Lernen zu fördern.

Auch Karrieremöglichkeiten sind innerhalb der Personalentwicklung ein grundlegendes Thema. Im Zuge einer alternsgerechten Perso-nalentwicklung sind dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:

• Karrieremöglichkeiten sollten grundsätzlich allen Altersgruppen im Unternehmen offen stehen.

• Karriereentwicklungsmöglichkeiten sollten langfristig geplant werden.

Page 26: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

26

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Die Veränderung von Leistungspotentialen im Älterwerden soll-te bei der Planung betrieblicher Karrieremodelle berücksichtigt werden.

• Karriereschritte, die die Übernahme von Führungsaufgaben be-inhalten, sollten sich nicht nur am Fachwissen von Personen orientieren, sondern vor allem die soziale Kompetenz als Krite-rium definieren.

• Neben vertikalen Karrieren sind auch horizontale Karrieremög-lichkeiten zu entwickeln, die so genannte Fachkarrieren ermög-lichen.

• Zu enge Spezialisierungen sind zu vermeiden, da sonst die Gefahr beruflicher Sackgassen besteht.

• Beförderungsverfahren sollten für alle MitarbeiterInnen trans-parent und nachvollziehbar sein.

3. Stockwerk: Werte, Einstellungen, Motivation

Wertesysteme von Unternehmen enthalten verschiedenste Kompo-nenten. Neben Leistungswerten (Nutzen, Kompetenz, Innovationso-rientierung, …) sind Kommunikationswerte (Offenheit, Transparenz, Verständigung, …), und Kooperationswerte (Loyalität, Teamgeist, Konfliktfähigkeit, …) sowie moralische Werte (Integrität, Fairness, Ehrlichkeit, …) zu finden (Wieland: Handbuch Wertemanagement - Erfolgsstrategien einer modernen Corporate Governance, 2004).

Dieses Wertesystem sollte regelmäßig einer kritischen Prüfung an-hand folgender Fragen unterzogen werden:

• Welche Werte lebt das Unternehmen?

• Sind diese Werte zeitgemäß, verständlich und vor allem nützlich?

• Lebt das Unternehmen die Werte, die nach außen kommuniziert werden auch tatsächlich nach innen hin?

• Ist das Wertesystem konsistent im Hinblick auf verschiedene Gruppen außerhalb und innerhalb des Unternehmens?

• Dient die Unternehmensführung als Vorbildsystem in Hinblick auf die Unternehmenswerte?

Aufbauend auf ein lebendiges Wertesystem sollte die Führungs-struktur des Unternehmens überprüft und gegebenenfalls adaptiert werden.

Page 27: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

27

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Gerade im klein- und mittelbetrieblichen Bereich zeigt sich häufig, dass die Zeitressourcen für Führungsaufgaben sehr gering sind und vor allem das mittlere Management nicht nur unzureichend Wissen zur Führungsthemen besitzt, sondern vor allem mit operativen Auf-gaben überladen ist.

Führung ist jedoch nicht delegierbar und hat für die langfristige Entwicklung des Unternehmens eine übergeordnete Bedeutung. Führungskräfte sind innerhalb des Unternehmens die wichtigsten „Wertebotschafter“ und auch das Abteilungsklima und in weiterer Folge das Betriebsklima sind mittelbar (z.B. über Recruiting) und unmittelbar durch Schaffung eines offenen, wertschätzenden Um-gangs miteinander von der Führungskraft steuerbar.

MitarbeiterInnen haben ihre eigenen Gründe, warum sie gerade mit einem bestimmten Unternehmen in eine Arbeitsbeziehung treten. Hier eine mögliche Systematisierung:

Innerhalb des Arbeitslebens sind diese Motive Wandlungs- und Ent-wicklungsprozessen unterworfen. Das Netz von Motiven und Werten von MitarbeiterInnen geht in das Konzept des sogenannten psycho-

Page 28: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

28

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

logischen Arbeitsvertrages mit ein, das die „ungeschriebenen“ ge-genseitigen Erwartungen zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerIn umfasst. Umso besser Führungsstil und Führungsinstrumente am Individuum ausgerichtet sind (Stichwort: mitarbeiterInnenorientier-ter Führungsstil), umso besser kann es gelingen, diese dynami-schen Erwartungen des Unternehmens und der MitarbeiterInnen in Einklang zu halten.

4. Stockwerk: Führung, Arbeit, Arbeitsumgebung

Führung

Führung spielt im Hinblick auf die Erhaltung der Leistungsfähigkeit Älterer eine entscheidende Rolle, ist doch die unmittelbare Füh-rungskraft dafür verantwortlich, inwieweit MitarbeiterInnen gefor-dert, gefördert und unterstützt werden und prägt zudem das soziale Klima einer Abteilung entscheidend. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vorbildfunktion der Führungskräfte für MitarbeiterInnen.

In vielen Studien wurde belegt, dass besseres Führungsverhalten auch zu besserem gesundheitliche Wohlbefinden der Beschäftigten führt, unter anderem: „Gutes Führungsverhalten und gute Arbeit von Vorgesetzten ist der einzige hoch signifikante Faktor, für den eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit zwischen dem 51. und 62. Lebensjahr nachgewiesen wurde“. (Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfä-higkeit 2010, 2002). Der Einfluss von Führungsverhalten und Füh-rungseinstellung auf einen längeren Verbleib in der Arbeitswelt ist demnach doppelt so groß, wie der Einfluss ergonomischer Faktoren.

Der unmittelbare Einfluss von Aspekten schlechten Führungsver-haltens auf die Gesundheit wird zusätzlich in den folgenden aufge-listeten Studien belegt, die den Zusammenhang der Effort-Reward-Imbalance mit verschiedenen gesundheitlichen Aspekten gemessen haben.

Effort-Reward-Imbalance: Personen haben das Gefühl, dass ihre Verausgabung (z. B. durch Überforderung) höher ist als die dafür erhaltene Belohnung (monetäre Belohnung, Anerkennung, Karriere-möglichkeiten, „Gesehenwerden“, …).

Zusammenhänge wurden nachgewiesen mit …

• akutem Herzinfarkt: 4-mal höheres Risiko (Siegrist, 1990),

• Verstärkung der Atherosklerose (Lynch, 1997),

• neu auftretenden koronaren Herzkrankheiten (Bosma, 1998),

Page 29: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

29

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Angina pectoris und nicht tödlichem Herzinfarkt (Kuper, 2002),

• Sterblichkeit an Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (Kivimäki, 2002).

Untersuchungen des Mannheimer Instituts für Public Health (J. E. Fischer, Vortrag: Das Gehirn und die Arbeit, Know-how-Kongress Wirtschaft und Demographie, 2009) zeigen einen deutlichen Zu-sammenhang zwischen unangepasstem Führungsverhalten und der Entstehung von Stress. Dabei spielen die Förderung von Mitarbei-terInnen-Engagement und die Wertschätzung der MitarbeiterInnen eine erhebliche Rolle. Zur Bedeutung von Stress wird außerdem festgestellt: „Stress wird innerhalb eines Jahrzehnts zum wichtigs-ten gesundheitlichen Risikofaktor für Unternehmen werden. Chroni-scher Stress ist wesentlicher Mitverursacher von Rückenschmerzen, Herzinfarkt, Diabetes, Migräne, Erkältungskrankheiten, Unfällen, De-pressionen, Angstattacken, Mangel an Kreativität und Fehlentschei-dungen.“ Alle diese Faktoren verursachen für Unternehmen nicht unerhebliche Kosten und können zu einer wesentlichen Belastung im Wettbewerb werden.

Als wichtigste gesundheitsfördernde Ressourcen in der Führungs-arbeit wurden genannt:

• Handlungsspielraum,

• Wertschätzung,

• Partizipationsmöglichkeiten,

• Entwicklungsmöglichkeiten

• und Sinnhaftigkeit bzw. Nachvollziehbarkeit des Führungshan-delns.

Andere Untersuchungen unterstützen diese Sichtweise (Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010, 2002) und ergänzen außerdem noch:

• eine aufgeschlossene, nicht-stereotype Einstellung gegenüber dem Alter,

• die Bereitschaft zu kooperieren,

• die Fähigkeit zu individueller Arbeitsplanung

• und eine gute Kommunikationsfähigkeit als Voraussetzungen für einen altersgerechten Führungsstil.

Um gutes Führungsverhalten für alle Generationen in der betriebli-chen Praxis zu integrieren ist es sinnvoll, zunächst das Wertegerüst

Webtipps

http://www.arbeitundalter.at

Viele Praxisbeispiele

http://www.inqa.de

Gut zu lesende Ratgeber für die Umsetzung im Betrieb

http://www.arbeitundgesund-heit.at

Weitere Informationen zu Ge-sundheit und Arbeit

http://demographie-netzwerk.de

Demografie-Praxis: Sehr praxis-orientiert; übersichtlich

Page 30: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

30

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

(s.o.) und die Führungsrichtlinien des Unternehmens zu analysie-ren. Häufig sind in diesen Bereichen bereits Widersprüchlichkeiten zu erkennen, die die operative Führungsarbeit erschweren.

Arbeit

Arbeitsinhalt

Interessante und herausfordernde Arbeitsinhalte fördern die Lern-fähigkeit, Motivation und das Engagement von MitarbeiterInnen. Zudem wird durch Lernanreize in der Arbeit und die gleichzeitige Vermeidung von anhaltender Unter- und Überforderung Präventiv-arbeit in Hinblick auf die Erhaltung mentaler Fähigkeiten geleistet.

Arbeitsinhalte attraktiv zu gestalten ist eine sensible Tätigkeit, die eine genaue Kenntnis von Fähigkeiten, Entwicklungspotentialen und Entwicklungszielen von MitarbeiterInnen voraussetzt. Es ist der „Spagat“ zu meistern, einerseits MitarbeiterInnen angemessen zu fordern, ihnen jedoch gleichzeitig entsprechende Förderung (Qua-lifizierung, Unterstützung, …) angedeihen zu lassen, um Überforde-rungen zu vermeiden.

Besonders gut wird diese Gratwanderung von Führungskräften ge-leistet werden können, denen neben ihren operativen Aufgaben ausreichend Zeit für Führungsaufgaben zur Verfügung steht, die einen engen Kontakt mit den MitarbeiterInnen und eine offene Ge-sprächskultur fördern, und die ausreichend auf ihre Führungsauf-gaben vorbereitet sind. Neben dem Interesse der MitarbeiterInnen an den Arbeitsaufgaben ist dafür Sorge zu tragen, dass die Flexibi-lität der MitarbeiterInnen durch z.B. zu enge Spezialisierungen nicht verloren geht.

Arbeitsumgebung/Tätigkeit

Belastungen aller Art innerhalb des Arbeitsprozesses sind unver-meidbar. Dennoch sollten sie in einem guten Gleichgewicht mit den positiven Faktoren der Arbeit (Gesundheitsressourcen) und den individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten der MitarbeiterInnen gehalten werden. Das Unternehmen sollte einen guten Überblick über die Hauptbelastungen im Unternehmen haben und gleichzeitig wissen, welche ArbeitnehmerInnen mit diesen Belastungen kon-frontiert sind.

Page 31: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

31

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Dazu bieten Analyseverfahren, wie z.B. die MitarbeiterInnenbefra-gung gute Ansatzpunkte. Dieser Überblick ersetzt jedoch nicht die Notwendigkeit individueller Ansätze und die Möglichkeit für Mit-arbeiterInnen, belastende Arbeitssituationen an Führungskräfte rückzumelden, um zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Zusätz-lich erfordern veränderte Leistungspotentiale im Älterwerden eine grundsätzliche Bereitschaft zur Anpassung der Tätigkeiten. Es fällt auf, dass in der Praxis psychische Anforderungen mit dem Älterwer-den eher abnehmen. In besonderem Maß gilt das bei Frauen. Physi-sche Belastungen bleiben jedoch eher gleich oder steigen sogar auf Grund geänderter Wettbewerbssituationen von Unternehmen, an. (siehe dazu auch: Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010; 2002).

Grundsätzlich sollten Arbeitsplatzveränderungen Vorrang vor der Versetzung der MitarbeiterInnen in andere Tätigkeitsbereiche ha-ben.

Ansatzpunkte für Arbeitsplatzveränderungen ergeben sich auf effi-ziente Weise, wenn MitarbeiterInnen in die Gestaltung ihrer Arbeits-bedingungen einbezogen werden. Bestimmte Veränderungen mit dem Älterwerden können so gut kompensiert werden; die Produkti-vität muss darunter keineswegs leiden.

In der folgenden Übersicht (Spirduso, 1995; entnommen aus Ilma-rinen / Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010, 2002) werden Anpassungs-maßnahmen an veränderte Leistungspotentiale Älterer beschrieben. Dabei ist zu beachten, dass Alterungsprozesse individuell sehr ver-schieden ablaufen und sich Veränderungen somit nicht an einem kalendarischen Alter festmachen lassen.

Page 32: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

32

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Altersbezogene physiologische und psychologische Veränderungen

Anpassung von Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung

1. Eingeschränkte Beweglichkeit der Ge-lenke, verminderte Elastizität von Seh-nen und Bändern

Vermeidung von Tätigkeiten, die erfordern:

• Aktivitäten mit angehobenen Armen

• Länger andauernde ungewöhnliche Körperhaltungen

• Verdrehte Wirbelsäule

• Arbeiten mit erheblicher Verbiegung des Handgelenks, um Kraft mit Hilfe von Werkzeugen auszuüben

Beachte:

Positionieren von Gegenständen, Kontrollgeräten, Bildschirmen, um verlän-gertes Verbiegen der Körperhaltung, Vorbeugen und Bücken zu minimieren

• Die Maschinenausrüstung soll an die individuellen Körpermaße ange-passt werden: •inFahrzeugen •imBüro

• Gestaltung der Sitze, um Vibration zu vermindern

• Niederfrequente Vibration (Lastwagen, Baugeräte, Werkbaugeräte)

• Größere Belastung der Handgelenke beim Ausführen von Arbeiten

2. Nachlassen der Kraft Vermeide:

• Kontrollgeräte und Werkzeuge, die große Kraft erfordern

• Heben, Senken, Schieben, Ziehen und Tragen von Lasten

• Heben von Lasten >20% der Maximalleistung eines/einer jungen Arbei-ters/Arbeiterin

• Schnelles Heben

Gestalte Arbeitsabläufe so, dass …

• eine Last in Körpernähe getragen werden kann.

• die Aufgabe kein übermäßiges Beugen, Bücken oder Verdrehen der Wirbelsäule verlangt.

• genügend Pausen zwischen den einzelnen Arbeitsaufgaben sind.

• Bodenhaftung und sicherer Stand möglich sind.

Beachte:

Korrekte Unterweisung der MitarbeiterInnen in Heben und Tragen

Page 33: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

33

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

3. Verminderte physische funktionelle Kapazität

Beachte:

Tätigkeiten mit erhöhtem Energieaufwand sollten nicht 0,7 l/min (Männer) oder 0,5 l/min (Frauen) Sauerstoffverbrauch überschreiten

4. Verminderte Wahrnehmung und Ent-scheidungsfähigkeit; Defizite bei der Aufmerksamkeit; Defizite der Gedächt-nisleistung; Schwierigkeiten bei der geistigen Umsetzung

Bereitstellen von:

• Längeren Trainingsabschnitten

• Ergänzen der Praxis durch schriftliche Arbeitsanweisungen

• Videos, die die gewünschte Arbeitsleistung darstellen

• Erhöhung der Signal-Geräusch-Relation am Arbeitsplatz

• Einteilung älterer ArbeitnehmerInnen für Aufgaben, in denen die

• Arbeit eher vorhergesehen als in Reaktion geleistet wird

• Aufgaben, die eine gute Mischung von Erfahrungswissen und Weiter-bildung erfordern

5. Sehschwächen, Sehschärfe, Farbse-hen

Bereitstellen von:

• 50% mehr Beleuchtung für ArbeitnehmerInnen zwischen dem 40. und dem 55. Lebensjahr

• 100% mehr Beleuchtung für ArbeitnehmerInnen über 55 Jahre

• Erhöhung des Kontrasts an Sichtgeräten und Messinstrumenten

• Vergrößerung der Schrift und Symbole auf Monitoren und Sichtgeräten

• Abbau von Blendung

• Blau-Grün-Unterscheidung aus dem Signalangebot entfernen

6. Hitzeunverträglichkeit Verminderung:

• Hitzebelastung am Arbeitsplatz

7. Geringere Kälteverträglichkeit Aufrechterhalten von:

• Optimaler Arbeitsplatztemperatur

• Kälteschutzkleidung anbieten und benutzen

8. Hörverminderung Erhöhen der:

• Signal-Geräusch-Relation bei Aufgaben, die signalabhängige Anweisun-gen enthalten

Page 34: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

34

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Arbeitsorganisation

Schlecht organisierte Arbeit stellt ein hohes Risiko für die Arbeits-fähigkeit von MitarbeiterInnen dar, was in Langzeitstudien belegt wurde (siehe: Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010; 2002). In dieser Studie konnte ebenso gezeigt werden, dass „ …die gleichen Faktoren, die jüngere ArbeitnehmerInnen behindern oder ihnen Un-behagen bereiten, für älter werdende MitarbeiterInnen eine echte Bedrohung ihrer Arbeitsfähigkeit“ sind.

9. Höhere Häufung von Lendenwirbel-säulenbeschwerden

Bereitstellen von:

• Trainingsprogrammen über Prävention von LWS-Beschwerden

• Verminderung entsprechender Risiken bei der Arbeit

• Verbreiterung der Wissensbasis über die Körperreaktionsmuster

• Vorbeugen von Verletzungen und Beschwerden im Freizeitbereich

10. Erhöhtes Risiko für Fallen und Aus-rutschen

• Beseitigen von schlüpfrigen Arbeitswegen

• Fußtrittmarkierungen auf Rampen

• Ausreichende Beleuchtung des Arbeitsplatzes

11. Langsamere Rehabilitation bei Verlet-zungen und Erkrankungen

Ermöglichen von:

• Schrittweiser Rückkehr zur vollen Arbeitsbelastung

• Rotation zwischen leichter und schwerer Arbeit, um die

• Gewöhnung an die Arbeitsanforderungen zu erleichtern.

• Bereitstellen von Informationsmaterial bzgl. vernünftiger

• Rehabilitation und Rückkehr zur Arbeit.

12. Höhere Arbeitsbelastung Vermeiden von Arbeitshetze

• Den MitarbeiterInnen Kontrolle über ihre Arbeitslast einräumen

• Betonung der Arbeitsgenauigkeit gegenüber der Arbeitsgeschwindig-keit

13. Tendenz zur Inaktivität Bereitstellen:

• eines inner- und/oder außerbetrieblichen Fitnessprogramms

• Ermunterung der MitarbeiterInnen, sich an diesem Programm zu be-teiligen

Page 35: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

35

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Als schlecht organisierte Arbeit gilt demnach beispielsweise:

• Unklarheit über die Rollen

• Beaufsichtigung und Einmischung in die Arbeit

• Mangel an Freiheitsgraden

• Fehlende Möglichkeit, auf die Arbeit Einfluss zu nehmen.

Im Zuge des betrieblichen Demografiemanagements ist unbedingt darauf zu achten, diese Faktoren zu vermeiden.

Arbeitszeit

Die Gestaltung des zeitlichen Arbeitsrahmens sollte ebenfalls indi-viduelle Einflussmöglichkeiten zulassen, um eine gute Abstimmung zwischen Möglichkeiten und Fähigkeiten von MitarbeiterInnen und ihren Arbeitsanforderungen herzustellen.

Gerade aber in Hinsicht auf eine älter werdende Belegschaft müs-sen sich Unternehmen mit diesem Thema auf vollkommen neue Weise auseinander setzen. Pausenregelungen sind ebenso zu über-denken wie Nacht- und Schichtarbeitsmodelle.

Grundsätzlich sind folgende arbeitsmedizinische Fakten zu beden-ken:

• Der Bedarf an Kurzpausen unmittelbar nach der Verrichtung anstrengender Tätigkeiten steigt mit dem Alter und der Arbeits-schwere an. Zu frühe oder zu späte Pausen haben keine aus-reichende Wirkung.

• Mit zunehmendem Alter steigt der Bedarf nach individuellen Regelungen der Arbeitszeit an.

• Nacht- und Schichtarbeit stellen grundsätzlich ein Gesundheits-risiko dar.

4.5 Ablauf eines Demografieprojektes:Menschen sind sehr unterschiedlich und der Alterungsprozess ver-stärkt diese Unterschiede noch weiter. Auch Unternehmen weisen sehr große Unterschiede auf und innerhalb dieser Unternehmen gibt es meist wenige Arbeitsplätze, die exakt die gleichen Arbeits-bedingungen bereit stellen.

Page 36: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

36

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Aus diesem Grund ist es wesentlich, bei Projekten im betriebli-chen Demografiemanagement nach einer Definition der Problemla-gen und der sich daraus ergebenden betrieblichen Zielen bei einer gründlichen Analyse anzusetzen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, zunächst einem geregelten Projekt-kreislauf zu folgen:

4.5.1 Konstituierung und Zielfindung:

Der erste Schritt zum betrieblichen Demografiemanagement erfor-dert die intensive Information, Sensibilisierung und Qualifizierung aller Führungskräfte und Betriebsräte. Es sollte keinesfalls voraus-gesetzt werden, dass alle Führungskräfte über diese Themen aus-reichend informiert sind und die Relevanz verinnerlicht haben.

Die Sensibilisierung der Führungskräfte sollte sowohl die Aufberei-tung der relevanten Bevölkerungs- und Erwerbsbevölkerungsdaten der Region beinhalten, als auch eine breite Diskussion über die betrieblichen Auswirkungen dieser Entwicklungen ermöglichen. Zu-dem ist es wesentlich, für die tatsächlichen Veränderungsprozesse im Älterwerden zu sensibilisieren, stereotypen Altersbildern entge-gen zu wirken und aufzuzeigen, welchen Beitrag die Gestaltung der Arbeit im Unternehmen zur Erhaltung der Produktivität, Arbeitsfä-higkeit und Motivation leisten kann.

Nicht alle Ziele des Demografiemanagements werden sofort ersicht-lich sein, einige Themenstellungen ergeben sich sicherlich aus der Analyse. Trotzdem ist es wichtig, im Vorfeld zu definieren, in welche Richtung das betriebliche Demografiemanagement gehen soll, und in welcher Form es sich in die gesamtstrategischen Ausrichtung des Unternehmens eingliedert.

1. Konstituierung & Zielfindung

4. Auswertung & Evaluation

2. Planung & Analyse

3. Durchführung von Interventionen

Page 37: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

37

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Die gesetzten Ziele sollten „SMART“ definiert werden, d. h. sie sollten spezifisch, messbar, ausführbar, realistisch und terminisiert sein.

Mögliche Ziele für das betriebliche Demografiemanagement könn-ten lauten:

• Anhebung des durchschnittlichen Austrittsalters um XY Jahre

• Verringerung der Fluktuation bei der Altersgruppe XY oder all-gemein; Erhöhung der durchschnittlichen Verweildauer im Un-ternehmen

• Herstellung und Erhaltung der Lernbereitschaft von Mitarbei-terInnen um XY% (Indikator: z.B. Beteiligung an betrieblicher Fortbildung, Ausbildungserfolg, …)

• Verringerung von Unfällen um XY

• Verringerung der Krankenstände langfristig; Erhöhung der An-zahl der MitarbeiterInnen ohne Krankenstände

• Verringerung des vorzeitigen Berufsaustritts auf Grund gesund-heitlicher Beeinträchtigung um XY %

• Erhöhung der Bekanntheit und Attraktivität als Arbeitgeber (ge-messen z.B. an der Anzahl und Qualität initiativer Bewerbun-gen)

• Erhöhung der Anzahl flexibel einsetzbarer MitarbeiterInnen um XY %

• Steigerung der MitarbeiterInnenzufriedenheit

• Reduktion der Produktivitätsminderung durch mäßige und schlechte Arbeitsbewältigungsfähigkeit

Neben quantitativen Zielen können auch qualitative Zielsetzungen definiert werden, die als eine Art „Mission Statement“ des Demo-grafiemanagement fungieren können.

Das Thema betriebliches Demografiemanagement sollte innerhalb des Unternehmens bei der Geschäftsführung verankert sein.

4.5.2 Planung und Analyse:

Da betriebliches Demografiemanagement an der individuellen Ar-beitssituation von MitarbeiterInnen ansetzt, ist es notwendig, die Wahrnehmung der MitarbeiterInnen in die Projektentwicklung mit-

Page 38: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

38

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

einzubeziehen. Je nach gewünschtem Projektumfang, Unterneh-mensgröße und Projektziel eignen sich verschiedene Analysever-fahren.

• Altersstrukturanalyse: Die Altersstrukturanalyse setzt an den Personaldaten an und bildet eine wichtige Voraussetzung für Demografieprojekte. Analysiert werden Daten wie Altersstruk-turen, in verschiedenen Detaillierungsgraden, Qualifizierungs-daten, Austritts- und Eintrittsdaten und Krankenstandsdaten. Teilweise umfasst die Altersstrukturanalyse auch eine Hoch-rechnung der vorhandenen Daten für den strategisch relevan-ten Zeitraum.

• MitarbeiterInnenbefragung: Die Befragung ist ein sehr gängiges und brauchbares Analyseinstrument im Rahmen des Demogra-fiemanagements, wobei der Detaillierungsgrad der erhobenen Informationen durchaus variieren kann. Es kommen verschiede-ne Befragungsinstrumente in Frage, die eine gute Darstellung der Belastungs- und Beanspruchungssituation von Mitarbeite-rInnen gewährleisten, gleichzeitig jedoch auch die Ressourcen-seite des Unternehmensumfeldes mit erheben. Unbedingt soll-ten psychosoziale Themen miterfasst werden. Ein international weitverbreitetes Instrument ist der Arbeitsbewältigungsindex (ABI, auch WAI = Work Ability Index). Meist werden mehrere Befragungsinstrumente in Kombination eingesetzt.

• Arbeitsplatzlandkarte: Es wird arbeitsplatzbezogene Beanspru-chung gemeinsam mit den MitarbeiterInnen erhoben. Anhand dieser Beschreibung erfolgt gemeinsam mit den MitarbeiterIn-nen eine Einstufung der Arbeitsplätze in Einstiegs-, Umstiegs-, Ausstiegs- und Verweilarbeitsplätze. Anhand der entstehenden Landkarte können alternsgerechte Karrierewege durch ein Un-ternehmen definiert werden.

• Arbeitsbewältigungscoaching: Das Arbeitsbewältigungscoa-ching ist ein Instrument, das sich nur teilweise der Analyse zuordnen lässt, weil es auch bereits als Intervention gesehen wird. Das Arbeitsbewältigungscoaching ist ein Instrument, das eng an das Arbeitsbewältigungskonzept angelehnt ist und den individuellen Einsatz des Arbeitsbewältigungsindex-Frage-bogens (ABI) einschließt. Es findet im Einzelsetting mit einer ausgebildeten BeraterIn statt und erhebt, nach einem Rück-meldegespräch über das Ergebnis des ABI, in einem Coaching-gespräch persönliche und betriebliche Unterstützungsmaßnah-men zu mehreren Themenfeldern.

Webtipps

http://www.baua.de

Unter „Informationen für die Praxis“ Liste von Analyseverfah-ren zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz

http://www.demowerkzeuge.de

Unter „Werkzeuge im Überblick“ Altersstrukturanalyse und vieles mehr

www.arbeitundzukunft.de

Informationen zu Arbeitsbewäl-tigungscoaching und Arbeitskar-rieren (Arbeitsplatzlandkarten)

Page 39: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

39

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Gesundheitszirkel: Der Gesundheitszirkel ist an sich ein Instru-ment aus der betrieblichen Gesundheitsförderung, kann aber auch im betrieblichen Demografiemanagement gut eingesetzt werde. In einer MitarbeiterInnen-Arbeitsgruppe werden unter Anleitung einer ModeratorIn Gesundheitsressourcen und Be-lastungen am Arbeitsplatz erhoben und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet.

• MitarbeiterInnen-Arbeitsgruppen: Innerhalb des betrieblichen Demografiemanagements bietet es sich an, MitarbeiterInnen in moderierten Areitsgruppen mit der Bearbeitung verschiedener Themen zu beauftragen. So können z.B. Teams mit der Verbes-serung ihrer Arbeitsplätze befasst werden, heterogen zusam-mengesetzte Gruppen können sich mit verschiedenen Abläufen und Belastungsthemen im Unternehmen beschäftigen. Der Vor-teil dieser Arbeitsgruppen besteht einerseits in einer nutzerge-rechten Verbesserung der Arbeitssituationen, andererseits im Empowerment der MitarbeiterInnen.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die wesentlichen Ansatzpunkte für die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit?

Die Arbeitsfähigkeit setzt sich aus mehreren „Stockwerken“ zusammen. Die Basis wir durch die Gesundheit und Leis-tungsfähigkeit der MitarbeiterInnen gebildet. Darauf ruht das Stockwerk der MitarbeiterInnen-Kompetenz, die die Summe von Bildung und praktischer Kompetenz von MitarbeiterInnen darstellt. Werte, Einstellungen und Motivationen bringt jeder einzelne Beschäftigte mit in das Arbeitsleben und entwickelt diese auch dort teilweise weiter. Das System „Individuum“ trifft nun im betrieblichen Kontext auf spezifische Arbeitsin-halte und Arbeitsbedingungen und auf das betriebliche Wer-te- und Führungssystem.

Um Arbeitsfähigkeit nachhaltig zu verbessern, muss auf allen diesen Ebenen gemeinsam und koordiniert angesetzt werden.

Was kann man als Unternehmen zur Verbesserung der Ge-sundheit und Leistungsfähigkeit beitragen?

Das Konzept der betrieblichen Gesundheitsförderung bietet einen guten Ansatz für die Verbesserung der MitarbeiterIn-

Page 40: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

40

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

nengesundheit. „Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle Maßnahmen von Arbeitgebern, ArbeitnehmerInnen und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbe-finden am Arbeitsplatz.

BGF ist eine moderne Unternehmensstrategie mit dem Ziel, Krankheiten vorzubeugen, die Gesundheit zu stärken und das Wohlbefinden der MitarbeiterInnen zu verbessern.“ (Luxem-burger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der Europäischen Union,1997)

Wie hängt die Verbesserung der MitarbeiterInnenkompetenz mit dem Demografiemanagement zusammen?

Überforderung und auch Unterforderung stellen eklatante Ri-siken für die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Mitarbei-terInnen dar. Aus diesem Grund kommt der Erhaltung und Entwicklung der Kompetenz eine wichtige Bedeutung zu. Mit-arbeiterInnen, die auf einem aktuellen Wissensstand sind, haben außerdem mehr Möglichkeiten innerhalb des Unter-nehmens eventuell abnehmende individuelle Leistungspoten-tiale, z.B. in Bezug auf die physische Leistungsfähigkeit zu kompensieren.

Last but not least erfüllt Lernen eine wichtige Präventivfunk-tion in Hinblick auf die Erhaltung der mentalen Fähigkeiten im Altersverlauf.

Wie kann man im Sinne des Demografiemanagements die Kompetenz der MitarbeiterInnen verbessern?

Lernen im Unternehmen dient nicht nur dem Erwerb neuen Wissens sondern erfüllt zudem den (Selbst-)Zweck, Lernbe-reitschaft und Lernfähigkeit langfristig zu erhalten. Wichtig ist, dass Lernen generationengerecht gestaltet wird. Die Aus-bildungen sollen dazu dienen, den TeilnehmerInnen auch Lernmethodik zu vermitteln und die Lust am Lernen zu för-dern.

Wie können Arbeitskarrieren alternsgerecht gestaltet wer-den?

Auch Karrieremöglichkeiten sind innerhalb der Personalent-wicklung ein grundlegendes Thema. Im Zuge einer alternsge-rechten Personalentwicklung sind dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:

Page 41: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

41

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Karrieremöglichkeiten sollten grundsätzlich allen Alters-gruppen im Unternehmen offen stehen.

• Karriereentwicklungsmöglichkeiten sollten langfristig ge-plant werden.

• Die Veränderung von Leistungspotentialen im Älterwer-den sollte bei der Planung betrieblicher Karrieremodelle berücksichtigt werden.

• Karriereschritte, die die Übernahme von Führungsaufga-ben beinhalten, sollten sich nicht nur am Fachwissen von Personen orientieren, sondern vor allem die soziale Kom-petenz als Kriterium definieren.

• Neben vertikalen Karrieren sind auch horizontale Karrie-remöglichkeiten zu entwickeln, die so genannte Fachkar-rieren ermöglichen.

• Zu enge Spezialisierungen sind zu vermeiden, da sonst die Gefahr beruflicher Sackgassen besteht.

• Beförderungsverfahren sollten für alle MitarbeiterInnen transparent und nachvollziehbar sein.

Welche Rolle spielen die Werte eines Unternehmens für die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit?

Welche Erfahrungen wir aus unseren Beobachtungen machen, hängt wesentlich von unserem „Verarbeitungsmodell“ ab. Dieses Verarbeitungsmodell enthält gewisse Werthaltungen ebenso wie Einstellungen und Annahmen. Besteht beispiels-weise eine stark defizitorientierte Sicht auf das Älterwerden, werden auch vorwiegend Wahrnehmungen gemacht (selekti-ve Wahrnehmung), die die Hypothesen des Verarbeitungsmo-dells bestätigen (Bestätigungsfehler). Das führt dazu, dass im Umgang mit Älteren der Fokus von Führungskräften mit defi-zitorientierter Sicht auf das Altern nicht bei den Ressourcen dieser Gruppe liegt. Eine geringe oder fehlende Anerkennung von Arbeitsleistung und individuellen Potentialen ist jedoch nicht nur für das Unternehmen ein großer Verlust, für be-troffene MitarbeiterInnen entstehen dadurch gesundheitliche Risiken und Risiken in Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit.

Page 42: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

42

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

4.5.3 Durchführung von Interventionen

Die Ergebnisse der verschiedenen Analyseschritte sollten zusam-mengefasst werden und in Abstimmung mit der Gesamtstrategie des Unternehmens und den Projektzielen gebracht werden. Ebenso wird es erforderlich sein, eine zeitliche und inhaltliche Priorisierung vorzunehmen.

Dabei sind Maßnahmen prioritär zu behandeln, die …

• langfristige Wirkungen versprechen, d. h. Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern.

• einen hohen Wirkungsgrad in Bezug auf einzelne MitarbeiterIn-nen haben.

• die Arbeitsbedingungen vieler MitarbeiterInnen erleichtern.

• Lerneffekte der MitarbeiterInnen erreichen.

• zukunftsorientiert sind.

• die Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen fördern.

• Handlungsspielräume der MitarbeiterInnen erweitern.

Welche Rolle spielt die Führung innerhalb des Demografie-managements?

Führung spielt im Hinblick auf die Erhaltung der Leistungsfä-higkeit Älterer eine entscheidende Rolle, ist doch die unmit-telbare Führungskraft dafür verantwortlich, inwieweit Mitar-beiterInnen gefordert, gefördert und unterstützt werden und prägt zudem das soziale Klima einer Abteilung entscheidend. Nicht zu unterschätzen ist auch die Vorbildfunktion der Füh-rungskräfte für MitarbeiterInnen.

Wie können MitarbeiterInnen in die Umsetzung von betriebli-chem Demografiemanagement mit einbezogen werden?

Die Einbeziehung von MitarbeiterInnen kann einerseits über MitarbeiterInnen-Befragungen erfolgen, andererseits können verschiedene MitarbeiterInnen-Arbeitskreise mit der Bearbei-tung von Themen betraut werden. Ein gutes Instrument stellt auch das Arbeitsbewältigungscoaching dar.

Page 43: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

43

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Wichtig ist außerdem, eine möglichst heterogene Gruppe von Mit-arbeiterInnen in die operative Maßnahmenumsetzung einzubinden, um zu gewährleisten, dass diese Maßnahmen für MitarbeiterInnen in verschiedenen Arbeitsbereichen, Lebenssituationen, Altersgrup-pen usw. attraktiv, nützlich und zielführend sind.

4.5.4 Evaluierung

Die Evaluierung von Maßnahmen innerhalb des betrieblichen De-mografiemanagements sollte in Hinblick auf die im Vorfeld defi-nierten Ziele erfolgen und kann möglicherweise mittels derselben Erhebungsverfahren umgesetzt werden, die in der Analyse einge-setzt wurden. Der Zeitpunkt der Evaluierung sollte so gewählt wer-den, dass Wirkungen aus den gesetzten Maßnahmen sich entfalten konnten und gleichzeitig keine dominanten betrieblichen Ereignisse die Ergebnisse verfälschen (z.B. wirtschaftlicher Einbruch mit einer hohen Zahl von Kündigungen, tiefgreifende Änderungen der Unter-nehmensstruktur, …).

Aus den Erfahrungen, die im Projektdurchlauf gemacht wurden, können nun Instrumente entwickelt werden, anhand derer das De-mografiemanagement in das Managementkonzept des Unterneh-mens integriert werden kann. Ziel ist es, künftig alle betrieblichen Entscheidungen durch die „Brille“ der Demografie zu überprüfen.

Page 44: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

44

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

5. Beispiele aus der Praxis

NORIS Feuerschutzgeräte GmbHNORIS wurde 1931 gegründet und ist seitdem in den Bereichen Ver-kauf, Prüfung und Wartung von Feuerlöschgeräten bzw. Beratung zu Fragen des Brandschutzmanagements tätig. 2002 wurde das Unter-nehmen von Robert Slameczka im Rahmen einer Gesamtbetriebs-nachfolge übernommen.(www.noris.co.at)

Brücken zwischen den Generationen

Er gibt Sicherheit und rettet Leben – der Feuerlöscher. In den roten Geräten steckt viel Technik und Know-how. Genau dieses Wissen auch bei den jüngeren MitarbeiterInnen zu bewahren, ist für die NORIS Feuerschutzgeräte GmbH ein zentrales Anliegen.

Will ein Unternehmen den Spagat zwischen Tradition und zeitgemä-ßer Ausrichtung schaffen, gibt es viele Hausaufgaben zu erledigen. Gerade der demografische Wandel stellt heimische Firmen vor gro-ße Herausforderungen. Das Grazer Brandschutz-Unternehmen NO-RIS hat dies erkannt und zeigt vor, wie die vermeintlichen Probleme in Vorteile verwandelt werden können.

Bereits seit 80 Jahren werden mitten in der steirischen Landes-hauptstadt Löschgeräte vertrieben, geprüft und gewartet. Als der Familienbetrieb 2002 im Zuge eines Beratungsprojektes von Robert Slameczka übernommen wurde, gab es durch die kontinuierliche Unternehmensführung der früheren Besitzerin, eine Reihe von älte-ren Teammitgliedern, die über umfangreiches Wissen und Erfahrung in der Branche verfügten. Dieses Know-how auch den neuen und jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterzugeben und die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu halten, ist ein be-sonderes Anliegen der neuen Geschäftsführung.

„Nach der Übernahme des Unternehmens sind wir rasch von 20 auf 60 Mitarbeiter gewachsen. Diese Expansion erforderte besondere Maßnahmen“, beschreibt Slameczka die Ausgangslage. Gerade die ältere Generation sollte die vielen Veränderungen im Unternehmen mittragen. Um dies zu erreichen, wurden ein Leitbild und Unter-nehmensgrundsätze erarbeitet. An der Entwicklung diese Leitlinien waren alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt, um eine mög-lichst hohe Akzeptanz zu erreichen.

Page 45: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

45

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

„Doch ein Leitbild alleine ist zu wenig. Die definierten Grundsät-ze müssen gelebt werden. Dadurch kann eine Unternehmenskultur entstehen, die Identifikation schafft“, erklärt der Inhaber der NORIS GmbH. Zu dieser Kultur zählt für die Brandschutz-Firma auch die Bereitschaft, auf die Bedürfnisse des Einzelnen einzugehen. Mit Hil-fe flexibler Arbeitszeitmodelle oder angepasster Aufgabenbereiche sollen langdienende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geför-dert und im Betrieb gehalten werden. Davon profitieren nicht nur die betroffenen Personen selbst, sondern auch das Unternehmen. „Durch die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, ist die Belegschaft zufriedener und produktiver. Außerdem konnten wir durch die NO-RIS-Akademie Spezialwissen weitergegeben und so weit wie mög-lich in Ausbildungsunterlagen archivieren“, erklärt Slameczka.

All diese Bestrebungen führten neben gesteigertem Erfolg und sta-bilen Mitarbeiterverhältnissen, auch zu einigen Auszeichnungen wie etwa dem „Nestor“. Für Robert Slameczka ist das aber noch nicht genug. „Der demografische Wandel ist nur ein Aspekt in der gesellschaftlichen Aufgabenstellung für Unternehmen. Es gilt, die Chancen, die ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bieten, zu nutzen. Aber die Chancen und besonderen Fähigkeiten zu nut-zen und zu fördern gilt für jeden Menschen. Egal ob Mann oder Frau, Ausländer oder Inländer, ohne oder mit Behinderung usw. - es geht um die Grundeinstellung von Unternehmen, die besonderen Fähigkeiten und die Leidenschaft von Menschen zu entdecken, zu fördern und zu entwickeln. Die wichtigste Aufgabe dabei ist, diese Entwicklungsfreudigkeit bei Menschen zu erhöhen.“

Page 46: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

46

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Stahl Judenburg GmbHStahl Judenburg ist ein führender Hersteller von Edelbaustahl, Werkzeugstahl und Kolbenstangen für die Hydraulikindustrie, den Maschinenbau und die Automobilindustrie. Über 85 Prozent der Produkte werden weltweit exportiert. (http://www.stahl-judenburg.com/)

MitarbeiterInnen im Mittelpunkt

Was tun, wenn eine Region schrumpft, ein erfolgreiches Unterneh-men dort aber im gleichen Maße wächst?

Genau mit dieser Fragestellung beschäftigt sich aktuell Stahl Juden-burg und versucht mit unterschiedlichen Maßnahmen, dem demo-graphischen Wandel aktiv entgegenzusteuern.

Ob Kreischberg, das Stift St. Lambrecht, oder der Naturerlebnispark Hohentauern – die Region „Oberes Murtal“ hat so einiges zu bieten. Dennoch sind die Bezirke Murau, Judenburg und Knittelfeld beson-ders stark vom demographischen Wandel betroffen. Dies stellt nicht nur die Region selbst, sondern auch die ansässigen Unternehmen vor große Herausforderungen. Als bestes Beispiel hierfür kann die Stahl Judenburg GmbH dienen. Mit einer Exportquote von über 85 Prozent ist der Stahlproduzent besonders von der Verfügbarkeit und Leistung qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abhängig.

„Im Murtal trifft eine hohe Abwanderungsquote auf eine niedrige Geburtenrate. Als Unternehmen müssen wir uns dieser Realität stel-len und versuchen, mit gezielten Maßnahmen qualifizierte Mitar-beiter in der Region und vor allem im Betrieb zu halten“, schildert Klaus Seybold, Personalleiter der Stahl Judenburg, die Situation.

Der Hersteller von Edelbau- und Werkzeugstahl, einbaufertigen Len-kungskomponenten sowie Kolbenstangen für die Hydraulikindust-rie, den Maschinenbau und die Automobilindustrie hat sich das Ziel gesetzt, den zu erwartenden Änderungen am Arbeitsmarkt mit einer attraktiveren Arbeitsumgebung und der Akquise neuer Mitarbeiter entgegenzuwirken und so den starken demographischen Wandel zu kompensieren.

Konkret setzt das Unternehmen dabei etwa auf ein umfassendes Gesundheitsprojekt, das 2011 mit dem Gesundheitspreis „Fit im Job“ ausgezeichnet wurde, vielfältige interne und externe Aus- und Weiterbildungen, oder auf die Vernetzung mit Schulen und Ausbil-dungsinstitutionen der Region.

Page 47: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

47

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Aber auch die Zusammenarbeit von jüngeren und älteren Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmern und Modelle wie die Altersteilzeit werden gefördert. „Durch die bisher durchgeführten Maßnahmen konnten wir einige unserer Ziele bereits erreichen. Die Fluktuation bei unseren rund 360 eigenen Mitarbeitern liegt etwas unter einem Prozent und das Interesse an einer Lehre in unserem Unternehmen ist heuer so groß wie noch nie“, zeigt sich Seybold von den schon vorliegenden Ergebnissen erfreut. Mit weiteren Aktivitäten, wie ei-nem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, bei dem die Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter Vorschläge zur Optimierung der Arbeitsab-läufe abgeben können und für gute Ideen belohnt werden, soll die Identifikation mit dem Unternehmen weiter gestärkt werden.

Doch nicht nur firmenintern ist Stahl Judenburg im Themenbereich demographischer Wandel engagiert. Der Stahlproduzent ist auch Partner des Projekts „Kraft. Das Murtal“. Die regionale Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklungen im Murtal ak-tiv mit zu gestalten. Mehr als 50führende Betriebe und Partneror-ganisationen setzen dabei gemeinsam Impulse zur Verbesserung der Situation des Standorts. „Denn jede Stärkung des Standortes bringt eine Stärkung der gesamten Region“, meint dazu Seybold. Schwerpunkthema des Projekts ist unter anderem auch die Attrakti-vität der Murtaler Arbeitgeber. Dies wurde mit Unterzeichnung einer Charta bestätigt, wodurch für die Menschen in der Region bessere Arbeitsperspektiven für Wachstum und Weiterentwicklung geschaf-fen werden sollen.

Page 48: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

48

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

DEAKON Degen GmbHDie Kabelkonfektion DEAKON Degen GmbH wurde 1988 als Ein-Frau-Betrieb von Anneliese Degen gegründet. Damals wurde sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes von ihrem Arbeitgeber gekündigt. Ein halbes Jahr später konnte sie die erste Mitarbeiterin einstellen. Der-zeit sind es 20. Beliefert werden Kunden verschiedenster Branchen weltweit. (www. deakon.at)

Guter Draht zwischen Jung und Alt

Heimische Betriebe setzen immer öfter auf Erfahrung und Know-how von älteren Mitarbeitern. Für die Kabelkonfektion DEAKON Degen in Hart bei Graz ist die Zusammenarbeit der Generationen schon ein alter Hut.

Kabelsalat maßgeschneidert. So oder so ähnlich könnte man kurz den Tätigkeitsbereich dieses Unternehmens mit 20 Mitarbeitern nennen. „Wir verkabeln alles. Von der Videomaut in Deutschland und Österreich bis hin zu Aufzügen oder Messinstrumente in Test-fahrzeugen“, erklärt Firmengründerin Anneliese Degen. Wann immer man irgendwo eine Lösung für eine komplette Verkabelung braucht, um Daten, Strom oder auch beides hin- und herzujagen, ist man bei ihr richtig. Sowohl nationale als auch internationale Kunden vertrauen auf die Kompetenz und die Präzision ihrer Mitarbeiter. Die sieht sie als große Familie. Und das glaubt man ihr auch aufs Wort.

„Die meisten Mitarbeiter sind schon jahrelang im Betrieb, einige seit der Anfangszeit vor 23 Jahren. Und gerade ältere Kollegen leis-ten hervorragende Arbeit. Erst im Februar haben wir eine 53-jährige Frau, die noch dazu kurz vor einer dreiwöchigen Kur stand, auf-genommen. Sie hat sich als echter Glücksgriff erwiesen“, erzählt sie. Natürlich muss man auch in Mitarbeiter investieren. Perma-nente Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten, ergonomisch günstige Arbeitsplätze, gesundheitsfördernde Maßnahmen wie die Brille auf Firmenkosten, aber auch Wertschätzung und Respekt den Mitar-beitern gegenüber – ganz egal, wie alt sie sind - zahlen sich aus. Davon ist Anneliese Degen überzeugt: „Bei uns gibt es so gut wie keine Personalfluktuation und auch ganz wenige Krankenstände. Die vorhandene Erfahrung vermindert unsere Fehlerquote und er-höht damit die Kundenzufriedenheit und in weiterer Folge die Auf-tragslage.“

Disziplin, Verantwortung, Hilfsbereitschaft, Respekt und Wertschät-zung – nur einige der Dinge, die junge Mitarbeiter von älteren lernen können. Umgekehrt ist es der Elan, die Neugier und die Lernbereit-

Page 49: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

49

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

schaft der Jungen, die immer wieder die älteren Kollegen mitreißt, meint sie. Vor allem Frauen mit Kindern zollt sie höchsten Respekt: „Die können wirklich die Übersicht behalten, sich und die Dinge um sie organisieren und sie bleiben cool, wenn es rundherum einmal hektisch wird, weil sie das alles von zu Hause gewohnt sind“, zeigt sie sich schwer beeindruckt. Apropos: schwer beeindruckt war auch die Gebietskrankenkasse, Frau Degen durfte ein Referat zum Thema psychische Gesundheit bei einer Konferenz in Berlin halten und wurde dafür mit einer Europaurkunde ausgezeichnet. Dafür hat Frau Degen ein Geheimrezept: „Regelmäßig selbstgebackene Kuchen und das monatliche Pizzaessen – das hält bei Laune.“

Page 50: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

50

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Saubermacher AGSaubermacher ist ein führendes Unternehmen im Bereich Abfall-wirtschaft und in allen Umweltfragen. Die im Jahr 1979 von Hans und Margret Roth als Roth-Umweltschutz GmbH gegründete Firma beschäftigt mittlerweile rund3.900 Mitarbeiter im In- und Ausland. Im Bereich Entsorgung und Verwertung von Abfällen betreut Sau-bermacher etwa 1.600 Gemeinden und über 40.000 Kunden aus Handel, Gewerbe und Industrie. (http://www.saubermacher.at/)

Mitarbeiter gestalten die Zukunft mit

Abfallwirtschaft und Recycling sind ohne Frage zukunftsträchtige Themen, genau wie die Bereiche Mitarbeiter und der demografi-sche Wandel. Die Firma Saubermacher setzt sich bereits jetzt inten-siv damit auseinander.

Als führender Abfallspezialist in Österreich gehören Umweltfragen zum täglichen Geschäft der Saubermacher AG. Für 1.200 Gemeinden und rund 40.000 Unternehmen bietet die Firma mit Hauptsitz in Graz maßgeschneiderte Lösungen rund um das Thema Abfallentsorgung und -verwertung. Doch nicht nur in ihrem Haupttätigkeitsbereich hat Saubermacher Konzepte und Ideen parat, auch bei den eigenen Mitarbeitern setzt das Unternehmen auf konkrete Maßnahmen, um dem demografischen Wandel entgegenwirken und altersgerechtes Arbeiten zu ermöglichen.

So ist das Unternehmen etwa Teil des SFG-Projekts „Demographie Potential Steiermark“ und des Programms „Fit für die Zukunft – Arbeitsfähigkeit erhalten“. Dieses wird zur Förderung bzw. Primär-prävention von der PVA (Pensionsversicherungsanstalt) und der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) finanziert. Bis 2012 werden so insgesamt 20 Pilotbetriebe mit rund 13.000 Arbeitneh-mern aus acht Branchen unterstützt, um die Arbeitsfähigkeit ihrer Mitarbeiter nachhaltig zu fördern. „Zu diesem Zweck werden fin-nische Forschungs- und Beratungsergebnisse aufgegriffen und in den Betrieben über vier Jahre gezielte Aktivitäten zur besseren Ar-beitsbewältigung gesetzt“, erklärt Birgit Magele, Personalchefin von Saubermacher Österreich, die Herangehensweise des Programms. Zusätzlich werden im selben Zeitraum drei Mitarbeiterbefragungen durchgeführt, um daraus weitere Maßnahmen zum Erhalt der Ar-beitsfähigkeit ableiten zu können. „Diese Aktionen sind für uns und unsere Mitarbeiter sehr wichtig. Wir sind zwar im Moment noch in der glücklichen Lage, nicht direkt vom demographischen Wandel

Page 51: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

51

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

beeinflusst zu werden, wir wollen aber für die Zukunft gerüstet sein und beginnen daher jetzt schon, uns vorzubereiten“, erklärt die Personalleiterin.

Dabei ist es für das Unternehmen besonders wichtig, eine Basis zu schaffen, die es den Mitarbeitern ermöglicht, so lange wie möglich im Job zu bleiben. In einer Branche, die von schwerer körperlicher Arbeit geprägt ist, stellen sich dabei einige Herausforderungen. „Cir-ca 70 Prozent unserer Belegschaft sind Arbeiter, die ihr Leben lang körperlich sehr hart arbeiten. Wir wollen mit konkreten Angeboten schon sehr früh Sensibilisierung für das Thema Arbeitsfähigkeit im Alter schaffen“, meint dazu Magele. Neben der Beteiligung an den erwähnten Programmen bietet Saubermacher daher auch weitere Maßnahmen, wie etwa Infoschulungen mit Schwerpunkten zu Ergo-nomie am Arbeitsplatz oder richtiges Heben oder Ziehen an. Auch Herzfrequenzmessgeräte stellt das Unternehmen bereit, mit denen die Mitarbeiter ihre Belastungskurven vor Auge geführt bekommen und auf die Wichtigkeit von Pausen sensibilisiert werden sollen. Er-gänzt werden die Aktivitäten durch Arbeitsbewältigungschoachings und Arbeitszufriedenheitskoordinatoren an allen Standort. „Das ist gerade für eine dezentral organisierte Firma wie unsere sehr wich-tig“, weiß die Personalmanagerin.

Besonders erfreulich ist für Magele die positive Resonanz der Mit-arbeiter, die die angebotenen Aktionen gerne und intensiv nutzen. „Teilweise werden unsere Arbeitnehmer auch schon selbst aktiv und bringen sich in den Prozess mit ein. Das ist für uns nicht nur äußerst positiv, sondern erleichtert uns auch die Arbeit an unseren Konzepten für die Zukunft“, berichtet Birgit Magele.

Page 52: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

52

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Quellen:

Internet:www.fgoe.org

www.statistik.at

www.baua.de

www.infoline-gesundheitsfoerderung.de

www.arbeitundgesundheit.at

www.arbeitundalter.at

www.inqa.de

www.arbeitundgesundheit.at

www.demographie-netzwerk.de

www.arbeitundzukunft.de

www.innovaging.uni-hannover.de

www.arbeitsfaehigkeit.uni-wuppertal.de

www.zew.de

www.arbeitsinspektion.gv.at

www.psychosoziale-gesundheit.net

www.vorgesetzter.de

www.sfg.at/cms/2903

www.move-ment.at

Page 53: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

53

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

Literatur

• Antonovsky / Franke: Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit, 1997

• Ahrend / Konietzko: Der ältere Mensch am Arbeitsplatz, in: Ko-nietzko / Dupuis, Handbuch der Arbeitsmedizin, 15. Erg. Lfg. 12/95

• Dittmann-Kohli / van der Heijden: Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer - interne und externe Einflussfaktoren, in: Zeit-schrift für Gerontologie und Geriatrie, 1996

• Hausknecht / Rodda / Howard: Targeted employee retention - Performance-based and job related differences in reported reasons for staying; in: Human Resource Management, Heft 2/2009

• Ilmarinen / Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010, 2002 (Neuauflage wird für 2012 erwartet!)

• Kliegel / Smith / Baltes: Testing the Limits and the study of adult age differences in cognitive plasticity of a memonic trai-ning, Developmental Psychologie25, 1989

• Kruse: Psychologische Beiträge zur Leistungsfähigkeit im mitt-leren und höheren Erwachsenenalter-eine ressourcenorientierte Perspektive, in: v. Rothkirch (Hrsg.): Altern und Arbeit: Heraus-forderung für Wirtschaft und Gesellschaft, 2000

• Kruse / Rudinger: Lernen und Leistung im Erwachsenenalter, in: Weinert / Mandl (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie-Pä-dagogische Psychologie: Psychologie der Erwachsenenbildung, 1997;

• Neumann: Körperliche und geistige Fähigkeiten älterer Arbeit-nehmer aus entwicklungspsychologischer Sicht, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Bedeutung des demographischen Wan-dels, 1994

• Kurzmann: Mittelfristige Beschäftigungsprognose für die Stei-ermark bis 2018, in: Joanneum Research: Policies Report, 2010

• Lehr: Der ältere Mensch im Arbeitsprozess – Stereotypen und Tatsachen, in: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 8, 1975

Page 54: Demografiemanagement - Movement - Startseite · 2018-05-24 · Von 2011 bis 2031 sinkt die Zahl der Erwerbstätigen von 578.509 Personen auf 545.942 Personen, was einen Rückgang

54

http

://s

fg.a

t – D

urch

Wei

terb

ildu

ng e

rfol

grei

cher

wer

den

Demografiemanagement

• Regent: Mit 40 – war das schon alles? Fach- und Führungskräfte im mittleren Lebensalter; in: DCFP e. V. (Hrsg.): Personalent-wicklung für ältere Mitarbeiter, 2004

• Salthouse: Theoretical perspectives on cognitive ageing, 1991

• Schütz (Hrsg.): Alter und Krankheit, 1987

• Spörer / Brunstein: Pädagogische Psychologie des Erwachse-nenalters, in: Pawlik (Hrsg.): Psychologie, 2006

• Wieland: Handbuch Wertemanagement - Erfolgsstrategien einer modernen Corporate Governance, 2004