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Diagnostik und Therapie der Bipolaren Störung Zuoz, 7. Oktober 2011

Diagnostik und Therapie der Bipolaren Stö · PDF filedepressiv, liegt fast den ganzen Tag im Bett, macht sich selbstvorwürfe und hat Suizidgedanken Bipolare Störung, gegenwärtig

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Diagnostik und Therapie der Bipolaren Störung

Zuoz, 7. Oktober 2011

3-Minuten-Atemraum

Fallvignette I

Herr R., 23 Jahre, wird von der Polizei aufgegriffen. Er wurde auffällig, als er an der Bahnhofkreuzung selbständig begann, den Verkehr zu regeln. Er ist völlig uneinsichtig und gereizt bei der Untersuchung.

Von der Freundin des Patienten ist zu erfahren, dass Herr R. bis vor 4 Wochen in ambulanter psychiatrischer Behandlung war wegen Depressionen. Seit 3 Tagen schlafe er nicht mehr, habe seinen Chef beleidigt und ein grosses Auto auf Kredit gekauft.

Bipolare Störung, gegenwärtig manisch

Fallvignette II

Frau S. hatte verschiedene manische und depressive Episodenin der Vergangenheit. Nun ist sie seit mehreren Monaten schwer depressiv, liegt fast den ganzen Tag im Bett, macht sich selbstvorwürfe und hat Suizidgedanken

Bipolare Störung, gegenwärtig depressiv

Fallvignette III

Herr R. hat grosse emotionale Schwankungen, häufig ohne äusseren Grund, was zu Spannungen in der Familie führt. Teilweise ist er auch chaotisch und unüberlegt. Er ist dabei funktionsfähig, geht zur Arbeit und hat einen normalen Tagesablauf.

Zyklothymie

Welche Schwierigkeiten fallen Ihnen auf in der Behandlung von bipolaren Patienten?

Schwierigkeiten in der Behandlung von bipolaren Erkrankungen• Tlws. schwierige Diagnostik

• Wunsch einiger Patienten nach Hypomanie

• Hohe Suizidalität, v.a. bei Abklingen der Manie

• Häufig Verschlechterung des Krankheitsverlaufs im Alter

• Grosse Belastung der Angehörigen, v.a. in der Manie

• In der manischen Phase häufig sozial schädliches Verhalten, ohne dass die Kriterien einer Zwangsmedikation erfüllt sind

• Oft schwer behandelbare Depressionen

• Tlws. Zustandsverschlechterungen ohne erkennbare äussere Stressoren

• Medikamentöse Therapie, häufig auch Kombinationen in der Regel lebenslang nötig

• Einige wirksame Medikamente haben schwerwiegende Nebenwirkungen

• Medikamentöse Behandlungsrichtlinien unterscheiden sich in relevanten Punkten

• Häufig off-label-use

Übersicht

AffektiveStörungen

Bipolare Störung

(manisch-depres-sive Erkrankung)

UnipolareDepression

Anhaltende affektive Störung

(Zyklothymie, Dysthymie)

(Unipolare)Manieselten!

Mindestens 2 Jahreanhaltend

10

Verteilung

Möller et al., 1996

10-15% versterben durch Suizid

Bipolare StörungManifestationsalter 15-40 Jahre

DepressionManifestationsalter Jugend - Alter

Diagnostische Kategorien

Unipolare Manie Bipolar I

Hyperthymie Zyklothymie Bipolar II

Euthymie Dysthymie Major Depression

Manie

Hypomanie

Depression

schwereDepression

Normale Zyklothyme Zyklothymie Bipolar II Unipolare Bipolar IStimmungs- Persönlich- Störung Manie Störungschwankung keit

Baseline

Goodwin et al., 1990

Stimmungsschwankungen

„Die Manie ist das Feuer der bipolaren Erkrankung, die Depression ist die Asche.“(A. Koukopoulos)

Verlauf der Erkrankung

Feuer und Asche

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Verlauf der Erkrankung

Verlauf bipolarer Störungen: Beispiele

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Verlauf bipolarer Störungen: Beispiele

Verlauf der Erkrankung

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Verlaufsformen bipolarer Störungen ohne und mit rapid cycling

Verlauf der Erkrankung

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Angst

Zwang

Sucht

Eßstörung

Migräne

zum Beispiel: Angst

Komorbiditäten

Verlauf der Erkrankung

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

vermindertes . Selbstwertgefühl,. Schuldgefühle

verminderter Antrieb und wenig Energie .

verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit .

erhöhte Ermüdbarkeit

Interessenverlust und . Freudlosigkeit

negative und .pessimistische. Zukunftsperspektiven

gedrückte Stimmung

. Suizidgedanken und suizidale Handlungen

körperliche Beschwerden(Schlafstörungen, Libidoverlust, Appetitstörung, Verstopfung)

Depression

Symptome

DepressionSymptome für mindestens 14 Tage

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

affektive Reagibilität(„Auslenkbarkeit“)

vermehrter Appetit

Gewichtszunahme

vermehrter Schlaf

bleierne Schwerein Armen und Beinen

Überempfindlichkeit gegenüber

Zurückweisungen

AtypischeDepression

Symptome

Atypische Depression

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

gehobene Stimmung,erhöhtes Selbstwertgefühl

schnelleres Denken, mehr Ideen und Pläne

gesteigerter Antrieb, vermehrte körperliche Aktivität

verstärkte Motivation am Arbeitsplatz, verstärkte soziale Aktivitäten

Heiterkeit, witzige Einfälle, vermehrtes Lachen

auffallendes Gefühl von Wohlbefinden undkörperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit

gesteigerte Gesprächigkeit und Geselligkeit,

Ablegen von Schüchternheit

Hypomanie

körperliche Symptome(vermindertes Schlafbedürfnis, gesteigerte Libido)

Hypomanie Symptome für mindestens 4 Tage

Symptome

vermehrte Geldausgaben

vermehrter Konsum von Kaffee, Tabak und Alkohol

starker Sexualtrieb:Risiko von Infektionen, von

ungewollten Schwangerschaften

riskantes Geschäftsverhalten, unüberlegte Investitionenvermehrte Ablenkbarkeit;

übermäßige Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, dadurch

Vernachlässigung von Pflichten

unvorsichtiges und riskantes Autofahren

Erregbarkeit

Hypomanie

vermehrter Konsum von illegalen Drogen:Risiko von Spätschäden sowie von Abhängigkeit, z.B. von Opiaten

Ungeduld

Symptome

Die dunkle Seite der Hypomanie

Definition Hypomanie

• An vier aufeinander folgenden Tagen gehobene oder gereizter Stimmung

• Mindestens drei der folgenden Merkmale• Gesteigerte Aktivität, Unruhe, Gesprächigkeit,

Konzentrationsschwierigkeiten, Ablenkbarkeit, vermindertes Schlafbedürfnis, Libidosteigerung, leichtsinniges oder verantwortungsloses Verhalten, gesteigerte Geselligkeit

• Die persönliche Lebensführung ist normalerweise nicht beeinträchtigt

• Die Episode erfüllt nicht die Kriterien einer Manie

Folie: R. Maier, SK

übersteigertes Selbstwertgefühl, maßloser

Optimismus

starke Ablenkbarkeit

Ideenflucht und Gedankenrasen

deutlich vermindertes Schlafbedürfnis

erhöhte Redegeschwindigkeit,

starker Rededrang

gesteigerte sexuelle Aktivität

ungezügeltes Einkaufen,Verlust sozialer Hemmungen

Unruhe, Gereiztheit, Aggression

Wahrnehmungsstörungen (z.B. Farben sind besonders leuchtend)

Manie

Größenideen,Größenwahn

Verlust derUrteilsfähigkeit

Appetitminderung

Manie Symptome für mindestens 7 Tage

Symptome

Manische Episode

• Mindestens 1 Woche andauernd.• Symptome

• Situationsinadäquate, anhaltende gehobene Stimmung / Gereiztheit• Selbstüberschätzung• Vermindertes Schlafbedürfnis• Gesprächigkeit / Rededrang• Verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration• Ablenkbarkeit, Hyperaktivität

• Manie vs. Hypomanie: Störung der beruflichen und sozialen Funktion

• Hohe Suizidalität (15% sterben durch Suizid, ¼ machen Selbstmordversuch)

gesteigerter Antrieb

Gereiztheit

Ideenflucht

Suizidgedanken

Hoffnungslosigkeit

gedrückte Stimmung

depressive Episode

gemischte Episode

Symptome

Mischzustand

manische Episode

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Bipolar I / Bipolar II / Rapid Cycling

• Eine affektive (Stimmungs-) Störung, die normalerweise sowohl eine Manie / Hypomanie als auch Depression umfasst:1

• Bipolar I – manische / gemischte Episoden und ,fast immer‘ episodischen Depressionen

• Bipolar II – wiederholt schwere depressive Episoden und hypomanische Episoden

• Bipolares Spektrum – inkl. subsyndromale Symptomatik

• Bipolare Störung mit Rapid-Cycling-Verlauf –mindestens 4 Episoden pro Jahr

1. Muller-Oerlinghausen B. Lancet 2002;359:241–247 Folie: R. Maier, SK

Krankheitsverlauf von bipolaren Störungen

• Frühes Erst-Auftreten – Durchschnittsalter 21 Jahre1

• Prävalenz der Bipolar-1-Störung: 1 %2

• Prävalenz des Bipolar Spektrums: 2.6 – 6.5%6

• Viele Episoden – rund 8 Episoden in den10 auf die Diagnose folgenden Jahren2

• Hohe Rückfallwahrscheinlichkeit nach einer akuten Episode4

• Häufiges Auftreten von gemischter Symptomatik3

• Geringer Anteil vollständiger Remission4

• Geringer Anteil voller funktioneller Genesung 4,5

• Beträchtliche Suizidgefahr – 20mal höher als in der Gesamtbevölkerung; Langzeitrisiko von 3-6 %2

1. APA Practice Guidelines (2002). Treatment of patients with bipolar disorder (2. Auflage)2. Goodwin GM et al. J Psychopharmacol 2009;23:346–388 3. Benazzi F, Akiskal HS. J Affect Disord 2006;96:183–187 4. Angst J, Sellaro R. Biol Psychiatry 2000;48:445–4575. Tohen M et al. Am J Psychiatry 2000;157:220–2286. Angst J. J Affct Disord 1998;50:143-151

Folie: R. Maier, SK

Bipolare Störung

• Häufig nicht oder fehl-diagnostiziert

• Eine Frau, die mit 25 Jahren an einer bipolaren Störung erkrankt

• hat eine um 9 Jahre verkürzte Lebenserwartung

• verliert 12 Jahre normalen gesundes Lebens

• verliert 14 Jahre normaler beruflicher und familiärer Aktivität

US-Gesundheitsbehörde

Äthiopathogenese

• Starke genetische Belastung

Schumacher et al., 2007

1%

5-10%

45-75%

Erhöhte Empfindsamkeit

Ursachen der Erkrankung

Wie hoch ist das Risiko im Laufe des Lebens an einer bipolaren Störung zu erkranken? (nach Jones und Craddock)

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

PharmakotherapiePsychotherapie

Soziotherapie

Arzt-Patienten-Beziehung

Behandlung

Therapieansätze zur Behandlung bipolarer Störungen

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Soziotherapie

Behandlung

Soziale Integration

Finanzen

ArbeitenWohnen

Freizeit

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

33

Manie – Behandlungsphasen

• Assessment (Untersuchung)

• Care (Betreuung)

• Treatment (Behandlung)• Akuttherapie

• Erhaltungstherapie

• (Rezidivprophylaxe)

6-12 Monate JahreWochen bis Monate

Ansprechen Remission Rückfall(in die „alte“ Episode)

VollständigeGesundung

Wieder-

erkrankung(neue Episode)

Akuttherapie

Spontanverlauf(ohne Therapie)

Phasenprophylaxe(Schutz vor Wiedererkrankung)

Erhaltungstherapie(Schutz vor Rückfall)

Behandlung

Medikamentöse Therapie (nach Greil und Schmidt): Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Phasenprophylaxe

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Bipolare Störungen: Guidelines 2009 und 2010, Therapie der akuten Manie: Konsens: Atypika + Mood Stabilizer

• CANMAT / ISBD Guidelines(Canada, international, Yatham et al., 2009)

• WFSBP GuidelinesUpdate 2009 Acute Mania (international, Grunze et al., 2009)Update 2010 Acute Depression (international, Grunze et al. 2010)

• Clinical Practice Recommendations(Australien, Neuseeland, Malhi et al., 2009)

• British Association for Psychopharmacology Guidelines(England, Goodwin et al., 2009)

• Behandlungsempfehlungen für bipolare Störungen(Schweizerische Gesellschaft für bipolare Störungen, 2011)

• ISBD Consensus Guidelines for Safety Monitoring(international, Ng et al., 2009)

Folie: R. Maier, SK

Sonstige bei Bedarf: angstlösend, schlafanstoßend, antipsychotisch wirksame Substanzen

Phasen der medikamentösen Therapie

Behandlung

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Akutbehandlung der Manie

• Dosis der atyp. Antipsychotika entspricht denen der Schizophrenie

• Lithium ggf. > 0.8 mmol/l

• Valproat kann schnell aufdosiert werden und wirkt schnell

• kein Valproat bei Frauen, die gebärfähig sind und keinen sicheren Schwangerschaftsschutz haben

• wirksamste Behandlung: Kombination atypisches Antipsychotika + Mood-stabilizer

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Level 1: Metaanalyse oder 2 randomisierte kontrollierteDoppelblindstudien mit PlazeboLevel 2: mindestens 1 randomisierte kontrollierteDoppelblindstudie mit Plazebo oder aktivem KomparatorLevel 3: prospektive, nicht kontrollierte Studie mitmindestens 10 Versuchspersonen

Bipolare Depression

• Kontroverse Diskussionen um Antidepressiva• AMSP: > 70% bipolar Depressiver erhalten AD in Kombination

mit mood stabilizern oder atypischen Antipsychotika

• Die Gefahr der Auslösung von hypomanischen oder manischen Phasen scheint geringer als angenommen (Sachs et al., 2004)

• Wirksam in der Monotherapie, aber als Zusatzmedikation bleiben sie umstritten

• Kontraindiziert sind: Trizyklische Antidepressiva, SSNaRI (Venlafaxin, Duloxetin)

Folie adaptiert nach R. Maier, SK

Akutbehandlung der bipolaren Depression

• Erste Wahl: Quetiapin bzw. Quetiapin XR (300 – 600 mg)

• Lithium, häufig in Kombination mit Antidepressivum

• Lamotrigin: unterschiedlich Einschätzung; Wirksamkeit insbesondere bei schwer ausgeprägter Depression; muss langsam aufdosiert werden

• Antidepressivum: SSRI und Buproprion

• (Einzelfälle: SSRI und Aripiprazol)

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Spezielle Verlaufsformen

• Rapid Cycling (> 3 Episoden in einem Jahr)

• Eher schlechter Verlauf

• Antimanisch: Aripiprazol

• Antidepressiv: Quetiapin (> 600 mg / Tag), Lithium, Lamotrigin

• Langzeitbehandlung: Valproat Lithium (CANMAT)

• Gemischte Episoden (gleichzeitig manische und depressive Sympt.)

• Schlecht untersucht

• Schwierige Behandlung, komplizierte Verläufe

• Antimanisch: Olanzapin, Aripiprazol

• Lithium weniger wirksam als Valproat, Carbamazepin (cave Enzyminduktion), Olanzapin, Risperidon

• Zyklothymia (subsyndromal manisch-depressiv)

• Unterdiagnostiziert, neigen zur Chronifizierung

• Es gibt keine Richtlinien zur BehandlungBehandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Erhaltungstherapie

• Anschluss an eine erfolgreiche Akuttherapie über ca. 6 (bis 12) Monate

• Weiterführung der Akuttherapie

• Kombiniert mit Psychoedukation und ggf. Psychotherapie

• Medikamentöse Anpassungen bei Nebenwirkungen

• Unterscheidung zwischen Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe wird nicht in allen Guidelines gemacht

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Rezidivprophylaxe

• Am Besten untersucht: Lithium (bei „typischen manisch-depressiven“ Symptomen), auch antisuizidal; Spiegel 0.6 – 0.8 mmol/l

• gute Wirksamkeit von Olanzapin, auch bei gemischten Episoden, aber viele NW

• Valproat-Monotherapie weniger wirksam als Lithium oder Kombination Lithium und Valproat

• Rezidivprophylaxe mindestens 2-3 Jahre, in der Regel lebenslang

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Baseline-Messungen

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

Zusätzliche Untersuchungen

Evidenzbasierte psychologische Maßnahmen

Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen

• Psychoedukation

• Soziale Rhythmus-Therapie

• Life chart-Methodik

(Stimmungskalender)

• kognitive Verhaltenstherapie

• interpersonelle Therapie

• Paartherapie

• Familientherapie

• Entspannungsverfahren

Behandlung

Psychotherapie

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

KVT

• 20 Sitzungen, zunächst wöchentlich, dann zweiwöchentlich, anschliesend monatlich

• Gemeinsame Erarbeitung und Vermittlung eines konsensuellen Wissenstandes, bei dem der Bezug zur individuellen Biografie heraus gearbeitet wird, Modifikation von dysfunktionalen und irrationalen Vorstellungen, biopsychosoziales Verständnis der eigenen Problematik

• Selbständiges Erkennen von potentiellen Prodromalsymptomen und Auslösern für erneute manische und depressive Phasen; therapiebegleitendes Tagebuch

• Umgang mit individuellen Kognitionen und Verhaltensweisen, die im Rahmen von depressiven und manischen Episoden auftreten (Spaltentechnik, Realitätstestung, schrittweise Aufgabenbewältigung, Ziele setzen)

• Erstellen eines Notfallplanes; Bearbeitung alltäglicher Probleme und interpersoneller Konflikte, mit dem Ziel der Reduktion des Belastungsniveaus; Training sozialer Kompetenzen und interpersoneller Fertigkeiten

Meyer & Hautzinger, 2004

KVT – 1. Teil

• Erarbeitung der persönlichen Geschichte depressiver und manischer Episoden seit Beginn der Erkrankung

• Motivation, Aufbau einer therapeutischen Beziehung

• Spezielle Techniken• Psychoedukation

• Material• Manische und depressive Symptome

• Visuelle Darstellung einer Krankengeschichte (Episoden, Ereignisse, Belastungen, Medikamente, Klinikaufenthalte

• Einführung des Stimmungstagebuches / Stimmungskalenders

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

Psychoedukation – Regeln für den Therapeuten

• Vermeide belehrenden, vortragsähnlichen Stil

• Erarbeite die entsprechenden Informationen mit Hilfe von Materialien

• Knüpfe an dem Wissen und den Erfahrungen des Patienten an und ergänze dies in Abhägigkeit vom Vorwissen

• Nicht zu viele Informationen auf einmal und keine Angst vor Redundanzen bzw. Wiederholungen

Hautzinger & Meyer, 2011

„selbstgemachter“ Streß

(z.B. unnötiger Ehrgeiz, unnötiger Zeitdruck; unnötige Verpflichtungen, die in der

Hypomanie eingegangen wurden)

partnerschaftliche Konflikte

Umzug

berufliche Veränderungen

Leistungsdruck am Arbeitsplatz

Prüfungen

finanzielle Belastungen

körperliche Erkrankungen

Trennungserlebnisse

Tod eines Angehörigen

beeinflußbar

schwer oder nicht beeinflußbar

Psychoedukation: Ursachen der Erkrankung

Stressoren

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

euphorische Hypomanie/Manie

Gereiztheit, Übergriffe, Aggression,Mischung mit depressiven Symptomen

deliröse Manie(Bewußtseinsstörung, Verwirrtheit)

psychotische Symptome, „Überkochen“ der Manie, katatone Symptome

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Crescendo-Modell der Manie

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Maniforme Zustände zeigen sich zuerst fast immer als ein Mehr an Energie und Aktivität, nicht als Veränderung in der Stimmung.

leichte depressive Episode:verminderter Antrieb, Freudeverlust, Unentschlossenheit

mittelschwere depressive Episode zusätzlich zu unten:

Schlafstörung, unbegründete Selbstvorwürfe,Verlust des Selbstvertrauens

schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomenzusätzlich zu unten:

depressive Stimmung, Agitiertheit, wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Suizid, Wahn von Wertlosigkeit

Crescendo-Modell der DepressionBeispiele für eine leichte, mittelschwere bzw. schwere depressive Episode

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Stimmungskalender (life chart)

Verlauf der Erkrankung

.Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Stimmungskalender (life chart)

Verlauf der Erkrankung

KVT – 2. Teil

• Erkennen von Frühwarnsymptomen

• Sicherheit in der Unterscheidung von normalen Befinden und krankhaften Befindensveränderungen

• Spezielle Techniken• Möglichst Einbezug Angehöriger

• Material• Liste Frühwarnsymptome

• Formular persönliche Frühwarnsymptome

• Arbeitsblatt „Was ist wenn“

• Stimmungstagebuch

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

• veränderte Schlafstruktur

• Konzentrationsstörungen

• veränderte Lebensgewohnheiten

• verändertes Konsumverhalten

• verändertes Sozialverhalten (Kontakte)

• veränderte Tagesstruktur

Frühwarnsymptome können sein:

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Ziel ist Selbstkontrolle durch Selbstbeobachtung.

• Sammlung individueller Frühwarnsymptome

• Zuordnung möglicher Soforthilfemaßnahmen zu den gesammelten

Frühwarnsymptomen

• Erstellung eines Krisenplanes

Frühwarnsymptome

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Beispiele für Frühwarnsymptome im Vorfeld manischer Episoden• Ich hatte Schwierigkeiten, still zu sitzen.

• Ich fuhr schnell Auto.

• Ich trank mehr Alkohol.

• Ich wollte erleben, weil alles so langweilig erschien.

• Ich wechselte die Kleidung mehrmals am Tag.

• Ich trug farbigere oder grellere Kleidung oder Schminke.

• Ich hörte lauter Musik als sonst.

• Ich ass mehr als gewöhnlich.

• Ich ass weniger als gewöhnlich.

• Ich schlief weniger als normalerweise.

• Ich begann Sachen, die ich dann nicht beendete.

• Ich verschenkte Sachen, die mir gehörten.

• Ich kaufte Geschenke für irgendwelche Leute.

• Ich gab mein Geld freizügiger aus.

• Ich traf unkluge Entscheidungen.

• Ich feierte mehr.

• Ich interessierte mich mehr für Sex als sonst.

• Ich sang in der Öffentlichkeit.

• Ich redete lauter als gewöhnlich.

• Ich mischte mich in beliebige Gespräche ein.

Beispiele für Frühwarnsymptome im Vorfeld depressiver Episoden• Ich sagte Verabredungen ab.

• Ich wollte meine Ruhe haben.

• Alkohol und Tabletten erscheinen als kleine Helfer.

• Es fiel mir schwer, morgens aufzustehen.

• Mir war egal, wie ich aussah.

• Alles war irgendwie anstrengender.

• Ich ass langsamer als gewöhnlich.

• Ich ass weniger als gewöhnlich.

• Ich hatte weniger Appetit.

• Ich schlief mehr als normalerweise.

• Ich vernachlässigte meine Arbeit.

• Viele Dinge waren mir plötzlich gleichgültig.

• Ich dachte, mein Leben sei einziger Fehlschlag.

• Ich dachte häufiger, dass es kaum noch Hoffnung gibt.

• Ich interessierte mich nicht mehr für Sex.

• Abends war ich froh, dass der Tag endlich vorbei war.

• Ich redete leiser als gewöhnlich.

Was tun bei Frühwarnsymptomen?

.

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

Krisenplan

Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben

Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten

KVT – 3. Teil

• Strategien im Umgang mit beginnenden Symptomen

• Ziel: Balancierte Alltagsstruktur, angemessenes Aktivitätsniveau (Abbau / Aufbau; Regelmässigkeit; feste Struktur), erholsamer Schlaf-Wach-Rhythmus, Erkennen und Erarbeiten dysfunktionaler Gedanken und Einstellungen

• Spezielle Techniken• Erkennen automatischer Gedanken und anschliessende Realitätstestung

• Material• Tagesprotokoll (Aktivitäten)

• Arbeitsblatt „Besser planen“

• Evtl. Liste angenehmer Ereignisse

• Stimmungstagebuch

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

Realitätstestung

• Oft nicht geeignet für manische / hypomane Phasen

• Automatischer Gedanke: Die anderen sind unfähig und langweilig. Ohne mich geht das Projekt schief.

Was spricht dafür, Was spricht dafür, Gibt es andere

dass dies stimmt? dass dies nicht stimmt? Erklärungen?

Was würden andere in dieser Situation denken?

Wie würden sie sich das erklären?

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

KVT – 4. Teil (optional)

• Aufbau von Problembewältigungsstrategien

• Achtsamkeit

• Verbesserung von sozialen, interpersonellen Kompetenzen und Kommunikationsfertigkeiten

• Spezielle Techniken• Problemlösetraining

• Einführung und Üben von Kommunikationsregeln, Rollenspiel

• Achtsamkeitsübungen

• Einbezug von Angehörigen

• Material• Fragen Problemlösetraining

• Kommunikationsregeln

• Stimmungstagebuch

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

Problemlösetraining

1. Definition des Problems? – Was ist genau das Problem?

2. Zielfindung – Was für ein Ziel habe ich? Was wünsche ich mir?

3. Alle Lösungswege – Welche Lösungen gibt es?

4. Bewertung und Gewichtung der einzelnen Lösungswege – Wie realistisch und gut sind diese einzelnen Lösungen?

5. Entscheidung für einen Lösungsweg – Welche Lösung kann ich aufgrund der Bewertungen auswählen und ausprobieren?

6. Probe des Lösungsweges – Ausprobieren der gewählten Lösung!

7. Bewertung des Ergebnisses – Welche positiven Erfahrungen habe ich mit ausprobierter Lösung gemacht?

• Problem nicht gelöst? – Zurück zu Frage 4)

• Ergebnis zufriedenstellend? – Gut gemacht! Was gönne ich mir?

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

Kommunikationstraining

• Kommunikationsregeln• Sachlich bleiben

• Ruhig bleiben

• Zuhören

• Konkret sein und bleiben

• Gefühle in der Ich-Form ausdrücken

• Vermeide Wörter wie „immer, fast immer, nie, früher“

• Identifikation von problematischen Situation

• Erproben im Rollenspiel• Was will der Sender zum Ausdruck bringen? Wie kommt es an?

• Wie können für den Empfänger entsprechende Rückmeldungen aussehen, dass sie angenommen werden können / als hilfreich erlebt werden?

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

KVT – 5. Teil

• Persönliches Krisenmanagement und Notfallplan

• Abschluss der Therapie: Zielerreichung, Planung von Auffrischungssitzungen

• Spezielle Techniken• Einbezug von Angehörigen

• Material• Notfallplan (möglichst konkret!)

• Stimmungstagebuch

Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011

Beilagen

• Bech-Rafaelen-Manie-Skala (BRMAS)

• Manie-Selbstbeurteilungsskala (MSS)

• Beck-Depressions-Inventar (BDI)

• Stimmungskalender (PEB)

• Krisenplan (PEB)

• Formular Frühwarnsymptome (PEB)

• Arbeitsblatt „Was ist wennZ“

• Wochenplan

• Arbeitsblatt „Besser Planen“

Literatur

Euro 149.95

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Kompetenzzentrum für Psychiatrie und Psychotherapie am Zürichsee

Fr. PD Dr. med. K.Cattapan