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Aus der Klinik fiir Kinderheilkunde der Medizinischen Akademie Diisseldorf (Direktor: Prof. Dr. reed. F. GO~EL). Die experimentelle Meningokokkeninfektion der weiGen l~Iaus % Von Prof. Dr. Dr. WALTER GOETERS. Der l~orschung fiber Meningokokken waren lange Zeit dadurch enge Grenzen gezogen, dab diese Keimart im allgemeinen nieht fiber erheb- liehe tierpathogene Eigenschaften verfiigt und infolgedessen die Iden- tifizierung eines fragliehen Meningokokkenstammes clurch den Tier- versueh nicht erbracht werden kann. Weder durch nasale, noeh durch subeutane, intravenSse und intraperitoneale, nicht einmal durch intra- lumbale oder intraziste,'nale Infektion ist es m6glich, ein der epidemi- sehen Genickstarre i~hnliehes Krankheitsbild beim Tier zu erzeugen. Zwar kommt es bei intraperitonealer Infektion del weiBen Maus manch- real zu einer Bakteriaem!e (dagegen niemals zu einer Sepsis) in dell ersten 24 Stunden, jedoeh verschwinden die Meningokokken naeh Ab- lauf dieser Zeitspanne wieder vollstandig aus dem Blur, was naeh den Untersuehungen yon SACm~ROWdurch das Vorhandensein eines baeteri- ciden ~aktors und der dadurch hervorgerufenen bakteriolytisehen Wir- kung des M~useblutes zustande kommt. Neben dieser starken bacteri- ciden Fiihigkeit des M~useserums beruht die natiirliche Resistenz der Maus gegen intracerebral eingebrachte Meningokokken einerseits auf der im Vergleieh zum mensehlichen Gewebe fast aufgehobenen Phago- eytose Und der/iuBerst geringen Empfindlichkeit des Gehirns fiir die toxisehen Substanzen der Meningokokken. Allerdings ist diese unver- kennbare Resistenz der Maus gegeniiber intracerebral eingebraehten Meningokokken nur eine relative trod kann durch ,,Protoplasmaakti- vierung" der Zellen tier weiehen Hirnhf~ute durehbroohen werden. Wie SACHAgOW gezeigt hat, ist es ohne weiteres m6glich, durch intra- eerebrale Injektion yon einer im Vergleich zur Vertr/~glichkeitsdosis sehr geringen Meningokokkenmenge in I/3 Bouillon mit Milch E~ oder auch in reiner Milch bei der sonst h6chst widerstandsfi~higen Maus einder menschlichen Meningitis in kliniseher und anatomischer Hinsicht durch- aus gleiehartiges Krankheitsbild hervorzubringen. Die praktisehe Be- deutung dieser intracerebralen Meningokokken-Milch-Impfung liegt vor allem in der sch~trferen Erfassung des Toxizit~tsgrades der geprfiften * Herrn Professor Dr. H. SCHL0SSBEROER ZU seinem 60. Geburtstag am 22. 9. 194:7 gewidmet.

Die experimentelle Meningokokkeninfektion der weißen Maus

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Page 1: Die experimentelle Meningokokkeninfektion der weißen Maus

Aus der Klinik fiir Kinderheilkunde der Medizinischen Akademie Diisseldorf (Direktor: Prof. Dr. reed. F. GO~EL).

Die experimentelle Meningokokkeninfektion der weiGen l~Iaus %

Von Prof. Dr. Dr. WALTER GOETERS.

Der l~orschung fiber Meningokokken waren lange Zeit dadurch enge Grenzen gezogen, dab diese Keimar t im allgemeinen nieht fiber erheb- liehe t ierpathogene Eigenschaften verfiigt und infolgedessen die Iden- tifizierung eines fragliehen Meningokokkenstammes clurch den Tier- versueh nicht erbracht werden kann. Weder durch nasale, noeh durch subeutane, intravenSse und intraperitoneale, nicht einmal durch intra- lumbale oder intraziste,'nale Infektion ist es m6glich, ein der epidemi- sehen Genickstarre i~hnliehes Krankheitsbild beim Tier zu erzeugen. Zwar kommt es bei intraperitonealer Infektion del weiBen Maus manch- real zu einer Bakteriaem!e (dagegen niemals zu einer Sepsis) in dell ersten 24 Stunden, jedoeh verschwinden die Meningokokken naeh Ab- lauf dieser Zeitspanne wieder vollstandig aus dem Blur, was naeh den Untersuehungen yon SACm~ROW durch das Vorhandensein eines baeteri- ciden ~aktors und der dadurch hervorgerufenen bakteriolytisehen Wir- kung des M~useblutes zustande kommt. Neben dieser starken bacteri- ciden Fiihigkeit des M~useserums beruht die natiirliche Resistenz der Maus gegen intracerebral eingebrachte Meningokokken einerseits auf der im Vergleieh zum mensehlichen Gewebe fast aufgehobenen Phago- eytose Und der / iuBers t geringen Empfindlichkeit des Gehirns fiir die toxisehen Substanzen der Meningokokken. Allerdings ist diese unver- kennbare Resistenz der Maus gegeniiber intracerebral eingebraehten Meningokokken nur eine relative trod kann durch , ,Protoplasmaakti- vierung" der Zellen tier weiehen Hirnhf~ute durehbroohen werden. Wie SACHAgOW gezeigt hat, ist es ohne weiteres m6glich, durch intra- eerebrale Injektion yon einer im Vergleich zur Vertr/~glichkeitsdosis sehr geringen Meningokokkenmenge in I/3 Bouillon mit Milch E~ oder auch in reiner Milch bei der sonst h6chst widerstandsfi~higen Maus e i n d e r menschlichen Meningitis in kliniseher und anatomischer Hinsicht durch- aus gleiehartiges Krankheitsbild hervorzubringen. Die praktisehe Be- deutung dieser intracerebralen Meningokokken-Milch-Impfung liegt vor allem in der sch~trferen Erfassung des Toxizit~tsgrades der geprfiften

* Herrn Professor Dr. H. SCHL0SSBEROER ZU seinem 60. Geburtstag am 22. 9. 194:7 gewidmet.

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14 WALTER GOETERS :

Meningokokkensti~mme u n d der dadurch gegebenen M6glichkeit der Auswahl geeigneter St/~mme fiir die Herstellung yon Heilseren. Fiir die Belange der Klinik und fiir den sehneIIen Nachweis yon Meningo- kokken kommt diese Methode kaum in Betraeht.

Es war deshalb "con a]lergrSl3ter Bedeutung, als im Jahre 1936 MILL]~R und C,~STL~S ihre Methode der , ,Mucinaktivierung" bekannt gaben, die in den USA. als geeignetes Verfahren zum kulturellen Naeh- weis yon Meningokokken im Lumbalpunkta t deshalb bald ~/llgemeine Anwendung fand, weft schon geringe Keimmengen - - bei hochviru- lenten Meningokokkenst/~mmen genfigen 10 Keime - - den Tod des Versuchstieres herbeifiihren. Das Wesen dieses Vorganges blieb zu- ns unbekannt, his L. LANGV~ und SAC~AROW erkannten, dab der Mucinzusatz bei intraperitonealer Einverleibung eine deu$1iche Hem- mung der bactericiden Eigensehaften des M/iuseserums (nieh% aber bei gleicher u eine solche des Meersehweinehen- und Kaninchenserums) herbeifiihrt. Auch zur Prfifung der therapeutisehen Wirksamkeit der spezifischen Seren ist die Mucinaktivierung mit Erfolg benutz~ worden, nachdem L. LA~o~ den ~achweis erbraeht hatte, dab nach u mit untertSdlichen Dosen bei M/~usen eine zum Teil hoehgradige Immunit~t eintrit t , ohne dab das Serum solcher ,,geschiitzter" M~use einen hSheren Gehalt an agglutinatorisehen, bactericiden und bakteriotropisehen Faktoren aufweist als normales M~useserum. In Europa und besonders aueh in Deutschland hat sich die Methode der Mucinaktivierung wohl deshalb nicht eingebfirgert , weft das nur in Amerika hergestellte , ,Granularmuein" zun~ehst als allein wirksam befunden wurde. Die deutsehen Mueine (der Nord- markwerke Hamburg) erwiesen sich ohne Zus/~tze als v611ig ungeeignet, jedoch entfalteten auch diese bis zu einem gewissen Grade aktivierende Eigenschaften, meist bis 10 -3, ausnahmsweise sogar bis 10 -s 0sen, wenn sie nach dem Vorsehlag yon L: LANOE mit 0,1% Bolus alba und 1% Traubenzucker versetzt und in 7,5%,.'ger Aufschwemmung An- wendung fanden. Eine genaue Auswertung ist allerdings mit den deut- schen Mueinpr/~paraten noch immer nicht mSglich. Es ist vielfach zu einem starken Ausfall der Versuchstiere an interkurrenten Infekten gekommen, was yon SACH_~ROW mit einer Reizung oder Resistenz- verminderung d e s Peritoneums der Maus durch~ Bolus alba, yon ]V[ICHAI~LIDIS dadurch erlds wird, dab es durch die deutsehen Mucin- pr/~parate neben einer Meningokokkenaktivierung gleiehzeitig auch zu einer Aktivierung des B. eoli kommt.

In eigenen Versuche.n wurde der Mucin-M/~ugetest nur mit deutschen Mucinpr~paraten mit den oben erw/~hnten Zus/s und in einer 7,5 %igen Aufsehwemmung und einem pa-Gehal t yon 7,3 durehgefiihrt. Von dieser Mueinaufschwemmung wurde den M/~usen 1,0 ccm gleich-

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zeitig mit 0,1---0,3--0,5ccm Liquorsediment yon an epidemischer Meningitis erkrankten Personen intraperitoneal einverleibt. Auf diese Weise war es in vielen F~llen mSglioh, den Meningokokkennachweis friiher als dutch dic Kultur zu erbringen ; in einigen F/~llen versagten bak~erioskopische und kulturelle Untersuchungen, w~hrend es im Peri- tonealexsudat durch die Mucinaktivierung zu einer betr~ohtliehen Ver- mehrung der Meningokokken gekommen war. Aueh SVLKIN bezeichnet die Mueinaktivierung der bakterioskopisehen und kulturellen Methode fiberlegen. Sehr stSrend wirkte sich bei der Verwendung einheimiseher Mucinpr~parate der bisweilen vorzeitige Ted der Versuehstiere an inter- kurrenten Infekten aus, jedoeh liefien sieh die interkurrenten Todesfi~lle auf ein Mindestm~I3 herabsetzen bei Verwendung yon erstklassig ge- pflegten Tieren aus gesunden Zuchten, die nicht zu Spontaninfektionen neigen. ~iir den praktisehen Untersuehungsbetrieb bedeutet die Mucin- ~ktivierung einen wesentlichen Vorteil. Sie ist besonders ffir solehe F~lle geeignet, in denen nut wenige Keime im Liquorsediment vorhanden sind oder in denen mit einer baldigen Verdr~ngung der Keime aus dem Liquor zu rechnen ist.

In einer eigenen besonderen Versuehsreihe wurde versucht, Ein- blick in den Ablauf der Infektion bei der Mueinaktivierung zu gewinnen

u n d dadureh gleichzeitig den Virulenzgrad des geprfiften Stammes zu bestimmen. Zu diesem Zweek wurden M~use mit 1,0 cem Mueinauf- schwemmung und verschiedenen, vorher in der Z/ihlkammer genau [estgestellten Meningokokkenmengen intraperitoneal - - 0,1---0,2 ccm geimpft (vgl. Tabelle 1). In gewissen Zeitabst~nden wurde Blur aus der Schwanzspitze der infizierten Maus miCtels einer Capil|arpipette und ebenfa]ls in bestimmten zeitlichen Intervallen Peritonealexsudat mittels einer diinnen, mit einer Spritze versehenen Kaniile entnommen und kulturell auf einer Blutagarplatte weiterverarbeitet und zur bakterioskopisehen Untersuchung auf Objekttr~ger gebraeht. Zur Ken. trolle zwecks Feststellung der m6glicherweise vorher primar toxisehen Wirkung wurden zweiM~use (Kontrolltiere) mit 0,1 ecru der Verdiinnung' 10 -~ Jr 0,9 ccm Serumbouillon intraperitoneal infiziert.

Wie Tabelle 1 veransehaulicht, kommt es bei einer in~raperitoneal eingeimpften Keimmenge yon 35 200 und mehr schon bereits nach einer Stunde im Peritonealexsudat zu einer lebhaften Keimvermehrung, die sich in der Entwicklung yon vielen his unz/~hligen Kolonien, ja sogar yon Rasenbildung auf der ]31utagarplatte ~ul3ert. Bei einer Infektions- dosis yon 3520 Keimen ist die anfangs gehemmte Keimvermehrung erst naeh 12 Stunden tiberwunden, w/ihrend bei einer noch geringeren Keimausgangsmenge yon 352 bzw. 35 Keimen kein Waehstum mehr stattfindet und bei dieser Verdiinnung nach 6 bzw, 12 Stunden sieh kein Peritonealexsud.at dureh Punktion gewinnen ]iel3.

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Die aus dem Schwanzblut der M~use in gewissen Zeitabstgnden an- gelegten Blutagarkul turen fielen bei einer Impfdosis yon 3520 und mebr Keimen sehon na.eh 30 Min. posit iv ~ns, wohingegen bei einer Keimzaht yon 352 bzw. 35 Keimen zu diesem Zei tpunkt das periphere Blut noeh frei vor~ Meningokokken war. Bemerkenswert ist die Feststellung, dab die beiden M~use, bei denen naeh 12 Stunden die Agarkul tur aus dem Schwanzblut negativ ausfiel und bei denen naeh dem Tode aus dem Herzblnt nur vereinzelte oder i iberhaupt keine l~[eningokokken ge- zfichtet wurden, etwa doppelt so lange lebten wie die fibrigen infizierten M~use.

Wegen der UnmSglichkeit der Beschaffung geeigneter Mueinpriipa- rate muBte schliel]lich auf die Anwendung der Mucinaktivierungs- methode ganz verzichtet werden, so dab Untersuehungen tiber die Dauer der Mueinwirkung und fiber die Entwicklung einer lokalen Infektions- resistenz durch die Mucinaktivierung nieht zum Absehlul~ gebracht, werden konnten. Auf der Suche nach einer vollwertigen Ersatzmethode der Mucinaktivierung stieB ieh "bei Durchsicht der Liter~tur auf die Empfehlung der Eigelbaktivierungsmethode, die im Jahre 1937 yon KA]~UsTo und K v z I ~ in die Untersuchungstechnik zur Meningokokken- infektion der weil~en Maus eingeffihrt and deren vorziigliehe Brauch- barkeit ffir den Nachweis yon Meningokokken ira Liquor und fiir die Virulenzbestimmung yon Meningokokkenst 'Smmen inzwischen auch yon SACHA~OW best~t igt worden ist.

Technik (nach SAC~AROW): Steril entnommener Eidotter wird in cincm MSrser zerrieben und nach En~fcrnung yon grSberen Partikelehen unter st/indigem Umriihren mit 5 ccm Serum- oder Ascitesbouillon und anschlieBend mit 1 cem ]0%iger Traubenzuckerl6sung (nach einmaligem kurzem Aufkochen) versetzL Nach AnwArmen im Brutschrank bei 370 werden von dieser Eigelbenmlsion 0,9 ccm mi~ 0,1 ccm Meningokokkenaufschwemmung zusammengebracht und unmittelbar darauf einer Maus intraperitoneal eingespritzt.

Bei Liquoruntersuchungen wird die wenigstens erst eine Stunde im Brut- schrank bei 370 angew~irmte Riickenmarkspunktionsfliissigkcit zentrifugiert, dann d~s so gewonnene Sediment mit 2 ccm angewarmter Eigelbemulsion versetzt und davon je 1 ccm zwei M/~usen intraperitoneal injiziert.

Iru eigenen Un~ersuchungsbetrieb ha t sieh die Eigelbaktivierungs- methode allen anderen Methoden als welt fiberlegen erwiesen. Bei Anwendung dieses Verfahrens konnte der Erregern~chweis aus dem Liquor meningit isverdaehtiger Pat ienten in 41 F~llen erbracht werden. Bereits 12--14 S~unden nach der Infekt ion ist das BauehhShlenexsudat tier Maus rol l yon Meningokokken, die dureh Punkt ion der Peritoneal- hShle leicht nachgewiesen werden kSnnen. Sp~testens nach 48 Stuffden tri t t der Tod des Versuehstieres ein. Durch die ungeheure Vermehrung ~er Meningokokken in der BauchhShle k o m m t es zu einem ungewShn- lieh s tarken ~ber t r i t t , ja geradezu zu einer ~.~berschwemmung yon

Zei t sch r . f. H y g i e n e . Bd . 128. 2

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Meningokokken in die Blutbahn. Dieser extremen Bakteri~tmie sind selbst die gerade bei der Maus besonders s tark entwickelten bactericiden Abwehrkr/~fte nicht gewachsen, was daran zu erkennen ist, daB in Ausstriehpr/~paraten aus dem Herzblu t yon Mausen, die der Infektion erlegen sind, neben normalen Meningokokken zahlreiche Degenerations- formen mi t QueUungserseheinungen, Vakuolenbildung und herabge- setzter F/~rbbarkeit auftreten. Solche degenerierten 1V[eningokokken sueht man dagegen ~rergebens in den ersten Stunden nach der Infektion, obgleich das t te rzb lu t zu diesem Zei tpunkt bereits unver/~nderte Meningokokken in erheblicher Menge enthglt . Das 1%hlen yon Eigelb- restes in der BauchhShle verendeter M/iuse lfiBt darauf sch]ieBen, dab es im Gegensatz zur Mucinaktivierung zu einem vollstandigen Abbau der Eigelbemulsion kommt . In te rkur ren te Infekte sind bei dieser Methode sehr viel seltener als bei der Mueinaktivierung. Eine bactericidie- hemmende Wirkung des Eigelbs, wie sie yon L. LANGE und SACHAROW fiir die Mucinwirkung naehgewiesen wurde, seheint bei der Eigelb- akt ivierung nicht in Frage zu kommen. Scheinbar stell$ das Eigelb einen selektiven N~ihrboden fiir 5ieningokokken dar. So fand SACrA- ROW, daB in befruchteten und unbefruehteten bei 37 ~ aufbewahr ten Htihnereie'rn sich die Meningokokken vermehren und einige Zeit am Leben bleiben. AIlerdings erweist sich Eiereiweil] im Tie~-zersuch a]s v611ig ~4rkungslos.

Die Typenbestimmung, die im allgemeinen bei den aus Peri tonea]- exsudat oder aus Herzblu t gezfichteten Meningokokkenst/~mmen bei der Eigelbaktivierung friiheStens 48 Stunden nach Verarbeitung des Ausgangsmaterials mSglich ist , habe ich dureh die erstmalig yon SACHAR0W in Anwendung gebrachte direlste Agglutination der noch in der BauchhShle befindlichen }Ieningokokken zu beschleunigen ver- sueht. Vorbedingung ffir die Anwendung dieses Verfahrens ist aller- dings der frtihzeitige Tod des Versuchstieres - - spgtestens 24 Stun- den naeh der I n f e k t i o n - und gIeiehzeitig eine s tarke Vermehrung der Erreger in der PeritonealhShle. In 14 eigenen Fgllen konnte auf diesem Wege die Typendiagnose schon nach 24 Stunden gestellt werden.

Die Methode der direkten Agglutination besteht darin, dab nach Entfernung der/iul]eren Bauchhaut der verendeten Maus 1,5--2,0 ccm einer 1%igen Formalin- 15sung in die uner6ffncte Bauchh6hle injiziert werden. Nach VerschluB der Punk- tionsstelle durch eine Klammer wird durch behutsame Massage eine mSglichs$ grfindliche Durchmischnng der Formalinl6sung mit den im Peritonealsack an- gereicherten Meningokokken herbeigefiihrt. Anschliellend wird durch Punktion der BauchhShle mittels einer feincn Capillarpipette mit aufgesetztcm Gummi- hfitchen die Pertionealflfissigkeit gewonnen und zentrifugiert. Das hierbei ent- standene Sediment wird in 0,1--0,2 cem ciner l%igen Formalinl6sung aufgc- nommen und dient als Ausgangsmaterial fiir die Objekttrageragglutination in der fiblichen Weise.

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Die Eigelbaktivierungsmethode ist aber nieht nur geeignet, sp/irliehe Meningokokken im Liquor mit Sieherheit nachzuweisen, sondern sie ist auch ein ausgezeichnetes Verfahren zur Virulenzgradbestimmung

e ines Meningokokkenstammes. Als Beispiel einer solchen u bestimmung weise ich auf Tabelle 2. Die ~Versuehsteohnik war genau die gleiehe, wiG bei der Schilderung der VirulenzgTadbestimmung dureh die Mueinakti-cierung bereits genau angegeben worden ist, nur mit dem einzigen Untersehied, ~ dab 1,6 cem Eigelb mit 0,4 ecm der j ewe i l igen Meningokokkenverdiinnung vermischt wurden und davon je 1 ecm zwei M/~usen intraperitoneal einverleibt wurde. Bei deu A~gaben in TabeIle 2 handel t es sigh wiederum um den Meningokokkenstamm Me 84 f II/43, dessen Virulenzgradbestimmung durch die Mueinaktivierung bereits eingehend erSrtert und in Tabelle 1 iibersiehtlieh zusammengefal~t women ist. Bei der Eigelbaktivierung reichten bei dem Stamm Me 84 f I I 43 noch 28 Keilne (Verdtinnung 10 -s) aus, um den Ted der Maus herbeizufiihren. A]lerdings wurde bei dieser Keimzahl und ebenfalls bei 281 Keimen (Verdiinnung 10 -~) der Ted des Versuehstieres hinaus- gez6gert und t ra t erst naeh 48 S~tmden ein. Die naeh dem Tode dieser Versuehstiere durch bakteriologische Untersuchung des Iterzblutes naeh- gewiesene Bakteri~imie ist beweisend ftir diesen hohen Virulenzgrad. Selbs.t bei einer so minimalen Impfdosis yon nur 2 Keimen (Verdiinnung 10 -9) bewirkte c[er Eigelbzusatz innerhalb yon 6 Stunden eine deutIiehe Keimvermehrung und naeh 12 Stunden sogar einen l[_:[bertritt der Meningokokken in die Blutbahn in soleher Menge, dab es immerhin 96 Stunden post infectionem zum Tode ties Versuehstieres kam. Diejenigen M/iuse, die mit 2810 und mehr Keimen intraperitoneal infiziert worden waren, vGrendeten sehon naeh 24 Stunden. Nicht 1)urjn der Peritoneal- hShle kam es sehr bald (nach 1 Stun~le) zu einer erhebliehen Keimver- mehrung, sondern auch zu einer ~berschwemmung des peripheren ]3lutes mit Meningokokken; denn im allgemeinen lieBen sich bereits nach einer halben Stunde und selbst bei einer Infektionsdosis yon nur 28 Keimen nach 2 Stunden ?r aus dem Sehwanzblut ztichten.

Zusammen]assung. 1. Sow0hl dureh die intraperitoneale Mueinaktivierung uach

MILLER und CAsrr~Es als aueb dutch die intraperitoneale Eigelbakti- vierung naeh KAPVSTO und Kv'zI~ gelingt die experimentelle Meningo- kokkeninfektion der weiBen Maus. Beide Verfahren sind geelgnet, bei dieser eine stets zum Tode ffihrende allgemeine kV[eningokokken- infektion herbeizufiihren. ~Vegen der teehnisch leiehteren Durch- fiihrbarkeit und des seltenen Auftretens yon interkurrenten Infekten ist die Eigelbaktivierung der Mueinaktivierung iiber]egen, wenn sie

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Die ex'perimentelle Meningokokkeninfektion der weiflen Maus. 91

auch ke ine grSBere A u s b e u t e an pos i t i ven Un te r schuungse rgebn i s sen e r l aub t .

2. I n t r a p e r i t o n e a l e M u c i n a k t i v i e r u n g und in t r~l~er i tone~le :Ei- g e ] b a k t i v i e r u n g s ind n i c h t n u t sehr b r a u c h b a r e Ver fah ren zum N a c h - weis ~iu~erst ger inger ~ I en ingokokkemnengen im L iquor , sondern d a r - i iber h inaus auch e in vorz i ig l iches ) I i t t e ] zur ]3es t immung des Vi ru lenzgrades e ines Men ingokokkens t~mme s , so d a b auf d iese Weise hoch-c i ru lente M e n i n g o k o k k e n s t S m m e fiir d ie H e r s t e l l u n g y o n spezifi- schen He i l se ren schnel l u n d s icher e r m i t t e l t werden kOnnen.

Literatur. KAI~USTO, ~ . U. V. I~uzlI~': Zb]. I-tyg. Ref. 44, 139 (1939). - - LA~(~E, L.

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