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Eindimensionale Modellierung von Kanalströmungen in einem OpenFOAM-Löser für gekoppelten Wärmetransport in Festkörper und Strömung One-Dimensional Modelling of Channel Flows in an OpenFOAM-Solver for Conjugate Heat Transfer between Solids and Fluids Bachelorarbeit vorgelegt von Janis Brächter Betreuender Professor: Prof. Dr. Manuel Torrilhon Externer Betreuer: Dipl.-Ing. Stefan Tschunko In Zusammenarbeit mit aixprocess GmbH, Alfonsstrasse 44, 52070 Aachen

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Eindimensionale Modellierung von Kanalströmungen in einemOpenFOAM-Löser für gekoppelten Wärmetransport in

Festkörper und Strömung

One-Dimensional Modelling of Channel Flows in anOpenFOAM-Solver for Conjugate Heat Transfer between

Solids and Fluids

Bachelorarbeit vorgelegt von Janis Brächter

Betreuender Professor: Prof. Dr. Manuel TorrilhonExterner Betreuer: Dipl.-Ing. Stefan Tschunko

In Zusammenarbeit mit

aixprocess GmbH, Alfonsstrasse 44, 52070 Aachen

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Inhaltsverzeichnis1 Nomenklatur 2

2 Einleitung 3

3 Grundlagen 53.1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3.1.1 Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.1.2 Druckverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1.3 Wärmetransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.1.4 Nußelt-Kennzahlgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.2 Finite-Volumen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.3 OpenFOAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4 Umsetzung 154.1 Geometrische Definition und Gitterkopplung . . . . . . . . . . 164.2 1D-Gleichung für die Kanalströmung . . . . . . . . . . . . . . 194.3 Kopplung der 1D- und 3D-Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . 204.4 1D-Löser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234.5 1D-in-3D-Löser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

5 Validierung 315.1 Validierung des 1D-Lösers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315.2 Validierung des 1D-in-3D-Lösers . . . . . . . . . . . . . . . . . 355.3 Validierung des 1D-in-3D-Lösers mit 3D-Strömungsgebieten . 43

6 Anwendungsfall 46

7 Fazit 51

1

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1 Nomenklatur

u Geschwindigkeit m/sp dynamischer Druck N/m2

T Temperatur Kρ Dichte kg/m3

q Wärmestromdichte W/m2

a Temperaturleitfähigkeit m2/sλ Wärmeleitfähigkeit W/(mK)c spezifische Wärmekapazität J/(kgK)η dynamische Viskosität kg/(ms)α Wärmeübergangskoeffizient W/(m2K)Γ Diffusionskoeffizient kg/(ms)A Kanalquerschnittsfläche m2

U Kanalquerschnittsumfang mdh hydraulischer Durchmesser m

Indizes

f Fluids Festkörperw Kanalwand

dimensionslose Kennzahlen

Re Reynolds-Zahl (ρudh)/ηNu Nußelt-Zahl (αdh)/λPr Prandtl-Zahl (ηc)/λPe Péclet-Zahl Re Pr

2

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2 EinleitungDiese Arbeit ist im Rahmen eines Projektes zur Entwicklung eines Simula-tionsprogrammes zur strömungstechnischen Auslegung von Brennstoffzellenangelegt. Da die Simulation ganzer Brennstoffzellen sehr hohe Rechenkapa-zitäten erfordert, ist es für klein- und mittelständische Unternehmen ohnediese Kapazitäten schwer, in die noch junge Brennstoffzellentechnologie ein-zusteigen. Ziel dieses Projektes ist daher die Entwicklung einer Software,mit der kostengünstig und mit relativ geringem Berechnungsaufwand Brenn-stoffzellen simuliert werden können. Brennstoffzellen bieten die Möglichkeit,ohne lokale Emissionen bei akutem Bedarf Strom zu produzieren, zudem istauch der mobile Einsatz möglich. Da durch die Elektrolyse unter Nutzungelektrischer Energie Wasserstoff gewonnen werden kann, ermöglichen Brenn-stoffzellen auch die Zwischenspeicherung von Energie aus Stromüberproduk-tionen. So können sie von hoher Bedeutung für die Energiewende sein, da dieSpeicherung von Überproduktionen aus (regenerativer) Stromerzeugung undEinspeisung bei Strommangel noch ungelöst ist.

Die Brennstoffzelle

Abbildung 1: Schematische Darstellung einer Brennstoffzelle [9]

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Da es verschiedene Brennstoffzellentypen gibt, wird nachfolgend die Funk-tionsweise anhand der weitverbreiteten Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle er-läutert, ihr Aufbau ist in Abbildung 1 dargestellt. In dieser Brennstoffzellesind Brenngas in der Anode und Sauerstoff bzw. Luft in der Kathode durcheine semipermeable Membran voneinander getrennt. Wasserstoff im Brenngasund Sauerstoff in der Luft reagieren in einer Redoxreaktion, hierdurch wer-den auf der Anodenseite H+-Ionen und Elektronen freigesetzt. Die Membranist jedoch nur für Protonen durchlässig, wodurch nur das H+ diese passie-ren kann. Die Elektronen werden über einen Stromkreis geführt, was dengewonnen Strom darstellt. In der Kathode reagieren die H+-Ionen mit demSauerstoff und den Elektronen zu Wasser. Über eine Vielzahl kleiner Kanälewird der Anode Brenngas zu- und verbrauchtes Brenngas abgeführt. Analogwird der Kathode Luft oder reiner Sauerstoff zu- und ein Zweiphasengemischaus Luft und Wasser abgeführt. Da ein einzelnes Brennstoffzellenelement nureine Spannung zwischen 0,5 und 1 Volt erzeugt, werden viele Einzelzellen ineinem Zellstapel in Reihe hintereinander geschaltet. Ein solcher Zellstapelbeinhaltet üblicherweise hunderte bis tausende Einzelkanäle.

Die Berechnung der Strömungen, insbesondere der Zweiphasenströmungen,die in der Kathode bzw. deren Kanälen auftreten, erfordern einen enormenrechnerischen Aufwand. Um dies zu umgehen, soll die Strömung in den Kanä-len eindimensional modelliert werden. Der Festkörper der Brennstoffzelle, dieAnströmgebiete, in denen Brenngas und Luft den Kanälen zugeführt werden,und die Abströmgebiete an den Enden der Kanäle sollen mit einem geeig-neten Programm simuliert werden. Hierfür wird die open-source BibliothekOpenFOAM R© gewählt, da so in der finalen Software keine Lizenzgebührenanfallen und der Quellcode einsehbar ist, was eine Kopplung mit einem ei-genen Löser erst ermöglicht. Dieser Ansatz erfordert ein 1D-Modell für die(Zweiphasen-)Strömung in den Kanälen und einen 1D-in-3D-Löser, in demdie oben aufgeführten Gebiete drei- und die Kanäle eindimensional gelöstwerden. In dieser Arbeit soll ein erster Schritt dieses Ansatzes realisiert wer-den. Es soll eine eindimensionale Modellierung der Kanäle entwickelt werden,indem die Kanalgeometrie auf einen Stromfaden reduziert wird und die Strö-mung auf diesem gelöst wird. Der Wärmeübergang zwischen dem Festkörperder Brennstoffzelle und den Kanalströmungen soll modelliert werden und ein1D-Löser für die Kanalströmungen implementiert werden, welcher mit demOpenFOAM Löser gekoppelt werden soll. In dieser Arbeit wird die Prioritätauf die Kopplung von 1D- und 3D-Löser gerichtet, aus diesem Grund wirddie Strömung auf Fluide mit konstanter Dichte und Stoffeigenschaften sowiestationäre Zustände begrenzt.

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3 Grundlagen

3.1 Physikalische GrundlagenIm Folgenden werden die relevanten physikalischen Grundlagen von Strö-mung und Wärmetransport, sowie empirische Formeln zur Approximationvon Druckverlust und konvektivem Wärmeübergang in Kanalströmungen be-schrieben.

3.1.1 Strömung

Eine einphasige, kompressible Strömung lässt sich über die Erhaltung vonMasse, Impuls und Energie beschreiben.

∂ρ

∂t+∇ · (ρ #v ) = 0 (3.1)

∂t(ρ #v ) +∇ ·

(ρ #v #v + #

#σ)

= #

f vol (3.2)

∂ρE

∂t+∇ ·

(ρE #v + #

#σ #v + #q)

= #

f vol · #v (3.3)#

#σ bezeichnet den Spannungstensor, der sich aus der inneren Reibung desFluids ergibt, E die innere Energie, #q den Wärmestrom und #

f vol Volumen-kräfte wie Gravitation. Für newtonische Fluide, bei denen die Scherspannungproportional zur Schergeschwindigkeit ist, ergeben diese hieraus die Navier-Stokes Gleichungen. Um das Gleichungssystem zu schließen werden weitereGleichungen, beispielsweise für den Wärmestrom oder die Viskosität, benö-tigt.

Die Navier-Stokes Gleichungen beschreiben auch turbulentes Verhalten ei-ner Strömung. Mittels direkter numerischer Simulation kann dieses direktberechnet werden, es erfordert jedoch sehr feine Gitter und instationäre Rech-nungen. Eine Möglichkeit, diese Anforderungen zu umgehen, ist die statisti-sche Modellierung der Turbulenz. Hierfür werden Druck und Geschwindigkeitdurch einen Mittelwert und einen Schwankungswert (p = p+p′, #v = #v + #v ′)beschrieben, setzt man dies in die Navier-Stokes Gleichungen ein, erweiternsie sich um einen Spannungstensor der Schwankungsgrößen Rij = v′iv

′j und er-

geben so die Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen (RANS). Hier-durch ergibt sich eine weitere Unbekannte, sodass das System mit einemTurbulenzmodell geschlossen werden muss. Zwei solche Modelle sind das k-ε-Modell, welches aus zwei Schließungsgleichungen mit den neuen Größen derturbulenten kinetischen Energie k und deren Dissipationsrate ε besteht und

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das k-ω-Turbulenzmodell, bei dem stattdessen die charakteristische Frequenzder Wirbel verwendet wird. Während das k-ε-Modell weniger sensitiv ge-genüber den Randbedingungen der Turbulenzvariablen an der Einströmungist, ergibt das k-ω-Modell eine bessere Modellierung der Grenzschicht. Dask-ω-SST-Modell verbindet diese beiden Vorteile, indem es zwischen den bei-den Turbulenzmodellen wechselt. Um die turbulente Strömung in wandnahenBereichen mittels dieser Modelle korrekt zu berechnen, wird eine feine Dis-kretisierung, insbesondere der viskosen Unterschicht benötigt. Dies führt aufdie Bedingung, dass die y+-Werte der Zellen möglichst kleiner gleich eins,mindestens jedoch kleiner fünf sein müssen. y+ = (uτy)/ν bezeichnet den di-mensionslosen Wandabstand in Abhängigkeit von Schubspannungsgeschwin-digkeit uτ , Wandabstand y und kinematischer Viskosität ν. Als Alternativelassen sich Wandfunktionen verwendet, welche aufgrund empirischer Gesetz-mäßigkeiten das Strömungsverhalten in Wandnähe modellieren. Für dieseFunktionen ist es notwendig, dass die gesamte viskose Unterschicht in derersten Zellreihe liegt, diese Bedingung ist für y+ ∈ [30, 300] gegeben. Somitkann, beziehungsweise muss die Diskretisierung gröber sein. Durch die Ver-wendung der RANS-Gleichungen mit Verwendung der beschriebenen Modelleund in Kombination mit Wandfunktionen wird der Rechenaufwand zur Lö-sung turbulenter Strömungen stark reduziert werden, es ergeben sich jedochdeutlich niedrigere Detailgrade und geringere Genauigkeiten als bei anderenTurbulenzmodellierungen.

3.1.2 Druckverlust

Bei Rohrströmungen lässt sich der Druckverlust über den Rohrverlauf nachDarcy-Weisbach als

∆p = ζl

d

ρu2

2 (3.4)

approximieren. Dabei ist ζ die Rohrreibungszahl, l die Länge und d derDurchmesser des Rohres. Für hydraulisch glatte Rohre und turbulente Strö-mungen gilt mit der Reynolds-Zahl Re, welche das Verhältnis von Trägheits-zu Zähigkeitskräften darstellt, für Re ∈ [3000, 105] nach Blasius

ζ = 0,3164Re0,25 (3.5)

und mit Re ∈ [104, 106] die Beziehung nach Filonenko.

ζ = (1,8 lg(Re)− 1,5)−2 (3.6)

Bei laminaren Strömungen gilt für Re < 8000 das Hagen-Poiseuille Gesetz.

ζ = 64Re (3.7)

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Für Kanäle mit nicht kreisförmigen Querschnitten wird in Gleichung 3.4 undfür die charakteristische Länge der Reynolds-Zahl anstelle des Durchmessersder hydraulische Durchmesser dh verwendet. Dieser ist über die durchströmteFläche A und den benetzten Umfang U des Kanalquerschnitts definiert.

dh = 4AU

(3.8)

Bei turbulenten Strömungen bleiben die Gleichungen ansonsten unverändert,[8] im laminaren Strömungszustand wird die Rohrreibungszahl jedoch umeinen Beiwert φ erweitert, welcher die Abhängigkeit des Druckverlustes vonder Geometrie berücksichtigt. So ergibt sich anstelle von Gleichung 3.7

ζ = φ64Re (3.9)

und für quadratische Kanalquerschnitte beispielsweise φ = 0,89.

3.1.3 Wärmetransport

Wärme wird durch die drei physikalischen Vorgänge der Wärmeleitung, Kon-vektion und Wärmestrahlung transportiert, diese werden im Folgenden kurzbeschrieben.

Die Wärmeleitung tritt in festen, flüssigen und gasförmigen Medien auf. Sieberuht auf der mikroskopischen Diffusion und Kollision auf atomarer und mo-lekularer Ebene. Die Wärmestromdichte ist dabei abhängig vom Gradientender Temperatur und der spezifischen Wärmeleitfähigkeit des Stoffes.

˙#q = −λ∇T (3.10)

Daher handelt es sich bei der Wärmeleitung um einem Prozess, der ther-mische Energie nur gerichtet entlang des Temperaturgefälles transportiert.Falls in einem Festkörper ausschließlich Wärmeleitung auftritt, lässt sich dieTemperatur mittels der Temperaturleitfähigkeit a durch die folgende partielleDifferenzialgleichung beschreiben.

∂T

∂t−∆(aT ) = 0 (3.11)

Der konvektive Wärmetransport beruht auf dem makroskopischen Stofftrans-port des Mediums, indem die thermische Energie eines Stoffes durch dessenTransport mitgeführt wird. Daher ist die konvektive Wärmeübertragung in-nerhalb eines Mediums nur in flüssigen oder gasförmigen Medien mit erzwun-gener oder natürlicher Konvektion möglich und folgt dem Strömungsfeld.

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Unter Wärmestrahlung versteht man die elektromagnetische Strahlung, dieMedien emittieren, transmittieren oder absorbieren. Dieser diffusive Prozesstritt sowohl bei festen, flüssigen und bei hohen Drücken auch bei gasför-migen Medien in signifikanter Form auf. Da es sich um Strahlung handelt,ist dieser Transportvorgang im Gegensatz zu Leitung und Konvektion auchim Vakuum möglich. Bei bestimmten Anwendungsfällen, insbesondere wenndie Temperaturdifferenzen gering sind und kein Vakuum vorliegt, überwie-gen Leitung und Konvektion beim Wärmetransport die Strahlung und diesekann vernachlässigt werden.

Wärmeübergangskoeffizient

Der Wärmeübergang zwischen einem strömenden Fluid und einem um- oderdurchströmten Festkörper beruht auf den oben vorgestellten Wärmetrans-portarten. Um diesen Wärmeübergang quantifizieren zu können, wird derWärmeübergangskoeffizient α verwendet. Dabei handelt es sich um den Pro-portionalitätsfaktor zwischen der Temperaturdifferenz von Festkörperwand-temperatur Tw und der Fluidtemperatur Tf und der Wärmestromdichte q.

q = α(Tw − Tf) (3.12)

Der Wärmeübergang hängt von vielen Faktoren wie dem Strömungsfeld desFluids, der Oberfläche des Festkörpers und Materialeigenschaften sowie Zu-standsgrößen (z.B. Dichte, Temperatur) von Fluid und Festkörper ab. Dadiese Informationen im Allgemeinem nicht bekannt sind, lässt sich der exak-te Wärmeübergangskoeffizient oft nicht bestimmen. Aus diesem Grund wirder häufig durch theoretische oder experimentelle Methoden approximiert. Ei-ne dieser Methoden sind die Nußelt-Kennzahlgesetze, diese dimensionsloseKennzahl beschreibt das Verhältnis von konvektiven zu diffusiven Wärme-transport im Fluid. In der Literatur sind für verschiedene Anwendungsfällewie natürliche oder erzwungene Konvektion von um- oder durchströmtenKörpern bei laminaren oder turbulenten Strömungszuständen Nußelt-Zahlengegeben. Diese beruhen auf empirischen Grundlagen ermöglichen eine Ap-proximation des Wärmeübergangskoeffizienten α.

α = NuλL

(3.13)

Bei L handelt es sich um die charakteristische Länge des Fluids, beispielsweisebei einem durchströmten Rohr um den Rohrdurchmesser.

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3.1.4 Nußelt-Kennzahlgesetze

Die Nußelt-Kennzahlen sind unter anderem von der Reynolds- und Prandtl-Zahl abhängig. Die Prandtl-Zahl beschreibt das Verhältnis von kinematischerViskosität zu Temperaturleitfähigkeit eines Fluids Pr = (ηc)/λ. Für durch-strömte Kanäle, deren Querschnitt nicht kreisförmig ist, wird für die charak-teristische Länge L wieder der hydraulische Durchmesser dh verwendet, wieauch in den nachfolgenden Nußelt-Kennzahlen für den Rohrdurchmesser.

Abbildung 2: Adiabater hydrodynamischer und anschließend thermischerEinlauf einer laminaren Strömung [10]

Der konvektive Wärmeübergang von einer Fluidströmung auf die Wand hängtvom Strömungszustand des Fluids ab und ist bei nicht hydrodynamisch aus-gebildeten Strömungen größer. Daher ergeben sich für hydrodynamisch aus-gebildete Strömungen andere Nußelt-Zahlen als für Strömungen ohne hydro-dynamischen Vorlauf. Im Folgendem bezeichnet L die Rohrlänge und x diePosition im Rohrverlauf. Die angegebenen Nußelt-Zahlen beruhen auf empi-rischen Ergebnissen und wurden im VDI-Wärmeatlas [1] zusammengetragen.Sie beziehen sich auf Rohrströmungen mit konstanter Wandtemperatur. DieTemperaturabhängigkeit der Viskosität wird dabei, unter der Annahme ge-ringer Temperaturdifferenzen im Fluid, vernachlässigt.

• Für eine hydrodynamisch ausgebildete, laminare (Re 6 2300) Strö-mung wird die folgende Kennzahl angegeben. [2]

Nux =

3.663 + 0.73 +1.077

(Re Pr dh

x

) 13

− 0.73

13

(3.14)

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• Für laminare Strömungen ohne hydrodynamischen Vorlauf wird dieseum einen Term ergänzt. [3]

Nux =

3.663 + 0.73 +1.077

(Re Pr dh

x

) 13

− 0.73

+1

2

( 21 + 22Pr

) 16(

Re Pr dhx

) 123

13

(3.15)

• Für turbulent Strömungen mit Re ∈ [104,106], Pr ∈ [10−1, 103] unddh

L6 1 gilt. [4]

Nux =ξ8Re Pr

1 + 12.7√

ξ8

(Pr

23 − 1

)1 + 1

3

(dhx

) 23

mit ξ = (1.8 log10 (Re)− 1.5)−2

(3.16)

Bei turbulenten Strömungen wird dabei nicht unterschieden ob die Strö-mung hydrodynamisch ausgebildet ist.

• Für den Umschlag von laminarer auf turbulente Strömung, mit Re ∈(2300, 104), wird eine lineare Interpolation zwischen den entsprechen-den Kennzahlen empfohlen. [4]

Nux = (1− γ)NuL,Re=2300 + γNuT,Re=104

mit γ = Re− 2300104 − 2300

(3.17)

Hierbei gilt für NuL,Re=2300 Gleichung 3.14 beziehungsweise Gleichung3.15, abhängig davon, ob die Strömung hydrodynamisch ausgebildetist, und für NuT,Re=104 Gleichung 3.16.

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3.2 Finite-Volumen MethodeDas Finite-Volumen Verfahren bezeichnet ein Verfahren zur numerischenLösung partieller Differentialgleichungen, welche Erhaltungssätze darstellen.Ein Erhaltungssatz beschreibt eine Größe, deren Wert in einem geschlosse-nem System konstant ist. Finite-Volumen Verfahren finden vor allem in dernumerischen Strömungsmechanik Anwendung, dort sind die Erhaltungssät-ze meist durch die Massen-, Impuls- und Energieerhaltung gegeben. In dermathematischen Formulierung eines Erhaltungssatzes

∂t#u (t, #x ) +∇ ·

#

#

f ( #u (t, #x )) = #

#g ( #u (t, #x )) (3.18)

bezeichnet #u den Zustandsvektor der Erhaltungsgrößen (wie Dichte, Impuls,Energie),

#

#

f den Flusstensor, der die Flüsse (wie Massenfluss, Impulsfluss,Energiefluss) dieser Größen beschreibt und #

#g den Tensor der Quellen bzw.Senken. Der Berechnungsraum Ω wird in eine endliche Anzahl finiter Volu-men (Zellen) Ωi aufgeteilt. Integriert man Gleichung 3.18 über ein solchesfinites Volumen Ωi und wendet den Gaußschen Integralsatz an, erhält man∫

Ωi

∂t#u (t, #x ) dV =

∫∂Ωi

#

#

f ( #u (t, #x )) · #n dA+∫

Ωi

#

#g ( #u (t, #x )) dV (3.19)

wobei #n den normierten Vektor normal zur Volumenoberfläche und ∂Ωi dieVolumenoberfläche von Ωi bezeichnet. Die Änderungen der Erhaltungsgrößenim Volumen sind also gleich der Flüsse dieser Größen über die Volumengren-zen und der Änderung durch Quellen und Senken. Der Wert jeder Größewird innerhalb der Zellen Ωi als konstant angenommen, dadurch ergibt sicheine Unstetigkeit dieser Größen an den Zellgrenzen. Dieses Problem wirdmittels eines approximativen Riemann-Lösers, welcher den Fluss zwischenzwei Zellen berechnet, gelöst. Da es sich bei der Lösung um eine sogenann-te schwache Lösung handelt, muss verifiziert werden, dass es sich um einephysikalisch sinnvolle Lösung handelt. Dies geschieht unter anderem mit derEntropiebedingung, dass die Entropie niemals abnehmen darf.

Da jeder Fluss aus einer Zelle vollständig in eine adjazente Zelle fließen mussund alle Erhaltungsgrößen konservativ sind, ist auch das Verfahren konserva-tiv und ermöglicht so auch die Lösung unstetiger Probleme, wie beispielsweisedes Verdichtungsstoßes. Dies und die Tatsache, dass die Flüsse in beliebigeRichtungen unkompliziert berechnet und so unstrukturierte Gitter verwen-det werden können, ist ein großer Vorteil des Finite-Volumen-Verfahrens. ProZeit- oder Iterationsschritt werden für jede Zelle die Flüsse über ihre Zell-grenzen berechnet. Durch die Bilanzierung der Flüsse über die Zellgrenzen

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und die Zu- bzw. Abnahme der Erhaltungsgrößen durch Quellen und Senkenwird die Änderung der Größen in der Zelle, entsprechend einer diskretisiertenForm von Gleichung 3.19, berechnet. Durch explizite oder implizite Metho-den werden die Erhaltungsgrößen im Berechnungsraum Ω gelöst.

3.3 OpenFOAMBei OpenFOAM R© handelt es sich um ein open-source Simulationssoftware-paket das in C++ geschrieben ist, in dieser Arbeit wird die Version 2.1.1verwendet. Da OpenFOAM unter der GNU General Public License (GPL)vertrieben wird, ist die freie Benutzung, Modifikation und Verbreitung derSoftware gestattet und der volle Zugriff auf den Quellcode garantiert. Da-durch ist dieses Softwarepaket gut dazu geeignet, es zu modifizieren und miteigenen Funktionen zu erweitern. Es sind bereits über 80 verschiedene Stan-dardlöser vorhanden, welche die Berechnung vieler technischer Anwendun-gen, unter anderem chemischer Reaktionen, strukturmechanischer Probleme,Wärmeleitung, turbulenter Strömungen und Mehrphasenströmungen ermög-lichen. Zur numerischen Lösung der jeweils auftretenden partiellen Differen-tialgleichungen sind das Finite-Volumen Verfahren und das Finite-ElementeVerfahren implementiert, welche implizit oder explizit mit verschiedenen Dis-kretisierungsschemata gelöst werden können.

Die Anforderungen an das Rechengitter sind sehr gering, OpenFOAM kannauf unstrukturierten Gittern rechnen, deren Zellen eine beliebige Anzahl anbenachbarten Zellen haben können. Allen Randflächen müssen Kennnamenzugewiesen werden, mittels derer anschließend die Randbedingungen der ein-zelnen Variablen spezifiziert werden können. Triviale Gitter können mit demintegrierten Gittergenerator blockMesh erstellt werden, für die Diskretisie-rung komplexer Geometrien wird das Tool snappyHexMesh bereitgestellt,welches gegebene STL-Dateien mit Hexaedern vergittert. Darüber hinaus istauch möglich, die Vergitterungen anderer Programme wie Gambit R© in dasOpenFOAM Format zu konvertieren.

Nachdem das Berechnungsgebiet diskretisiert wurde und die einzelnen Rand-flächen mit einem Kennnamen definiert wurden, lassen sich unter .\0 für jedeVariable die Anfangsbedingung und die Randbedingung für jede Grenzflächespezifizieren. Unter .\system werden im controlDict die (numerischen)Einstellungen der Simulation, wie Zeitschritt, Endzeit und Ausgabeoptio-nen, bestimmt. Im fvSolutions werden die verwendeten numerischen Löserfür die einzelnen Variablen ausgewählt, im fvSchemes werden die numeri-schen Diskretisierungsschemata für die jeweiligen Terme (z.B. ∂·

∂toder ~∇·)

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bestimmt. Unter .\constant werden die verwendeten Modelle und phy-sikalischen Eigenschaften definiert, wie beispielsweise die Modellierung vonTurbulenz oder Wärmestrahlung.

laplacianFoam

Dieser Löser berechnet die Laplace-Gleichung für instationäre, isotrope Dif-fusion mit einem konstanten Diffusionskoeffizienten, welche die instationäreWärmeleitung in einem homogenen Festkörper beschreibt, siehe Gleichung3.11. Die Temperatur ist somit die einzige Variable und der Löser gehört zuden einfachsten Standardlösern der OpenFOAM Bibliothek. Zur Lösung wirdein implizites Finite-Volumen Verfahren verwendet. Für die Randbedingun-gen lassen sich die Dirichlet-Randbedingung fixedValue und die Neumann-Randbedingung fixedGradient verwenden. Die Temperaturleitfähigkeit aist bei diesem Problem der einzige zu spezifizierende physikalische Parame-ter. Falls ein stationäres Problem gelöst werden soll, lässt sich in fvSchemesfür ∂T

∂tsteadyState angeben, wodurch der Löser die zeitliche Ableitung der

Differentialgleichung ignoriert und es ergibt sich die Gleichung ∆ (aT ) = 0.

chtMultiRegionSimpleFoam

Hierbei handelt es sich um einen wesentlich komplexeren Löser, auch er ver-wendet ein implizites Finite-Volumen Verfahren. Er ist für die stationäreBerechnung von gekoppelten Wärmeübergängen zwischen Fluid- und Fest-körperregionen ausgelegt. Die Fluidströmungen sind kompressibel, Turbu-lenz, Wärmestrahlung sowie Gemische können modelliert werden. Die Fest-körper können inhomogen sein und aus mehreren Stoffen bestehen. Es lassensich jedoch auch einfachere Probleme simulieren. Für Fluide mit konstantenStoffwerten und einer konstanter Dichte lässt sich das Modell hRhoThermo<pureMixture<constTransport<specieThermo<hConstThermo<incompres-sible>>>>> verwenden. Des weiteren kann in den radiationPropertiesdie Strahlung vernachlässigt werden. Für homogene Festkörper wie in la-placianFoam, kann das Modell constSolidThermoCoeffs verwendet wer-den. Die Turbulenz lässt sich mittels der Modelle RANS, LES, DES undDNS simulieren. Die beim RANS k-ε-Modell und k-ω-SST-Modell anfallen-den Variablen k, ε und ω müssen, wie die übrigen Variablen auch, über dieRandbedingungen definiert werden. Sollen Wandfunktionen zur die Model-lierung der wandnahen Strömung verwendet werden, lassen sich diese für dieturbulente kinetische Energie k compressible::kqRWallFunction, für dieDissipationsrate ε compressible::epsilonWallFunction und für die cha-rakteristische Frequenz ω compressible::omegaWallFunction als Randbe-

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dingungen auswählen. Für diese Wandfunktionen ist darauf zu achten, dassdie entsprechenden Randflächen als type wall definiert sind. Die Modell-parameter Ci und σi können definiert werden, ansonsten werden Standard-werte verwendet. Der Löser verwendet für jede Fluid- und Festkörperre-gion ein separates Gitter, daher identifiziert er an einer Grenze zwischenFluid- und Festkörperregion zwei Randflächen, welche mit Randbedingun-gen versehen werden müssen. Für den Wärmeübergang zwischen Festkörperund Fluidströmung bietet der Löser eine Funktion, welche als Randbedin-gung compressible::turbulentTemperatureCoupledBaffleMixed an bei-den Seiten der Wand angegeben werden muss. Entgegen seiner Bezeichnungist diese Funktion, wie auch die Wandfunktionsrandbedingungen für k, ε undω, auch für das oben vorgestellte inkompressible Modell und die Randbedin-gung für den Wärmeübergang auch für laminare Strömungen geeignet.

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4 UmsetzungWie in der Einleitung beschrieben wurde, liegt die Motivation darin, denAufwand bei der Simulation von Brennstoffzellen zu reduzieren. Um dies zurealisieren, sollen die Kanalströmungen eindimensional modelliert werden.Hierfür ist ein 1D-in-3D-Löser notwendig, der die Kanalströmungen eindi-mensional und die restlichen, komplexeren Strömungsgebiete und den Fest-körper dreidimensional löst. Ein solcher Löser soll im Folgenden entwickeltwerden. In einem geometrisch vereinfachten Modell besteht eine Brennstoff-zelle aus einem Festkörper, in dem sich eine Vielzahl kleiner Kanäle befinden,welche mit Luft bzw. Brenngas durchströmt werden. Diese Kanäle werden auseinem Anströmgebiet mit Gas gespeist und münden an ihren Enden in einAbströmgebiet. Die dreidimensional modellierten Gebiete sollen mit geeigne-ten OpenFOAM Lösern berechnet werden, die Kanalströmungen sollen miteinem externen 1D-Löser berechnet werden. Für die zu lösenden Problemewerden die folgenden Annahmen getroffen.• keine Wärmestrahlung in den Kanalströmungen

• keine chemischen Reaktionen und einphasige Strömungen

• konstante Stoffeigenschaften und Dichte in Fluid und Festkörper

• konstante Kanalquerschnittsfläche und -umfang in jedem Kanal

• bekannte Strömungsrichtung in den Kanälen

• Berechnung stationärer Zustände

Abbildung 3: Kanal umgeben vom Festkörper

Zur Umsetzung dieses 1D-in-3D-Lösers müssen die Kanalströmungen phy-sikalisch beschrieben und ein 1D-Löser implementiert werden, um diese zulösen. Der für die Berechnung von Strömung und Wärmeleitung verwende-te OpenFOAM Löser muss mit diesem 1D-Löser gekoppelt werden. Hierbeimuss der Wärmeübergang zwischen Kanalströmung und Festkörper und dieStrömung zwischen 1D- und 3D-Gebieten modelliert und die Gitter von 1D-und 3D-Löser miteinander gekoppelt werden.

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4.1 Geometrische Definition und GitterkopplungUm die Strömung in einer dreidimensionalen Kanalgeometrie eindimensio-nal zu modellieren, muss der Kanal auf eine Raumlinie, den Stromfaden,projiziert werden, auf dem die Kanalströmung gelöst wird. Für den Wär-meübergang zwischen Kanalströmung und Festkörper muss der Stromfadenmit der Festkörperoberfläche des Kanals gekoppelt werden. Ist der Kanalan seinen Enden mit An- und Abströmungsgebieten verbunden, so muss derStromfaden an diesen Enden zusätzlich mit der Grenzfläche von ein- unddreidimensional berechneten Strömungsbereichen gekoppelt werden.

Abbildung 4: Die Geometrie eines 1D-Kanals ist definiert durch die Ober-flächen des 3D-Gebietes (rot: Einströmung, grau: Kanalwand, blau: Ausströ-mung) und den Stromfaden (weiß).

Um für die 3D-Berechnung die OpenFOAM Standardlöser mit möglichst we-nig Modifikationen verwenden zu können und diese gegebenenfalls durch an-dere Löser aus zukünftigen OpenFOAM Versionen austauschen zu können,sollen die 1D-Kanäle nicht mit der OpenFOAM Gitterstruktur diskretisiertwerden. Stattdessen werden die dreidimensional modellierten Bereiche unddie 1D-Kanäle separat vergittert, sodass im OpenFOAM Gitter Aussparun-gen in den Bereichen der Kanäle sind. Die Kopplung der beiden Gitterstruk-turen soll einseitig im 1D-Gitter erfolgen, indem die diskretisierten Elemente(Zellen) des Stromfadens Verweise auf die sie umgebenden 3D-Faces haben.Hierfür werden alle Oberflächen des 3D-Gebietes, welche Wände eines 1D-Kanals darstellen, mit einem Kennnamen bezeichnet. Analog dazu werdenauch die Oberflächen von Einströmung und Ausströmungen eines 1D-Kanalsdefiniert. Wie in Abbildung 4 dargestellt, wird ein 1D-Kanal so über diesedrei Oberflächen und den Stromfaden definiert. Um die Eindeutigkeit derZuordnung bei der Kopplung mit dem 3D-Gitter zu gewährleisten, wird derStromfaden stückweise linear als offener Polygonzug aus n Punkten definiert.

s =n−1⋃k=0pk + α (pk+1 − pk) mit α ∈ [0,1] und pk ∈ R3 (4.1)

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Die Punkte pk sind dabei entlang der bekannten Strömungsrichtung im Ka-nal gerichtet. Um die Strömung zu lösen, muss von dem Stromfaden auf ei-ne eindimensionale Gerade transformiert werden. Dies geschieht mittels derFunktion f(r) : R3 → R,

f(r) =l∑

k=0(‖pk+1 − pk‖2) + ‖r − pl+1‖2

mit l = maxm

r /∈

m⋃k=0pk + α(pk+1 − pk)

(4.2)

der Weglänge der Raumkurve ausgehend von dem Ort der Einströmung desKanals p0.

Der Stromfaden muss die Mittelachse des Kanals darstellen, sodass die Di-stanz zweier Punkte im Kanalverlauf bei der Dimensionsreduktion möglichsterhalten bleibt. Er steht also orthogonal auf der Kanalquerschnittsfläche. Umdie Anteile der an ein 3D-Face angrenzenden 1D-Zellen nicht berechnen undspeichern zu müssen, gilt für die Diskretisierung der 1D-Kanäle die Bedin-gung, dass jedes 3D-Face an der Kanalwand an genau ein 1D-Element aufdem Stromfaden grenzen muss. Dies bedeutet, dass der Stromfaden nur dortdiskretisiert werden kann, wo auch die Kanaloberfläche diskretisiert wurde,also der der Umfang des Kanalquerschnittes vollständig mit Kanten von 3D-Faces versehen ist. Diese Einschränkung der Kanaloberflächendiskretisierungstellt einen Nachteil dar, da der restliche Festkörper in OpenFOAM belie-big vergittert werden kann. Hierdurch wird jedoch auch sichergestellt, dassder Wärmeübergang zwischen Kanal und Festkörper über jeden Kanalquer-schnitt auf der selben Fluidtemperatur beruht. Erfüllt die Diskretisierungdes Festkörpers diese Anforderung lokal nicht, so kann der Stromfaden dortnicht diskretisiert werden und die Auflösung des 1D-Kanalgitters ist lokalgeringer als die des 3D-Gitters. In singulär vorkommenden Geometrieteilen,wie der rechteckigen Kanalkrümmung in Abbildung 5, ist dies jedoch ak-zeptabel. Die Diskretisierung erfolgt weiterhin unter der Annahme, dass dieKanalquerschnitte klein im Vergleich zu den Abständen zweier Kanäle sind,wodurch sichergestellt wird, dass bei der Zuordnung der 3D-Faces der Ka-naloberfläche die richtigen Stromfäden identifiziert werden.

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@@

@@

p0

p1 p2r

x

Abbildung 5: zweidimensionale Ansicht eines Kanals mit umgebender Fest-körpervergitterung (in schwarz), in rot der diskretisierte Stromfaden mit 1D-Faces (schwarze Querstriche) und Punkten des Polygonzugs pk, r ist der Ortauf dem Stromfaden mit minimalem Abstand zum Punkt x, f(r) ist dieWeglänge von p0 zu r auf dem Stromfaden

1D-Kanalgitterdiskretisierung

Die Diskretisierung der Kanäle wird im Folgenden grob beschrieben. Sie be-ruht auf den bereits diskretisierten, dreidimensional modellierten Gebietenund den gegebenen Stromfäden, den Polygonzügen, der Kanäle. Abbildung5 zeigt eine Skizze der Kanaldiskretisierung.

• Alle 3D-Faces der Kanaloberfläche werden dem jeweiligen Stromfadenzugeordnet, zu dem sie den minimalen Abstand haben. Da die Stromfä-den als stückweise lineare Polygonzüge gegeben sind und die Abständezweier Kanäle im Vergleich zu den Kanalquerschnitten groß sind, istdiese Zuordnung eindeutig.

• Da der Stromfaden nur dort diskretisiert werden kann, wo der Umfangdes Kanalquerschnittes mit Kanten der 3D-Faces versehen ist, werdenalle Kanten der 3D-Faces vermerkt, die normal zum Stromfaden ste-hen. Hierfür wird für den Anfangs- und Endpunkt aller Kanten dieser3D-Faces jeweils die Position r auf dem Stromfaden mit minimalemAbstand zwischen Stromfaden und dem Punkt bestimmt. Ist diese Po-sition für beide Punkte identisch, steht die Kante orthogonal auf demStromfaden in r. In diesem Fall wird die Kante unter dem Eintrag derWeglänge f(r) vermerkt.

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• In allen Punkten, in denen die vermerkten Kanten den Kanalumfangvollständig umschließen, wird der Stromfaden unterteilt. Die entstehen-den 1D-Zellen werden mit Verweisen auf die benachbarten 1D-Zellenund die anliegenden 3D-Faces des Festkörpers, sowie der Weglänge inden beiden 1D-Faces gespeichert. Die anliegenden 3D-Faces werdenüber die Weglänge f(r) ihres Flächenmittelpunktes identifiziert. Dasich 1D-Zellgrenzen nur an Stellen befinden können, in denen sich auchim 3D-Gitter Zellgrenzen befinden, grenzt ein 3D-Face immer genau aneine 1D-Zelle.

• Falls 3D-Anströmungsgebiete existieren, wird jedes 3D-Face an der Ein-strömung eines Kanals mit dem Kanal gekoppelt, zu dessen Startpunktp0 es den minimalen Abstand hat. Analog wird für die 3D-Faces desAbströmungsgebietes verfahren.

4.2 1D-Gleichung für die KanalströmungFür die Kanalströmungen müssen sie beschreibende Gleichungen gefundenwerden. Im Folgendem bezeichnet x den Verlauf auf dem Stromfaden in Strö-mungsrichtung ausgehend vom Startpunkt des Kanals. Somit entspricht x derWeglänge f(r) des Stromfadens. Da die Kanalströmung auf eine Dimensionreduziert wird, ist die Geschwindigkeit u über jeden Kanalquerschnitt kon-stant und entlang des Stromfadens gerichtet, auf den der Kanal projiziertwird. Durch die Annahme konstanter Dichte des Fluids ρ und gleichbleiben-der Kanalquerschnittsfläche A im Kanalverlauf folgt aus der Kontinuitäts-gleichung d

dx(ρuA) = 0, dass die Geschwindigkeit u konstant ist. Somit muss

die Geschwindigkeit nicht gelöst werden, sofern sie in der Kanaleinströmungbekannt ist. Mit den weiteren getroffenen Annahmen, dass die spezifischeWärmekapazität c und die Wärmeleitfähigkeit λf des Fluids konstant sind,ist die einzig verbleibende Unbekannte die Fluidtemperatur Tf . Eine Bilan-zierung der Energie über einen Abschnitt ∆x des Kanals liefert,

cρuA(Tf,x+∆x − Tf,x)− Aλf(dTfdx

∣∣∣∣∣x+∆x

− dTfdx

∣∣∣∣∣x

)=∫Wq dA (4.3)

wobei W die Kanalwand über ∆x bezeichnet. Die Wärmestromdichte q istüber die Kanalwandtemperatur Tw und den Wärmeübergangkoeffizienten αgegeben,

q = α (Tw − Tf ) (4.4)

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welcher sich mittels Nußelt-Kennzahlen, siehe Kapitel 3.1.4, approximierenlässt. In differenzialer Form lautet die Energiebilanzgleichung

cρuAdTfdx− A d

dx

(λfdTfdx

)=∫Uq dS (4.5)

U bezeichnet hier den Kanalumfang an der Stelle x. Hierbei handelt essich um eine Transportgleichung, wenn man den Wärmeübergang zwischenKanalströmung und umgebenden Festkörper als Quellterm φ auffasst. Esergibt sich für die Temperaturverteilung ein stationäres, eindimensionalesKonvektions-Diffusions Problem mit Quellterm.

ρudTfdx− d

dx

(ΓdTfdx

)= φ (4.6)

Der Diffusionskoeffizient Γ und der Quellterm φ ergeben sich zu

Γ = λfc

und φ = 1cA

∫Uq dS (4.7)

4.3 Kopplung der 1D- und 3D-GebieteNachdem eine Gleichung für die Kanalströmung gefunden und die Kopp-lung von 1D- und 3D-Diskretisierung realisiert wurde, müssen die physika-lischen Interaktionen zwischen 1D- und 3D-Gebieten beschrieben werden.Neben dem Übergang von ein- und dreidimensional berechneten Strömungs-bereichen muss der Wärmeübergang zwischen Festkörper und Kanalströmungmodelliert werden. Dieser besteht auf der Strömungsseite im Quellterm derTransportgleichung. Auf der Festkörperseite lässt sich der Wärmeübergangdadurch berücksichtigen, dass die Temperatur in den 3D-Faces an der Ka-nalwand in jeder Iteration auf das analytische Ergebnis zwischen Fluidtem-peratur Tf in der 1D-Zelle und der Festkörpertemperatur Ts in der anliegen-den 3D-Zelle gesetzt wird. Auch für die Wandtemperatur Tw im Quelltermder Transportgleichung wird dieses analytische Ergebnis verwendet. Dadurchwird sichergestellt, dass bei der Berechnung des 1D- und 3D-Gebietes jeweilsimmer die aktuellen Werte des anderen Gebietes berücksichtigt werden. Die-se Temperatur ergibt sich aus der Energieerhaltung, der konvektive Wärme-übergang zwischen Strömung und Kanalwand q = α(Tw−Tf ) muss gleich derWärmeleitung im Festkörper q = −λs dTs

dz= −λs Tw−Ts,z

∆z sein. Aus diesen bei-den Gleichungen lässt sich bei gegebener Fluidtemperatur Tf in der 1D-Zelle,Wärmeübergangskoeffizienten α, Wärmeleitfähigkeit λs und Temperatur inder 3D-Zelle des Festkörpers Ts,z, bei einem Abstand ∆z zum 3D-Face der

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Kanalwand, die Temperatur im 3D-Face der Kanalwand Tw bestimmen.

Tw =αTf + λsTs,z

∆zα + λs

∆z(4.8)

Abbildung 6: links konvektiver Wärmeübergang, rechts Wärmeleitung [11]

Mittels dieser Gleichung wird die Temperatur in den 3D-Faces der Kanal-wand in jedem Iterationsschritt vor der Berechnung des Temperaturfeldesim Festkörper als Dirichlet-Randbedingung gesetzt. Bei der Berechnung derKanäle wird für den konvektiven Wärmeübergang ebenfalls diese Gleichungfür Tw verwendet.

Falls die Kanäle an Ein- und Austritt mit dreidimensional modellierten Strö-mungsgebieten verbunden sind, müssen diese ebenfalls gekoppelt werden. Davorausgesetzt wird, dass die Strömungsrichtung in den Kanälen bekannt ist,kann der Anfang eines 1D-Kanals durch eine Ausströmung im 3D-Strömungs-gebiet modelliert werden. Analog kann das Ende eines 1D-Kanals durch eineEinströmung in das 3D-Gebiet umgesetzt werden. In der 3D-Ausströmung(dem 1D-Kanalanfang) werden Geschwindigkeit, Temperatur und die Varia-blen möglicher Turbulenzmodelle als Neumann-Randbedingungen d•

d #r= 0

gesetzt, der Druck wird als Dirichlet-Randbedingung gesetzt. Da dTd #r

= 0gilt, wird an der Kopplung von 3D- auf 1D-Strömung die Wärmeleitung desFluids nicht berücksichtigt. In den 3D-Einströmungen gilt dp

d #r= 0, die an-

deren Variablen werden als Dirichlet-Randbedingungen gesetzt. #r stellt denRichtungsvektor der Ein- bzw. Ausströmfläche dar.

Während der Druck in der 1D-Gleichung keinen Einfluss nimmt, kann ersich auf ein System aus 1D- und 3D-Strömungsgebieten auswirken. Dies istder Fall, sobald mehrere 1D-Kanale an ein 3D-Strömungsgebiet grenzen. Der

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Druck an den Kanalanfängen ist abhängig vom Druck an den Kanalenden,der Geometrie der Kanäle und dem Durchfluss. Um das gesamte Strömungs-feld bei einem solchen Problem korrekt zu simulieren, müssen also die Druck-verluste über die 1D-Kanäle berücksichtigt und die 3D-Druckfelder an denKanalenden gekoppelt werden. Der Druckverlust wird über die, in Kapitel3.1.2 vorgestellte, Darcy-Weisbach Gleichung approximiert.

In jedem Iterationsschritt werden vor der Berechnung der 3D-Gebiete dieDirichlet-Randbedingungen für Druck, Temperatur und Geschwindigkeit anKanalanfangs- oder Kanalendflächen aktualisiert. An den 3D-Faces eines 1D-Kanalendes werden Temperatur und Geschwindigkeit uniform auf die Werteder Kanalströmung am Kanalende gesetzt.

#u 3D,Ende = u1D#r , T3D,Ende = T1D,Ende (4.9)

Der Druck in den 3D-Faces des 1D-Kanalanfangs wird ebenfalls uniform auf

p3D,Anfang = ∆p1D + p3D,Ende (4.10)

gesetzt, ∆p1D entspricht dabei Gleichung 3.4 und

p3D,Ende =∫A p3D dA∫A dA

(4.11)

dem mittleren Druck am Kanalende.

Entsprechend wird vor der Berechnung eines 1D-Kanals die Geschwindig-keit und die Eintrittstemperatur des 1D-Kanals gleich der gemittelten Wertein seiner Einströmung gesetzt.

u1D =∫A 〈 #u 3D,

#r 〉 dA∫A dA

(4.12)

T1D =∫A 〈 #u 3D,

#r 〉T3D dA∫A 〈 #u 3D,

#r 〉 dA(4.13)

Da stationäre Zustände berechnet werden, können die 1D- und 3D-Gebieteproblemlos iterativ nacheinander gelöst werden. In einer Iterationsschlei-fe werden also Festkörper, 3D-Strömungsgebiete und 1D-Kanalströmungennacheinander berechnet. Die Kopplung erfolgt dabei zum einen nach der Be-rechnung der 1D-Kanäle, indem die entsprechenden Dirichlet-Randbedingun-gen von Temperatur, Geschwindigkeit und Druck der 3D-Gebiete aktualisiertwerden, und zum anderen vor der Berechnung der Kanäle, indem Strömungs-geschwindigkeit und Eintrittstemperatur in den Kanälen aktualisiert werden,sowie während der 1D-Berechnung bei der Bestimmung des Quellterms.

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4.4 1D-LöserFür die in Kapitel 4.2 aufgestellte Transportgleichung der FluidtemperaturT im 1D-Kanal

ρudT

dx− d

dx

(ΓdTdx

)= φ (4.14)

soll nun ein 1D-Löser implementiert werden. Es handelt sich um eine Er-haltungsgleichung in konservativer Form, welche mittels des Finite-VolumenVerfahrens gelöst werden soll. Diskretisiert man den Stromfaden wie beschrie-ben, so hat eine 1D-Zelle P eine Nachbarzelle stromauf U (upstream) undeine stromab D (downstream), sowie die Faces u und d zwischen diesen Zel-len. Ausnahmen bilden die erste und letzte Zelle, welche nur jeweils eineNachbarzelle besitzen. Außerdem gibt es für jede 1D-Zelle eine Anzahl an3D-Faces, welche die Diskretisierung des Kanalwand des Festkörpers dar-stellen. Die Temperaturwerte werden in den Zellmittelpunkten gespeichert.Integriert man die oben angegebene Gleichung über eine 1D-Zelle P , so erhältman

ρuTd − ρuTu︸ ︷︷ ︸konvektiver Fluss

Γ dT

dx

∣∣∣∣∣d

− Γ dT

dx

∣∣∣∣∣u︸ ︷︷ ︸

diffusiver Fluss

=∫ d

uφ dx︸ ︷︷ ︸

Quellen in der 1D-Zelle

(4.15)

Die Werte und deren Ableitung sind in den Faces u und d nicht bekannt.Sie sind vom Verhältnis von Wärmeleitung zu konvektiven Wärmetransportabhängig, ein Maß hierfür ist die dimensionslose Péclet-Zahl Pe. Sie gibt dasVerhältnis von konvektiven zu diffusiven Flüssen an.

Pei = FiDi

mit Fi = (ρu)i, Di = ΓδxPI

(4.16)

δxPI bezeichnet den Abstand der Zellmittelpunkte P und I, D und F sindVariablen für diffusiven und konvektiven Transport. In Abbildung 7 sieht manden Verlauf einer Transportgröße zwischen zwei Punkten. Er wird durch

T (x)− TUTD − TU

= e(Pe x/δxUD) − 1ePe − 1 (4.17)

beschrieben. Somit sind die exakten Werte in den Faces zwar bekannt, dadie Auswertung der Exponentialfunktion jedoch numerisch teuer ist, werdendiese Werte meist approximiert. Hierfür gibt es verschiedene Schemata, beieiner zentralen Differenzen oder upwind-Diskretisierung werden die Gradi-enten in Gleichung 4.15 mittels zentraler Differenzen approximiert. Bei der

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Abbildung 7: Verlauf der Transportvariable φ zwischen den Punkten 0 undL in Abhängigkeit der Péclet-Zahl P [12]

zentralen Diskretisierung wird auch der Wert in den Faces linear zwischenden Werten in den Zellzentren interpoliert, wodurch der Einfluss der Kon-vektion vollständig vernachlässigt wird. Wie in Abbildung 8 zu sehen ist, istdiese Approximation jedoch ungenau, wenn |Pe| nicht klein ist, und wird für|Pe| > 2 instabil. Bei der upwind-Diskretisierung wird für die Werte in denFaces der Wert im Zellmittelpunkt stromauf eingesetzt, die Wärmeleitungwird für die Bestimmung von Tu und Td also ignoriert. Auch für relativ großePéclet-Zahlen ist die upwind-Diskretisierung keine optimale Näherung. Dies

Abbildung 8: Transportwert φ im Mittelpunkt zwischen den Punkten U undD über verschiedene Péclet-Zahlen P , φU = 0, φD = 1, δDP = δPU [12]

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liegt daran, dass der Gradient in den Faces mittels zentraler Differenzen an-genähert wird, dieser für betragsmäßig große Péclet-Zahlen dort jedoch gegenNull geht, wie in Abbildung 7 zu sehen ist. Daher verhält sich die upwind-Diskretisierung zu diffusiv. Eine weitere Diskretisierungsmöglichkeit ist dasHybridschema, hierbei wird der exakte Verlauf durch eine stückweise linea-re Funktion angenähert. Diese bestehen aus der zentralen Diskretisierungfür |Pe| < 2 und upwind-Ansätzen für den restlichen Bereich. Im Gegen-satz zum oben beschriebenen upwind-Schema werden die Gradienten hierbeijedoch mit Null angenähert, wodurch die Näherung verbessert wird. NachAbbildung 8 ist diese Approximation lediglich im Bereich um |Pe| = 2 nichtbefriedigend. Abhilfe schafft die Verwendung eines Potenzschemas (Powerlaw), welches die analytische Lösung sehr gut approximiert.

Wenn Wert und Gradient in den Faces aus den Werten in den benachbartenZellen bestimmt werden, kann Gleichung 4.15 allgemein formuliert werden.

aPTP = aUTU + aDTD +∫ d

uφ dx (4.18)

Die Koeffizienten aP , aU und aD lassen sich für alle vorgestellten Diskretisie-rungsschemata mit einer Funktion A(|Pe|) wie folgt darstellen.

aD = DeA(|Ped|) + max(0,− Fd) (4.19)

aU = DuA(|Peu|) + max(0,Fu) (4.20)

aP = aU + aD + Fd − Fu +∫ d

uφ dx (4.21)

Für die verschiedenen Diskretisierungen ergeben sich für A(|Pe|) die folgen-den Vorschriften.

Schema A(|Pe|)zentrale Diff.-Schema 1− 0.5|Pe|

upwind-Schema 1Hybridschema max (0, 1− 0.5|Pe|)Potenzschema max

(0, (1− 0.1|Pe|)5

)Exponentialschema |Pe| /

(e|Pe| − 1

)Abbildung 9: Funktion A(|Pe|) für die verschiedene Schemata [6]

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Nun muss noch der Quellterm diskretisiert werden. Er modelliert den Wär-meübergang zwischen Festkörper und Kanalströmung und wurde in Kapi-tel 4.2 aufgestellt. Die Fluidtemperatur T wird dabei für die Berechnungdes Wärmeübergangs in der Zelle als konstant angenommen, wie auch derEinfluss des Wärmeüberganges auf die Werte und Gradienten an den Facesvernachlässigt wurde. Integriert über die 1D-Zelle P ergibt sich∫ d

uφ dx = 1

cA

∫Aα(Tw − TP ) dA = α

cA

∑i

((Tw,i − TP )Aw,i) (4.22)

wobei Aw,i die Fläche und Tw,i die Temperatur des i-ten, an die 1D-Zelleangrenzenden, 3D-Faces beschreibt. Der Wärmeübergangskoeffizient α wirdmittels der Nußelt-Kennzahlen in Kapitel 3.1.4 berechnet, für die Position imKanalverlauf x wird dabei für die gesamte 1D-Zelle der x-Wert ihres Mittel-punktes verwendet. Somit ist auch α in einer Zelle konstant. Der Quelltermist linear in der Fluidtemperatur T und lässt sich mit Tw nach Gleichung4.8 in einen konstanten Teil Su und einen linear von T abhängigen Teil Spaufteilen.∫ d

uφ dx = α

cA

∑i

Ts,iAw,iα∆zi

λs+ 1︸ ︷︷ ︸

=Su

+ α

cA

∑i

α

α + λs

∆zi

− 1Aw,i︸ ︷︷ ︸

=Sp<0

TP (4.23)

Ts,i bezeichnet die Festkörpertemperatur im Mittelpunkt der i-ten 3D-Zelleund ∆zi dessen Abstand zur Kanalwand. Die Gleichung 4.18 ergibt sich zu

aPTP = aUTU + aDTD + Su + SpTP (4.24)

Ti bezeichnet hier wieder die Fluidtemperatur in den Zellzentren. Aufgelöstnach TP , der Fluidtemperatur in der 1D-Zelle P , folgt

a′PTP = aUTU + aDTD + Su

mit a′P = aP − Sp(4.25)

Auch die Dirichlet-Randbedingungen, das heißt die Temperatur an Anfangbeziehungsweise Ende des Kanals, sollen über den Quellterm modelliert wer-den. Da die Kanäle entlang der bekannten Strömungsrichtung definiert unddiskretisiert sind, wird im Folgendem vorausgesetzt, dass u ≥ 0 ist. Die Ter-me Su und Sp der ersten und letzten Zelle werden wie folgt erweitert, wennan Kanalanfang oder Kanalende eine Dirichlet-Randbedingung gegeben ist.Anfang bezeichnet das 1D-Face in der Einströmung des Kanals, Ende das derAusströmung. Gilt am Kanalende dT

dx= 0, so ist aD = 0, da TEnde = TP ist

und somit kein Einfluss der Temperatur stromab auf den Wert in P besteht.

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Verfahren Kanal- Sp Suzentrale Diff.-SchemaHybridschema, Pe < 2Potenzschema, Pe < 10Exponentialschema

anfang −(DAnfang + F ) (DAnfang + F )TAnfang

ende −(DEnde − F ) (DEnde − F )TEnde

upwind-SchemaHybridschema, Pe > 2Potenzschema, Pe > 10

anfang −(DAnfang + F ) (DAnfang + F )TAnfang

ende −DEnde DEndeTEnde

Abbildung 10: Modellierung von Dirichlet-Randbedingungen an Kanalanfangund -ende durch Addition zusätzlicher Terme zum Quellterm [6]

Zur Lösung wird ein iterativer Ansatz gewählt. Da die Strömungsrichtungin den Kanälen bekannt ist, werden die Kanäle immer in Strömungsrichtunggelöst. In vielen Anwendungsfällen überwiegt der konvektive Wärmetrans-port die Leitung deutlich und es ergibt sich oftmals in wenigen IterationenKonvergenz. Für den 1D-Löser kann die maximale Anzahl an Iterationen,innerhalb der Gesamtiteration von 1D- und 3D-Gebieten, und der Wert εder Konvergenzbedigung festgelegt werden.

ε ≥ maxP|TP,neu − TP,alt| (4.26)

4.5 1D-in-3D-LöserNachdem in den vorigen Kapiteln die einzelnen Methoden erarbeitet wurden,soll nun der 1D-in-3D-Löser umgesetzt werden. Zunächst muss ein geeigneterOpenFOAM Löser gefunden werden, auf dem die Berechnung der 3D-Gebieteberuht. Falls die Kanäle mit dreidimensional modellierten Strömungsgebietenverbunden sind, muss der OpenFOAM Löser die Wärmeleitung im Festkör-per, die Strömung in den 3D-Bereichen und den Wärmeübergang dazwischenlösen. Für diese Probleme eignet sich unter den offiziellen Standardlösern1 alseinziger chtMultiRegionSimpleFoam. Falls keine dreidimensional modellier-ten Strömungsbereiche vorliegen, muss lediglich die Wärmeleitung im Fest-körper mittels OpenFOAM gelöst werden, was mit dem Löser laplacianFoamrealisiert werden kann. Beide Löser wurden in Kapitel 3.3 vorgestellt undwerden mit den dort beschriebenen Einstellungen für Fluide und Festkörpermit konstanten Stoffwerten und konstanter Dichte, sowie für stationäre Be-rechnungen verwendet.

1http://www.openfoam.com/features/standard-solvers.php

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Die in diesem Kapitel erarbeiteten Methoden sind in zwei Klassen imple-mentiert, mit denen die OpenFOAM Löser jeweils erweitert werden. Die eineKlasse beschreibt Objekte der 1D-Kanäle, die andere Objekte der 1D-Zellen.Hierdurch müssen die ursprünglichen Löser nur um wenige Funktionsaufrufemodifiziert werden. Die main-Routinen der OpenFOAM Löser werden umden Aufruf einer Einlesefunktion für zusätzlich benötigte Parameter der 1D-in-3D-Simulation und einer Funktion zur Kanaldiskretisierung nach Kapitel4.1 erweitert. Wie in Kapitel 4.3 beschrieben, soll die stationäre Berechnungvon 1D- und 3D-Gebieten nacheinander und iterativ erfolgen. In der Iterati-onsschleife wird daher vor der Berechnung der 3D-Gebiete eine Routine zurBerechnung der 1D-Kanäle und zur Kopplung der Berechnungsgebiete aufge-rufen. Da die Berechnungskosten der 1D-Gleichung im Vergleich zu denen der3D-Gebiete äußerst gering sind, werden die Temperaturverläufe in den 1D-Kanälen in jedem Iterationsschritt auskonvergiert. Im Gegensatz dazu wirdin den 3D-Gebieten nur ein Schritt des Finite-Volumen Lösers ausgeführt. InAbbildung 12 ist dieser Ablauf schematisch dargestellt.

Beim Aufsetzten einer Rechnung müssen in OpenFOAM einige Punkte be-rücksichtigt werden, um die Kopplung zu ermöglichen. Zum einen müssen dieRandbedingungen an den Kanalwandflächen für die Temperatur, an den Flä-chen der 1D-Kanalenden für Temperatur und Geschwindigkeit und an denFlächen der 1D-Kanalanfänge für den Druck als Dirichlet-RandbedingungfixedValue angegeben werden. Die Werte dieser Randbedingungen werdenin jedem Iterationsschritt gemäß Kapitel 4.3 aktualisiert und stellen somit dieKopplung von den 1D-Kanälen auf die 3D-Gebiete dar. Zum anderen müssenfür die Kanaldiskretisierung nach Kapitel 4.1, in der OpenFOAM Diskretisie-rung die Flächen aller Kanalwände, die Flächen an den Kanalanfängen unddie Flächen an den Kanalenden jeweils mit einem Namen definiert werden.Neben den Namen dieser drei Flächen der 3D-Geometrie müssen noch weitereParameter spezifiziert werden. Für jeden 1D-Kanal muss neben den Punktendes Polygonzugs des Stromfadens auch die durchströmte QuerschnittsflächeA und der hydraulischen Durchmesser dh angegeben werden. Als weitere Pa-rameter müssen Dichte, Wärmeleitfähigkeit, dynamische Viskosität und spe-zifische Wärmekapazität des Fluids und, für die Bestimmung der Kanalwand-temperatur, die Wärmeleitfähigkeit des Festkörpers angegeben werden. Fallsein Kanal nicht aus einer 3D-Strömung gespeist wird muss die Strömungs-geschwindigkeit u und die Fluidtemperatur am Kanalanfang Tf,Anfang gege-ben werden. Wenn das Kanalende nicht an ein 3D-Strömungsgebiet grenzt,kann auch Tf,Ende spezifiziert werden. Als weitere Parameter lässt sich diezu verwendende Nußelt-Zahl explizit vorgeben, falls diese nicht in Abhän-gigkeit der Reynolds-Zahl bestimmt werden soll, das Diskretisierungsschema

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des 1D-Lösers, der Wert der Abbruchbedingung und die maximale Anzahlan Iterationsschritten des 1D-Lösers innerhalb der äußeren Iterationsschleifeeinstellen. Diese Werte müssen in der Datei setup gegeben werden, welche imOrdner der auszuführenden Rechnung liegen muss. Für optionale Angabenwird ansonsten ein Standardwert verwendet. In der Tabelle sind die mögli-chen Spezifikationen zusammengefasst.

Parameter erforderlich (falls)λf jaρf jaη jacf jaλs jaA Kanalanfang und -ende nicht gekoppeltdh Querschnitt nicht quadratischPunkte des Polygonzuges jaName der Kanalwandflächen jaName der Einströmflächen 3D-Anströmgebiete existierenName der Ausströmflächen 3D-Abströmgebiete existierenTf,Anfang Kanalanfang nicht gekoppeltTf,Ende optional, falls Kanalende nicht gekoppeltu Kanalanfang nicht gekoppeltverwendete Nußelt-Zahl optional, ansonsten anhängig von ReDiskretisierungschema optional, ansonsten PotenzschemaAbbruchbedingung optional, ansonsten ε = 10−6

max. Anzahl an Iterationen optional, ansonsten max. 103 Iterationen

Abbildung 11: Erforderliche und optionale Angaben in der setup-Datei, wel-che zusätzlich zu den Spezifikationen in dem OpenFOAM Löser erfolgen müs-sen.

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gegebene 3D-Diskretisierung und Polygonzüge der 1D-Kanäle⇒ 1D-Diskretisierung und Gitterkopplung

Anfangsbedingungen für T, #u , p

1D-Kanäle:mit T ks,Wandzellen, T

kf,Anfang, #u kAnfang folgt auskonvergiertes Ergebnis des 1D-FVL: T k+1

f,1D

T k+1f,Ende = T k+1

f,1D,Ende| #u k+1

Ende| = | #u kAnfang|pk+1

Anfang = p( #u kAnfang, pkEnde)

T k+1w = T (T k+1

f,1D, Tks,Wandzellen)

3D-Anströmgebiete: 1. Schritt des FVL, mit pk+1Anfang folgt:

T k+1f , #u k+1, pk+1

3D-Abströmgebiete: 1. Schritt des FVL, mit uk+1Ende, T

k+1f,Ende folgt:

T k+1f , #u k+1, pk+1

3D-Festkörper: 1. Schritt des FVL, mit T k+1w folgt:

T k+1s

T 0s,Wandzellen

T 0f,Anfang

#u 0f,Anfang

p0Ende

T k+1s,Wandzellen

T k+1f,Anfang

#u k+1Anfang

pk+1Ende

k = k + 1

T k+1w

T k+1f,Ende

#u k+1Ende

pk+1Anfang

Abbildung 12: Ablauf des 1D-in-3D-Lösers; innerhalb der äußeren Iterationvon 1D- und 3D-Löser wird mit dem 1D-Löser in einer inneren Iterations-schleife in jedem Iterationsschritt ein konvergentes Ergebnis bestimmt. Open-FOAM berechnet jedes 3D-Strömungsgebiet separat. Anfang bezeichnet dieFlächen der 3D-Anströmgebiete an den Einströmungen in die 1D-Kanäle,Ende die Flächen an den Ausströmungen der 1D-Kanäle, w die Flächen derKanalwände und Wandzellen die Zellen des Festkörpers an den Kanalwänden.

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5 ValidierungIn diesem Kapitel soll die Funktionalität der erarbeiteten Lösungsverfahrenbzw. deren Implementierung getestet werden. Außerdem soll die Modellie-rung des Wärmeüberganges im OpenFOAM Löser chtMultiRegionSimple-Foam mit dem des 1D-Lösers verglichen werden.

5.1 Validierung des 1D-LösersZunächst wird der 1D-Löser der Kanalströmungen separat getestet. Hier-für wird der Quellcode so modifiziert, dass die Kanalberechnung von der3D-Berechnung entkoppelt wird, indem wahlweise die Kanalwandtempera-tur oder die Wärmestromdichte über die Kanalwand im Quellcode als kon-stanter Wert vorgegeben wird, anstatt diesen mittels der Kopplung mit dem3D-Löser zu berechnen. Sofern nicht anders angegeben, sind die (Stoff-)Wertewie folgt.

Dichte 1.1894spez. Wärmekapazität 1006.8Wärmeleitfähigkeit 25.684 · 10−3

dynamische Viskosität 18.232 · 10−6

Eintrittstemperatur 263

Abbildung 13: Alle Werte sind in SI-Basiseinheiten angegeben.

Der Kanal hat einen quadratischen Querschnitt von 20cm x 20cm und eineLänge von 25 Metern. Er ist in 100 äquidistante 1D-Zellen diskretisiert. Fürden 1D-Löser wird das Potenzschema zur Diskretisierung verwendet.

Ohne Quellterm

Zunächst wird der 1D-Löser ohne Quellterm, also ohne Wärmeübergang zwi-schen Festkörper und Strömung getestet. Die Temperatur im Kanalende wur-de dabei auf T = 283 K gesetzt. Mit Gleichung 4.17 ist der analytische Ver-lauf eines Transportwertes zwischen zwei bekannten Werten gegeben. Wie inAbbildung 14 zu sehen, ist die Approximation bei einer Geschwindigkeit vonu = 10−3 m

s und einer daraus resultierenden Péclet-Zahl von Pe = 116.56 mitdem Potenzschema sowohl bei einer Diskretisierung mit 100 als auch mit zehnZellen sehr gut. Bei dem upwind-Schema zeigt sich sein diffusiver Charakter,welcher die Lösung beeinträchtigt. Bei u = 10−6 m

s und Pe = 0.12 ist die

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Approximation, aufgrund der überwiegenden Diffusion, mit zentralen Diffe-renzen gut. Die Implementierung des 1D-Löser zeigt bei diesem konvektions-diffusions Testfällen ohne Quellterm also keine Fehler.

0 5 10 15 20 25Position im Kanal (in m)

265

270

275

280

Tem

per

atu

r (i

n K

)

analytische Loesung, u=10^-6

analytische Loesung, u=10^-3

zentrale Diff., 10 Zellen, u=10^-6Potenzschema, 100 Zellen, u=10^-3upwind, 10 Zellen, u = 10^-3

Potenzschema, 10 Zellen, u=10^-3

Abbildung 14: Verlauf von analytischen und numerischen Lösungen, Ge-schwindigkeit u in m

s

Konstanter Wärmestrom über die Kanalwand

In diesem Testfall wird der Quellterm auf einen räumlich konstanten Wertgesetzt. Nach Kapitel 4.2 entspricht der Quellterm in einer Kanalzelle demWärmestrom über die Kanalwand der Zelle. Die Wärmestromdichte q überdie Kanalwand wird hier also auf einen räumlich konstanten Wert gesetzt.Vernachlässigt man die Wärmeleitung des Fluids in Strömungsrichtung ge-genüber dem konvektiven Wärmetransport, erwartet man einen linearen An-stieg der Fluidtemperatur. Aus der Energiebilanz

m c dT = q U dx (5.1)

ergibt sich der konstante Gradient der Temperatur

dT

dx= q U

m c(5.2)

Bei einer Wärmestromdichte von q = 100 Wm2 und u = 3 m

s folgt dTdx

=0.556 720 995 K

m . Dieser Gradient stimmt mit einer Genauigkeit O(10−8) mitdem Ergebnis des 1D-Lösers überein. Die Wärmestromdichte wurde hier-für im Quellcode des 1D-Lösers konstant auf q = 100 W

m2 gesetzt und mit

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λ = 10−6 Wm2 gerechnet. Dies hat jedoch keinen Einfluss, da bei der resultie-

renden Péclet-Zahl die Diffusion beim verwendeten Potenzschema vollständigignoriert wird. Die numerische Lösung entspricht in diesem Testfall also deranalytischen Lösung.

Konstante Wandtemperatur

Nachdem der 1D-Löser mit gegebenem Quellterm getestet wurde, soll ab-schließend die Berechnung dieses Quellterms, also des Wärmestroms über dieKanalwand, getestet werden. Hierfür wird die Kanalwandtemperatur räum-lich konstant auf Tw = 283 K gesetzt. Mit den Werten aus Tabelle 13 undu = 3 m

s folgt Re ≈ 39142 und Pedh≈ 27981. Da die Konvektion die Diffusion

deutlich dominiert, ist die Berechnung unter Vernachlässigung der Wärme-leitung in Strömungsrichtung eine gute Approxmation des Temperaturver-laufes. Mit der Nußelt-Zahl 3.16 für turbulente Strömungen folgt

cρuA︸ ︷︷ ︸konstant

dT

dx= Uλf

dh

ξ8Re Pr

1 + 12.7√

ξ8

(Pr

23 − 1

)︸ ︷︷ ︸

konstant

1 + 13

(dhx

) 23 (Tw − T ) (5.3)

In der numerischen Berechnung, der Kanal wird in 25 Zellen diskretisiert. Umauch hier die Wärmeleitung in Strömungsrichtung zu vernachlässigen wirddas Hybrid-Diskretisierungsschema verwendet, da Pe > 2 ist, wird so auchim 1D-Löser die Wärmeleitung vernachlässigt.

0 5 10 15 20 25Position im Kanal (in m)

265

270

275

280

Tem

per

atu

r (i

n K

)

analytisch

1D-Rechnung, 25 Zellen

Die Abweichung lässt sich dadurch erklären, dass die Position im Kanalver-lauf x im 1D-Löser über die Zelle konstant approximiert wird, die Nußelt-Zahljedoch von x− 2

3 abhängig ist. Wie zu erwarten, nimmt die Differenz zwischennumerischer und analytischer Lösung mit feineren Diskretisierungen ab.

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Anzahl Zellen 25 102 103 104 105

mittlere Differenz in K 0.1199 0.0389 0.0263 0.0134 0.0066

Abbildung 15: Mittlere Differenz zwischen analytischer und numerischer Lö-sung in den Zellmittelpunkten. Bei allen Diskretisierungen ist Pe > 2, d.h.das verwendete Potenzschema vernachlässigt die Diffusion

Bei vernachlässigter Wärmeleitung und konstanter Wandtemperatur wird derTemperaturlauf also korrekt berechnet. Nun soll die Diffusion nicht vernach-lässigt werden, stattdessen wird der Wärmeübergangskoeffizient α als kon-stant angenommen, wie es bei hydrodynamisch und thermisch ausgebildeten,laminaren Rohrströmungen der Fall ist. Mit unveränderten Stoffwerten undEintrittstemperatur werden u und α so gesetzt,

Γρu

= 100 und Uα

cfρuA= 10 (5.4)

dass sich die 1D-Gleichung der Kanalströmungstemperatur

ρuAcfdT

dx− ΓAd

2T

dx2 = Uα(Tw − T ) (5.5)

zudT

dx− 100d

2T

dx2 = 10(Tw − T ) (5.6)

ergibt. Wie in der folgenden Abbildung zu sehen, stimmt die analytischeLösung dieser Gleichung mit der numerische Lösung überein. Der Kanal istin 100 Zellen diskretisiert und das Potenzschema wurde verwendet, sodassbei |Pe| ≤ 0.0025 die Wärmeleitung nicht vernachlässigt wird. Es ergibtsich eine mittlere Abweichung von 0.0017 K zwischen dem analytischen undnumerischen Ergebnis.

0 5 10 15 20 25Position im Kanal (in m)

265

270

275

280

285

Tem

per

atur

(in K

)

analytische Loesung

numerische Loesung

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5.2 Validierung des 1D-in-3D-LösersNachdem der 1D-Löser validiert wurde, soll nun der 1D-in-3D-Löser für 1D-Kanalströmungen und umgebenden Festkörper getestet werden. Die Kanalen-den sind hierbei nicht mit 3D-Strömungsgebieten verbunden, diese Kopplungwird im nachfolgenden Kapitel getestet. Hierfür wird ein Testfall verwendet,in dem ein Kanal mit quadratischem Querschnitt und 1 mm Kantenlängemittig in einem Festkörperquader mit einem Querschnitt von 9 mm × 9 mmund einer Länge von einem Meter liegt. Der Kanal verläuft entlang der po-sitiven z-Achse, die Diskretisierung des Querschnitts ist in Abbildung 16 zusehen. In Strömungsrichtung ist der Festkörper in 100 äquidistante Zellenzerlegt. Die Seitenflächen des Festkörpers haben eine konstante Temperaturvon Ts = 283 K aufgeprägt, die beiden Stirnflächen sind adiabat. Das Fluidhat eine Eintrittstemperatur von 293 K und strömt mit u = 2.005 59 m

s . Auf-grund der daraus resultierenden Reynolds-Zahl von Re = 2000 und unterder Annahme einer uniformen Einströmung wird der Wärmeübergang mitder Nußelt-Zahl 3.15, für laminare, hydrodynamisch nicht ausgebildete Strö-mungen modelliert. In der Ausströmung wird eine ausgebildete Strömungangenommen.

Abbildung 16: Querschnitt in der x,y-Ebene, in schwarz die Diskretisierungdes Festkörpers mit 60 Zellen pro Außenkante, in rot die zusätzliche Diskre-tisierung des Kanals im Testfall mit dreidimensionaler Strömungslösung mit20× 20 äquidistanten Zellen

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Bei dem Festkörper soll es sich um Eisen, beim Fluid um Wasser handeln, inder Tabelle sind die Stoffwerte von Fluid und Festkörper zusammengefasst.

Stoffeigenschaft Fluid FestkörperDichte 998.21 7874

spez. Wärmekapazität 4185 449Wärmeleitfähigkeit 0.599225 80

dynamische Viskosität 0.001001 -

Abbildung 17: Stoffwerte von Fluid und Festkörper in SI-Basiseinheiten

Zunächst wird die Energiebilanz des stationären Zustands der 1D-3D-Rech-nung überprüft, nach dem Energieerhaltungssatz muss diese gleich null sein.

Eges = Hrein − Hraus +∑

OberflächenQi = 0

mit Hi = ρfAucfTfi− λfA

#∇Tfi

und Qi =∫Ai

−λs〈#∇Ts, #n 〉dA

(5.7)

~n stellt den äußeren Normalenvektor auf der Oberfläche und 〈·, ·〉 das Ska-larprodukt dar. Im vorliegenden Fall ergibt Qi = −15.0111 W für jede Fest-körperoberfläche in x- und y-Richtung und Qi = 0 W für die Oberflächen inz-Richtung, da diese adiabat sind. Mit Hrein = 2454.8624 W und Hraus =2395.0303 W ergibt sich eine Energiebilanz von Eges = −0.2123 W, was einenrelativen Fehler Eges/Hrein von O(10−5) ergibt. Die Energiebilanz ist also,abgesehen von vernachlässigbaren numerischen Rundungsfehlern, korrekt.

Um die Modellierung des Wärmeüberganges in dem Löser chtMultiRegion-SimpleFoam, auf dem die Berechnung der 3D-Strömungsgebiete beruht, mitdenen der verwendeten Nußelt-Kennzahlgesetze zu vergleichen, wird die Ka-nalströmung auch dreidimensional modelliert. Die Diskretisierung des Fest-körpers und die Stoffwerte sind identisch, die Kanaldiskretisierung ist in Ab-bildung 16 dargestellt. Um einen Einfluss der Randbedingungen im Auslaufzu verhindern, wurde der Kanal um einen 0.25 m langen Nachlauf mit adia-baten Wänden erweitert. Die Diskretisierung des Nachlauf ist identisch mitder des restlichen Kanals. Entsprechend der zuvor spezifizierten Randbe-dingungen wurde an der Einströmung ein uniformes Strömungsprofil ~u =(0, 0, 2.00559)Tm

s und in der Auströmung eine ausgebildetes Strömung mitd~vdz

= dTf

dz= 0 vorgeben. Die Strömung wurde, aufgrund der Reynolds-Zahl

von Re = 2000, laminar modelliert. In Abbildung 18 ist der Temperatur-verlauf im Kanal in 1D- und 3D-Rechnung aufgetragen. Dabei ist die Tem-

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peratur der 3D-Simulation mit der Geschwindigkeit in Strömungsrichtunggewichtet. Wie zu sehen, stimmt die Lösung der 1D-in-3D-Simulation mitder vollständig dreidimensionalen Simulation nicht überein. Dieser Unter-schied könnte daran liegen, dass die verwendete Nußelt-Kennzahl für einekonstante Kanalwandtemperatur ausgelegt ist, diese im Testfall jedoch imIntervall [283.1 K, 284.5 K] liegt.

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2Position im Kanal (in m)

286

288

290

292

Tem

per

atu

r (i

n K

)

1D-Rechnung

3D-Rechnung

Abbildung 18: Temperaturverlauf im Kanal, im 3D-Fall mit der Geschwin-digkeit in Strömungsrichtung vz gewichtet: T f = (

∫A vzdA)−1 ∫

A TfvzdA

In Abbildung 19 ist der Querschnitt durch den Festkörper in 1D- und 3D-Rechnung an der Stelle z = 0.185 m zu sehen. Obwohl die Differenz der(gemittelten) Fluidtemperaturen in diesem Schnitt gering ist, ergibt sich einunterschiedliches Temperaturfeld im Festkörper. Hier ist die unterschiedlicheModellierung des Wärmeüberganges bei gleicher Fluidtemperatur und einerausgebildeten laminaren Strömung gut zu erkennen. Da die hydrodynami-sche Einlaufstrecke [5] Lh = 0.05Re dh = 0.1 m deutlich überschritten wurde,ist davon auszugehen, dass sich an dieser Stelle ein laminares Strömung-profil ausgebildet hat. Neben diesem generell höheren Temperaturniveau istauch zu erkennen, dass die Kanalwandtemperatur in diesem Querschnitt inder 3D-Rechnung deutlich größere Differenzen aufweist als in der 1D-in-3D-Rechnung. Dies ist zu erwarten, da in der 1D-Rechnung die Kanalwandtem-peratur im Querschnitt auf einer einzigen Fluidtemperatur und Geschwindig-keit beruht, welche im 3D-Fall im Querschnitt variabel sind. Die Temperaturist im 1D-in-3D-Löser jedoch nicht konstant über die Kanalwand, da sieneben, im Querschnitt konstanter, Fluidtemperatur und Wärmeübergangs-koeffizienten auch von der variablen Festkörpertemperatur abhängig ist. Diesist in Abbildung 20 zu sehen, aufgrund der punktsymmetrischen Geometrie

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und den uniformen Randbedingungen des Festkörpers ist auch die Tempe-raturverteilung auf der Kanalwand punktsymmetrisch zum Mittelpunkt desKanals.

Abbildung 19: Querschnitt durch den Festkörper bei z = 0.185 m, links 3D-Rechnung mit Tf = 290.07 K (Mittelung wie in Abb. 18), rechts 1D-RechnungTf = 290.08 K

Abbildung 20: Kanalwandtemperatur der 1D-in-3D-Rechnung im Quer-schnitt bei z = 0.185 m

Konstante Wandtemperatur

Um festzustellen, ob der unterschiedliche Wärmeübergang an der variablenKanalwandtemperatur liegt, werden nun Testfälle mit konstanter Wandtem-peratur untersucht, da die verwendeten Nußelt-Kennzahlen für konstanteWandtemperaturen bestimmt wurden. Die Kanalwandtemperatur wird dabeifest auf Tw = 283 K gesetzt, den Temperaturwert der Festkörperoberflächen

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im obigen Testfall. Sowohl die Abmessungen und Diskretisierung des Kanals,als auch die Stoffwerte bleiben unverändert. In einer weiteren Rechnung wur-de der Kanal mit 50×50 äquidistanten Zellen im Querschnitt berechnet, umetwaige Gitterabhängigkeiten auszuschließen. Durch die explizite vorgege-bene Kanalwandtemperatur ist die Festkörpergeometrie beliebig. Im 1D-in-3D-Löser wird die konstante Wandtemperatur durch eine Modifikation imQuellcode, im 3D-Löser durch eine sehr dünne Festkörperummantelung voneinem Mikrometer und einer Oberflächentemperatur von 283 K realisiert.

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2Position im Kanal (in m)

286

288

290

292

Tem

per

atu

r (i

n K

)

1D-Rechnung

3D-Rechnung, 20x20 Zellen

3D-Rechnung, 50x50 Zellen

0 0,2 0,4 0,6 0,8Position im Kanal (in m)

2000

4000

6000

8000

10000

alpha

1D-Rechnung

3D-Rechnung, 20x20 Zellen

Abbildung 21: links der Temperaturverlauf im Kanal, im 3D-Fall mit derGeschwindigkeit in Strömungsrichtung vz gewichtet; rechts der angenäherteVerlauf des Wärmeübergangskoeffizienten unter Vernachlässigung der Wär-meleitung: α ≈ cρuA

U(Tw−T )dTdx, für x = 0 ist α1D ≈ 19761 und α3D ≈ 32832

Wie zu sehen bleibt die Temperaturdifferenz auch bei einer konstanten Ka-nalwandtemperatur bestehen und eine signifikante Gittersensitivität, wel-che den unterschiedlichen Wärmeübergang erklären würde, besteht nicht. ImAnfangsbereich, in dem sich nach der uniformen Einströmung eine hydrody-namische und thermische Grenzschicht ausbildet, weichen die angenähertenWärmeübergaskoeffizienten deutlich voneinander ab. Der Wärmeübergang inder 3D-Rechnung ist dabei erheblich größer. Nach diesem Bereich nähern diebeiden Verläufe sich, bei einer ca. gleichbleibenden Differenz, unterschied-lichen Grenzwerten an, wobei hier der Wärmeübergang nach dem Nußelt-Kennzahlgesetz höher ist.

Da der 1D-Löser, wie in Kapitel 5.1 gezeigt, den Wärmeübergang bei ei-nem gegebenem Kennzahlgesetz korrekt berechnet, liegt die Differenz in derunterschiedlichen Modellierung im verwendeten OpenFOAM Löser. Es bleibtzu untersuchen, ob diese Differenz auch bei anderen Strömungszuständen auf-tritt.

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Daher wird zunächst untersucht, ob sich die Differenz am Kanalanfang auchergibt, wenn die Strömung zu Beginn hydrodynamisch ausgebildet ist. Die-ser Zustand tritt nach ca. Lh = 0.05Re dh = 0.1 m ein, [5] im 3D-Testfallwird dem Kanal deshalb eine Vorlaufstrecke von 0.5 m zugefügt, in dem sichein laminares Strömungsprofil ausbilden kann, im 1D-in-3D-Löser wird dieNußelt-Zahl 3.14 verwendet. Es zeigt sich jedoch in dem in Abbildung 22dargestellten Verlauf von Temperatur und Wärmeübergangskoeffizient, dasssich keine qualitativen Änderungen ergeben. Auch mit dem adiabaten Vor-lauf ist der Wärmeübergang zu Beginn des Kanalabschnittes mit konstanterWandtemperatur im 3D-Löser deutlich höher. Dies lässt darauf schließen,dass die hohe Differenz des Wärmeüberganges am Anfang des Kanals nichtdaran liegt, dass die Strömung nicht hydrodynamisch ausgebildet ist, sondernvielmehr daran, dass die Strömung thermisch nicht ausgebildeten ist.

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

Position im Kanalverlauf (in m)

286

288

290

292

Tem

per

atur

(in K

)

1D-Rechnung

3D-Rechnung

0 0,2 0,4 0,6 0,8

Position im Kanalverlauf (in m)

2000

4000

6000

8000

10000

alpha

1D-Rechnung

3D-Rechnung

Abbildung 22: links der Temperaturverlauf im Kanal, der Vorlauf im 3D-Fallist nicht nicht dargestellt; rechts der angenäherte Wärmeübergangskoeffizi-ent, für x = 0 ist α1D ≈ 16742 und α3D ≈ 29992

Konstante Wandtemperatur bei turbulentem Strömungszustand

Da im 1D-in-3D-Löser auch turbulente Strömungszustände modelliert wer-den können, wird auch bei diesen der Wärmeübergang betrachtet. In denfolgenden Testfällen wird der Kanal mit und ohne adiabaten Vorlauf undmit Re = 2 · 104 berechnet. Für die eindimensionale Modellierung wird fürdiese turbulente Strömung neben der Nußelt-Kennzahl 3.16, auch eine wei-tere Kennzahl für turbulente Strömungen verwendet.[7]2

Nux = 0.0235(Re0.8 − 230

) (1.8Pr0.3 − 0.8

)1 + 13

(dhx

) 23 (5.8)

2 Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität wird vernachlässigt.

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Die dreidimensionale Strömungssimulation wird unter Verwendung des Rey-nolds-gemittelten k-ε-Turbulenzmodells und des k-ω-SST-Modells berech-net. In der Einströmung wird die turbulente kinetische Energie auf k =1.298 847 m2

s2 und die Dissipationsrate auf ε = 3505.871 m2

s3 bzw. die charak-teristische Wirbelfrequenz auf ω = 54 756.39 1

s gesetzt. Zur Modellierungder wandnahen Strömungsbereiche werden die in Kapitel 3.3 vorgestelltenWandfunktionen verwendet. Für diese wird empfohlen, den dimensionslosenWandabstand der Wandzellen im Bereich y+ ∈ [30, 300] zu wählen. Es wer-den daher Fälle mit verschiedenen Diskretisierungen des Kanalquerschnittsbetrachtet, da bei den Wandfunktionen eine Gittersensitivität zu erwartenist. Der Querschnitt ist in allen Rechnungen äquidistant vergittert.

y+ 25 30 35 60Vergitterung 50 × 50 38 × 38 33 × 33 20 × 20

In den in Abbildung 23 dargestellten Temperaturverläufen erkennt man ei-ne deutliche Gitterabhängigkeit. Für die verschiedenen y+-Werte weichendie Ergebnisse des k-ω-SST- und des k-ε-Modells drastisch voneinander ab.Während bei beiden Turbulenzmodellen für y+ = 25, 60 die Differenz desWärmeüberganges zwischen den OpenFOAM Berechnungen und den Nußelt-Kennzahlgesetzen groß ist, stimmen die Ergebnisse für y+ = 35 gut überein.Die maximale relative Abweichung zweier Simulationen bezogen auf die Tem-peraturdifferenz zwischen Anströmung und Kanalwand

fi,j = maxx

|Ti(x)− Tj(x)|TEintritt − Tw

(5.9)

ist zwischen den beiden Nußelt-Kennzahlgesetzen kaum geringer als die derbeiden OpenFOAM Berechnungen mit dem jeweils näheren Nußelt-Kenn-zahlgesetz. So ist f = 2.4% zwischen den beiden Kennzahlen, f = 3.1%zwischen der k-ω-SST-Berechnung und der Nußelt-Zahl 5.8 und f = 6.3%zwischen der k-ε-Berechnung und der Nußelt-Kennzahl 3.16.

Um auszuschließen, dass durch die Randbedingungen, beispielsweise eine zuhohe oder geringe turbulente kinetische Energie, die Ergebnisse beeinflusstwerden, wird in den 3D-Berechnungen eine adiabate Vorlaufstrecke von 0.5 mhinzugefügt. Da beide oben verwendeten Nußelt-Zahlen auch für Strömun-gen mit adiabatem Vorlauf gültig sind, werden diese weiterhin verwendet. Einqualitativer Unterschied zu den obigen Ergebnissen ergibt sich nicht, es bleibtaber zu bemerken, dass die Differenz zwischen der k-ω-SST-Berechnung undder Kennzahl 5.8 noch geringer ist.

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0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

Position im Kanalverlauf (in m)

284

286

288

290

292

Tem

per

atur

(in K

)

1D, Nusselt-Zahl Gl. 5.81D, Nusselt-Zahl Gl. 3.163D, k-epsilon, y+ = 60

3D, k-epsilon, y+ = 35

3D, k-omega, y+ = 60

3D, k-omega, y+ = 35

3D, k-omega, y+ = 25

Abbildung 23: Temperaturverläufe für k-ε- und k-ω-SST-Modell ohne Vorlauf

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

Position im Kanalverlauf (in m)

284

286

288

290

292

Tem

per

atur

(in K

)

1D, Nusselt-Zahl Gl. 5.81D, Nusselt-Zahl Gl. 3.163D, k-epsilon, y+ = 60

3D, k-epsilon, y+ = 35

3D, k-omega, y+ = 60

3D, k-omega, y+ = 35

Abbildung 24: Temperaturverläufe mit, nicht dargestelltem, Vorlauf

Bei einem günstig gewählten y+-Wert entspricht der Wärmeübergang im Lö-ser chtMultiRegionSimpleFoam bei der vorliegenden Kanalgeometrie den be-trachteten Kennzahlgesetzen sehr gut, eine beliebige Wahl y+ ∈ [30,300]garantiert dies jedoch nicht. Daher scheint, aufgrund der hohen Gittersen-sitivität, eine Gitterstudie für andere Geometrien oder Strömungszuständeunerlässlich.

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5.3 Validierung des 1D-in-3D-Lösers mit 3D-StrömungsgebietenNachdem der 1D-in-3D-Löser für 1D-Kanäle und umgebenden Festkörpervalidiert und die Ergebnisse mit der Modellierung des Wärmeüberganges inOpenFOAM verglichen wurde, soll nun der 1D-in-3D-Löser mit der zusätz-lichen Kopplung von 1D- und 3D-Strömungsgebieten getestet werden. Hier-für wird ein Kanal mit quadratischem Querschnitt, bei einer Kantenlängevon 1 mm und einer Länge von 1 m, in drei Gebiete aufgeteilt. Das ersteund letzte Viertel des Kanals wird dreidimensional und der Mittelteil eindi-mensional modelliert. Der Kanal liegt auf seiner gesamten Länge in einemFeststoffquader mit den Abmessungen 3 mm× 3 mm× 1 m. In Abbildung 25ist die Diskretisierung des Querschnitts dargestellt. Der Querschnitt der 3D-Strömungsbereiche ist mit 20×20 äquidistanten Zellen vergittert, mit Zellendieser Abmessungen ist auch der Festkörperquerschnitt diskretisiert. In Strö-mungsrichtung sind die 3D-Strömungsgebiete und das 1D-Gebiet jeweils 50mal diskretisiert, ebenso der Festkörper in diesen drei Bereichen.

Die Stoffeigenschaften von Fluid und Festkörper entsprechen denen der vor-angegangenen Testfälle, siehe Tabelle 17. Das Fluid hat eine Eintrittstem-peratur von 293 K und eine Geschwindigkeit von 2.005 59 m

s . Entsprechendder resultierenden Reynolds-Zahl von Re = 2000 werden die 3D-Strömungs-gebiete laminar modelliert. Der Wärmeübergang im 1D-Bereich beruht aufder Nußelt-Kennzahl 3.15 für laminare, nicht hydrodynamisch ausgebildeteStrömungen. Die Position im Kanalverlauf bezieht sich dabei auf den Beginndes 3D-Anströmungsgebietes und nicht auf den Anfang des 1D-Bereiches.Die Oberflächen des Festkörpers parallel zur Strömungsrichtung weisen eineTemperatur von 300 K auf, die Stirnflächen sind adiabat.

Abbildung 25: Diskretisierung im Querschnitt von Festkörper (blau) und 3D-Strömungsgebiet (rot)

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Zum Vergleich wird der Kanal in zwei weiteren Rechnungen vollständig ein-bzw. dreidimensional modelliert. In der 3D-Rechung werden die gleichen Ein-stellungen und im gesamten Kanal wird die gleiche Diskretisierung verwen-det wie in den 3D-Strömungsbereichen der 1D-in-3D-Simulation. In der 1D-Simulation ist die Vergitterung des Festkörperquerschnittes unverändert undKanal und Festkörper sind in Strömungsrichtung 100 mal diskretisiert. Auchhier wird wieder die Nußelt-Zahl 3.15 verwendet. In beiden Berechnungenwird im 1D-Löser das Potenzschema verwendet.

Bevor die Temperaturverläufe betrachtet werden, wird zunächst die Mas-senerhaltung überprüft. In der 1D-in-3D-Rechnung ergibt sich im 1D-Kanaleine Geschwindigkeit von 2.005 592 m

s , was einen relativen Fehler vonO(10−6)bedeutet und in einem tolerablen Rahmen ist.

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1Position im Kanal (in m)

293

294

295

296

297

298

Tem

per

atu

r (i

n K

)

1D-in-3D-Rechnung

3D-Rechnung

1D-Rechnung

Abbildung 26: Temperaturverläufe im Kanal, der 1D-Kanal liegt im Bereich0.25 m bis 0.75 m.

Die Temperaturdifferenz zwischen der dreidimensional modellierten Anströ-mung und dem Nußelt-Kennzahlgesetz ist erwartungsgemäß ähnlich zu denbereits getesteten Fällen mit laminaren Strömungszuständen. Im Bereichdes hydrodynamischen und thermischen Einlaufs ist der Wärmeübergangin der 3D-Rechnung höher, anschließend überwiegt er in der 1D-Rechnung.In der 1D-in-3D-Rechnung steigt die Temperatur am Ende des eindimen-sionalen Kanalabschnittes scheinbar sprunghaft an. Dies lässt sich durchden Übergang von 1D- auf 3D-Strömung erklären, dort wird ein uniformesTemperatur- und Geschwindigkeitsprofil angenommen und im 3D-Bereich alsDirichlet-Randbedingung gesetzt. Diese Bedingungen gelten auch zu Beginndes Kanals, in Abbildung 27 ist der qualitativ ähnliche Verlauf des Wärme-übergangskoeffizienten in den beiden 3D-Strömungsbereichen erkennbar.

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0 0,2 0,4 0,6 0,8 1Position im Kanal (in m)

0

10000

20000

30000

40000

alp

ha

Abbildung 27: Verlauf des approximierten Wärmeübergangskoeffizienten der1D-in-3D-Rechnung

In Abbildung 28 ist der Verlauf des über den Kanalquerschnitt gemitteltendynamischen Druckes dargestellt. Dieser ist in der 3D-Berechnung des LöserschtMultiRegionSimpleFoam nahezu identisch zu der, im 1D-Löser verwende-ten, empirischen Gleichung 3.4 nach Darcy-Weisbach. Lediglich in den An-fangsbereichen der 3D-Strömungsgebiete, in denen sich aus dem uniformenGeschwindigkeitsprofil ein laminares Strömungsprofil ausbildet, weicht derGradient von seinem ansonsten linearen Verlauf ab.

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1Position im Kanal (in m)

1e+05

1,1e+05

1,2e+05

1,3e+05

1,4e+05

1,5e+05

1,6e+05

Dru

ck (

in P

a)

1D-in-3D-Rechnung

3D-Rechnung

1D-Rechnung

Abbildung 28: Druckverlauf der 1D-in-3D-Rechnung, der 3D-Rechnung undnach der Gleichung von Darcy-Weisbach

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6 AnwendungsfallNachdem seine Funktionalität getestet wurde, soll der Löser abschließendin einem Anwendungsfall demonstriert werden. Da mit den getroffenen An-nahmen, insbesondere der Reduzierung auf einphasige Strömungen und derVernachlässigung chemischer Reaktionen, das Verhalten einer Brennstoffzellenoch nicht geeignet modelliert werden kann, wird stattdessen die Kühlungeines Festkörpers untersucht.

Der Festkörper besteht aus Eisen, das Kühlmittel ist Wasser. Die Stoffwer-te sind identisch mit denen in Kapitel 5.2 und wurden in Tabelle 17 an-gegeben. Auf der Oberseite hat der Festkörper mittig auf einer Fläche vonvon 6 cm × 6 cm eine Temperatur von 1000 K aufgeprägt, die Abmessungendes Festkörpers sind 10 cm × 10 cm × 1 cm. Zur Kühlung wird der Festkör-per mittig von 19 Kanälen mit einem Querschnitt von von 1 mm × 1 mmdurchdrungen. Aus einem Verteiler werden diese Kanäle mit 300 K warmenWasser gespeist, die Kanalströmungen münden in einen Sammler, in demdas erwärmte Wasser abströmt. Verteiler und Sammler haben eine Höhe von1 mm und grenzen bündig an die Kanäle. Alle Oberflächen, mit Ausnahmeder Heizfläche des Festkörpers und der Aus- und Einströmfläche in Sammlerbzw. Verteiler, sind adiabat. Die über die Heizfläche dem Festkörper zuge-führte Wärme kann also nur über die Kanalströmungen abgeführt werden.

Abbildung 29: Aufbau der Kühlers: vorne Verteiler, hinten Sammler, dazwi-schen der transparent dargestellte Festkörper mit Kanälen. Die Heizflächeauf der Oberseite des Festkörpers ist in rot dargestellt.

Verteiler, Sammler und Festkörper werden dreidimensional, die Kanäle überihre gesamte Länge eindimensional modelliert. Dem System wird über den

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Verteiler ein Massenstrom von ca. 0.0038 kgs zugeführt, aufgrund der da-

raus resultierenden Reynolds-Zahlen von Re ≈ 200 in den Kanälen wird dieStrömung als laminar angenommen. Dementsprechend wird die Strömungin Verteiler und Sammler laminar modelliert und für die Kanalströmungendie Nußelt-Kennzahl 3.15 für laminare, hydrodynamisch nicht ausgebildeteStrömungen verwendet.

Abbildung 30: Geschwindigkeitsfeld im mittigen Querschnitt

In der obigen Abbildung erkennt man die Verteilung der Strömung auf dieKanäle und deren Austritt aus den Kanälen auf der rechten Seite. In Abbil-dung 31 ist das resultierende Temperaturprofil in diesem Querschnitt darge-stellt. Man erkennt, dass die Abnahme der Festkörpertemperatur, vom Fest-körpermittelpunkt aus gesehen, stromauf deutlich größer als stromab ist. Derkonvektive Wärmetransport in den Kanälen, und damit der Wärmeübergangvon dem Festkörper auf die Strömungen, überwiegt also gegenüber der Wär-meleitung im Festkörper. In der Ausströmung ergibt sich, entsprechend derTemperaturverteilung im Festkörper, ein Temperaturprofil, welches von derAusströmung der mittigen, unter der Heizfläche verlaufenden Kanäle nach

Abbildung 31: Temperaturfeld im mittigen Querschnitt

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außen hin abnimmt. Die sich ergebenden Temperaturverläufe in den Kanal-strömungen sind in Abbildung 32 exemplarisch für drei Kanäle dargestellt.Unterhalb der Heizfläche, das heißt im Bereich 0.02 m bis 0.08 m, ergebensich höhere Gradienten als in den ersten 0.02 m der beiden Kanalverläufe.In abgeschwächter Form ist dies, aufgrund der Wärmleitung im Festkörper,auch beim äußeren Kanal der Fall. Hier beginnt der Anstieg des Gradientenjedoch erst später, woran der Zusammenhang der Temperaturverteilung inden Kanälen und im Festkörperquerschnitt aus Abbildung 31 deutlich wird.In Abbildung 33 und 34 ist die Festkörpertemperatur in einem Querschnittnormal zur Strömungsrichtung und auf der Ober- und Unterseite zu sehen.

0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1

Position im Kanalverlauf (in m)

300

400

500

600

700

Tem

per

atur

(in K

)

Kanal 1Kanal 5Kanal 10

Abbildung 32: Temperaturverläufe in den Kanälen eins, fünf, und zehn; dieKanäle sind, stromab gesehen, von links nach rechts nummeriert. Der ersteKanal liegt dementsprechend links außen, der fünfte ist der am weitestenlinks außen liegende Kanal, der noch vollständig unterhalb der Heizflächeliegt und der zehnte ist der mittlere Kanal.

Abbildung 33: Temperaturfeld des Festkörpers im Querschnitt normal zurStrömungsrichtung und in der Mitte der Kanalverläufe

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Abbildung 34: Temperaturverteilung auf der Oberseite (links) und auf derUnterseite (rechts) des Festkörpers

Der Druck an den Kanalanfängen ist mit dem Druck an den Kanalendengekoppelt. Die Änderung des Druckwertes an den Kanalanfängen ist dabeimit 0.01 unterrelaxiert, um eine divergierende Oszillation von Druck und Ge-schwindigkeit zu verhindern. Der Verlauf des Druckes am Anfang des erstenKanals ist in dem folgenden Diagramm über den Simulationsverlauf aufge-tragen. Der vermeintlich monoton wachsende Druckwert weist in den erstenIterationen auch abnehmende Werte auf, welche ohne Relaxierung zu Insta-bilität geführt hätten, wie ein nicht unterrelaxierter Versuch gezeigt hat.

0 200 400 600 800

Iteration

1e+05

1,001e+05

1,002e+05

1,003e+05

1,004e+05

1,005e+05

1,006e+05

Dru

ck (

in P

a)

Abbildung 35: Verlauf des Druckwertes an der Einströmung des ersten Kanals(links außen) über die Iterationsschritte

49

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Ohne eine solche Druckkopplung würde das Strömungsfeld nicht korrekt be-rechnet, da in der Anströmung zum einen das Druckfeld im Sammler undzum anderen, und wahrscheinlich entscheidender, der Druckverlust in denKanalströmungen nicht berücksichtigt würde, welcher erheblich von der Strö-mungsgeschwindigkeit anhängt. In einem solchen Fall würde man erwarten,dass der Massenfluss in den mittleren Kanälen deutlich höher als in den äuße-ren Kanälen ist. Mit der verwendeten Darcy-Weisbach Gleichung 3.4 für denDruckverlust in den Kanalströmungen, in welche die Geschwindigkeit qua-dratisch eingeht, sollte dieser Zustand abgeschwächt werden. Dies bestätigtsich in einer Vergleichsrechnung ohne Druckkopplung. Wie in der Tabelle zusehen, verteilt sich die Strömung gleichmäßiger auf die Kanäle, im zehnten,mittleren Kanal reduziert sich der Massenfluss um ca. 4.6%.

Kanal Geschwindigkeit in m/smit Druckkopplung ohne Druckkopplung

1 0.196 0.1905 0.199 0.19710 0.203 0.213

Abbildung 36: Strömungsgeschwindigkeit in den Kanälen eins, fünf und zehn,mit und ohne Druckkopplung.

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7 FazitZielsetzung dieser Arbeit war es, für technische Problemstellungen des ge-koppelten Wärmetransportes in Festkörper und Strömungen, in denen derFestkörper von durchströmten Kanälen durchdrungen wird, einen 1D-in-3D-Löser zu entwickeln und zu implementieren. Dieser sollte die Strömung inden Kanälen eindimensional und andere, komplexere Strömungsgebiete, so-wie den Festkörper dreidimensional lösen. Nach dem in dieser Arbeit gewähl-ten Ansatz sollten die dreidimensional modellierten Gebiete mit einem vor-handenen OpenFOAM Löser und die eindimensionalen Kanalströmungen miteinem eigenen Löser berechnet werden. Die Diskretisierung der Kanäle solltedabei nicht mittels der OpenFOAMGitterstruktur, sondern mit einer eigenenStruktur realisiert werden. Somit ergaben sich folgende Aufgaben, welche er-folgreich umgesetzt werden konnten: Die physikalische Beschreibung der Ka-nalströmungen, die Implementierung eines Lösers für diese eindimensionalenStrömungen, die Diskretisierung der dimensionsreduzierten Kanäle und dieKopplung dieser mit dem OpenFOAM Gitter, die physikalische Beschreibungund Kopplung der Flüsse zwischen ein- und dreidimensional modellierten Ge-bieten und letztlich die Integration des 1D-Lösers in den OpenFOAM Löser.In der anschließenden Validierung konnte die korrekte Funktionsweise derModellierung und Implementierung bestätigt werden. Bei einem Vergleichdes Wärmeüberganges von ausgewählten Nußelt-Kennzahlgesetzen mit derModellierung des verwendeten OpenFOAM Lösers ergaben sich jedoch teil-weise signifikante Abweichungen.

In dieser Arbeit wurden einige Annahmen getroffen, welche die Modellie-rung simplifiziert haben, so wurde unter anderem eine konstante Dichte undein im Kanalverlauf gleichbleibender Kanalquerschnitt angenommen. In einerersten Ausbaustufe könnte der Löser somit auf kompressible Fluide und va-riable Querschnitte erweitert werden. Im Hinblick auf das Projekt, in dessenRahmen diese Arbeit angelegt wurde, der Reduzierung des Berechnungsauf-wandes bei der Auslegung von Brennstoffzellen, ist in einem weitgreifenderenAusblick jedoch auch die Erweiterung auf Zweiphasenströmungen und che-mische Reaktionen zu sehen. Für diese komplexen Probleme wurde mit derErstellung des in dieser Arbeit vorliegenden 1D-in-3D-Lösers für physikalischeinfachere Strömungsarten ein erster Schritt getan.

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Literaturverzeichnis[1] VDI-Wärmeatlas, VDI-Verlag, 10. Auflage, 2006

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[5] Kays, W. M.: Convective Heat and Mass Transfer, McGraw-Hill, 2005

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Bildquellenverzeichnis[9] http://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/energie/speichern-und-

transportieren/strom/brennstoffzellen/knallgas/Stand: 27.09.2013

[10] Kneer, R.: Vorlesung Wärme- und Stoffübertragung, RWTH Aachen,2009

[11] vgl. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Konvektion.pngStand: 27.09.2013

[12] Thiele, F.: Finite-Volumen-Methode in der Numerischen Thermofluid-dynamik, TU Berlin, 2006

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich, Janis Brächter, an Eides statt, dass ich dievorliegende Bachelorarbeit selbständig verfasst und keine anderen alsdie angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Aachen, den 27.09.2013

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