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EINE GRENZEVERSCHWINDET
AGNIESZKA ŁADAJUSTYNA SEGEŠ FRELAK
DIE NEUE POLNISCHE MIGRATION NACH DEUTSCHLAND AUS LOKALER PERSPEKTIVE
(HRSG.)
INSTITUT FÜR ÖFFENTLICHE ANGELEGENHEITEN EUROPAPROGRAMM und MIGRATIONSPROGRAMM
Die vorliegende Publikation entstand im Rahmen des Projektes: „Die neue polnische Migration nach Deutschland aus lokaler Perspektive“, durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit.
Projektpartner: Leibniz-Institut für LänderkundeUmschlaggestaltung: pracownia grafi kiProjektkoordination: Agnieszka Łada, Justyna Segeš Frelak
Wissenschaftliche Gutachter: Prof. Dr. Stefan Garsztecki, Dr. Hab. Michał Krzyżanow-ski
Übersetzung ins Deutsche: Katarzyna Babińska, Elisabeth Büttner, Jan Obermeier
© Copyright by Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau 2012
Vollständige und/oder auszugsweise Nachdrucke von Materialien des Institutes für Öffentliche Angelegenheiten sind nur mit Einwilligung des Institutes gestattet. Das Zitieren von Textstellen sowie die Verwendung von empirischen Daten ist unter Angabe der jeweiligen Quellen erlaubt.
Herausgeber:Stiftung Institut für Öffentliche Angelegenheiten00-031 Warschau,ul. Szpitalna 5/ 22Tel.: (22) 556 42 60, Fax: (22) 556 42 62E-mail: [email protected]
Die Aktivität des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten wird durch die Europäische Union im Rahmen des Projekts: Europa für Bürgerinnen und Bürger 2007-2012 gefördert. Für den Inhalt der Publikation ist allein das Institut für Öffentliche Angelegenheiten verantwortlich. Die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles & Kultur und die Europäische Union tragen keine Verantwortung für die in der Publikation vorgestellten Meinungen.
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INHALTSVERZEICHNIS
Schlussfolgerungen
Agnieszka Łada, Justyna Segeš Frelak
Vorwort
Justyna Segeš Frelak
Die polnische Erwerbsmigration nach Deutschland seit 2004
Justyna Segeš Frelak, Agnes Kriszan (Zausmmenarbeit)
Charakteristik des deutsch-polnischen Grenzraums sowie
der untersuchten lokalen Gemeinschaften
Agnes Kriszan, Magdalena Szaniawska-Schwabe
Die neue polnische Migration nach Deutschland in grenznahen
Lokalgemeinschaften aus deutscher Perspektive
Hanna Bojar
Die neue polnische Migration nach Deutschland. Das Leben
in grenznahen lokalen Gemeinschaften aus der Perspektive
der Migranten
Agnieszka Łada
Die Öffnung des Arbeitsmarktes in Deutschland. Polnische
Erwerbsmigranten und ihre regionale Integration im Spiegel
der vor Ort rezipierten Presse
Agnieszka Łada, Justyna Segeš Frelak
Eine Grenze verschwindet – Fazit
Anhang 1 – Karte der Grenzregion
Anhang 2 – Charakteristik der Befragten
Über die Autoren
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SCHLUSSFOLGERUNGEN
• Nach der Öffnung der Grenzen Ostmitteleuropas im Zuge der
demokratischen Wende von 1989 entwickelten sich vielfältige
grenzüberschreitende Verbindungen im Norden der deutsch-
polnischen Grenzregion. Infolge dieses dynamischen Prozesses
kam dort eine „neue” polnische Migration nach Deutschland zum
Vorschein, was zu einer zunehmenden, sichtbaren Präsenz von
Polen innerhalb der einheimischen Stadt- und Landbevölkerung
im Grenzgebiet westlich der Oder geführt hat.
• Erheblichen Einfl uss auf die polnische Migration nach
Ostdeutschland hatten mehrere Faktoren: 1) die Grenzöffnung nach
1989, 2) der EU-Beitritt Polens, 3) die Beseitigung der Grenzkontrollen
im Jahre 2007. Dabei hat die vollständige Liberalisierung des
deutschen Arbeitsmarktes am 1. Mai 2011 das Ausmaß und den
Charakter dieser Migrationsbewegung in der untersuchten Region
kaum wesentlich verändert.
• Abgesehen von den aus Westdeutschland zurückkehrenden Polen,
die sich inzwischen im Grenzgebiet westlich der Oder neu ansiedeln,
verfügen die neuen Migranten aus Polen in der Regel über keine
Migrationserfahrungen in anderen Ländern.
• Die meisten Migranten stammen aus der Region Pommern und
haben bereits früher Kontakte zu Deutschland geknüpft. Oftmals
verfügen die Migranten jedoch nicht über hohe interkulturelle
Kompetenzen und Kenntnisse über das Nachbarland. Zahlreiche
neue Migranten können sich nicht oder nur schwach auf Deutsch
verständigen. Darin liegt einer der Gründe für die anhaltende
Zurückhaltung, die Integration der polnischen Migranten in der
Aufnahmegesellschaft nach wie vor erschwert.
• Charakteristisch für die untersuchte Grenzregion ist neben der
„traditionellen” Vollmigration das Phänomen der Teilmigration,
bei der wesentliche Lebensbereiche (wie z.B. Arbeit oder
Familienleben) zwischen Herkunfts- und Zielland aufgeteilt
werden. Diese Art der Migration ist gleichbedeutend mit
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einer täglichen Wanderungsbewegung zwischen Polen und
Deutschland, die dazu führt, dass ein großer Teil der polnischen
Erwerbsmigranten keine starken sozialen Beziehungen mit
dem deutschen Arbeitsumfeld vor Ort knüpft, und statt dessen
Parallegesellschaften bildet.
• Die Migration trägt sehr oft hybriden Charakter, da sie die
spezifi schen Vorteile miteinander verbinden möchte, die sich aus
dem Handeln am Schnittpunkt zweier sozioökonomischer Systeme
ergeben – wobei zugleich eine physisch wahrnehmbare Grenze
fehlt, die uneingeschränkter Pendelverkehr der Grenzgänger
zwischen diesen Systemen erschweren könnte. In Abhängigkeit von
ihrem soziokulturellen und ökonomischen Kapital suchen sich die
Migranten einzelne Elemente der beiden Systeme aus, um darauf
ihre eigenen Lebensstrategien zu entwickeln.
• Der stärkste Anziehungsfaktor für Migranten aus Polen ist
die hohe Attraktivität der Wohnangebote in der ostdeutschen
Grenzregion. Entscheidend sind dabei vor allem die im Vergleich
zu Polen erheblich niedrigeren Immobilienpreise und die große
Auswahl an leer stehendem Wohnraum. Vorteilhaft ist ferner die
relativ geringe Entfernung zum Heimatland.
• Migranten aus Polen halten öffentliche Einrichtungen in
Deutschland für zu bürokratisch, aber zugleich für weitaus
funktionstüchtiger als polnische Institutionen. Schwierigkeiten
aufgrund der formalisierten behördlichen Prozeduren betrachtet
man dabei eher als typisches Merkmal des deutschen Rechtssystems
und weniger als Ausdruck der Ablehnung deutsche Verwaltung
gegenüber den Zuwanderern aus Polen.
• Probleme im Verhältnis zu deutschen Institutionen spüren vor
allem diejenigen Migranten, denen Sprachkenntnisse fehlen und
die die Abläufe und Komplexität amtlicher Verfahrensweisen
in Deutschland nicht verstehen. Eine positive Vermittlerrolle
in den Kontakten zu deutschen Institutionen spielen staatliche
Beratungsstellen sowie von polnischen Verwandten und
deutschen Bekannten gebildete informelle Migrationsnetzwerke.
Unterstützung bieten aber auch die immer häufi ger in öffentlichen
bzw. kommerziellen Einrichtungen Deutschlands beschäftigten
Mitarbeiter mit polnischen Sprachkenntnissen.
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• Die Möglichkeiten des Zugangs zum deutschen Arbeitsmarkt an
der Grenzregion zu Polen sind für Migranten recht beschränkt.
Wesentliche Zugangsvoraussetzungen sind: 1) die Beschäftigung
hochqualifi zierter Fachkräfte mit guten Deutschkenntnissen (vor
allem in öffentlichen Einrichtungen und örtlichen Behörden), 2)
die Weiterentwicklung der lokalen Infrastruktur für auf polnische
Migranten ausgerichtete Dienstleistungen, 3) die Ausübung einer
selbständigen Wirtschaftstätigkeit (seltener Produktionsbetriebe,
sondern vor allem kleinere Handels-, Handwerks- oder
Dienstleistungsunternehmen, die zugunsten „ihrer” Stadt oder
Gemeinde tätig sind).
• Die spürbare Arbeitslosigkeit in der Region und die hohen
Anforderungen in Bezug auf berufl iche Kompetenz erschweren die
etwaige Beschäftigung von Polen mit niedrigen Qualifi kationen
und geringen Deutschkenntnissen.
• Deutsche bzw. deutsch-polnische Schulen und Kindergärten
werden zu einem immer wichtigeren Raum der Entwicklung neuer,
positiver Vorbilder für die sozialen Beziehungen zwischen Polen
und Deutschen. Die Erfahrungen der Migranten mit dem deutschen
Bildungssystem sind überwiegend positiv. Beachtenswert sind
dabei die guten Beziehungen unter gleichaltrigen Kindern sowie
die Maßnahmen von Bildungseinrichtungen, die die Bedürfnisse
polnischer Kinder berücksichtigen und deren Eltern zur
gegenseitigen Zusammenarbeit ermutigen.
• Die steigende Zahl polnischer Kinder im Grenzgebiet westlich der
Oder bildet jedoch eine ernste Herausforderung für das deutsche
Bildungswesen. Integration der Migrantenkinder in lokalen Schulen
und Bildungseinrichtungen ließe sich dadurch verbessern, dass
man die an Schüler gerichteten interkulturellen und bilateralen
Bildungsprogramme in breiterem Umfang als bisher einführt und
ihnen seitens der lokalen Behörden weitaus größere Unterstützung
gewährt. Denn dies würde zu einer zunehmenden Annäherung
der beiden Nationalkulturen führen. Außerdem wäre auch eine
Ausweitung der Programme zur Erhöhung der Kompetenzen
deutscher Lehrer im Unterricht mit polnischen Schülern
wünschenswert.
SCHLUSSFOLGERUNGEN
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• Eine wichtige Bedingung für die erfolgreiche soziale Integration
von Zuwanderern und einheimischer Bevölkerung ist die
Schaffung eines Raumes für unmittelbare private Kontakte.
Polnische Migranten, die bereits engere persönliche Beziehungen
zu Einwohnern ihres Orts geknüpft haben, haben in der Regel eine
sehr positive Meinung über die Deutschen insgesamt. Umgekehrt
schätzen auch Deutsche, die in intensivem Kontakt zu ihren
polnischen Nachbarn oder Arbeitskollegen stehen, die Polen als
Nation überaus positiv ein. Die Herstellung enger persönlicher
Kontakte auf Nachbarschaftsebene modifi ziert die anfangs eher
stereotypen, von Misstrauen geprägten Haltungen auf beiden
Seiten. Dies wiederum fördert das gegenseitige Interesse an der
Kultur des Gastgeberlandes bzw. des östlichen Nachbarstaates.
• Hervorragende nachbarschaftliche Beziehungen unter
einheimischen Bürgern und Migranten bilden sich am häufi gsten
in kleineren Dorfgemeinden und städtischen Mietwohnsiedlungen,
wo oftmals eine ältere Generation von Deutschen lebt, denen
die Migranten weitgehend Sympathie und Wertschätzung
entgegenbringen.
• Eine Quelle negativer sozialer Erfahrungen und Konfl ikte
sind zumeist die Beziehungen unter den Bewohnern
postsozialistischer Plattenbausiedlungen. Denn an diesen Orten
kommt es häufi ger als anderswo zur Begegnung von Deutschen,
die die Folgen der ökonomischen Marginalisierung ihrer Region
am empfi ndlichsten spüren, und polnischen Migranten mit eher
geringen Deutschkenntnissen und einem niedrigen soziokulturellen
Kapital, die mitunter in Polen in ähnlicher Weise wirtschaftlich
an den Rand gedrängt wurden. Diese Faktoren sind nicht dazu
geeignet, offene zwischenmenschliche Haltungen und den Eintritt
in gesellschaftliche Beziehungen zu fördern.
• Ein grundlegendes Hindernis für die Intensivierung der Kontakte
und die Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses bildet
auch weiterhin die Unkenntnis der Sprache des jeweiligen
Nachbarlandes. Denn je sicherer sich die Polen in der deutschen
Sprache auszudrücken verstehen, desto leichter fällt ihnen die
Integration in einheimischen lokalen Milieus und desto positiver
werden sie dort wahrgenommen.
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• Die Aktivitäten der NPD im deutschen Grenzgebiet werden zwar
bei der Überwindung der bilateralen sozialen Distanz als störend
angesehen, stellen aber lediglich einen kleinen Randbereich der
überwiegend positiven Alltagsbeziehungen von Migranten und
deutschen Einwohnern vor Ort dar. Anfällig für die populistische
Demagogie rechtsradikaler Kreise sind vor allem untere
gesellschaftliche Schichten, Arbeitslose oder mittellose Rentner.
Denn diese Gruppen sehen in den polnischen Mitbürgern in erster
Linie Konkurrenten um die in der Region so begehrten Arbeitsplätze
und soziale Privilegien.
• Die jüngste Vergangenheit und die schwierigen Erfahrungen der
deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte bleiben zwar auch
weiterhin unvergessen. Dennoch dominiert in den heutigen
Beziehungen zwischen Migranten und Einwohnern des deutschen
Grenzgebiets eine eher pragmatische Sichtweise, wobei man sich
vor allem an der gegenwärtigen Lage, aber auch an zukünftigen
Entwicklungen orientiert. Die gemeinsame tragische Geschichte
ist kein Tabuthema, sondern verstärkt sogar die gefühlsmäßige
Verbundenheit als Schicksalsgemeinschaft von Polen und
Deutschen.
• Das geringe Engagement der Migranten in der aktiven Politik
resultiert aus der Überzeugung, dass die schwierige wirtschaftliche
Situation der Region und die damit verbundenen politischen
Spannungen die gesellschaftliche Akzeptanzbereitschaft für
politische Aktivitäten der polnischen Migranten nicht gerade
fördern. Weite Teile der deutschen Bevölkerung haben zwar an sich
nichts gegen ein politisches Engagement der Polen in der Region.
Dieses Engagement müsse jedoch dem deutsch-polnischen Dialog
dienen und dürfe nicht auf eine „Polonisierung“ der Grenzregion
ausgerichtet bzw. von Politikern aus Polen gesteuert sein.
• Die Bilanz der Lebenshaltungskosten polnischer Migranten im
Grenzgebiet westlich der Oder fällt trotz wesentlicher Restriktionen
auf dem deutschen Arbeitsmarkt positiv aus. Denn attraktive Miet-
und Kaufpreise von Immobilien sowie staatliche Sozialleistungen
verschaffen den in Deutschland lebenden Menschen bei
regelmäßigen Erwerbseinkünften oder Rentenbezügen einen
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höheren Lebensstandard als in Polen, was viele Migranten zu einer
dauerhaften Niederlassung in dieser Region ermuntert.
• Die deutsche Grenzregion zieht ökonomischen und
gesellschaftlichen Nutzen aus der Präsenz polnischer Migranten
vor Ort. Zu den Vorteilen gehören u.a. die Kapitalaufstockung bei
der Infrastruktur im Wohnungssektor und die Umkehrung negativer
demographischer Tendenzen aufgrund der Zuwanderung polnischer
Familien mit Kindern.
• Die Präsenz wirtschaftlich aktiver, unternehmerischer
Migranten aus Polen führt zunehmend zu einer dynamischen
Weiterentwicklung der Region und kann daher in Zukunft dazu
beitragen, die bislang eher passive Haltung der einheimischen
Bewohner der Region zu verändern.
• Besondere Aufmerksamkeit müsste daher der Schaffung von
Programmen zur Durchführung systemischer Maßnahmen gelten,
die den Migranten nicht nur beim Erwerb von Sprachkompetenzen
helfen, sondern ihnen auch das nötige Wissen über die Kultur
ihres neuen Lebensraumes vermitteln. Andererseits sollte es
analoge Programme geben, die die Sprache und Kultur der
polnischen Migranten den einheimischen Bewohnern von Städten
und Dörfern nahebringen. Während die meisten deutschen
Kunden die Erweiterung der lokalen Dienstleistungsangebote
durch polnische Firmen und Geschäfte begrüßen, fürchten
einige einheimische Unternehmer und Repräsentanten unterer
Gesellschaftsschichten die Konkurrenz aus Polen. Diese Kreise
protestieren gegen die vermeintliche Bevorzugung der Migranten
durch örtliche Behörden auf Kosten deutscher Einwohner.
• Eine außerordentlich positive Rolle bei der Schaffung dieses
Freiraumes für Kooperation spielen Polen und Deutsche, die
in beiden Kulturen gut verankert sind und oftmals abseits
von formalen Strukturen vielfältige Brücken zwischen den
Migranten und der Bevölkerung vor Ort errichten. Es wäre
überaus lohnenswert, die Bürgerinitiativen dieser „Brückenbauer”
als wesentliche Elemente der auf lokaler Ebene geplanten bzw.
durchgeführten Systemmaßnahmen anzusehen und daher derartige
Aktivitäten organisatorisch und fi nanziell zu unterstützen.
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• Die in der Region rezipierte Presse ist gegenüber Polen
und der Integration polnischer Migranten in Deutschland
positiv eingestellt. Das von der deutschen Presse entworfene
Erscheinungsbild der Migration und Integration polnischer
Zuwanderer deutet auf die Normalität der bilateralen Koexistenz
hin, was vor allem auf die Grenzregion zutrifft.
• Die Kommentare der regionalen Tageszeitung „Nordkurier” betrafen
überwiegend die Frage der Arbeitsmarktöffnung. Zahlreiche Artikel
gingen vornehmlich auf die Präsenz polnischer Migranten im
regionalen Verbreitungsgebiet des „Nordkurier” ein. Die meisten
Beiträge stammen dabei aus dem Jahre 2011.
• Der „Nordkurier” sprach sich jahrelang für die vollständige
Liberalisierung des deutschen Arbeitsmarktes für polnische
Bürger aus, da diese als Arbeitskräfte dringend gebraucht würden
(als Fachkräfte oder Saisonarbeiter in der Landwirtschaft). Dabei
wurde eine etwaige Überfl utung des einheimischen Arbeitsmarktes
durch polnische Migranten nicht befürchtet. Im EU-Beitritt Polens
sah der „Nordkurier” neue Entwicklungschancen für die gesamte
Region, obwohl man anfangs auch an die damit verbundenen
Risiken erinnerte. Nach dem polnischen EU-Beitritt bezeichnete der
„Nordkurier” die enge Nachbarschaft zu Polen als Vorteil für die
einheimische Region.
• Bei der Darstellung der deutsch-polnischen Beziehungen
konzentrierte sich der „Nordkurier” ganz auf deren lokale
Dimension, zeigte sich aber auch besorgt über die antipolnischen
Hetzparolen der NPD. Polen und seine Gesellschaft wurden vom
„Nordkurier” in ein positives Licht gerückt. Dabei konnte der
Leser die Intensivierung der bilateralen Beziehungen und den
fortschreitenden Prozess der regionalen Integration polnischer
Migranten mitverfolgen.
• Die überregionale Tageszeitung „Die Welt” berichtete im Blick
auf die polnische Erwerbsmigration zumeist über die Öffnung des
deutschen Arbeitsmarktes sowie über die in Deutschland lebenden
Polen. Dabei plädierte sie für eine vollständige Liberalisierung
des deutschen Arbeitsmarktes und vermittelte ein positives
Erscheinungsbild der polnischen Arbeitnehmer. Polen hingegen
präsentierte man insgesamt als ein sich gut entwickelndes Land.
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14 Nie tylko polityka zagraniczna
• Das von einer örtlichen Behörde herausgegebene, lokale
Monatsblatt „Pasewalker Nachrichten” konzentrierte seine
Berichterstattung in den meisten Fällen auf die regionalen Facetten
der bilateralen Beziehungen, wobei insbesondere das innere
Zusammenwachsen der deutsch-polnischen Grenzregion betont
wurde. Die im Kontext von deutsch-polnischen Begegnungen
geschilderten Ereignisse im Raum Pasewalk enthielten stets einen
positiven Unterton. Negativ gefärbte Artikel über Polen wurden
nicht veröffentlicht.
Übersetzung ins Deutsche: Jan Obermeier
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In den letzten Jahren lassen sich deutlich mehr Polen in den von den Deutschen zunehmend verlassenen (deutschen) Grenzregionen registrieren. Polen leiten dort eigene Unternehmen und kaufen Immobi-lien, sind inzwischen eingebunden in das alltägliche Leben, und einige von ihnen engagieren sich sogar in den lokalen Gemeinden. Die polnische Besiedlung hat den Prozess der Entvölkerung in der Grenzre-gion in Mecklenburg-Vorpommern gestoppt und das Abreißen von leerstehenden Wohnungen verhindert. Außerdem haben die Polen de facto den Fortbestand von Kindergärten und Schulen gesichert. So hat das Gebiet für eine kleine, aber wachsende Gesellschaft an der Grenze neue Möglichkeiten zu vielerlei Kontakten eröffnet. Als Paradebeispiel für diese Entwicklung kann der Kreis Uecker-Randow dienen, der ca. 40 Kilometer westlich von Stettin liegt und in dieser Publikation vorgestellt wird.
Das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (ISP) ist einer der führen-den Think Tanks in Polen und seit 1995 als unabhängiges Zentrum für Forschungen und Analysen tätig. Durch vielfältige Untersuchungen, Gutachten und Empfehlungen zu grundlegenden Fragen des öffentli-chen Lebens steht der ISP im Dienst von Staat, Gesellschaft und Bürger.Das ISP kooperiert dabei eng mit zahlreichen Experten und Forschern wissenschaftlicher Einrichtungen aus dem In- und Ausland. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte werden auf Konferenzen und Seminaren vorgestellt, aber auch in Form von einschlägigen Buchpubli-kationen, Berichten und Policy Papers unter polnischen und ausländi-schen Parlamentariern, Regierungsmitgliedern und Angehörigen der Staats-, Kommunal- und EU-Verwaltung, in akademischen Kreisen sowie unter Journalisten und Repräsentanten von NGOs verbreitet.
Die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit fördert den Dialog und die Beziehungen zwischen Polen und Deutschen. In den 20 Jahren ihres Bestehens hat die Stiftung über 10.000 bilaterale Projekte mitfinanziert und so in bedeutendem Maße zur Festigung der deutsch--polnischen Verständigung beigetragen. Gemäß dem Grundsatz, dass sich eine reife Partnerschaft vor allem durch direkte Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten schaffen lässt, fördert die SdpZ deutsch-polnische Initiativen und Partnerschaften, die genau diesem Ziel dienen: Projekte zur Sprachförderung sowie Program-me zur Vertiefung von Wissen über Polen bzw. Deutschland und solche, die der kulturellen, historischen und politischen Erziehung dienen.