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Nervenarzt 2006 [Suppl 2] · 77:S99–S110 DOI 10.1007/s00115-006-2193-9 Online publiziert: 31. Oktober 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 S. Klingberg · R. Borbé · G. Buchkremer Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen Zusammenfassung Die Behandlung schizophrener Störungen ist in der Vergangenheit meist mit einer Pharmakothe- rapie gleichgesetzt worden. Für Psychotherapieverfahren fehlte der Wirksamkeitsnachweis. Das hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten geändert. In diesem Beitrag werden Behandlungsstrategien skizziert und die Evidenzbasierung dieser Verfahren dargelegt. Vor allem die kognitive Verhaltenst- herapie, Psychoedukation und das Training sozialer Fertigkeiten, aber auch Angehörigenarbeit und Familienintervention erbrachten in multiplen Studien und auch Metaanalysen den Wirksamkeits- nachweis im Sinne der evidenzbasierten Medizin. Voraussetzung für den Einsatz dieser Verfah- ren ist eine individuelle Problemanalyse, zu der auch eine klinisch-neuropsychologische Diagnos- tik beiträgt. So ist ein individueller, bedürfnisangepasster Therapieplan zu erstellen, durch den ei- ne Überforderung des Patienten vermeidbar und eine optimierte Rehabilitation wahrscheinlicher wird. Die Psychotherapie erfolgt dabei vor allem rückfallorientiert, kann aber auch zur Bearbei- tung persistierender Symptome eingesetzt werden. Schlüsselwörter Schizophrenie · Evidenzbasierte Psychotherapie · Kognitive Verhaltenstherapie · Angehörigen- arbeit · Psychoedukation Evidence-based psychotherapy of schizophrenic disorders Summary In the past, treatment of schizophrenic disorders was limited to pharmacotherapy. Psychotherapy was not regarded as evidence-based. A number of randomised clinical trials have led to a differ- ent perspective during the last two decades. This paper highlights and discusses evidence-based strategies. In particular, cognitive behavioural therapy and family intervention have recently been recommended in evidence-based treatment guidelines. Additionally, psychoeducation and social skills training showed treatment effects. Psychotherapeutic treatment requires an individual case concept. Neuropsychological testing for cognitive deficits should be included in comprehensive as- sessment in order to avoid overstimulation and optimise rehabilitation. Major treatment goals are to reduce persistent symptoms and relapse rates. Keywords Schizophrenia · Evidence-based psychotherapy · Cognitive behavioural therapy · Family interven- tion · Psychoeducation CME Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung CME.springer.de Kostenlos teilnehmen bis 15.1.2007 Die Teilnahme an der Fortbildungseinheit "Evi- denzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen" ist bis zum 15.1.2007 kostenlos. Danach ist die CME-Teilnahme über ein Abon- nement oder CME.Tickets möglich. Weitere Informationen finden Sie auf CME.springer.de Online teilnehmen und 3 CME-Punkte sammeln Die CME-Teilnahme ist nur online möglich. Nach erfolgreicher Beantwortung von mindes- tens 7 der 10 CME-Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Bestätigung der Teilnahme und der 3 CME-Punkte per E-Mail zu. Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nord- rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig. Folgende Maßnahmen dienen der Qualitäts- sicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themen- planung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Begut- achtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes Board von Fachärzten. Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ih- nen jederzeit zur Verfügung: Springer Medizin Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin/Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de S99 Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

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Page 1: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

Nervenarzt 2006 [Suppl 2] · 77:S99–S110

DOI 10.1007/s00115-006-2193-9

Online publiziert: 31. Oktober 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

S. Klingberg · R. Borbé · G. Buchkremer

Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen

Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

ZusammenfassungDie Behandlung schizophrener Störungen ist in der Vergangenheit meist mit einer Pharmakothe-

rapie gleichgesetzt worden. Für Psychotherapieverfahren fehlte der Wirksamkeitsnachweis. Das hat

sich in den letzten zwei Jahrzehnten geändert. In diesem Beitrag werden Behandlungsstrategien

skizziert und die Evidenzbasierung dieser Verfahren dargelegt. Vor allem die kognitive Verhaltenst-

herapie, Psychoedukation und das Training sozialer Fertigkeiten, aber auch Angehörigenarbeit und

Familienintervention erbrachten in multiplen Studien und auch Metaanalysen den Wirksamkeits-

nachweis im Sinne der evidenzbasierten Medizin. Voraussetzung für den Einsatz dieser Verfah-

ren ist eine individuelle Problemanalyse, zu der auch eine klinisch-neuropsychologische Diagnos-

tik beiträgt. So ist ein individueller, bedürfnisangepasster Therapieplan zu erstellen, durch den ei-

ne Überforderung des Patienten vermeidbar und eine optimierte Rehabilitation wahrscheinlicher

wird. Die Psychotherapie erfolgt dabei vor allem rückfallorientiert, kann aber auch zur Bearbei-

tung persistierender Symptome eingesetzt werden.

SchlüsselwörterSchizophrenie · Evidenzbasierte Psychotherapie · Kognitive Verhaltenstherapie · Angehörigen-

arbeit · Psychoedukation

Evidence-based psychotherapy of schizophrenic disorders

SummaryIn the past, treatment of schizophrenic disorders was limited to pharmacotherapy. Psychotherapy

was not regarded as evidence-based. A number of randomised clinical trials have led to a differ-

ent perspective during the last two decades. This paper highlights and discusses evidence-based

strategies. In particular, cognitive behavioural therapy and family intervention have recently been

recommended in evidence-based treatment guidelines. Additionally, psychoeducation and social

skills training showed treatment effects. Psychotherapeutic treatment requires an individual case

concept. Neuropsychological testing for cognitive deficits should be included in comprehensive as-

sessment in order to avoid overstimulation and optimise rehabilitation. Major treatment goals are

to reduce persistent symptoms and relapse rates.

KeywordsSchizophrenia · Evidence-based psychotherapy · Cognitive behavioural therapy · Family interven-

tion · Psychoeducation

CME Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung

CME.springer.de Kostenlos teilnehmen bis 15.1.2007Die Teilnahme an der Fortbildungseinheit "Evi-denzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen" ist bis zum 15.1.2007 kostenlos. Danach ist die CME-Teilnahme über ein Abon-nement oder CME.Tickets möglich. Weitere Informationen finden Sie auf CME.springer.de

Online teilnehmen und 3 CME-Punkte sammeln Die CME-Teilnahme ist nur online möglich. Nach erfolgreicher Beantwortung von mindes-tens 7 der 10 CME-Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Bestätigung der Teilnahme und der 3 CME-Punkte per E-Mail zu.

Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nord-rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärzte kammern anerkennungsfähig. Fol gende Maßnahmen dienen der Qualitäts-sicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themen-planung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Be gut-achtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes Board von Fachärzten.

Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ih-nen jederzeit zur Verfügung:Springer Medizin Verlag GmbHFachzeitschriften Medizin/PsychologieCME-Helpdesk, Tiergartenstraße 1769121 HeidelbergE-Mail: [email protected]

S99Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 2: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

Schizophrene Störungen gehören aufgrund der hohen Rückfallrate und der psychosozi-

alen Folgen zu den kostenintensivsten Erkrankungen. Zu den Ursachen der hohen Rück-

fallraten und der eingeschränkten Rehabilitationsmöglichkeiten gehören Probleme in

der Behandlungskooperation, Residualsymptome auch unter medikamentöser Therapie,

funktionelle kognitive Defizite und ein gestörtes soziales Umfeld. In den letzten 20 Jahren

sind vielfältige, vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapiean-

sätze zur Behandlung dieser Problembereiche entwickelt und überprüft worden. Die The-

rapieverfahren, die als evidenzbasiert gelten können, werden hier vorgestellt und anhand

von Fallbeispielen illustriert.

Interventionsstrategien

Für die Behandlung von Patienten mit schizophrenen Störungen wurde eine Vielzahl psychothera-

peutischer Ansätze entwickelt. Bis in die 1980’er Jahre hinein wurden vor allem psychodynamisch

begründete Therapiekonzeptionen favorisiert. Eine reichhaltige Literatur zum Verständnis psycho-

tischer Erkrankungen griff unterschiedliche Aspekte wie z.B. die Rolle von Charakter und Erlebnis-

verarbeitung für die Wahnentstehung (u.a. in E. Kretschmers Werk zum „sensitiven Beziehungs-

wahn“) oder die Bedeutung der Sexualentwicklung (S. Freud) auf. Auch neuere Konzeptionen wie

z.B. die „Affektlogik“ (L. Ciompi) wurden differenziert ausgearbeitet. In psychodynamisch orien-

tierten Therapiekonzeptionen steht die Bearbeitung einer basalen Beziehungsstörung im Mittel-

punkt, deren Überwindung mit Hilfe der therapeutischen Beziehung angestrebt wird. Aus der Per-

spektive der evidenzbasierten Medizin ist allerdings festzustellen, dass die Überprüfung der Wirk-

samkeit psychodynamisch orientierter Therapieverfahren bei schizophrenen Erkrankungen bislang

nicht erfolgreich gewesen ist. Der Nachweis der Verbesserung des Krankheitsverlaufs konnte bis-

lang nicht erbracht werden. Aus diesem Grund wird im Weiteren auf diese therapeutischen Ansät-

ze nicht näher eingegangen.

In dieser Arbeit sollen vor allem solche Verfahren behandelt werden, die in 7 evidenzbasier-

ten Leitlinien für die Routinebehandlung empfohlen werden. Trotz dieser Einschränkung kann die

Gruppierung der vorliegenden Ansätze nicht mehr widerspruchsfrei gelingen. Die nachfolgende

Aufzählung dient daher nur der Strukturierung in Bezug auf den nachfolgenden Text.

Psychoedukation

Krankheitsbewältigung und Rückfallverhütung sind zentrale, emotional sehr bedeutsame Themen,

die einen Schwerpunkt der Psychoedukation bilden. Diese vereinigt Bildungsarbeit und Psychothera-

pie. Den Patienten und ihren Angehörigen wird in geeigneter Weise Fachwissen vermittelt. Gleichzei-

tig wird in einem therapeutischen Rahmen die persönliche Auseinandersetzung damit angeregt und

unterstützt. Inhalte sind Ursachen, Therapiemöglichkeiten und Verlauf der Erkrankung. Die Kompe-

tenzen der Patienten und der Angehörigen zur Bewältigung der Erkrankung und die Problemlöse-

fähigkeiten werden verbessert [1]. Üblicherweise wird gruppentherapeutisch gearbeitet, Angehöri-

ge und Patienten getrennt. Man kann aber auch Einzeltherapie anbieten oder familientherapeutisch

vorgehen, gemischte Gruppen sind ebenfalls möglich.

Kognitive Verhaltenstherapie

Eine Reihe von Vorgehensweisen der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) werden auch in der Psy-

chotherapie schizophrener Störungen eingesetzt [10].

1. Mit dem Ziel der Rückfallverhütung werden Strategien und Fertigkeiten zur Erkennung von

und zum Umgang mit Frühsymptomen erarbeitet.

2. Vor dem Hintergrund des Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modells werden Belastungsfaktoren

identifiziert und mit geeigneten Strategien der Belastungsreduktion angegangen.

3. Zur Reduktion persistierender psychotischer Symptomatik wird das Grundprinzip kognitiver

Therapie auf diesen Problembereich angewandt. Wahnhafte Überzeugungen werden dabei als

Ergebnis einer fehlangepassten kognitiven Verarbeitung von sozialen Situationen verstanden.

Verzerrte und selektive Wahrnehmung sowie Beeinträchtigungen des schlussfolgernden Den-

kens tragen demnach zu einer Intensivierung des wahnhaften Charakters einer Überzeugung

7 Evidenzbasierte Leitlinien7 Evidenzbasierte Leitlinien

Krankheitsbewältigung und Rückfall-

verhütung sind Schwerpunkte der

Psychoedukation

Krankheitsbewältigung und Rückfall-

verhütung sind Schwerpunkte der

Psychoedukation

Eine Reihe von Vorgehensweisen der

kognitiven Verhaltenstherapie (KVT)

werden auch in der Psychotherapie

schizophrener Störungen eingesetzt

Eine Reihe von Vorgehensweisen der

kognitiven Verhaltenstherapie (KVT)

werden auch in der Psychotherapie

schizophrener Störungen eingesetzt

S100 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Page 3: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

CME

bei. Wahn wird grundsätzlich als dimensionales Konstrukt verstanden, welches nicht qualitativ,

sondern „nur“ quantitativ von unbeeinträchtigter Informationsverarbeitung zu unterscheiden

ist. Die Therapiestrategie ist demzufolge darauf ausgerichtet, die Wahrnehmungs- und Informa-

tionsverarbeitungsprozesse zu überprüfen und im Sinne größerer Realitätsanpassung zu beein-

flussen.

Kognitive Remediation

Dieser Therapieansatz zielt auf die 7 kognitiven Dysfunktionen, wie sie mit neuropsychologischen

Testverfahren erfasst und beschrieben werden. Diese Dysfunktionen entwickeln sich meist lange vor

der produktiven psychotischen Symptomatik und bleiben im weiteren Verlauf relativ stabil. Dazu ge-

hören Störungen der Exekutivfunktionen, der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses, die psycho-

soziale Funktionsbereiche wie Kommunikation, Berufstätigkeit und alltägliche Lebensanforderungen

nachhaltig beeinträchtigen können.

Training sozialer Fertigkeiten

Dabei stehen Defizite in verschiedenen Bereichen der 7 sozialen Kompetenz im Fokus, die zu

Schwierigkeiten des Patienten in zwischenmenschlichen Situationen führen können. Wichtig ist da-

bei die nicht immer einfache Abgrenzung von Negativsymptomen. Neben der kognitiven Aufarbei-

tung einer spezifischen Situation wird diese auch vorbesprochen, im Rollenspiel geübt und sollte

schließlich auch in vivo trainiert werden. Beispiele für solche Trainingsinhalte sind der Aufbau sozi-

aler Kontakte, Kompetenzen in Alltagssituationen, aber auch der Umgang mit familiären Konflikten

oder belastenden Situationen wie Bewerbungsgespräche oder Konflikte am Arbeitsplatz.

Angehörigenarbeit und Familienbetreuung

Angehörige von Patienten mit schizophrenen Störungen sind durch die Erkrankung des Familien-

mitglieds in hohem Maße belastet. Daher stehen emotionale Entlastung und Information, Antistig-

maarbeit und Bearbeitung intrafamiliärer Konflikte im Vordergrund. Die Stabilisierung nicht nur des

familiären Umfeldes führt beim Patienten zu einer Stressreduktion, Verminderung der Rückfallrate,

verbesserten sozialer Integration. Daher sollte auch die nähere Umgebung des Patienten, z. B. enge

Freunde in diese Arbeit miteinbezogen werden

Grundsätzlich lassen sich therapeutische, von expertengeleitete Angehörigengruppen von Selbst-

hilfegruppen unterscheiden. Manche Autoren favorisieren, die Patienten ebenfalls in die Gruppen

einzubeziehen.

Davon ist nochmals die 7 Familientherapie im engeren Sinne abzugrenzen. Diese wendet sich an

den Patienten und die Mitglieder seiner Familie. Themen der familiären Kommunikation und Pro-

blemlösung können hier individuell aufgegriffen werden, um zu einer Reduktion der Krankheits-

symptome des Patienten zu kommen.

Evidenz für die Wirksamkeit

Alle international publizierten evidenzbasierten Leitlinien, so z. B. die Leitlinien der amerikanischen

und britischen Fachgesellschaften berücksichtigen inzwischen psychotherapeutische Interventionen

und sprechen positive Empfehlungen auf diesem Gebiet aus. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft

für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DGPPN gibt uneingeschränkte Empfehlungen

nur für Psychoedukation, kognitive Verhaltenstherapie und Familieninterventionen. Das Training so-

zialer Fertigkeiten und kognitive Remediation können zur Bearbeitung definierter Defizite bzw. in-

nerhalb einer Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt werden, eine generelle Empfehlung für die breite

klinische Praxis wird jedoch nicht ausgesprochen. Psychodynamische oder psychoanalytische Ver-

fahren können im Einzelfall Anwendung finden, werden aber für die Routinebehandlung genauso

wie die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie nicht empfohlen [4]. Vor diesem Hintergrund

werden diese beiden Verfahren hier nicht weiter vertieft. Es wäre wünschenswert, wenn die große

Erfahrung, die in diesen Schulen zur Behandlung der schizophrenen Störungen vorliegt, in rando-

misierten klinischen Studien Niederschlag fände.

7 Kognitive Dysfunktionen7 Kognitive Dysfunktionen

7 Soziale Kompetenz7 Soziale Kompetenz

Die Stabilisierung des familiären

Umfeldes führt zur Stressreduktion

Die Stabilisierung des familiären

Umfeldes führt zur Stressreduktion

7 Familientherapie7 Familientherapie

Die Leitlinie der DGPPN gibt uneinge-

schränkte Empfehlungen nur für

Psychoedukation, kognitive Verhalt-

enstherapie und Familieninterventi-

onen

Die Leitlinie der DGPPN gibt uneinge-

schränkte Empfehlungen nur für

Psychoedukation, kognitive Verhalt-

enstherapie und Familieninterventi-

onen

S101Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 4: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

Für evidenzbasierte Leitlinien sind Metaanalysen und systematische Reviews von besonderer Be-

deutung. Einen Überblick über systematische Reviews der Cochrane Library über psychotherapeu-

tische Interventionen bei schizophrenen Störungen gibt . Tab. 1.

Die klinische Bedeutsamkeit dieser Interventionen erschließt sich durch zusammenfassende Be-

wertungen. So berichten Pilling et al. [15], dass Patienten, die an einer KVT teilnehmen eine um 22,1%

vergrößerte Chance auf Symptomreduktion haben. Pitschel-Walz et al. [16] schreiben, dass durch die

Einbeziehung der Angehörigen die Rückfallrate um 20% gesenkt werden kann.

Therapierelevante Diagnostik

Neben der Diagnosesicherung mit Hilfe strukturierter Interviews ist die differenzierte Erfassung der

Psychopathologie für die symptombezogene Psychotherapie bedeutsam. Die psychotherapeutischen

Strategien gewinnen in diesem Feld zunehmend an Symptomspezifität, so dass hier eine sorgfältige

und begrifflich differenzierte Diagnostik erforderlich ist. Daneben wächst die Bedeutung der funkti-

onellen Diagnostik kognitiver Leistungen. Defizite in den Bereichen Exekutivfunktionen, Gedächt-

nis und Aufmerksamkeit sind Prädiktoren für den Erfolg einer arbeitsrehabilitativen Maßnahme [17]

und die soziale Funktionsfähigkeit im Allgemeinen, während dies für die Rückfallwahrscheinlichkeit,

das Ausmaß produktiv-psychotischer Symptome und die Medikamentencompliance bisher nicht ge-

zeigt werden konnte [5]. Die Erfassung solcher Defizite erlaubt, das psychotherapeutische Vorgehen,

aber auch arbeitsrehabilitative Strategien besser an die individuelle Leistungsfähigkeit des Patienten

anzupassen. Eine Übersicht über etablierte häufig verwendete Testverfahren für die oben angeführ-

ten kognitiven Domänen gibt . Tab. 2.

Fallbeispiele

Beispiel 1. Herr F., 20 Jahre alt, veränderte sich während seiner Ausbildung zum KFZ-Mechaniker.

Er war zunehmend häufig gereizt. Sein Interesse an der Ausbildung nahm stetig ab. Er verspürte ei-

nen zunehmenden Leistungsdruck am Arbeitsplatz. Seine Partnerin trennte sich von ihm. Er trank

mehr Alkohol und rauchte viel Marihuana, was ihm subjektiv zunächst Erleichterung verschaffte.

Jetzt, zwei Jahre später hat er seine Ausbildung mit Mühe abgeschlossen, wurde aber nicht übernom-

men. Er hat sich fast vollständig sozial zurückgezogen, ist sehr misstrauisch auch gegenüber seinen

Eltern, die häufig mit Unverständnis auf das Verhalten des Sohnes reagieren. Er fühlt sich ständig

beobachtet, sieht Überwachungskameras. Schließlich hält er die Situation nicht mehr aus, wird wü-

tend, zertrümmert Möbel. Nach der Einlieferung in die Klinik berichtet er noch über Stimmenhö-

ren. Im weiteren Verlauf bilden sich der Verfolgungswahn und die akustischen Halluzinationen un-

ter der Psychopharmakotherapie zurück. Nun stehen Symptome wie Affektverflachung, Anhedonie

und sozialer Rückzug im Vordergrund. Weiterhin hat er starke Konzentrationsstörungen, der An-

trieb ist vermindert, so dass er die Therapieangebote nur unregelmäßig wahrnimmt. Er glaubt nicht,

dass die Medikamente ihm wirklich helfen können.

Für evidenzbasierte Leitlinien sind

Metaanalysen und systematische

Reviews von besonderer Bedeutung

Für evidenzbasierte Leitlinien sind

Metaanalysen und systematische

Reviews von besonderer Bedeutung

Die Bedeutung der funktionellen

Diagnostik kognitiver Leistungen

wächst

Die Bedeutung der funktionellen

Diagnostik kognitiver Leistungen

wächst

Tab. 1 Cochrane-Reviews: Beurteilung verschiedener psychotherapeutischer Strategien zur

Behandlung schizophrener Psychosen

Kognitive Verhaltenstherapie [7] „CBT helped mental state over the medium term“. 2 RCTs, n=123,

RR No meaningful improvement 0,7 CI 0,6 to 0,9, NNT 4 CI 3 to 9

Familienintervention [14] „Family intervention may decrease the frequency of relapse“. n=721, 14 RCTs,

RR 0,72 CI 0,6 to 0,9, NNT 7 CI5 to 16

Psychoedukation [13] „Any kind of psychoeducational intervention significantly decreased relapse

or readmission rates at nine to 18 months follow-up compared with standard

care“. RR 0,8 CI 0,7–0,9 NNT 9 CI 6–22

Hinweis: diese Metaanalyse beinhaltet Interventionen, die zumeist mehr als

8 Wochen dauern und zudem die Angehörigen einbeziehen

Kognitive Remediation [6] „Data are inconclusive and provide no evidence for or against cognitive

rehabilitation as a treatment for schizophrenia“

Psychodynamisch orientierte

Therapie [12]

„No trials of a psychoanalytic approach were identified. Data are sparse for all

comparisons involving a psychodynamic approach. There is no evidence of

any positive effect of psychodynamic therapy“

RCT randomised clinical trial, n Fallzahl, RR relative risk, CI confidence interval, NNT number needed to treat .

S102 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Page 5: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

CME

Beispiel 2. Frau M., 33 Jahre alt, arbeitet als Sekretärin und lebt seit Jahren in einer festen Partner-

schaft. Die Familienplanung wird jäh unterbrochen, als sie erfährt, dass ihr Partner seit Jahren ein

Verhältnis zu einer anderen Frau hat. Es stellen sich zunehmende Schlafstörungen ein, die Konzent-

ration wird schlechter, sie wird affektiv labil. Trotz einer antidepressiven Medikation durch den Haus-

arzt liegt sie regelmäßig mehrere Stunden in der Nacht wach und grübelt. In Gedanken dialogisiert

sie mit der neuen Partnerin, streitet mit ihr und fühlt sich zunehmend verfolgt. Sie zieht zu ihrer

Freundin, hofft dort in Sicherheit zu sein. Gespräche über ihre Situation lässt sie nicht mehr zu. Die

Ängste nehmen schließlich so zu, dass sie sich vom Balkon stürzen will. Ihre Freundin bringt sie in

die Klinik. Durch die antipsychotische Medikation reduzieren sich die paranoiden Ängste rasch, sie

fühlt sich dann jedoch erschöpft, antriebsarm und initiativlos. Auch ist Frau M. weiterhin der festen

Überzeugung, dass die Trennung ihres Partners von langer Hand geplant war und die neue Partnerin

ihr auch in anderen Lebensbereichen Schaden zufügen möchte. Diese anhaltende Wahnsymptomatik

erschwert die Wiedereingliederungsmaßnahme, die Frau M. noch von der Klinik aus beginnt.

Die Fallbeispiele verdeutlichen, dass angesichts der Schwere der Störung regelhaft pharmakolo-

gische, psychotherapeutische und sozialtherapeutische Maßnahmen in eine Gesamtbehandlung zu

integrieren sind. Die unten beschriebenen psychotherapeutischen Interventionen verstehen sich als

ein solcher Beitrag im Rahmen einer umfassenden Behandlung und nicht als isolierte Behandlungs-

strategie.

Therapeutisches Vorgehen

Ziele

Die Auswahl geeigneter Therapieziele ist in erheblichem Maße von der aktuellen Krankheitsphase

abhängig [9] (s. Infobox).

Akutphase. In der Akutphase, in der der Aufbau einer therapeutischen Beziehung oft durch die

Symptomatik erschwert ist, ist die Etablierung der Behandlungskooperation von großer Bedeutung.

In Abhängigkeit von der Schwere der

Störung sind pharmakologische, psy-

chotherapeutische und sozialthera-

peutische Maßnahmen in eine Ge-

samtbehandlung zu integrieren

In Abhängigkeit von der Schwere der

Störung sind pharmakologische, psy-

chotherapeutische und sozialthera-

peutische Maßnahmen in eine Ge-

samtbehandlung zu integrieren

Die Etablierung der Behandlungs-

kooperation ist von großer

Bedeutung

Die Etablierung der Behandlungs-

kooperation ist von großer

Bedeutung

Tab. 2 Klinisch neuropsychologische

Testverfahren

Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis

Aufmerksamkeits- und Belastungstest d2 (Test d2)

Trail-Making-Test (TMT)

Zahlen-Symbol-Test (Subtest im HAWIE-R)

Zahlen-Spanne

Exekutivfunktionen

Wisconsin Card Sorting Test (WCST)

Tower of London/Turm von Hanoi (ToL)

Sekundäres Gedächtnis

Auditiv Verbal Learning Test (AVLT)

Rey-Osterrieth-Complex-Figure-Test (RCFT)

Detailliertere Informationen finden sich bei Lautenbacher und Gauggel [11].

Tab. 3 Phasenmodell für kognitive

Verhaltenstherapie [8]

Phase Zentrale Inhalte

1 Schaffung günstiger Ausgangsbe-

dingungen

2 Aufbau von Änderungsmotivation

und vorläufige Auswahl von

Änderungsbereichen

3 Verhaltensanalyse und funktionales

Bedingungsmodell

4 Vereinbarung therapeutischer Ziele

5 Planung und Durchführung

spezieller Methoden

6 Überprüfung des Erfolgs

7 Abschluss der Therapie

Infobox: Ziele psychotherapeutischer Intervention

Phasenunabhängig lassen sich folgende Ziele psychotherapeutischer Interventionen bei schizophrenen Stö-

rungen zusammenfassen:

F Etablierung der Behandlungskooperation/Complianceverbesserung,

F Erhöhung der Remissionsrate,

F Rückfallprophylaxe,

F Symptombewältigung/Reduktion persistierender Symptome,

F Verbesserung funktioneller Einschränkungen,

F Stärkung des sozialen Umfeldes.

S103Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 6: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

Wann immer möglich sollten Gespräche angeboten werden, die zur Förderung des Krankheitsver-

ständnisses und zur Vereinbarung von kurzfristigen Therapiezielen führen sollten. Eine große Rolle,

gerade bei ersterkrankten Patienten, spielt die Information und Entlastung der Familie (s. unten).

Stabilisierungsphase. In der Stabilisierungsphase ist zu beachten, dass hier unter Überlastung

schnell Rückfälle drohen. Forcierte Rehabilitationsmaßnahmen, zu rasch gestellte Anforderungen,

aber auch die zu intensive Nachbearbeitung psychotischer Erlebnisse können zur erneuten Exazerba-

tion der Symptomatik führen. Die vorübergehende Reduktion von psychischen und sozialen Belas-

tungen ist daher oft wesentlich. Andererseits ist hier das Krankheitsgeschehen noch so aktuell, dass

Maßnahmen zur Förderung des Krankheitsverständnisses, die Identifikation von Frühsymptomen

sowie die Förderung einer langfristigen Behandlungskooperation hier zentral sind. In Bezug auf per-

sistierende Symptome kann hier noch mit einer langsamen Verbesserung gerechnet werden.

Stabile Phase. In der stabilen Phase ist mit einer spontanen Symptomreduktion nicht mehr zu rech-

nen. Dies betrifft sowohl persistierende Positiv- als auch Negativsymptome. 7 Rehabilitative Maß-

nahmen können jetzt konsequenter erfolgen, sollten jedoch die aktuelle Belastbarkeit des Patienten

weiter berücksichtigen und die Strategien zur Rückfallprävention aktiv mit einbeziehen.

Psychosenahe Prodromalphase. Aufgrund neuer Entwicklungen ist auch die initiale Prodromal-

phase der Erkrankung zu bedenken. Hier liegen bereits Studien vor, die dafür sprechen, dass psycho-

therapeutische Interventionen helfen, den Übergang in die manifeste Psychose zu reduzieren. Da je-

doch in Studien noch zu klären ist, inwieweit hier die Behandlungsstrategien für bereits erkrankte

Patienten zur Anwendung kommen sollten, bzw. spezifische Vorgehensweisen erforderlich sind, wird

auf diesen Bereich nicht näher eingegangen.

Rahmenbedingungen

Eine psychotherapeutische Intervention bei schizophrener Störung sollte patientenorientiert sein und

daher unabhängig von spezifischen Rahmenbedingungen bzw. im Idealfall settingübergreifend er-

folgen. Üblicherweise wird die Psychotherapie während eines stationären Aufenthaltes in der Klinik

oder durch einen niedergelassenen Psychiater/Psychotherapeuten eingeleitet.

Vor allem in Nordeuropa und dem angelsächsischen Sprachraum werden auch im Rahmen von

7 häuslicher Akuttherapie (‚need-adapted treatment“, „home treatment“, „assertive community

treatment“) psychotherapeutische Interventionen eingesetzt. Eine kurze Übersicht, gerade auch mit

Bezug auf die Evidenz dieser Behandlung im Lebensfeld des Patienten findet sich bei Weinmann und

Becker [18]. Da dies im deutschen Versorgungssystem allenfalls in Modellprojekten praktiziert wird

und auch nur wenig validiert ist, soll an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen werden.

Therapiepläne

Das von Kanfer et al. [8] vertretene 7 Phasenmodell psychotherapeutischer Interventionen ist auch

für die Behandlung schizophrener Störungen von großer Bedeutung (. Tab. 3). Es betont u. a. die

In der Stabilisierungsphase ist zu

beachten, dass unter Überlastung

schnell Rückfälle drohen

In der Stabilisierungsphase ist zu

beachten, dass unter Überlastung

schnell Rückfälle drohen

7 Rehabilitative Maßnahmen7 Rehabilitative Maßnahmen

Eine psychotherapeutische Interven-

tion sollte patientenorientiert sein

und unabhängig von spezifischen

Rahmenbedingungen

Eine psychotherapeutische Interven-

tion sollte patientenorientiert sein

und unabhängig von spezifischen

Rahmenbedingungen

7 Häusliche Akuttherapie7 Häusliche Akuttherapie

7 Phasenmodell7 Phasenmodell

Vulnerabilität

• Kognitive Defizite

• Dysfunktion derNeurotransmission

• HirnstrukturelleAlterationen

• Traumata?

• Stützendes sozialesUmfeld

• Kompetenzen bei

der Belastungs-bewältigung

• Medikation

Protektive Faktoren

• Arbeit/Ausbildung

Belastungen

• Familiäre Interaktion

• Kritische

Lebensereignisse

Kognitive und sozialeFunktionseinschränkung

Frühsymptome

Psychotische Symptome Abb. 1 9 Vulnerabilitäts-Stress-Modell

S104 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Page 7: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

CME

motivationalen Aspekte der therapeutischen Zusammenarbeit, die hier nicht selten ungünstig ausge-

prägt sind. Diesem Umstand ist bei der Erarbeitung von Therapieplänen Rechnung zu tragen.

Ansatzpunkte für psychotherapeutische Intervention sind aufgrund heuristischer Modelle der

Symptomatik folgendermaßen zu beschreiben:

Das 7 Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell impliziert, das vulnerable Personen bei erhöhter Be-

lastung, bei zunehmender Vulnerabilität oder bei unzureichender Bewältigungskompetenz in Krisen

geraten, die dann in psychotische Episoden übergehen. Da die Vulnerabilität als überdauernde und

überwiegend biologisch verstandene Eigenschaft von Personen konzeptualisiert wird, ist eine dies-

bezügliche Veränderung nur schwer erreichbar. Demgegenüber ergibt sich jedoch aus diesem Mo-

dell das Postulat der Förderung der Bewältigungskompetenzen sowie der Belastungsreduktion. Zu-

dem ist mit Blick auf die Rückfallprävention die frühsymptomgeleitete Krisenintervention hier the-

oretisch verankert (. Abb. 1).

Für die Behandlung persistierender Positivsymptomatik wird ein kognitives Modell von Wahn

postuliert [2]. Diesem Modell zufolge wird die Wahnentstehung durch verzerrte Wahrnehmungs-

prozesse sowie durch beeinträchtige Prozesse des schlussfolgernden Denkens begünstigt oder gar

verursacht (. Abb. 2).

Ein allgemeiner Therapieplan für die Behandlung von Patienten mit schizophrenen Störungen

wurde von Klingberg et al. [10] vorgeschlagen (. Abb. 3). Dieser orientiert sich in der Phasenab-

folge an dem Modell von Kanfer und Mitarbeitern und beinhaltet unter den spezifischen Techniken

solche Ansätze, die als evidenzbasiert gelten können.

Die hier zunächst allgemein dargelegten Behandlungsprinzipien sollen nun durch zwei Beispiele

illustriert werden.

7 Vulnerabilitäts-Stress-Coping-

Modell

7 Vulnerabilitäts-Stress-Coping-

Modell

Für die Behandlung persistierender

Positivsymptomatik wird ein kogni-

tives Modell von Wahn postuliert

Für die Behandlung persistierender

Positivsymptomatik wird ein kogni-

tives Modell von Wahn postuliert

SozialerKontext

Wahrnehmungs-verzerrung

Selektive Encodierungvon bedrohlichenReizen

Verzerrung des Denkens bzgl.

- Schlussfolgerungen

- Ursachenattributionen

- Intentionen anderer Personen

Verfolgungs-wahn

Blackwood et al. 2001

Kognitive Verhaltenstherapie

Therapeutische Beziehung und FallkonzeptionWahrnehmungslenkung in komplexen sozialen Situationen

Überprüfung von SchlussfolgerungenAttribution auch auf Zufall und UmständeVerbesserung des sozialen Verständnisses

Reduktion von Vermeidung und SicherheitsverhaltenReduktion der Belastung

Abb. 2 8 Heuristisches Modell der Wahnentstehung und Intervention

AngehörigePatient

Bewältigung vonerkrankungs-bedingtenBelastungen

Bearbeitung familiärer Konflikte

Arbeit amKrankheits-konzept

Beziehungs-aufnahme

Diagnostik und Beziehungsaufnahme

Symptome

erkennen und

bewältigen

Belastungen

erkennen und

bewältigen

Krisen frühzeitig

erkennen und

bewältigen

Arbeit am Krankheitskonzept undProblemanalyse

Abb. 3 7 Behandlungsplan für die psychotherapeutische Intervention

bei schizophrenen Störungen [10]

S105Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 8: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

Psychotherapeutische Behandlung im Fallbeispiel 1

Die Situation am Beginn der Stabilisierungsphase ist gekennzeichnet durch erhebliche Negativsymp-

tomatik, kognitive Defizite, soziale Isolation, Arbeitslosigkeit und Konflikte in der Familie. Der Pa-

tient ist nur mit Mühe im Behandlungskontakt zu halten und steht der antipsychotischen Medika-

tion skeptisch gegenüber. Angesichts der erheblichen sozialen Beeinträchtigungen des Patienten ist

die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme indiziert. Der Patient kann diese aktuell jedoch

nicht als sinnvoll ansehen. Gemäß dem Phasenmodell von Kanfer steht diese Therapie in den ersten

beiden Phasen: Beziehungsaufbau und Motivationsförderung.

Die psychotherapeutische Behandlung kann vor diesem Hintergrund folgende Ziele verfolgen:

1. Bearbeitung des Krankheitskonzepts: In möglichst selbstwertschonender Weise soll die Sicht-

weise des Patienten über seinen Zustand thematisiert werden und Informationen über schizo-

phrene Psychosen in patientengerechter Weise vermittelt werden.

2. Bewertung der erfolgten pharmakologischen Behandlung: Erfolg in Bezug auf Positivsympto-

matik und Indikation für Rezidivprophylaxe. Misserfolg bzgl. Negativsymptomatik.

3. Bestandsaufnahme der sozialen Situation und Planung von Schritten in Richtung sozialer Re-

integration. Dazu gehört auch eine motivationale Analyse in Bezug auf Rehabilitationsmaß-

nahmen, die die Mitarbeit des Patienten erfordern.

4. Identifikation von Belastungsfaktoren: mögliche Überforderung bei der Ausübung beruflicher

Tätigkeiten, gerade auch angesichts bestehender kognitiver Beeinträchtigungen, Belastung

durch nahe soziale Beziehungen.

5. Strategien zur Förderung der Belastungsbewältigung können in der gegenwärtigen Therapie-

phase noch kaum sinnvoll in den Mittelpunkt gestellt werden. Wenn die ersten Therapiephasen

in konstruktiver Weise verlaufen sind, könnte es darum gehen, sinnvolle, bewältigbare Teilziele

identifizieren, um hier Erfolgserlebnisse zu finden, im Sinne kognitiver Therapie angemessen

positive Selbstinstruktionen einzuüben und notwendige soziale Kompetenzen aufzubauen.

In Bezug auf die Beziehungsgestaltung ist zu beachten, dass angesichts der desolaten Situation der

Patient kaum in der Lage ist, ein positives Selbstbild aufrecht zu erhalten. Dieses zu stützen und zu

fördern ist Voraussetzung für eine gelingende Kooperation. Darüber hinaus macht der Patient deut-

lich, dass er die Kontrolle über seine Situation gewinnen und bewahren möchte. Dies ist aktiv zu un-

terstützen.

Von großer Bedeutung in diesem Fall ist auch die Einbeziehung der Angehörigen. Die Förderung

des Krankheitsverständnisses, der Austausch über die aufgetretenen und antizipierten Belastungen,

die Erarbeitung von hilfreichen Entlastungs- und 7 Kommunikationsstrategien spielen hier eine

große Rolle.

Psychotherapeutische Behandlung im Fallbeispiel 2

Die Ausgangssituation dieser Behandlung ist durch persistierende Symptome bei guter Medikamen-

tencompliance und die vergleichsweise gute soziale Anpassung der Patienten geprägt. Sie ist dankbar

für therapeutische Unterstützung und findet folgende Formulierung als Therapieziel: „neuen Mut

fassen, aktiver werden und herausfinden, was wirklich geschehen ist“.

Da die wahnhaften Überzeugungen dem Aufbau sozialer Aktivitäten entgegenstehen, wird zu-

nächst dieser Aspekt in den Mittelpunkt der Therapie gerückt. Im Sinne empirischer Zusammenar-

beit werden verschiedene Erlebnisse der Patientin in Bezug auf mögliche Schlussfolgerungen über

die Intentionen anderer Personen überprüft. Bei der Beziehungsgestaltung spielt hierbei eine beson-

dere Rolle, dass die Patientin sich nicht zu bestimmten Schlussfolgerungen gedrängt fühlt, sondern

im Therapeuten einen Gesprächspartner findet, der aus ihrer Perspektive heraus und mit Empathie

Anregungen gibt, den 7 Realitätsgehalt von Vermutungen zu überprüfen und neue Sichtweisen zu

erschließen. Insbesondere wird nach Situationen gesucht, die als „sicher“ oder unbeeinträchtigt iden-

tifiziert werden können und als Ansatzpunkte für soziale Aktivitäten dienen können (u. a. Kontakte

mit der Freundin). Hierdurch sollte auch zunehmend ermöglicht werden, die Unterstützungsange-

bote im Rahmen der Arbeitsrehabilitation wahrzunehmen. Im späteren Verlauf der Therapie könnten

dann dysfunktionale 7 Selbstwertkognitionen zum Thema gemacht werden, die möglicherweise

sowohl zur Entstehung der depressiven als auch der psychotischen Symptome beitragen. Die Stra-

Angesichts der erheblichen sozialen

Beeinträchtigungen des Patienten ist

die Durchführung einer Rehabilitati-

onsmaßnahme indiziert

Angesichts der erheblichen sozialen

Beeinträchtigungen des Patienten ist

die Durchführung einer Rehabilitati-

onsmaßnahme indiziert

Angesichts der desolaten Situation

kann der Patient ein positives

Selbstbild kaum aufrecht erhalten

Angesichts der desolaten Situation

kann der Patient ein positives

Selbstbild kaum aufrecht erhalten

Von großer Bedeutung ist die

Einbeziehung der Angehörigen

Von großer Bedeutung ist die

Einbeziehung der Angehörigen

7 Kommunikationsstrategien7 Kommunikationsstrategien

7 Überprüfung des Realitätsge-

halt von Vermutungen

7 Überprüfung des Realitätsge-

halt von Vermutungen

7 Selbstwertkognition7 Selbstwertkognition

S106 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Page 9: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

CME

tegien zur Identifikation und Bewältigung von Frühsymptomen sollten nach Erarbeitung eines ver-

tieften Verständnisses der psychotischen Inhalte ebenfalls besprochen werden.

Angehörigenarbeit und Familienbetreuung

Die Einbeziehung Angehöriger in den therapeutischen Prozess nahm ihren Anfang in den 1980er

Jahren in Form von ersten psychoedukativen Ansätzen. Generell ist bei der Einbeziehung von Ange-

hörigen zwischen Familientherapie und therapeutischer Angehörigenarbeit zu unterscheiden. Schon

früher wurde auch untersucht, inwieweit Familienstrukturen auf Krankheitsentstehung und Krank-

heitsverlauf einwirken. Dies hat u. a. zum Konzept der „expressed emotions“ geführt (s. Expressed-

emotion-Forschung).

Auch die Zielsetzungen bei der Einbeziehung der Angehörigen haben phasenabhängig unter-

schiedliche Schwerpunkte:

In der Akutphase gibt es zwei zentrale Ziele:

F emotionale Entlastung,

F Information.

Durch die Informationen über die Erkrankung können die Angehörigen ihre eigene Rolle besser ein-

schätzen. Dies führt zum Abbau von Schuldgefühlen und der Angst vor Stigmatisierung des erkrank-

ten Angehörigen. Der erste Schritt ist, mit Einverständnis des Patienten den Kontakt mit den Ange-

hörigen aufzubauen. Wenn der Patient hier Vorbehalte hat, sollte darauf hingearbeitet werden, diese

abzubauen. Für die Zusammenarbeit zwischen Patient, Angehörigen und Therapeuten können ver-

schiedenste Formate gewählt werden (Einzel-, Gruppen-/Familiengespräche mit und ohne Patient).

Auch im weiteren Verlauf der Erkrankung, in der Stabilisierungsphase und der stabilen Phase, soll-

ten die Angehörigen in die Psychotherapie, z. B. im Rahmen von Psychoedukation oder der Famili-

enbetreuung, miteinbezogen werden. Die Ziele entsprechen dabei (teils anders gewichtet) den Zie-

len der psychotherapeutischen Arbeit mit dem Patienten.

Psychoedukation nach dem o. g. Verständnis sollte auch den Angehörigen angeboten werden. Es

empfiehlt sich ein Vorgehen nach Manualen [1, 3]. In mindestens vier Doppelstunden werden dabei

Informationen über das Krankheitsbild, das Krankheitskonzept, das therapeutische Vorgehen und

Möglichkeiten der 7 Rückfallerkennung einschließlich Krisenpläne vermittelt. Dabei ist auch im-

mer der individuelle Alltagsbezug wichtig, da dieser Transfer den Angehörigen häufig schwerfällt.

Schließlich kann auch auf Selbsthilfegruppen verwiesen werden, wobei deren Wirksamkeit nicht evi-

denzbasiert ist.

Die Einbeziehung der Angehörigen ist gerade im Rahmen der Ersterkrankung von großer Bedeu-

tung da sich die Familie der Betroffenen in einem Anpassungsprozess an eine stark veränderte Le-

benssituation befindet. Dabei zutage tretende 7 interfamiliäre Konflikte können nun ebenfalls be-

arbeitet werden. Der adäquate Umgang mit interaktionellen Konflikten, der immer mit dem Betrof-

fenen zusammen erarbeitet werden sollte, hat einen präventiven Charakter.

Der entsprechende Behandlungsalgorithmus, wie er in der S3-Leitlinie zur Schizophrenie formu-

liert ist, findet sich in . Abb. 4.

Phasenspezifische Kombinationsbehandlung

Die vorangegangene Beschreibung von Therapiestrategien bezieht sich vorwiegend auf den Aspekt

der Psychotherapie. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass eine evi-

denzbasierte Behandlung in der Regel eine Kombination von pharmakologischen, sozialpsychia-

trischen und psychotherapeutischen Interventionen beinhaltet. Nahezu alle aktuellen psychothera-

peutischen Ansätze verstehen sich nicht als Alternative sondern als Ergänzung zu den anderen evi-

denzbasierten Interventionen.

Dabei wird es künftig noch mehr als bisher um geeignete Kombinationsstrategien gehen müs-

sen. Dies wird beispielhaft am „Program for relapse prevention“ der Arbeitsgruppe um Herz (Herz

et al. 2000) deutlich. Zur Optimierung der Rückfallprävention wurde hier bei Patienten in der Sta-

bilisierungsphase eine geeignete Kombination pharmakologischer, psychotherapeutischer und so-

zialpsychiatrischer Maßnahmen kombiniert: individuelle Pharmakotherapie, psychotherapeutische

Strategien zur Erkennung von und des Umgangs mit Frühwarnzeichen sowie die Gestaltung der Be-

Generell ist zwischen Familien-

therapie und therapeutischer

Angehörigenarbeit zu unterscheiden

Generell ist zwischen Familien-

therapie und therapeutischer

Angehörigenarbeit zu unterscheiden

Durch die Informationen über die

Erkrankung können die Angehörigen

ihre eigene Rolle besser einschätzen

Durch die Informationen über die

Erkrankung können die Angehörigen

ihre eigene Rolle besser einschätzen

Auch im weiteren Verlauf der Erkran-

kung sollten die Angehörigen in die

Psychotherapie miteinbezogen

werden

Auch im weiteren Verlauf der Erkran-

kung sollten die Angehörigen in die

Psychotherapie miteinbezogen

werden

7 Rückfallerkennung7 Rückfallerkennung

7 Interfamiliäre Konflikte7 Interfamiliäre Konflikte

Nahezu alle aktuellen psychothera-

peutischen Ansätze verstehen sich als

Ergänzung zu den anderen evidenz-

basierten Interventionen

Nahezu alle aktuellen psychothera-

peutischen Ansätze verstehen sich als

Ergänzung zu den anderen evidenz-

basierten Interventionen

S107Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 10: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

handlungsinstitution in der Weise, dass in jedem Einzelfall rasch und wie mit dem Patienten verein-

bart reagiert werden kann. Dadurch konnte die Rückfallrate signifikant gesenkt werden. Vergleich-

bare Kombinationsbehandlungen für andere Krankheitsphasen und andere Zielbereiche sollten in-

tensiver untersucht werden.

Expressed-emotion-Forschung: Schlussfolgerungen für die Psychotherapie

Die Expressed-emotion (EE)-Forschung hat untersucht, welchen Einfluss die familiäre Interaktion

auf die Rückfallwahrscheinlichkeit von Patienten hat.

Es kann als gesichert angesehen werden, dass kritisches und emotional überengagiertes Verhalten

(„high expressed emotion“, HEE) von Angehörigen mit einer erhöhten Rückfallwahrscheinlichkeit

von Patienten assoziiert ist. Dies gilt vor allem für mehrfach und chronisch erkrankte Patienten. Bei

der Ersterkrankung konnte dieser Befund nicht eindeutig belegt werden [3]. Die mehrfache Erfas-

sung von EE zeigt eine hohe Variabilität. EE ist daher nicht als Persönlichkeitseigenschaft von Ange-

hörigen, sondern Ausdruck eines interaktionellen Problems aufzufassen.

HEE-Interaktionen kommen nicht nur im Rahmen schizophrener Erkrankungen vor. Auch bei an-

deren psychischen Störungen wurde gefunden, dass eine ungünstige Familieninteraktion mit der

PsychoedukativeInterventionen, z.B. imRahmen vonAngehörigengruppen

Patient verfügt über Angehörige oder enge Bezugspersonen

nein

Familiengespräche im Rahmeneiner kognitiven Verhaltenstherapiemit Schwerpunkt auf Frühsymptom-Erkennung und Krisenbewältigung

nein

ja

Familiengespräche im Rahmeneiner kognitiven Verhaltenstherapie

ja

ja Teilnahme an einer kontinuierlichstattfindenden Angehörigengruppe

Haben die Angehörigen derPatienten ausreichende

Informationen zu bzw. einangemessenes Verständnis von der

Erkrankung?

ja

nein

nein

Können die Angehörigenindividuelle Frühwarnzeichen des

Patienten erkennen undangemessene Handlungsschritte zur

Abwendung von Rückfällendurchführen?

Kommt es zuinteraktionellen Konfliktenin der Familie aufgrund derErkrankung des Patienten?

Sind die Angehörigen durchdie Betreuung des Patienten

emotional sehr belastet?

Aufrechterhaltung einer regelmäßigen Kontaktmöglichkeit

Abb. 4 8 Behandlungsalgorithmus für die Einbeziehung der Angehörigen [4]

S108 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Page 11: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

CME

Rückfallwahrscheinlichkeit korreliert. Darüber hinaus können auch therapeutische Interaktionen –

wenn die Beziehungsgestaltung ungünstig verläuft – HEE-Verhaltensweisen aufweisen.

HEE kann daher vor allem als Ausdruck eines misslungenen Anpassungsprozesses der Interaktions-

partner unter den schwierigen Bedingungen einer chronischen psychischen Erkrankung aufgefasst

werden.

Korrespondierender AutorPD Dr. S. KlingbergUniversitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie,Osianderstraße 24, 72076 Tü[email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit ei-

ner Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentati-

on des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.

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S109Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006 |

Page 12: Evidenzbasierte Psychotherapie schizophrener Störungen

D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de

Was trifft für Psychoedukati-

on als Behandlungsverfahren

bei schizophrenen Störungen

nicht zu?o Psychoedukation besteht in

der Vermittlung von Fachwis-

sen.o Psychoedukation kann auch

durch die Lektüre eines geeig-

neten Buchs erfolgen.o Auch bei guter Kooperation

zwischen Arzt und Patient ist

Psychoedukation sinnvoll.o Psychoedukation dient der

persönlichen Auseinander-

setzung von Betroffenen mit

krankheitsbezogenen Infor-

mationen in einem therapeu-

tischen Rahmen.o Zur Vermeidung von Überfor-

derung sollte Psychoedukati-

on erst mit mehrmonatigem

Abstand zur letzten Episode

durchgeführt werden.

Welche Aussage über Gemein-

samkeiten und Unterschiede

von kognitiver Verhaltensthe-

rapie (KVT) und kognitiver Re-

mediation (KR) trifft zu?o KVT ist insbesonders zur Ver-

besserung von Gedächtnis-

funktionen indiziert.o KR ist insbesonders zur Erken-

nung von Frühwarnzeichen in-

diziert.o KR ist ein autogenes Verfah-

ren.o KVT muss sich wie KR an der

Verbesserung kognitiver Leis-

tungen messen lassen.o KVT und KR sind für unter-

schiedliche Problemstellungen

entwickelt worden.

In Bezug auf Angehörigenar-

beit und Familieninterventi-

onen trifft nicht zu:o Selbsthilfegruppen sind in ih-

rer Wirksamkeit noch wenig

evaluiert.o Primäre Ziele in der Arbeit mit

Angehörigen sind Information

und emotionale Entlastung.o Für Familieninterventionen

sind vor allem psychodyna-

mische Ansätze zu empfehlen.o Psychoedukation von Angehö-

rigen wird meist als Gruppen-

verfahren praktiziert.o Angehörigenarbeit findet in

Deutschland zum großen Teil

in Institutionen, nicht beim Pa-

tienten zu Hause statt.

Für welches der folgenden Ver-

laufsmerkmale ist die prognos-

tische Bedeutung der kogni-

tiven Leistungsfähigkeit von

Patienten mit schizophrenen

Störungen belegt?o Für die Rückfall-

wahrscheinlichkeit.o Für das soziale

Funktionsniveau.o Für sexuelle

Funktionsstörungen.o Für das Ausmaß produktiv-

psychotischer Symptome.o Für die Medikamenten-

compliance.

Wie viele Patienten und ihre

Familien müssen im Rahmen

einer Familienintervention be-

handelt werden, damit ein

Rückfall verhindert wird, d. h.

wie hoch ist die ‘number nee-

ded to treat“ (NNT)?o 1o 5

o 7o 12o 35

Um wie viel Prozent erhöht

sich durch die Teilnahme an ei-

ner kognitiven Verhaltensthe-

rapie die Chance zur Reduktion

persistierender psychotischer

Symptome?o 0,9%.o 2%.o 22%.o 30%.o 80%.

Was ist nicht zutreffend in

Bezug auf „high expressed

emotion“ (HEE)?o HEE korreliert mit der Rückfall-

wahrscheinlichkeit.o HEE variiert über die Zeit.o HEE wird auf der Basis eines

Interviews eingeschätzt.o HEE kann auch in therapeu-

tischen Beziehungen auftre-

ten.o HEE bedeutet, dass Angehö-

rige für Rückfälle Verantwor-

tung tragen.

Was ist kein Therapieziel in der

Stabilisierungsphase?o Konfrontation mit angstaus-

lösenden Situationen zur För-

derung der Symptombewälti-

gung.o Erarbeitung eines angemes-

senen Krankheitskonzepts.o Identifikation von Frühsymp-

tomen.o Reduktion psychischer und

sozialer Belastungsfaktoren.o Förderung der langfristigen

Behandlungskooperation.

Welche Annahmen für die Psy-

chotherapie werden durch das

Vulnerabilitäts-Stress-Coping-

Modell nicht unterstützt?o Reduktion der Belastung soll-

te zur Reduktion der Rückfall-

wahrscheinlichkeit führen.o Förderung der Bewältigungs-

kompetenz sollte zur Redukti-

on der Rückfallwahrscheinlich-

keit führen.o Mit einem Training zur Identi-

fikation von Frühsymptomen

könnte der Übergang von Kri-

sen in psychotische Episoden

verhindert werden.o Aufgrund der Vulnerabilität

der Patienten ist kein Ansatz-

punkt für die Psychotherapie

gegeben.o Familieninteraktionen sollten

nicht nur unter dem Aspekt der

Belastung verstanden werden.

Welche Aussage über Therapie-

pläne in der kognitiven Verhal-

tenstherapie (KVT) trifft zu?o Therapiepläne bauen auf der

Analyse von Nebenwirkungen

der antipsychotischen Medika-

tion auf.o Therapiepläne sollten nur mit

Zustimmung der Angehörigen

erstellt werden.o Therapiepläne betonen nicht

die motivationalen Aspekte.o Therapiepläne sollten sich am

Phasenmodell nach Kanfer ori-

entieren und phasenspezi-

fische Schwerpunkte setzen.o Therapiepläne führen zur

Überforderung von Patienten.

Diese Fortbildungseinheit ist 12 Mo-

nate auf CME.springer.de verfügbar.

Die kostenlose Teilnahme ist bis zum

15.1.2007 möglich.

S110 | Der Nervenarzt Suppl 2 · 2006

Bitte beachten Sie:

Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.de

Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online

individuell zusammengestellt.

Es ist immer nur eine Antwort möglich. Fra gen zur Zertifizierung